Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2021 Nr. 8 vom 19.3.2021 Seite 79 bis 98

Richtlinie über die Einführungsphase für den Direkteinstieg in den Laufbahnabschnitt III des Polizeivollzugsdienstes (Richtlinie Direkteinstieg)
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Richtlinie über die Einführungsphase für den Direkteinstieg in den Laufbahnabschnitt III des Polizeivollzugsdienstes (Richtlinie Direkteinstieg)

203014

Richtlinie
über die Einführungsphase für den
Direkteinstieg in den Laufbahnabschnitt III des Polizeivollzugsdienstes
(Richtlinie Direkteinstieg)

Runderlass des Ministeriums des Innern
404 - 27.12.05

Vom 11. Februar 2021

1
Begriffsbestimmungen und Ziel

1.1
Ziel

Gegenstand der Einführungsphase ist die in § 18 Absatz 3 der Verordnung über die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. März 2018 (GV. NRW. S. 179), in der jeweils geltenden Fassung, vorgesehene polizeiliche Fortbildung. Sie vermittelt Kenntnisse aus den Kernaufgabenbereichen Gefahrenabwehr und Einsatz, Kriminalitätskontrolle und Verkehrssicherheitsarbeit und bereitet auf die Übernahme von Führungsfunktionen des Laufbahnabschnittes III vor.

1.2
Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet

1.2.1 Ratsbewerber,

die für die Ausbildung für den Laufbahnabschnitt III zugelassenen Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten.

1.2.2 Studienleitung,

die für die Durchführung des Direkteinstiegs zuständige Stelle beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW, die die Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger während der Einführungsphase betreut.

1.2.3 Hospitationsbehörde,

die jeweilige Polizeibehörde, zu der die Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger in den Praxis- und Hospitationsphasen vom Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW abgeordnet werden,

1.2.4 Tutorenperson,

eine erfahrene Führungskraft des Laufbahnabschnittes III in der Hospitationsbehörde, der die Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger in der Praxis- und Hospitationsphase zugeordnet werden und die sie betreut.

2
Gliederung und Inhalte

Die Einführungsphase beginnt in der Regel am 1. April eines jeden Jahres und dauert zweieinhalb Jahre.

Für jede Direkteinsteigerin und jeden Direkteinsteiger wird zu Beginn durch die Studienleitung ein Förderplan erstellt. In diesem werden Lernziele und -inhalte sowie die Hospitationsstationen festgelegt.

Die Einführungsphase gliedert sich in folgende Stationen:

a) Einführungsseminar,

b) Praxisphase in einer Kreispolizeibehörde,

c) Führungshospitation in einer Kreispolizeibehörde,

d) kurze Hospitationen in weiteren Polizeibehörden,

e) Praxisphase im für Inneres zuständigen Ministerium und

f) Studienkurs an der Deutschen Hochschule der Polizei.

Innerhalb der Einführungsphase nehmen die Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger grundsätzlich an Veranstaltungen der Ratsbewerber teil.

2.1
Einführungsseminar

Das viermonatige Einführungsseminar vermittelt Grundkenntnisse in den Kernaufgabenbereichen polizeilicher Arbeit und bereitet gezielt auf die nachfolgende Praxisphase vor. Während des Einführungsseminars werden unter anderem die zum Führen von Dienstkraftfahrzeugen, der Dienstwaffe und weiteren Führungs- und Einsatzmitteln notwendigen Berechtigungen erlangt.

2.2
Tätigkeit in einer Kreispolizeibehörde

Zur Durchführung der Praxisphase und Führungshospitation werden die Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger in eine Kreispolizeibehörde, in der Regel in ein Polizeipräsidium, abgeordnet und während dieser Zeit durch eine Tutorenperson betreut. Die Tutorenperson sollte möglichst für die komplette Abordnungsdauer bestimmt werden. Sie ist für die Umsetzung und gegebenenfalls erforderliche Aktualisierung des Förderplans verantwortlich. Ein durch Versetzung oder Abordnung erforderlicher Wechsel der Tutorenperson ist der Studienleitung frühzeitig bekannt zu geben, um einvernehmlich mit dieser eine neue Tutorenperson zu bestimmen.

2.2.1
Praxisphase in einer Kreispolizeibehörde

Durch die insgesamt sechsmonatige Praxisphase in der Kreispolizeibehörde sollen Sachbearbeitungskenntnisse in Kernbereichen polizeilicher Arbeit in mehreren Direktionen beziehungsweise Inspektionen vermittelt werden. Sie wird daher grundsätzlich in den Basisorganisationseinheiten durchgeführt.

Die konkreten Inhalte der Praxisphase stimmt die Studienleitung mit der Kreispolizeibehörde ab, für die Umsetzung ist die Tutorenperson verantwortlich.

2.2.2
Führungshospitation in einer Kreispolizeibehörde

Im Rahmen der anschließenden Führungshospitation werden durch Begleitung, Beobachtung und Unterstützung der Tutorenperson die Anforderungen des beruflichen Alltags einer Führungskraft des Laufbahnabschnittes III des Polizeivollzugsdienstes vermittelt.

