Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 1999 Nr. 21 vom 27.4.1999 Seite 371 bis 394

Europawahl 1999 Vorbereitung und Durchführung
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Europawahl 1999 Vorbereitung und Durchführung

II.

Innenministerium

Europawahl 1999
Vorbereitung und Durchführung

RdErl. d. Innenministeriums v. 15.4.1999 -
I A 4/20-20.99.10

1
Rechtliche Grundlagen

Für die auf Sonntag, den 13. Juni 1999, festgesetzte Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland gelten

- das Europawahlgesetz (EuWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 1994 (BGBl. I S. 423, 555);

- die Europawahlordnung (EuWO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Mai 1994 (BGBl. I S. 957), geändert durch Verordnung vom 3. März 1999 (BGBl. I S. 293);

- die Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen vom 13. Dezember 1988, geändert durch Verordnung vom 13. Mai 1997 (GV. NRW. S. 106) – SGV. NRW. 1113 -.

Im übrigen finden auf die Wahl allgemein oder kraft besonderer Verweisung ganz oder in Teilen entsprechende Anwendung

- das Bundeswahlgesetz (BWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juli 1993 (BGBl. I S. 1288, 1594), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Juli 1998 (BGBl. I S. 1698);

- die Bundeswahlgeräteverordnung (BWahlGV) vom 3. September 1975 (BGBl. I S. 2459), zuletzt geändert durch Verordnung vom 15. November 1989 (BGBl. I S. 1981, 1994);

- das Wahlprüfungsgesetz vom 12. März 1951 (BGBl. I S. 166), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. April 1995 (BGBl. I S. 582);

- das Parteiengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994 (BGBl. I S. 149), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Februar 1999 (BGBl. I S. 146);

- das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 1987 (BGBl. I S. 945, 1160), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Juni 1998 (BGBl. I S. 1311);

- das Europaabgeordnetengesetz vom 6. April 1979 (BGBl. I S. 413), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Juni 1996 (BGBl. I S. 843).

Zu erwarten sind noch ein neues Wahlstatistikgesetz mit Änderungen des EuWG und der EuWO (vgl. BT-Drs. 14/401 und Beschluss des Bundestages vom 25.3. 1999) sowie eine Änderung der BWahlGV.

2
Wahlsystem (§ 2 EuWG)

Die Europawahl ist – abweichend von dem bei Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen bekannten Wahlsystem – eine reine Verhältniswahl nach (starren) Listen. Der Wähler hat eine Stimme. Die Listen sind entweder "Listen für einzelne Länder", die prinzipiell als verbunden gelten, oder "gemeinsame Listen für alle Länder". Auf der Liste kann neben jedem Bewerber ein Ersatzbewerber aufgeführt werden. Ein Bewerber einer Landesliste kann auch noch als Bewerber in einer anderen Landesliste desselben Wahlvorschlagsberechtigten oder in seiner Landesliste zugleich als Ersatzbewerber benannt werden. Ein Bewerber einer Bundesliste kann als solcher nur einmal, aber zugleich als Ersatzbewerber in derselben Liste aufgeführt werden. Bewerber, die auf zwei Landeslisten gewählt sind, bleiben auf der Liste unberücksichtigt, in der sie an späterer Stelle benannt sind; ggf. entscheidet das Los.

3
Zuständigkeit für die Vorbereitung und Durchführung der
Europawahl
(§ 5 EuWG; §§ 1 bis 11 EuWO)

Mit dem Verzicht des EuWG auf eine Gliederung des Wahlgebietes in besondere Wahlkreise ist das Wahlgeschehen voll in die allgemeine Verwaltungsorganisation, also in die Gemeinden sowie in die Kreise und kreisfreien Städte eingebunden.

3.1
Die Kreis- und Stadtwahlleiter tragen – als unabhängige Wahlorgane auf der Kreisebene – die umfassende Verantwortung für die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl im Kreis bzw. in der kreisfreien Stadt, soweit nicht bestimmte Zuständigkeiten durch Europa- und Bundeswahlgesetz, Europawahlordnung und Bundeswahlgeräteverordnung sowie die Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen anderen Stellen übertragen sind.

3.2
Auch bei der Europawahl sind der "Gemeindebehörde" zahlreiche Aufgaben bei Vorbereitung und Durchführung der Europawahl zugewiesen, die im vollen Umfang, auch hinsichtlich der Briefwahl, dem von der Bundestagswahl her Gewohnten entsprechen. Dabei handelt es sich in aller Regel um Geschäfte der laufenden Verwaltung. Die Zuständigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben kommt daher gemäß § 41 Abs. 3 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen dem hauptamtlichen Bürgermeister bzw. – sofern noch im Amt – dem Gemeindedirektor zu, soweit nicht der Rat sich oder einem Ausschuss für einen bestimmten Kreis von Aufgaben oder für eine bestimmte Aufgabe die Entscheidung vorbehält. Gemeindebehörde im Sinne des Europawahlgesetzes und der Europawahlordnung ist hiernach in der Regel und im Zweifel der hauptamtliche Bürgermeister bzw. der Gemeindedirektor. Dieser Runderlass übernimmt im folgenden die Bezeichnung "Gemeindebehörde" aus den bundesrechtlichen Vorschriften.

4
Wahlberechtigung
(§ 6 EuWG)

Der Kreis der Wahlberechtigten umfasst neben den in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden Deutschen auch die hier lebenden Unionsbürger, außerdem die in den übrigen Mitgliedstaaten der EG wohnenden Deutschen sowie durch den Verweis in § 6 Abs. 2 die in § 12 Abs. 2 BWG genannten sonstigen Auslandsdeutschen. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet ist.

Das Wahlrecht darf stets nur einmal und nur persönlich ausgeübt werden. Das gilt auch für Wahlberechtigte, die zugleich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft zum Europäischen Parlament wahlberechtigt sind.

4.1
Wahlberechtigung von Deutschen

4.11
Wahlberechtigt sind Deutsche, die am Wahltag seit mindestens 3 Monaten in der Bundesrepublik Deutschland und/oder einem anderen EG-Mitgliedstaat eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten (§ 6 Abs. 1 EuWG).

4.12
Sonstige Auslandsdeutsche sind unter bestimmten Voraussetzungen auch dann wahlberechtigt, wenn sie keine Wohnung oder keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Wahlgebiet oder in den übrigen EG-Mitgliedstaaten haben (§ 6 Abs. 2 EuWG i.V.m. § 12 Abs. 2 BWG). Dies gilt für Beamte, Soldaten, Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst, die auf Anordnung ihres Dienstherrn ihre Wohnung oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland genommen haben, sowie für die Angehörigen ihres Hausstandes (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 BWG).

Daneben sind auch wahlberechtigt

a) die in den übrigen Mitgliedstaaten des Europarates lebenden Deutschen (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 BWG) sowie

b) die am Wahltag nicht länger als 25 Jahre (bisher 10 Jahre) seit ihrem Fortzug in einem anderen Staat lebenden Deutschen (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 BWG),

sofern sie vor ihrem Fortzug mindestens drei Monate ununterbrochen im Wahlgebiet gewohnt oder sich sonst gewöhnlich aufgehalten haben; in den Fällen nach Buchstabe a) ist weitere Voraussetzung, dass sie das Wahlgebiet erst nach dem 23.5.1949 verlassen haben. Bei Angehörigen der Gruppe a) wird sich die Wahlberechtigung mit der Wahlberechtigung als EG-Deutsche häufig überschneiden.

Bei den übrigen Mitgliedstaaten des Europarates handelt es sich zur Zeit um Albanien, Andorra, Belgien, Bulgarien, Dänemark, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Moldau, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, San Marino, Schweden, Schweiz, Slowakische Republik, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Ukraine, Ungarn, Vereinigtes Königreich und Zypern.

