Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2006 Nr. 27 vom 23.10.2006 Seite 499 bis 518

Kredite und kreditähnliche Rechtsgeschäfte der Gemeinden (GV) RdErl. d. Innenministeriums vom 9.10.2006 - 34-48.05.01/01 -
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Kredite und kreditähnliche Rechtsgeschäfte der Gemeinden (GV) RdErl. d. Innenministeriums vom 9.10.2006 - 34-48.05.01/01 -

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Kredite und kreditähnliche Rechtsgeschäfte der Gemeinden (GV)

RdErl. d. Innenministeriums vom 9.10.2006
- 34-48.05.01/01 -

1
Vorbemerkung

Die Kreditaufnahme sowie der Abschluss kreditähnlicher Rechtsgeschäfte der Gemeinden (GV) unterliegen den Bestimmungen des § 86 der Gemeindeordnung (GO). Der Spielraum zur Aufnahme von Krediten und zum Abschluss kreditähnlicher Rechtsgeschäfte muss sich nach der wirtschaftlichen Leistungskraft der Gemeinde richten. Um die stetige Aufgabenerfüllung und eine nachhaltig geordnete Haushaltswirtschaft sicherzustellen, ist die Vereinbarkeit mit der wirtschaftlichen Leistungskraft besonders sorgfältig zu prüfen.

Auch im NKF dürfen Kreditaufnahmen nach § 86 GO weiterhin nur für Investitionen und zur Umschuldung aufgenommen werden. Diese Beschränkung beruht auf den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz sowie auf Art. 83 Satz 2 der Landesverfassung NRW. In diesem Sinne werden die Kredite für Investitionen nach § 86 GO haushaltsrechtlich von den Krediten zur Liquiditätssicherung nach § 89 GO unterschieden.

2
Kredite nach § 86 GO

2.1
Allgemeine Grundsätze

Gemeinden dürfen Kredite nach § 86 Abs.1 GO lediglich für Investitionen und zur Umschuldung aufnehmen, und zwar nur dann, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre (§ 77 Abs. 3 GO). Auch bei der Aufnahme von Krediten ist der haushaltswirtschaftliche Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Vor der Aufnahme eines Kredites sind deshalb im Regelfall Angebote verschiedener Kreditgeber einzuholen. Für die Wirtschaftlichkeit eines Angebotes sind alle Vertragselemente zu berücksichtigen und zu bewerten.

2.2
Kreditkosten

Das Entgelt für den Kredit wird durch Ermittlung des (vorläufigen) effektiven Jahreszinses unter Berücksichtigung aller mit der Kreditaufnahme verbundenen Kosten festgestellt (vgl.: Preisangabenverordnung (PangV) vom 18.10.2002, BGBl. I 4197 in der jeweils geltenden Fassung). Zu diesen Kosten zählen u.a. Disagios, Vermittlungs- und Abschlussgebühren.

Für die Kosten eines Kredites ist die Höhe der Zinsen von entscheidender Bedeutung. Deshalb ist  besonders darauf zu achten, dass die Zinsen wirtschaftlich sind. Die mögliche Zinsentwicklung ist dabei beim Abschluss eines Kredites immer zu beachten.

Es ist grundsätzlich zulässig, Zinsderivate zur Zinsabsicherung zu nutzen. Diese Instrumente dürfen allerdings lediglich im Rahmen des abgeschlossenen Kreditgeschäftes eingesetzt werden. Dementsprechend sind Geschäfte mit Derivaten, die unabhängig von Kreditgeschäften abgeschlossen werden, als spekulative Geschäfte für Gemeinden unzulässig.

2.3
Laufzeit und Tilgung

Die Laufzeit eines Kredites soll sich grundsätzlich an der Lebensdauer des damit finanzierten Investitionsobjektes orientieren. Langfristige Investitionsobjekte sollen möglichst auch durch langfristige Kredite finanziert werden, sofern nicht eine andere Laufzeit aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebotes angezeigt ist. Die zu vereinbarende Tilgung kann sich im Regelfall an den erforderlichen Abschreibungen der Investition und an der Leistungskraft der Gemeinde orientieren.

2.4
Kündigungsrechte für Gemeinden und Kreditgeber

Für die Gemeinde muss sichergestellt sein, dass das Kündigungsrecht nach § 489 BGB* nicht ausgeschlossen wird. Bei Darlehen mit einer vertraglichen Festzinsperiode darf kein einseitiges Kündigungsrecht des Kreditgebers vereinbart werden.

