Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2019 Nr. 17 vom 29.8.2019 Seite 363 bis 380

Orientierungsdaten 2020 - 2023 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen Runderlass des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung 304-46.05.01-264/19
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Orientierungsdaten 2020 - 2023 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen Runderlass des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung 304-46.05.01-264/19

II.

Orientierungsdaten 2020 - 2023
für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung
der Gemeinden und Gemeindeverbände
des Landes Nordrhein-Westfalen

Runderlass des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
304-46.05.01-264/19

Vom 2. August 2019

Nachfolgend gebe ich gemäß § 6 der Kommunalhaushaltsverordnung (KomHVO NRW) in Verbindung mit § 84 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW), in der jeweils geltenden Fassung, im Einvernehmen mit dem Ministerium der Finanzen die Orientierungsdaten 2020 bis 2023 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen bekannt.

I.        Allgemeine Erläuterungen

1.       Grundlagen der Orientierungsdaten 2020 - 2023

Die Orientierungsdaten stützen sich im Wesentlichen auf die Ergebnisse des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ vom Mai 2019. Zudem berücksichtigen sie die Entwicklungen des Landeshaushaltes und des kommunalen Finanzausgleichs.

Da der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ nur die tatsächlichen Zuflüsse für das jeweilige Haushaltsjahr betrachtet, sind seine Ergebnisse vom Mai 2019 an den Einnahmen ausgerichtet. Die Orientierungsdaten zu den Steuern und Abgaben sind deshalb Einzahlungsgrößen. Eine periodengerechte Zuordnung erfolgt nicht und kann nur von den Kommunen individuell mit Rücksicht auf die jeweilige örtliche Situation vorgenommen werden.

2.         Gewerbesteuerumlage

Die Entwicklung der einzelnen Komponenten des Vervielfältigers der Gewerbesteuerumlage wird in der nachfolgenden Tabelle angegeben:

Jahr

„Normal“-Vervielfältiger

§ 6 Absatz 3 GemFinRefG

Erhöhung

§ 6 Absatz 3

GemFinRefG

(ab 1995)

Erhöhung für

die Abwicklung des Fonds

"Dt. Einheit"

§ 6 Absatz 5

GemFinRefG (weggefallen)

Gesamt-Vervielfältiger

Bund

Länder

Länder

Länder

2019

14,5

20,5

29

0

64

2020*

14,5

20,5

0

0

35

2021*

14,5

20,5

0

0

35

2022

14,5

20,5

0

0

35

2023

14,5

20,5

0

0

35

*   Nachlaufend erfolgen noch die Abrechnungen der Einheitslasten der Jahre 2018 in 2020 und 2019 in 2021.

3.       Wirkung der Orientierungsdaten – Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten

Gemäß § 16 Absatz 1 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetz und § 75 Absatz 1 und 84 GO NRW sollen sich die Gemeinden und Gemeindeverbände bei der Aufstellung des Haushaltes 2020 und bei der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung für die Jahre 2021 bis 2023 an den unter II.1. aufgeführten Daten zu Einzahlungen, Erträgen und Aufwendungen ausrichten. Die Orientierungsdaten liefern allerdings nur Durchschnittswerte für die Gemeinden und Gemeindeverbände und sind deshalb lediglich Anhaltspunkte für die individuelle Finanzplanung. Jede Kommune ist verpflichtet, unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten die für ihre Planung zutreffenden Einzelwerte zu ermitteln. Es ist von den Orientierungsdaten abzuweichen, wenn die individuellen Gegebenheiten vor Ort dies erfordern.