4.13
Zu 4.11 und 4.12 wird im übrigen auf das nicht veröffentlichte Rundschreiben des Landeswahlleiters vom 18. März 1999 – I A 4/20-20.99.10 - verwiesen, mit dem ein Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 15.12.1998 – VI 5-121 312-1/7 – zur Frage der Auslegung des Begriffs "übrige Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft" und des Gebietes der übrigen Mitgliedstaaten des Europarates übersandt worden ist.

4.2
Wahlberechtigung von Unionsbürgern

Zur Europawahl sind gem. § 6 Abs. 3 EuWG auch die in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden Bürger der Europäischen Union wahlberechtigt. Voraussetzung ist, dass die Unionsbürger am Wahltag seit mindestens 3 Monaten in der Bundesrepublik Deutschland und/oder einem anderen EG-Mitgliedstaat eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten. Weitere Voraussetzung ist die Eintragung in das Wählerverzeichnis, die nur auf Antrag erfolgt. Zu beachten ist, dass die wahlberechtigten Unionsbürger entscheiden können, ob sie ihr Wahlrecht hier oder in ihrem Herkunftsstaat ausüben wollen.

Zum Wahlrecht der Unionsbürger und zum Antragsverfahren haben die Stadt- und Kreiswahlleiter gem. § 19 Abs. 3 EuWO eine amtliche Bekanntmachung (Anlage 6 A) in regionalen Tageszeitungen zu veröffentlichen. Darüber hinaus wird eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit in der örtlichen Presse und den örtlichen Rundfunksendern empfohlen.

4.3
Wohnung, gewöhnlicher Aufenthalt

Der Wohnungsbegriff nach § 12 Abs. 3 BWG i.V.m. § 4 EuWG entspricht dem im Melderecht verankerten Wohnungsbegriff (§ 15 MG NW).

4.31
Hat jemand keine Wohnung in diesem Sinne, so hält er sich an einem Ort "sonst gewöhnlich" auf, wenn er dort unter solchen Umständen lebt, die erkennen lassen, dass er an dem Ort nicht nur vorübergehend verweilt.

Die Wohnungs- oder Aufenthaltsvoraussetzung ist erfüllt, wenn eine Wohnung oder ein gewöhnlicher Aufenthalt tatsächlich vorhanden ist. Die meldebehördliche Anmeldung hat demgegenüber lediglich die Bedeutung eines Indizes und Beweismittels. Die Angaben der Melderegister sind mithin widerlegbar.

Ist ein Unionsbürger von der Meldepflicht befreit oder hat ein Meldepflichtiger seine Anmeldung unterlassen, so muss er auf andere Weise (z.B. durch Zeugen) nachweisen, dass eine Wohnung oder ein gewöhnlicher Aufenthalt im Wahlgebiet seit drei Monaten gleichwohl vorhanden ist.

4.32
Eine Sonderregelung in Form einer unwiderleglichen Vermutung enthält § 12 Abs. 4 BWG i.V.m. § 4 EuWG für

Seeleute sowie die Angehörigen ihres Hausstandes,

Binnenschiffer sowie die Angehörigen ihres Hausstandes und

im Vollzug gerichtlich angeordneter Freiheitsentziehung befindliche Personen sowie andere Untergebrachte.

Für sie gilt das von Ihnen bezogene Schiff bzw. die Anstalt oder die entsprechende Einrichtung als Wohnung im Sinne des Gesetzes, sofern sie im Wahlgebiet keine Wohnung innehaben oder innegehabt haben.

4.4
Wahlausschlussgründe
(§ 6a EuWG)

Die Regelung der Wahlausschlussgründe in § 6a EuWG entspricht dem § 13 BWG. Darüber hinaus sind Unionsbürger in der Bundesrepublik Deutschland vom Wahlrecht ausgeschlossen, wenn sie nach dem Recht ihres Herkunftsstaates infolge einer zivil- oder strafrechtlichen Einzelfallentscheidung das Wahlrecht verloren haben.

5
Wählbarkeit
(§ 6b EuWG)

Die Voraussetzungen der Wählbarkeit sind in § 6b EuWG abschließend umschrieben. Wählbar sind nicht nur Deutsche, sondern auch Staatsangehörige der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft. Im Gegensatz zur Wahlberechtigung ist die Wählbarkeit von Deutschen nicht an eine Wohnung oder den sonstigen gewöhnlichen Aufenthalt im Wahlgebiet geknüpft; Unionsbürger, die als Bewerber aufgestellt werden, müssen jedoch im Wahlgebiet eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten.

Niemand kann sich gleichzeitig in Deutschland und in einem anderen EG-Mitgliedstaat zur Wahl bewerben (§ 6c EuWG).

6
Wählerverzeichnis
(§ 4 EuWG, §§ 14, 17 BWG, §§ 14 bis 23 EuWO)

Das EuWG enthält keine eigenständige Regelung über die Wählerverzeichnisse, sondern verweist in § 4 auf die entsprechenden Vorschriften des BWG.

Auf folgendes weise ich besonders hin:

6.1
In das Wählerverzeichnis sind – wie bisher – alle wahlberechtigten Deutschen von Amts wegen einzutragen, die am Stichtag – dem 35. Tag vor der Wahl, also dem 9. Mai 1999 – für eine Wohnung bei der Meldebehörde gemeldet sind (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EuWO).

6.2
Ein wahlberechtigter Deutscher mit mehreren Wohnungen wird nur von der für die Hauptwohnung zuständigen Gemeinde in das Wählerverzeichnis eingetragen (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 EuWO). Welche von mehreren Wohnungen die Hauptwohnung ist, bestimmt sich nach den Eintragungen im Melderegister der Meldebehörde.

6.3
Wahlberechtigte Unionsbürger sind nach den Regelungen des § 17 a EuWO auf förmlichen Antrag nach Muster 2 A in das Wählerverzeichnis einzutragen. Der Antrag muss spätestens bis zum 34. Tag vor der Wahl – 10. Mai 1999 -, 16.00 Uhr, gestellt sein. Zuständig für die Eintragung ist die für die Wohnung, bei mehreren Wohnungen die für die Hauptwohnung zuständige Gemeinde.

Nach § 17a Abs. 5 Satz 3 EuWO hat die Gemeindebehörde der vom Herkunfts-Mitgliedstaat benannten Stelle das einheitliche Formular für den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten nach Anlage 2 B zu übermitteln, wenn alle Voraussetzungen für die Eintragung ins Wählerverzeichnis erfüllt sind. Bestehen Zweifel an den Angaben des Antragstellers, hat die Gemeindebehörde den Sachverhalt unverzüglich aufzuklären. Stellt sich heraus, dass die Angaben des Antragstellers unrichtig sind, ist die Eintragung in das Wählerverzeichnis abzulehnen oder der Unionsbürger aus dem Wählerverzeichnis zu streichen. Für die Unterrichtung und das Rechtsmittelverfahren gilt § 15 Abs. 8 EuWO.

Die in den Mitgliedstaaten für das vorgenannte Verfahren benannten zuständigen Stellen sind durch Rundschreiben des landeswahlleiters vom 10.3.1999 – I A 4/20-20.99.10 - an die Stadt- und Kreiswahlleiter mitgeteilt.

Gemäß § 87 Abs. 2 EuWO kann der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten nach § 17a Abs. 5 Satz 3 EuWO auch durch Versand von Disketten gemäß den Empfehlungen der EG-Kommission erfolgen. Hiervon sollte insbesondere bei größeren Datenmengen Gebrauch gemacht werden. Auf die notwendige datenschutzrechtliche Absicherung beim Versand solcher Disketten – siehe das oben zitierte Rundschreiben vom 10.3.1999 - wird hingewiesen.

