Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2020 Nr. 31 vom 24.11.2020 Seite 741 bis 750

Amtliche Marktüberwachung – geschützte geografische Angaben (g.g.A.),  geschützte Ursprungsbezeichnungen (g.U.), garantiert traditionelle Spezialitäten (g.t.S.)
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Amtliche Marktüberwachung – geschützte geografische Angaben (g.g.A.),  geschützte Ursprungsbezeichnungen (g.U.), garantiert traditionelle Spezialitäten (g.t.S.)

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Amtliche Marktüberwachung –
geschützte geografische Angaben (g.g.A.),
 geschützte Ursprungsbezeichnungen (g.U.),
garantiert traditionelle Spezialitäten (g.t.S.)

Allgemeinverfügung

des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz

8.82.04.03.2020.16

Vom 6. November 2020

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen erlässt auf der Grundlage des § 14 Absatz 1 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden - Ordnungsbehördengesetz (OBG) - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980 (GV. NRW. S. 528), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (GV. NRW. S. 741, ber. 2019 S. 23) folgende Allgemeinverfügung:

1. Etikettierung im stationären Einzelhandel

Die Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel, die Verkaufsstätten mit Frischetheken für Fleisch-, Wurst- und Käsewaren betreiben, sind ab dem 1. März 2021 verpflichtet, Erzeugnisse mit geschützten geografischen Angaben oder geschützten Ursprungsbezeichnungen sowie garantiert traditionelle Spezialitäten mit den dafür vorgesehenen Unionszeichen zu kennzeichnen:

a) auf dem Preisschild in der Frischetheke, wenn die Ware dem Endverbraucher unverpackt angeboten und auf dessen Wunsch eingepackt wird,

b) auf der Warenetikettierung, wenn die Ware zur alsbaldigen Abgabe an den Endverbraucher in der Verkaufsstätte vorverpackt wurde.

2. Etikettierung im Handel mit Fernkommunikationstechniken

Die Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel, die dem Endverbraucher die Möglichkeit bieten, Lebensmittel in Nordrhein-Westfalen mittels Fernkommunikationstechniken zu bestellen, sind ab dem 1. März 2021 verpflichtet, Erzeugnisse mit geschützten geografischen Angaben oder geschützten Ursprungsbezeichnungen sowie garantiert traditionelle Spezialitäten erkennbar bzw. lesbar mit den dafür vorgesehenen Unionszeichen in der jeweiligen Darstellung des Fernkommunikationsmediums zu kennzeichnen.

3. Bekanntgabe

Diese Allgemeinverfügung gilt an dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag als bekanntgegeben. Sie liegt im Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV), Dienstgebäude Duisburg, Wuhanstraße 6, Fachbereich 82, aus und kann während der allgemeinen Dienstzeiten eingesehen werden. Des Weiteren wird die Allgemeinverfügung auf der Internetseite des LANUV (www.lanuv.nrw.de) veröffentlicht.

Begründung:

I.

Der europäische Verordnungsgeber hat mit der Verordnung (EU) Nummer 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nummer 2017/625 (ABl. L 95 vom 7.4.2017, S. 1), zuletzt korrigiert durch Berichtigung der Verordnung (EU) 2017/625 ABl. L 322 vom 18.12.2018, S. 85 (DE)) und der delegierten Verordnung (EU) Nummer 664/2014 der Kommission vom 18. Dezember 2013 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nummer 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Festlegung der EU-Zeichen für geschützte Ursprungsbezeichnungen, geschützte geografische Angaben und garantiert traditionelle Spezialitäten sowie im Hinblick auf bestimmte herkunftsbezogene Vorschriften, Verfahrensvorschriften und zusätzliche Übergangsvorschriften (ABl. L 179 vom 19.6.2014, S. 17) sowie der Durchführungsverordnung (EU) Nummer 668/2014 der Kommission vom 13. Juni 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nummer 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 179 vom 19.6.2014, S. 36, zuletzt geändert durch Berichtigung, ABl. L 297 vom 13.11.2015, S. 10 (668/2014)) ein System von Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel etabliert. In diesen Verordnungen wird neben dem Verfahren zur Eintragung von geschützten geografischen Angaben, geschützten Ursprungsbezeichnungen oder garantiert traditionellen Spezialitäten auch geregelt, wie die Waren zu kennzeichnen sind.

