Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2018 Nr. 24 vom 24.10.2018 Seite 545 bis 576

 

Verordnung zur Neuregelung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger des Landes Nordrhein-Westfalen sowie zur Änderung der Verordnung über die Ausbildung für die Laufbahn des Dienstes der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister des Landes Nordrhein-Westfalen

203011

Verordnung zur Neuregelung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung
der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger des Landes Nordrhein-Westfalen
sowie zur Änderung der Verordnung über die Ausbildung für die Laufbahn des Dienstes
der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister des Landes Nordrhein-Westfalen

Vom 8. Oktober 2018

Artikel 1
Verordnung über die Ausbildung und Prüfung
der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger
des Landes Nordrhein-Westfalen
(Rechtspflegerausbildungsordnung - RpflAO)

Auf Grund des § 7 Absatz 2 Satz 1 des Landesbeamtengesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, ber. S. 642) verordnet das Ministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern und dem Ministerium der Finanzen:

Inhaltsübersicht

Abschnitt 1
Einleitende Vorschriften

§ 1 Erwerb der Befähigung
§ 2 Ausbildungsziel, Ausbildungsgrundsätze

Abschnitt 2
Einstellung und Zulassung

§ 3 Einstellung
§ 4 Bewerbung
§ 5 Zulassung
§ 6 Aufnahme in den Vorbereitungsdienst, Status

Abschnitt 3
Ausbildung

§ 7 Dauer des Vorbereitungsdienstes
§ 8 Gliederung und Gestaltung der Ausbildung
§ 9 Fachwissenschaftliches Studium (erster, dritter und fünfter Studienabschnitt)
§ 10 Fachpraktische Ausbildung (zweiter und vierter Studienabschnitt)
§ 11 Begleitende Lehrveranstaltungen
§ 12 Leitung der Ausbildung, Ausbilderinnen und Ausbilder
§ 13 Beurteilungen
§ 14 Bewertung der Leistungen
§ 15 Unterbrechung und Verlängerung des Vorbereitungsdienstes
§ 16 Vorzeitige Entlassung

Abschnitt 4
Rechtspflegerprüfung

§ 17 Zweck der Prüfung
§ 18 Landesjustizprüfungsamt
§ 19 Bestellung der Prüferinnen und Prüfer
§ 20 Prüferinnen und Prüfer
§ 21 Unabhängigkeit der Prüferinnen und Prüfer
§ 22 Prüfungsverfahren
§ 23 Schriftliche Prüfung
§ 24 Bewertung der Aufsichtsarbeiten
§ 25 Prüfungsnoten
§ 26 Schlussentscheidung ohne mündliche Prüfung
§ 27 Zwischenentscheidung ohne mündliche Prüfung
§ 28 Mündliche Prüfung
§ 29 Schlussentscheidung nach mündlicher Prüfung
§ 30 Niederschrift über die mündliche Prüfung
§ 31 Prüfungszeugnis
§ 32 Ordnungswidriges Verhalten im Prüfungsverfahren
§ 33 Wiederholung der Prüfung
§ 34 Entscheidungen über Prüfungsleistungen
§ 35 Zuerkennung der Befähigung für die Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt des Justizdienstes
§ 36 Aufbewahrungsfristen

Abschnitt 5
Aufstiegsbeamtinnen und Aufstiegsbeamte

§ 37 Aufstiegsbeamtinnen und Aufstiegsbeamte

Abschnitt 6
Regelungen für Menschen mit Behinderungen

§ 38 Regelungen für Menschen mit Behinderungen

Abschnitt 7
Schlussvorschriften

§ 39 Inkrafttreten, Außerkrafttreten, Übergangsregelung

Abschnitt 1
Einleitende Vorschriften

§ 1
Erwerb der Befähigung

Die Befähigung zur Wahrnehmung der Geschäfte der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger sowie der sonstigen Aufgaben der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt des Justizdienstes wird durch das Ableisten des Vorbereitungsdienstes und das Bestehen der Rechtspflegerprüfung erworben.

§ 2
Ausbildungsziel, Ausbildungsgrundsätze

(1) Die Rechtspflegerausbildung soll zur Berufsfähigkeit und zur Berufsfertigkeit führen. Sie soll Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger heranbilden, die nach ihrer Persönlichkeit und nach ihren allgemeinen Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage sind, selbstständig auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgabengebieten der Rechtspflege mit sozialem und wirtschaftlichem Verständnis Lebenssachverhalte zu erfassen, zu klären und zu ordnen, Verfahren gesetzmäßig und mit praktischem Geschick zu betreiben, sachgerechte Entscheidungen zu treffen und sie verständlich zu begründen. Auch in die Aufgaben der Justizverwaltung soll die Ausbildung einführen.

(2) Die Rechtspflegerausbildung vermittelt zur Erreichung des in Absatz 1 genannten Ziels neben der beruflichen Grundbildung in dem jeweils erforderlichen Umfang wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden sowie berufspraktische Kenntnisse und Fertigkeiten, auch soweit sie für den Umgang mit moderner, das Rechtspflegeraufgabenfeld berührender Informationstechnologie benötigt werden. Die Fähigkeit zum problemorientierten und methodischen Denken und Handeln ist ebenso zu fördern wie die allgemeinen beruflichen Fähigkeiten, insbesondere zur Kommunikation und Zusammenarbeit, zur kritischen Überprüfung des eigenen Verhaltens sowie zum selbstständigen und wirtschaftlichen Handeln.

(3) Die Rechtspflegeranwärterinnen und Rechtspflegeranwärter werden so ausgebildet, dass sie sich der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unseres Staates verpflichtet fühlen und ihren künftigen Beruf als Dienst an den Bürgerinnen und Bürgern sowie für das allgemeine Wohl auffassen. In der Ausbildung wird darauf hingewirkt, dass diese Einstellung sich auch in der Arbeitsweise, insbesondere im Umgang mit dem rechtsuchenden Publikum, niederschlägt. In der Ausbildung sind Bedeutung und Auswirkungen des Europarechts zu berücksichtigen. Die Rechtspflegeranwärterinnen und Rechtspflegeranwärter sollen europaspezifische Kenntnisse erwerben.

(4) Die Rechtspflegeranwärterinnen und Rechtspflegeranwärter sind verpflichtet, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten durch Selbststudium zu vervollkommnen. Ihr Selbststudium ist zu fördern. Sie sollen dazu befähigt werden, sich eigenständig weiterzubilden.

(5) Zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken können Akten aus der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis sowie Verwaltungsakten beigezogen und vervielfältigt werden.

Abschnitt 2
Einstellung und Zulassung

§ 3
Einstellung

(1) Zur Ausbildung im Rahmen des Vorbereitungsdienstes kann zugelassen werden, wer

1.    die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ernennung zur Beamtin oder zum Beamten erfüllt,

2.    nach charakterlichen, geistigen und körperlichen Anlagen sowie in gesundheitlicher Hinsicht für die Laufbahn geeignet ist, wobei von schwerbehinderten Menschen nur das für die Laufbahn erforderliche Mindestmaß körperlicher Eignung verlangt werden darf sowie

3.    eine zu einem Hochschulstudium berechtigende Schulbildung oder einen gesetzlich als gleichwertig anerkannten Bildungsstand besitzt.

(2) Über die Einstellung in den Vorbereitungsdienst entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts.

