Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2000 Nr. 28 vom 16.5.2000 Seite 517 bis 526

Verwaltungsvorschriften zur Bienenseuchen-Verordnung
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zugehörige Anlagen :
Anlage1
Anlage2
Anlage3
 

Verwaltungsvorschriften zur Bienenseuchen-Verordnung

7831

Verwaltungsvorschriften
zur Bienenseuchen-Verordnung

RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung
und Landwirtschaft vom 28. März 2000 - II C 2 - 2290-296

1
Vorbemerkungen

1.1
Bei der Durchführung der Bienenseuchen-Verordnung in der Fassung vom 24. November 1995 (BGBl. I S. 1552), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. März 1996 (BGBl. I S. 528), sind die nachfolgenden Hinweise zu beachten.

1.2
Die Bezeichnung "Amerikanische Faulbrut" wird synonym zum Begriff "Bösartige Faulbrut" verwendet.

1.3
Zur Unterstützung des Amtstierarztes können für Bestandsuntersuchungen, Probenentnahmen und Behandlungen von Bienenvölkern sowie der Überwachung der Desinfektion Bienensachverständige als Hilfskräfte hinzugezogen werden. Die Vergütung der Bienensachverständigen sollte gemäß den Vorgaben der Anlage 3 erfolgen.

Positive oder zweifelhafte Befunde sind vom Amtstierarzt zu bestätigen oder zur Nachuntersuchung an eine der in Nummer 1.3 genannten Untersuchungsanstalten einzusenden.

1.4
Untersuchungsanstalten für Proben nach §§ 9 und 11 Bienenseuchen-Verordnung sind die Staatlichen Veterinäruntersuchungsämter und das Chemische Landes- und Staatliche Veterinäruntersuchungsamt. Untersuchungen zur Ausstellung von Bescheinigungen nach § 5 Abs. 1 sowie nach § 3 der Bienenseuchen-Verordnung für die Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold und Münster werden von den Untersuchungsstellen der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe in Münster, für die Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln in der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau, Fachbereich für Bienenkunde, Mayen, durchgeführt.
Freiwillige Untersuchungen (Futterkranzproben) im Rahmen von Eigenkontrollen werden von den Untersuchungsstellen der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe in Münster und in der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau, Fachbereich für Bienenkunde, Mayen, durchgeführt. Bei der Befundmitteilung werden folgende Kategorien angegeben:

0 = keine Sporen nachgewiesen

1 = niedrige Sporenzahl nachgewiesen

2 = hohe Sporenzahl nachgewiesen.

Ist ein Bienenvolk aufgrund der Untersuchungsergebnisse in Kategorie 2 einzuordnen, muss der Imker die Ergebnisse der Futterkranzproben an das zuständige Veterinäramt weiterleiten.

2
Zu § 1

2.1
Maßnahmen zur Bekämpfung von Bienenseuchen müssen stets die Lebenseinheit der Bienen umfassen.

Unter Lebenseinheit sind das in einer Bienenwohnung lebende Bienenvolk, seine Brut, die Pollen- und Honigvorräte, alle Waben der Bienenwohnung sowie die nicht benutzten Waben sowie Pollen- und Futterwaben aus dem Wabenvorrat des Imkers und Geräte zur Bearbeitung der Völker zu verstehen.

2.2
Ein Bienenstand kann eine feste oder bewegliche Einrichtung sein. Die Art der Einrichtung ist dabei ohne Bedeutung. Gegebenenfalls sind auch einzelne Bienenkörbe oder -kästen ein Bienenstand.

3
Zu § 2

3.1
Die Beaufsichtigung der in Absatz 1 genannten Betriebe dient der besseren Überwachung der Einhaltung seuchenhygienischer Maßnahmen.

3.2
Die Vorschriften des Absatzes 2 für Betriebe, in denen Honig gewerbsmäßig behandelt wird, gelten in erster Linie für das gewerbsmäßige Behandeln unverpackten Honigs, insbesondere in Abfüllstationen. Behälter, in denen Honig von Dritten in abgepackter Form abgegeben wird, fallen unter die Vorschrift nur dann, wenn sie in einem gewerblichen Betrieb nach vorheriger Verwendung erneut benutzt werden sollen.

3.3
Die Beseitigung von Honig nach Absatz 3 ist nur durch Verbrennen und/oder durch genügend tiefes Vergraben (0,50 m tief) möglich.