6.4
Die im Ausland lebenden Wahlberechtigten (sogenannte Auslandsdeutsche) werden gleichfalls nur auf Antrag in das Wählerverzeichnis eingetragen. Der Antrag muss spätestens am 23. Mai 1999 (21. Tag vor der Wahl) der zuständigen Gemeindebehörde vorliegen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 EuWO). Der Antrag ist im allgemeinen förmlich nach dem Muster der Anlage 2 EuWO zu stellen. Lediglich der Personenkreis nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 BWG (Bedienstete des öffentlichen Dienstes außerhalb des Wahlgebietes) kann formlos – allerdings schriftlich – die Eintragung in das Wählerverzeichnis beantragen (§ 15 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a), § 17 Abs. 4 EuWO). Im übrigen sind formlose Anträge nicht wirksam; soweit formlose Anträge eingehen, sind die Antragsteller möglichst umgehend auf das Antragsverfahren gemäß Anlage 2 EuWO hinzuweisen. Vordrucke und Merkblätter für die Antragstellung sind bei den diplomatischen und berufskonsularischen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, beim Bundeswahlleiter sowie bei sämtlichen Kreis- und Stadtwahlleitern erhältlich (§ 17 Abs. 5 EuWO).

Zuständig für die Entgegennahme des Antrages ist die Gemeinde, in der der Wahlberechtigte nach seiner Erklärung vor seinem Fortzug aus dem Wahlgebiet zuletzt gemeldet war; die Stadt Bonn ist zuständig, sofern der Wahlberechtigte noch nie für eine Wohnung im Wahlgebiet gemeldet war (§ 16 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 EuWO).

In der Regel kann sich die Gemeinde auf die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers zum Nachweis der Wahlberechtigung verlassen. Wenn sie allerdings Zweifel an den Angaben hat, ist sie gehalten, den Sacherhalt unverzüglich zu überprüfen (§ 17 Abs. 5 Satz 3 EuWO).

Von der Eintragung eines sog. Auslandsdeutschen in das Wählerverzeichnis gemäß § 17 Abs. 5 EuWO ist stets der Bundeswahlleiter zu unterrichten (vgl. Anlage 2 EuWO).

6.5
Wegen der Amtseintragung von Seeleuten und Binnenschiffern verweise ich auf § 15 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 i.V.m § 16 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 EuWO. Für Angehörige dieser Personenkreise, die nicht von Amts wegen eingetragen werden können, ist § 16 Abs. 2 Nr. 4 EuWO zu beachten.

6.6
Insassen von Justizvollzugsanstalten oder entsprechenden Einrichtungen sind – von Amts wegen – in das Wählerverzeichnis der Gemeinde einzutragen, in der sie für eine Wohnung gemeldet sind (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 EuWO). Da in Nordrhein-Westfalen durch den Vollzug einer richterlichen Entscheidung über die Freiheitsentziehung Meldepflichten nach § 13 Abs. 1 und 2 MG NW nicht begründet werden, entfällt in unserem Land in der Regel eine Eintragung in das Wählerverzeichnis von Amts wegen nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 EuWO. Ist der Betreffende ansonsten nicht für eine Wohnung gemeldet, so kommt nur eine Eintragung auf Antrag in Betracht (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe d) EuWO). Der Antrag ist an die für die Justizvollzugsanstalt oder die entsprechende Einrichtung zuständige Gemeinde zu richten (§ 16 Abs. 2 Nr. 5 und § 17a Abs. 3 Nr. 4 EuWO).

6.7
Wahlberechtigte, die, ohne eine Wohnung innezuhaben, sich im Wahlgebiet sonst gewöhnlich aufhalten, werden auf Antrag in das Wählerverzeichnis eingetragen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b EuWO). Zuständig ist die Gemeinde, bei der der Wahlberechtigte den Antrag stellt (§ 16 Abs. 2 Nr. 2 und § 17a Abs. 3 Nr. 5 EuWO).

6.8
Von besonderer Bedeutung ist das Verfahren bei nach dem Stichtag eintretenden Veränderungen (z.B. aufgrund eines Wohnungswechsels - § 15 Abs. 3 bis 5 und § 17a Abs. 6

EuWO -). Die darin u.a. vorgesehene Rückmeldung über die Eintragung in das Wählerverzeichnis durch die Gemeinde des Zuzugsortes an die Gemeinde des Fortzugsortes besteht unabhängig von den Rückmeldepflichten nach dem Melderecht. Die wahlrechtliche Rückmeldung wird ihren Zweck – Beseitigung von Doppeleintragungen – nur erfüllen können, wenn sie unverzüglich erstattet wird. Ich bitte, hierauf bedacht zu sein.

6.9
Eine besondere Benachrichtigungspflicht besteht für die Fälle, in denen der Gemeindebehörde des Fortzugsortes eine Mitteilung über den Ausschluss vom Wahlrecht vorliegt oder nachträglich zugeht. Sie hat hiervon die Gemeindebehörde des Zuzugsortes unverzüglich zu benachrichtigen, die den Wahlberechtigten in ihrem Wählerverzeichnis streicht (§ 15 Abs. 3 Satz 5 EuWO). Von der Streichung ist der Betroffene zu unterrichten.

6.10
Für die öffentliche Auslegung des Wählerverzeichnisses gilt § 17 Abs. 1 Satz 2 BWG i.V.m. § 4 EuWG. Danach ist das Wählerverzeichnis an den Werktagen vom 20. bis zum 16. Tag vor der Wahl öffentlich auszulegen. Das bedeutet, da der 20. Tag diesmal ein Feiertag (Pfingstmontag) ist: Auslegung vom 25. – 28. Mai 1999.

Der Abschluss des Wählerverzeichnisses ist spätestens am Tage vor der Wahl, jedoch nicht früher als am dritten Tage vor der Wahl, nach dem Muster der Anlage 7 EuWO zu beurkunden. Bei automatisierter Führung des Wählerverzeichnisses ist vor der Beurkundung ein Ausdruck herzustellen (§ 23 Abs. 1 EuWO).

6.11
Datenschutzrechtliche Belange sind in der EuWO gleichlautend wie in der BWO berücksichtigt.

Nach § 20 Abs. 3 EuWO dürfen Auszüge aus dem Wählerverzeichnis durch Träger von Wahlvorschlägen nicht angefertigt werden. Auch das in der Vergangenheit verschiedentlich geübte Verfahren, Auszüge oder Abschriften erteilen, ist nicht mehr zulässig. Die Regelung des § 20 Abs. 3 EuWO gebietet eine enge Auslegung der Vorschrift. Parteien und andere Träger von Wahlvorschlägen sind ggf. auf die Auskunftsmöglichkeit der Meldebehörde nach § 35 Abs. 1 MG NW hinzuweisen. Auskünfte aus dem Wählerverzeichnis sind nur im engen Rahmen des § 82 Abs. 2 EuWO zulässig. Im übrigen sind die Wählerverzeichnisse so aufzubewahren, dass sie gegen Einsichtnahme durch Unbefugte geschützt sind (§ 82 Abs. 1 EuWO).

7
Übermittlung der Zahlen der Wahlberechtigten

Zur Unterrichtung der Medien ist insbesondere die Zahl der Unionsbürger, die die Eintragung in das Wählerverzeichnis beantragt haben, von hohem öffentlichen Interesse. Ich bitte die Kreis- und Stadtwahlleiter, diese Zahl nach dem Stand des Tages vor der öffentlichen Auslegung des Wählerverzeichnisses (24.5.1999) feststellen zu lassen und sie alsdann dem Landeswahlleiter entweder durch Telefax (0211-871 33 55) oder fernmündlich (0211-8712629 / 8712645) mitzuteilen.

8
Wahlbenachrichtigung
(§ 18 EuWO)

8.1
Die Benachrichtigung der in das Wählerverzeichnis eingetragenen Wahlberechtigten spätestens am Tage vor der Auslegung des Wählerverzeichnisses, also am 24. Mai 1999, ist zwingend vorgeschrieben. Seit langem schon darf die Wahlbenachrichtigung das Geburtsdatum des Wahlberechtigten nicht mehr enthalten. Diese aus datenschutzrechtlichen Erwägungen gerechtfertigte Handhabung kann zu Schwierigkeiten führen, wenn Namens- und Adressengleichheit besteht. Um Schwierigkeiten, zumal im Wahllokal, bei der Stimmabgabe vorzubeugen, empfehle ich, in solchen Fällen entweder dem Namen jeweils den Zusatz "jun." oder "sen." beizufügen oder den zweiten Vornamen, sofern vorhanden, in die Adressierung der Wahlbenachrichtigung aufzunehmen.

