Ministerialblatt (MB.NRW)
Ausgabe 2025 Nr. 122 vom 22.10.2025
| Richtlinien über die Abwicklung von Erbschaften des Landes (Staatserbschaftsrichtlinien) |
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Richtlinien über die Abwicklung von Erbschaften des Landes (Staatserbschaftsrichtlinien)
Richtlinien
über die Abwicklung von Erbschaften des Landes
(Staatserbschaftsrichtlinien)
Runderlass
des Ministeriums der Finanzen
VV 1260 – 2824 – IV B 8
Vom 9. Oktober 2025
1
Zuständigkeit
1.1
Zuständig für die Übernahme und Abwicklung der Nachlässe bei Erbschaften, die
dem Land zufallen, ist die Bezirksregierung, in deren Bezirk die Erblasserin
oder der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes ihren beziehungsweise seinen
Wohnsitz hatte. Ist dieser Wohnsitz nicht feststellbar, ist der gewöhnliche
Aufenthalt der Erblasserin oder des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes
maßgeblich.
1.2
Das für Finanzen zuständige Ministerium übt die Fachaufsicht über die
Bezirksregierungen im Rahmen der Abwicklung der Erbschaften, die dem Land
zufallen, aus.
1.3
Die Dienstaufsicht über die Bezirksregierungen obliegt dem für Inneres
zuständigen Ministerium.
2
Verfahrensregelungen und Grundsätze der Nachlassabwicklung
2.1
Hat das Nachlassgericht durch Feststellungsbeschluss festgestellt, dass kein
anderer Erbe als das Land vorhanden ist, oder hat das Land im Falle
gewillkürter Erbfolge die Erbschaft angenommen, so hat die zuständige
Bezirksregierung
a) den Nachlass unverzüglich in Besitz zu nehmen,
b) den Nachlassumfang zu ermitteln und
c) die zur Sicherung des Nachlasses erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen.
2.2
Bei der Bearbeitung der Erbschaften des Landes ist die zentrale Aufgabe der
Bezirksregierungen die Verwertung und eine möglichst vollständige monetäre
Umwandlung des Nachlasses. Hierbei sind die in der Landeshaushaltsordnung in
der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (GV. NRW. S. 158) in der
jeweils geltenden Fassung verankerten Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und
Sparsamkeit zu beachten.
2.3
Für die Bearbeitung, Abwicklung und Dokumentation der Erbschaften des Landes
ist die hierfür entwickelte Fachsoftware zu verwenden.
Konkretere Handlungsanweisungen zur Nachlassabwicklung sind in einer Arbeitshilfe zusammengefasst, die fortlaufend aktualisiert und erweitert wird. Die Arbeitshilfe ist über die Plattform NRW connect intern, im Bereich Wiki Fiskalische Erbschaften, zu erreichen. Hier finden sich Hinweise zur Fallbearbeitung, Erläuterungen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und weitere hilfreiche Dokumente und Informationen. Insbesondere befindet sich dort auch ein ausführliches Benutzerhandbuch für die Fachsoftware.
Die drei Instrumente Software, Benutzerhandbuch und Arbeitshilfe dienen den Bezirksregierungen als Unterstützung bei der einheitlichen, wirtschaftlichen und rechtssicheren Abwicklung von Nachlässen.
3
Haushaltsmäßige Behandlung des Nachlasses
3.1
Der Nachlass ist bis zur endgültigen Abwicklung grundsätzlich als einheitliches
Ganzes (Haftungsmasse für etwaige Nachlassschulden) zu behandeln. Eine
vorherige Aufteilung des Nachlasses oder eine Abgabe von einzelnen
Vermögensteilen an andere Verwaltungszweige hat bis dahin zu unterbleiben. Das
Ministerium der Finanzen kann hierzu Ausnahmen zulassen.
3.2
Die Einnahmen aus Erbschaften des Landes sind bei der im Landeshaushalt
vorgesehenen Verbuchungsstelle Kapitel 03 310 Titelgruppe 61 zu buchen. Hierbei
sind die Einnahmen aus Wertpapierverkäufen bei Titel 133 61 zu verbuchen, im
Übrigen erfolgt die Verbuchung bei Titel 119 61.
3.3
Die Ausgaben zur Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten sind, entsprechend der
Differenzierungen im Haushaltsplan, ebenfalls bei Kapitel 03 310 Titelgruppe 61
zu verbuchen.
3.4
Mit Beendigung der Nachlassabwicklung ist entsprechend der haushaltsmäßigen
Behandlung eine Abschlussnachweisung aufzustellen. Diese soll alle Einnahmen
und Ausgaben sowie gegebenenfalls eine Übersicht über die noch vorhandenen
Nachlassgegenstände enthalten. Für Nachlässe, deren Abwicklung vollständig in
der Fachsoftware dokumentiert ist, erfolgt die Abschlussnachweisung
softwaregesteuert.
3.5
Treten noch Nachlassgläubigerinnen oder Nachlassgläubiger nach Aufstellung der
Abschlussnachweisung auf, so sind deren Forderungsbeträge bis zur Höhe des
vereinnahmten Nachlassüberschusses im Landeshaushalt bei Kapitel 03 310
Titelgruppe 61 zu verausgaben. Reicht der Überschuss nicht aus, ist gemäß den §§
1980, 1981, 1990 bis 1992 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu verfahren.
4
Erweiterung des Anwendungsbereichs
4.1
Diese Richtlinien finden sinngemäß Anwendung auf die Abwicklung von Nachlässen,
die dem Land auf Grund letztwilliger Verfügung zufallen. Bei überschuldeten
Nachlässen ist die Erbschaft auszuschlagen.
4.2
Ferner finden diese Richtlinien sinngemäß Anwendung, sofern das Vermögen eines
Vereins nach § 46 BGB an den Fiskus fällt. § 46 Satz 2 des Bürgerlichen
Gesetzbuches bleibt davon unberührt.
Soweit förderrechtliche Belange betroffen sind, kann eine fachliche Zuarbeit
von den jeweils zuständigen Stellen erfolgen, wenn dies von den
Bezirksregierungen für erforderlich erachtet wird. Diese Stellen sollen den
Bezirksregierungen auch bei der Verwendung eventuell noch vorhandenen
Vereinsvermögens im Sinne des Vereinszwecks zuarbeiten.
5
Schlussbemerkung
Angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Nachlassfälle ist eine Regelung, welche sämtliche denkbaren Fälle abdeckt, weder möglich noch zielführend. Sollten sich auch bei sinngemäßer Anwendung dieser Richtlinien im Rahmen der Nachlassabwicklung und der Behandlung des Nachlassvermögens Hindernisse oder Zweifel ergeben, ist eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen. In Fällen von erheblicher Bedeutung ist der Fachaufsicht zu berichten und deren Entscheidung einzuholen.
6
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft.
Gleichzeitig treten die Richtlinien über die Abwicklung von Erbschaften des Landes vom 27. Juni 2013 (MBl. NRW. S. 257) außer Kraft.
MB.NRW 2025 Nr. 122