Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2011 Nr. 25 vom 26.9.2011 Seite 359 bis 382

 

Orientierungsdaten 2012 - 2015 für die mittelfristige Ergebnis- und  Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen

II.

Orientierungsdaten 2012 - 2015
für die mittelfristige
Ergebnis- und  Finanzplanung
der Gemeinden und Gemeindeverbände
des Landes Nordrhein-Westfalen

RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales Az. 34-46.05.01-264/11
v. 9.
9.2011

Nachfolgend gebe ich gemäß § 6 Abs. 2 der Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO NRW) vom 16. November 2004 (GV. NRW. S. 644, berichtigt GV. NRW. 2005, S. 15) in Verbindung mit § 84 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV. NRW. S. 666), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des § 76 der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen vom 24. Mai 2011 (GV. NRW. S. 271), im Einvernehmen mit dem Finanzministerium die Orientierungsdaten 2012 bis 2015 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen bekannt.

 

I.        Allgemeine Erläuterungen

 

1.         Grundlagen der Orientierungsdaten 2012 - 2015

 

Die Orientierungsdaten berücksichtigen:

·-    die Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzungen vom Mai 2011,

·-    die Entwicklungen des Landeshaushaltes und des kommunalen Finanzausgleichs,

·-    die Projektion der Zentralen Datenstelle der Finanzminister zur Entwicklung der öffentlichen Haushalte in den Jahren 2011 bis 2015,

·-    die Zielprojektionen des Stabilitätsrates, insbesondere seine Empfehlungen zur strikten Haushaltskonsolidierung,

·-    die Stabilitätskriterien der Europäischen Union und

·-    aktuelle Erkenntnisse des Ministeriums für Inneres und Kommunales.

 

Die Orientierungsdaten gehen in der Regel von der geltenden Rechtslage aus. Berücksichtigt wurden aber auch die Ergebnisse der Beratungen in der Gemeindefinanzkommission auf Bundesebene. Insbesondere sind hier die Beschlüsse zur schrittweisen Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter durch den Bund und zum Erhalt der Gewerbesteuer zu nennen.

 

Weiter hat die Landesregierung beschlossen – erstmals im Haushaltsjahr 2011 – im Rahmen eines „Stärkungspakts Stadtfinanzen“ eine Konsolidierungshilfe für besonders belastete Kommunen zu leisten. Deren Ausgestaltung wird zurzeit zwischen der Landesregierung, den Fraktionen des Landtags und den kommunalen Spitzenverbänden beraten. Da noch kein Gesetzentwurf hierzu vorliegt, bleibt die Hilfeleistung im Rahmen dieser Orientierungsdaten noch unberücksichtigt.

 

 

2.       Steuerschätzungen und Annahmen zu Einzahlungen und Erträgen

 

Die Orientierungsdaten zu den steuerlichen Einzahlungen sowie zu den Erträgen aus dem Familienleistungsausgleich und den Zuweisungen des Landes im Rahmen des Steuerverbundes basieren auf der für das Land Nordrhein-Westfalen vom Finanzministerium NRW regionalisierten Steuerschätzung des Arbeitskreises Steuerschätzung vom Mai 2011, den Entwicklungen des Landeshaushaltes und des kommunalen Finanzausgleichs und dem geltenden Steuerrecht.

 

Da der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ nur die tatsächlichen Zuflüsse für das jeweilige Haushaltsjahr betrachtet, sind seine Ergebnisse vom Mai 2011 nach wie vor an den Einnahmen ausgerichtet. Die Orientierungsdaten sind damit Einzahlungsgrößen. Eine periodengerechte Zuordnung des Zuflusses, zum Beispiel von Gewerbesteuervoraus- oder -nachzahlungen, kann nicht erfolgen, weil weder dem Ministerium für Inneres und Kommunales noch dem Finanzministerium die dafür notwendigen Prognosegrundlagen zur Verfügung stehen.