§ 4
Bewerbung

(1) Das Bewerbungsgesuch ist an die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts zu richten, in dessen Bezirk die Bewerberin oder der Bewerber eingestellt werden will.

(2) Der Bewerbung sind beizufügen:

1.    ein Lebenslauf,

2.    eine beglaubigte Abschrift (Ablichtung) des Zeugnisses oder der Bescheinigung, durch die die Voraussetzung des § 3 Absatz 1 Nummer 3 nachgewiesen wird,

3.    beglaubigte Abschriften (Ablichtungen) von Zeugnissen über die Tätigkeiten seit der Schulentlassung und

4.    eine Einverständniserklärung der gesetzlichen Vertreter, wenn die Bewerberin oder der Bewerber noch nicht volljährig ist.

(3) Bewerberinnen oder Bewerber, die bereits im Justizdienst stehen, reichen ihr Gesuch auf dem Dienstweg ein. Soweit die erforderlichen Unterlagen in den Personalakten enthalten sind, kann auf sie Bezug genommen werden. Die Leiterin oder der Leiter des Gerichts oder der Behörde, bei der das Beschäftigungsverhältnis besteht, hat sich in einer dienstlichen Beurteilung über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerberin oder des Bewerbers zu äußern. Etwaige Bedenken gegen die Zulassung zum Vorbereitungsdienst sind darzustellen.

§ 5
Zulassung

(1) Bewerberinnen oder Bewerber, deren Einstellung in Aussicht genommen ist, haben auf Anforderung

1.    zu erklären,

a)    ob sie gerichtlich vorbestraft sind und ob gegen sie ein gerichtliches Strafverfahren oder ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft anhängig ist sowie

b)    ob sie in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben,

2.    bei der zuständigen Meldebehörde ein Führungszeugnis zur Vorlage bei der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts zu beantragen und

3.    das Original des Zeugnisses oder der Bescheinigung, durch die die Voraussetzung des § 3 Absatz 1 Nummer 3 nachgewiesen wird, vorzulegen.

(2) Vor der Berufung in das Beamtenverhältnis müssen weiterhin eine Geburtsurkunde oder ein beglaubigter Ausdruck aus dem Geburtenregister, bei Verheirateten auch die Eheurkunde oder ein beglaubigter Ausdruck aus dem Eheregister, bei Lebenspartnern auch die Lebenspartnerschaftsurkunde oder ein beglaubigter Ausdruck aus dem Lebenspartnerschaftsregister, sowie ein amtsärztliches Gesundheitszeugnis vorliegen.

§ 6
Aufnahme in den Vorbereitungsdienst,
Status

(1) Die zugelassenen Bewerberinnen und Bewerber werden in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen und gleichzeitig der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen zugewiesen. Sie führen während des Vorbereitungsdienstes die Dienstbezeichnung „Rechtspflegeranwärterin“ beziehungsweise Rechtspflegeranwärter“.

(2) Die Rechtspflegeranwärterinnen und Rechtspflegeranwärter werden durch die Zuweisung an die Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen deren Studierende.

Abschnitt 3
Ausbildung

§ 7
Dauer des Vorbereitungsdienstes

(1) Der Vorbereitungsdienst dauert drei Jahre, § 2 Absatz 1 Satz 1 des Rechtspflegergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 2013 (BGBl. I S. 778, 2014 I S. 46), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2429) geändert worden ist. § 64 Absatz 2 Satz 1 des Landesbeamtengesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, ber. S. 642) in der jeweils geltenden Fassung findet keine Anwendung.

(2) Auf den Vorbereitungsdienst können ein erfolgreich abgeschlossenes Studium der Rechtswissenschaften bis zur Dauer von zwölf Monaten und ein Vorbereitungsdienst nach § 5b des Deutschen Richtergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 1972 (BGBl. I S. 713), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 8. Juni 2017 (BGBl. S. 1570) geändert worden ist, bis zur Dauer von sechs Monaten angerechnet werden. Die Entscheidung trifft die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts im Einvernehmen mit der Leiterin oder dem Leiter der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen.

§ 8
Gliederung und Gestaltung der Ausbildung

(1) Die Rechtspflegerausbildung gliedert sich in fachwissenschaftliche und in fachpraktische Studienzeiten. Die fachwissenschaftlichen Studienzeiten werden an der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen im Studiengang Rechtspflege abgeleistet, die fachpraktischen Studienzeiten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften.

(2) Die Ausbildung umfasst fünf Studienabschnitte. Reihenfolge und Dauer der Studienabschnitte werden wie folgt festgelegt:

Fachwissenschaftliches Studium I (Teil 1)

5 Monate

Fachpraktische Ausbildung I

2 Monate

Fachwissenschaftliches Studium I (Teil 2)

5 Monate

Fachwissenschaftliches Studium II

7 Monate

Fachpraktische Ausbildung II

10 Monate

Fachwissenschaftliches Studium III

7 Monate.

(3) Die fachwissenschaftlichen Studienzeiten werden durch die Studienordnung der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen geregelt.

(4) Die fachpraktischen Studienzeiten werden durch die Ausbildungspläne geregelt, die Ausbildungsziel, Ausbildungsgegenstände und Ausbildungsmethoden erläutern. Die Präsidentinnen oder Präsidenten der Oberlandesgerichte erstellen die Ausbildungspläne nach gegenseitiger Abstimmung jeweils für ihren Geschäftsbereich, und zwar für die Ausbildung bei einer Staatsanwaltschaft im Einvernehmen mit der Generalstaatsanwältin oder dem Generalstaatsanwalt. Die Pläne bedürfen der Genehmigung des für Justiz zuständigen Ministeriums.

(5) Studienordnung und Ausbildungspläne sind aufeinander abzustimmen.

§ 9
Fachwissenschaftliches Studium
(erster, dritter und fünfter Studienabschnitt)

(1) Das fachwissenschaftliche Studium soll den Studierenden im Rahmen des Ausbildungsziels gemäß § 2 Absatz 1 auf wissenschaftlicher Grundlage in Lehrveranstaltungen die für den angestrebten Beruf erforderlichen theoretischen Kenntnisse vermitteln, und zwar:

1.    gründliche Kenntnisse

       a) im Bürgerlichen Recht,

       b) auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit, insbesondere im Grundbuch-, Familien-, Nachlass- und Registerrecht,

       c) im Zivilprozessrecht und im Recht der Zwangsvollstreckung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen sowie im Insolvenzrecht,

       d) im Strafprozessrecht und im Strafvollstreckungsrecht sowie

       e) im Kostenrecht, insbesondere in den Verfahren der Kostenfestsetzung und

2.    Kenntnisse der Grundzüge

       a) des Staats-, Verfassungs- und Europarechts,

       b) des Gerichtsverfassungsrechts,

       c) des Handels- und Gesellschaftsrechts und des Rechts der Wertpapiere,

       d) des allgemeinen Verwaltungsrechts einschließlich des öffentlichen Dienstrechts,

       e) des Strafrechts,

       f) des Arbeitsrechts,

       g) des Internationalen Privatrechts sowie

       h) der Wirtschafts- und Bilanzkunde.

