Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 1999 Nr. 35 vom 10.6.1999 Seite 659 bis 670

Änderung der Weiterbildungsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte vom 14. November 1998
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Änderung der Weiterbildungsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte vom 14. November 1998

21220

Änderung
der Weiterbildungsordnung
für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte
vom 14. November 1998

Aufgrund des § 34 Abs. 1 des Heilberufsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.4.1994 (GV. NRW.S. 204), hat die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein in ihrer Sitzung am 14.11.1998 folgende Änderung der Weiterbildungsordnung beschlossen, die durch Erlaß des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen am 22.03.1999 -III B3 - 0810.47 - genehmigt worden ist.

Artikel I

Die Weiterbildungsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte vom 31.10.1992/23.10.1993 (bek. am 27.9.1994 SMBl . NRW. 21220), wird wie folgt geändert:

1.
Im Abschnitt I. wird die Nr. 1. Allgemeinmedizin wie folgt neu gefaßt:

"Definition:

Die Allgemeinmedizin umfaßt die lebensbegleitende hausärztliche Betreuung von Menschen jeden Alters bei jeder Art der Gesundheitsstörung, unter Berücksichtigung der biologischen, psychischen und sozialen Dimensionen ihrer gesundheitlichen Leiden, Probleme oder Gefährdungen und die medizinische Kompetenz zur Entscheidung über das Hinzuziehen anderer Ärzte und Angehöriger von Fachberufen im Gesundheitswesen. Sie umfaßt die patientenzentrierte Integration der medizinischen, psychischen und sozialen Hilfen im Krankheitsfall, auch unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit.

Dazu gehören auch die Betreuung von akut oder chronisch Erkrankten, die Vorsorge und Gesundheitsberatung, die Früherkennung von Krankheiten, die Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen, die Zusammenarbeit mit allen Personen und Institutionen, die für die gesundheitliche Betreuung der Patienten Bedeutung haben, die Unterstützung gemeindenaher gesundheitsfördernder Aktivitäten, die Zusammenführung aller medizinisch wichtigen Daten des Patienten.

Weiterbildungszeit:

5 Jahre an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 8 Abs. 1

1 ¿ Jahre Allgemeinmedizin
1 Jahr Innere Medizin im Stationsdienst sowie mindestens ein weiteres ¿ Jahr im Stationsdienst
¿ Jahr Chirurgie
¿ Jahr Kinderheilkunde oder ein anderes Gebiet mit direktem Patientenbezug
1 ¿ Jahre Weiterbildung, wobei auch Weiterbildungsabschnitte von mindestens 3 Monaten angerechnet werden können.
Anrechnungsfähig auf diese Weiterbildung sind jeweils bis zu

1 ¿ Jahre Allgemeinmedizin oder Innere Medizin
1 Jahr Frauenheilkunde und Geburtshilfe oder Kinderheilkunde oder Orthopädie
¿ Jahr Anästhesiologie oder Arbeitsmedizin oder Augenheilkunde oder Chirurgie oder Hals-Nasen-Ohrenheilkunde oder Haut- und Geschlechtskrankheiten oder Kinderchirurgie oder Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie oder Nervenheilkunde oder Neurologie oder Physikalische und Rehabilitative Medizin oder Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychotherapeutische Medizin oder Urologie
Teilnahme an Kursen von insgesamt 80 Stunden.
3 Jahre der Weiterbildung können bei niedergelassenen Ärzten abgeleistet werden.

Inhalt und Ziel der Weiterbildung:

Vermittlung, Erwerb und Nachweis eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Gesundheitsförderung, Prävention, Früherkennung von Krankheiten, Beratung, Diagnostik und Therapie, insbesondere beim unausgelesenen Krankengut unter Berücksichtigung der biologischen, psychischen und sozialen Dimensionen, in der Langzeitbetreuung chronisch Kranker, in den Maßnahmen der ersten ärztlichen Hilfe beim Notfallpatienten, der Integration medizinischer, sozialer, pflegerischer und psychischer Hilfen einschließlich der Rehabilitation in den Behandlungsplan unter Einbezug des familiären und sozialen Umfeldes des Patienten.

Hierzu gehören in der Allgemeinmedizin

1.Eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten im Hinblick auf eine hausärztliche Tätigkeit in