2.3
Hospitationen in weiteren Polizeibehörden

Darüber hinaus werden innerhalb der Praxisphase beziehungsweise der Führungshospitation kurze Hospitationen in weiteren Organisationseinheiten wie zum Beispiel

a) Spezialeinheiten,

b) Ständige Stäbe,

c) Bereitschaftspolizei,

d) Leitstelle,

e) Direktion Zentrale Aufgaben,

f) Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW, Dezernat 41 insbesondere Landesleitstelle,

g) Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW, Dezernat 43 Fliegerstaffel und

h) Landeskriminalamt NRW

durchgeführt.

Dabei wird grundsätzlich auf die für die Hospitationsbehörde zuständige Kreispolizeibehörde mit Aufgaben gemäß § 2 beziehungsweise § 4 der Verordnung über die Bestimmung von Polizeipräsidien zu Kriminalhauptstellen vom 26. August 2013 (GV. NRW. S. 502), die zuletzt durch Verordnung vom 12. August 2020 (GV. NRW. S. 752) geändert worden ist, zurückgegriffen. Die Dienstwahrnehmung erfolgt soweit erforderlich im Rahmen von Dienstreisen zur anderen Polizeibehörde. Die Genehmigung obliegt dabei der Hospitationsbehörde.

Die Dauer dieser Hospitationen wird durch die Studienleitung im Förderplan festgelegt.

Die Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger nehmen auch an den in den polizeilichen Landesoberbehörden für die Ratsbewerber durchgeführten, eintägigen Veranstaltungen teil, in denen die Organisation und Aufgaben zentral vorgestellt werden.

2.4
Praxisphase im für Inneres zuständigen Ministerium

Die viermonatige Praxisphase dient Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteigern dazu, die Tätigkeit der Führungskräfte des Laufbahnabschnittes III einer Kreispolizeibehörde oder einer polizeilichen Landesoberbehörde aus der Perspektive einer obersten Landesbehörde zu betrachten und in die Organisationsstruktur der Polizei NRW entsprechend einzuordnen.

Die Praxisphase im für Inneres zuständigen Ministerium wird grundsätzlich von Ende Januar bis Ende Mai durchgeführt.

Nummer 2.2, Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.

Bei längeren Reisewegen prüft die Studienleitung im Einzelfall eine Bereitstellung von Unterbringungskapazitäten.

Ausnahmeregelungen sind aufgrund eines besonderen sozialen Grundes, zum Beispiel alleinige Betreuung eines minderjährigen Kindes oder Pflege naher Angehöriger, möglich und von der Studienleitung dem für Inneres zuständigen Ministerium zur Genehmigung vorzulegen.

2.5
Studienkurs an der Deutschen Hochschule der Polizei

Die Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger nehmen am Studienkurs der Deutschen Hochschule der Polizei teil. Dies umfasst im Wesentlichen die zentralen Anteile des Masterstudienganges „Öffentliche Verwaltung – Polizeimanagement“, die Studieneingangsphase und das zentrale Studienjahr. An Leistungsüberprüfungen nehmen Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger nicht teil, so dass während der im Rahmen der Masterarbeitsphase anfallenden vorlesungsfreien Zeit größtenteils die unter Nummer 2.2.2 genannte Führungshospitation fortgesetzt wird. Nach Entscheidung der Studienleitung kann auch die Teilnahme an einzelnen Unterrichtseinheiten des dezentralen Studienjahres erfolgen.

Die Studienleitung entscheidet nach der Masterarbeitsphase darüber, ob die Führungshospitation fortgesetzt wird oder eine Teilnahme an Wahlpflichtmodulen erfolgt. Die Fortführung der Führungshospitation unter Teilnahme an einzelnen Veranstaltungen der Wahlpflichtmodule ist dabei ebenfalls möglich. Zum Ende der Einführungsphase kann in Abstimmung mit der Tutorenperson alternativ eine Hospitation erfolgen, die speziell auf die Erstfunktion vorbereitet.

2.6
Teilnahme an Veranstaltungen und Vorlesungen der Ratsbewerber

Die Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger sollen während der Einführungsphase grundsätzlich an Veranstaltungen sowie teilweise als Gasthörerinnen und Gasthörer an Vorlesungen der Ratsbewerber teilnehmen. Die Studienleitung regelt die Teilnahme.

Insbesondere ist die Teilnahme an folgenden Veranstaltungen vorgesehen:

a) Theoriemodule „Management und Führung“ sowie „Management und Steuerung“,

b) Besuche des Bundeskriminalamtes und der Bundespolizei,

c) landesspezifische Unterrichtseinheiten des dezentralen Studienjahres des Masterstudiengangs,

d) Unterrichtseinheiten oder Übungen zur Stabsarbeit,

e) Veranstaltungen der Ratsbewerber zum Thema Gruppendynamik und Problemlösungsprozesse und

f) Studienreise im Rahmen des ersten Förderjahres der Ratsbewerber.

Die Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger nehmen im Rahmen der Theoriemodule „Management und Führung“ sowie „Management und Steuerung“ an zu erbringenden Prüfungsleistungen teil. Das Ergebnis ist im Rahmen der Beurteilung einzubeziehen.