Die auf diesen Rechtsgebieten bestehenden Bezüge der Rechtspflegeraufgaben zu den Aufgaben der übrigen Justizberufe sind angemessen zu verdeutlichen. Die im Rechtspflegeraufgabenfeld anzuwendenden informationstechnischen Programme werden in die Lehrveranstaltungen der jeweils betroffenen Fächer einbezogen. Das fachwissenschaftliche Studium soll ferner das soziale, wirtschaftliche und rechtspolitische Verständnis der Studierenden stärken und ihren allgemeinen Bildungsstand fördern.

(2) Die Studienordnung konkretisiert die Inhalte des Studiums und die Form der Lehrveranstaltungen. Den Studierenden muss hinreichend Zeit zur Verarbeitung des Stoffes und zum Selbststudium verbleiben.

(3) Für die Lehrveranstaltungen sind insgesamt etwa 2 000 Vorlesungsstunden zu je 45 Minuten vorzusehen. Davon entfallen auf das fachwissenschaftliche Studium I etwa 900 Stunden, auf das Studium II etwa 600 Stunden und auf das Studium III etwa 500 Stunden. Lehrveranstaltungspausen, Feiertage sowie die Zeiten für die Anfertigung von Aufsichtsarbeiten und deren Besprechungen sind auf diese Stundenzahlen nicht anzurechnen.

(4) Den Studierenden sollen Wahllehrveranstaltungen angeboten werden, die die Pflichtlehrveranstaltungen  gemäß Absatz 3 ergänzen und die in ihnen behandelten Themen vertiefen. Sie können fächerübergreifend ausgestaltet sein und auch solche Rechtsgebiete zum Gegenstand haben, die nicht von den Pflichtlehrveranstaltungen abgedeckt werden, soweit ihre Behandlung der späteren beruflichen Tätigkeit förderlich ist. Auch können sie andere wissenschaftliche Themen betreffen, soweit die Auseinandersetzung mit diesen dem Verständnis sozialer, wirtschaftlicher und rechtspolitischer Zusammenhänge dient und den allgemeinen Bildungsstand der Studierenden fördert.

(5) Die Studierenden fertigen nach Maßgabe der Studienordnung unter Aufsicht schriftliche Arbeiten (Aufsichtsarbeiten) an. Diese können sich auch auf den Umgang mit den im Rechtspflegeraufgabenfeld anzuwendenden informationstechnischen Programmen beziehen. In diesem Fall sind den Studierenden die zur Aufgabenbearbeitung erforderlichen technischen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Die Studienordnung kann weitere Nachweise individueller Leistungen vorsehen, insbesondere in Form schriftlicher häuslicher Arbeiten oder der Erarbeitung oder Vertiefung bestimmter fachlicher Themen nebst mündlichem Vortrag (Referate). Arbeiten nach Satz 1 und 2 sind zu begutachten, zu bewerten und in der Regel unter Hinweis auf Vorzüge und Mängel in Form und Inhalt zu besprechen. Die Studienordnung kann vorsehen, dass auch Leistungen nach Satz 4 zu begutachten, zu bewerten und zu besprechen sind. Sie kann ferner andere Studienleistungen als solche nach Satz 1 bis 4 sowie deren Begutachtung und Besprechung vorsehen.

§ 10
Fachpraktische Ausbildung
(zweiter und vierter Studienabschnitt)

(1) In diesen Studienabschnitten sollen die Studierenden lernen, die im fachwissenschaftlichen Studium erworbenen Kenntnisse in der Praxis anzuwenden. Sie sollen so gefördert werden, dass sie am Schluss der Ausbildung imstande sind, Rechtspflegeraufgaben mit ihren Bezügen zu den Aufgaben der übrigen Justizberufe selbstständig zu erledigen und die sonstigen Aufgaben der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt des Justizdienstes wahrzunehmen.

(2) Die fachpraktische Ausbildung hat folgenden Verlauf:

1. Fachpraktische Ausbildung I

bei einem Amtsgericht
und zwar in:

2 Monate,

Bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Angelegenheiten der Rechtsantragstelle und der Beratungshilfe

1 Monat,

Nachlasssachen

1 Monat,

2. Fachpraktische Ausbildung II

a) erneut bei einem Amtsgericht
und zwar in:

9 Monate,

Familien- und Betreuungssachen

2 Monate,

Registersachen

1,5 Monate,

Grundbuchsachen

2 Monate,

Zwangsvollstreckungs-, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen

2,5 Monate

Insolvenzsachen

1 Monat

b) bei einer Staatsanwaltschaft

1 Monat.

In jedem Sachgebiet sind das Kostenwesen und die zum Geschäftsgang ergangenen Verwaltungsvorschriften in dem jeweils erforderlichen Umfang zu berücksichtigen.

(3) Von der Reihenfolge der Ausbildungsabschnitte nach Absatz 2 kann die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts innerhalb der jeweiligen Ausbildungsabschnitte, soweit erforderlich, abweichen. Ferner können Hospitationen insbesondere bei Land- und Oberlandesgerichten sowie den Fachgerichten durchgeführt werden. Die Studierenden können auf Antrag für die Dauer von bis zu zwei Monaten einem Gericht eines anderen Gerichtszweigs zur Ausbildung zugewiesen werden. Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts bestimmt, auf welchen der in Absatz 2 genannten Abschnitte diese Ausbildung angerechnet wird.

(4) Die Studierenden sollen während der fachpraktischen Ausbildung mit allen Arbeiten des jeweiligen Sachgebiets beschäftigt werden. Sie sollen so häufig, wie dies im Interesse der Ausbildung liegt und den Umständen nach möglich ist, am beruflichen Tagesablauf der ausbildenden Beamtinnen oder Beamten teilnehmen. Anhand praktischer Fälle sollen sie angehalten werden, sich mit den einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften vertraut zu machen und sich ein eigenes Urteil zu bilden. So frühzeitig und so weitgehend, wie nach der Befähigung und dem Ausbildungsstand möglich, sind den Studierenden Aufgaben zur selbstständigen Bearbeitung zu übertragen. Aufgaben, deren Wahrnehmung dazu dienen würde, die ausbildenden Beamtinnen oder Beamten zu entlasten, dürfen den Studierenden nicht übertragen werden.

(5) Das Nähere bestimmen die Ausbildungspläne.

(6) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts kann Rechtspflegeranwärterinnen oder Rechtspflegeranwärtern, deren Leistungsstand dies zulässt, nach Abschluss der in § 8 Absatz 2 vorgesehenen Studienabschnitte im Rahmen des Ausbildungsziels Dienstleistungsaufträge erteilen, sofern nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen.

§ 11
Begleitende Lehrveranstaltungen

(1) Die fachpraktische Ausbildung II wird durch begleitende Lehrveranstaltungen ergänzt, die der Wiederholung und Vertiefung der im fachwissenschaftlichen Studium erworbenen Kenntnisse dienen. Die Lehrveranstaltungen sollen den Studierenden ferner Gelegenheit geben, die in der fachpraktischen Ausbildung gewonnenen Erfahrungen kritisch zu verarbeiten. Für die begleitenden Lehrveranstaltungen sind etwa 210 Stunden einschließlich der Aufsichtsarbeiten und deren Besprechungen vorzusehen. § 9 Absatz 5 Satz 4 gilt entsprechend. Das Nähere bestimmen die Ausbildungspläne, auch hinsichtlich der zu erbringenden Leistungsnachweise.

(2) Die Teilnahme an den begleitenden Lehrveranstaltungen geht jedem anderen Dienst vor.

