Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2025 Nr. 22 vom 12.5.2025 Seite 655 bis 662

Einstellung von nichtökologischem Geflügel in eine ökologische/biologische Geflügelproduktionseinheit
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Einstellung von nichtökologischem Geflügel in eine ökologische/biologische Geflügelproduktionseinheit

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Einstellung von nichtökologischem Geflügel in eine
ökologische/biologische Geflügelproduktionseinheit

Allgemeinverfügung
des Landesamtes für Verbraucherschutz und Ernährung

Vom 28. April 2025

1
Allgemeinverfügung

Im Rahmen des Vollzugs von

- Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe e) i), Anhang II Teil II Nummer 1.3.4.3. der Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates (ABl. L 150 vom 14.6.2018, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung,

- § 2 Absatz 1 des Öko-Landbaugesetz vom 7. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2358) in der jeweils geltenden Fassung und

- § 2 Absatz 1 Nummer 10 der Zuständigkeitsverordnung Agrar vom 5. Februar 2019 (GV. NRW. S. 116) in der jeweils geltenden Fassung in Verbindung mit § 7 LAVE-Errichtungsgesetz vom 11. März 2025 (GV. NRW. S. 288),

erlässt das Landesamt für Verbraucherschutz und Ernährung Nordrhein-Westfalen (LAVE) als zuständige Behörde folgende Allgemeinverfügung:

1.1
Nichtökologische Küken für die Eiererzeugung und für die Fleischerzeugung, die weniger als drei Tage alt sind, dürfen in eine ökologische Geflügelproduktionseinheit beim erstmaligen Aufbau eines Geflügelbestands oder bei Erneuerung oder Wiederaufbau des Bestands eingestellt werden, sofern der qualitative oder quantitative Bedarf an Bio-Küken zum Zeitpunkt des Schlupftermins von keiner ökologischen Brüterei gedeckt werden kann („Minderschlupf“).

1.2
Die Festlegung nach Nummer 1.1 gilt nur, wenn zum Zeitpunkt der Bruteinlage eine angemessene Anzahl an Bio-Bruteiern verwendet wird, die einen ausreichenden Schlupf an Bio-Küken unter regulären Umständen erwarten lässt. Wenn schon zum Zeitpunkt des Einlegens der Bruteier nicht genügend geeignete Bio-Bruteier und somit keine Bio-Küken zum Schlupftermin verfügbar sind, ist für diesen Fall ein Genehmigungsantrag zur Einstellung von nichtökologischen Küken zu stellen.

1.3
Die Allgemeinverfügung nach Nummer 1.1 gilt für alle Arten an Nutzgeflügel zur Ei- und Fleischerzeugung wie zum Beispiel Gallus gallus, Kapaune, Poularden, Truthühner, Gänse, Pekingenten, Barbarieenten, Mulard-Enten, Perlhühner und Wachteln.

1.4
Nichtökologische Putenküken (Truthühner) die weniger als drei Tage alt sind, dürfen in eine ökologische Geflügelproduktionseinheit beim erstmaligen Aufbau eines Geflügelbestands oder bei Erneuerung oder Wiederaufbau des Bestands auch dann eingestellt werden, wenn der qualitative oder quantitative Bedarf an Bio-Küken zum Zeitpunkt der Bestellung von keiner ökologischen Brüterei gedeckt werden kann.

2
Nebenbestimmungen

2.1
Vor einer Bestellung von nichtökologischen Küken ist in jedem Fall, auch bei Minderschlupf, eine Angebotsabfrage in der Datenbank gemäß Artikel 26 Absatz 1 Verordnung (EU) 2018/848, www.organicxlivestock.de (oXl), durchzuführen und zu dokumentieren. Der Bedarf an nichtökologischen Küken darf nur gedeckt werden, wenn nachvollziehbar ist, dass zum Zeitpunkt der Bestellung keine geeigneten Bio-Küken im Angebot waren.

2.2
Die Allgemeinverfügung kann jederzeit ganz oder teilweise widerrufen oder mit weiteren Nebenbestimmungen versehen werden.

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Begründung

Das Zeitfenster vom Schlupftermin bis zur Einstellung der Küken in einer ökologischen Geflügelaufzucht ist für eine Antragstellung und seine -bearbeitung zur Verwendung von nichtökologischen Küken, die weniger als drei Tage alt sind, sehr eng.

Es besteht daher ohne diese Allgemeinverfügung die Gefahr, dass aus Gründen, welche die ökologische Geflügelaufzucht selbst nicht zu vertreten hat, keine angemessene Anzahl an Küken zur ökologischen Aufzucht wegen fehlender Ausnahmegenehmigungen eingestellt werden darf. Für eine ökologische Geflügelhaltung und für die damit verbundene Produktion von Bio-Eiern und Bio-Fleisch ist jedoch die Aufzucht von Bio-Tieren in ausreichender Zahl für alle Geflügelarten erforderlich und von daher zu ermöglichen.