3
Personalgespräche

Durch die jeweilige Tutorenperson sind Personalgespräche zu Beginn, zur Hälfte und zum Ende der Tätigkeit in der Kreispolizeibehörde, sowohl in der Praxisphase als auch in der Hospitationsphase, beziehungsweise im für Inneres zuständigen Ministerium zu führen. Hierin werden die Aufgaben festgelegt, der bisherige Verlauf und die Ergebnisse besprochen sowie erörtert, ob die Ziele der Verwendung erreicht worden sind.

4
Ergänzende Bestimmungen

4.1
Vereinbarkeit von Beruf, Pflege und Familie

Während der Einführungsphase wird die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Pflege im Rahmen der dienstlichen Erfordernisse berücksichtigt.

4.1.1
Teilzeitbeschäftigung aus familiären Gründen

Die Einführungsphase kann grundsätzlich bei einer Beschäftigung mit mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit ohne Verlängerung abgeschlossen werden. Bei einer Teilzeitbeschäftigung mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit kann die Einführungsphase um bis zu ein Jahr verlängert werden. Eine Teilzeitbeschäftigung während des Einführungsseminars sowie des Studienkurses ist nicht möglich.

4.1.2
Elternzeit

Elternzeit im Sinne der Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vom 5. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2748) in der jeweils geltenden Fassung ist bis zu maximal vier Monaten möglich, ohne dass eine Wiederholung einzelner Stationen stattfinden muss. Während der Praxisphase im für Inneres zuständigen Ministerium ist bis zu ein Monat Elternzeit möglich. Elternzeit ist während des Einführungsseminars sowie des Studienkurses nicht möglich.

Ganzjährige Unterbrechungen der Einführungsphase zur Durchführung von Elternzeit sind jederzeit möglich. Die Einführungsphase soll insgesamt aber nicht länger als zwei Jahre unterbrochen werden und nicht länger als viereinhalb Jahre dauern.

4.1.3
Ausnahmen

In den Fällen von Nummer 4.1.1 und 4.1.2 berichtet die Studienleitung dem für Inneres zuständigen Ministerium. Dieses entscheidet über die Dauer der Verlängerung und etwaige Ausnahmen.

4.2
Präsenzveranstaltungen

Wesentliche Teile der Einführungsphase sind unabhängig von einer Teilzeitbeschäftigung oder Elternzeit nur mit - teilweise sogar mehrwöchig erforderlicher - ganztägiger Anwesenheit zu absolvieren. Dies gilt grundsätzlich auch für Präsenzveranstaltungen gemäß
Nummer 2.6.

Wenn die Teilnahme an diesen Präsenzveranstaltungen nicht erfolgen kann, entscheidet die Studienleitung über eine Wiederholungsmöglichkeit beziehungsweise im Einzelfall in Abstimmung mit dem für Inneres zuständigen Ministerium über die Wiederholung des entsprechenden Zeitraumes der Einführungsphase.

4.3
Genehmigung von Erholungs- und Sonderurlaub

4.3.1
Erholungsurlaub

Soweit möglich werden Zeiten des Erholungsurlaubs zu Beginn der Einführungsphase mit der Studienleitung abgestimmt und durch diese genehmigt.

Innerhalb der Praxisphasen sowie Führungshospitationen kann Urlaub durch die Tutorenperson genehmigt werden, sofern nur der jeweilige Zeitraum selbst betroffen ist. In andere Abschnitte hineinreichende Urlaubswünsche können nach Abstimmung mit der Studienleitung genehmigt werden.

Im Rahmen der Praxisphase im für Inneres zuständigen Ministerium sind grundsätzlich nur zehn Tage Urlaub zu gewähren. Bei Gewährung von Elternzeit innerhalb dieser Phase verringert sich die Zahl der genehmigungsfähigen Urlaubstage auf fünf.

Urlaub, der in den Zeitraum der Präsenzveranstaltungen gemäß Nummer 3.2 fällt, ist grundsätzlich nicht möglich. Über begründete Ausnahmen entscheidet die Studienleitung.

4.3.2
Sonderurlaub

Sonderurlaub ist ausschließlich durch das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW zu genehmigen.

4.4
Regelbeurteilungen

Die Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteiger sind nach Maßgabe der Beurteilungsrichtlinien für die Polizei in der Probezeit zu beurteilen.

Für Stationen von insgesamt mehr als zwei Monaten sind Beurteilungsbeiträge zu fertigen.

Die währenddessen erbrachten Leistungen sind im Rahmen dieser Beurteilungsbeiträge angemessen zu berücksichtigen. Nicht ausreichende Leistungen können und sollen im Rahmen der Probezeit erkannt werden und können durch Einbeziehung bei den Beurteilungen während beziehungsweise zum Ende der Probezeit beamtenrechtliche Folgen haben.

4.5
Ablaufplan

Ein beispielhafter Ablaufplan für die Einführungsphase ist der Richtlinie als Anlage 1 beigefügt.

5
Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und am 31.Dezember 2025 außer Kraft.

- MBl. NRW. 2021 S. 81