§ 12
Leitung der Ausbildung,
Ausbilderinnen und Ausbilder

(1) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts leitet die Ausbildung. Sie oder er bestimmt die Gerichte und im Einvernehmen mit der Generalstaatsanwältin oder dem Generalstaatsanwalt die Staatsanwaltschaften, bei denen die Studierenden ausgebildet werden. Die fachhochschulrechtlichen Regelungen und die Verantwortlichkeit der Leiterin oder des Leiters der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen für die wissenschaftlichen Studienzeiten bleiben unberührt.

(2) Für die fachpraktische Ausbildung im Einzelnen ist die Leiterin oder der Leiter der jeweiligen Ausbildungsbehörde verantwortlich. Sie oder er bestimmt die Beamtinnen und Beamten, denen die Studierenden während der fachpraktischen Ausbildung I und II zur Ausbildung am Arbeitsplatz zugewiesen werden, soweit nicht die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts diese Bestimmung selbst trifft. Den ausbildenden Beamtinnen und Beamten dürfen nicht mehr Studierende zugewiesen werden, als sie nach Art und Umfang ihrer Tätigkeit gründlich ausbilden können.

(3) Mit der Ausbildung der Studierenden sollen nur Beamtinnen oder Beamte betraut werden, die dafür fachlich und persönlich geeignet erscheinen.

§ 13
Beurteilungen

(1) In jedem fachpraktischen Ausbildungsabschnitt erfolgt eine Beurteilung der Studierenden durch die jeweiligen Ausbildenden. In der Beurteilung soll zu den fachlichen und allgemeinen Kenntnissen und Fähigkeiten, zur Arbeitsweise, dem Arbeitseinsatz und Arbeitserfolg, zum Stand der Ausbildung und zum Gesamtbild der Persönlichkeit Stellung genommen werden. Die Beurteilung schließt mit einer der in § 14 genannten Noten und Punktzahlen ab.

(2) Die Leiterin oder der Leiter der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen beurteilt die Studierenden jeweils am Ende des ersten, dritten und fünften Studienabschnitts. In die Beurteilung sind die aus den Aufsichtsarbeiten und sonstigen Leistungen nach § 9 Absatz 5 Satz 1 bis 4 gebildeten Noten und Punktzahlen in den einzelnen Lehrveranstaltungen und die festgesetzte Gesamtnote nebst Punktzahl aufzunehmen. Absatz 1 Satz 2 und 3 gelten entsprechend. In welchem Verhältnis zueinander die Noten und Punktzahlen der einzelnen Lehrveranstaltungen in die rechnerische Ermittlung der Gesamtnote einfließen, bestimmt die Studienordnung. Die Bewertung der in den Wahllehrveranstaltungen nach § 9 Absatz 4 erbrachten Leistungen darf in die Gesamtnote des jeweiligen Studienabschnitts nicht mit mehr als 25 Prozent einfließen.

(3) Die Lehrkräfte bewerten die Leistungen der Studierenden in den begleitenden Lehrveranstaltungen am Ende der fachpraktischen Ausbildung II in einer gemeinschaftlichen Beurteilung, die von der Lehrgangsleiterin oder dem Lehrgangsleiter auszustellen ist. In die Beurteilung sind die aus den schriftlichen und mündlichen Leistungen gebildeten Noten und Punktzahlen in den einzelnen begleitenden Lehrveranstaltungen und die festgesetzte Gesamtnote nebst Punktzahl aufzunehmen. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend. In welchem Verhältnis zueinander die Noten und Punktzahlen der einzelnen begleitenden Lehrveranstaltungen in die rechnerische Ermittlung der Gesamtnote einfließen, bestimmen die Ausbildungspläne.

(4) Jede Beurteilung ist der oder dem von ihr betroffenen Studierenden zur Kenntnisnahme vorzulegen. Die Beurteilungen sind, gegebenenfalls mit einer Gegenäußerung der oder des Studierenden, in einem Sonderheft zu den Personalakten zu nehmen.

§ 14
Bewertung der Leistungen

(1) Die einzelnen Leistungen sind mit einer der folgenden Noten und Punktzahlen zu bewerten:

sehr gut
eine besonders hervorragende Leistung
= 16 bis 18 Punkte,

gut
eine erheblich über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung
= 13 bis 15 Punkte,

vollbefriedigend
eine über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung
= 10 bis 12 Punkte,

befriedigend
eine Leistung, die in jeder Hinsicht durchschnittlichen Anforderungen entspricht
= 7 bis 9 Punkte,

ausreichend
eine Leistung, die trotz ihrer Mängel durchschnittlichen Anforderungen noch entspricht
= 4 bis 6 Punkte,

mangelhaft
eine an erheblichen Mängeln leidende, im Ganzen nicht mehr brauchbare Leistung
= 1 bis 3 Punkte,

ungenügend
eine völlig unbrauchbare Leistung
= 0 Punkte.

Zwischennoten und von vollen Zahlenwerten abweichende Punktzahlen dürfen nicht verwendet werden.

(2) Soweit Einzelbewertungen rechnerisch zusammengefasst werden, entsprechen den ermittelten Punkten folgende Notenbezeichnungen:

14,00 bis 18,00 Punkte:
sehr gut,

11,50 bis 13,99 Punkte:
gut,

9,00 bis 11,49 Punkte:
vollbefriedigend,

6,50 bis 8,99 Punkte:
befriedigend,

4,00 bis 6,49 Punkte:
ausreichend,

1,50 bis 3,99 Punkte:
mangelhaft,

0 bis 1,49 Punkte:
ungenügend.

§ 15
Unterbrechung und Verlängerung
des Vorbereitungsdienstes

(1) Den Rechtspflegeranwärterinnen und Rechtspflegeranwärtern wird Urlaub nach den jeweils geltenden Bestimmungen gewährt. Während der fachwissenschaftlichen Studienzeit soll Erholungsurlaub nur erteilt werden, wenn dadurch keine Lehrveranstaltungen versäumt werden. Der Erholungsurlaub wird auf den Vorbereitungsdienst angerechnet.

(2) Andere Unterbrechungen, insbesondere Krankheitszeiten, werden in der Regel nicht auf die Ausbildungszeit angerechnet, soweit sie 20 Arbeitstage je Ausbildungsjahr überschreiten. In diesem Fall soll die Ausbildung angemessen verlängert werden.

(3) Um den Erfolg der Ausbildung in den fachpraktischen Ausbildungen I und II nicht zu beeinträchtigen, sind, soweit erforderlich, Urlaub und Krankheitszeiten auf die in § 10 Absatz 2 aufgeführten Ausbildungsabschnitte anteilig anzurechnen.

§ 16
Vorzeitige Entlassung

Rechtspflegeranwärterinnen und Rechtspflegeranwärter können nach Maßgabe des § 23 Absatz 4 des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Juni 2017 (BGBl. S. 1570) geändert worden ist, entlassen werden, wenn sie auf Grund ihrer Leistungen oder ihres Verhaltens nicht geeignet erscheinen oder wenn sie die an sie zu stellenden geistigen oder körperlichen Anforderungen nicht erfüllen. Eine Entlassung soll erfolgen, wenn die im ersten Studienabschnitt erbrachten Leistungen nicht wenigstens mit ausreichend“ bewertet werden. Wird die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) geändert worden ist, angeordnet, so darf die Ausbildung von der Zustellung der Anordnung an nicht mehr fortgesetzt werden. Die Anwärterin oder der Anwärter sind hierauf hinzuweisen.

