Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2015 Nr. 20 vom 30.4.2015 Seite 373 bis 410

 

Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Desinfektorinnen und Desinfektoren (APO-Desinf.)

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Ausbildungs- und Prüfungsordnung
für Desinfektorinnen und Desinfektoren
(APO-Desinf.)

Vom 14. April 2015

Auf Grund des § 1 Absatz 1 des Gesundheitsfachberufeweiterentwicklungsgesetzes vom 6. Oktober 1987 (GV. NRW. S. 342), der zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 20. November 2007 (GV. NRW. S. 572) geändert worden ist, verordnet das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres und Kommunales:

§ 1
Aufgaben

Desinfektorinnen und Desinfektoren wirken im Auftrag von Ärztinnen und Ärzten oder anderen befugten Fachpersonen durch Beratung und Durchführung von Desinfektions- und Sterilisationsmaßnahmen an der Gesundheitsvorsorge, der Gesundheitshilfe, der Epidemiologie und der Verhütung sowie Bekämpfung von Gesundheitsgefährdungen und Krankheiten mit.

§ 2
Zuständigkeit

Das Landesprüfungsamt für Medizin, Psychotherapie und Pharmazie Nordrhein-Westfalen (Landesprüfungsamt) ist die zuständige Behörde für die Durchführung dieser Verordnung. Die Bezirksregierungen sind zuständig für die staatliche Anerkennung nach § 3.

§ 3
Ausbildungsstätten

(1) Die Ausbildung wird an Ausbildungsstätten für Desinfektorinnen und Desinfektoren durchgeführt, die staatlich anerkannt sind.

(2) Eine Ausbildungsstätte für Desinfektorinnen und Desinfektoren ist staatlich anzuerkennen, wenn sie

1. von einer Biologin, einem Biologen, einer Ärztin, einem Arzt oder einer Leitungskraft mit vergleichbarer fachlicher Qualifikation geleitet wird,

2. über die erforderliche Anzahl von geeigneten Lehrkräften für den Unterricht nach Anlage 1 verfügt,

3. je Lehrgang für die praktische Ausbildung nach dem Unterrichtsplan über mindestens 20 Ausbildungsplätze unter Anleitung verfügt,

4. eine enge Verbindung der theoretischen und praktischen Ausbildung im Unterrichtsplan und in der Lehrgangsordnung nachweist,

5. über die für die Ausbildung erforderlichen Räume, Einrichtungen und die sonstigen für einen ordnungsgemäßen Unterricht erforderlichen Voraussetzungen und

6. über einen Kooperationsvertrag mit einem mikrobiologischen Labor verfügt, das humanpathogene Erreger diagnostiziert.

§ 4
Dauer und Gestaltung der Lehrgänge

(1) Die Mindestdauer der Ausbildung beträgt 130 Stunden. Die Ausbildung gliedert sich in einen theoretischen Teil von 100 Stunden und einen praktischen Teil von 30 Stunden gemäß Anlage 1.

(2) Der Unterricht wird nach einem von der Leitung der Ausbildungsstätte für Desinfektorinnen und Desinfektoren auf der Grundlage der Anlage 1 entwickelten Lehrplan erteilt.

§ 5
Zulassungsvoraussetzungen

(1) Zu einem Lehrgang kann zugelassen werden, wer

1. einen Hauptschulabschluss oder einen entsprechenden Bildungsstand besitzt und der Berufsschulpflicht genügt hat oder den Nachweis über eine abgeschlossene Berufsausbildung führen kann und

2. die gesundheitliche Eignung zur Ausübung des Berufs besitzt.

(2) Der Nachweis über die gesundheitliche Eignung ist durch ein amtsärztliches Zeugnis zu führen, das nicht älter als drei Monate sein darf.