Bei zinsvariablen Darlehen muss ein beiderseitiges Kündigungsrecht innerhalb von drei Monaten für den Fall der Anpassung des Zinssatzes an veränderte Kapitalmarktbedingungen beschränkt werden. Bei der Vereinbarung von sog. Zinsgleitklauseln (Anbindung der Zinssätze an bestimmte Sätze wie z.B. Diskont, Lombard oder Euribor) hat die Gemeinde in eigener Verantwortung eine eigene sorgfältige Prognose der künftigen Zinsentwicklung (Zinsmeinung) vorzunehmen und sich dabei gegebenenfalls durch spezialisierte Fachberatung unterstützen zu lassen.

2.5
Kredite in fremder Währung

Die Gemeinde kann aus Wirtschaftlichkeitserwägungen Kredite auch in fremder Währung aufnehmen. In diesem Fall hat sie insbesondere wegen der Wechselkursschwankungen besondere Anforderungen bei der Risikoabwägung und Risikovorsorge zu erfüllen.

2.5.1
Risikoabwägung

Die maßgeblichen Haushaltsgrundsätze verpflichten die Gemeinden bei der Gestaltung der Konditionen der Kredite zur Beachtung des Vorrangs der Sicherheit und Risikominimierung. Die vielfältigen Möglichkeiten der Geld- und Kapitalmärkte dürfen deshalb nur in einem angemessenen und vertretbaren Umfang in Anspruch genommen werden, bei denen so weit wie möglich auf erhöhte Risiken, zu denen auch erhebliche Wechselkursschwankungen zählen können, verzichtet werden muss. Die Gemeinden sollten sich daher vor der Aufnahme von Krediten in fremder Währung, auch wenn diese in Verbindung mit derivativen Finanzierungsinstrumenten erfolgt, der spezialisierten Fachberatung bedienen, denn die Chancen und Risiken sind hier oftmals nicht auf den ersten Blick zu erkennen.

Zur Vorbereitung der Entscheidung über die Aufnahme von Krediten in fremder Währung sind deshalb unter Berücksichtigung der örtlichen Bedürfnisse Entscheidungs- und Auswahlkriterien einschließlich der möglichen Zinssicherungsinstrumente durch die Gemeinde zu bestimmen und von ihr die dafür notwendigen Informationen einzuholen. Dies enthält für die Gemeinden insbesondere die Verpflichtung, sich selbst Kenntnisse über Sicherheiten und Risiken im Vergleich zu einer anderen Kreditaufnahme zu verschaffen und erfordert wegen des möglichen Wechselkursrisikos von Fremdwährungen auch die laufende, eigenverantwortliche „Kontrolle“ über die Abwicklung des Kreditgeschäftes. Es ist nicht ausreichend, diese Kontrolle nur einmal jährlich vorzunehmen oder sie einem Dritten vollständig zu übertragen.

2.5.2
Risikovorsorge

Von den Gemeinden muss bei der Aufnahme von Krediten in fremder Währung, abhängig von der Höhe des Wechselkursrisikos, gleichzeitig eine Risikovorsorge getroffen werden. Sie kann regelmäßig darin bestehen, dass die Vorteile der Gemeinde aus der Aufnahme von Krediten in fremder Währung nicht vollständig für Zwecke des gemeindlichen Haushalts abgeschöpft werden. Ein Teil davon ist als „Absicherung des Fremdwährungsrisikos“ zurückzulegen, bis gesichert ist, dass sich das Fremdwährungsrisiko nicht mehr realisiert. Sollten keine konkreten Anhaltspunkte für die Bestimmung der Risikovorsorge vorliegen, kann die Hälfte des Zinsvorteils der Gemeinde aus der Kreditaufnahme in ausländischer Währung angesetzt werden. Für diese Risikovorsorge ist eine Rückstellung nach § 36 Abs. 5 der Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) zu bilden. Die Rückstellung ist nach Wegfall des besonderen Fremdwährungsrisikos aufzulösen. Soweit noch bis zum 31.12.2008 das kamerale Haushaltsrecht Anwendung findet, sind die entsprechenden Finanzmittel als Risikovorsorge in die allgemeine Rücklage einzustellen und erst nach Wegfall des Fremdwährungsrisikos verfügbar zu machen.

