Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2011 Nr. 21 vom 30.8.2011 Seite 303 bis 316

 

Begleitung von Transporten durch die Polizei RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales v. 15.8.2011– 43.8 – 57.04.17 – v. 15.8.2011

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Begleitung von Transporten durch die Polizei

RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales v. 15.8.2011– 43.8 – 57.04.17 –
v. 15.8.2011

1
Großraum- und Schwertransporte

1.1
Anhörungsverfahren

1.1.1
Vor Erteilung einer Erlaubnis nach § 29 StVO und einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO hat die Straßenverkehrsbehörde in den in der Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO) zu den §§ 29 und 46 StVO genannten Fällen, in denen Polizeibegleitung bzw. polizeiliche Maßnahmen zu erwarten sind, u. a. die Polizei zu hören. Die im Rahmen dieser Anhörung von der Polizei abzugebende Stellungnahme soll sich auf verkehrspolizeiliche Belange beschränken. Dazu gehört die Mitteilung, ob und in welchem Umfang polizeiliche Begleitung für erforderlich gehalten wird.

Die Richtlinie zum Antrags- und Genehmigungsverfahren für die Durchführung von Großraum- und Schwertransporten (RGST 1992) enthält für den Fall der polizeilichen Begleitung entsprechender Transporte in den Nummern 25 bis 29 des Anhangs IV die in Betracht kommenden Auflagen, die unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalles der Straßenverkehrsbehörde mitzuteilen sind. Alle anderen im Anhang IV der RGST 1992 aufgeführten Auflagen können im Regelfall nicht Gegenstand einer polizeilichen Stellungnahme gegenüber der Straßenverkehrsbehörde sein

1.1.2
Dieser Erlass ist auch anzuwenden, wenn nach Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde punktuelle polizeiliche Maßnahmen aus Anlass eines Transportes durchgeführt werden müssen (zu § 29 (III) VwV-StVO VI. Nr. 7).

Eine polizeiliche Begleitung auf Anordnung der Straßenverkehrsbehörde kommt im Allgemeinen nur in Betracht, wenn wegen besonderer Umstände verkehrsregelnde Maßnahmen geboten sind (z. B. schwierige Straßen- oder Verkehrsverhältnisse, außergewöhnlich umfangreiches, sperriges oder schweres Beförderungsgut).

1.1.3
Eine polizeiliche Begleitung erfolgt grundsätzlich nicht

a) auf Autobahnen und Straßen, die wie Autobahnen ausgebaut sind, mit Seitenstreifen bei Fahrzeugen oder Zügen bis zu einer Breite über alles von 5,5 m (auf Straßen ohne Seitenstreifen 4,5 m),

b) auf anderen Straßen bei Fahrzeugen oder Zügen bis zu einer Breite über alles von 3,5 m,

c) auf allen Straßen, wenn der Sicherheitsabstand bei Überführungsbauwerken von 10 cm eingehalten werden kann (z. B. Brücken, Oberleitungen, LSA-Trägermasten).

1.1.4
Hält die Polizei eine Begleitung für erforderlich, obwohl diese Maße nicht überschritten werden, so ist dies im Anhörungsverfahren zu begründen. Das gleiche gilt, wenn sie eine Begleitung für nicht erforderlich hält, obwohl diese Maße überschritten werden.

1.1.5
Die Begleitung kann auf Teilstrecken (z. B. Baustellen, Ortsdurchfahrten) beschränkt werden. Ist auf mehreren Teilstrecken (z. B. jede Ortsdurchfahrt) Begleitung erforderlich, so ist durchgehende Begleitung vorzuschlagen, wenn dies aus Einsatzgründen zweckmäßig erscheint.

1.1.6
Wird von Straßenverkehrsbehörden innerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen entgegen der VwV-StVO oder entgegen den Vorschlägen der Polizei eine polizeiliche Begleitung angeordnet, so ist der Transport zu begleiten und der örtlich zuständigen Kreispolizeibehörde mit Autobahnpolizei (KPB mit AP) hierüber zu berichten.

Die Zuständigkeitsbereiche der KPB mit AP gliedern sich wie folgt:

Regierungsbezirk Arnsberg                  - Polizeipräsidium Dortmund

Regierungsbezirk Detmold                   - Polizeipräsidium Bielefeld

Regierungsbezirk Düsseldorf    - Polizeipräsidium Düsseldorf

Regierungsbezirk Köln             - Polizeipräsidium Köln

Regierungsbezirk Münster                    - Polizeipräsidium Münster

Betrifft dies Straßenverkehrsbehörden außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen, so ist mir zu berichten.