§ 6
Zulassung

(1) Anträge auf Zulassung zu einem Lehrgang sind an die Ausbildungsstätte für Desinfektorinnen und Desinfektoren zu richten, bei der die Bewerberin oder der Bewerber ausgebildet werden will. Dem Antrag sind beizufügen

1. ein Lebenslauf mit Lichtbild,

2. eine Geburtsurkunde oder ein Geburtsschein, bei Namensänderungen eine entsprechende Urkunde,

3. Nachweise der Voraussetzungen nach § 5 und

4. ein amtliches Führungszeugnis, das nicht älter als drei Monate sein darf.

(2) Bewerberinnen oder Bewerber, die im öffentlichen Dienst tätig sind, reichen den Zulassungsantrag mit ihrem Lebenslauf über ihre Dienststelle ein. Diese bescheinigt bei der Weitergabe des Zulassungsantrags an die Ausbildungsstätte für Desinfektorinnen und Desinfektoren die Angaben, die sonst nach Absatz 1 Nummer 2 und nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 nachzuweisen sind, sowie die Beschäftigung im öffentlichen Dienst.

(3) Über die Zulassung entscheidet die Leitung der Ausbildungsstätte.

§ 7
Zulassung zur Prüfung

(1) Die Unterlagen nach § 6 sind an das Landesprüfungsamt weiterzuleiten. Den Unterlagen ist ein Nachweis über die Zahlung der Prüfungsgebühr an das Landesprüfungsamt beizufügen.

(2) Über die Zulassung zur Prüfung entscheidet das Landesprüfungsamt.

§ 8
Prüfungsausschuss

(1) Bei jeder Ausbildungsstätte für Desinfektorinnen und Desinfektoren wird ein Prüfungsausschuss gebildet. Die Prüfung wird vor dem Prüfungsausschuss der Ausbildungsstätte abgelegt, an der der Lehrgang beendet wurde. Ist dies aus Gründen, die der Prüfling nicht zu vertreten hat, nicht möglich, so kann sie auch vor dem Prüfungsausschuss einer anderen Ausbildungsstätte abgelegt werden. Über einen entsprechenden Antrag des Prüflings entscheidet das Landesprüfungsamt.

(2) Der Prüfungsausschuss besteht aus

1. einer vom Landesprüfungsamt mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe betrauten fachlich geeigneten Person als Prüfungsvorsitz,

2. der Leitung der Ausbildungsstätte,

3. einer oder einem an der Ausbildungsstätte als Lehrkraft tätigen staatlich geprüften Desinfektorin oder Desinfektor und

4. einer an der Ausbildungsstätte tätigen ärztlichen Lehrkraft.

Jedes Mitglied des Prüfungsausschusses hat mindestens eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter.

(3) Das Landesprüfungsamt bestellt das vorsitzende Mitglied und die Vertretung sowie die anderen Mitglieder des Prüfungsausschusses und deren Vertretung auf Vorschlag der Leitung der Ausbildungsstätte. Der Prüfungsvorsitz darf nicht an der Ausbildung der Desinfektorinnen und Desinfektoren beteiligt und bei der Ausbildungsstätte für Desinfektorinnen und Desinfektoren beschäftigt sein.

(4) Der Prüfungsausschuss ist beschlussfähig, wenn mindestens drei Mitglieder, darunter der Prüfungsvorsitz oder dessen Vertretung, anwesend sind. Er fasst seine Beschlüsse mit Stimmenmehrheit, Stimmenthaltung ist unzulässig. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Prüfungsvorsitzes den Ausschlag.

(5) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses und andere bei der Prüfung anwesende Personen sind zu Beginn der Prüfung vom Prüfungsvorsitz zur Verschwiegenheit zu verpflichten.

§ 9
Einteilung der Prüfung

(1) Die Prüfung besteht aus einem praktischen und einem mündlichen Teil.

(2) Die Prüfung ist nicht öffentlich. Der Prüfungsvorsitz kann einzelnen Personen gestatten, bei der mündlichen Prüfung anwesend zu sein. Vertreter der Aufsichtsbehörde sind berechtigt, an den Prüfungen teilzunehmen.