8.2
Der Vordruck für die Wahlbenachrichtigung nach Anlage 3 EuWO ist ein Muster. Gestaltung, Format und auch Formulierung im einzelnen sind der Gemeindebehörde überlassen. Allerdings muss der nach § 18 Abs. 1 EuWO vorgegebene Inhalt enthalten und für den Wahlberechtigten leicht erkennbar sein.

Im Interesse einer wählerfreundlichen Gestaltung empfiehlt es sich, für die Wahlbenachrichtigung das nach den Vorschriften der Deutschen Post AG größtmögliche Format (235x125 mm = DIN B 6/DL) für die Wahlbenachrichtigung zu verwenden (vgl. auch das durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Europawahlordnung vom 3.3.1999 – BGBl. I S. 293 – geänderte Muster). Auf die Anforderungen der Deutschen Post AG an die Maschinenlesbarkeit und die für die automatisierte Verarbeitung erforderliche Papierqualität der Wahlbenachrichtigungen wird hingewiesen.

Auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung ist ein Vordruck auf Ausstellung eines Wahlscheins nach dem Muster der Anlage 4 EuWO aufzudrucken. Wegen der Versendung der Wahlbenachrichtigungen als Infopost sollte rechtzeitig Verbindung mit der zuständigen Niederlassung der Deutschen Post AG aufgenommen werden.

8.3
Wird ein Wahlberechtigter auf Antrag gemäß § 15 Abs. 2 bis 5 oder § 17a Abs. 1, 4 bis 7 EuWO nach Versendung der Wahlbenachrichtigungen in das Wählerverzeichnis eingetragen, hat dessen Benachrichtigung unverzüglich nach der Eintragung zu erfolgen (§ 18 Abs. 1 Satz 3 EuWO). Die Wahlbenachrichtigung entfällt bei Wahlberechtigten, die gem. § 15 Abs. 2 oder § 17a Abs. 1 EuWO auf Antrag in das Wählerverzeichnis eingetragen werden, wenn diese bereits einen Wahlschein und Briefwahlunterlagen beantragt haben (§ 18 Abs. 3 EuWO). Bei deutschen Wahlberechtigten, die gem. § 15 Abs. 2 EuWO auf Antrag in das Wählerverzeichnis eingetragen werden, gilt dieser Antrag gem. § 26 Abs. 5 EuWO in der Regel zugleich als Antrag auf Erteilung eines Wahlscheins.

9
Erteilung von Wahlscheinen und Ausgabe von Briefwahlunterlagen

(§§ 4, 6 Abs. 5 EuWG, §§ 14, 17 BWG, §§ 24 bis 30 EuWO)

9.1
Die Voraussetzungen für die Erteilung von Wahlscheinen in § 24 EuWO sind im Grundsatz unverändert beibehalten. Anders als bei Landtags- und Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen ist danach in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ein Wahlschein erteilt werden kann. Obgleich eine Einschränkung der Briefwahl wegen der Missbrauchsmöglichkeiten erstrebenswert ist, sollte bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Wahlscheins kein zu enger Maßstab angelegt werden. Das gilt insbesondere für den – in der Praxis erfahrungsgemäß häufigsten – Fall, dass ein Wahlschein beantragt wird, weil der Wahlberechtigte sich am Wahltag aus wichtigem Grund außerhalb seines Wahlbezirks aufhält. In der Regel wird man sich mit der Versicherung gemäß dem Muster des Wahlscheinantrags nach Anlage 4 EuWO zufriedengeben können.

Wahlscheine können grundsätzlich bis zum 2. Tage vor der Wahl, 18.00 Uhr, beantragt werden. Von dieser zeitlichen Beschränkung der Wahlscheinbeantragung ausgenommen sind die selbständigen Wahlscheine gemäß § 24 Abs. 2 EuWO; sie können noch bis zum Wahltag, 15.00 Uhr, beantragt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt kann bei nachgewiesener plötzlicher Erkrankung auch ein unselbständiger Wahlschein beantragt werden (§ 26 Abs. 4 EuWO). In einem solchen Fall hat dann die Gemeindebehörde vor Ausstellung des Wahlscheins den zuständigen Wahlvorsteher zu unterrichten, damit dieser den Abschluss des Wählerverzeichnisses entsprechend § 46 EuWO berichtigen kann.

Der Wahlschein kann schriftlich oder mündlich beantragt werden. Die Schriftform gilt auch durch Telegramm, Fernschreiben oder Fernkopie (nicht aber durch E-mail) als gewahrt. Eine fernmündliche Antragstellung von Wahlscheinen ist dagegen unzulässig (§ 26 Abs. 1 EuWO). Wer für einen anderen einen Wahlschein beantragt, muss durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachweisen, dass er dazu berechtigt ist (§ 26 Abs. 3 EuWO).

9.2
Verlorene Wahlscheine werden nicht ersetzt. Versichert ein Wahlberechtigter glaubhaft, dass ihm der beantragte Wahlschein nicht zugegangen ist, kann ihm bis zum Tag vor der Wahl, 12.00 Uhr, ein neuer Wahlschein erteilt werden (§ 27 Abs. 10 EuWO).

9.3
Die Wahlschein- und Briefwahlunterlagen dürfen an einen anderen als den Wahlberechtigten nur ausgehändigt werden bei nachgewiesener plötzlicher Erkrankung, wenn die Berechtigung zur Empfangsnahme durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachgewiesen wird und die Unterlagen dem Wahlberechtigten nicht mehr rechtzeitig durch die Post übersandt oder amtlich überbracht werden können. Ausnahmen von dieser Regelung sind unzulässig (§ 27 Abs. 4

EuWO).

9.4
Es empfiehlt sich, die Wahlberechtigten auf die Möglichkeit der Briefwahl an Ort und Stelle hinzuweisen. Es muss in jedem Falle gewährleistet sein, dass eine unbeobachtete Kennzeichnung des Stimmzettels möglich ist (§ 27 Abs. 5 EuWO).

9.5
In dem nach § 27 Abs. 6 EuWO von der Gemeinde zu führenden Wahlscheinverzeichnis sind die Fälle des § 24 Abs. 1 und die des Absatzes 2 getrennt zu halten. Auf dem Wahlschein wird die Nummer eingetragen, unter der der Wahlberechtigte im Wahlscheinverzeichnis vermerkt ist. Außerdem ist entweder die Nummer, unter der er im Wählerverzeichnis geführt wird, einzutragen oder der vorgesehene Wahlbezirk. Auf die Pflicht zur Benachrichtigung des Bundeswahlleiters in den Fällen des § 27 Abs. 7 EuWO weise ich hin.

9.6
Nach § 27 Abs. 8 EuWO ist über die für ungültig erklärten Wahlscheine ein eigenes Verzeichnis zu führen. Auch hier mache ich auf die Unterrichtungs- bzw. Benachrichtigungspflichten aufmerksam. Das in § 27 Abs. 9 EuWO vorgeschriebene Verfahren ist für die Wahlbehörden in Nordrhein-Westfalen ohne Bedeutung, weil hier das Briefwahlgeschäft ausschließlich den Gemeinden obliegt.

10
Wahlvorstände und Briefwahlvorstände (§ 5 EuWG, §§ 6 bis 10 EuWO)

10.1
Die Bildung der Wahlvorstände und der Briefwahlvorstände obliegt auch bei Europawahlen ausschließlich den Gemeinden (§ 1 Abs. 2 der Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen).