1.1.7
Polizei im Sinne der VwV-StVO und dieses RdErl. ist
- bei Transporten, die – wenn auch nur auf einer Teilstrecke – über Autobahnen oder sonstige Straßen, die in der Überwachungszuständigkeit einer KPB mit AP   liegen, geführt werden, die örtlich zuständige KPB mit AP,
- in allen übrigen Fällen die Kreispolizeibehörde (KPB).

Die genehmigende Straßenverkehrsbehörde hört die Straßenverkehrsbehörden der beteiligten Kreise/Städte bzw. die Bezirksregierung an, die ihrerseits die jeweils örtlich zuständige Polizeibehörde wegen der polizeilichen Begleitung anhört, wenn in den in der Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO) zu den §§ 29 und 46 StVO genannten Fällen Polizeibegleitung bzw. polizeiliche Maßnahmen zu erwarten sind.

1.2
Anmeldung des Transportes

1.2.1
Die Durchführung des Transportes zeigt der Erlaubnisinhaber gemäß der Anhörung (Ziffer 1.1.1) bzw. der Auflage in der Erlaubnis oder Ausnahmegenehmigung bei der KPB mit AP an, in deren Bezirk erstmals die polizeiliche Begleitung bzw. Maßnahme erforderlich ist.

1.2.2
Die KPB mit AP, die eine Transportanmeldung entgegen nimmt, unterrichtet die von der Begleitung oder den Maßnahmen betroffenen KPB ihres Zuständigkeitsbereichs und, wenn Polizeibehörden anderer Bezirke betroffen sind, die für diese zuständige KPB mit AP. Die Unterrichtung umfasst auch einen Hinweis auf die abrechnende Polizeibehörde.

1.2.3
Ist von dem Transport nur eine KPB betroffen, kann die KPB mit AP die Anmeldung direkt an die betreffende KPB weiterleiten.
Bei der Anmeldung durch den Erlaubnisinhaber ist auf die Einhaltung der vorgeschriebenen Frist von mindestens 48 Stunden vor Beginn des Transportes zu achten.
Wird festgestellt, dass die Anmeldefrist nicht eingehalten wurde, kann die Begleitung so lange zurückgestellt werden, bis die erforderlichen Kräfte zur Verfügung stehen.

1.3
Überprüfung des Transportes

1.3.1
Bei erstmaliger Übernahme des Transportes durch die Polizei erfolgt eine Überprüfung

·-    der Berechtigung und Eignung von Fahrzeugführern,

·-    der Erlaubnis gemäß § 29 StVO und der Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 StVO bzw. § 70 StVZO und

·-    im Hinblick auf offensichtliche Mängel durch Inaugenscheinnahme (Sichtprüfung).

Im Übrigen kann ein Großraum- und Schwertransport durch die Polizeibehörden im Rahmen der Überwachung des gewerblichen Personen- und Güterverkehrs kontrolliert werden (Unterwegskontrolle).

1.3.2
Ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass der Transport nicht dem Inhalt der Erlaubnis bzw. der Ausnahmegenehmigung, insbesondere nicht den erteilten Nebenbestimmungen (Auflagen und Bedingungen), entspricht, so kann der Nachweis des ordnungsgemäßen Zustandes verlangt werden. Werden wesentliche Mängel festgestellt, ist der Transport so lange anzuhalten, bis der ordnungsgemäße Zustand hergestellt ist.

1.3.3
Die Erlaubnis- oder Genehmigungsbehörden gemäß §§ 29, 46 StVO bzw. 70 StVZO sind über wesentliche Beanstandungen, z. B.
Verstöße gegen die Fahrauflagen oder die Benutzung nicht genehmigter Strecken, zu unterrichten (Anzeigenkopie).

1.4
Begleitung des Transportes

1.4.1
Die von der Erlaubnisbehörde angeordnete polizeiliche Begleitung dient in besonderem Maße dem Schutz anderer Verkehrteilnehmer und ist deshalb mit besonderer Sorgfalt und Umsicht durchzuführen.

Die Begleitung ist grundsätzlich Aufgabe der KPB, durch deren Bezirk der Transport führt. Für Transporte, die sich über mehrere Polizeibezirke erstrecken, können die beteiligten Polizeibehörden eine durchgehende Begleitung durch Begleitkräfte einer Polizeibehörde vereinbaren.