Abschnitt 4
Rechtspflegerprüfung

§ 17
Zweck der Prüfung

Die Rechtspflegerprüfung dient der Feststellung, ob die oder der Studierende das Ausbildungsziel gemäß § 2 Absatz 1 erreicht hat und ihr oder ihm damit nach fachlichen und allgemeinen Kenntnissen und Fähigkeiten, nach praktischem Geschick und nach dem Gesamtbild der Persönlichkeit die Befähigung zur Wahrnehmung der Rechtspflegeraufgaben zuerkannt werden kann.

§ 18
Landesjustizprüfungsamt

(1) Die Rechtspflegerprüfung wird vor dem Landesjustizprüfungsamt abgelegt.

(2) Die Präsidentin oder der Präsident des Landesjustizprüfungsamts leitet das Prüfungsverfahren. Sie oder er wählt die Aufgaben für die Aufsichtsarbeiten aus, setzt die Termine der schriftlichen und der mündlichen Prüfung sowie die Bearbeitungszeit für die Aufsichtsarbeiten fest, bezeichnet die zulässigen Hilfsmittel, bestimmt die Prüferinnen und Prüfer für die Aufsichtsarbeiten, die Vorsitzende oder den Vorsitzenden und die weiteren Mitglieder des Prüfungsausschusses und trifft alle Entscheidungen außerhalb der mündlichen Prüfung einschließlich der Entscheidungen nach dem achten Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung.

§ 19
Bestellung der Prüferinnen und Prüfer

(1) Das für Justiz zuständige Ministerium bestellt die Prüferinnen und Prüfer für die Rechtspflegerprüfung widerruflich auf die Dauer von fünf Jahren. Die Präsidentin oder der Präsident des Landesjustizprüfungsamts kann zum Zweck der Erprobung oder wegen vermehrten Geschäftsanfalls Personen, die die Voraussetzungen des § 20 Absatz 1 erfüllen, vorübergehend ohne förmliche Bestellung heranziehen.

(2) Die Bestellung zur Prüferin oder zum Prüfer erlischt durch Zeitablauf, durch Widerruf oder spätestens mit Vollendung des 68. Lebensjahres. Die Mitwirkung in einem Widerspruchsverfahren bleibt hiervon unberührt.

§ 20
Prüferinnen und Prüfer

(1) Die Prüferinnen und Prüfer für die Prüfung im Fachbereich der Rechtspflege müssen die Befähigung zum Richteramt oder zur Wahrnehmung der Rechtspflegeraufgaben besitzen. Sie müssen als

1.    Richterin beziehungsweise Richter oder Staatsanwältin beziehungsweise Staatsanwalt,

2.    Beamtin oder Beamter der Laufbahngruppe 2 des Justizdienstes oder

3.    Professorin beziehungsweise Professor oder Dozentin beziehungsweise Dozent der Fachhochschule im Fachbereich Rechtspflege

im Dienste des Landes Nordrhein-Westfalen stehen.

(2) Die Prüferinnen und Prüfer wirken beim Entwerfen von Aufsichtsarbeiten, bei der Bewertung der Aufsichtsarbeiten und bei der Abnahme der mündlichen Prüfung mit.

§ 21
Unabhängigkeit der Prüferinnen und Prüfer

Die Prüferinnen und Prüfer sind in ihrer Prüfertätigkeit unabhängig.

§ 22
Prüfungsverfahren

(1) Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Die schriftliche Prüfung soll bereits während der vorgesehenen Dauer des Vorbereitungsdienstes abgenommen werden. Die mündliche Prüfung wird sobald wie möglich nach der schriftlichen Prüfung abgeschlossen.

(2) Die schriftliche Prüfung besteht aus Aufsichtsarbeiten. Diese können sich auch auf den Umgang mit den im Rechtspflegeraufgabenfeld anzuwendenden informationstechnischen Programmen beziehen. In diesem Fall sind den Prüflingen die zur Aufgabenbearbeitung erforderlichen technischen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen.

(3) Die mündliche Prüfung besteht aus einem Prüfungsgespräch.

(4) Eine Woche vor der mündlichen Prüfung ist der Prüfling vom Dienst befreit.

(5) Die personalaktenführenden Stellen leiten dem Landesjustizprüfungsamt die Personalakten der Prüflinge nach Ablauf der Ausbildung zu.

§ 23
Schriftliche Prüfung

(1) Der Prüfling fertigt an sieben Tagen jeweils eine Aufsichtsarbeit aus dem Bereich der Rechtspflegeraufgaben in folgenden Gebieten an:

1.    Zivilsachen mit dem Schwerpunkt im Bürgerlichen Recht,

2.    Zivilsachen mit dem Schwerpunkt im Prozess-, Vollstreckungs- und Insolvenzrecht,

3.    Straf-, Strafprozess- und Strafvollstreckungssachen,

4.    Grundbuchsachen,

5.    Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen,

6.    Registersachen (Handels- und Vereinsregister) sowie

7.    Kostenrecht mit dem Schwerpunkt in Zivil- und Familiensachen.

(2) Die Bearbeitungszeit für jede Aufsichtsarbeit beträgt fünf Stunden. Behinderten und vorübergehend körperlich beeinträchtigten Prüflingen kann die Bearbeitungszeit verlängert werden. Die Dauer des Verlängerungszeitraums soll zwei Stunden nicht überschreiten.

(3) Der Prüfling hat die Arbeit spätestens bei Ablauf der Bearbeitungszeit an die Aufsichtsführende oder den Aufsichtführenden abzugeben. Er versieht sie mit einer ihm zugeteilten Kennziffer. Die Arbeiten dürfen keine sonstigen Hinweise auf die Person des Prüflings enthalten. Die oder der Aufsichtführende fertigt eine Niederschrift an und vermerkt in ihr jede Unregelmäßigkeit. Sie oder er verzeichnet auf jeder Arbeit den Zeitpunkt des Beginns und der Abgabe.

(4) Bei Störungen des ordnungsgemäßen Ablaufs des Termins zur Anfertigung einer Aufsichtsarbeit kann die Präsidentin oder der Präsident des Landesjustizprüfungsamts die zum Ausgleich etwaiger Beeinträchtigungen notwendigen Maßnahmen treffen. Sie oder er kann insbesondere die Bearbeitungszeit verlängern oder für einzelne oder alle Prüflinge die erneute Anfertigung der Aufsichtsarbeit anordnen oder ermöglichen. Die Berufung auf die Störung ist ausgeschlossen, wenn seit ihrem Eintritt mehr als ein Monat verstrichen ist.

§ 24
Bewertung der Aufsichtsarbeiten

(1) Jede Aufsichtsarbeit wird von zwei Prüferinnen oder Prüfern selbstständig begutachtet und bewertet. Eine Prüferin oder ein Prüfer soll Professorin beziehungsweise Professor oder Dozentin beziehungsweise Dozent der Fachhochschule für Rechtspflege sein.

(2) Bei abweichender Bewertung einer Aufsichtsarbeit erfolgt eine Beratung der beiden Prüferinnen oder Prüfer. Können sie sich nicht einigen, werden Note und Punktzahl endgültig im Rahmen ihrer Bewertung von einer dritten Prüferin oder einem dritten Prüfer festgelegt, die oder der jeweils von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts bestimmt wird.