10.2
Die Wahlzeit dauert wiederum von 8.00 bis 21.00 Uhr (Bekanntmachung des Bundeswahlleiters v. 28.1.1999 – BAnz. Nr. 27 S. 1731). Deshalb empfiehlt es sich, die Zahl der zu berufenden Beisitzer so hoch wie möglich zu bemessen. Dadurch kann von vornherein Schwierigkeiten vorgebeugt werden, die sich bei der Durchführung der Wahl im Hinblick auf die arbeitsfähige Besetzung und Beschlussfähigkeit des Wahlvorstandes ergeben könnten (vgl. § 6 Abs. 9 EuWO).

Nach § 6 Abs. 9 Satz 1 i.V.m. Abs. 8 Satz 1 EuWO ist der Wahlvorstand nur beschlussfähig, wenn während der Wahlhandlung drei Mitglieder des Wahlvorstandes, darunter der Wahlvorsteher und der Schriftführer oder ihre Stellvertreter, anwesend sind. Bei der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses müssen fünf Mitglieder, darunter der Wahlvorsteher und der Schriftführer oder ihre Stellvertreter, anwesend sein (§ 6 Abs. 9 Satz 1 EuWO).

10.3
Für die Auswahl der Mitglieder der Wahlvorstände wird auf § 9 Abs. 3 BWG, der kraft Verweisung in § 4 EuWG auch für die Europawahl gilt, besonders hingewiesen, wonach Wahlbewerber und Vertrauenspersonen für Wahlvorschläge nicht zu Mitgliedern eines Wahlorgans, also auch nicht zu Mitgliedern eines Wahlvorstandes, bestellt werden dürfen und niemand in mehr als einem Wahlorgan Mitglied sein kann.

Die Mitglieder des Wahlvorstandes und des Briefwahlvorstandes sollen nach Möglichkeit aus Wahlberechtigten der Gemeinde, die Beisitzer in den Wahlvorständen aus Wahlberechtigten des Wahlbezirks berufen werden (§ 6 Abs. 1 und 2 EuWO). Es können auch wahlberechtigte Unionsbürger zu Mitgliedern des Wahlvorstandes berufen werden.

Wie bereits bei den zurückliegenden Wahlen wird auch diesmal gebeten, bei der Bildung der Wahlvorstände nicht immer wieder im wesentlichen auf dieselben Kräfte zurückzugreifen. Jung- und Erstwähler sollten bei der Besetzung der Wahlvorstände im Rahmen des Möglichen angemessen berücksichtigt werden. Es wird erwartet, dass die Angehörigen des öffentlichen Dienstes bei dieser Wahl in den Wahlvorständen wieder bereitwillig mitwirken. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass Richter an einer Tätigkeit in den Wahlvorständen nicht gehindert sind; § 4 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes findet auf diese Tätigkeit keine Anwendung.

Die Gewinnung einer ausreichenden Zahl geeigneter Bürger für die Besetzung der Wahlvorstände stößt vor allem in größeren Städten auf Schwierigkeiten. Die Gemeindebehörden waren deshalb vielfach dazu übergegangen, von anderen am Ort ansässigen Behörden Listen der Mitarbeiter anzufordern, um auch auf diesem Weg die erforderlichen Wahlvorstände zu bilden.

Die Handhabung ist, soweit es die Europawahl betrifft, mangels gesetzlicher Grundlage unter Gesichtspunkten des Datenschutzes problematisch. Es ist davon auszugehen, dass auf diese Weise Mitglieder für Wahlvorstände nur gewonnen werden können, wenn die Mitarbeiter mit der Aufnahme in die Listen einverstanden sind.

10.4
Besonderes Gewicht bitte ich wiederum darauf zu legen, dass die Mitglieder der Wahlvorstände vor der Wahl so über ihre Aufgaben unterrichtet werden, dass ein ordnungsgemäßer Ablauf der Wahlhandlung sowie der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses gesichert ist (§ 6 Abs. 5

EuWO).

10.5
Die Wahlvorstandsmitglieder sind gem. § 4 EuWG i.V.m. § 10 Abs. 2 BWG zur unparteiischen Wahrnehmung ihres Amtes und zur Verschwiegenheit über die ihnen bei ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Angelegenheiten verpflichtet. Hierauf sind die Wahlvorsteher und ihre Stellvertreter von der Gemeindebehörde und die Beisitzer vom Wahlvorsteher vor Beginn der Wahlhandlung hinzuweisen (§ 6 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 9 Satz 3 EuWO). Im übrigen ist den Wahlvorstandsmitgliedern unverändert untersagt, während ihrer Tätigkeit ein auf eine politische Überzeugung hinweisendes Zeichen sichtbar zu tragen (§ 6 Abs. 3 Satz 2 EuWO).

10.6
Für Wahlvorstandsmitglieder kann ein Erfrischungsgeld von 30,-- DM gewährt werden (§ 10 Abs. 2 EuWO).

10.7
Besonderheiten für den Briefwahlvorstand sind in § 7 EuWO aufgeführt.

Durch § 2 der Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen ist die Anordnung gemäß § 5 Abs. 2 EuWG getroffen worden, dass Briefwahlvorstände für jede Gemeinde statt für jeden Kreis gebildet werden. Wieviel Briefwahlvorstände zu bilden sind, entscheidet der Gemeindedirektor (§ 7 Nr. 2 EuWO, § 1 Abs. 2 Nr. 3 der Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen). Die Zahl ist so zu bemessen, dass das Briefwahlergebnis noch am Wahltag festgestellt werden kann. Die Zahl der auf einen Briefwahlvorstand entfallenden Wahlbriefe darf nicht so gering sein, dass erkennbar wird, wie einzelne Wahlberechtigte gewählt haben; auf einen Briefwahlvorstand sollen mindestens 50 Wahlbriefe entfallen (§ 7 Nr. 1 EuWO).

11
Bewegliche Wahlvorstände, Sonderwahlbezirke (§§ 8, 13, 54 bis 57 EuWO).

Seit jeher besteht die Möglichkeit, bewegliche Wahlvorstände ("fliegende Wahlurnen") zu bilden und Sonderwahlbezirke einzurichten. Auch unter dem Gesichtspunkt, die Briefwahl nicht auszuweiten, sind in der EuWO die einschlägigen Bestimmungen als Sollvorschriften ausgestaltet.

Nach § 8 EuWO sollen in den dort aufgeführten Einrichtungen bei entsprechendem Bedürfnis und soweit möglich bewegliche Wahlvorstände gebildet werden.

Für die in § 13 EuWO genannten Einrichtungen sollen bei entsprechendem Bedürfnis Sonderwahlbezirke gebildet werden.

Es ist nicht zu verkennen, dass insbesondere der Einsatz beweglicher Wahlvorstände mit Mehraufwand sowohl für die Gemeinde wie auch für die betreffende Einrichtung verbunden ist. Gleichwohl wird empfohlen, in allen einschlägigen Fällen sorgfältig zu prüfen, ob ein beweglicher Wahlvorstand oder die Bildung eines Sonderwahlbezirks in Betracht kommt.

Soweit sich der Wahlvorstand in einzelne Zimmer der Einrichtung und an die Betten der aufgenommenen Personen begibt (§ 54 Abs. 6 EuWO), ist stets darauf zu achten, dass die Freiwilligkeit der Wahlbeteiligung gewährleistet ist. Keinesfalls dürfen Patienten usw. von den Mitgliedern des Wahlvorstandes oder dem Personal der Einrichtung gedrängt werden, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Das gilt insbesondere für behinderte Personen, die zwar wahlberechtigt sind, gleichwohl wegen ihres Gesundheitszustandes erkennbar unfähig sind, den Wahlvorgang einzusehen.

12
Wahlgeräte (§ 17 EuWG; § 35 BWG, § 84 EuWO)

Vom Bundesministerium des Innern ist die Benutzungsgenehmigung von amtlich zugelassenen Wahlgeräten mit Schreiben vom 7.4.1999 erteilt. Die Genehmigung erstreckt sich jedoch nur auf solche Bauarten, die bei bis zu neun bzw. 15 zugelassenen Wahlvorschlägen eingesetzt werden können. Bei weiteren Genehmigungen erfolgt gesonderte Mitteilung an die Kreis- und Stadtwahlleiter.