3.4
Bienenwachs und die bei der Wachsgewinnung anfallenden Abfälle (Trester) können die Erreger übertragbarer Bienenkrankheiten enthalten. Die Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen nach Absatz 2 sollten für die in Absatz 5 genannten Betriebe angeordnet werden, wenn eine Gefahr der Seuchenverschleppung vorhanden ist. Die Beseitigung der Trester (entsprechend Nummer 3.3) muss dann angeordnet werden, wenn durch die bei der Wachsgewinnung angewandten Verfahren die Erreger übertragbarer Bienenkrankheiten nicht zuverlässig abgetötet werden. Das Gleiche gilt für die Behandlung von Wachs, das zur Herstellung von Mittelwänden für Bienenwaben verwendet wird. Geeignetes Behandlungsverfahren für Wachs ist die Erhitzung auf mindestens 130°C für die Dauer von mindestens 5 Stunden.

Die bienendichte Aufbewahrung und Lagerung von Honig ist grundsätzlich anzuordnen, da nicht auszuschließen ist, dass der Honig Erreger übertragbarer Bienenkrankheiten enthält. Dies ist bei Importhonig oder Honig unbekannter Herkunft anzunehmen. Der Honig sowie die Behältnisse müssen so gelagert werden, dass sie für die Bienen nicht zugänglich sind. Gleiches gilt für die Nebenerwerbs- und Freizeitimkerei.

4
Zu § 3

4.1
Der Umfang des verdächtigen Gebietes, in dem erforderlichenfalls Ermittlungsuntersuchungen angeordnet (s. Nummer 1.3) werden müssen, ist nach dem Ausmaß der zu befürchtenden Seuchenausbreitung festzulegen. Dabei sind die Kriterien der Anlage 1 zugrunde zu legen.

5
Zu § 5

5.1
Sowohl beim Verbringen von Bienenvölkern bzw. Ablegern oder Schwärmen an einen anderen Standort als auch bei Wanderung oder beim Beschicken von Belegstellen, beim Versand von Königinnen und beim Zukauf von Bienenvölkern ist eine Bescheinigung des Amtstierarztes erforderlich. Hierfür gilt:

Dass die Bienen frei von Amerikanischer Faulbrut befunden worden sind und der Herkunftsort der Bienen nicht in einem Faulbrut-Sperrbezirk liegt, kann nur bescheinigt werden, wenn dies durch amtstierärztlich klinische Untersuchung mit negativem Befund oder durch eine Untersuchung von durch einen Bienensachverständigen entnommenen Futterkranzproben (s. Nummer 8.3) belegt ist. Bei Einstufung in die Kategorie 2 ist zumindest eine klinische Nachuntersuchung des Bienenvolkes durch den Amtstierarzt erforderlich.

Die amtstierärztliche Bescheinigung ist sowohl im Falle der Wanderung mit Bienenvölkern und der Beschickung von Belegstellen sowie des Königinnenversandes als auch für Bienenvölker, die dauernd an einen anderen Ort verbracht werden sollen, vorzulegen.

Die Gültigkeitsdauer der amtstierärztlichen Bescheinigung ist auf höchstens 9 Monate ab dem Zeitpunkt der Probenahme zu beschränken.

5.2
Auf eine Gesundheitsbescheinigung sollte aufgrund der Ermächtigung in Absatz 3 verzichtet werden, wenn Bienen an einen anderen Standort innerhalb eines Kreises oder einer kreisfreien Stadt verbracht werden und in dem Kreis oder der kreisfreien Stadt die Amerikanische Faulbrut seit zwölf Monaten nicht aufgetreten ist.

6
Zu § 6

6.1
Sporen des Paenibacillus larvae sind sehr widerstandsfähig. Sie können bei allen normal vorkommenden Temperaturen jahrzehntelang infektiös bleiben. Deshalb trifft den Imker eine besondere Sorgfaltsverpflichtung. Vor allem Waben mit Brut oder Futter sowie Entdeckelungswachs und Behältnisse, die Honig oder Futter enthalten, müssen stets vor dem Zutritt von Bienen geschützt sein und dürfen nicht zum Auslecken dargeboten werden.

7
Zu § 8

Der Ausbruch der Amerikanischen Faulbrut ist festgestellt, wenn nachweislich die Brut befallen ist. Untersuchungsergebnisse von Futterkranzproben können allenfalls den Verdacht auf das Vorliegen dieser Tierseuche begründen.

7.1
Vor Einleitung der vorgeschriebenen Bekämpfungsmaßnahmen sind alle Bienenvölker des Bienenstandes auf Faulbrut zu untersuchen. Die Untersuchung auf Faulbrut ist anhand von klinischen Erscheinungen und von Futterkranzproben möglich.

