Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2006 Nr. 15 vom 29.6.2006 Seite 249 bis 276

 

Gesetz zur Neuordnung der Finanzierungsbeteiligung zum Schwangerschaftskonfliktgesetz (Neufin SchKG)

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Gesetz zur Neuordnung der Finanzierungsbeteiligung zum
Schwangerschaftskonfliktgesetz (Neufin SchKG)

 

Vom 23. Mai 2006

 

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Gesetz zur Neuordnung der Finanzierungsbeteiligung zum
Schwangerschaftskonfliktgesetz (Neufin SchKG)

 

Artikel I

 

Ausführungsgesetz zum Schwangerschaftskonfliktgesetz
(Schwangerschaftskonfliktausführungsgesetz NRW - AG SchKG)

 

§ 1
Zweck des Gesetzes

(1) Zweck dieses Gesetzes ist es, ein ausreichendes plurales Angebot wohnortnaher Beratungsstellen nach § 3 Schwangerschaftskonfliktgesetz - SchKG - vom 27. Juli 1992 (BGBl. I S. 1398), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. August 1995 (BGBl. I S. 1050), und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen nach § 8 SchKG sicherzustellen.

(2) Das Gesetz regelt die öffentliche Förderung von Beratungsstellen nach § 4 SchKG.

 

§ 2
Beratung

Die Beratung nach dem SchKG erfolgt durch Fachkräfte der Beratungsstellen nach § 3 SchKG und Fachkräfte der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sowie durch staatlich anerkannte Ärztinnen und Ärzte nach § 8 SchKG.

 

§ 3
Voraussetzungen für die Förderung von Beratungsstellen

(1) Beratungsstellen werden ausschließlich auf Antrag und ausschließlich bis zum Erreichen des Versorgungsschlüssels von einer Beratungsfachkraft oder einem anerkannten Arzt oder einer anerkannten Ärztin auf 40.000 Einwohner je Versorgungsgebiet gefördert (Versorgungsschlüssel).

 

(2) Auf den Versorgungsschlüssel werden die staatlich anerkannten Ärztinnen und Ärzte mit einem Anteil von bis zu 25 v.H. angerechnet.

 

(3) Die Fachkraftstellen landesweit tätiger Beratungsstellen tragen zu gleichen Teilen zur Erfüllung des Versorgungsschlüssels in den Versorgungsgebieten bei.

 

(4) Beratungsstellen, die insgesamt mit weniger als einer halben Fachkraftstelle ausgestattet sind, werden bei der Förderung nicht berücksichtigt.

 

(5) Geförderte Beratungsstellen können außer den in § 2 bzw. §§ 5, 6 SchKG genannten Aufgaben der individuellen Beratung die vorbeugende Arbeit auf den Gebieten der Sexualpädagogik und Familienplanung auch in Gruppenveranstaltungen und außerhalb der Beratungsstelle anbieten.

 

§ 4
Versorgungsgebiete

Die Beratungsstellen sind Versorgungsgebieten zugeordnet. Die Versorgungsgebiete entsprechen den Regierungsbezirken.

 

§ 5
Umfang der Förderung

Die Landesförderung nach § 4 Abs. 2 SchKG beträgt 80 v.H. der angemessenen Personal- und Sachkosten der Fachkräfte und Verwaltungskräfte der Beratungsstellen, soweit die Stellen zur Erfüllung des Versorgungsschlüssels erforderlich sind (Kontingent). Die Förderung soll pauschaliert erfolgen.

 

§ 6
Trägergruppen

Trägergruppen sind Gemeinden (GV) oder Gruppen einzelner Träger, die sich zu einem Verbund zusammengeschlossen haben und ein gleiches inhaltliches Beratungskonzept haben oder eine Gruppe von Trägern, die sich einem bestimmten Spitzenverband angeschlossen hat.

