Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2014 Nr. 35 vom 25.11.2014 Seite 741 bis 764

 

Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den ordentlichen Gerichten in Beschwerdeverfahren gemäß § 335a Handelsgesetzbuch (ERVVO EHUG)1

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Verordnung
über den elektronischen Rechtsverkehr
bei den ordentlichen Gerichten
in Beschwerdeverfahren gemäß § 335a Handelsgesetzbuch
(ERVVO EHUG)1

Vom 17. November 2014

Auf Grund des § 335a Absatz 4 des Handelsgesetzbuchs in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, der durch Artikel 1 des Gesetzes vom 4. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3746) neu gefasst worden ist, in Verbindung mit § 110a Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), der durch Artikel 7 des Gesetzes vom 22. März 2005 (BGBl. I S. 837) eingefügt worden ist, sowie des § 1 Absatz 2 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 26. Januar 2010 (GV. NRW. S. 30) verordnet das Justizministerium:

§ 1
Zulassung der elektronischen Kommunikation

Bei den in der Anlage bezeichneten Gerichten können in den dort jeweils für sie näher bezeichneten Verfahrensarten und ab dem dort für sie angegebenen Datum elektronische Dokumente eingereicht werden.

§ 2
Form der Einreichung

(1) Zur Entgegennahme elektronischer Dokumente ist die jeweilige elektronische Poststelle der bezeichneten Gerichte bestimmt. Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite

www.justiz.nrw.de

bezeichneten Kommunikationswege erreichbar.

(2) Die Einreichung erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle.

(3) Sofern für Einreichungen die Schriftform oder die elektronische Form vorgeschrieben ist, sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16. Mai 2001 (BGBl. I S. 876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das adressierte Gericht oder durch eine andere von der Landesjustizverwaltung mit der automatisierten Überprüfung beauftragte Stelle prüfbar sein. Die Eignungsvoraussetzungen für eine Prüfung werden gemäß § 3 Nummer 2 bekannt gegeben.

(4) Das elektronische Dokument muss eines der folgenden Formate in einer für das adressierte Gericht bearbeitbaren Version aufweisen:

1. ASCII (American Standard Code for Information Interchange) als reiner Text ohne Formatierungscodes und ohne Sonderzeichen,

2. Unicode,

3. Microsoft RTF (Rich Text Format),

4. Adobe PDF (Portable Document Format),

5. XML (Extensible Markup Language),

6. TIFF (Tag Image File Format) oder

7. Microsoft Word, soweit keine aktiven Komponenten (z. B. Makros) verwendet werden.

Nähere Informationen, insbesondere zu den bearbeitbaren Versionen der zulässigen Dateiformate, werden gemäß § 3 Nummer 3 bekannt gegeben.

(5) Elektronische Dokumente, die einem der in Absatz 4 genannten Dateiformate in der nach § 3 Nummer 3 bekannt gegebenen Version entsprechen, können auch in komprimierter Form als ZIP-Datei eingereicht werden. Die ZIP-Datei darf keine anderen ZIP-Dateien und keine Verzeichnisstrukturen enthalten. Beim Einsatz von Dokumentensignaturen muss sich die Signatur auf das Dokument und nicht auf die ZIP-Datei beziehen. Die ZIP-Datei darf zusätzlich signiert werden.

(6) Sofern strukturierte Daten übermittelt werden, sollen sie im UNICODE-Zeichensatz UTF‑8 codiert sein.

(7) Das elektronische Dokument darf keine Schadsoftware enthalten.

§ 3
Bekanntgabe der Bearbeitungsvoraussetzungen

Die Landesjustizverwaltung oder die von ihr beauftragte Stelle gibt auf der Internetseite

www.justiz.nrw.de

bekannt:

1. die Einzelheiten des Verfahrens, das bei einer vorherigen Anmeldung zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr sowie für die Authentifizierung bei der jeweiligen Nutzung der elektronischen Poststelle einzuhalten ist, einschließlich der für die datenschutzgerechte Administration elektronischer Postfächer zu speichernden personenbezogenen Daten.

2. die Zertifikate, Anbieter und Versionen elektronischer Signaturen, die nach ihrer Prüfung für die Bearbeitung durch die Justiz oder durch eine andere mit der automatisierten Prüfung beauftragte Stelle geeignet sind. Dabei ist mindestens die Prüfbarkeit qualifizierter elektronischer Signaturen sicherzustellen, die dem Profil Common PKI entsprechen.

3. die nach ihrer Prüfung den in § 2 Absatz 3 und 4 festgelegten Formatstandards entsprechenden und für die Bearbeitung durch angeschlossene Gerichte geeigneten Versionen der genannten Formate sowie die bei dem in § 2 Absatz 4 Nummer 5 bezeichneten XML-Format zugrunde zu legenden Definitions- oder Schemadateien.

4. die zusätzlichen Angaben, die bei der Übermittlung oder bei der Bezeichnung des einzureichenden elektronischen Dokuments gemacht werden sollen, um die Zuordnung innerhalb des adressierten Gerichts und die Weiterverarbeitung durch sie zu gewährleisten.

5. Angaben zu geeigneten Datenträgern im Fall des § 4 Absatz 1 sowie Angaben zu Dokumentenanzahl und Volumengrenzen.

§ 4
Ersatzeinreichung

(1) Ist eine Übermittlung an die elektronische Poststelle (§ 2) nicht möglich, so kann die Einreichung abweichend von § 2 Absatz 1 und 2 auf einem Datenträger nach § 3 Nummer 5 bei dem Gericht erfolgen. Die Unmöglichkeit der Übermittlung nach § 2 ist darzulegen.

(2) Soweit Einreichungen die nach § 3 Nummer 5 bekanntzugebende Dokumentenanzahl oder Volumengrenzen überschreiten, können diese gemäß der Einreichung nach Absatz 1 übermittelt werden.

(3) Die Bearbeitungsvoraussetzungen gemäß § 3 sind auch in den Fällen der Absätze 1 und 2 einzuhalten, soweit sie nicht den elektronischen Übermittlungsvorgang betreffen.

(4) Ist die Entgegennahme elektronischer Dokumente über die elektronische Poststelle (§ 2) und gemäß Absatz 1 nicht möglich, trifft der Vorstand des Gerichts im Einzelfall Anordnungen zur Einreichung von Dokumenten.

§ 5
Datenverarbeitung im Auftrag

Die Datenverarbeitung erfolgt im Auftrag der in der Anlage genannten Gerichte durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Köln.

§ 6
Inkrafttreten, Berichtspflicht

(1) Diese Verordnung tritt am 1. Dezember 2014 in Kraft.

(2) Das Justizministerium berichtet der Landesregierung bis zum 31. Dezember 2019 und danach alle fünf Jahre über die Erfahrungen mit dieser Verordnung.

Düsseldorf, den 17. November 2014

____________________________

1Die Verpflichtungen aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204 vom 21.7.1998, S. 37), geändert durch Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217 vom 5.8.1998, S. 18), sind beachtet worden.

Der Justizminister
des Landes Nordrhein-Westfalen

Thomas  K u t s c h a t y

GV. NRW. 2014 S. 762