3
Kredite zur Liquiditätssicherung nach § 89 GO

Nach § 89 Abs. 2 GO dürfen Gemeinden zur rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlung Liquiditätskredite bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrag aufnehmen, sofern keine anderen Mittel zur Verfügung stehen. Die Ziffern 2.2, 2.4, 2.5 gelten entsprechend bei der Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung.

4
Kreditähnliche Rechtsgeschäfte

4.1
Allgemeine Grundsätze

Neben der Aufnahme von Krediten wird die Haushaltswirtschaft der Gemeinden auch durch den Abschluss kreditähnlicher Rechtsgeschäfte zukünftig belastet. Das kreditähnliche Rechtsgeschäft begründet eine Zahlungsverpflichtung der Gemeinde, die einer Kreditaufnahme wirtschaftlich gleichkommt (vgl. § 86 Abs. 4 S.1 GO. Für die Beurteilung, ob ein kreditähnliches Rechtsgeschäft vorliegt, kommt es auf den Einzelfall an. Entscheidend ist nicht die formale Bezeichnung und Einordnung des Geschäftes, sondern dessen wirtschaftliche Auswirkung. Beispiele kreditähnlicher Rechtsgeschäfte sind Leasinggeschäfte, atypische, langfristige Mietverträge ohne Kündigungsmöglichkeiten bzw. Nutzungsüberlassungsverträge für Gebäude auf gemeindeeigenen Grundstücken, periodenübergreifende Stundungsabreden, aber auch Leibrentenverträge, Ratenkaufmodelle oder ÖPP-Projekte der Gemeinden - etwa mit kombinierten kreditähnlichen Vertragselementen.

4.2
Anzeigepflicht

Die Entscheidung über die Begründung einer Zahlungsverpflichtung, die wirtschaftlich einer Kreditverpflichtung gleichkommt, ist nach § 86 Abs. 4 S. 1 GO der Aufsichtsbehörde unverzüglich, spätestens einen Monat vor der rechtsverbindlichen Eingehung der Verpflichtung, schriftlich anzuzeigen. Unter die Anzeigepflicht fallen auch spätere Änderungen der in § 86 Abs. 4 GO genannten Zahlungsverpflichtungen, wenn sie zu einer höheren Belastung der Gemeinde führen. In der Anzeige sind die tatsächlichen Verhältnisse und die finanziellen Auswirkungen im Rahmen eines Wirtschaftlichkeitsvergleiches darzustellen und auf Verlangen durch Vorlage der vertraglichen Abmachungen zu belegen. Die Monatsfrist ist keine Ausschlussfrist für aufsichtsbehördliches Handeln. Von der Anzeigepflicht ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, die als Geschäfte der laufenden Verwaltung nach § 41 Abs. 3 S.1 GO gelten und abgeschlossen werden.

4.3
Nachweis der kreditähnlichen Rechtsgeschäfte

Zur Gewährleistung einer geordneten Haushaltswirtschaft hat die Gemeinde die aus kreditähnlichen Rechtsgeschäften bestehenden Finanzierungsverpflichtungen vollständig im Haushaltsplan darzustellen. Im Vorbericht zum Haushaltsplan (§ 7 GemHVO) ist deshalb aufzuführen, wie hoch die Belastungen aus kreditähnlichen Rechtsgeschäften (insbesondere Immobilien-Leasing) in den folgenden Jahren sein werden.

Entsprechendes gilt für den Jahresabschluss, dem eine Übersicht über den Stand der Verpflichtungen zu Beginn und zum Ende des Haushaltsjahres beizufügen ist. In dieser Übersicht ist auch der Stand der Verpflichtungen aus Vorgängen, die Kreditaufnahmen wirtschaftlich gleichkommen, darzustellen.

5
Besondere kreditähnliche Rechtsgeschäfte: ÖPP und Leasing

Nicht nur die Aufnahme von Krediten, auch die Verpflichtung aus einem ÖPP/Leasing- Projekt bedeutet eine dauerhafte Belastung des kommunalen Haushalts. Die hieraus übernommenen Verpflichtungen dürfen die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Gemeinden nicht gefährden. Gemeinden müssen deshalb auch für kreditähnliche Rechtsgeschäfte die gleichen Maßstäbe wie für eine Kreditaufnahme anlegen.