(3) Der Prüfungsvorsitz wählt die Prüfungsaufgaben aus den Vorschlägen der Ausbildungsstätte in Abstimmung mit dem Landesprüfungsamt aus und bewahrt sie in einem versiegelten Umschlag bis zum Prüfungsbeginn. Der Prüfungsvorsitz setzt im Einvernehmen mit der Leitung der Ausbildungsstätte den Zeitpunkt der Prüfung fest. Das Landesprüfungsamt lädt die Prüflinge.

§ 10
Praktische und mündliche Prüfung

(1) Die praktische und die mündliche Prüfung sind im Zusammenhang durchzuführen.

(2) Die praktische und die mündliche Prüfung erstrecken sich auf die im Lehrplan enthaltenen Fächer.

(3) In der praktischen und in der mündlichen Prüfung sollen nicht mehr als drei Prüflinge gleichzeitig geprüft werden. Die praktische und die mündliche Prüfung sollen je Prüfling zusammen etwa 30 Minuten dauern.

§ 11
Prüfungsnoten

(1) Die einzelnen Prüfungsleistungen und das Gesamtergebnis sind wie folgt zu bewerten:

1

=

sehr gut

=

eine den Anforderungen in besonderem Maße entsprechende Leistung;

2

=

gut

=

eine den Anforderungen voll entsprechende Leistung;

3

=

befriedigend

=

eine im Allgemeinen den Anforderungen entsprechende Leistung;

4

=

ausreichend

=

eine Leistung, die zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspricht;

5

=

mangelhaft

=

eine den Anforderungen nicht entsprechende Leistung, die jedoch erkennen lässt, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden könnten;

6

=

ungenügend

=

eine den Anforderungen nicht entsprechende Leistung, bei der selbst die Grundkenntnisse so lückenhaft sind, dass die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden könnten.

(2) Die Note für die praktische Prüfung und die Note für die mündliche Prüfung werden addiert und durch die Summe 2 geteilt. Die Note lautet

,,sehr gut“

bei einem Zahlenwert von 1 oder 1,5

,,gut“

bei einem Zahlenwert von 2 oder 2,5,

,,befriedigend“

bei einem Zahlenwert von 3 oder 3,5,

,,ausreichend“

bei einem Zahlenwert von 4.

§ 12
Gesamtergebnis, Prüfungsergebnis

(1) Der Prüfungsausschuss stellt das Ergebnis der praktischen und der mündlichen Prüfung fest und bestimmt, ob und mit welchem Gesamtergebnis die Prüfung bestanden ist.

(2) Die Prüfung ist bestanden, wenn das Gesamtergebnis mindestens mit „ausreichend“ bewertet wird.

(3) Über den Prüfungshergang ist für jede zu prüfende Person eine Niederschrift nach dem Muster der Anlage 2 aufzunehmen. Die Niederschrift ist von allen Mitgliedern des Prüfungsausschusses zu unterschreiben.

(4) Über die bestandene Prüfung wird ein Zeugnis nach dem Muster der Anlage 3 erteilt.

(5) Über das Nichtbestehen der Prüfung erhält der Prüfling vom Landesprüfungsamt einen Bescheid, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen ist.

§ 13
Erkrankung, Rücktritt, Versäumnisfolgen

(1) Tritt ein Prüfling nach seiner Zulassung von der Prüfung zurück, so hat er die Gründe für seinen Rücktritt unverzüglich dem Landesprüfungsamt mitzuteilen. Genehmigt das Landesprüfungsamt den Rücktritt, so gilt die Prüfung als nicht unternommen. Die Genehmigung ist nur zu erteilen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das Landesprüfungsamt kann im Falle einer Krankheit auch die Vorlage einer durch eine von ihm benannte Ärztin oder einen von ihm benannten Arzt ausgestellten ärztlichen Bescheinigung verlangen.

(2) Wird die Genehmigung für den Rücktritt nicht erteilt oder unterlässt es der Prüfling, die Gründe für den Rücktritt unverzüglich mitzuteilen, so gilt die Prüfung als nicht bestanden.

(3) Versäumt ein Prüfling einen Prüfungstermin oder unterbricht er die Prüfung, so hat er die Prüfung nicht bestanden. Liegt ein wichtiger Grund für das Verhalten des Prüflings vor, so gilt die Prüfung als nicht unternommen.