13
Dienst der Behörde am Tag vor der Wahl und am Wahltag

Zur Vermeidung von Unregelmäßigkeiten und Störungen bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl halte ich es für unerlässlich, dass auch diesmal wieder die Dienststellen der Kreis- und Stadtwahlleiter und der Gemeindebehörden am Tage vor der Wahl und am Wahltag möglichst ganztägig ausreichend besetzt sind. Nur so kann sichergestellt werden, dass Anfragen anderer Wahlorgane oder Wahlbehörden oder einzelner Wahlberechtigter sachkundig beantwortet und die an diesen Tage möglichen Anträge (§§ 26 Abs. 4, 27 Abs. 3 EuWO) sachgerecht erledigt werden.

14
Wahlraum (§ 39 EuWO)

Nach § 39 EuWO ist es Aufgabe der Gemeinde, geeignete Wahlräume zu bestimmen und für die Wahl einzurichten. Damit ist die Gemeinde zugleich auch dafür verantwortlich, dass sich die für die Wahl zur Verfügung gestellten Räume in einem verkehrssicheren Zustand befinden.

Bei zurückliegenden Wahlen wurde vereinzelt die Unzulänglichkeit von Wahllokalen für Rollstuhlfahrer beklagt. Die Gemeindebehörden werden gebeten, bei der Bestimmung der Wahllokale auch darauf zu achten, dass möglichst ein Zugang für Rollstuhlfahrer – evtl. mittels Rampe – gewährleistet ist.

Vorrangig sind die Wahllokale in gemeindeeigenen Gebäuden einzurichten. Auf Gastwirtschaften sollte möglichst nur dann zurückgegriffen werden, wenn öffentliche Gebäude nicht zur Verfügung stehen oder ungeeignet sind.

Der Wahlraum soll gut ausgeschildert sein, damit er von den Wählern ohne Schwierigkeiten ausfindig gemacht werden kann.

Besonderer Wert ist darauf zu legen, dass die Wahlbekanntmachung oder ein Auszug aus ihr einschließlich eines Stimmzettels gemäß § 41 Abs. 2 EuWO als Muster gut sichtbar und so angebracht werden, dass die Wähler sich vor der Wahlhandlung informieren können.

Unverzichtbar ist ferner, die Wahlurne so zu stellen, dass sie ständig unter der unmittelbaren Kontrolle eines Mitglieds des Wahlvorstandes gehalten werden kann.

15
Unzulässige Wahlpropaganda und Unterschriftensammlung (§ 4 EuWG i.V.m. § 32 Abs. 1 BWG)

Nach § 32 Abs. 1 BWG sind in und an dem Gebäude, in dem sich der Wahlraum befindet, sowie unmittelbar vor dem Zugang zu dem Gebäude jede Beeinflussung der Wähler durch Wort, Ton, Schrift oder Bild sowie jede Unterschriftensammlung verboten. Danach sind neben jeder Agitation oder Diskussion im besonderen die Verteilung von Flugblättern, das Anbringen von Wahlplakaten und das sichtbare Mitführen von Werbematerial unzulässig.

Eine Abgrenzung des Bereichs "unmittelbar vor dem Zugang zu dem Gebäude" läßt sich nicht generell vornehmen; es wird stets auf die örtlichen Gegebenheiten ankommen. Entscheidend ist, dass jeder Wahlberechtigte sein politisches Grundrecht zu wählen ungehindert ausüben können muss. Es gibt keine generelle "Bannmeile" um das Wahllokal. Befindet sich der Wahlraum z.B. in einem Schulgebäude, so kann schon der Zugang zum Schulgrundstück (Schulhof) unter die Verbotsregelung des § 32 Abs. 1 BWG fallen. Gleiches gilt, wenn aufgrund der örtlichen Verhältnisse nur eine bestimmte Wegstrecke zu dem Wahlgebäude führt, die von den Wählern benutzt werden muss, um in den Wahlraum zu gelangen. Bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen ist ggf. durch Auflagen sicherzustellen, dass stets ein ungehinderter Zugang zum Wahlraum gewährleistet ist.

In erster Linie hat der Wahlvorstand darauf zu achten, dass die Verbote des § 32 Abs. 1 BWG eingehalten werden. Das gilt insbesondere bei am Wahlgebäude oder unmittelbar vor dessen Zugang geklebten oder aufgestellten Wahlplakaten. Kann der Wahlvorstand von sich aus eine Störung nicht beseitigen, so wird er die örtliche Ordnungsbehörde bzw. die Polizei heranziehen.

Auf § 10 Abs. 3 des Landesimmissionsschutzgesetzes, wonach Lautsprecherwerbung am Wahltag nicht mehr zugelassen ist, und im Zusammenhang damit auf den Gem.RdErl. d. Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr u. d. Innenministers v. 29.6.1979 (SMBl. NW. 922) über Lautsprecher- und Plakatwerbung der Parteien und Wählergruppen aus Anlass von Bundestags, Europa-, Landtags- oder Kommunalwahlen weise ich hin.

16
Aufenthalt von Parteibeauftragten im Wahlraum

Aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl folgt, dass Beauftragte der Parteien sich im Wahlraum aufhalten dürfen, um die Wahl zu beobachten.

Die Mitwirkung von Mitgliedern des Wahlvorstandes bei der Führung sog. "Schlepplisten" ist unzulässig (vgl. auch § 49 Abs. 4 Satz 4 EuWO).

17
Briefwahl

(§§ 4, 5, 6 Abs. 5 EuWG, § 36 BWG, §§ 7, 59, 67, 68 EuWO, § 1 Abs. 2, § 2 der Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen)

Das Briefwahlgeschäft obliegt in Nordrhein-Westfalen bei sämtlichen Wahlen der Gemeindebehörde.

Sowohl auf dem Wahlschein als auch auf dem Wahlbriefumschlag (Anlagen 8 und 10 EuWO) kann alternativ die Wahlscheinnummer oder der vorgesehene Wahlbezirk eingetragen werden. Die von der Gemeindebehörde gemäß § 67 Abs. 1 EuWO zu sammelnden Wahlbriefe werden zweckmäßigerweise nach Wahlbezirken geordnet. Eine Vorsortierung nach Wahlscheinnummern ist entbehrlich. Die Briefwahlvorstände erhalten kein Wahlscheinverzeichnis, so dass die Wahlbriefe anhand eines Wahlscheinverzeichnisses nicht zu kontrollieren sind. Den Briefwahlvorständen sind das Verzeichnis über die für ungültig erklärten Wahlscheine sowie die Nachträge dazu oder die Mitteilung, dass keine Wahlscheine für ungültig erklärt worden sind, zu übergeben (§ 67 Abs. 4 EuWO).

Die Zurückweisungsgründe für Wahlbriefe sind in § 39 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 bis 8 BWG i.V.m. § 4 EuWG abschließend geregelt. Sonstige formelle Mängel können danach grundsätzlich nicht zur Zurückweisung führen.

Ist ein Wahlschein im Verzeichnis der für ungültig erklärten Wahlscheine, evtl. in einem Nachtrag, aufgeführt oder werden sonst Bedenken gegen den Wahlbrief erhoben, so beschließt der Briefwahlvorstand über die Zulassung oder Zurückweisung.

18
Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses (§§ 60 ff. EuWO)

Unter den Vorschriften, mit denen sich die Mitglieder der Wahlvorstände vertraut machen müssen, nehmen die Bestimmungen über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses einen besonderen Platz ein. Die Gemeindebehörden werden gebeten, gerade hier für eine eingehende Unterweisung zu sorgen. Dabei ist den Mitgliedern der Wahlvorstände wie bei den bisherigen Wahlen deutlich zu machen, dass

Sicherheit und Genauigkeit unbedingten Vorrang vor
Schnelligkeit

haben. Wenn auch die Öffentlichkeit verständlicherweise an einer schnellen Ermittlung des Wahlergebnisses interessiert ist, so darf es doch bei der Ermittlung auf keinen Fall einen "Wettlauf" zwischen den Wahlvorständen oder zwischen Gemeinden oder Kreisen noch gar einen solchen mit den Hochrechnungen des Fernsehens geben. Die Zuverlässigkeit der Feststellungen rangiert unbedingt an erster Stelle.

