Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2024 Nr. 44 vom 20.12.2024 Seite 1259 bis 1274

Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Integrationsagenturen für die Belange von Menschen mit Einwanderungsgeschichte und Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit
Normkopf
Norm
Normfuß
 
zugehörige Anlagen :
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
 

Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Integrationsagenturen für die Belange von Menschen mit Einwanderungsgeschichte und Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit

26

Richtlinien
über die Gewährung von Zuwendungen
zur Förderung von Integrationsagenturen
für die Belange von Menschen mit Einwanderungsgeschichte
und Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit

Runderlass
des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration

Vom 10. Dezember 2024

1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1
Das Land gewährt nach §§ 3 Absatz 2 Satz 2, 7 Absatz 1 und 12 Absatz 2 Satz 1 des Teilhabe- und Integrationsgesetzes vom 25. November 2021 (GV. NRW. S. 1213a), nach Maßgabe dieser Richtlinien und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung vom 6. Juni 2022 (MBl. NRW. S. 445) in der jeweils geltenden Fassung, im Folgenden VV zur LHO, Zuwendungen zur Förderung von Integrationsagenturen für die Belange von Menschen mit Einwanderungsgeschichte und Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit.

1.2
Ein Anspruch der Antragstellerin oder des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2
Gegenstand der Förderung

Das Land fördert folgende Maßnahmen:

2.1
Den Betrieb von Integrationsagenturen, welche die gesellschaftliche Teilhabe von eingewanderten Menschen verbessern und das friedliche und respektvolle Miteinander insbesondere in den jeweiligen Sozialräumen stärken, in den folgenden Handlungsfeldern:

a) Bürgerschaftliches Engagement von und für Menschen mit Einwanderungsgeschichte, Potenzialerschließung für die Integrationsarbeit,

b) Interkulturelle Öffnung von Diensten und Einrichtungen der sozialen Infrastruktur,

c) Sozialraumorientierte systematische und bedarfsorientierte Arbeit im Lebensumfeld von Menschen mit Einwanderungsgeschichte und

d) Antidiskriminierungsarbeit.

2.2
Den Betrieb von Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit, welche insbesondere Betroffene zum Thema Antidiskriminierung beraten und unterstützen.

2.3
Die Durchführung von spezifischen Maßnahmen, welche die Integrationsagenturen und Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit bei der Umsetzung ihrer Ziele und Aufgaben im Rahmen der Handlungsfelder unterstützen.

Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit können darüber hinaus spezifische Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität der Antidiskriminierungsarbeit, der Vernetzung und der Öffentlichkeitsarbeit umsetzen.

2.4
Den Einsatz von Koordinatorinnen und Koordinatoren auf Regional- oder Landesebene, welche folgende Aufgaben wahrnehmen:

a) Koordination und kontinuierliche Praxisbegleitung sowie Überprüfung und Weiterentwicklung der Integrationsagenturen und Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit,

b) Mitwirkung bei der Weiterentwicklung des Förderprogramms,

c) Umsetzung von Gremien- und Netzwerkarbeit,

d) Öffentlichkeitsarbeit,

e) Organisation von Qualifizierungsmaßnahmen für die eingesetzten Integrationsfachkräfte,

f) Initiierung der Vernetzung mit anderen Diensten der sozialen Versorgung und

g) Intensivierung der interkulturellen Öffnung in den oben genannten Diensten.

3
Zuwendungsempfängerin oder Zuwendungsempfänger

3.1
Zuwendungsempfängerinnen oder Zuwendungsempfänger sind die in der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege Nordrhein-Westfalen vertretenen Mitgliedsverbände.

3.2
Es wird gemäß Nummer 12 der VV zu § 44 Landeshaushaltsordnung zugelassen, dass die Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger die Zuwendung mittels Weiterleitungsvertrags an Untergliederungen und Mitgliedsorganisationen weiterleiten darf. Die für die Zuwendungsempfängerin oder den Zuwendungsempfänger maßgebenden Bestimmungen des Zuwendungsbescheides einschließlich Nebenbestimmungen sind der Empfängerin oder dem Empfänger der Weiterleitung aufzuerlegen. Die Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger hat die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel durch die Empfängerin oder den Empfänger der Weiterleitung zu prüfen und nachzuweisen. Im Übrigen ist Nummer 12 der VV zu § 44 LHO zu beachten. 