 

§ 7
Auswahlkriterien bei Überversorgung

(1) Liegen unter Berücksichtigung der anerkannten Ärztinnen und Ärzte gemäß § 3 Abs. 2 mehr Anträge in einem Versorgungsgebiet vor, als zur Erfüllung des in § 3 Abs. 1 genannten Versorgungsschlüssels erforderlich sind, soll in jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt mindestens jeweils eine Fachkraftstelle zweier verschiedener Trägergruppen oder einzelner Träger gefördert werden.

 

(2) Bei der Verteilung der zu fördernden Fachkraftstellen soll die Anzahl der Fachkraftstellen pro Trägergruppe möglichst gleich hoch sein.

 

(3) Für die Auswahl zwischen den Beratungsstellen einer Trägergruppe oder einzelner Träger gelten folgende in einer Rangfolge dargestellte Kriterien:

a) In jedem Versorgungsgebiet soll eine gleichmäßige regionale Verteilung der Beratungsstellen einer Trägergruppe oder eines einzelnen Trägers gewährleistet werden.

b) Im Übrigen erfolgt die Auswahl nach fachlichem Ermessen, wobei auch die Nachfrage, die Größe der Einrichtung gemessen an Fachkraftstellen und ihre Kooperationen mit anderen Diensten berücksichtigt werden sollen.

 

§ 8
Bestandsschutz

(1) Die Anzahl der zu fördernden Fachkraftstellen und ihre Verteilung auf die zu fördernden Beratungsstellen wird alle fünf Jahre zu Beginn des auf die Antragstellung folgenden Jahres überprüft und neu festgelegt.

 

(2) Fallen innerhalb der fünf Jahre Fachkraftstellen einer Trägergruppe oder eines Trägers weg und hat diese oder dieser weitere Fachkraftstellen im gleichen Versorgungsgebiet beantragt, so werden die beantragten Fachkraftstellen bis zur Höhe der weggefallenen Fachkraftstellen zu Beginn des auf die Antragstellung folgenden Jahres in die Förderung aufgenommen. Die Auswahl erfolgt nach den in § 7 genannten Kriterien. Beantragt die Trägergruppe oder der einzelne Träger der weggefallenen Fachkraftstellen keine neuen Stellen, werden die weggefallenen Fachkraftstellen den anderen Trägergruppen oder einzelnen Trägern im Versorgungsgebiet angeboten. Die Auswahl erfolgt nach den in § 7 genannten Kriterien.

 

(3) Gibt es innerhalb des in Absatz 1 genannten Zeitraums Abweichungen von mehr als 5 vom Hundert vom Versorgungsschlüssel, wird die Überprüfung der Anzahl der zu fördernden Fachkraftstellen und die Festlegung der zu fördernden Beratungsstellen zu Beginn des auf die Antragstellung folgenden Jahres vorgenommen.

 

(4) Stellt innerhalb des in Absatz 1 genannten Zeitraums ein bisher nicht vertretener einzelner Träger oder ein Träger einer bisher nicht vertretenen Trägergruppe einen Antrag auf Förderung, wird zu Beginn des auf die Antragstellung folgenden Jahres die Anzahl der zu fördernden Fachkraftstellen und ihre Verteilung auf die zu fördernden Beratungsstellen neu festgelegt, sofern der Antrag bei der letzten Verteilung der Fachkraftstellen gemäß § 7 zu einer geänderten Verteilung geführt hätte.

 

(5) Der Bestandsschutz der neu eingerichteten Stellen nach den Absätzen 2 und 4 beschränkt sich auf den Zeitraum, der bis zum nächsten Überprüfungszeitraum nach Absatz 1 vorgesehen ist.

 

§ 9
Ermächtigung

Die für Schwangerschaftsberatung zuständige oberste Landesbehörde wird ermächtigt durch Rechtsverordnung, im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und nach Anhörung des für Familie zuständigen Ausschusses, das Nähere zum Verfahren und zur Bemessung der Förderung nach diesem Gesetz zu regeln.