(3) Die Bewertung findet vor der mündlichen Prüfung statt und ist für das weitere Prüfungsverfahren bindend.

(4) Mitteilungen über die Person des Prüflings dürfen den Prüferinnen oder Prüfern, Mitteilungen über deren Person dürfen dem Prüfling erst nach Bewertung der Aufsichtsarbeiten gemacht werden. Kenntnisse über die Person des Prüflings, die eine Prüferin oder ein Prüfer vorher durch die Tätigkeit bei der verwaltungsmäßigen Durchführung des Prüfungsverfahrens oder als Mitglied eines Prüfungsausschusses erlangt, stehen der Mitwirkung nicht entgegen.

(5) Dem Prüfling wird die Bewertung der Aufsichtsarbeiten schriftlich mitgeteilt, sobald Noten und Punktwerte endgültig festgelegt sind, spätestens jedoch zwei Wochen vor der mündlichen Prüfung. Die Frist für die Mitteilung der Bewertung wird durch Aufgabe zur Post gewahrt, maßgebend ist das Datum des Poststempels.

§ 25
Prüfungsnoten

Für die Bewertung der Prüfungsleistungen gilt § 14.

§ 26
Schlussentscheidung ohne mündliche Prüfung

(1) Die Prüfung ist durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts für nicht bestanden zu erklären, sobald

1.    vier oder mehr Aufsichtsarbeiten mit mangelhaft“ oder ungenügend“ bewertet worden sind,

2.    ein Prüfling ohne genügende Entschuldigung drei oder mehr Aufsichtsarbeiten nicht oder nicht rechtzeitig abliefert,

3.    ein Prüfling ohne genügende Entschuldigung zu dem Termin für die mündliche Prüfung nicht oder nicht rechtzeitig erscheint oder den Termin nicht bis zum Ende der Prüfung wahrnimmt oder

4.    ein Prüfling ohne Genehmigung der Präsidentin oder des Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts von der Prüfung zurücktritt.

(2) Die Prüfung ist durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts für nicht unternommen zu erklären, sobald ein Prüfling mit ihrer oder seiner Genehmigung von der Prüfung zurücktritt. Die Genehmigung darf nur aus wichtigem Grund erteilt werden, insbesondere wenn der Prüfling durch Krankheit an der Ablegung der Prüfung verhindert ist.

(3) Die Entscheidung ist dem Prüfling mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen. Im Fall des Absatzes 1 Nummer 1 ist sie mit der Mitteilung über die Bewertung der schriftlichen Arbeiten sowie über die Bestimmung der Zeitdauer der ergänzenden Ausbildung nach § 33 Absatz 2 zu verbinden. Im Fall des Absatzes 2 regelt die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts die weitere Ausbildung. § 10 Absatz 6 findet entsprechende Anwendung.

§ 27
Zwischenentscheidung ohne mündliche Prüfung

(1) Liefert ein Prüfling bis zu zwei Aufsichtsarbeiten ohne genügende Entschuldigung nicht oder nicht rechtzeitig ab, so sind sie durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts für „ungenügend" zu erklären. Die Entscheidung bleibt für das weitere Prüfungsverfahren wirksam. Sie ist dem Prüfling mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen.

(2) Liefert ein Prüfling mindestens eine Aufsichtsarbeit mit genügender Entschuldigung nicht ab, so hat er alle Aufsichtsarbeiten neu anzufertigen. Kann das Prüfungsverfahren nicht unverzüglich fortgesetzt werden, so regelt die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts die weitere Ausbildung. § 10 Absatz 6 findet entsprechende Anwendung.

(3) Entschuldigungsgründe sind nur zu berücksichtigen, wenn sie unverzüglich gegenüber dem Landesjustizprüfungsamt geltend gemacht werden. Von einem Prüfling, der sich mit Krankheit entschuldigt, kann die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses verlangt werden.

§ 28
Mündliche Prüfung

(1) Die mündliche Prüfung wird vor einem Prüfungsausschuss abgelegt, der aus vier Prüferinnen oder Prüfern einschließlich der oder des Vorsitzenden besteht. Die oder der Vorsitzende und eine weitere Prüferin oder ein weiterer Prüfer müssen die Befähigung zum Richteramt, die beiden anderen Prüferinnen oder Prüfer die Befähigung zur Wahrnehmung der Rechtspflegeraufgaben haben. Eine Prüferin oder ein Prüfer soll Professorin beziehungsweise Professor oder Dozentin beziehungsweise Dozent der Fachhochschule für Rechtspflege sein.

(2) Zu einer mündlichen Prüfung sollen nicht mehr als sechs Prüflinge geladen werden.

(3) Vor der mündlichen Prüfung soll die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses mit jedem Prüfling einzeln Rücksprache nehmen, um ein Bild von dessen Persönlichkeit zu gewinnen.

(4) Vor Beginn der mündlichen Prüfung findet eine Vorberatung des Ausschusses statt, zu der sämtliche Prüfungsunterlagen vorliegen. Dabei berichtet die oder der Vorsitzende den anderen Prüferinnen oder Prüfern über das Vorgespräch  gemäß Absatz 3.

(5) Die Gesamtdauer der mündlichen Prüfung beträgt je erschienenem Prüfling ausschließlich der Pausen etwa 40 Minuten. Sie ist durch eine angemessene Pause zu unterbrechen.

(6) Die mündliche Prüfung ist eine Verständnisprüfung. Sie erstreckt sich auf die Gegenstände des fachwissenschaftlichen Studiums gemäß § 9 Absatz 1 und der fachpraktischen Ausbildung gemäß § 10 Absatz 2.

(7) An der mündlichen Prüfung beteiligen sich alle Prüferinnen und Prüfer. Sie wird in vier Teilen von jeweils einer Prüferin oder einem Prüfer abgenommen.

(8) Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses leitet die mündliche Prüfung. Sie oder er hat darauf zu achten, dass die Prüflinge in geeigneter Weise befragt werden. Ihr oder ihm obliegt die Aufrechterhaltung der Ordnung.

(9) Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses kann Studierenden, die das fachwissenschaftliche Studium I beendet haben, sowie mit der Ausbildung der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger oder ihrer Prüfung befassten Personen gestatten, bei der mündlichen Prüfung zuzuhören. Die Verkündung der Entscheidung findet unter Ausschluss der Zuhörenden statt, wenn mindestens ein Prüfling dies beantragt.

§ 29
Schlussentscheidung nach mündlicher Prüfung

(1) Nach Beendigung der mündlichen Prüfung bewertet der Prüfungsausschuss die darin erbrachte Leistung und setzt eine Note nebst Punktzahl fest. Anschließend entscheidet er unter Ermittlung des Punktwerts für die Gesamtnote über das Ergebnis der Prüfung. Der Prüfungsausschuss beschließt mit Stimmenmehrheit. Eine Stimmenthaltung ist nicht zulässig. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme der oder des Vorsitzenden.

(2) Entsprechen die Leistungen des Prüflings insgesamt den Anforderungen, so ist die Prüfung für bestanden zu erklären, und zwar als ausreichend“, „befriedigend“, vollbefriedigend“, gut“ oder sehr gut“. Entsprechen die Leistungen nicht den Anforderungen, so ist die Prüfung für nicht bestanden zu erklären.