  • der allgemeinmedizinischen Diagnostik, Therapie und Beratung bei allen auftretenden Gesundheitsstörungen im unausgelesenen Krankengut einschließlich der allgemeinmedizinischen Akut- und Notfallversorgung unter besonderer Berücksichtigung der abwendbar gefährlichen Verläufe,
  • der Koordinierung der ärztlichen Behandlung ggf. einschließlich der spezialistischen Diagnostik und Therapie, auch durch Zusammenführen, Bewerten und Aufbewahren der Befunde sowie durch Führung des Patienten im medizinischen Versorgungssystem,
  • der Einbeziehung weiterer ärztlicher, pflegerischer und sozialer Hilfen in die Behandlung,
  • der Gesundheitsberatung, der Früherkennung von Gesundheitsstörungen, der Prävention einschließlich des Impfwesens, der Einleitung und Durchführung rehabilitativer Maßnahmen und Verfahren sowie der Nachsorge,
  • der Familienmedizin und den Besonderheiten ärztlicher Behandlung von Patienten im ihrem häuslichen Milieu, in Pflegeeinrichtungen sowie in ihrem weiteren sozialen Umfeld, auch im Rahmen der Hausbesuchstätigkeit,
  • der Vermeidung von Gesundheitsrisiken für Patienten durch Abwägung von Nutzen und Risiken diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen,
  • der gemeindenahen Vernetzung von gesundheitsfördernden Maßnahmen sowie in der Erkennung und Beurteilung der Auswirkungen von Noxen aus der Umwelt und am Arbeitsplatz,
  • der hausarztspezifischen Kommunikation,
  • der Behandlung und ärztlichen Betreuung chronisch kranker, multimorbider und sterbender Patienten,
  • den hausärztlichen Besonderheiten der Diagnostik und Therapie geriatrischer Patienten einschließlich der geriatrischen Rehabilitation,
  • der hausärztlichen psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung einschließlich der Krisenintervention sowie der Grundzüge der Beratung und Führung Suchtkranker,
  • der Begutachtung und Bewertung der Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit, der Arbeitsfähigkeit, der Berufs- und Erwerbsfähigkeit sowie der Pflegebedürftigkeit,
  • der Pharmakologie der im Gebiet gebräuchlichen Pharmaka einschließlich der Dauertherapie chronisch Kranker, der Probleme der Mehrfachverordnungen, der Risiken des Arzneimittelmißbrauchs sowie der gesetzlichen Auflagen bei der Arzneimittelverschreibung und Arzneimittelprüfung unter den Bedingungen der hausärztlichen Praxis und den hierbei zu beachtenden ethischen Grundsätzen,
  • den Grundsätzen der Qualitätssicherung in der Allgemeinmedizin,
  • Dokumentation von Befunden, ärztlichem Berichtswesen, einschlägigen Bestimmungen der Sozialgesetzgebung (Sozialrecht, Krankenkassenverträge, Rentenversicherung, Unfallversicherung, Mutterschutzgesetz,, Jugend- und Arbeitsschutzgesetz und andere Bestimmungen) und für die Arzt-Patienten-Beziehung wichtigen Rechtsnormen,
  • Diagnostik und Therapie akuter Notfälle einschließlich Wiederbelebung,
  • der Indikation, Durchführung und Bewertung der Basis- Kreislauf- und der Lungenfunktionsdiagnostik zum Ausschluß von Lungenventilationsstörungen (Ruhespiropraghie) einschließlich der hierfür erforderlichen apparativen Untersuchungen im Rahmen der hausärztlichen Versorgung,
  • der physikalischen Therapie einschließlich der Gerätekunde im Rahmen der hausärztlichen Versorgung,
  • der Indikation zur und Dokumentation von Ultraschalluntersuchungen innerer Organe einschließlich der ableitenden Harnwege und der Prostata im Rahmen der hausärztlichen Versorgung,
  • der Indikation, Durchführung, Bewertung und Dokumentation von Doppler-Untersuchungen der peripheren Gefäße im Rahmen der hausärztlichen Versorgung,
  • der Prokto-/Rektoskopie,
  • der Beherrschung der für die hausärztliche Versorgung erforderlichen instrumentellen Techniken einschließlich der Punktionen sowie der Infusionstechnik,
  • den für die hausärztliche Versorgung erforderlichen Techniken der Wundversorgung und der Wundbehandlung, der Inzision, Extraktion, Exstirpation, Probeexzision bei in der allgemeinärztlichen Praxis zu versorgenden Verletzungen und Erkrankungen auch unter Anwendung der Lokal- und peripheren Leitungsanästhesie,
  • der Behandlung mit ruhigstellenden Schienen, mit starren und funktionellen Verbänden im Rahmen der hausärztlichen Versorgung,
  • der Versorgung Unfallverletzter und Erstversorgung chirurgischer Notfälle einschließlich der Organisation begleitender und weiterführender Maßnahmen,
  • der Schmerzbehandlung bei akuten und chronischen Schmerzen, die keinen eigenständigen Krankheitswert haben,
  • der Methodik und Durchführung des Grundleistungslabors des Gebietes sowie der Bewertung der Befunde,
  • der Probeentnahme und der sachgerechten Probenbehandlung von Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen für das allgemeine Labor des Gebietes sowie in der Einordnung der Befunde in das Krankheitsbild,
  • der Methodik und Durchführung des speziellen Labors des Gebietes sowie der Bewertung der Befunde.

2.Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen über

  • die Durchführung der Laboruntersuchungen,
  • die Durchführung und Bewertung von Ultraschalluntersuchungen innerer Organe einschließlich der ableitenden Harnwege und der Prostata im Rahmen der hausärztlichen Versorgung,
  • Vorsorgeuntersuchungen (U 2 bis U 6, J 1) im Kinderalter,
  • spezifische Maßnahmen für die Früherkennung von Krankheiten."

Artikel II

Der Präsident der Ärztekammer Nordrhein wird ermächtigt, redaktionelle Änderungen der Weiterbildungsordnung vorzunehmen, eventuelle Unstimmigkeiten zu beseitigen und die dann gültige Fassung im Rheinischen Ärzteblatt zu veröffentlichen.

Genehmigt mit Ausnahme von Artikel III.

Düsseldorf, den 22. März 1999

Ministerium für Frauen
Jugend, Familie und Gesundheit
des Landes Nordrhein-Westfalen
- III B 3 - 0810.47 -

Im Auftrag

G o d r y

Ausgefertigt am: 29.3.1999

Düsseldorf, den 29.3.1999

Prof. Dr. J.-D. H o p p e
Präsident

MBl. NRW. 1999 S. 664