Erfüllt ein Erzeugnis die Vorgaben der einschlägigen Spezifikation, die das Erzeugnis und dessen Erzeugung bzw. Herstellung beschreiben, so steht es in der Entscheidung des Unternehmers, ob die geschützte Bezeichnung verwendet werden soll. Ein Zwang hierzu besteht nicht. Wird das Erzeugnis unter der geschützten Bezeichnung vermarktet, so ist es mit dem entsprechenden Unionszeichen zu versehen.

Bei nicht (mehr) verpackten Erzeugnissen, insbesondere in den Frischetheken für Fleisch-, Wurst- und Käsewaren sowie bei losen Erzeugnissen, die vorverpackt werden, fehlt in der Regel das Unionszeichen. Doch selbst wenn die Waren noch verpackt in der Frischetheke liegen, ist nicht gewährleistet, dass der Verbraucher das Zeichen sieht, da er die Verpackung nicht in die Hände nehmen kann. Eine (erkennbare) Kennzeichnung mit dem Unionszeichen ist jedenfalls nicht gewährleistet.

Daneben wird ein stetig wachsender Anteil des Lebensmitteleinzelhandels unter Anwendung von Fernkommunikationsmitteln abgewickelt. Die Darstellung der Erzeugnisse erfolgt regelmäßig nach Marketinggesichtspunkten. In der Folge ist die Darstellung der Unionszeichen zwar auf der Verpackung des Erzeugnisses vorhanden, fehlt jedoch häufig in der Präsentation zur Anbahnung des Kaufvertrages. Soweit die Verpackung in den verwendeten Fernkommunikationsmitteln abgebildet wird, ist das Unionszeichen nicht als solches erkennbar oder auch auf nicht einsehbaren Seiten der Verpackung abgebildet. Im Gegensatz zu den Verpackungen im stationären Handel können die Verpackungen hier ebenfalls nicht in die Hand genommen und umgedreht werden. In der Folge kann der Verbraucher seine Entscheidung nicht gut informiert treffen und sich bewusst für die durch hohe Qualität und besondere Merkmale auszeichnenden Erzeugnisse entscheiden.

II.

Gemäß §§ 2 Absatz 1 Nummer 2 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen für Bereiche der Agrarwirtschaft (Zuständigkeitsverordnung Agrar vom 5. Februar 2019 (GV. NRW. S. 116)), 134 Absatz 1 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz vom 25. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3082; 1995 I S. 156; 1996 I S. 682), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2357) geändert worden ist; MarkenG), 12 Absatz 1 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden (OBG) bin ich sachlich für die Überwachung und Kontrolle der Verordnung (EU) Nummer 1151/2012 und den zu ihrer Durchsetzung erlassenen Vorschriften zuständig.

Meine örtliche Zuständigkeit ergibt sich im vorliegenden Fall aus § 4 Absatz 1 OBG. Danach ist die Ordnungsbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk die zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden. Maßgeblich ist der Ort des (möglichen) Eintritts der Verletzung oder Gefährdung, also konkret der Betriebssitz, Ort des Geschäftslokals beziehungsweise Ort der auslösenden Bestellung (Fernkommunikation).

Zu Ziffer 1:

Die Anordnung zu Ziffer 1 beruht auf §§ 12 Absatz 2, 14 Absatz 1 OBG in Verbindung mit Artikel 12 Absatz 3 Satz 1 und Artikel 23 Absatz 3 Satz 1 der Verordnung (EU) Nummer 1151/2012 in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 1 sowie Anhang X der Durchführungsverordnung (EU) Nummer 668/2014.

