Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2022 Nr. 41 vom 15.12.2022 Seite 935 bis 984

Orientierungsdaten 2023 - 2026 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände
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Orientierungsdaten 2023 - 2026 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände

II.

Orientierungsdaten 2023 - 2026 für die mittelfristige
Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände

des Landes Nordrhein-Westfalen

Runderlass
des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung
304-46.05.01-264/22

Vom 22. November 2022

Nachfolgend gebe ich gemäß § 6 der Kommunalhaushaltsverordnung (KomHVO NRW) in Verbindung mit § 84 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) im Einvernehmen mit dem Ministerium der Finanzen die Orientierungsdaten 2023 bis 2026 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen bekannt.

I

Allgemeine Erläuterungen

1

Grundlagen der Orientierungsdaten 2023 - 2026

Die Orientierungsdaten stützen sich im Wesentlichen auf die Ergebnisse des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ vom Oktober 2022. Zudem berücksichtigen sie die Entwicklungen des Landeshaushaltes und des kommunalen Finanzausgleichs. In den unter II 1. dargestellten Änderungsraten der kommunalen Einnahmen aus Steuern und Zuweisungen sind zudem bereits noch zu erwartende Steuerrechtsänderungen wie zum Beispiel das Jahressteuergesetz 2022 und das Inflationsausgleichsgesetz auf Basis des aktuellen Gesetzgebungsverfahrens berücksichtigt. Aufgrund der bestehenden gesamtwirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Risiken empfiehlt sich gleichwohl eine vorsichtige Haushaltsplanung.

Da der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ nur die tatsächlichen Zuflüsse für das jeweilige Haushaltsjahr betrachtet, sind seine Ergebnisse vom Oktober 2022 an den Einnahmen ausgerichtet. Die Orientierungsdaten zu den Steuern und Abgaben sind deshalb Einzahlungsgrößen. Eine periodengerechte Zuordnung erfolgt nicht und kann nur von den Kommunen individuell mit Rücksicht auf die jeweilige örtliche Situation vorgenommen werden.

2

Gewerbesteuerumlage

Die Entwicklung der einzelnen Komponenten des Vervielfältigers der Gewerbesteuerumlage wird in der nachfolgenden Tabelle angegeben. Im Zeitraum bis 2026 wird es nach geltender Rechtslage keine Veränderungen geben.

Jahr

Vervielfältiger
§ 6 Absatz 3 GemFinRefG

Gesamt-
Vervielfältiger

Bund

Länder

2022

14,5

20,5

35

2023

14,5

20,5

35

2024

14,5

20,5

35

2025

14,5

20,5

35

2026

14,5

20,5

35

3

Wirkung der Orientierungsdaten – Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten

Gemäß § 16 Absatz 1 Stabilitäts- und Wachstumsgesetz sowie § 75 Absatz 1 und 84 GO NRW sollen sich die Gemeinden und Gemeindeverbände bei der Aufstellung des Haushaltes 2023 und bei der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung für die Jahre 2024 bis 2026 an den unter II.1 aufgeführten Daten zu Einzahlungen und Erträgen ausrichten.

Die Orientierungsdaten liefern allerdings nur Durchschnittswerte für die Gemeinden und Gemeindeverbände und sind deshalb lediglich Anhaltspunkte für die individuelle Finanzplanung. Jede Kommune ist verpflichtet, unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten die für ihre Planung zutreffenden Einzelwerte zu ermitteln. Es ist von den Orientierungsdaten abzuweichen, wenn die individuellen Gegebenheiten vor Ort dies erfordern.

Aufgrund der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Risiken sollten die Kommunen ihrer Haushaltsplanung eine eher vorsichtige Prognose zugrunde legen.

4

Empfehlungen für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung

Im Interesse der kommunalen Selbstverwaltung muss es oberstes Ziel sein, den Haushaltsausgleich zu erreichen oder zumindest ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept bzw. einen genehmigungsfähigen Haushaltssanierungsplan nach dem Stärkungspaktgesetz aufzustellen. Für Kommunen, die ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen haben, besteht die Pflicht, den Haushalt zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder auszugleichen (§ 76 Absatz 1 GO NRW).