Dazu gehören vor allem:

1. die zuständige Behörde sowie das Antragsverfahren,

2. die Grundlage für die Berechnung und Anwendung des Versorgungsschlüssels gemäß § 3 sowie

3. die Angemessenheit der Personal- und Sachkosten nach § 5.

 

§ 10
In-Kraft-Treten, Berichtspflicht

 

Dieses Gesetz tritt am ersten Tage des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft. Die Landesregierung berichtet dem Landtag bis zum 1. Juli 2011 über die Erfahrungen mit diesem Gesetz.

 

Artikel 2

 

Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen über die Finanzierungsbeteiligung an den Kosten der allgemeinen Beratungsstellen gemäß § 3 Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG)
sowie Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen gemäß § 8 SchKG (Verordnung zum Ausführungsgesetz zum Schwangerschaftskonfliktgesetz - VO AG SchKG -)

Aufgrund des § 9 des Ausführungsgesetzes zum Schwangerschaftskonfliktgesetz (Schwangerschaftskonfliktausführungsgesetz NRW - AG SchKG) vom 23. Mai 2006 (GV. NRW. S. 268) wird verordnet:

 

§ 1
Sachlicher Geltungsbereich

Die Verordnung gilt für die Finanzierungsbeteiligung des Landes Nordrhein-Westfalen an den Kosten der Beratungsstellen nach § 3 SchKG sowie der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen nach § 8 SchKG gemäß dem Ausführungsgesetz zum Schwangerschaftskonfliktgesetz (AG SchKG).

 

§ 2
Zuständige Behörde

Zuständige Behörden sind die Landschaftsverbände.

 

§ 3
Verfahren

(1) Die Anträge sind jährlich zu einem von den zuständigen Behörden zu bestimmenden Termin zu stellen. Durch einen Festsetzungsbescheid wird die Höhe der Finanzierungsbeteiligung für ein Kalenderjahr bestimmt. Die Auszahlung erfolgt nach den Regelungen im Festsetzungsbescheid. Über bewilligte, aber nicht in Anspruch genommene Stellen wird im Folgejahr entschieden.

 

(2) Die Leistungsempfänger haben eine Verwendungserklärung zu erbringen. Bestandteil dieser Erklärung ist die Vorlage der für das Berichtswesen erforderlichen Jahreserhebung.

 

(3) Die Leistungsempfänger haben nicht verbrauchte oder nicht nachgewiesene Pauschalmittel auf Aufforderung der zuständigen Behörde an die Landeskasse zurückzuzahlen. Zurückzuzahlende Beträge sind mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

 

(4) Der Landesrechnungshof ist berechtigt, bei den Leistungsempfängern zu prüfen, ob die Mittel bestimmungsgemäß verwendet wurden.

 

§ 4
Angemessenheit der Sachkosten

Die angemessenen Sachkosten gemäß § 5 Schwangerschaftskonfliktausführungsgesetz werden auf Grundlage des erforderlichen sachlichen Bedarfs in Abstimmung mit den in § 6 AG SchKG genannten Trägergruppen bzw. einzelner Träger als Pauschale bestimmt. Sie wird für die Beschäftigten einer Beratungsstelle pro Vollzeitäquivalent (Addition der Stellenanteile mit dem jeweiligen Stundenumfang im Jahr – VZÄ) bestimmt.

 

§ 5
Angemessenheit der Personalkosten

(1) Zur Bestimmung der Angemessenheit der Personalkosten werden die zu berücksichtigenden Beschäftigten, soweit sie vor dem In-Kraft-Treten des Schwangerschaftskonfliktausführungsgesetz angestellt wurden, entsprechend ihrer Ausbildungsvoraussetzungen und Tätigkeitsmerkmale fiktiv den Vergütungsgruppen I b, II a, IV a, IV b, V b, VI b des Bundesangestelltentarifs des Landes (BAT/Land) zugeordnet. Die ab dem In-Kraft-Treten des Schwangerschaftskonfliktausführungsgesetz neu eingestellten Beratungsfachkräfte werden fiktiv der Vergütungsgruppe IV b BAT/Land, die Verwaltungskräfte fiktiv der Vergütungsgruppe VI b BAT/Land zugeordnet. Eine Vergütung nach IV a BAT/Land wird berücksichtigt, wenn die Fachkraft eine Einrichtung mit insgesamt mindestens drei vollen Stellen für Beratungsfachkräfte leitet.