Gemäß § 14 Absatz 1 OBG können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Zur Erfüllung der Aufgaben, die die Ordnungsbehörden nach besonderen Gesetzen und Verordnungen durchführen (§ 1 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 OBG), haben sie die dort vorgesehenen Befugnisse. Soweit solche Gesetze und Verordnungen Befugnisse der Ordnungsbehörden nicht enthalten, haben sie die Befugnisse, die ihnen nach diesem Gesetz zustehen (vgl. § 14 Absatz 2 OBG).

Gemäß Artikel 12 Absatz 1, 23 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nummer 1151/2012 dürfen die geschützten Bezeichnungen von jedem Marktbeteiligten verwendet werden, wenn die vermarkteten Erzeugnisse den einschlägigen Spezifikationen entsprechen.

Bei der Vermarktung sind die Erzeugnisse nach Artikel 12 Absatz 3 Satz 1, 23 Absatz 3 Satz 1 der vor genannten Verordnung zusätzlich mit den einschlägigen Unionszeichen in der Etikettierung zu versehen (vgl. Artikel 12 Absatz 2, 23 Absatz 2 Verordnung (EU) Nummer 1151/2012 in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 1, Anhang X der Durchführungsverordnung (EU) Nummer 668/2014).

„Etikettierung“ im Sinne von Artikel 3 Nummer 4 Verordnung (EU) Nummer 1151/2012 bezeichnet „alle Angaben, Kennzeichnungen, Hersteller- oder Handelsmarken, Abbildungen oder Zeichen, die sich auf ein Lebensmittel beziehen und auf jeglicher Art von Verpackung, Schriftstück, Tafel, Etikett, Ring oder Verschluss angebracht sind und dieses Lebensmittel begleiten oder sich auf dieses Lebensmittel beziehen“.

Es besteht eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit bzw. hat sich die Gefahr sogar bereits realisiert. Ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit ist die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung. Die hier anzuwendenden Verordnungen der EU sind Bestandteil der Rechtsordnung. Entgegen der Vorgaben in Artikel 12 Absatz 3 Satz 1, 23 Absatz 3 Satz 1 Verordnung (EU) Nummer 1151/2012 in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 1 sowie Anhang X Durchführungsverordnung (EU) Nummer 668/2014 werden die Unionszeichen in den Frischetheken der Verkaufsstätten des Lebensmitteleinzelhandels für Fleisch-, Wurst- und Käsewaren regelmäßig nicht verwendet, um die geschützten Erzeugnisse oder traditionellen Spezialitäten auf den Preisschildern in der Auslage zu kennzeichnen.

Soweit die Ware aus den Frischetheken für den Endverbraucher zur Selbstbedienung in der Verkaufsstätte aufgeschnitten und vorverpackt wird, fehlen die obligatorischen Unionszeichen regelmäßig in der Etikettierung der Ware.

Eine Handlungserleichterung für aufgeschnittene oder zum Aufschnitt vorgesehene Ware ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm nicht.

Gemäß § 17 Absatz 1 OBG richtet sich die Anordnung gegen den Verursacher einer Gefahr, vorliegend also gegen den Betreiber von Frischetheken für Fleisch-, Wurst- und Käsewaren, in denen Erzeugnisse dem Endverbraucher zum Kauf angeboten werden, die dem Schutz des Unionsrechts unterliegen.

Zu Ziffer 2:

Die Anordnung zu Ziffer 2 ergibt sich ebenfalls aus §§ 12 Absatz 2, 14 Absatz 1 OBG in Verbindung mit Artikel 12 Absatz 3 Satz 1 und Artikel 23 Absatz 3 Satz 1 der Verordnung (EU) Nummer 1151/2012 in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 1, Anhang X der Durchführungsverordnung (EU) Nummer 668/2014.

