Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2004 Nr. 26 vom 28.7.2004 Seite 623 bis 650

Richtlinien über Zuweisungen für die kommunale Entwicklungszusammenarbeit RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - VII-7, 71.1.5 v. 18.6.2004
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zugehörige Anlagen :
Anlage1
Anlage2
Anlage3
Anlage4
 

Richtlinien über Zuweisungen für die kommunale Entwicklungszusammenarbeit RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - VII-7, 71.1.5 v. 18.6.2004

703

Richtlinien über Zuweisungen
für die kommunale Entwicklungszusammenarbeit

RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz - VII-7, 71.1.5
v. 18.6.2004

1
Zuwendungszweck
Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinien und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 Landeshaushaltsordnung (VVG zu § 44 LHO) Zuwendungen für die kommunale Entwicklungszusammenarbeit.

Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht; vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2
Gegenstand der Förderung

Kommunale Entwicklungszusammenarbeit ist Teil der kommunalen Selbstverwaltung und an die „örtliche Gemeinschaft“ (Artikel 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz) gebunden. Die Förderung der Entwicklungszusammenarbeit gehört dann zum kommunalen Aufgabenbereich, wenn diese in der örtlichen Gemeinschaft verwurzelt ist. Der Bezug zur örtlichen Gemeinschaft ergibt sich insbesondere aus dem Anteil, den einzelne Bürger, Kirchengemeinden, Vereine und sonstige lokale Initiativen an der Pflege kommunaler Außenbeziehungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit nehmen oder nehmen können. Je mehr Bürger sich für eine bestimmte Maßnahme engagieren und je dauerhafter die Zusammenarbeit angelegt ist, umso größer sind i.d.R. die rechtlichen Möglichkeiten der Gemeinden, dieses Engagement durch Finanz- und Sachmittel zu unterstützen. Deshalb sollten die Projekte auf kommunaler Ebene z.B. für die Bildungs- und Informationsarbeit in der Gemeinde dienlich sein.

Der notwendige Bezug zum örtlichen Wirkungskreis besteht z.B., wenn die Mittel zur Unterstützung der örtlichen Vereinstätigkeit einer Organisation bestimmt sind, die für die Idee der „Einen Welt“ oder bestimmte Maßnahmen und Projekte in einer Partnerschaft wirbt oder aktiv ist (z.B. Eine-Welt-Zentren, Eine-Welt-Gruppen, Netzwerke, Eine-Welt-Foren, Kampagnen, Schulpartnerschaften). Die Höhe der Zuwendung soll zum Ausdruck bringen, dass sie in erster Linie darauf abzielt, eine Leistung der Bürger selbst zu unterstützen.

Förderfähig sind insbesondere folgende Maßnahmen und Aktivitäten:
- Zivilgesellschaftliches, bürgerschaftliches Engagement in der lokalen Eine-Welt-Arbeit;
- Einrichtung und Förderung von Informationszentren, Welt-Läden oder Eine-Welt-Zentren;
- Informations-, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit; Seminare, Veranstaltungen, Ausstellungen, Aktionen etc.;
- Nord-Süd-Kulturarbeit;
- Aktivitäten des Fairen Handels;
- lokale Nord-Süd-Partnerschaften, hierzu gehören auch Jugendaustausch und Schulpartnerschaftsprogramme;
- Eine-Welt-Aktivitäten in lokalen Agenda-Prozessen.

Zentrales Anliegen der Eine-Welt-Politik der Landesregierung ist die Förderung einer nachhaltigen, sozial gerechten und ausgewogenen Entwicklung. Hierfür ist die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen und Männern am Entwicklungsprozess unabdingbare Voraussetzung. Die Zuweisungsmittel sollen deshalb auch unter Beachtung gleichstellungspolitischer Interessen eingesetzt werden.

Die Unterstützung von Projekten in Entwicklungsländern, die von Vereinen, Gruppen oder einzelnen Bürgern partnerschaftlich durchgeführt werden, ist zulässig, wenn eine Einbindung in die örtliche Gemeinschaft sichergestellt ist und sie sich auf Sachverhalte bezieht, die auch nach hiesigem Rechtsverständnis Angelegenheiten der Gemeinde sind.

Mit ihrer Forderung nach Kohärenz berührt die „Eine-Welt-Politik“ verschiedene Felder wie die Umwelt-, Energie-, Verkehrs- oder Wirtschaftspolitik. Dieses Politikverständnis bedeutet, dass neben einer Förderung von Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit im Süden auch politische Entscheidungen im Norden sich an Maßstäben der globalen Verantwortung für die Zukunft orientieren müssen. Vor diesem Hintergrund ist es daher durchaus denkbar, dass der Begriff „Eine Welt“ eine kommunale Entwicklungszusammenarbeit im Einzelfall auch mit den Staaten in Mittel-, Ost- und Südosteuropa umfassen kann.

Auf die Inhalte der „Lokalen Agenda 21“ sowie die Vernetzungs- und Beratungstätigkeit der Agenda-Transfer-Stelle in NRW bzw. der „Servicestelle Kommunen in der Einen Welt“, die örtlichen Netzwerke zur Förderung kommunaler Entwicklungszusammenarbeit und die Arbeit der Promotorinnen und Promotoren sollte hingewiesen werden. Konzepte und Maßnahmen zur Verwirklichung der „Lokalen Agenda 21“ sind förderungsfähig, soweit sie einen Bezug zur kommunalen Entwicklungszusammenarbeit haben.

3
Zuwendungsempfänger

Zuwendungsempfänger sind Gemeinden.