(4) Die Entscheidung darüber, ob ein wichtiger Grund vorliegt, trifft das Landesprüfungsamt. Absatz 1 Satz 1 und 4 gilt entsprechend. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wird die Prüfung an einem vom Landesprüfungsamt zu bestimmenden Termin fortgesetzt.

§ 14
Täuschung

(1) Über die Folgen eines Täuschungsversuchs entscheidet das Landesprüfungsamt. Dieses kann je nach Schwere die Wiederholung eines oder beider Prüfungsteile anordnen oder die Prüfung für nicht bestanden erklären.

(2) Hat der Prüfling bei der Prüfung getäuscht und wird dies erst nachträglich bekannt, so kann das Landesprüfungsamt die Prüfung als nicht bestanden erklären.

§ 15
Wiederholung der Prüfung

Hat ein Prüfling die Prüfung nicht bestanden, so kann er sie ohne erneute Teilnahme an einem Lehrgang einmal wiederholen. Das Landesprüfungsamt bestimmt den Prüfungstermin.

§ 16
Fortbildung

(1) Staatlich anerkannte Desinfektorinnen und Desinfektoren sind verpflichtet, im Abstand von regelmäßig drei, höchstens vier Jahren an einer Fortbildung einer der staatlich anerkannten Ausbildungsstätten teilzunehmen. Der Fortbildungsnachweis ist dem Landesprüfungsamt vorzulegen. Die Desinfektorinnen und Desinfektoren können die Fortbildung innerhalb von zwei Jahren nachholen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Entscheidung darüber, ob ein wichtiger Grund vorliegt, trifft das Landesprüfungsamt. Die nachgeholte Fortbildung wird auf den folgenden Fortbildungszeitraum nicht angerechnet.

(2) Die Fortbildungsveranstaltung dauert drei Tage und besteht aus theoretischem Unterricht und praktischen Unterweisungen. Ziel der Fortbildung ist die Vermittlung aktueller rechtlicher Vorschriften und fachlicher Kenntnisse unter Einbeziehung umweltmedizinischer, toxikologischer und ökologischer Erkenntnisse.

(3) Die Teilnahme an den Fortbildungslehrgängen wird von der Leitung der Lehranstalt nach dem Muster der Anlage 4 bescheinigt.

(4) Die Überwachung der regelmäßigen Teilnahme an den Fortbildungslehrgängen obliegt dem Landesprüfungsamt.

§ 17
Gebühren

Die Gebühr für die Anerkennung einer Ausbildungsstätte für Desinfektorinnen und Desinfektoren beträgt 700 Euro. Die Prüfungsgebühr beträgt 100 Euro. Die Gebühr für die Registrierung der Fortbildungsnachweise und die Überwachung der Fortbildungspflicht der Desinfektorenausbildung beträgt 20 Euro. Die Gebühr für die Prüfung des Ausbildungsstandes nach § 18 Absatz 3 beträgt 150 Euro. Im Übrigen findet das Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 1999 (GV. NRW. S. 524) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

§ 18
Gleichwertige Ausbildungen, zuständige Behörde

(1) Das in einem anderen Bundesland erteilte Zeugnis gilt auch in Nordrhein-Westfalen, ebenso eine gleichwertige Ausbildungsbestätigung, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilt worden ist.

(2) Personen nach Absatz 1, 2. Halbsatz dürfen ihre im Herkunftsmitgliedstaat bestehende rechtmäßige Ausbildungsbezeichnung und die Abkürzung in der Sprache dieses Staates führen.

(3) Über die Gleichwertigkeit einer Ausbildung mit der Ausbildung nach dieser Verordnung entscheidet das Landesprüfungsamt.

§ 19
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2015 in Kraft.

Düsseldorf, den 14. April 2015

Die Ministerin
für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter
des Landes Nordrhein-Westfalen

Barbara  S t e f f e n s

GV. NRW. 2015 S. 401