7.2
Bei der Reinigung und Desinfektion ist folgendes zu beachten:

7.2.1
Tote Bienen und tote oder lebende Bienenbrut seuchenkranker Bienenvölker werden am Sichersten durch Verbrennen unschädlich beseitigt. Die örtlichen Bestimmungen über das offene Verbrennen von Holz und anderen Materialien sind zu beachten.

7.2.2
Auch Abfälle aus Bienenwohnungen gesperrter Bienenstände werden am Sichersten durch Verbrennen entseucht. Bei der Entseuchung von Futtervorräten durch Erhitzung muss die Einwirkungsdauer der angewandten Temperaturen für die Zerstörung der Faulbrut-Sporen ausreichend sein. Als ausreichend sind folgende Temperaturen und Einwirkungszeiten anzusehen:

+230 °C, für mindestens 20 Minuten (Trockensterilisation),

+120 °C, für mindestens 30 Minuten (in gespanntem Wasserdampf, 1 bar).

Die vorgenannten Temperatur- und Zeitangaben gelten auch, wenn im Einzelfall andere Abfälle durch Erhitzen entseucht werden sollen.

7.3
Der Entseuchung von Bienenständen und Gerätschaften muss stets eine gründliche Reinigung (Auskratzen, Abwaschen mit heißem Wasser) vorausgehen.

Bienenwohnungen und Gerätschaften aus Holz sind abzuflammen. Gegenstände aus Metall, Glas oder Kunststoff sind in 5%iger heißer Natronlauge durch kräftiges Bürsten zu reinigen und mit klarem Wasser nachzuspülen.

Bei Anwendung anderer chemischer Desinfektionsmittel ist eine wirkungsvolle Entseuchung des in Betracht kommenden Materials nicht zu erwarten.

Auf die Beachtung arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen wird hingewiesen.

7.4
Brutwaben sind stets zu verbrennen. Wabenvorräte können eingestampft und an geeignete Verarbeitungsbetriebe abgegeben werden, wenn diese die Möglichkeit haben, Wachs bei 1 bar zu desinfizieren. Die Abgabe von Wachs, Wabenteilen und Wabenabfällen als "Seuchenwachs" an derartige Betriebe ist nur in bienendichter und honigdichter Verpackung zu gestatten. Ist eine Abgabe nicht möglich, müssen Waben, Wabenteile und Wabenabfälle unschädlich beseitigt werden (s. Nummer 7.2.2).

7.5
Die bei Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen getragene Kleidung ist als Kochwäsche zu reinigen. Die Reinigungsabfälle sind zu verbrennen.

8
Zu § 9

8.1
Einer Behandlung durch das Kunstschwarmverfahren ist – jedoch nur bei sachgerechter Durchführung (u. a. ausreichende Hungerphase, Einlaufen statt Einschlagen der Bienen in desinfizierte Beuten mit neuem Wabenmaterial) und unter entsprechender Kontrolle des Behandlungserfolges sowie unter Berücksichtigung von Jahreszeit und Trachtverhältnissen – bei nur wenig geschwächten Völkern in gut geleiteten Bienenständen grundsätzlich der Vorzug zu geben. Mehrere kleine Völker sollten zu größeren Einheiten vereinigt werden.

8.2
Werden die Tötung von Bienenvölkern oder die Sanierung über das Kunstschwarmverfahren angeordnet, ist eine Entschädigung nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Bei der Ermittlung des gemeinen Wertes sind die in der Anlage 2 niedergelegten Grundsätze anzuwenden.

8.3
Sofern seuchenhygienische Bedenken nicht entgegenstehen und die Untersuchung auf Amerikanische Faulbrut durchführbar ist, sollte die erste Nachuntersuchung möglichst zeitnah, nicht viel später als zwei Monate nach der Behandlung, jedoch nicht in der brutlosen Zeit erfolgen. Die eventuell durchzuführende zweite Nachuntersuchung ist ebenfalls nicht in der brutlosen Zeit vorzunehmen; nach einer im Herbst durchgeführten Behandlung kann sie daher im Allgemeinen erst zu Beginn der Obstblüte erfolgen. Kommen Bienenvölker biotopbedingt (Salweidenblüte) früher zur Brut, kann die Nachuntersuchung auch früher erfolgen.