4
Zuwendungsvoraussetzungen

Die Zuweisungen sind denjenigen Gemeinden zu gewähren, die mit ihrem Antrag ihre Bereitschaft erklären, aktiv Maßnahmen im Bereich kommunaler Entwicklungszusammenarbeit zu unterstützen. Es wird zugelassen, dass die Zuwendung von der Gemeinde an Dritte weitergeleitet wird, wenn diese im Sinne der Nummer 1 tätig werden.

Die Zuwendung kann nur für Personal- und Sachausgaben eingesetzt werden, die im Rahmen der Projekte nach Nummer 2 entstehen.

5
Art, Umfang und Höhe der Zuwendung

5.1
Zuwendungsart: Projektförderung

5.2
Form der Zuwendung: Zuweisung als Anteilfinanzierung

5.3
Die anteilige Zuwendung, die bis zu 100 % der zuwendungsfähigen Personal- und/oder Sachausgaben betragen kann, darf höchstens einen Betrag erreichen, der aus der Einwohnerzahl der Gemeinde, den verfügbaren Haushaltsmitteln und der Einwohnerzahl des Landes ermittelt wird. Näheres wird durch einen gesonderten Erlass des MUNLV geregelt.

5.4
Wenn zu den Maßnahmen Leistungen Dritter erbracht werden, ist die Zuwendung nur in der Höhe zu kürzen, in der die tatsächlichen Gesamtausgaben abzüglich der Drittmittel unter der gewährten Zuwendung liegen. Insoweit ist die Nr. 2.1 ANBest-G nicht anzuwenden.

6
Besondere Bestimmungen

Soweit diese besonderen Bestimmungen zu beachtende Regelungen durch den Zuwendungsempfänger beinhalten, hat die Bewilligungsbehörde diese Bestimmungen als Nebenbestimmungen dem Zuwendungsbescheid beizufügen bzw. bei Antragstellung darauf hinzuweisen.

6.1
Bei der Weiterleitung der Zuwendung durch die Gemeinde an Dritte hat diese in ihrem Antrag zu bestätigen, dass die Zuwendungsmittel im Sinne der Förderbestimmungen eingesetzt werden sollen.

6.2
Die Gemeinde hat der Bewilligungsbehörde bis zum 30. September des Bewilligungsjahres den nicht mehr bis zum Jahresende benötigten Zuwendungsbetrag zurückzuzahlen und dies gleichzeitig der Bewilligungsbehörde schriftlich anzuzeigen.

6.3
Wird im Zuwendungsbescheid nicht der Zuwendungsbetrag bewilligt, der voraussichtlich benötigt wird und nach Nummer 5.3 möglich wäre, kann die Gemeinde bei der Bewilligungsbehörde eine Nachbewilligung bis zum 30. September des Bewilligungsjahres beantragen, wenn sie sicherstellen kann, dass der ggf. zusätzlich bewilligte Zuwendungsbetrag noch bis zum Jahresende für zuwendungsfähige Ausgaben verwendet werden kann. Dieses hat die Gemeinde in ihrem Ergänzungsantrag zu bestätigen. 

7
Verfahren

7.1
Antragsverfahren
Die Anträge sind nach dem Grundmuster 1 (Anlage 2 zu Nr. 3.1 VVG zu § 44 LHO) bis zum 15. Dezember des Vorjahres einzureichen. Anträge für das Jahr 2004 sind bis zum 31. Juli einzureichen.

7.2
Bewilligungsverfahren

7.2.1
Bewilligungsbehörde ist die Bezirksregierung Köln.

7.2.2
Der Zuwendungsbescheid ist nach dem Grundmuster 2 (Anlage 3 zu Nr. 4.1 VVG zu § 44 LHO) und Festlegung der zutreffenden Bestimmungen der ANBest-G zu erteilen. Die Bewilligungsbehörde kann einen vorzeitigen Maßnahmebeginn gemäß Nr. 1.3.1 VVG zu § 44 LHO zulassen, wenn ansonsten die Durchführung der zu fördernden Maßnahme gefährdet ist.

7.2.3
Die Bewilligung der Zuwendung erfolgt nach In-Kraft-Treten des jährlichen Landeshaushalts. Die Auszahlung der Mittel erfolgt ohne gesonderten Abruf nach Bestandskraft des Zuwendungsbescheides (vgl. Nummer 7.1 der VVG zu § 44 LHO).

7.2.4
Die Bewilligung der zusätzlich beantragten Zuwendung (6.3) soll so rechtzeitig erfolgen, dass der Zuwendungsempfänger noch bis zum Ende des Bewilligungsjahres die Mittel verausgaben kann. Die Auszahlung der Mittel erfolgt entsprechend Nummer 7.2.3.

7.3
Verwendungsnachweisverfahren

Der Verwendungsnachweis, der von der Gemeinde gegenüber der Bewilligungsbehörde vorzulegen ist, ist nach dem Grundmuster 3 (Anlage 4 zu Nr. 10.3 VVG zu § 44 LHO) zu führen. Die Gemeinde hat die ordnungsgemäße Verwendung der weitergeleiteten Mittel zu prüfen und dies im Verwendungsnachweis gesondert anzugeben.

8
In-Kraft-Treten

Die Richtlinien treten am 18. Juni 2004 in Kraft; sie treten mit Ablauf des 31. Dezember 2008 außer Kraft.

Anlage 1: Antrag auf Gewährung einer Zuwendung

Anlage 2: Zuwendungsbescheid

Anlage 3: Zwischenbericht

Anlage 4: Verwendungsnachweis

- MBl. NRW. 2004 S. 636