Auch im Lebensmitteleinzelhandel mit Fernkommunikationsmitteln besteht die o. g. konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit bzw. hat sie sich auch hier schon realisiert, da die einschlägigen Unionszeichen häufig entweder gar nicht oder aber nicht erkennbar bzw. lesbar abgebildet werden, was einer fehlenden Abbildung faktisch gleichkommt.

Werden die geschützten Bezeichnungen genutzt und die Waren zusätzlich abgebildet, ist das Unionszeichen oftmals nicht zu erkennen, da es bspw. auf der Rückseite der Verpackung aufgebracht ist, der Verbraucher diese aber nicht von allen Seiten betrachten kann. Doch selbst wenn das Unionszeichen so auf der im Fernkommunikationsmedium verwendeten Abbildung der Ware enthalten ist, dass es einsehbar wäre, ist es regelmäßig aufgrund einer viel zu geringen Größe der Abbildung und der demnach noch geringeren Größe des Unionszeichens nicht zu erkennen.

Gemäß § 17 Absatz 1 OBG richtet sich die Anordnung gegen den Verursacher einer Gefahr, vorliegend also gegen den Unternehmer, der dem Endverbraucher mittels Fernkommunikationsmitteln Erzeugnisse zum Kauf anbietet, die dem Schutz des Unionsrechts unterliegen.

Zu Ziffer 1 und 2:

Die hier getroffenen Anordnungen sind in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt. Meinen Ermessensspielraum habe ich erkannt und mich dazu entschlossen, ihn entsprechend dem Zweck der aufgeführten Ermächtigungsgrundlage auszuüben. Die gesetzlichen Grenzen meines Ermessens habe ich eingehalten (vgl. § 16 OBG in Verbindung mit § 40 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - VwVfG NRW, in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung vom 12. November 1999 (GV. NRW. 1999 S. 602), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 17. Mai 2018 (GV. NRW. S. 244) geändert worden ist, insbesondere ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt (vgl. § 15 OBG).

Die Anordnungen sind geeignet, um die vom europäischen Verordnungsgeber erlassene Formvorschrift zu erfüllen. Eine Geeignetheit besteht nämlich schon dann, wenn die Maßnahme das Erreichen des verfolgten Ziels fördern kann.

Sie sind erforderlich, weil die Ware oftmals nur unter Nutzung der geschützten Bezeichnung, nicht aber unter Verwendung des informativen Unionszeichens (vgl. Artikel 12 Absatz 1, 2 und 3 Satz 1 der Verordnung (EU) Nummer 1151/2012, Artikel 13 in Verbindung mit Anhang X der Durchführungsverordnung (EU) Nummer 668/2014) angeboten wird. Obwohl die einschlägigen Normen bereits seit mehreren Jahren in Kraft sind, werden sie von Einzelhändlern noch nicht flächendeckend angewendet und beachtet. Eine freiwillige Umsetzung der Kennzeichnungsvorgaben ist nicht zu erwarten.

Als vergleichbare Maßnahme käme die Anordnung eines Vermarktungsverbotes für nicht ordnungsgemäß gekennzeichnete Ware in Betracht. Diese wäre genauso wirksam, stellt meines Erachtens aber kein milderes Mittel dar, da ein Vermarktungsverbot schwerer wiegt als die Vorgabe, ein bestimmtes Kennzeichen zu verwenden.

Meine Anordnungen sind schließlich auch angemessen. Die Verwendung von geschützten Bezeichnungen in den Frischetheken für Fleisch-, Wurst- sowie Käsewaren oder im Vertrieb unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln ist nur in Verbindung mit der Nutzung der einschlägigen Unionszeichen zulässig. Dabei berücksichtige ich, dass die Einzelhändler nicht gezwungen werden, die geschützten Bezeichnungen zu verwenden und in der Folge auch nicht gezwungen werden, die jeweils einschlägigen Unionszeichen zu nutzen. Allgemeinere Gattungsbezeichnungen stünden alternativ zur Verfügung.