5.1
Öffentlich Private Partnerschaft (ÖPP)

Durch die Umsetzung von ÖPP-Projekten können Gemeinden privates Kapital und Know-how in die Aufgabenerfüllung einbeziehen. Insbesondere durch Modelle, die über eine Investitionsfinanzierung hinausgehen, können Effizienzvorteile erreicht werden. In diesem Sinne handelt es sich bei ÖPP-Projekten um eine langfristige, vertraglich geregelte Zusammenarbeit der Gemeinden mit privaten Unternehmen. Dabei werden in der Regel die Planung, der Bau, die Finanzierung, die Instandhaltung und Instandsetzung sowie weitere betriebliche Leistungen über den gesamten Lebenszyklus einer Liegenschaft von dem privaten Partner übernommen. Die Finanzierung erfolgt durch laufende Nutzungsentgelte, Leasingraten oder Mieten der Gemeinde. ÖPP-Projekte sind als kreditähnliche Rechtsgeschäfte anzeigepflichtig.

5.1.1
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, konventioneller Vergleichswert (Public Sector Comparator, PSC)

Zum Nachweis der Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Projektes besteht im Rahmen der Anzeige nach § 85 Abs. 4 GO für die Gemeinde die Verpflichtung, eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vorzulegen, die das ÖPP-Projekt mit den Kosten einer kommunalen Eigenerstellung (Konventioneller Vergleichswert/ PSC) vergleicht. Auch hier gilt der Grundsatz, dass die ÖPP-Lösung wirtschaftlich jedenfalls nicht ungünstiger sein darf als die Eigenerstellung. Bei der Aufstellung des PSC müssen die voraussichtlichen Kosten und ggf. Erlöse der kommunalen Eigenerstellung bezogen auf die geplante Vertragslaufzeit geschätzt werden. Dazu gehören: Investitionskosten (Planung und Bau), Finanzierungskosten, Betriebskosten (inkl. Instandhaltung und –setzung), Transaktions- und Verwaltungskosten, Risikokosten und ggf. Kosten bzw. Erlöse der Verwertung. Die Methodik des PSC im Einzelnen ist dem jeweils aktuellen Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsvergleich bzw. – untersuchungen bei PPP-Projekten“ des FM NRW zu entnehmen.

5.1.2
Bilanzierung des ÖPP-Projektes

Ob und in welcher Höhe die Bilanzierung eines ÖPP-Projektes bei der Gemeinde vorzunehmen ist, richtet sich grundsätzlich nach den Vorschriften der GemHVO. Für eine Aktivierung und Passivierung in der gemeindlichen Bilanz ist das wirtschaftliche Eigentum der Gemeinde am Vermögensgegenstand ausschlaggebend. Aus Gründen der Vereinfachung kann im Regelfall die bilanzsteuerrechtliche Behandlung des jeweiligen Projektes zugrunde gelegt werden (vgl. hierzu die Leasingerlasse des Bundesministerium der Finanzen in der jeweils geltenden Fassung).

5.1.3
Veranschlagung im Haushalt

Das Leistungsentgelt eines ÖPP-Projektes ist –abhängig von der gewählten Modellvariante und soweit möglich- in seine konsumtiven und investiven Anteile aufzuteilen. Die konsumtiven Anteile zum Betrieb und zur Unterhaltung einer Liegenschaft sind als Aufwendungen in der Ergebnisrechnung zu buchen. Gleiches gilt für etwaige Erlöse aus dem Betrieb einer Liegenschaft. Investive Anteile z.B. Baukosten sind als gemeindliche Investition mit den jährlichen Auszahlungen im Finanzplan (§ 3 GemHVO) nachzuweisen. Eine pauschale Zuordnung nach dem Prinzip der „überwiegenden Zugehörigkeit“ ist zu vermeiden. Die Veranschlagung wird dadurch erleichtert, dass Bieter bei der Angebotsabgabe i.d.R. aufgefordert werden, die Preise für einzelne Leistungsbereiche wie Bau, Betrieb, Unterhaltung und Finanzierung gesondert anzugeben.

