Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2001 Nr. 16 vom 20.3.2001 Seite 395 bis 408

Hinweise für die Träger von öffentlichen Schulen und Schulen in privater Trägerschaft (Ersatzschulen) sowie für die Verkehrsverbünde, -gemeinschaften und Verkehrsunternehmen zum Schülerticket in Nordrhein-Westfalen
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Hinweise für die Träger von öffentlichen Schulen und Schulen in privater Trägerschaft (Ersatzschulen) sowie für die Verkehrsverbünde, -gemeinschaften und Verkehrsunternehmen zum Schülerticket in Nordrhein-Westfalen

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Hinweise
für die Träger von öffentlichen Schulen und Schulen in privater Trägerschaft (Ersatzschulen) sowie für die Verkehrsverbünde, -gemeinschaften und
Verkehrsunternehmen
zum Schülerticket in Nordrhein-Westfalen

Gem. RdErl. d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr, d. Innenministeriums und d. Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung v. 25.1.2001

(V B 1-47-51.6)

1
Allgemeines

Die Vereinfachung der Schülertarife und die dauerhafte Bindung der Schülerinnen und Schüler an den öffentlichen Personennahverkehr sind wichtige Ziele der Landesregierung. Das Schülerticket ermöglicht den beteiligten Schülerinnen und Schülern die unkomplizierte Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs für Schule und Freizeit im jeweiligen Verbundraum zu einem günstigen Preis. Dies ist ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Mobilität der Schülerinnen und Schüler, die damit schon frühzeitig die Vorteile des öffentlichen Nahverkehrs kennenlernen. Die Entscheidung über ein Schülerticket-Tarifangebot obliegt den örtlichen Verkehrsunternehmen bzw. Verkehrsverbünden/-gemeinschaften (§ 39 Personenbeförderungsgesetz). Über die Abnahme entscheiden die Schulträger.

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Finanzielle Grundlagen

Die finanzielle Absicherung des Schülertickets ruht auf drei Säulen, und zwar auf

a) den Einnahmen aus dem Verkauf des Schülertickets an die Schülerinnen und Schüler und aus den Eigenanteilen der freifahrtberechtigten Schülerinnen und Schüler,

b) den bisherigen Aufwendungen der öffentlichen und privaten Schulträger für die Fahrkostenerstattung nach §§ 1 Abs.3, 7 Abs.1 Schulfinanzgesetz (SchFG) i.V.m. der Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO) und

c) den Ausgleichsleistungen nach § 45a des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) bzw. § 6a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG).

3
Modellprojekte

Seit dem Beginn des Schuljahres 2000/2001 werden im Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) flächendeckend sowie im Aachener Verkehrsverbund (AVV) für die Schulen im Stadtgebiet Aachen Schülertickets angeboten.

Das Schülerticket im VRS ist als schulbezogenes Solidarmodell ausgestaltet. Für alle Schülerinnen und Schüler der jeweiligen Schule wird das Ticket abgenommen. Die Kosten von Tickets derjenigen Schülerinnen und Schüler, die das Ticket nicht abnehmen wollen, werden auf die das Ticket abnehmenden Schülerinnen und Schüler umgelegt oder von einem Dritten (z.B. Sponsor) übernommen.

Bei dem Modell des AVV handelt es sich um ein optionales Modell: Entscheidet sich ein Schulträger im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung oder der Schulträger einer Ersatzschule, das Schülerticket an seinen Schulen einzuführen, erhebt er von den nach der Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO) freifahrtberechtigten Schülerinnen und Schülern einen Eigenanteil nach § 7 Abs.1 SchFGFSchFG von monatlich bis zu 15,-- DM; alle übrigen Schülerinnen und Schüler können selbst entscheiden, ob sie ein sehr preisgünstiges Schülerticket als Jahresabonnement erwerben.

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr wird ab dem 1. Februar 2001 für die Schulen in den Städten Bochum, Dortmund und Neuss ebenfalls ein Schülerticket anbieten, das dem in Aachen angebotenen Ticket im Wesentlichen entspricht.

Die Möglichkeiten der Einführung von Schülertickets im ländlichen Raum werden zurzeit mit Unterstützung der Landesregierung gutachtlich geprüft.

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Hinweise

Zur Erleichterung der örtlichen Entscheidungsfindung sowie der Rechtssicherheit der beteiligten Schulträger, Verkehrsunternehmen sowie der Verkehrsverbünde und -gemeinschaften werden daher folgende Hinweise gegeben. Bei der Erarbeitung haben die kommunalen Spitzenverbände, die Spitzenverbände der Verkehrsunternehmen sowie Verkehrsverbünde aus den Ballungsgebieten und dem ländlichen Raum mitgewirkt.

4.1
Schülerfahrkosten nach § 7 SchFG

4.1.1
Die Entscheidung über die Abnahme des Schülertickets trifft der Schulträger gem. § 3 SchfkVO. Es besteht auch die Möglichkeit, die Abnahme auf Schülerinnen und Schüler bestimmter Schulformen (z. B. nur weiterführende Schulen) zu begrenzen.

