Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2003 Nr. 1 vom 15.1.2003 Seite 1 bis 12

 

Gesetz zur Stärkung des Verfassungsschutzes und seiner Kontrollorgane

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Gesetz
zur Stärkung des Verfassungsschutzes
und seiner Kontrollorgane

Vom 18. Dezember 2002

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Gesetz
zur Stärkung des Verfassungsschutzes
und seiner Kontrollorgane

Inhaltsübersicht

Artikel 1

Änderung des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen (Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen - VSG NW)

Artikel 2

Neufassung des Gesetzes über die Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz (AG G 10 NRW)

Artikel 3

In-Kraft-Treten

12

Artikel 1

Änderung des Gesetzes
über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen
(Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen - VSG NW -)

Das Gesetz über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen (Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen - VSG NW -) vom 20. Dezember 1994 (GV. NRW.1995 S. 28) wird wie folgt geändert:

1. In der Überschrift wird die amtliche Abkürzung „VSG NW“ durch die amtliche Abkürzung „VSG NRW“ ersetzt.

2. Nach § 5 wird folgender neuer § 5a eingefügt:

㤠5a
Besondere Befugnisse
in den Fällen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 bis 4

(1) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen unentgeltlich Auskünfte zu Konten, Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und zu Geldbewegungen und Geldanlagen einholen, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die in § 3 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 genannten Schutzgüter vorliegen.

(2) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz) bei Personen und Unternehmen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen erbringen, sowie bei denjenigen, die an der Erbringung dieser Dienstleistungen mitwirken, unentgeltlich Auskünfte zu Namen, Anschriften, Postfächern und sonstigen Umständen des Postverkehrs einholen.

(3) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall bei Luftfahrtunternehmen unentgeltlich Auskünfte zu Namen, Anschriften und zur Inanspruchnahme von Transportleistungen und sonstigen Umständen des Luftverkehrs einholen, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die in § 3 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 genannten Schutzgüter vorliegen.

(4) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes bei denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste und Teledienste erbringen oder daran mitwirken, unentgeltlich Auskünfte über Telekommunikationsverbindungsdaten und Teledienstenutzungsdaten einholen. Die Auskunft kann auch in Bezug auf zukünftige Telekommunikation und zukünftige Nutzung von Telediensten verlangt werden. Telekommunikationsverbindungsdaten und Teledienstenutzungsdaten sind:

1. Berechtigungskennungen, Kartennummern, Standortkennung sowie Rufnummer oder Kennung des anrufenden und angerufenen Anschlusses oder der Endeinrichtung,

2. Beginn und Ende der Verbindung nach Datum und Uhrzeit,

3. Angaben über die Art der vom Kunden in Anspruch genommenen Telekommunikations- und Teledienst-Dienstleistungen,

4. Endpunkte festgeschalteter Verbindungen, ihr Beginn und ihr Ende nach Datum und Uhrzeit.

§ 3 Abs. 2 Satz 2 des Artikel 10-Gesetzes gilt entsprechend.

(5) Auskünfte nach den Absätzen 1 bis 4 dürfen nur auf Antrag eingeholt werden. Der Antrag ist durch den Leiter der Verfassungsschutzabteilung oder seinen Vertreter schriftlich zu stellen und zu begründen. Über den Antrag entscheidet der Innenminister. Die G 10-Kommission (§ 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz (AG G 10 NRW)) ist unverzüglich über die beschiedenen Anträge vor deren Vollzug zu unterrichten. Bei Gefahr im Verzuge kann der Innenminister den Vollzug der Entscheidung auch bereits vor der Unterrichtung der Kommission anordnen. Die G 10-Kommission prüft von Amts wegen oder auf Grund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung von Auskünften. § 3 Abs. 5 AG G 10 NRW ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Kontrollbefugnis der Kommission sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach den Absätzen 1 bis 4 erlangten personenbezogenen Daten erstreckt. Entscheidungen über Auskünfte, die die G 10-Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat der Innenminister unverzüglich aufzuheben. Für die Verarbeitung der nach den Absätzen 1 bis 4 erhobenen Daten ist § 4 AG G 10 NRW entsprechend anzuwenden. Das Auskunftsersuchen und die übermittelten Daten dürfen dem Betroffenen oder Dritten vom Auskunftsgeber nicht mitgeteilt werden. § 5 AG G 10 NRW findet entsprechende Anwendung.

