Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2024 Nr. 34 vom 7.11.2024 Seite 999 bis 1012
| Bescheidung von Anträgen und Widersprüchen betreffend die amtsangemessene Alimentation kinderreicher Familien in den Jahren 2003 bis 2010 |
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| zugehörige Anlagen : |
Bescheidung von Anträgen und Widersprüchen betreffend die amtsangemessene Alimentation kinderreicher Familien in den Jahren 2003 bis 2010
20320
Bescheidung von Anträgen und
Widersprüchen
betreffend die amtsangemessene Alimentation
kinderreicher Familien in den Jahren 2003 bis 2010
Runderlass
des Ministeriums der Finanzen
P 1500 – 33 / 2022 – 3567 - IV A 6
P 1512 – 2 / 2023 – 26378 – IV A 1
Vom 17. Oktober 2024
Mit dem Gesetz zur Anpassung der Alimentation kinderreicher Familien sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 14. September 2021 (GV. NRW. S. 1075) wurden die Vorgaben des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020 (2 BvL 6/17 und andere) zur Alimentation von kinderreichen Familien umgesetzt. Zum einen wurden rückwirkend zum 1. Januar 2021 die Familienzuschläge für dritte und weitere im Familienzuschlag zu berücksichtigende Kinder erhöht. Zum anderen wurden mit dem Gesetz Nachzahlungsansprüche für Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter, Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger sowie Empfängerinnen und Empfänger von Unterhaltsbeihilfen normiert. Nachzahlungen haben Personen erhalten, die im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2020 drei oder mehr im Familienzuschlag zu berücksichtigende Kinder hatten, eine höhere als die seinerzeit gesetzlich zustehende Alimentation zeitnah geltend gemacht hatten und über deren Anträge und Widersprüche noch nicht abschließend entschieden worden war. Die Einzelheiten zur Bescheidung der für diese Jahre offenen Anträge und Widersprüche wurden durch Runderlass des Ministeriums der Finanzen vom 6. Juli 2022 (MBl. NRW. S. 645) geregelt.
Für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2010 sind noch weitere Antrags- und Widerspruchsverfahren in Sachen Alimentation kinderreicher Familien ruhend gestellt, in denen sich unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in bestimmten Konstellationen (abhängig von Besoldungsgruppe, Kinderzahl und Jahr) Alimentationsdefizite ergeben haben. Diese Verfahren sollen nunmehr auf Grundlage der vom Bundesverfassungsgericht erlassenen und bis einschließlich 2010 noch anwendbaren Vollstreckungsanordnung (BVerfG, Beschluss 2 BvL 26/91 vom 24. November 1998) erledigt werden.
Hierzu sind den Betroffenen Zahlungen unter den nachfolgenden Voraussetzungen und Maßgaben zu gewähren:
1.
Anwendungsbereich
Dieser Erlass regelt Nachzahlungen für Personen, die im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2010
a) Beamtinnen und Beamte des Landes,
b) Richterinnen und Richter des Landes oder
c) Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger des Landes
waren.
Der Erlass findet keine Anwendung für Zeiten in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst (Anwärterinnen und Anwärter), in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis (Unterhaltsbeihilfeempfängerinnen und Unterhaltsbeihilfeempfänger), in einem Ehrenbeamtenverhältnis oder einem ehrenamtlichen Richterverhältnis.
2.
Nachzahlungen im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2010 für
Empfängerinnen und Empfänger von Besoldung
2.1
Personen
im Sinne der Nummer 1 Buchstabe a und b erhalten für Monate in den Jahren 2003
bis 2010 in denen ein Anspruch auf Familienzuschlag der Stufe 4, einer darüber
liegenden Stufe oder auf den entsprechenden Unterschiedsbetrag zwischen der
jeweiligen Stufe und der Stufe 1 bestand, für das dritte und jedes weitere in
ihrem Familienzuschlag zu berücksichtigende Kind Nettonachzahlungen nach
Maßgabe der Anlagen 1 bis 8 zu diesem Erlass.
Eine Nachzahlung wird nicht gewährt:
- soweit im jeweiligen Monat und der jeweiligen Besoldungsgruppe kein Alimentationsdefizit vorlag (in den Anlagen ist in diesem Fall ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 0,00 Euro ausgewiesen) oder
- wenn ein über die gesetzlich zustehende Besoldung hinausgehender Anspruch auf Besoldung für das dritte Kind und weitere im Familienzuschlag zu berücksichtigende Kinder nicht in dem Haushaltsjahr, für das die zusätzliche Besoldung verlangt wird, schriftlich gegenüber der jeweils zuständigen Stelle geltend gemacht (Grundsatz der haushaltsnahen Geltendmachung) oder wenn über den Anspruch bereits abschließend entschieden worden ist.