II        

Orientierungsdaten und Erläuterungen

1

Orientierungsdaten 2023 - 2026 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen

Absolut

Orientierungsdaten

2022

2023

2024

2025

2026

in Mio. Euro

in %

Einzahlungen / Erträge

Summe der Einzahlungen aus
Steuern (brutto)

29.818

+4,1

+4,3

+5,8

+4,0

davon:

Gemeindeanteil an der
Einkommensteuer

9.459

+5,5

+4,4

+6,4

+5,0

Gemeindeanteil an der
Umsatzsteuer

1.894

+1,6

+5,1

+3,2

+2,0

Gewerbesteuer
(brutto)

14.470

+4,2

+4,9

+6,9

+4,3

Grundsteuer
A und B

3.995

+1,1

+1,1

+1,1

+1,0

Kompensation
Familienleistungsausgleich (Erträge)

911

+15,3

-3,1

+6,3

+2,6

Zuweisungen des Landes im Rahmen des Steuerverbundes (Erträge)

14.042

+8,3

+1,8

+4,5

+4,7

davon:

Schlüsselzuweisungen an Gemeinden,
Kreise und Landschaftsverbände

11.816

+8,3

+1,8

+4,5

+4,7

2

Erläuterungen

Steuern und ähnliche Abgaben

Die Entwicklung der Steuern und steuerähnlichen Abgaben ist aktuell stark durch die Energiekrise, die über Preissteigerungen bei der Prozessenergie für Gas und Strom in allen Lebensbereichen zu einer überbordenden Inflation geführt hat, die sich als persistent erwiesen hat und zumindest im Jahr 2023 noch gegenwärtig sein wird, geprägt. Somit werden sich einerseits die Umsatzsteuern in den nächsten Jahren stabil entwickeln, da sich trotz abzeichnenden Umsatzrückgangs die Bemessungsgrundlagen aufgrund des hohen Preisauftriebes ausweiten werden. Bei der Lohnsteuer wird eine überproportional aufwärts gerichtete Entwicklung zu verzeichnen sein, da die Arbeitsgeber – trotz angespanntem Umfeld – an ihrem Personal festhalten werden, um nach Überwindung der krisenhaften Ausprägungen kraftvoll durchstarten zu können. Bei den gewinnabhängigen Steuern wie der veranlagten Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer wird es hingegen zu einer eher verhaltenen Entwicklung kommen, da die Gewinne durch Produktionseinschränkungen, Lieferengpässen und Kostensteigerungen zunächst unter Druck geraten. Dennoch wird sich nach den Prognosen der Steuerschätzer das Gewerbesteueraufkommen solide entwickeln. Ab dem Jahr 2024 dürfte es dann zu einer weitgehenden Normalisierung mit der Rückkehr zu den langjährigen durchschnittlichen Wachstumsraten kommen.

Aufwendungen allgemein

Aufgrund von Corona-Pandemie sowie hoher Inflation und der hiermit verbundenen außergewöhnlichen Umstände für die kommunale Aufgabenwahrnehmung, wird in diesem Jahr erneut darauf verzichtet, den Kommunen Orientierungs- bzw. Zielwerte für die Aufwendungen vorzugeben.

Gleichwohl wird weiterhin auf die Notwendigkeit einer ressourcenschonenden kommunalen Finanzwirtschaft hingewiesen. Dies gilt insbesondere für haushaltssicherungspflichtige Kommunen, die angesichts der ökonomischen Herausforderungen unter einem anhaltend hohen Konsolidierungsdruck stehen. Um den Haushalt dauerhaft aus eigener Kraft ausgleichen zu können, ist es erforderlich, bei den Aufwendungen nur geringe Zuwachsraten zuzulassen. Dies gilt insbesondere auch für die Personal- und Sachaufwendungen der Kommunen.

- MBl. NRW. 2022 S. 980