(6) Das Innenministerium unterrichtet im Abstand von höchstens sechs Monaten das Kontrollgremium über die Durchführung der Absätze 1 bis 5; dabei ist insbesondere ein Überblick über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 4 zu geben. Das Gremium erstattet dem Landtag jährlich sowie nach Ablauf von drei Jahren nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes zusammenfassend zum Zweck der Evaluierung einen Bericht über die Durchführung sowie Art, Umfang und Anordnungsgründe der Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 4; dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 2 zu beachten. Das Innenministerium berichtet auch dem Kontrollgremium des Bundes über die durchgeführten Maßnahmen nach Absätzen 1 bis 4; Satz 1 Halbsatz 2 findet entsprechende Anwendung.

(7) Das Grundrecht des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird nach Maßgabe der Absätze 2, 4, 5 und 6 eingeschränkt.“

3. § 6 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 1 werden die Wörter „beim Betroffenen“ durch die Wörter „bei der betroffenen Person“ ersetzt.

b) In Absatz 1 Satz 2 werden die Wörter „Der Betroffene“ durch die Wörter „Die betroffene Person“ und das Wort „seiner“ durch das Wort „ihrer“ ersetzt.

c) In Absatz 2 Satz 1 werden die Wörter „der Betroffene“ durch die Wörter „die betroffene Person“ ersetzt.

d) In Absatz 2 Satz 3 werden die Wörter „dem Betroffenen“ durch die Wörter „der betroffenen Person“ ersetzt.

4. § 7 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„(2) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr (Artikel 13 Abs. 4 des Grundgesetzes) darf das in einer Wohnung nicht öffentlich gesprochene Wort mit technischen Mitteln heimlich mitgehört oder aufgezeichnet werden. Satz 1 gilt entsprechend für einen verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen. Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 werden durch den Leiter der Verfassungsschutzabteilung oder seinen Vertreter angeordnet, wenn eine richterliche Entscheidung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann. Die richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Verfassungsschutzbehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

Die erhobenen Informationen dürfen nur nach Maßgabe des § 4 Abs. 4 AG G 10 NRW verwendet werden. Technische Mittel im Sinne der Sätze 1 und 2 dürfen überdies zum Schutz der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen verwendet werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für deren Leben, Gesundheit oder Freiheit unerlässlich ist (Artikel 13 Abs. 5 des Grundgesetzes). Maßnahmen nach Satz 8 werden durch den Leiter der Verfassungsschutzabteilung oder seinen Vertreter angeordnet. Außer zu dem Zweck nach Satz 8 darf die Verfassungsschutzbehörde die hierbei erhobenen Daten nur zur Gefahrenabwehr im Rahmen ihrer Aufgaben nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 sowie für Übermittlungen nach Maßgabe des § 4 Abs. 4 Nr. 1 und 2 AG G 10 NRW verwenden. Die Verwendung ist nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. § 4 Abs. 6 AG G 10 NRW gilt entsprechend. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.“

b) Die bisherigen Absätze 3 bis 5 werden aufgehoben.

c) Absatz 3 wird wie folgt neu gefasst:

„(3) Bei Erhebungen nach Absatz 2 und solchen nach Absatz 1, die in ihrer Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses gleichkommen, wozu insbesondere das Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes mit dem verdeckten Einsatz technischer Mittel gehören, ist

1. der Eingriff nach seiner Beendigung der betroffenen Person mitzuteilen, sobald eine Gefährdung des Zwecks des Eingriffs ausgeschlossen werden kann, und

2. das Kontrollgremium zu unterrichten.

§§ 1 Abs. 1 und 3 Abs. 1 Artikel 10-Gesetz sowie §§ 3 Abs. 6 und 4 AG G 10 NRW gelten entsprechend.“

d) Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 4 eingefügt:

„(4) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes auch technische Mittel zur Ermittlung des Standortes eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgerätes und zur Ermittlung der Geräte- und Kartenummern einsetzen. Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn ohne die Ermittlung die Erreichung des Zwecks der Überwachungsmaßnahme aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Für die Verarbeitung der Daten gilt § 4 AG G 10 NRW entsprechend. Personenbezogene Daten einer dritten Person dürfen anlässlich solcher Maßnahmen nur erhoben werden, wenn dies aus technischen Gründen zur Erreichung des Zwecks nach Satz 1 unvermeidbar ist. Sie unterliegen einem absoluten Verwendungsverbot und sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu löschen. § 5a Abs. 5 und 6 gelten entsprechend. Das Grundrecht des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.“

e) Nach Absatz 4 wird folgender Absatz 5 eingefügt:

„(5) Dem Hauptausschuss des Landtags ist jährlich über Maßnahmen nach Absatz 2 bis 4 Bericht zu erstatten. § 26 Abs. 2 gilt entsprechend.“

5. § 10 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 werden die Wörter „dem Betroffenen“ durch die Wörter „der betroffenen Person“ ersetzt.

b) In Absatz 2 Satz 3 und Satz 5 werden jeweils die Wörter „des Betroffenen“ durch die Wörter „der betroffenen Person“ ersetzt.

c) § 10 Abs. 3 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 sind spätestens 10 Jahre, über Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 und 4 sind spätestens 15 Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, der Leiter der Verfassungsschutzabteilung stellt im Einzelfall fest, dass die weitere Speicherung zur Aufgabenerfüllung oder zur Wahrung schutzwürdiger Belange der betroffenen Person erforderlich ist.“

6. § 11 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 2 werden die Wörter „dem Betroffenen“ durch die Wörter „der betroffenen Person“ ersetzt.

b) In Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 werden jeweils die Wörter „des Betroffenen“ durch die Wörter „der betroffenen Person“ ersetzt.

c) In Absatz 3 Satz 1 werden die Wörter „des Betroffenen“ durch die Wörter „der betroffenen Person“ ersetzt.

7. § 12 wird wie folgt geändert:

a) In der Überschrift wird das Wort "Dateianordnungen" durch das Wort "Verfahrensverzeichnis" ersetzt.

b) Absatz 1 erhält folgende neue Fassung:

"(1) Beim Einsatz eines Verfahrens zur automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten ist bei dem für den behördlichen Datenschutzbeauftragten bestimmten Verzeichnis § 8 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen zu beachten."

c) Der bisherige Absatz 2 wird aufgehoben.

d) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 2.

8. § 14 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 werden die Wörter "dem Antragsteller" durch die Wörter "der antragstellenden Person" und das Wort "seiner" durch das Wort "ihrer" ersetzt.

b) In Absatz 4 Satz 3 werden die Wörter "der Betroffene" durch die Wörter "die betroffene Person" und das Wort "er" durch das Wort "sie" ersetzt.

In Satz 6 werden die Wörter "eines Betroffenen, dem" durch die Wörter "einer betroffenen Person, der" ersetzt.

9. In § 15 Abs. 2 werden die Wörter "des Betroffenen" durch die Wörter "der betroffenen Person" ersetzt.

10. § 16 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Satz 2 erhält folgende Fassung:

"Staatsanwaltschaften, Polizeibehörden sowie die Ausländerbehörden übermitteln von sich aus der Verfassungsschutzbehörde ihnen bekannt gewordene Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Informationen und deren Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich sind; die übrigen in Satz 1 genannten Behörden, Einrichtungen und juristischen Personen können diese Übermittlungen vornehmen."

b) In Absatz 2 werden die Wörter "den Betroffenen" durch die Wörter "die betroffene Person" ersetzt.

c) In Absatz 3 Satz 1 werden die Wörter "der Betroffene" durch die Wörter "die betroffene Person" ersetzt.

d) In Absatz 5 Satz 1 werden die Wörter "§ 2" durch die Wörter "§ 3" und in Satz 2 werden die Wörter "§ 7 Abs. 3 und 4" durch die Wörter "§ 4" ersetzt.

11. § 17 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 3 Satz 2 werden die Wörter "des Betroffenen" durch die Wörter "der betroffenen Person" ersetzt.

b) In Absatz 3 wird nach Satz 3 folgender Satz 4 eingefügt:

"Die Übermittlung der von einer Ausländerbehörde empfangenen Daten unterbleibt, es sei denn, die Übermittlung ist völkerrechtlich geboten."