 

 

3.         Gewerbesteuerumlage

 

Die Entwicklung der einzelnen Komponenten des Vervielfältigers der Gewerbesteuerumlage wird nachfolgend in einer Tabelle angegeben:

 

Jahr

Normal“-Vervielfältiger

§ 6 Abs. 3 GemFinRefG

Erhöhung

§ 6 Abs. 3

GemFinRefG

(ab 1995)

Erhöhung für

die Abwicklung des Fonds

"Dt. Einheit"

§ 6 Abs. 5

GemFinRefG

Gesamt-Vervielfältiger

Bund

Länder

Länder

Länder

2011

14,5

20,5

29

6

70

2012

14,5

20,5

29

5*

69

2013

14,5

20,5

29

5*

69

2014

14,5

20,5

29

5*

69

2015

14,5

20,5

29

5*

69

 

*   Die Erhöhungszahl für den Vervielfältiger wird durch Rechtsverordnung des Bundes festgesetzt. Die Angaben beruhen für die Jahre ab 2012 auf der Steuerschätzung vom Mai 2011. Der Vervielfältiger für das Jahr 2012 wird nach der Steuerschätzung im November 2011 ermittelt.

 

Für den Vervielfältiger der Gewerbesteuernormalumlage sind für 2011ff. 35 Punkte festgesetzt. Aufgrund der Entwicklung des Gewerbesteueraufkommens werden für die fortwirkende Belastung aus dem Fonds „Deutsche Einheit“ ab 2012 durchgehend 5 Vervielfältigerpunkte geschätzt.

 

 

4.       Beteiligung der Kommunen an den finanziellen Folgelasten des Landes aufgrund der Deutschen Einheit

 

Die Beteiligung der Kommunen an den finanziellen Folgelasten der Deutschen Einheit ist nach dem Einheitslastenabrechnungsgesetz vom 9. Februar 2010 (GV. NRW. S. 127) abzurechnen. Nach § 1 Abs. 3 erfolgt die Abrechnung innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf des Abrechnungsjahres. Danach werden in der Ergebnis- und Finanzplanungsperiode 2011 – 2014 folgende Abrechnungen durchgeführt:

 

Im Haushaltsjahr:

Abrechnung des Haushaltsjahres:

2012

2010

2013

2011

2014

2012

2015

2013

 

 

Die Abrechung des Jahres 2009 im Jahr 2011 wird nach einer vorläufigen Schätzung zu Rückforderungen des Landes gegenüber den Kommunen in Höhe von rund 170 Mio. EUR führen. Absehbar ist, dass der vom Land geleistete pauschale Belastungsausgleich bei dieser Abrechnung um rund  87 Mio. EUR höher sein wird als die auszugleichenden kommunalen Belastungen im Rahmen der Finanzausgleichssystematik. Daher kommt es in jedem Fall auf der ersten Stufe der Abrechung zu negativen Abrechnungsbeträgen. Auch bei der Abrechung auf der zweiten Stufe werden nach gegenwärtigem Kenntnisstand für nahezu alle Gemeinden negative Abrechnungsbeträge entstehen.

 

Die Landesregierung hat in einer gemeinsamen Erklärung mit den Kommunalen Spitzenverbänden in Nordrhein-Westfalen am 10. September 2010 angekündigt, dass sie Forderungen gegen die Kommunen, die sich aus der Abrechnung der Einheitslasten nach dem Einheitslastenabrechnungsgesetz ergeben, solange stunden wird, bis eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen über die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes vorliegt. Hinsichtlich der Abrechnung der Einheitslasten für das Jahr 2009, die im Jahr 2011 durchgeführt werden soll, hat der Landesgesetzgeber die unverzinsliche Stundung des Gesamtabrechnungsbetrags von rund 170 Mio. EUR in § 24 Abs. 4 Haushaltsgesetz 2011 vom 18. Mai 2011 (GV. NRW. S. 248) geregelt.

 

 

5.       Wirkung der Orientierungsdaten – Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten

 

An den unter II. 1 vorgelegten Daten zu Einzahlungen und Aufwendungen sollen sich die Gemeinden und Gemeindeverbände bei der Aufstellung des Haushaltes 2012 und bei der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung für die Jahre 2013 bis 2015 entsprechend § 16 Abs. 1 Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StWG) und der §§ 75 Abs. 1 und 84 GO NRW ausrichten. Die Orientierungsdaten sind Durchschnittswerte für alle Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie geben Anhaltspunkte für die individuelle gemeindliche Finanzplanung. Es bleibt die Aufgabe jeder einzelnen Gemeinde und jedes Gemeindeverbands, anhand dieser Empfehlungen unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten die für ihre bzw. seine mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung zutreffenden bzw. erforderlichen Einzelwerte zu ermitteln und zu bestimmen. Dies gilt besonders für die Prognose der Einzahlungen bzw. Erträge aus der Gewerbesteuer, die je nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten vor Ort erheblich von den prognostizierten Durchschnittsentwicklungen abweichen können. Wesentliche Abweichungen der Haushaltsplanung von den Orientierungsdaten müssen den Aufsichtsbehörden erläutert werden.