19
Ungültige Stimmen, Auslegungsregeln (§ 4 EuWG, § 39 Abs. 1 bis 3 BWG)

Bei der Entscheidung über die Gültigkeit der Stimmen hat der Wahlvorstand kraft Verweisung in § 4 EuWG § 39 Abs. 1 bis 3 BWG zu beachten, der für eine Reihe von Fällen die Ungültigkeit der Stimmen verbindlich festlegt und einige Auslegungsregeln enthält. Die Vorschrift gilt entsprechend; deshalb ist zu berücksichtigen, dass es bei der Europawahl nur eine Stimmt gibt.

Eine Zusammenstellung der in der Praxis am häufigsten vorkommenden Fälle gültiger und ungültiger Stimmabgabe ist

als Anlage 1 abgedruckt. Die Zusammenstellung, die keinen

Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, soll den Wahlvorständen eine Hilfe bei den von ihnen zu treffenden Entscheidungen sein. Ich empfehle, die Zusammenstellung den Mitgliedern der Wahlvorstände zugänglich zu machen.

20
Schnellmeldungen (§ 64 EuWO)

Sobald das Wahlergebnis im Wahlbezirk festgestellt ist, haben die Wahlvorsteher der Gemeindebehörde in gewohnter Weise eine Schnellmeldung zu erstatten. Dabei sollte sichergestellt werden, dass die Meldung erst erstattet wird, nachdem das vom Wahlvorstand ermittelte Ergebnis in der Wahlniederschrift festgelegt und ggf. auch eine Wiederholungszählung (§ 62 Abs. 6 EuWO) durchgeführt ist. Die weiteren Stationen der Schnellmeldung ergeben sich aus § 64 EuWO. Es darf nicht vergessen werden, das Ergebnis der Briefwahl in die Zusammenfassung des Gemeindeergebnisses einzubeziehen.

Die Meldungen sind in allen Fällen nach dem Muster der Anlage 24 EuWO auf schnellstem Wege, z.B. fernmündlich, durch Telefax oder fernschriftlich, durchzugeben.

Der Landeswahlleiter wird den Kreis- und Stadtwahlleitern die für die Schnellmeldung an ihn zu verwendenden Vordrucke übersenden und die Fernsprech-, Telefax- und Fernschreibanschlüsse mitteilen.

21
Ermittlung und Feststellung der Wahlergebnisse im Kreis, in der kreisfreien Stadt und im Land (§§ 69, 70 EuWO)

Zur Feststellung des Wahlergebnisses im Land wird der Landeswahlausschuss voraussichtlich am 23. Juni 1999 zusammentreten. Um diesen Termin einhalten zu können, ist es erforderlich, dass die Wahlergebnisse der Kreise und kreisfreien Städte spätestens am Freitag, dem 18. Juni 1999, 14.00 Uhr, dem Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik, Düsseldorf, Mauerstraße 51, vorliegen, das im Auftrag des Landeswahlleiters Aufgaben nach § 70 Abs. 1 EuWO durchführt. Ich bitte die Kreis- und Stadtwahlleiter, den Sitzungstermin für den Kreis- oder Stadtwahlausschuss zur Feststellung des Wahlergebnisses so zu bestimmen, dass der vorerwähnte Termin unbedingt eingehalten wird. Das Nähere wird der Landeswahlleiter rechtzeitig den Kreis – und Stadtwahlleitern mitteilen.

22
Wahlstatistik (§ 25 Abs. 1 EuWG, § 51 BWG, § 78 EuWO)

Der Bundestag hat am 25.3.1999 den Entwurf eines Wahlstatistikgesetzes verabschiedet (BT-Drs. 14/401), mit dem die bisher zum Schutz des Wahlgeheimnisses praktizierten Regelungen gesetzlich festgeschrieben werden. Mit der Zustimmung des Bundesrates, der Verkündung und damit der Ablösung der einschlägigen Vorschriften des Bundeswahlgesetzes und des Europawahlgesetzes sowie der Bundeswahlordnung und der Europawahlordnung noch vor der Europawahl ist somit zu rechnen. Für die Wahlstatistik gelten dann ausschließlich die Vorschriften des Wahlstatistikgesetzes. Hierzu ergehen zu gegebener Zeit ergänzende Hinweise. Vorab ist folgendes zu beachten:

Die statistische Bearbeitung des Ergebnisses der Europawahl liegt im wesentlichen beim Statistischen Bundesamt und beim Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik.

Wegen der zu statistischen Zwecken erforderlichen Sonderauszählungen ergeht ein besonderes Rundschreiben des Landeswahlleiters. Soweit darüber hinaus statistische Auszählungen beabsichtigt sind, wird darauf hingewiesen, dass solche Auszählungen nach den neuen Bestimmungen nur mit Zustimmung des Landeswahlleiters zulässig sein werden. Bei solchen Auszählungen sind zur Sicherung des Wahlgeheimnisses und einer beschleunigten Feststellung des Wahlergebnisses die aus früheren Wahlen geläufigen Vorkehrungen zu treffen. Auf den Vorbehalt der Veröffentlichung von Ergebnissen wahlstatistischer Auszählungen zugunsten des Statistischen Bundesamtes und des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik und auf das weiterhin geltende Verbot der Bekanntgabe dieser Ergebnisse für einzelne Wahlbezirke wird hingewiesen.

23
Sicherung der Wahlunterlagen (§ 82 EuWO)

Außer den Wählerverzeichnissen und den Unterstützungsunterschriften zählen ausdrücklich gemäß § 82 Abs. 1 EuWO auch die Wahlscheinverzeichnisse, die Verzeichnisse nach § 27 Abs. 8 Satz 2 und § 28 Abs. 1 EuWO sowie die eingenommenen Wahlbenachrichtigungen zu den Unterlagen, die besonders sorgfältig zu verwahren sind. Es ist dafür zu sorgen, dass den Erfordernissen des Wahlgeheimnisses und des Datenschutzes konsequent Rechnung getragen wird. Die Unterlagen sind so zu verwahren, dass sie gegen Einsichtnahme durch Unbefugte geschützt sind.

Die Auskunftsbeschränkungen nach § 82 Abs. 2 EuWO erstrecken sich auf die Wahlscheinverzeichnisse und die im Absatz zuvor bereits erwähnten Verzeichnisse. Bei Auskunftsersuchen ist sorgfältig zu prüfen, ob danach Auskunft erteilt werden darf.

24
Vernichtung von Wahlunterlagen (§§ 83, 87 EuWO)

Nach § 83 EuWO sind die eingenommenen Wahlbenachrichtigungen von der Gemeinde unverzüglich zu vernichten. Wählerverzeichnisse, Wahlscheinverzeichnisse, die Verzeichnisse nach § 27 Abs. 8 Satz 2 und § 28 Abs. 1 (sowie die Unterstützungsunterschriften) sind nach Ablauf von sechs Monaten seit der Wahl – ab 13. Dezember 1999 – zu vernichten, sofern der Bundeswahlleiter nicht etwas anderes angeordnet hat oder sie für die Strafverfolgungsbehörde zur Ermittlung einer Wahlstraftat von Bedeutung sein können. Die übrigen Wahlunterlagen können 60 Tage vor der Wahl des neuen Europäischen Parlaments vernichtet werden; ihre frühere Vernichtung kann der Landeswahlleiter zulassen.

Zu beachten ist die neue Vorschrift des § 87 Abs. 1 EuWO, wonach die Anträge von Unionsbürgern nach § 17a EuWO, die zur Eintragung in das Wählerverzeichnis geführt haben, entgegen § 83 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EuWO nicht vernichtet werden dürfen, sondern gesondert aufzubewahren sind.