Sofern eine Gemeinde für das Haushaltsjahr 2008 noch einen kameralen Haushalt aufstellt, ist die Veranschlagung eines ÖPP-Projektes nach den entsprechenden kameralen Grundsätzen vorzunehmen: Die Zahlungen aus der Umsetzung von ÖPP-Projekten sind auch hier – soweit möglich – von der Gemeinde in seine konsumtiven und investiven Anteile aufzuteilen. Die konsumtiven Anteile sind im Verwaltungshaushalt, die investiven Anteile sind im Vermögenshaushalt zu veranschlagen. Die Zuordnung erfolgt nach den Verwaltungsvorschriften über die Gliederung der Haushaltspläne der Gemeinden (RdErl. vom 27.11.1995 – SMBl. NRW. 6300). Diese sind auch zu beachten, wenn keine Trennung der gemeindlichen Zahlungen möglich ist.

5.2
Leasing

5.2.1
Allgemeine Grundsätze

Als Alternative zur herkömmlichen Kreditfinanzierung wählen Gemeinden insbesondere Leasing- Modelle, immer häufiger auch im Zusammenhang mit ÖPP.

Leasing ist die langfristige Vermietung (Anmietung) von beweglichen und unbeweglichen Vermögensgegenständen, wenn ein späterer Eigentumsübergang vertraglich ermöglicht wird. Die Dauer des Vertrages und die Höhe der Leasingraten werden so bemessen, dass der Leasinggeber während der Vertragsdauer seine Investitionskosten ganz oder zumindest zum überwiegenden Teil decken kann. Die Leasingrate (Miete) setzt sich aus den Kapitalkosten sowie einem Zuschlag für Kosten, Risiko und Gewinn des Leasinggebers zusammen. Kosten des Leasingobjektes wie Abgaben, Versicherungen u. ä. werden dem Leasingnehmer meistens gesondert in Rechnung gestellt. Je nach der vertraglichen Gestaltung des Leasingvertrages werden die Instandhaltung bzw. die Unterhaltung des Objektes entweder vom Leasingnehmer oder vom Leasinggeber getragen. Sofern der Private als Leasinggeber auch für die Instandhaltung bzw. die Unterhaltung des Objektes verantwortlich ist, handelt es sich regelmäßig zugleich um ein ÖPP-Projekt.

Bei den Leasing-Objekten kann es sich sowohl um unbewegliches Anlagevermögen handeln, wie z.B. Bürogebäude, Sportanlagen (Immobilien-Leasing), als auch um bewegliches Anlagevermögen, wie z.B. EDV-Anlagen, Telekommunikationsanlagen, Fahrzeuge (Mobilienleasing).

Die Finanzierung von Vermögensgegenständen über Leasing kann für Gemeinden eine sinnvolle Alternative zur Finanzierung über Kredite sein. Hierzu ist nachzuweisen, dass die Leasingvariante für die Gemeinde gegenüber einer Finanzierung mit Krediten jedenfalls wirtschaftlich nicht ungünstiger ist. Auch bei Leasinggeschäften, die weder Betrieb noch Unterhaltung des Vermögensgegenstandes umfassen, ist der Kommunalaufsicht im Rahmen des Anzeigeverfahrens eine konventionelle Vergleichsrechnung vorzulegen, bei der die anfallenden Kosten und Risiken in Abhängigkeit vom konkreten Vertragsmodell entsprechend anzusetzen sind.

Bei Leasinggeschäften gelten für die Bilanzierung und die Veranschlagung im Haushalt die Ziffern 5.1.2 und 5.1.3 entsprechend.

5.2.2
Sale and Lease Back Modelle

Im Rahmen von „Sale and Lease Back“ Geschäften überträgt die Gemeinde das Eigentum an einem Objekt dem privaten Investor zur Sanierung, um es zur erforderlichen kommunalen Aufgabenerfüllung von ihm wieder anzumieten. Dies ist nach Sinn und Zweck des § 90 Abs. 3 GO nur dann zulässig, wenn die Nutzung des Vermögensgegenstandes zur Aufgabenerledigung der Gemeinde langfristig gesichert ist und die Aufgabenerledigung dadurch wirtschaftlicher wird. Die stetige Aufgabenerledigung ist in der Regel dann gesichert, wenn das Sale and Lease Back Geschäft zur Werterhaltung bzw. Wertsteigerung des Objekts bestimmt ist und der Gemeinde daran zur Aufgabenerfüllung ein langfristiges Nutzungsrecht sowie eine Rückkaufoption eingeräumt wird.