4
Zuwendungsvoraussetzungen

4.1
Zuwendungsvoraussetzungen sind:

a) die Vorlage einer auf der Basis von aktuellen Bedarfen und Entwicklungen erstellten Sozialraum- oder Bedarfsanalyse, welche nicht älter als zwei Jahre ist,

b) das Vorliegen einschlägiger fachlicher Abschlüsse der eingesetzten Integrationsfachkräfte, also Bachelor-Abschluss in den Bereichen Soziale Arbeit, Sozialpädagogik, Sozialwissenschaft oder eine gleichwertige Qualifikation; als gleichwertig gelten die im „Handlungskonzept Integrationsagenturen für die Belange von Menschen mit Einwanderungsgeschichte und Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit“ des Landes in der zum Zeitpunkt der Bewilligung geltenden Fassung aufgeführten Abschlüsse; über Ausnahmen entscheidet die Bewilligungsbehörde in Abstimmung mit dem für Integration zuständigen Ministerium im Einzelfall,

c) die Bestätigung einer Sprachkompetenz der eingesetzten Integrationsfachkräfte in mindestens einer für die Arbeit vor Ort relevanten Sprache und

d) bei spezifischen Maßnahmen, dass

aa) ihnen ein Gesamtkonzept zugrunde liegt, welches im Antragsverfahren eindeutig und umfassend beschrieben ist,

bb) einzelne niedrigschwellige Maßnahmen zu berücksichtigen sind, soweit diese als Bestandteil im Rahmen einer Gesamtkonzeption eingebunden sind und

cc) ihre Durchführung zwingend Personal mit speziellen beruflichen Qualifikationen erforderlich macht gemäß den Berufsabschlüssen der Integrationsfachkräfte, im Sinne der Nummer 4.1 b); Personen ohne die entsprechenden Qualifikationen können daher nur zur Unterstützung im Rahmen dieser Maßnahmen eingesetzt werden.

e) die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes und der Verfassung des Landes von Nordrhein-Westfalen entsprechende Arbeit der Organisationen bei Durchführung der Maßnahmen.

4.2
Maßnahmen, die nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Integrationsagenturen für die Belange von Menschen mit Migrationshintergrund vom 2. Juli 2024 im Jahr 2024 gefördert wurden, können im Jahr 2025 auf Antrag fortgesetzt werden. Nummer 1.3.4 der VV zu § 44 LHO ist anzuwenden.

5
Art und Umfang, Höhe der Finanzierung

5.1
Zuwendungsart

Projektförderung

5.2
Finanzierungsart

Anteilfinanzierung

5.3
Form der Zuwendung

Zuschuss

5.4
Bemessungsgrundlage

5.4.1
Betrieb der Integrationsagenturen und Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit

Gefördert werden Personal- und Sachausgaben.

5.4.1.1
Personalausgaben

5.4.1.1.1
Integrationsfachkräfte

Jede Integrationsagentur und Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit muss regelmäßig mit mindestens einer Integrationsfachkraft betrieben werden, deren Tätigkeit mindestens einem Vollzeitäquivalent entspricht. Die Förderung für ein Vollzeitäquivalent kann aufgeteilt werden, wobei als Mindeststellenanteil eine halbe Stelle festgelegt wird.  Über Ausnahmen entscheidet die zuständige Bewilligungsbehörde.

Veränderungen bestehender Stellenanteile sind nur mit vorheriger Einwilligung durch die Bewilligungsbehörde zulässig.

5.4.1.1.2
Koordinatorinnen und Koordinatoren

Für jede Integrationsfachkraft (Person) kann ein Stellenumfang von einem Fünfzehntel Vollzeitäquivalent als Koordinationsstelle beantragt werden. Über begründete Ausnahmen entscheidet die Bewilligungsbehörde.

5.4.1.1.3
Zuwendungsfähig sind die voraussichtlich tatsächlich anfallenden Personalausgaben. Ein Vollzeitäquivalent wird mit maximal 86 498,32 Euro bemessen.

5.4.1.1.4
Fachkräfte, die als Integrationsfachkraft gefördert werden, können nicht als weiteres Personal oder Honorarkraft in einer spezifischen Maßnahme zusätzlich abgerechnet werden (Verbot der Doppelförderung).

5.4.1.1.5
Ein Stellensplitting in Bezug auf die Migrationsberatung für Erwachsene sowie Jugendmigrationsdienste ist für die Integrationsfachkräfte nicht zulässig. Über Ausnahmen in begründeten Einzelfällen entscheidet die Bewilligungsbehörde.

5.4.1.2
Sachausgaben

Die Sachausgaben für die Integrationsfachkräfte sowie Koordinatorinnen und Koordinatoren werden als fester Betrag in Höhe von 8 800 Euro pro Vollzeitäquivalent beziehungsweise gegebenenfalls anteilig bemessen.

5.4.2
Spezifische Maßnahmen

5.4.2.1
Bei den spezifischen Maßnahmen sind die notwendigen maßnahmenbezogenen Personal-, Honorar- und Sachausgaben zuwendungsfähig.

5.4.2.2
Die Mindestförderhöhe für eine spezifische Maßnahme beträgt 5 000 Euro pro Haushaltsjahr.

5.5
Fördersatz

5.5.1
Die Zuwendung beträgt maximal 90 Prozent der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben.

5.5.2
Bürgerschaftliches Engagement in Form von freiwilligen, unentgeltlichen Arbeiten kann gemäß der zum Zeitpunkt der Bewilligung geltenden Richtlinie zur Berücksichtigung von bürgerschaftlichem Engagement bei der Gewährung von Zuwendungen im Zuständigkeitsbereich der Landesregierung Nordrhein-Westfalen als fiktive Ausgabe bei der Bemessung der Zuwendung einbezogen werden. Eine Tätigkeit von Integrationsfachkräften im Rahmen des bürgerschaftlichen Engagements für denselben Träger ist gemäß dem Runderlass nicht zulässig. Fiktive Ausgaben für eine solche Tätigkeit können nicht geltend gemacht werden.