Da Bio-Tiere in ökologischen Produktionseinheiten geboren beziehungsweise geschlüpft sein müssen, gilt eine Brüterei als ökologische Produktionseinheit, in der Bio-Küken erzeugt werden. Als ökologische Brüterei hat sie dafür zu sorgen, dass ein Minderschlupf so gering wie möglich gehalten und bestenfalls vermieden wird, indem sie eine angemessene Zahl an Bio-Bruteiern unter Berücksichtigung der zu erwartenden Schlupfrate zur Brut einlegt.

Wenn der Markt keine angemessene Zahl an Bio-Bruteiern für eine gesicherte Schlupfrate und zeitgleich keine Bio-Küken zum Schlupftermin liefern kann, ist die Einstellung von nichtökologischen Tagesküken angezeigt. Da dieser Fall jedoch eine Ausnahme bleiben soll, ist ein Antrag für den Einzelfall erforderlich. Im Unterschied zum Bedarf bei Minderschlupf ist hierfür ausreichend Zeit zur Durchführung des Antragsverfahrens.

Es gibt derzeit keine Bio-Puten-Elterntierhaltungen, die Bio-Putenküken anbieten. Demnach ist ein Antragsverfahren für jeden Einzelfall kein geeignetes Vorgehen, um die Einstellung von nichtökologischen Putenküken nur im Ausnahmefall zuzulassen. Solange keine Bio-Putenküken angeboten werden, sollte dies nicht zu Lasten der Tierhaltungen für die Fleischerzeugung gehen, indem sie für jede Einzelgenehmigung die Kosten und den Aufwand zu tragen hätten.

Über die Angebotsabfrage zu Bio-Tagesküken wird in jedem Fall sichergestellt, dass verfügbare und geeignete Bio-Tagesküken vorrangig verwendet werden, bevor auf die nichtökologischen Tagesküken zurückgegriffen wird.

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Hinweis

Bei Einstellung von nichtökologischen Tagesküken in eine Bio-Kükenherde ist zu beachten, dass für die gesamte Herde die betreffende vorgeschriebene Umstellungszeit nach Anhang II Teil II Nr. 1.2.2. Buchstaben c bis e der Verordnung (EU) 2018/848 einzuhalten ist, bevor diese als Bio-Junghennen zur Eiererzeugung bzw. als Bio-Junggeflügel zur Fleischerzeugung abgegeben werden dürfen, weil eine Unterscheidung der Küken spätestens ab dem Zeitpunkt der gemeinsamen Einstellung in den Aufzuchtbetrieb nicht mehr möglich ist.

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Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage bei dem örtlich zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden. Die nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichte haben ihren Sitz in:

- 52070 Aachen, Adalbertsteinweg 92 im Justizzentrum für das Gebiet der kreisfreien Stadt Aachen und der Kreise Aachen, Düren, Euskirchen und Heinsberg

- 59821 Arnsberg Jägerstrasse 1 für das Gebiet der kreisfreien Städte Hagen und Hamm sowie des Ennepe-Ruhr-Kreises, des Hochsauerlandkreises, des Märkischen Kreises und der Kreise Olpe, Siegen-Wittgenstein und Soest

- 40213 Düsseldorf, Bastionstrasse 39 für das Gebiet der kreisfreien Städte, Düsseldorf, Duisburg, Krefeld, Mönchengladbach, Mühlheim a. d. Ruhr, Oberhausen Remscheid, Solingen und Wuppertal sowie der Kreise Kleve, Mettmann, Neuss, Viersen und Wesel

- 45879 Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3 für das Gebiet der kreisfreien Städte Bochum, Bottrop, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen und Herne sowie der Kreise Recklinghausen und Unna

- 50667 Köln, Appellhofplatz für das Gebiet der kreisfreien Städte Bonn, Köln und Leverkusen sowie des Rhein-Erft-Kreises, des Oberbergischen Kreises, des Rheinisch-Bergischen Kreises und des Rhein-Sieg-Kreises

- 32389 Minden, Königswall 8 für das Gebiet der kreisfreien Stadt Bielefeld sowie der Kreise Gütersloh, Herford, Höxter, Lippe, Minden-Lübbecke und Paderborn

- 48147 Münster, Piusallee 38 für das Gebiet der kreisfreien Stadt Münster sowie der Kreise Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf

und Warendorf.

6
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verfügung tritt am 1. Juni 2025 in Kraft und ist unbefristet.

Landesamt für
Verbraucherschutz und Ernährung
Nordrhein-Westfalen
Im Auftrag
Dr.  R a t h

- MBl. NRW. 2025 S. 660