25
Fristen und Termine

Europawahlgesetz und Europawahlordnung bestimmen zahlreiche Fristen und Termine, deren Nichteinhaltung die Ordnungsmäßigkeit und Gültigkeit der Wahl in Frage stellen würde. Darüber hinaus ergibt sich der Zeitpunkt für die Wahrnehmung der im Gesetz und in der Wahlordnung nicht an bestimmte Fristen und Termine gebundenen Aufgaben und Befugnisse weitgehend aus der Natur der Sache.

Zur Erleichterung der Vorbereitung und Durchführung der Wahl ist diesem Runderlass als Anlage 2 ein Terminkalender beigefügt, aus dem die gesetzlich bestimmten Fristen und Termine ersichtlich sind und in dem ein Anhalt für die Bestimmung des Zeitpunktes der Wahrnehmung der nicht frist- und termingebundenen Aufgaben und Befugnisse gegeben ist.

26
Erfahrungsbericht

Alle Wahlorgane und –behörden werden gebeten, besondere Erfahrungen, die für die Entwicklung des Wahlrechts und der Wahlpraxis von Bedeutung sein können, auf dem Dienstweg mitzuteilen. Das gilt auch für Anregungen und Wünsche zum Inhalt und Umfang künftiger "Wahlerlasse".

Anlage 1

Beispiele gültiger und ungültiger Stimmen

Die nachstehenden Beispiele, die sich auf anerkannte Auslegungsregeln und auf Entscheidungen im Wahlprüfungsverfahren stützen, sollen den Wahlvorständen Anhalt bei den von ihnen zu treffenden Entscheidungen geben. Die Zusammenstellung ist nicht erschöpfend.

Bei der Prüfung der Gültigkeit der Stimmen kommt es entscheidend darauf an, ob der Wille des Wählers eindeutig zu erkennen und ob das Wahlgeheimnis gewahrt ist. Dabei soll nicht kleinlich vorgegangen werden. In der Regel ist davon auszugehen, dass der Wähler eine gültige Stimme abgeben wollte.

A.
Mängel im Umschlag

Ungültig ist die Stimme, wenn

  1. der Stimmzettel nicht in einem amtlichen Wahlumschlag abgegeben worden ist,
  2. der Wahlumschlag mit einem das Wahlgeheimnis verletzenden Kennzeichen versehen ist, das auf den Wähler oder einen engeren Kreis von Wählern hinweist.

Gültig ist die Stimme, wenn der Wahlumschlag

  1. nicht mit dem Dienstsiegel des Landes versehen und nicht gestempelt ist, sofern der Wähler den Wahlumschlag im Wahlraum erhalten hat,
  2. Fehler im Papier enthält oder leicht beschädigt oder eingeknickt oder leicht zerknittert ist.

B.
Mängel in der äußeren Beschaffenheit des Stimmzettels

Ungültig ist die Stimme, wenn der Stimmzettel

  1. als nichtamtlich erkennbar ist, also etwa einem Wahlplakat entnommen oder dem Wähler von einer Partei ins Haus gesandt ist,
  2. zwar gekennzeichnet, aber völlig durchgestrichen oder durchgerissen ist,
  3. nur aus einem Teilstück des amtlichen Stimmzettels besteht, auch wenn das Teilstück eine Kennzeichnung enthält,
  4. für ein anderes Land oder für eine andere Wahl bestimmt ist.

Gültig ist die Stimme, wenn der Stimmzettel

  1. schlecht bedruckt oder schlecht abgetrennt oder sonst leicht beschädigt oder mit technischen Herstellungsfehlern oder mit Fehlern im Papier behaftet ist,
  2. leicht eingerissen oder eine Ecke von ihm abgerissen ist,
  3. beim Herausnehmen aus dem Wahlumschlag oder sonst beim Zählgeschäft zerrissen oder zerschnitten worden ist; das ist im besonderen vom Briefwahlvorstand zu beachten, wenn Scheren oder Brieföffner zum Öffnen der (zugeklebten) Wahlumschläge verwendet worden sind.

C.
Mängel in der Kennzeichnung

Ungültig ist die Stimme, wenn auf dem Stimmzettel

  1. kein Kennzeichen angebracht ist,
  2. ein Fragezeichen angebracht worden ist,
  3. die Rückseite gekennzeichnet ist,
  4. mehrere Kennzeichnungen angebracht und nicht alle bis auf eine Kennzeichnung zweifelsfrei getilgt sind oder nicht bei einer vermerkt ist: "gilt" oder dergleichen,
  5. der Name eines Bewerbers oder die Namen einzelner oder aller Bewerber einer Liste offensichtlich bewusst durchgestrichen und/oder zusätzliche Namen angebracht sind, der zugehörige Kreis aber gekennzeichnet ist,
  6. ein Kreuz angebracht ist, das (nicht nur geringfügig über ein Feld hinausragend) sich über mehrere Kreise oder Felder erstreckt, auch wenn der Schnittpunkt des Kreuzes in einem Feld oder Kreis liegt,
  7. eine Liste angekreuzt, andere angestrichen worden sind (das Kreuz hat keinen Vorrang!),
  8. mehrere Kreise oder Felder durchgestrichen, aber mehr als ein Kreis oder mehr als ein Feld nicht durchgestrichen sind, mag auch ein Kreis oder Feld gekennzeichnet sein,
  9. nur ein Feld oder Kreis nicht gekennzeichnet ist, aber alle anderen teils durch Kreuze, teils durch Striche gekennzeichnet sind,
  10. eine Liste durch einen Riss in den Kreis oder durch Beschädigung mit einem scharfen Gegenstand, wenn auch im Kreis, gekennzeichnet ist.

Gültig ist die Stimme, wenn auf dem Stimmzettel

  1. die Kennzeichnung durch Nachziehen des Kreises oder durch dessen Ausmalen oder durch Umranden des Feldes vorgenommen ist,
  2. das Kennzeichen neben dem Kreis, aber so angebracht ist, dass über die Zurechnung kein Zweifel besteht,
  3. neben der eindeutigen Kennzeichnung die Bezeichnung der gekennzeichneten Liste vermerkt ist,
  4. als Kennzeichnung der Name oder die Bezeichnung der Liste in dem vorgesehenen Kreis eingetragen ist,
  5. die Parteibezeichnung oder das Kennwort der Liste angekreuzt oder angestrichen oder umrandet ist,
  6. die Kennzeichnung außerhalb des Kreises, aber innerhalb des Feldes einer Liste eindeutig erfolgt ist,
  7. in einem freien Feld oder an einer freien Stelle der Name oder das Kennwort einer Liste vermerkt, dieser Vermerk durch Strich oder Pfeil mit dem Namen der Liste oder ihrem Kreis oder ihrer Parteibezeichnung verbunden ist,
  8. der Stimmzettel bei der Tilgung einer Kennzeichnung verletzt oder sonst leicht beschädigt worden ist,
  9. alle Listenbezeichnungen oder alle Kreise oder Felder mit einer Ausnahme durchstrichen sind, auch wenn nicht noch eine besondere Kennzeichnung des/der nicht durchstrichenen vorgenommen ist,
  10. sich die mit Tinte oder dergleichen vorgenommene Kennzeichnung beim Zusammenfalten an anderer Stelle abgedruckt hat.

D.
Verletzung des Wahlgeheimnisses

Ungültig ist die Stimme,

  1. wenn dem Stimmzettel ein Stück Papier oder ein sonstiger Gegenstand, wodurch auf den Wähler oder einen engeren Kreis von Wählern hingewiesen wird, oder gar die Wahlbenachrichtigung des Wählers beigefügt ist,
  2. wenn der Name des Wählers auf dem Stimmzettel steht.

Gültig ist die Stimme,

wenn dem Stimmzettel ein Stück Papier beigefügt ist, das weder auf den Wähler noch auf einen engeren Kreis von Wählern hinweist und das auch nicht als Vorbehalt oder unzulässiger Zusatz anzusehen ist.

Anlage 2 pdf.file