Die bisherigen Sätze 4 und 5 werden Sätze 5 und 6.

c) Am Ende des Absatzes 4 werden folgende Sätze angefügt:

"Die Übermittlung der personenbezogenen Daten ist der betroffenen Person durch die Verfassungsschutzbehörde mitzuteilen, sobald eine Gefährdung ihrer Aufgabenerfüllung durch die Mitteilung nicht mehr zu besorgen ist. Die Zustimmung des Innenministers sowie das Führen eines Nachweises nach Satz 2 ist nicht erforderlich, wenn personenbezogene Daten durch die Verfassungsschutzbehörde zum Zweck von Datenerhebungen an andere Stellen übermittelt werden."

12. In § 19 Nr. 1 werden die Wörter "des Betroffenen" durch die Wörter "der betroffenen Person" ersetzt.

13. § 25 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Satz 3 wird aufgehoben.

b) Nach Absatz 1 wird ein neuer Absatz 2 eingefügt:

"(2) Die Landesregierung hat dem Kontrollgremium im Rahmen der Unterrichtung nach Absatz 1 auf Verlangen Einsicht in Akten und Dateien der Verfassungsschutzbehörde zu geben und die Anhörung von Mitarbeitern der Verfassungsschutzbehörde zu gestatten. Das Kontrollgremium hat ein jederzeitiges Zutrittsrecht zu den Dienst-räumen der Verfassungsschutzbehörde. Es kann diese Rechte durch ein Mitglied oder mehrere Mitglieder wahrnehmen."

c) Nach Absatz 2 wird ein neuer Absatz 3 eingefügt:

"(3) Die Verpflichtung der Landesregierung nach den Absätzen 1 und 2 erstreckt sich nur auf Informationen und Gegenstände, die der Verfügungsberechtigung der Verfassungsschutzbehörde unterliegen. Die Landesregierung kann die Unterrichtung nach den Absätzen 1 und 2 nur verweigern, wenn dies aus zwingenden Gründen des Nachrichtenzuganges oder aus Gründen des Schutzes von Persönlichkeitsrechten Dritter notwendig ist oder wenn der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung betroffen ist. Lehnt die Landesregierung eine Unterrichtung ab, so hat der Innenminister dies dem Kontrollgremium auf dessen Wunsch zu begründen."

d) Nach Absatz 3 wird ein neuer Absatz 4 eingefügt:

"(4) Das Kontrollgremium kann mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder nach Anhörung der Landesregierung im Einzelfall einen Sachverständigen beauftragen, zur Wahrnehmung seiner Kontrollaufgaben Untersuchungen durchzuführen. Der Sachverständige hat dem Kontrollgremium über das Ergebnis der Untersuchungen zu berichten; § 26 Abs. 2 gilt entsprechend."

e) Nach Absatz 4 wird ein neuer Absatz 5 eingefügt:

"(5) Das parlamentarische Kontrollgremium kann dem Landesbeauftragten für den Datenschutz Gelegenheit zur Stellungnahme in Fragen des Datenschutzes geben."

f) Nach Absatz 5 wird ein neuer Absatz 6 eingefügt:

"(6) Angehörigen der Verfassungsschutzbehörde ist es gestattet, sich in dienstlichen Angelegenheiten, jedoch nicht im eigenen oder im Interesse anderer Angehöriger dieser Behörde, mit Eingaben an das Kontrollgremium zu wenden, soweit der Leiter der Verfassungsschutzbehörde entsprechenden Eingaben nicht gefolgt ist. An den Landtag gerichtete Eingaben von Bürgern über ein sie betreffendes Verhalten der Verfassungsschutzbehörde können dem Kontrollgremium zur Kenntnis gegeben werden."

g) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 7

h) Der bisherige Absatz 4 wird Absatz 8

10

Artikel 2

Neufassung des Gesetzes
über die Ausführung des Gesetzes
zu Artikel 10 Grundgesetz (AG G 10 NRW)

§ 1
Antragsberechtigte Stelle

(1) Oberste Landesbehörde im Sinne des § 10 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz) ist das Innenministerium. Die Anordnung ergeht durch den Innenminister oder seinen Stellvertreter.

(2) Antragsberechtigt gem. § 9 Abs. 2 Nr. 2 des Artikel 10-Gesetzes ist der Leiter der Verfassungsschutzabteilung des Innenministeriums.

§ 2
Parlamentarische Kontrolle

Das Innenministerium unterrichtet das nach dem Gesetz über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen bestellte Kontrollgremium in Abständen von höchstens sechs Monaten über die Durchführung des Artikel 10-Gesetzes, soweit sie von ihm zu verantworten ist.