(3) Die Leistungen des Prüflings entsprechen in der Gesamtbeurteilung (Gesamtnote) den Anforderungen, wenn der Punktwert 4,00 Punkte nicht unterschreitet.

(4) Die Punktwerte für die Gesamtnote und für die einzelnen Prüfungsabschnitte sind rechnerisch zu ermitteln. Es sind die Aufsichtsarbeiten mit einem Anteil von insgesamt 70 Prozent und die Leistung in der mündlichen Prüfung mit einem Anteil von insgesamt 30 Prozent zu berücksichtigen. Der Punktwert für die Gesamtnote wird errechnet, indem die Punktzahl der Bewertung jeder Aufsichtsarbeit mit 10 und die der Leistung in der mündlichen Prüfung mit 30 vervielfältigt und sodann die Summe durch 100 geteilt wird. Alle Punktwerte sind bis auf zwei Dezimalstellen ohne Aufrundung oder Abrundung rechnerisch zu ermitteln.

(5) Der Prüfungsausschuss kann bei der Entscheidung über das Ergebnis der Prüfung von dem rechnerisch ermittelten Wert für die Gesamtnote um bis zu einen Punkt abweichen, wenn dies auf Grund des Gesamteindrucks den Leistungsstand des Prüflings besser kennzeichnet und die Abweichung auf das Bestehen keinen Einfluss hat. Auch die Leistungen im Vorbereitungsdienst sind hierbei zu berücksichtigen.

(6) Fehler bei der Notenbezeichnung für die Gesamtnote und bei der Errechnung des Punktwertes können von Amts wegen durch das Landesjustizprüfungsamt berichtigt werden. Die Berichtigung der Punktwerte und eine durch sie bewirkte Änderung in der Notenbezeichnung sind auf der Prüfungsniederschrift zu vermerken. Das unrichtige Zeugnis ist einzuziehen und durch ein richtiges zu ersetzen.

(7) Die Schlussentscheidung ist durch die Vorsitzende oder den Vorsitzenden zu verkünden.

(8) Der Prüfling darf seine Prüfungsakten einsehen. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Prüfungsentscheidung zu stellen. Die Gründe für die Bewertung der Prüfungsleistungen sind dem Prüfling auf Antrag durch ein Mitglied des Prüfungsausschusses mündlich mitzuteilen. Dabei ist ihm Einsicht in seine Prüfungsarbeiten und in die Gutachten der Prüferinnen und Prüfer zu geben. Erklärt der Prüfling in seinem Antrag nur, dass er Einsicht in seine Prüfungsarbeiten und in die Gutachten der Prüferinnen und Prüfer wünsche, ist ihm diese in den Räumen des Landesjustizprüfungsamtes zu gewähren.

§ 30
Niederschrift über die mündliche Prüfung

(1) Über die mündliche Prüfung ist eine Niederschrift aufzunehmen, in der festgestellt werden:

1.    Ort und Tag der Prüfung,

2.    Zusammensetzung des Prüfungsausschusses,

3.    die Namen und die Anwesenheit der Prüflinge,

4.    die Bewertung der Aufsichtsarbeiten,

5.    die Prüfungsfächer, die Gegenstand der mündlichen Prüfung waren, und die Bewertung der Leistungen in der mündlichen Prüfung,

6.    die errechneten Punktwerte für die Gesamtnote,

7.    eine Änderung des Punktwertes für die Gesamtnote und die dafür maßgeblichen Gründe,

8.    die Entscheidung des Prüfungsausschusses über das Ergebnis der Prüfung,

9.    alle sonstigen Entscheidungen des Prüfungsausschusses, insbesondere Entscheidungen nach § 32 Absatz 3, 1. Halbsatz und § 33 Absatz 2 Satz 1, 1. Alternative sowie

10.  die Verkündung der Entscheidungen des Prüfungsausschusses.

(2) Die Niederschrift ist von der oder dem Vorsitzenden zu unterschreiben.

§ 31
Prüfungszeugnis

Wer die Prüfung bestanden hat, erhält über das Ergebnis ein Zeugnis der Präsidentin oder des Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts, aus dem die Gesamtnote mit Notenbezeichnung und Punktwert ersichtlich ist. Auf Antrag wird dem Prüfling von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts zusätzlich die Bewertung der einzelnen Prüfungsleistungen bescheinigt. Eine Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

§ 32
Ordnungswidriges Verhalten
im Prüfungsverfahren

(1) Als Folgen eines ordnungswidrigen Verhaltens, namentlich eines Täuschungsversuchs, des Besitzes oder der Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel, können ausgesprochen werden:

1.    dem Prüfling kann die Wiederholung einzelner oder mehrerer Prüfungsleistungen aufgegeben werden,

2.    Prüfungsleistungen, auf die sich die Ordnungswidrigkeit bezieht, können für ungenügend“ (0 Punkte) erklärt werden oder

3.    die Prüfung kann für nicht bestanden erklärt und in besonders schweren Fällen der Prüfling von einer Wiederholungsprüfung ausgeschlossen werden.

Die Entscheidung bleibt für das weitere Prüfungsverfahren wirksam. Sie ist dem Prüfling mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen.

(2) Auch nach Aushändigung des Zeugnisses über das Bestehen der Prüfung kann diese für nicht bestanden erklärt werden, jedoch nur innerhalb einer Frist von fünf Jahren seit dem Tag der mündlichen Prüfung.

(3) Über die Folgen eines in der mündlichen Prüfung festgestellten ordnungswidrigen Verhaltens entscheidet der Prüfungsausschuss, im Übrigen entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Landesjustizprüfungsamts.

§ 33
Wiederholung der Prüfung

(1) Ist die Prüfung für nicht bestanden erklärt worden, so darf der Prüfling sie einmal wiederholen. Die Prüfung ist vollständig zu wiederholen, einzelne Prüfungsleistungen können nicht erlassen werden.

(2) Im Fall des § 29 Absatz 2 Satz 2 bestimmt der Prüfungsausschuss, im Fall des § 26 Absatz 1 die Präsidentin oder der Präsident des Landesjustizprüfungsamts die Zeitdauer der ergänzenden Ausbildung. Die Dauer soll mindestens sechs und höchstens zwölf Monate betragen.

(3) Die weitere Gestaltung der Ergänzungsausbildung bestimmt die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts.

(4) Unbeschadet anderer Bestimmungen enden der Vorbereitungsdienst und das Beamtenverhältnis auf Widerruf mit der Verkündung der Entscheidung über das endgültige Nichtbestehen. Wird die Entscheidung nicht durch den Prüfungsausschuss getroffen, ist der Zeitpunkt der schriftlichen Bekanntgabe an den Prüfling maßgebend.

§ 34
Entscheidungen über Prüfungsleistungen

Entscheidungen, die eine Beurteilung der Prüfungsleistungen enthalten, können nicht abgeändert werden.

§ 35
Zuerkennung der Befähigung
für die Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt des Justizdienstes

Einem Prüfling, der die Prüfung nicht oder endgültig nicht besteht, kann die Befähigung für die Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt des Justizdienstes zuerkannt werden, wenn die nachgewiesenen Kenntnisse ausreichen. Im Fall des § 29 Absatz 2 Satz 2 trifft die Entscheidung der Prüfungsausschuss, im Übrigen die Präsidentin oder der Präsident des Landesjustizprüfungsamts.