Hinsichtlich der Betreiber von (stationären) Einzelhandelsgeschäften ist zu differenzieren: Neben den Frischetheken werden regelmäßig vorverpackte Lebensmittel gehandelt, die bereits entsprechend gekennzeichnet sind.

Anders verhält es sich bei Anbietern, die Fernkommunikationsmittel einsetzen. Dort werden vorverpackte Lebensmittel häufig, aber nicht durchgängig, mit einer Produktabbildung beworben und zum Kauf angeboten. Die Abbildungen enthalten das bedeutsame Unionszeichen nicht oder nicht erkennbar, weil sie zum Beispiel auf der Rückseite der Verpackung angeordnet sind. Da der Verbraucher diese Verpackungen, anders als im stationären Geschäft, nicht in die Hand nehmen und alle Seiten der Verpackung betrachten kann, ist hier die Verwendung und die Anzeige des Unionszeichens ebenfalls von besonderer Bedeutung.

Der mündige Verbraucher benötigt angemessene Informationsangaben, damit er eine selbstbestimmte Kaufentscheidung treffen kann. Die einschlägigen Unionszeichen dienen auch der (Wieder-)Erkennbarkeit der geschützten Erzeugnisse. Einzelne Erzeugnisse verfügen über einen überragenden Bekanntheitsgrad und sind der Inbegriff von Qualität und Tradition. Viele weitere Erzeugnisse sind weniger bekannt. Die Verwendung der Unionszeichen dient auch der Erhöhung von Erkennbarkeit und der Befriedigung des Verbraucherverlangens nach hochwertigen und traditionellen Erzeugnissen (vergleiche Erwägungsgründe 2 und 28 zur Verordnung (EU) Nummer 1151/2012).

Zu bemerken ist an dieser Stelle, dass nur etwa jedes sechszehnte Erzeugnis aus der Bundesrepublik stammt, während die übrigen aus allen Teilen der Welt stammen. Die insgesamt über 1 600 Erzeugnisse verfügen, wie bereits angemerkt, über unterschiedliche Bekanntheitsgrade. Die Kennzeichnung mit den Unionszeichen fördert daher den Bekanntheitsgrad der Erzeugnisse.

Die verwendeten Bezeichnungen setzen sich häufig aus Gattungsbezeichnungen mit einem regionalen Zusatz zusammen (zum Beispiel Schwarzwälder Schinken, Westfälischer Knochenschinken, Thüringer Rostbratwurst, Camembert de Normandie). Dieses ist indes kein Alleinstellungsmerkmal da ähnliche Bezeichnungen bspw. in den Lebensmittelleitlinien aufgeführt (zum Beispiel Braunschweiger Mettwurst, Münchener Weißwurst, Fränkische Bratwurst) und zulässig sind.

Die Europäische Kommission hat frei verfügbare Datenbanken geschaffen, in denen sich der Verbraucher über die Spezialitäten umfänglich informieren kann (zum Beispiel Door-Datenbank (bis Ende 2019) und eAmbrosia). Dort sind die Spezifikationen veröffentlicht, ebenso wie die einschlägigen Verordnungen, die die Inkraftsetzung und ggf. Informationen über den Umgang mit den Einsprüchen anderer Hersteller beinhalten. In den Erzeugnisbeschreibungen finden sich, abhängig von der Ausprägung bei einem konkreten Erzeugnis, ausführliche Informationen über die zu verwendenden Zutaten, deren Herkunft und die zu beachtenden Besonderheiten bei der Verarbeitung oder der Verpackung und Etikettierung. Diese Transparenz ermöglicht es nicht zuletzt dem Verbraucher, sich umfassend vor der Kaufentscheidung über das geschützte Erzeugnis zu informieren.