§ 3
G 10-Kommission

(1) Zur Kontrolle der Beschränkungsmaßnahmen des Innenministeriums bestellt das in § 2 genannte Gremium nach Anhörung der Landesregierung für die Dauer der Wahlperiode des Landtags eine Kommission (G 10-Kommission). Die G 10-Kommission besteht aus dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen muss, und drei Beisitzern sowie vier stellvertretenden Mitgliedern, die an den Sitzungen mit Rede- und Fragerecht teilnehmen können. Die Mitglieder der G 10-Kommission sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen. Sie nehmen ein öffentliches Ehrenamt wahr und werden von dem in § 2 genannten Gremium unverzüglich nach Anhörung der Landesregierung für die Dauer der Wahlperiode des Landtags mit der Maßgabe bestellt, dass ihre Amtszeit erst mit der Neubestimmung der Mitglieder der G 10-Kommission nach Ablauf der Wahlperiode endet. Das in § 2 genannte Gremium bestellt aus den Mitgliedern der Kommission den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter. Für jedes Mitglied der G 10-Kommission wird ein Vertreter bestellt. Die G 10-Kommission tagt in Abständen von höchstens drei Monaten

(2) Die Beratungen der G 10-Kommmission sind geheim. Ihre Mitglieder sind zur Geheimhaltung aller Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Kommission bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission.

(3) Der G 10-Kommission ist die für ihre Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen; sie ist im Einzelplan des Landtags gesondert auszuweisen. Der Kommission sind bei Bedarf Mitarbeiter mit technischem Sachverstand zur Verfügung zu stellen.

(4) Die G 10-Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des in § 2 genannten Gremiums bedarf. Vor der Zustimmung ist die Landesregierung zu hören.

(5) Die G 10-Kommission entscheidet von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen. Die Kontrollbefugnis der G 10-Kommission erstreckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der durch die Beschränkungsmaßnahmen erlangten personenbezogenen Daten einschließlich der Entscheidung über die Mitteilung an Betroffene. Der G 10-Kommission und ihren Mitarbeitern ist dabei insbesondere

1. Auskunft zu ihren Fragen zu erteilen,

2. Einsicht in alle Unterlagen, insbesondere in die gespeicherten Daten und in die Datenverarbeitungsprogramme, zu gewähren, die im Zusammenhang mit der Beschränkungsmaßnahme stehen, und

3. jederzeit Zutritt in alle Diensträume zu gewähren.

Die G 10-Kommission kann dem Landesbeauftragten für den Datenschutz Gelegenheit zur Stellungnahme in Fragen des Datenschutzes geben. Auf § 24 Abs. 2 Satz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes wird verwiesen.

(6) Das Innenministerium unterrichtet die G 10-Kommission unverzüglich über die von ihm angeordneten Beschränkungsmaßnahmen vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzuge kann es den Vollzug der Beschränkungsmaßnahmen auch bereits vor der Unterrichtung der G 10-Kommission anordnen. Anordnungen, die die G 10-Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat der Innenminister unverzüglich aufzuheben.

(7) Beschlüsse der G 10-Kommission bedürfen der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Die Kommission unterrichtet das nach § 2 Abs. 1 bestellte Gremium über die von ihr gefassten Beschlüsse.

(8) Die Mitglieder der G 10-Kommission erhalten eine Arbeitsaufwandsentschädigung, Sitzungstagegelder und Ersatz der Reisekosten nach Maßgabe einer von der Landesregierung zu erlassenden Rechtsverordnung.

§ 4
Prüf-, Kennzeichnungs- und Löschungspflichten,
Übermittlungen, Zweckbindung

(1) Die erhebende Stelle prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die erhobenen personenbezogenen Daten im Rahmen ihrer Aufgaben allein oder zusammen mit bereits vorliegenden Daten für die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Artikel 10-Gesetzes bestimmten Zwecke erforderlich sind. Soweit die Daten für diese Zwecke nicht erforderlich sind und nicht für eine Übermittlung an andere Stellen benötigt werden, sind sie unverzüglich unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen.

Die Löschung ist zu protokollieren. Sie unterbleibt, soweit die Daten für eine Mitteilung nach § 12 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes oder für eine gerichtliche Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Beschränkungsmaßnahme von Bedeutung sein können. In diesem Fall sind die Daten zu sperren; sie dürfen nur zu diesen Zwecken verwendet werden.