Auf Autobahnen und auf autobahnähnlichen Straßen mit Anschluss an das Bundesautobahnnetz, für die durch Rechtsverordnung die Überwachungszuständigkeit einer KPB mit AP übertragen wurde, führt die Begleitung ausschließlich die KPB mit AP durch.

Gegebenenfalls sind zwischen den betroffenen KPB Absprachen darüber zu treffen, wer den Transport am Ausgangsort übernimmt oder/und bis zum Bestimmungsort begleitet.

Bei Unstimmigkeiten der beteiligten KPB entscheidet die zuständige KPB mit AP.

1.4.2
Sofern sich für nachfolgende Polizeibegleitungen keine Anhaltspunkte für einen nicht ordnungsgemäßen Zustand des Transportes ergeben, können diese die Prüfung auf die Einhaltung der Fahrtstrecke beschränken; dies gilt auch für Transporte aus anderen Bundesländern oder Staaten.

Während der Begleitung des Transportes ist gemäß § 38 Abs. 2 StVO blaues Blinklicht einzuschalten. Bei erheblicher Behinderung durch Nebel, Regen, Schneefall oder Glatteis ist die Fahrt zu unterbrechen und das Fahrzeug möglichst außerhalb der Fahrbahn abzustellen. Der Fahrzeugführer hat das Fahrzeug in geeigneter Weise zu sichern.

Bei Unterbrechung zwecks Übergabe an die nächsten Polizeikräfte ist der Abstellraum, insbesondere wenn dieser sich auf freier Strecke befindet (Autobahn, Schnellstraße, etc.), in geeigneter Weise und mit ausreichendem Abstand zum Haltebereich kenntlich zu machen. Der Gefahrenabwehr kommt hier wesentliche Bedeutung zu.

Die Polizei kann im Einzelfall sowohl von der im Erlaubnis- bzw. im Ausnahmegenehmigungsbescheid festgesetzten zeitlichen Beschränkungen und/oder von der vorgesehenen Konvoifahrt abweichen als auch diese unterbrechen oder vorzeitig beenden, wenn es die Verkehrslage oder sonstige Umstände erfordern oder gestatten.

2
Gebührenerhebung

Die Gebühren für die Begleitung von Transporten durch die Polizei richten sich nach dem Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen - GebGNRW, SGV. NRW. 2011 - in Verbindung mit der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung - AVwGebO NRW, SGV. NRW. 2011 -  in der jeweils aktuellen Fassung.
Die mit der Begleitung beauftragten Polizeikräfte tragen die zur Gebührenberechnung erforderlichen Angaben in den Vordruck „Leistungsnachweis für Transportbegleitung“ (NRW. 0327) ein. Die Gebührenberechnung erfolgt auf der Grundlage der dort dokumentierten Personalstunden.

Die zu berechnende Einsatzzeit beginnt mit dem Eintreffen am Abfahrts-/Übernahmeort und endet bei Begleitung des Transportes mit dem Verlassen des Bestimmungs-/Übergabeortes. Transporte, bei denen die Polizeibegleitkräfte am Abfahrtsort z. B. wegen fehlender Genehmigung oder technischer Mängel keine Begleitung antreten können, aber vor Ort zur Verfügung stehen, sind als Leerfahrten der Polizeibegleitkräfte zu werten. Hierzu sind die Verweilzeit der Beamtinnen/Beamten am Abfahrtsort sowie die Einsatzzeit bei der Transportbegleitung zu dokumentieren und über die Gebührenrechnung abzurechnen.
Der Leiter des Transportes hat die Richtigkeit der Eintragungen unterschriftlich zu bestätigen. Der Vordruck ist ggf. den Polizeibegleitkräften zu übergeben, die den Transport weiterführen.

Ist die Polizeibegleitung in Nordrhein-Westfalen nach der Erlaubnis der Straßenverkehrsbehörde nicht durchgängig angeordnet, werden die Überprüfung und sämtliche Begleitstrecken bei der in NRW zuletzt begleitenden Polizeibehörde abgerechnet. Die begleitenden Polizeikräfte übersenden dafür binnen zwei Wochen ihren Leistungsnachweis auf dem Dienstweg an die abrechnende Polizeibehörde, die mit der Koordination der Polizeibegleitung durch die KPB mit AP (Ziffer 1.2.2) bekannt gegeben wird.