Die Vorteile geschützter Erzeugnisse (Qualität, Tradition) schlagen sich wertbildend nieder und können Anreiz zur widerrechtlichen Nachahmung sein („Food-Fraud“). Die Durchführung von Marktkontrollen gemäß Artikel 38 der Verordnung (EU) Nummer 1151/2012 wird durch eine ordnungsgemäße Kennzeichnung aufgeschnittener oder zum Aufschnitt vorgesehener Ware unterstützt und fördert eine effektive Marktüberwachung durch die zuständigen Kontrollbehörden. In der Folge können wirksame Kontrollen durchgeführt werden, um Betrug und Missbrauch vorzubeugen. Dies schützt den Verbraucher vor nachgeahmten Produkten und sichert die Position der redlichen Erzeuger.

Würde die Kennzeichnung bei aufgeschnittener, zum Aufschnitt vorgesehener Ware oder mittels Fernkommunikationsmitteln angebotener Ware nicht verlangt, könnten die geschützten Erzeugnisse nicht als solche, sondern lediglich als Teil einer Gattung erkannt werden. Dem Verbraucher würden wesentliche Informationen für seine Kaufentscheidung sowie Anreize zur Informationsbeschaffung vorenthalten.

Auch würden die geschützten Erzeugnisse ungleich behandelt. Bei Herstellerkontrollen gemäß Artikel 37 der Verordnung (EU) Nummer 1151/2012 wird eine ordnungsgemäße Kennzeichnung verlangt, damit überhaupt eine Vermarktung erfolgen kann. Würde dies bei aufgeschnittener, zum Aufschnitt vorgesehener Ware oder mittels Fernkommunikationsmitteln angebotener Ware nicht verlangt, würden die Einzelhändler bevorzugt, da sie nicht denselben Kennzeichnungsvorgaben unterlägen.

Zu Ziffer 3:

Gemäß §§ 41 Absatz 4 Satz 4, 43 Absatz 1 VwVfG NRW kann als Zeitpunkt der Bekanntgabe und damit des Inkrafttretens einer Allgemeinverfügung der Tag, der auf die Bekanntmachung folgt, festgelegt werden. Mein diesbezügliches Ermessen habe ich pflichtgemäß ausgeübt.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage bei dem Verwaltungsgericht in

Aachen, Adalbertsteinweg 92, 52070 Aachen, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Stadt Aachen; Städteregion Aachen, Kreise Düren, Euskirchen, Heinsberg;

Arnsberg, Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Städte Hagen und Hamm; des Ennepe-Ruhr-Kreises, Hochsauerlandkreises, Märkischen Kreises sowie der Kreise Olpe, Siegen-Wittgenstein und Soest;

Düsseldorf, Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Städte Düsseldorf, Duisburg, Krefeld, Mönchengladbach, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Remscheid, Solingen und Wuppertal, des Rhein-Kreises Neuss sowie der Kreise Kleve, Mettmann, Viersen und Wesel;

Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Städte Bochum, Bottrop, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen, Herne, der Kreise Recklinghausen und Unna sowie für diejenigen Unternehmen mit Sitz außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen;

Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Städte Bonn, Köln, Leverkusen; des Rhein-Erft-Kreises, Oberbergischen Kreises, Rheinisch-Bergischen Kreises und des Rhein-Sieg-Kreises;

Minden, Königswall 8, 32423 Minden, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Stadt Bielefeld sowie der Kreise Gütersloh, Herford, Höxter, Lippe, Minden-Lübbecke und Paderborn;

Münster, Piusallee 38, 48147 Münster, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Stadt Münster sowie der Kreise Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf

erhoben werden. Die Klage ist schriftlich beim Verwaltungsgericht einzureichen oder zur Niederschrift der Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erklären.

Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Absatz 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung -ERVV) vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803).

Im Auftrag

Dr.  R a t h

MBl. NRW. 2020 S. 742