Ein über die gesetzlich zustehende Besoldung hinausgehender Anspruch auf Besoldung für das dritte Kind und gegebenenfalls weitere Kinder im oben genannten Sinne ist als schriftlich geltend gemacht anzusehen, wenn ein schriftlicher Antrag/Widerspruch vorliegt,
a) mit dem ausdrücklich die Nichtamtsangemessenheit der Alimentation für dritte und gegebenenfalls weitere Kinder geltend gemacht wurde, und/oder
b) mit dem die Nichtamtsangemessenheit der Alimentation im Allgemeinen geltend gemacht wurde und/oder
c) der sich gegen Besoldungsanpassungen der Jahre 2003 bis 2010 richtet.
Soweit der Dienstherr beziehungsweise die für die Bescheidung der Anträge/Widersprüche zuständige Stelle für bestimmte Jahre explizit auf das Erfordernis der (haushaltsnahen) Geltendmachung verzichtet oder explizit einen einzelnen Antrag/Widerspruch als Antrag/Widerspruch für mehrere Jahre anerkannt hat, gilt der über die gesetzlich zustehende Besoldung hinausgehende Anspruch ausnahmsweise auch für diese Jahre als geltend gemacht.
2.2
Die Nachzahlungen
sind nicht steuerfrei im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Die
Nettonachzahlungsbeträge sind vor der Auszahlung anhand der individuellen Besteuerungsmerkmale
auf Bruttobeträge hochzurechnen und zur Auszahlung zu bringen.
2.3
Die
Nachzahlung erfolgt ab dem Monat Januar des Jahres, in dem der Anspruch geltend
gemacht wurde, frühestens jedoch ab dem Monat, in dem mehr als zwei Kinder in
dem Familienzuschlag zu berücksichtigen waren.
2.4
Die
Höhe des Nachzahlungsbetrags richtet sich nach dem jeweiligen Jahr, in dem der
Anspruch geltend gemacht wurde, sowie der Besoldungsgruppe und der Anzahl der
im Familienzuschlag zu berücksichtigenden Kinder in den jeweiligen Monaten
dieses Zeitraums. Unterjährige Änderungen sind mit Wirkung vom Ersten des Monats zu berücksichtigen,
in dem die Änderung eingetreten ist. § 44 des
Landesbesoldungsgesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, ber. S.
642),
das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 30. März 2023 (GV. NRW. S. 317)
geändert worden ist, findet entsprechende Anwendung.
2.5
Die
monatlichen Nettonachzahlungen gelten nicht als Familienzuschlag und nicht als
Erhöhung der Dienstbezüge im Hinblick auf Ausgleichs- und Überleitungszulagen.
Sie werden jeder anspruchsberechtigten Person nur einmal gewährt; bei mehreren
Dienstverhältnissen gilt § 5 des Landesbesoldungsgesetzes entsprechend.
2.6
§
43 Absatz 5 bis 7 des Landesbesoldungsgesetzes finden entsprechende Anwendung.
2.7
Für
Zeiträume einer Teilzeitbeschäftigung findet § 8 Absatz 1 des
Landesbesoldungsgesetzes entsprechende Anwendung, soweit nichts anderes in § 43
Absatz 5 Satz 3 des Landesbesoldungsgesetzes bestimmt ist.
3.
Nachzahlungen im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2010 für
Empfängerinnen und Empfänger von Versorgung
3.1
Die
Nummern 2.1 bis 2.4 gelten entsprechend für Personen im Sinne der Nummer 1
Buchstabe c, denen innerhalb des Zeitraums vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember
2010 ein Unterschiedsbetrag für dritte und weitere Kinder nach § 50 Absatz 1
Satz 2 bis 4 der für nordrhein-westfälische Versorgungsberechtigte geltenden
Fassung des Beamtenversorgungsgesetzes vom 16. März 1999 (BGBl. I S. 322, 847,
2033; bis 31.08.2006: Beamtenversorgungsgesetz in der jeweils im Bezugszeitraum
geltenden Fassung; ab 01.09.2006: Beamtenversorgungsgesetz in der am 31.08.2006
geltenden Fassung) zustand.