 

Im Einzelfall sollten insbesondere die Kommunen, die nicht in der Lage sind im Finanzplanungszeitraum ihren Haushalt auszugleichen, ihrer Haushaltsplanung eine eher vorsichtige Prognose zugrunde legen.

 

Für Kommunen, die verpflichtet sind, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen, bleibt es auch nach der Änderung des § 76 Abs. 2 GO NRW bei der Pflicht, den Haushalt zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder auszugleichen (§ 76 Abs. 1 GO NRW). Zu den Einzelheiten der Anwendung des neuen § 76 Abs. 2 GO NRW hat das Ministerium für Inneres und Kommunales einen gesonderten Erlass am 9. August 2011 veröffentlicht.

 

 

6.       Empfehlungen für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung

 

Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise hat sich in der Vergangenheit massiv ausgewirkt. Nach einem Finanzmittelfehlbetrag der Gemeinden in Nordrhein-Westfalen von rund 2 Mrd. EUR im Jahr 2009 ergab sich auch im Jahr 2010 ein Finanzmittelfehlbetrag in Höhe von rund 2,5 Mrd. EUR. Zwar wird der durch die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise vor zwei Jahren ausgelöste stärkste wirtschaftliche Einbruch seit Bestehen der Bundesrepublik vermutlich schneller als erwartet überwunden werden, gleichwohl bestehen weiterhin erhebliche Risiken. Zu nennen sind hier insbesondere die hohen Rohstoff- und Energiepreise und die fragilen internationalen Finanzmärkte.

 

Die kritische Finanzlage der Gemeinden in Nordrhein-Westfalen zeigt sich am Anstieg der Kassenkredite, die zum 30. Juni 2011 bereits 20,81 Mrd. EUR erreicht haben. Sie zeigt sich auch an der wachsenden Zahl von Gemeinden und Gemeindeverbände, die ihren Haushalt nicht ausgleichen können, von denen wiederum so viele wie nie zuvor nicht einmal ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept aufstellen können. Ursachen für diese Entwicklung sind der Einbruch der Steuereinnahmen 2009 und 2010 sowie die zugleich steigenden Aufwendungen insbesondere für soziale Leistungen aber auch für Personal und Sachleistungen.

 

Die vorliegenden Orientierungsdaten gehen auf der Basis der Steuerschätzung im Mai 2011 davon aus, dass die Steuereinnahmen bereits im Jahr 2012 wieder das Niveau des Jahres 2008 erreicht haben werden. Da die Aufwendungen aber weiter kontinuierlich zunehmen und von 2010 bis 2015 mit zusätzlichen Belastungen durch erhebliche Finanzmittelfehlbeträge zu rechnen ist, wird auch in den Jahren ab 2015 ein hoher Konsolidierungsbedarf für viele Kommunen bestehen.

 

Eine besondere Herausforderung stellt die Bewältigung der Krisenfolgen insbesondere für die Gemeinden und Gemeindeverbände dar, die bereits in der Vergangenheit keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen konnten. In diesen Gemeinden und Gemeindeverbänden kann es erforderlich sein, die für die Aufwendungen genannten Orientierungsdaten noch zu unterschreiten. Im Interesse der Erhaltung kommunaler Selbstverwaltung und der Generationengerechtigkeit muss es oberstes Ziel sein, den Haushaltsausgleich zu erreichen oder zumindest ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept aufzustellen.