6
Haushaltssicherung und vorläufige Haushaltsführung

Grundsätzlich können auch Kommunen, die sich in der Haushaltssicherung oder wegen eines nicht genehmigten Haushaltssicherungskonzepts dauerhaft in der vorläufigen Haushaltsführung befinden, ÖPP-Projekte im Falle ihrer Wirtschaftlichkeit nutzen. Bei einer Entscheidung über kreditähnliche Rechtsgeschäfte sind jedoch insbesondere meine Erlasse zur Haushaltssicherung und zur vorläufigen Haushaltsführung zu beachten.

7
Ausschreibungspflicht

Bei der Vereinbarung eines ÖPP-Projekts oder eines Leasingvertrags durch die Gemeinde handelt es sich in der Regel um die Vergabe eines öffentlichen Auftrags. Nach § 25 Abs. 1 der GemHVO hat dem grundsätzlich eine öffentliche Ausschreibung vorauszugehen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Angebote der in Frage kommenden Unternehmen im Leistungswettbewerb mit anderen Bewerbern zustande kommen, so dass die Gemeinde in die Lage versetzt wird, unter Ausnutzung aller Chancen am Markt das für sie günstigste Angebot zu wählen.

Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gelten grundsätzlich die Regelungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB - 4. Teil) vom 15.7.2005 (BGBl. I S. 2114) in der jeweils geltenden Fassung, sofern im Einzelfall die EU-Schwellenwerte ohne Umsatzsteuer erreicht oder überstiegen werden. Diese ergeben sich aus § 100 Abs. 1 GWB i.V.m. § 2 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) vom 11.2.2003 (BGBl. I S. 169) in der jeweils geltenden Fassung.

Bei Auftragsvergaben, deren Auftragswerte im Einzelfall diese EU-Schwellenwerte nicht erreichen, gelten gem. § 25 Abs. 2 GemHVO die Vergabebestimmungen, die das Innenministerium festlegt (vgl. Vergabegrundsätze für Gemeinden (GV), Runderlass vom 22.3.2006 (SMBl. NRW. 6300) in der jeweils geltenden Fassung).

8
Zuwendungsrecht

Nach den Vorschriften der Landeshaushaltsordnung, insbesondere § 23 i. V. m. § 44 LHO, handelt es sich bei den Zuwendungen des Landes regelmäßig um bewilligte freiwillige Geldleistungen des Landes an Stellen außerhalb der Landesverwaltung, um die Erfüllung bestimmter Aufgaben zu ermöglichen bzw. zu unterstützen. Daneben können spezielle Förderrichtlinien Bedingungen setzen, die bei der Gewährung einer Zuwendung zu erfüllen sind.

Grundvoraussetzung für die Gewährung einer Zuwendung ist in allen Fällen, dass ein erhebliches Landesinteresse an der Durchführung der zu fördernden Maßnahmen besteht. Außerdem werden Zuwendungen des Landes im Einzelfall nur auf der Grundlage der voraussichtlichen kassenmäßigen Einnahmen und Ausgaben des Zuwendungsempfängers bewilligt.

Landeszuwendungen an Gemeinden sollen im Rahmen der vorgegebenen öffentlichen Zweckbestimmung verwendet werden. Dabei sind ÖPP/Leasing-Projekte grundsätzlich förderfähig. Die Fördermittel können an private Unternehmen mit der Maßgabe weitergeleitet werden, dass die Bestimmungen des Zuwendungsvertrages bzw. Bewilligungsbescheides berücksichtigt werden. Im Übrigen sind die jeweils geltenden Förderrichtlinien und haushaltsrechtlichen Bestimmungen zu beachten.

9
Geltungsbereich und Geltungsdauer

Der Runderlass gilt für die Gemeinden des Landes NRW sowie entsprechend für die Gemeindeverbände. Die Geltung des Runderlasses ist auf fünf Jahre befristet.

10
In-Kraft-Treten und Aufhebung von Runderlassen

Der Erlass tritt am Tag nach der öffentlichen Bekanntgabe im Ministerialblatt in Kraft.

Der Runderlass des Innenministers „Kreditwirtschaft der Gemeinden (GV)“ vom 23.6.1989, Az.: III B 3-5/601-5094/89 (SMBl. NRW 652) sowie der Runderlass des Innenminister „Aufnahme von Krediten in fremder Währung durch Gemeinden und Gemeindeverbände (Fremdwährungskredite)“ vom 30.8.2004, Az.: 34-48.05.11-1290/04 (SMBl. NRW 652) werden aufgehoben.

_________

* redaktionell angepasst 

- MBl. NRW. 2006 S. 505