Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2004 Nr. 11 vom 15.4.2004 Seite 157 bis 182

 

Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 96/61/EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung - IVU-Richtlinie - im Wasserrecht (IVU-VO Wasser)

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Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 96/61/EG
über die integrierte Vermeidung und Verminderung der
Umweltverschmutzung - IVU-Richtlinie - im Wasserrecht
(IVU-VO Wasser)

 

Vom 19. Februar 2004

 

Aufgrund des § 2a des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeswassergesetz - LWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juni 1995 (GV. NRW. S. 925), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. April 2003 (GV. NRW. S. 254), wird verordnet:

 

Artikel 1

 

§ 1
Zweck

Mit der Verordnung werden die wasserrechtlichen Vorschriften der Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABl. EG Nr. L 257, S. 26) unter Berücksichtigung der bundesrechtlichen Vorschriften in Gestalt des Wasserhaushaltsgesetzes und des Bundes-Immissionsschutzgesetzes umgesetzt.

 

§ 2
Anwendungsbereich, Koordinierung der Verfahren

(1) Ist mit der Errichtung und dem Betrieb oder mit der wesentlichen Änderung einer Anlage, die einer Genehmigung nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bedarf, eine Gewässerbenutzung nach § 3 Abs. 1 Nrn. 4, 4a, 5 oder Abs. 2 Nr. 2 des Wasserhaushaltsgesetzes oder eine nach dem Landeswassergesetz genehmigungspflichtige Indirekteinleitung verbunden, ist eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

 

(2) Soweit für die Genehmigung der Anlage ein Verfahren nach § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen ist, darf eine Erlaubnis für die Gewässerbenutzung oder eine Genehmigung für die Indirekteinleitung nur erteilt werden, wenn auch die in den §§ 3 bis 6 geregelten Anforderungen eingehalten werden.

 

§ 3
Antragsunterlagen

Dem Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis oder einer Genehmigung sind Pläne, Berechnungen und Beschreibungen mindestens zu folgenden Gegenständen beizufügen:

1. Art, Herkunft, Menge und stoffliche Belastung des Abwassers sowie Feststellung von erheblichen Auswirkungen der Emissionen auf die Gewässer,

2. Roh- und Hilfsstoffe sowie sonstige Stoffe, die in der Produktion verwendet oder erzeugt werden,

3. Ort des Abwasseranfalls und der Zusammenführung von Abwasserströmen,

4. Maßnahmen zur Vermeidung von Abwasser sowie Maßnahmen zur Schadstoffrückhaltung,

5. vorgesehene Maßnahmen zur Überwachung der Emissionen.

Bei den Beschreibungen nach Satz 1 kann auf solche Angaben verzichtet werden, die für die beantragte Gewässerbenutzung oder Indirekteinleitung offensichtlich ohne Belang sind. Dem Antrag ist ferner ein Erläuterungsbericht beizufügen, der eine nicht technische Zusammenfassung der in Satz 1 genannten Angaben enthält.

 

§ 4
Mindestinhalt der Erlaubnis oder
Genehmigung, Genehmigungsverfahren

(1) Die Erlaubnis oder die Genehmigung hat mindestens Regelungen zu enthalten über

1. die Verpflichtung zur Überwachung der Gewässerbenutzung oder der Indirekteinleitung,

2. die Methode und die Häufigkeit der Überwachung einschließlich Messungen und Bewertungsverfahren,

3. die Vorlage von Daten für die Überprüfung der Einhaltung von Inhalts- und Nebenbestimmungen.

 

(2) Die in Satz 1 geregelten Mindestinhalte sind unter Berücksichtigung der Vorgaben in der Abwasserverordnung und den in der Verordnung über die Selbstüberwachung nach § 60 des Landeswassergesetzes festzulegen. Die Festlegung des Analyse- und Messverfahrens für einen amtlich zu überwachenden Parameter erfolgt in der Weise, dass in der Erlaubnis und in der Genehmigung die Nummer des Parameters nach der Anlage zu § 4 der Abwasserverordnung aufgenommen wird. Für Parameter, die nicht Gegenstand des Abwasserabgabengesetzes sind, können gleichwertige Verfahren festgesetzt werden, sofern die Gleichwertigkeit durch die oberste Wasserbehörde festgelegt ist. Soweit in der Erlaubnis oder in der Genehmigung Überwachungswerte für Parameter festgelegt werden, für die in der Anlage zu § 4 der Abwasserverordnung kein Analyseverfahren genannt ist, ist es in der Erlaubnis oder in der Genehmigung anzugeben.

 

(3) Der Einleiter hat die für die Zulassung der Gewässerbenutzung oder der Genehmigung zuständige Behörde regelmäßig über die Ergebnisse der Überwachung der Emissionen zu unterrichten. Bei Störungen der Abwasserbehandlungsanlage hat die Unterrichtung nach Maßgabe des § 57 Abs. 3 des Landeswassergesetzes zu erfolgen.

 

(4) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach § 3 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

 

§ 5
Öffentlichkeitsbeteiligung, Zugang zu Informationen

(1) Im Falle des § 2 Abs. 2 macht die zuständige Behörde den Antrag und die Antragsunterlagen öffentlich bekannt und weist darauf hin, wo und in welchem Zeitraum der Antrag und die Antragsunterlagen ausliegen. Der Antrag und die Unterlagen sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Die Öffentlichkeit kann während und bis zu zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist Stellung nehmen.

 

(2) Die zuständige Behörde macht den verfügenden Teil der Entscheidung über die Erlaubnis oder die Genehmigung der Öffentlichkeit bekannt. § 41 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gilt entsprechend.