(2) Die verbleibenden Daten sind zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch den Empfänger aufrecht zu erhalten. Die Daten dürfen nur zu den in Absatz 4 und § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Artikel 10-Gesetzes genannten Zwecken verwendet werden.

(3) Der Leiter der Verfassungsschutzabteilung des Innenministeriums oder sein Stellvertreter kann anordnen, dass bei der Übermittlung auf die Kennzeichnung verzichtet wird, wenn dies unerlässlich ist, um die Geheimhaltung einer Beschränkungsmaßnahme nicht zu gefährden, und die G 10-Kommission zugestimmt hat. Bei Gefahr im Verzuge kann die Anordnung bereits vor der Zustimmung getroffen werden. Wird die Zustimmung versagt, ist die Kennzeichnung durch den Übermittlungsempfänger unverzüglich nachzuholen; die übermittelnde Behörde hat ihn hiervon zu unterrichten.

(4) Die Daten dürfen übermittelt werden

1. zur Verhinderung oder Aufklärung von Straftaten, wenn

a) tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand eine der in § 3 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant oder begeht,

b) bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine sonstige in § 7 Abs. 4 Satz 1 des Artikel 10-Gesetzes genannte Straftat plant oder begeht,

2. zur Verfolgung von Straftaten, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in Nummer 1 bezeichnete Straftat begeht oder begangen hat, oder

3. zur Vorbereitung und Durchführung eines Verfahrens nach Artikel 21 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes oder einer Maßnahme nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Vereinsgesetzes, soweit sie zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich sind.

(5) Sind mit personenbezogenen Daten, die übermittelt werden dürfen, weitere Daten Betroffener oder Dritter in den Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig; eine Verwendung dieser Daten ist unzulässig. Über die Übermittlung entscheidet ein Bediensteter der übermittelnden Stelle, der die Befähigung zum Richteramt hat. Die Übermittlung ist zu protokollieren.

(6) Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für die Zwecke verwenden, zu deren Erfüllung sie ihm übermittelt worden sind. Er prüft unverzüglich, und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die übermittelten Daten für diese Zwecke erforderlich sind. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Empfänger unterrichtet die übermittelnde Stelle unverzüglich über die erfolgte Löschung.

§ 5
Kontrolle der Mitteilung
an Betroffene durch die G 10-Kommission

(1) Beschränkungsmaßnahmen sind Betroffenen durch das Innenministerium nach ihrer Einstellung mitzuteilen, wenn eine Gefährdung des Zwecks der Beschränkung ausgeschlossen werden kann. Lässt sich in diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt, ist die Mitteilung vorzunehmen, sobald eine Gefährdung des Zwecks der Beschränkung ausgeschlossen werden kann. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn die G 10-Kommission einstimmig festgestellt hat, dass

1. diese Voraussetzung auch nach fünf Jahren nach Beendigung der Maßnahme noch nicht eingetreten ist,

2. sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht eintreten wird und

3. die Voraussetzungen für eine Löschung sowohl bei der erhebenden Stelle als auch beim Empfänger vorliegen.

(2) Das Innenministerium unterrichtet vierteljährlich die G10-Kommission über die von ihm vorgenommenen Mitteilungen an Betroffene gem. Absatz 1 oder über die Gründe, die einer Mitteilung entgegenstehen. Hält die G10-Kommission eine Mitteilung für geboten, so ist diese unverzüglich vorzunehmen.

Artikel 3

In-Kraft-Treten

(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz über die Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 11. März 1969 (GV. NRW S. 146), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. November 1986 (GV. NRW. S. 679), außer Kraft. Die §§ 5a, 7 Abs. 4 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen treten am 1. Januar 2007 außer Kraft. Die §§ 10 Abs. 3 und 16 Abs. 1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen gelten vom gleichen Tag an wieder in ihrer am 1. Januar 2002 geltenden Fassung.

(2) Die in Absatz 1 Satz 2 und 3 genannten Regelungen sind vor Ablauf der Befristung zu evaluieren.

Düsseldorf, den 18. Dezember 2002

Die Landesregierung
des Landes Nordrhein-Westfalen

Peer S t e i n b r ü c k

(L. S.)

Der Innenminister

Dr. Fritz B e h r e n s

GV. NRW. 2003 S. 2