Dabei bezieht der Schulträger die bisher nach Maßgabe des SchFG und der SchfkVO für die freifahrtberechtigten Schülerinnen und Schüler aufgebrachten Mittel in die Finanzierung des Schülertickets ein, d.h.

- für öffentliche Schulen werden die nach der SchfkVO errechneten Beträge von den kommunalen Schulträgern, für staatliche Schulen vom Land, erbracht,

- soweit Schulen in freier Trägerschaft (Ersatzschulen) sich beteiligen, werden den Schulträgern die Beträge nach § 6 Abs.5 EFG durch das Land refinanziert. Dabei sind die Einschränkungen des EFG und der Schülerfahrkostenverordnung durch das Haushaltssicherungsgesetz vom 17.12.1998 zu berücksichtigen (Beschränkung auf den zum Besuch der nächstgelegenen öffentlichen Schule notwendigen Betrag).

Daher ist es erforderlich, bei Einführung des Schülertickets durch eine vertragliche Regelung sicherzustellen, dass der Schulträger zukünftig für die nach dem SchFG i.V.m. der SchfkVO freifahrtberechtigten Schülerinnen und Schüler unter Anwendung der jeweils gültigen Rechtslage die Beträge dem Verkehrsunternehmen zur Finanzierung des Schülertickets zur Verfügung stellt, die für die Freifahrtberechtigten nach dem bisher gültigen Beförderungstarif hätten bereitgestellt werden müssen; soweit der bisherige Tarif für Schülerinnen und Schüler (Schulwegekarte) nicht mehr angeboten wird, sind die Beträge auf der Basis der Preissteigerungsrate der Zeitfahrausweise für die übrigen Auszubildenden zu dynamisieren.

Bei Ersatzschulen ist die Refinanzierung der nach diesen Grundsätzen vereinbarten vertraglichen Leistungen durch das Land sichergestellt.

4.1.2
Entscheidet sich der Schulträger gemäß § 12 Abs.3 SchfkVO für die Einführung des Schülertickets an einer Schule, ist seine Verpflichtung zur Übernahme der notwendigen Beförderungskosten im Sinne des § 13 SchfkVO als erfüllt anzusehen, sofern kein für den Schulträger günstigerer Beförderungstarif im Sinne von § 13 Abs.5 SchfkVO in Anspruch genommen werden kann. Die Ausnahmeregelungen des § 14 SchfkVO (Schülerspezialverkehr) und § 15 (Beförderung mit Privatfahrzeugen) bleiben unberührt. Voraussetzung hierfür ist der Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung mit dem örtlichen Verkehrsunternehmen/Verkehrsverbund/der Verkehrsgemeinschaft, die die Abnahme und Weitergabe der Schülertickets durch ihn an die freifahrtberechtigten Schülerinnen und Schüler beinhaltet.

4.1.3
Die Verwendung der nach § 7 Abs.1 S.2 SchFG in Verbindung mit § 1 SchfkVO erhobenen Eigenanteile zur zusätzlichen Finanzierung des Schülertickets ist kommunalrechtlich unbedenklich. Dies gilt auch für Gemeinden mit Haushaltssicherungskonzept; dabei darf die Nettobelastung der Haushalte dieser Kommunen durch das Schülerticket nicht höher sein als die erforderlichen Aufwendungen nach § 7 SchFG i. V. m. der SchfkVO.

Der Schulträger kann die Eigenanteile selbst einziehen; er kann dies im Wege der Verwaltungshilfe von einem Dritten (z. B. Verkehrsunternehmen, Verkehrsverbund oder -gemeinschaft) durchführen lassen. Diese Eigenanteile sind als Fahrgeld an die Verkehrsunternehmen weiterzuleiten.

Die Voraussetzungen für die Freifahrtberechtigung sowie die Erhebung des Eigenanteils gem. § 7 Abs.1 S.2 SchFG i.V.m. § 1 SchfkVO sind vom Schulträger festzustellen und dem Dritten mitzuteilen, sofern dieser die Eigenanteile für den Schulträger einzieht.

4.2
Ausgleich nach § 45a PBefG/§ 6a AEG

Die Ausgleichsleistungen nach § 45a PBefG/§ 6a AEG werden nach der Einführung des Schülertickets in der Höhe weiterhin an die Verkehrsunternehmen gewährt, auf die ohne Einführung des Schülertickets nach der jeweils geltenden Rechtslage Anspruch bestanden hätte.

Das Verfahren zur Ermittlung der Basiswerte und deren Fortschreibung wird in Abhängigkeit von den örtlichen Gegebenheiten von den örtlich zuständigen Bezirksregierungen in Abstimmung mit den Verkehrsverbünden/ Verkehrsgemeinschaften/ Verkehrsunternehmen und dem für das Verkehrswesen zuständigen Ministerium festgelegt. Damit ist sichergestellt, dass weder Mehrbelastungen für den Landeshaushalt noch Mindereinnahmen bei den Verkehrsunternehmen durch die Einführung des Schülertickets entstehen.

MBl. NRW. 2001 S. 402