6
Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Als Auflagen sind folgende Regelungen in den Zuwendungsbescheid aufzunehmen:

a) Die Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger wird verpflichtet, sicherzustellen, dass sich die entwickelten Maßnahmen an dem „Handlungskonzept Integrationsagenturen für die Belange von Menschen mit Einwanderungsgeschichte und Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit“ des Landes an der zum Zeitpunkt der Bewilligung geltenden Fassung orientieren,

b) beabsichtigte Änderungen hinsichtlich der eingesetzten Vollzeitäquivalente in einer Integrationsagentur oder einer Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit bedürfen der vorherigen Einwilligung der Bewilligungsbehörde,

c) Umzüge von Integrationsagenturen oder Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit bedürfen der vorherigen Einwilligung der Bewilligungsbehörde; Umzüge aus dem Sozialraum hinaus bedürfen zusätzlich der vorherigen Einwilligung des für Integration zuständigen Ministeriums und

d) die Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger wird verpflichtet, an dem „Verfahren Fachdatenerhebung NRW“ teilzunehmen, eine Erfolgskontrolle erfolgt insbesondere auf Basis der jährlichen Erfassung der durchgeführten Maßnahmen von Integrationsagenturen und Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit im „Verfahren Fachdatenerhebung NRW“.

7
Verfahren

7.1
Antragsverfahren

Anträge auf Gewährung von Zuwendungen sind innerhalb von vier Wochen nach Veröffentlichung dieser Richtlinie nach dem Muster gemäß der Anlage 1 A-E zu stellen. Das Antragsverfahren erfolgt unter Verwendung des webbasierten Fachverfahrens integration.web beziehungsweise eines Nachfolgeprogramms.

Dem Antrag sind folgende Anlagen beizufügen:

a) Aufgabenplanung und

b) aktuelle Sozialraum- oder Bedarfsanalyse.

 

In den Fällen gemäß Nummer 4.2 muss der Antrag auf Fortsetzung innerhalb von vier Wochen nach Veröffentlichung dieser Richtlinie gestellt werden.

7.2
Bewilligungsverfahren

7.2.1
Die Bewilligungsbehörde bewilligt die Zuwendung nach pflichtgemäßem Ermessen unter Verwendung des Zuwendungsbescheides gemäß dem Muster der Anlage 2. Der Zuwendungsbescheid wird von der Bewilligungsbehörde in integration.web beziehungsweise in einem Nachfolgeprogramm elektronisch erstellt.

7.2.2
Bewilligungsbehörde ist die Bezirksregierung Arnsberg.

7.3
Anforderungs- und Auszahlungsverfahren

Das Verfahren zur Auszahlung von Zuwendungen erfolgt unter Verwendung des webbasierten Fachverfahrens integration.web beziehungsweise eines Nachfolgeprogramms.

Die Auszahlung erfolgt auf Anforderung nach Bestandskraft des Zuwendungsbescheides zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November. Sofern die Auszahlungstermine im Sinne von Satz 1 nicht erreicht werden können, erfolgt die Auszahlung frühestens nach dem Eintritt der Bestandskraft des Zuwendungsbescheides. Die Nummern 7. 2 und 8.6 der VV zu § 44 der Landeshaushaltsordnung finden keine Anwendung.

7.4
Verwendungsnachweisverfahren

Der Verwendungsnachweis besteht aus einem Sachbericht und einem zahlenmäßigen Nachweis.

7.4.1
Sachbericht

Der Sachbericht ist im Rahmen der verpflichtenden Teilnahme an dem „Verfahren Fachdatenerhebung NRW“ zu erbringen.

7.4.2
Zahlenmäßiger Nachweis

Der zahlenmäßige Nachweis ist nach dem Muster gemäß der Anlage 3 zu erbringen. Das Verfahren erfolgt unter Anwendung des webbasierten Fachverfahrens integration.web beziehungsweise eines Nachfolgeprogramms.

7.5
Zu beachtende Vorschriften

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV zu § 44 Landeshaushaltsordnung, soweit nicht in den Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen worden sind.

8
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am 1. Januar 2025 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft.

Redaktioneller Hinweis:

Die Anlagen dieser Verwaltungsvorschrift haben keine eigene rechtliche Bedeutung (nicht rechtkonstitutiv) und werden daher nicht abgedruckt. Die Anlagen sind in der elektronischen Fassung des Ministerialblattes für das Land Nordrhein-Westfalen auf den Seiten des Service-Portals recht.nrw.de abrufbar.

- MBl. NRW. 2024 S. 1266