 

(3) Die Öffentlichkeitsbeteiligung nach den Absätzen 1 und 2 entfällt, wenn diese bereits aufgrund einer Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

 

(4) Die Ergebnisse der Überwachung sind, soweit sie der zuständigen Behörde vorliegen, für die Öffentlichkeit nach den Bestimmungen des Umweltinformationsgesetzes (UIG) vom 8. Juli 1994 in der jeweils gültigen Fassung zugänglich.

 

§ 6
Grenzüberschreitende Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung

(1) Können eine Gewässerbenutzung oder eine Indirekteinleitung nach § 2 Abs. 2 erhebliche in den Antragsunterlagen zu beschreibende Auswirkungen in einem anderen Staat haben oder ersucht ein anderer Staat, der möglicherweise von den Auswirkungen erheblich berührt wird, darum, so werden die von dem anderen Staat benannten Behörden zum gleichen Zeitpunkt und im gleichen Umfang über das Vorhaben wie die beteiligten Behörden unterrichtet; dabei ist eine angemessene Frist für die Mitteilung einzuräumen, ob eine Teilnahme an dem Verfahren gewünscht wird. Wenn der andere Staat die zu beteiligenden Behörden nicht benannt hat, ist die oberste für Umweltangelegenheiten zuständige Behörde des anderen Staates zu unterrichten. Die Unterrichtung ist durch die zuständige Behörde vorzunehmen.

 

(2) Die zuständige Behörde leitet den nach Absatz 1 zu beteiligenden Behörden jeweils eine Ausfertigung der Antragsunterlagen zu und teilt den geplanten zeitlichen Ablauf des Zulassungsverfahrens mit. Rechtsvorschriften zur Geheimhaltung, insbesondere zum Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen bleiben unberührt; entgegenstehende Rechte Dritter sind zu beachten. Ebenfalls unberührt bleiben die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes und des Landesdatenschutzgesetzes zur Datenübermittlung an Stellen außerhalb des Geltungsbereiches des Grundgesetzes. Die zuständige Behörde gibt den zu beteiligenden Behörden des anderen Staates auf der Grundlage der übersandten Unterlagen Gelegenheit, innerhalb angemessener Frist vor der Entscheidung über den Antrag ihre Stellungnahme abzugeben.

 

(3) Die zuständige Behörde hat darauf hinzuwirken, dass das Vorhaben in dem anderen Staat auf geeignete Weise bekannt gemacht und dabei angegeben wird, bei welcher Behörde zu dem Vorhaben Einwendungen erhoben werden können. Die in dem anderen Staat ansässigen Personen sind im Hinblick auf ihre weitere Beteiligung am Genehmigungsverfahren Inländern gleichgestellt.

 

(4) Die zuständige Behörde kann verlangen, dass ihr der Träger des Vorhabens eine Übersetzung der Kurzbeschreibung des wasserrechtlichen Antrages zur Verfügung stellt, sofern im Verhältnis zu dem anderen Staat die Voraussetzungen der Grundsätze von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit erfüllt sind.

(5) Die zuständige Behörde übermittelt den beteiligten Behörden des anderen Staates die Entscheidung über den Antrag einschließlich der Begründung. Sofern sich in dem anderen Staat ansässige Personen oder Behörden am Genehmigungsverfahren beteiligt haben, kann sie eine Übersetzung des Genehmigungsbescheides beifügen.

 

§ 7
Überprüfung von Zulassungen, Anpassungen

(1) Die Einhaltung der Erlaubnis und Genehmigung ist nach Maßgabe der §§ 116 bis 120 des Landeswassergesetzes regelmäßig zu überwachen. Die für die Erlaubnis und Genehmigung nach § 2 zuständige Behörde hat diese regelmäßig zu überprüfen und, soweit erforderlich, nach den besonderen Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes und des Landeswassergesetzes anzupassen.

 

(2) Bei Erlaubnissen und Genehmigungen nach § 2 Abs. 1 ist eine Überprüfung aus besonderem Anlass notwendig, wenn

1. Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Schutz der Gewässer nicht ausreichend gewährleistet ist und deshalb die festgelegten Begrenzungen der Emissionen überprüft oder neu festgesetzt werden müssen,

2. wesentliche Veränderungen des Standes der Technik eine erhebliche Verminderung der Emissionen ermöglichen,

3. eine Verbesserung der Betriebssicherheit erforderlich ist, insbesondere durch die Anwendung anderer Techniken oder

4. Rechtsvorschriften, insbesondere § 7a des Wasserhaushaltsgesetzes sowie die dazu ergangenen Rechtsverordnungen, dies fordern.

 

(3) Die Regelungen über die Selbstüberwachung nach den §§ 60, 60a und 61 des Landeswassergesetzes und der dazu ergangenen Verordnungen bleiben unberührt.

§ 8
Vorhandene Benutzungen und Indirekteinleitungen

Bis spätestens 30. Oktober 2007 müssen vorhandene Einleitungen und Indirekteinleitungen von Abwasser aus Anlagen nach § 2 Abs. 2 den Anforderungen nach § 7a Abs. 1 Satz 3 und 4 des Wasserhaushaltsgesetzes entsprechen.

 

§ 9
In -Kraft-Treten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.

 

Artikel 2

 

Berichtspflicht gegenüber der Landesregierung

Der Landesregierung wird rechtzeitig vor Ablauf von fünf Jahren nach In-Kraft-Treten der Verordnung durch das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ein Bericht vorgelegt.

 

Düsseldorf, den 19. Februar 2004

 

 

Die Ministerin
für Umwelt und Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
des Landes Nordrhein-Westfalen

Bärbel  H ö h n

 

GV. NRW. 2004 S. 179