Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2011 Nr. 34 vom 30.12.2011 Seite 725 bis 732

 

Gesetz zur Einführung von islamischem Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach (7. Schulrechtsänderungsgesetz)

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Gesetz
zur Einführung von islamischem Religionsunterricht
als ordentliches Lehrfach (7. Schulrechtsänderungsgesetz)

 

Vom 22. Dezember 2011

 

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

 

Gesetz
zur Einführung von islamischem Religionsunterricht
als ordentliches Lehrfach (7. Schulrechtsänderungsgesetz)

 

Artikel 1

 

Das Schulgesetz NRW vom 15. Februar 2005 (GV. NRW. S. 102), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Oktober 2011 (GV. NRW. S. 540), wird wie folgt geändert:

 

1. In der Inhaltsübersicht wird nach § 132 eingefügt:

„§ 132 a Übergangsvorschrift zur Einführung von islamischem Religionsunterricht“.

 

2. Nach § 132 wird folgender § 132 a eingefügt:

㤠132 a
Übergangsvorschrift zur Einführung von islamischem Religionsunterricht

(1) Besteht auf Grund der Zahl der in Betracht kommenden Schülerinnen und Schüler Bedarf, islamischen Religionsunterricht im Sinne von § 31 einzuführen, aber noch keine entsprechende Religionsgemeinschaft im Sinne von Artikel 14 und 19 Landesverfassung und Artikel 7 Absatz 3 Grundgesetz, kann das Ministerium übergangsweise bei der Einführung und Durchführung mit einer Organisation oder mehreren Organisationen zusammenarbeiten, die Aufgaben wahrnehmen, die für die religiöse Identität ihrer Mitglieder oder Unterorganisationen wesentlich sind oder die von diesen für die Durchführung des Religionsunterrichts bestimmt worden sind. Die Organisationen müssen eigenständig, bei der Zusammenarbeit staatsunabhängig sein und die Gewähr dafür bieten,

1. dem Land bei der Veranstaltung des Religionsunterrichts auf absehbare Zeit als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen,

2. die in Artikel 7 Absatz 3 Grundgesetz umschriebenen Verfassungsprinzipien, die dem staatlichen Schutz anvertrauten Grundrechte der Schülerinnen und Schüler sowie die Grundprinzipien des freiheitlichen Religions- und Staatskirchenrechts des Grundgesetzes zu achten.

Vertreten mehrere Organisationen das gleiche Bekenntnis oder verwandte Bekenntnisse, soll das Ministerium eine Zusammenarbeit mit ihnen gemeinsam anstreben.

 

(2) Wenn islamischer Religionsunterricht nach Absatz 1 in einer Ausbildungs- und Prüfungsordnung vorgesehen und an einer Schule eingerichtet ist, nehmen die Schülerinnen und Schüler daran teil, deren Eltern bei der Schulanmeldung schriftlich erklärt haben, dass ihr Kind muslimisch ist und an dem islamischen Religionsunterricht nach Absatz 1 teilnehmen soll.

 

(3) Eine Schülerin oder ein Schüler ist von der Teilnahme an dem islamischen Religionsunterricht nach Absatz 1 auf Grund der Erklärung der Eltern oder – bei Religionsmündigkeit – auf Grund eigener Erklärung befreit. Die Erklärung ist der Schule schriftlich zu übermitteln.

 

(4) Das Ministerium bildet einen Beirat, der die Anliegen und die Interessen der islamischen Organisationen bei der Einführung und der Durchführung des islamischen Religionsunterrichts nach Absatz 1 als ordentliches Unterrichtsfach vertritt. Der Beirat stellt fest, ob der Religionsunterricht den Grundsätzen im Sinne des Artikels 7 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz entspricht. Er ist an der Erstellung der Unterrichtsvorgaben, der Auswahl der Lehrpläne und Lehrbücher und der Bevollmächtigung von Lehrerinnen und Lehrern zu beteiligen. Eine ablehnende Entscheidung ist nur aus religiösen Gründen zulässig, die dem Ministerium schriftlich darzulegen sind.

 

(5) Der Beirat setzt sich wie folgt zusammen:

1. vier theologisch, religionspädagogisch oder islamwissenschaftlich qualifizierte Vertreterinnen und Vertreter der organisierten Muslime, die von den islamischen Organisationen in Nordrhein-Westfalen oder von deren Zusammenschluss bestimmt werden,

2. vier weitere Vertreterinnen und Vertreter, und zwar jeweils zwei theologisch, religionspädagogisch oder islamwissenschaftlich qualifizierte muslimische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und zwei muslimische Religionsgelehrte, die vom Ministerium im Einvernehmen mit den islamischen Organisationen in Nordrhein-Westfalen oder deren Zusammenschluss bestimmt werden.

 

Er wählt aus seiner Mitte eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden.

 

(6) Die Amtszeit der Mitglieder beträgt drei Jahre. Ihre Tätigkeit erfolgt ehrenamtlich. Reisekosten werden in Anwendung der landesrechtlichen Bestimmungen erstattet. Sie erhalten außerdem eine vom Ministerium festzusetzende Aufwandsentschädigung.

 

(7) Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung. Für Beschlüsse ist die Mehrheit der Mitglieder erforderlich. Die Geschäftsführung übernimmt eine vom Ministerium im Benehmen mit dem Beirat benannte Person.

 

Artikel 2

 

Inkrafttreten

 

Dieses Gesetz tritt am 1. August 2012 in Kraft. Es tritt am 31. Juli 2019 außer Kraft. Die Einführung von islamischem Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach wird wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Das Ministerium berichtet dem Landtag darüber bis zum 31. Juli 2018.

 

Düsseldorf, den 22. Dezember 2011

 

 

Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen

 

Die Ministerpräsidentin

Hannelore  K r a f t

(L. S.)

Die Ministerin
für Schule und Weiterbildung

Sylvia  L ö h r m a n n

 

Der Finanzminister

Dr. Norbert  W a l t e r-B o r j a n s

 

Der Minister
für Arbeit, Integration und Soziales

Guntram  S c h n e i d e r

 

Die Ministerin
für Innovation, Wissenschaft und Forschung

Svenja  S c h u l z e

 

GV. NRW. 2011 S. 728