Bei der ersten Nachuntersuchung im befallenen Stand werden die Bienenvölker auf klinische Erscheinungen untersucht. Gleichzeitig werden Futterkranzproben entnommen. Die Proben müssen aus Futtervorräten im Bereich des Brutnestes stammen. Um zu verhindern, dass frisch eingetragener Nektar in die Probe gelangt, sollten möglichst gedeckelte Futtervorräte verwendet werden. Die genaueste Aussage erzielt man, wenn die Proben aus dem Bereich des Futterkranzes von gedeckelten Brutwaben stammen. Pro Volk sollten etwa 30 ml (ein Esslöffel) Futter entnommenen werden. Um ein ausreichendes Probenvolumen zu erreichen, kann das Futter von bis zu sechs Völkern zu einer Sammelprobe zusammengefasst werden. Die Probe sollte dann ein Gesamtvolumen von circa 100 ml haben; Einzelproben müssen ein Volumen von mindestens 50 ml aufweisen.

9
Zu § 10

9.1
Die Flugweite der Bienen kann mehr als einen Kilometer betragen. Dabei ist die Flugweite auch von der Entfernung des Bienenstandes zu besonders guten Nährpflanzen (Trachtquellen) abhängig. Deshalb muss der Radius des zu bildenden Sperrbezirks den gegebenen Verhältnissen angepasst werden.

9.2
Liegt der Seuchenherd unmittelbar an der Kreisgrenze, so dass der zu sperrende Bezirk auch Gebiete anderer Kreise umfasst, ist davon den zuständigen Behörden Mitteilung zu machen. Die zuständigen Behörden haben die entsprechenden Gebiete zum Sperrbezirk zu erklären.

9.3
Wird die Amerikanische Faulbrut in einem Bienen-Wanderstand festgestellt, hat der Amtstierarzt die für den früheren Standort der Bienenvölker zuständige Behörde zu verständigen. Sperrbezirke um diese früheren Standorte sollten nach näherer Anweisung des für den Herkunftsort zuständigen Amtstierarztes unter Berücksichtigung der Ergebnisse der entsprechenden Umgebungsuntersuchungen gebildet werden.

9.4
Vor der Erteilung der Genehmigung zur Verbringung eines verseuchten Bienen-Wanderstandes an seinen Heimatstandort ist die Zustimmung der für den Heimatstandort zuständigen Behörde einzuholen.

10
Zu § 11

10.1
Alle Bienenvölker und Bienenstände im Sperrbezirk sind unverzüglich auf Amerikanische Faulbrut amtstierärztlich zu untersuchen. Dabei werden als erste Maßnahme vom Amtstierarzt alle Bienenvölker einer klinischen Untersuchung unterzogen. Von Bienenvölkern mit klinisch negativem Befund werden Futterkranzproben entnommen. Werden Stände aufgrund der Untersuchungsergebnisse der Futterkranzprobe in Kategorie 2 eingestuft, erfolgt eine klinische Nachuntersuchung aller Völker des jeweiligen Standes durch den Amtstierarzt.

10.2
Ausnahmen von den Verbringungsverboten in Absatz 1 Nummern 2 bis 4 können z.B. zugelassen werden, wenn Bienenstände und Bienenvölker innerhalb des Sperrbezirks oder gegebenenfalls auch in einen anderen Sperrbezirk verbracht werden sollen; am Verbringungsort unterliegen die Bienenvölker den im jeweiligen Sperrbezirk angeordneten Beschränkungen bzw. Untersuchungen. Die jeweils erforderlichen Auflagen sind dem Verfügungsberechtigten schriftlich mitzuteilen und der für den Verbringungsort zuständigen Behörde zur Kenntnis zu geben. Eine in besonders begründeten Fällen beantragte Verbringungserlaubnis nach Orten außerhalb des Sperrbezirks ist nur zu erteilen, wenn eine Futterkranzanalyse mit negativem Ergebnis vorliegt. In allen Fällen, in denen für den Verbringungsort eine andere Behörde zuständig ist, ist vorher deren Zustimmung einzuholen. Ausnahmen von der amtstierärztlichen Untersuchungspflicht (Absatz 1 Nr. 1) sind grundsätzlich nicht zu gestatten.

11
Zu §§ 14 und 15

Zur Behandlung von Bienenvölkern dürfen nur vom BgVV zugelassene Tierarzneimittel angewendet werden. Bei der Anwendung der Mittel sind die Anwendungshinweise des Herstellers zu beachten.

Anlage 1, pdf.file

Anlage 2, pdf.file

Anlage 3, pdf.file

MBl. NRW 2000 S. 519