 

(2) Zu den Honorarkosten für die nach § 6 Abs. 3 SchKG erforderliche Hinzuziehung weiterer Fachkräfte erfolgt eine pauschalierte Finanzierungsbeteiligung in Höhe von 80 v.H. der Kosten.

 

(3) Die Anzahl der Verwaltungskräfte, für die das Land die Kosten zu tragen hat, steht - auf Grundlage von Vollzeitäquivalenten - in Relation zu den Beratungsfachkräften. Und zwar:

- bei Beratungsstellen mit 2 oder weniger VZÄ-Beratungsfachkräften im Umfang von 0,5 Stellen je VZÄ-Beratungsfachkraft,

- bei Beratungsstellen mit mehr als 2 VZÄ-Beratungsfachkräften im Umfang von 0,5 Stellen je VZÄ-Beratungsfachkraft für bis zu 2 VZÄ-Beratungsfachkräfte und für die weiteren VZÄ-Beratungsfachkräfte im Umfang von 0,3 Stellen. Für Außenstellen von Beratungsstellen erfolgt diese Berechnung der angemessenen Personalkosten getrennt. Beratungsfachkräfte von Nebenstellen werden bei der Hauptstelle berücksichtigt.

 

§ 6
Grundlagen für die Berechnung des Versorgungsschlüssels

(1) Der Versorgungsschlüssel gemäß § 3 Abs. 1 Schwangerschaftskonfliktausführungsgesetz wird auf Grundlage der jeweils aktuellen Bevölkerungsstatistik des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen berechnet. Die Anzahl der Beratungsfachkraftstellen, die nach dem Versorgungsschlüssel zu fördern sind, wird auf eine Dezimalstelle hinter dem Komma gerundet.

 

(2) Für die Feststellung, ob der Versorgungsschlüssel in den einzelnen Versorgungsgebieten erfüllt ist, wird die Anzahl der in den Förderanträgen beantragten Vollzeitstellen zusammen mit den Anteilen der beantragten Teilzeitstellen mit dem Kontingent (§ 5 Schwangerschaftskonfliktausführungsgesetz) verglichen.

 

§ 7
In-Kraft-Treten, Berichtspflicht

Diese Verordnung tritt am ersten Tage des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft. Das Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration berichtet dem Landtag bis zum 1. Juli 2011 über die Erfahrungen mit dieser Verordnung.

 

Artikel 3

 

Wiederherstellung des Verordnungsranges

 

Die in diesem Gesetz erlassene Rechtsverordnung kann aufgrund der einschlägigen Verordnungsermächtigung durch Rechtsverordnung geändert werden.

 

Artikel 4

 

In-Kraft-Treten

 

Artikel 3 dieses Gesetzes tritt am ersten Tage des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.

 

Düsseldorf, den 23. Mai 2006

 

 

Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen

 

Der Ministerpräsident

Dr. Jürgen  R ü t t g e r s

(L. S.)

Der Finanzminister

Dr. Helmut  L i n s s e n

 

Der Innenminister

Dr. Ingo  W o l f

 

Für den
Minister
für Arbeit, Gesundheit und Soziales
der Minister
für Bundes- und Europaangelegenheiten

Michael  B r e u e r

 

Die Justizministerin

Roswitha  M ü l l e r-P i e p e n k ö t t e r

 

Der Minister
für Generationen, Familie,
Frauen und Integration

Armin  La s c h e t

GV. NRW. 2006 S. 267