§ 36
Aufbewahrungsfristen

Die Aufsichtsarbeiten einschließlich der Gutachten der Prüferinnen oder Prüfer sind fünf Jahre, die übrigen Prüfungsunterlagen sind 50 Jahre aufzubewahren. Die Frist beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses an den Prüfling erfolgt. Im Fall einer Wiederholungsprüfung ist für den Fristbeginn der Tag der Bekanntgabe des Ergebnisses der letzten Prüfung maßgebend.

Abschnitt 5
Aufstiegsbeamtinnen und Aufstiegsbeamte

§ 37
Aufstiegsbeamtinnen und Aufstiegsbeamte

(1) Beamtinnen und Beamte der Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt des Justizdienstes können nach Maßgabe des § 19 Absatz 1 in Verbindung mit § 20 der Laufbahnverordnung vom 21. Juni 2016 (GV. NRW. S. 461) in der jeweils geltenden Fassung zur Aufstiegsqualifizierung für den Erwerb der Befähigung nach § 1 zugelassen werden, wenn sie aufgrund ihrer Persönlichkeit und ihrer in einer mindestens dreijährigen Dienstzeit gezeigten Leistungen sowie nach ihrem Bildungsstand für die Laufbahn der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger geeignet erscheinen. Die Dienstzeiten rechnen von dem Zeitpunkt der Beendigung der Probezeit in der Laufbahngruppe 1 an, § 10 Absatz 2 der Laufbahnverordnung. Sie können nach Maßgabe des § 20 Absatz 1 Satz 2 der Laufbahnverordnung gekürzt werden.

(2) Für Aufstiegsbeamtinnen und Aufstiegsbeamte gemäß Absatz 1 findet diese Ausbildungs- und Prüfungsordnung nach Maßgabe dieses Absatzes entsprechende Anwendung. Die Beamtin oder der Beamte wird in die Aufgaben der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger eingeführt. An die Stelle des Vorbereitungsdienstes tritt ein Ausbildungsaufstieg von gleicher Dauer. Erfüllt die Beamtin oder der Beamte die Zulassungsvoraussetzung des § 3 Absatz 1 Nummer 3 nicht, wird sie oder er der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen als Studierende oder Studierender mit besonderer Zulassungsvoraussetzung zugewiesen. Die Beamtin oder der Beamte, die oder der für die Ämter der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt des Justizdienstes nicht geeignet erscheint oder die Rechtspflegerprüfung auch nach Wiederholung nicht besteht, übernimmt eine Tätigkeit der Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt des Justizdienstes.

(3) Über die Zulassung entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Soweit die Beamtin oder der Beamte nicht in deren oder dessen Zuständigkeitsbereich tätig ist, entscheidet über die Zulassung die Präsidentin oder der Präsident des Oberverwaltungsgerichts, die Präsidentin oder der Präsident des Landesarbeitsgerichts, die Präsidentin oder der Präsident des Landessozialgerichts, die Präsidentin oder der Präsident des Finanzgerichts, die Generalstaatsanwältin oder der Generalstaatsanwalt, die Leiterin oder der Leiter der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen, die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen oder die Leiterin oder der Leiter der Justizakademie des Landes Nordrhein-Westfalen im Einvernehmen mit der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts.

(4) Die Vorschriften der Verordnung über prüfungserleichterten Aufstieg vom mittleren in den gehobenen Justizdienst des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. Februar 1987 (GV. NW. S. 69), die zuletzt durch Verordnung vom 29. Mai 2015 (GV. NRW. S. 483) geändert worden ist, bleiben unberührt.

Abschnitt 6
Regelungen für Menschen mit Behinderungen

§ 38
Regelungen für Menschen mit Behinderungen

Behinderten Menschen sind unabhängig von der Zuerkennung einer Schwerbehinderung im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen - vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234), das zuletzt durch Artikel 23 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2541) geändert worden ist, bei der Erbringung von Leistungen nach § 9 Absatz 5 und § 11 Absatz 1 Satz 3 sowie für die Teilnahme an der Rechtspflegerprüfung die ihrer Behinderung angemessenen Erleichterungen zu gewähren. Art und Umfang der Erleichterungen sind mit den behinderten Menschen zu erörtern. Die Erleichterungen dürfen nicht zu einer qualitativen Herabsetzung der Anforderungen führen. Bei schwerbehinderten und diesen gleichgestellten behinderten Menschen im Sinne von Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ist die zuständige Schwerbehindertenvertretung rechtzeitig zu informieren und anzuhören. § 23 Absatz 2 Satz 2 und 3 bleiben unberührt.

Abschnitt 7
Schlussvorschriften

§ 39
Inkrafttreten, Außerkrafttreten, Übergangsregelung

(1) Diese Verordnung tritt am 1. August 2019 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Rechtspflegerausbildungsordnung vom 19. Mai 2003 (GV. NRW. S. 294), die zuletzt durch Artikel 33 der Verordnung vom 24. September 2014 (GV. NRW. S. 647) geändert worden ist, außer Kraft.

(2) Rechtspflegeranwärterinnen und Rechtspflegeranwärter, deren Ausbildung vor dem 1. August 2019 begonnen hat, setzen ihren Vorbereitungsdienst nach den bisher geltenden Vorschriften fort und legen die Rechtspflegerprüfung nach den bisher geltenden Vorschriften ab.

(3) Für Aufstiegsbeamtinnen und Aufstiegsbeamte gilt Absatz 2 entsprechend.

(4) Bei Wiederholungsprüfungen ist das beim ersten Prüfungsversuch geltende Recht anzuwenden. Dies gilt auf Antrag auch dann, wenn die Prüfung als nicht unternommen gilt.

(5) Prüflingen, die vor dem 1. August 1972 die Rechtspflegerprüfung bestanden haben, erteilt die Präsidentin oder der Präsident des Landesjustizprüfungsamts auf Antrag zu dem Zeugnis eine Bescheinigung, aus der sich die Änderungen des § 14 gegenüber § 11 der Rechtspflegerausbildungsordnung vom 16. Dezember 1964 (JMBl. NRW. 1965 S. 1) ergeben.

Artikel 2
Änderung der Ausbildungsordnung Justizwachtmeister NRW

Die Ausbildungsordnung Justizwachtmeister NRW vom 16. November 2017 (GV. NRW. S.  859) wird wie folgt geändert:

1. In § 7 Absatz 1 Satz 4 wird das Wort „Nordrhein-Westfalens“ durch das Wort „Nordrhein-Westfalen“ ersetzt.

2. § 8 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 Satz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Nach Nummer 9 wird folgende Nummer 10 eingefügt:

„10. Grundlegende Rechtskenntnisse,“.

bb) Die bisherigen Nummern 10 bis 12 werden die Nummern 11 bis 13.

cc) Die bisherige Nummer 13 wird Nummer 14 und das Wort „Erste“ wird durch das Wort „Erster“ ersetzt.

dd) Die bisherigen Nummern 14 bis 16 werden die Nummern 15 bis 17.

b) In Absatz 3 Nummer 4 werden die Wörter „, zweites Einstiegsamt,“ gestrichen.

Artikel 3
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Düsseldorf, den 8. Oktober 2018

Der Minister der Justiz
des Landes Nordrhein-Westfalen

Peter  B i e s e n b a c h

GV. NRW. 2018 S. 546