Auch bei den weiter in die Zukunft gerichteten Planungen der Haushaltssicherungskonzept- und Haushaltssanierungsplan-Kommunen dürfen die Berechnungsempfehlungen des sogenannten Ausführungserlasses des für Kommunales zuständigen Ministeriums vom 7. März 2013 zur Haushaltskonsolidierung nur zugrunde gelegt werden, wenn eine eingehende Einzelfallprüfung ihre Vereinbarkeit mit den individuellen Verhältnissen vor Ort und deren voraussichtlichen Entwicklungen bestätigt hat. Die der Haushaltsplanung tatsächlich zugrunde gelegten Einzelwerte sind den Aufsichtsbehörden zu erläutern.

Generell sollten die Kommunen ihrer Haushaltsplanung eine eher vorsichtige Prognose zugrunde legen. Für Kommunen, die ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen haben, besteht die Pflicht, den Haushalt zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder auszugleichen (§ 76 Absatz 1 GO NRW). Für die Kommunen, die am Stärkungspakt Stadtfinanzen teilnehmen, gelten die Regelungen des Stärkungspaktgesetzes vom 9. Dezember 2011 (GV. NRW. S. 662), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Januar 2018 (GV. NRW. S. 68) geändert worden ist. Der Ausführungserlass regelt die Einzelheiten der Anwendung sowohl des § 76 GO als auch der Vorgaben zur Haushaltssanierung nach dem Stärkungspaktgesetz.

4.       Empfehlungen für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung

Im Interesse der kommunalen Selbstverwaltung muss es oberstes Ziel sein, den Haushaltsausgleich zu erreichen oder zumindest ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept beziehungsweise einen genehmigungsfähigen Haushaltssanierungsplan nach dem Stärkungspaktgesetz aufzustellen.

Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung verbindet mit der Bereitstellung der Orientierungsdaten 2020 bis 2023 auch die Erwartung, dass die Gemeinden und Gemeindeverbände die Aufstellung, Beratung und Beschlussfassung über ihren Haushalt an der Vorgabe des § 80 Absatz 5 Sätze 1 und 2 GO NRW ausrichten. Danach soll die Anzeige der vom Rat (beziehungsweise vom Kreistag oder von der Landschaftsversammlung) beschlossenen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen bei der Aufsichtsbehörde spätestens einen Monat vor Beginn des Haushaltsjahres (also bis zum 30. November des Vorjahres) erfolgen.

II.        Orientierungsdaten und Erläuterungen

1.                  Orientierungsdaten 2020 - 2023 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen

Absolut

Orientierungsdaten

2019

2020

2021

2022

2023

in Mio. Euro

in %

Einzahlungen / Erträge

Summe der Einzahlungen aus Steuern (brutto)

27.744

+0,7

+3,0

+3,4

+3,3

davon:

Gemeindeanteil an der
Einkommensteuer

8.982

+3,6

+3,8

+5,4

+5,4

Gemeindeanteil an der
Umsatzsteuer

1.957

-9,3[1]

+2,2

+2,1

+2,1

Gewerbesteuer
(brutto)

12.592

+0,2

+3,8

+2,8

+2,7

Grundsteuer
A und B

3.786

+0,9

+1,1

+1,1

+1,0

Kompensation Familienleistungs-ausgleich (Erträge)

835

+2,4

+4,1

+2,8

+3,3

Zuweisungen des Landes im Rahmen des Steuerverbundes (Erträge)

12.377

+2,6

+6,9

+3,5

+4,1

davon:

Schlüsselzuweisungen an Gemeinden,
Kreise und Landschaftsverbände

10.415

+2,6

+6,9

+3,5

+4,1

Aufwendungen 

Personalaufwendungen

+1,0

+1,0

+1,0

+1,0

Aufwendungen für Sach-/Dienstleist.