3.2
Die
monatlichen Nettonachzahlungen nach Nummern 2.1 bis 2.4 gelten nicht als
Familienzuschlag. Sie werden jeder anspruchsberechtigten Person nur einmal
gewährt. Der Anspruch aus einem Dienstverhältnis oder einem Rechtsverhältnis
nach Nummer 1. Buchstabe a oder b geht dabei dem Anspruch aus einem
Rechtsverhältnis als Versorgungsempfängerin oder Versorgungsempfänger vor. Der
Anspruch aus einem späteren Rechtsverhältnis als Versorgungsempfängerin oder
Versorgungsempfänger geht dem Anspruch aus einem früheren Rechtsverhältnis als
Versorgungsempfängerin oder Versorgungsempfänger vor. Ist einer
anspruchsberechtigten Person aus einem nach Satz 3 oder 4 vorrangigen
Rechtsverhältnis ein geringerer Betrag zu zahlen als ihr aus einem nachrangigen
Rechtsverhältnis zustehen würde, ist ihr die monatliche Nettonachzahlung aus
dem nachrangigen Rechtsverhältnis zu zahlen. Ruhens- und
Anrechnungsvorschriften sowie Vorschriften über die anteilige Kürzung finden
keine Anwendung.
3.3
§
43 Absatz 5 bis 7 und § 44 des Landesbesoldungsgesetzes und § 58 Absatz 1 Satz
5 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW S. 310, ber. S. 642), das zuletzt
durch Artikel 6 des Gesetzes vom 30. Mai 2023 (GV. NRW. S. 317) geändert worden
ist, finden entsprechende Anwendung.
4.
Verfahrenshinweise
4.1
Anträge/Widersprüche, mit denen ausdrücklich und alleinig die Nichtamtsangemessenheit
der Alimentation für dritte und gegebenenfalls weitere Kinder geltend gemacht
wird:
Diese Anträge/Widersprüche sind nach ihrer Bescheidung durch Abhilfe- beziehungsweise Widerspruchsbescheid erledigt. Sie sind nicht dahingehend auszulegen, dass mit ihnen zugleich die Nichtamtsangemessenheit der Alimentation im Allgemeinen gerügt wurde.
4.2
Anträge/Widersprüche, die sich ausdrücklich auf die Alimentation für dritte und
gegebenenfalls weitere Kinder beziehen und mit denen zusätzlich die
Nichtamtsangemessenheit der Alimentation im Allgemeinen geltend gemacht wird
und/oder die sich gegen Besoldungsanpassungen der Jahre 2003 bis 2010 richten:
Diese Anträge/Widersprüche sind, nur soweit sie die Alimentation für das dritte Kind und gegebenenfalls weitere Kinder betreffen, durch Teilabhilfebescheid beziehungsweise Teilwiderspruchsbescheid zu bescheiden. Im Hinblick auf die Alimentation im Allgemeinen und/oder die Besoldungsanpassungen der Jahre 2003 bis 2010 sind sie nicht zu bescheiden und weiterhin offen und gegebenenfalls ruhend gestellt zu halten.
4.3
Anträge/Widersprüche, mit denen die Nichtamtsangemessenheit der Alimentation im
Allgemeinen geltend gemacht wird und/oder die sich gegen Besoldungsanpassungen
der Jahre 2003 bis 2010 richten,
ohne sich explizit (auch) auf die Alimentation für das dritte Kind und
gegebenenfalls weitere Kinder zu beziehen:
Diese Anträge/Widersprüche sind von Amts wegen dahingehend auszulegen, dass mit ihnen zugleich auch ein über die gesetzlich zustehende Besoldung hinausgehender Anspruch auf amtsangemessene Alimentation für das dritte Kind und gegebenenfalls weitere Kinder geltend gemacht wurde. Sie sind wie die Anträge/Widersprüche unter Nummer 4.2 im Hinblick auf das dritte Kind und gegebenenfalls weitere Kinder durch Teilabhilfebescheid beziehungsweise Teilwiderspruchsbescheid zu bescheiden. Im Hinblick auf die Alimentation im Allgemeinen und/oder die Besoldungsanpassungen der Jahre 2003 bis 2010 sind sie nicht zu bescheiden und weiterhin offen und gegebenenfalls ruhend gestellt zu halten.
5.
Gemeinden, Gemeindeverbände und sonstige der Aufsicht des Landes unterstehende
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts
Den Gemeinden, Gemeindeverbänden und den sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts wird empfohlen, entsprechend zu verfahren.
6.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Der Erlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und mit Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten außer Kraft.
- MBl. NRW. 2024 S. 1000