3
Gebührenberechnung

Um die Gebühren berechnen zu können, wird die Gesamtzeit der Transportbegleitung in Nordrhein-Westfalen je Anzahl der gleichzeitig begleitenden Beamten ermittelt, indem die Einsatzminuten eines Beamten zusammengezählt und auf die volle Stunde aufgerundet (>/= 30 Minuten) oder abgerundet (< 30 Minuten) werden. Anschließend werden die je Beamter errechneten Stunden mit dem Gebührensatz der geltenden Tarifstelle multipliziert. Unter der Position „ein Beamter“ ist die Funktion eines Beamten während der gesamten Transportbegleitung zu verstehen, also während des gesamten Einsatzes.

Es ist darauf zu achten, dass nur die erforderliche Anzahl von Beamten eingesetzt wird.

Eine Mindestgebühr in Höhe von 30,- € je Beamter ist zu berechnen, wenn der Transport bis einschließlich 29 Minuten polizeilich begleitet werden muss.

Die abrechnende Polizeibehörde des Landes NRW fertigt innerhalb von vier Wochen nach Ende der Begleitung die „Gebührenrechnung für Transportbegleitung“ (NRW. 0328) und erteilt die Annahmeanordnung. Die Transportfirma ist zur Zahlung der Gebühren innerhalb von zwei Wochen nach Zugang aufzufordern. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist beizufügen.

Für die gleichzeitige Begleitung mehrerer Fahrzeuge eines Auftraggebers ist der Gebührenbetrag nur einfach zu erheben. Muss von der Genehmigung einer Konvoifahrt eines Auftraggebers durch Gliederung in Teiltransporte abgewichen werden oder werden Transporte verschiedener Auftraggeber von der Polizei zu einem Konvoi zusammengestellt, so sind sie gebührenmäßig als selbstständige Transporte anzusehen. Mit den jeweiligen Auftragsfirmen ist gesondert abzurechnen. Die Polizeibegleitkräfte haben die entsprechende Anzahl von Vordrucken auszufüllen.

4
Sonstige Transporte

Die Nummern 1.2 bis 1.4 und Nummer 2 gelten auch für die polizeiliche Begleitung von Transporten mit gefährlichen Gütern und von Werttransporten (z. B. Geld, Kunstgut), soweit keine Sonderregelungen getroffen sind.

Die Nummer 2 gilt auch für die polizeiliche Begleitung von Fahrzeugen bis zu einem geeigneten Überprüfungs- oder Abstellort, wenn aufgrund der im Rahmen der polizeilichen Verkehrsüberwachung festgestellten erheblichen technischen Mängel bzw. Mängel an der Ladungssicherung  eine Begutachtung durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer bzw. das begleitete Verlassen des öffentlichen Verkehrsraumes erforderlich ist.

5
Transportbegleitungen über die Landesgrenze hinaus

Transportbegleitungen über die Landesgrenze hinaus bedürfen der Zustimmung des für Inneres zuständigen Ministeriums, es sei denn, dass die Übergabe im Grenzbereich erfolgt.

6
Vordrucke

Die Vordrucke „Leistungsnachweis für Transportbegleitung“ (NRW. 0327), „Gebührenrechnung für Transportbegleitung“ (NRW. 0328) sind in der jeweils aktuellen Form im Bestandsverzeichnis der Vordruckkommission im Intranet der Polizei NRW. enthalten. Das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD NRW) stellt die Vordrucke elektronisch zur Verfügung.

7

Konzeption zum Management von Großraum- und Schwertransporten auf der Straße durch die Polizei Nordrhein-Westfalen

Zur Umsetzung dieses RdErl. ist das Konzept „Management von Großraum- und Schwertransporten auf der Straße durch die Polizei Nordrhein-Westfalen" (Az. 41 – 57.04.17 – 3) erstellt worden. Die Vorgaben dieses Konzepts sind zu beachten.  

8
Schlussbestimmungen

Der RdErl. des Innenministeriums vom 14.6.2007 (MBl. NRW.  S. 394), geändert durch RdErl. v. 7.7.2008 (MBl. NRW. S. 542) wird aufgehoben.
Dieser RdErl. ergeht im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wirtschaft, Energie, Wohnen, Bauen und Verkehr.

- MBl. NRW. 2011 S. 311