+1,0

+1,0

+1,0

+1,0

Sozialtransferaufwendungen

+2,0

+2,0

+2,0

+2,0

2.                  Erläuterungen

Steuern und ähnliche Abgaben

In der dargestellten Entwicklungsrate des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer sind mögliche Auswirkungen der im Juni 2019 zwischen dem Bund und den Ländern getroffenen Vereinbarung zur Flüchtlingskostenfinanzierung in den Jahren 2020 und 2021 nicht enthalten. Zum Hintergrund: Im Jahr 2019 ist der über den Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer fließende Teil der seit 2018 gewährten Entlastung von bundesweit 5 Milliarden Euro einmalig um 1 Milliarde Euro auf 3,4 Milliarden Euro aufgestockt worden, um die erforderlich gewordene Kürzung der Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) zu kompensieren. Für das Jahr 2020 sieht die geltende Rechtslage folgenden Schlüssel zur Verteilung der bundesweit 5 Milliarden Euro vor:

·        Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer: 2,4 Milliarden Euro,

·        Bundesbeteiligung an den KdU: 1,6 Milliarden Euro,

·        Länderanteil an der Umsatzsteuer: 1 Milliarde Euro.

Gemäß der oben genannten Bund-Länder-Einigung zu den Flüchtlingskosten trägt der Bund die flüchtlingsbezogenen KdU auch in den Jahren 2020 und 2021 vollständig. Es erscheint deshalb möglich, dass der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer auch in den Jahren 2020 und 2021 zulasten des KdU-Anteils auf das Niveau des Jahres 2019 aufgestockt werden wird. In diesem Fall würde sich der dargestellte Aufkommensrückgang des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer im Jahr 2020 nicht einstellen. Konkretere Erkenntnisse hierzu liegen dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung jedoch noch nicht vor.

Die Einschätzung über die Entwicklung der Steuereinnahmen ist mit Unsicherheiten behaftet, die noch keine Berücksichtigung gefunden haben. Gegenwärtig überwiegen die Abwärtsrisiken. Wesentliche Risiken für die deutsche Konjunktur kommen aus dem internationalen Umfeld, dazu gehören die von den USA ausgehenden Handelskonflikte und der vertraglich nicht geregelte Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union am 31. Oktober 2019. Die deutsche Wirtschaft und insbesondere Nordrhein-Westfalen wären davon besonders betroffen, da die USA und Großbritannien zu den wichtigsten Handelspartnern der nordrhein-westfälischen Wirtschaft gehören.

Aufwendungen allgemein

Die Orientierungswerte zu den Aufwendungen sind keine Prognosen, sondern Zielwerte, die gerade von konsolidierungspflichtigen Kommunen noch unterschritten werden sollten. Der jeweilige Wert darf der Planung nur zugrunde gelegt und fortgeschrieben werden, sofern tatsächlich die notwendigen Anstrengungen unternommen werden, um ihn zu erreichen. Die hierzu erforderlichen Konsolidierungsmaßnahmen müssen im Haushaltssanierungsplan oder im Haushaltssicherungskonzept nachvollziehbar dargestellt sein.

Personalaufwendungen

Trotz des deutlichen Einzahlungs- und Ertragswachstums der vergangenen Jahre stehen zahlreiche Kommunen nach wie vor unter einem starken Konsolidierungsdruck. Um den Haushalt dauerhaft aus eigener Kraft ausgleichen zu können, ist es erforderlich, bei den Personalaufwendungen nur geringe Zuwachsraten zuzulassen.

Sozialtransferaufwendungen

Zu den kommunalen Sozialtransferaufwendungen gehören die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850, 2094), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 11. Juli 2019 (BGBl. I S. 1066) geändert worden ist, Leistungen an Kriegsopfer und ähnliche Anspruchsberechtigte, die Jugendhilfe, sonstige soziale Leistungen sowie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Für die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen sind nicht die Werte dieses Erlasses, sondern diejenigen Veränderungsraten einschlägig, die die Landschaftsverbände auf der Grundlage der voraussichtlichen Entwicklungen bei den Fallzahlen und den Kosten ermitteln.

Im Auftrag

Z a k r z e w s k i

- MBl. NRW. 2019 S. 370



[1]    Siehe hierzu die Erläuterungen in Abschnitt II.2.