 

Besonders kritisch ist die Lage in den Gemeinden und Gemeindeverbänden einzustufen, bei denen bereits eine Überschuldung eingetreten ist oder im Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung einzutreten droht. Die Anforderungen an das aufzustellende Haushaltssicherungskonzept sind hier oft noch höher. Es sind Maßnahmen erforderlich, die sowohl die Schieflage des Haushalts beseitigen, als auch - soweit das Eigenkapital bereits aufgebraucht ist - durch die Erwirtschaftung von Überschüssen die Bildung neuen Eigenkapitals ermöglichen.

 

Für die Beurteilung der kommunalen Haushalte kommt es nach der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen vorrangig auf die Erträge und Aufwendungen an, weil sie zum Beispiel der Maßstab für den Haushaltsausgleich (§ 75 Abs. 2 GO NRW) sind. Allerdings darf die Bedeutung, die der von der Gemeindeordnung auch geforderten angemessenen Liquiditätsplanung (§ 89 Abs. 1 GO NRW) beigemessen wird, nicht unterschätzt werden.

 

Das Ministerium für Inneres und Kommunales verbindet mit der Bereitstellung der Orientierungsdaten 2012 bis 2015 auch die Erwartung, dass die Gemeinden und Gemeindeverbände die Aufstellung, Beratung und Beschlussfassung über ihren Haushalt an der Vorgabe des § 80 Abs. 5 Sätze 1 und 2 GO NRW ausrichten. Danach soll die Anzeige der vom Rat (bzw. vom Kreistag oder von der Landschaftsversammlung) beschlossenen Haushaltssatzung mit ihren Anlagen bei der Aufsichtsbehörde spätestens einen Monat vor Beginn des Haushaltsjahres, das heißt bis spätestens zum 30. November, erfolgen, damit die Aufsichtsbehörde möglichst vor dem Beginn des neuen Haushaltsjahres das Prüfungsverfahren abschließen kann.


II.        Orientierungsdaten und Erläuterungen

 

1. Orientierungsdaten 2012 – 2015 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen

 

 

 

Absolut

Veränderungen gegenüber dem

Vorjahr

 

 

 

 

Orientierungsdaten

 

2010

2011

2011

2012

2013

2014

2015

in Mio. Euro

in %

 

 

 

 

 

 

 

 

Einzahlungen / Erträge[1]

 

 

 

 

 

 

 

Steuern und ähnliche Abgaben

(Einzahlungen)

18.164

19.345

+ 6,5

+ 5,3

+ 5,7

+ 4,2

+ 3,9

davon:

 

 

 

 

 

 

 

Gemeindeanteil an der

Einkommensteuer[2]

5.462

5.815

+ 6,5

+ 3,0

+ 7,5

+ 5,0

+ 5,0

Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer

855

895

+ 4,8

+ 2,6

+ 2,6

+ 2,6

+ 2,7

Gewerbesteuer (brutto)

8.938

9.650

+ 8,0

 + 8,0

+ 6,0

+ 4,5

+ 4,0

Grundsteuer A und B

2.692

2.758

+ 2,5

+ 2,0

+ 2,0

+ 2,0

+ 2,0

Sonstige Steuern und

ähnliche Einzahlungen

217

227

+ 5,0

0,0

0,0

0,0

0,0

Kompensation Familienleistungs-ausgleich und Kinderbonus in 2010 (Erträge)

697

653

- 6,3

+ 4,9

+ 2,2

+ 2,9

+ 2,1

Zuweisungen des Landes im Rahmen des Steuerverbundes (Erträge)[3]

7.898

7.922

+ 0,3

 

 

 

 

davon:

 

 

 

 

 

 

 

Schlüsselzuweisungen an Gemeinden, Kreise und Landschaftsverbände

6.701

6.722

+ 0,3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aufwendungen

Personalaufwendungen

 

 

 

+ 1,0

+ 1,0

+ 1,0

+1,0

Aufwendungen für Sach- und

Dienstleistungen

 

 

 

+ 1,0

+ 1,0

+ 1,0

+ 1,0

Sozialtransferaufwendungen

 

 

+ 3,0

+ 3,0

+ 2,0

+ 2,0

+ 2,0

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2.  Erläuterungen

 

Steuern und ähnliche Abgaben

Zu den Einzahlungen (siehe auch oben I. 2.) aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben in der Abgrenzung der finanzstatistischen Kontengruppe 60 (für Erträge 40) gehören die Realsteuern, die Gemeindeanteile an den Gemeinschaftssteuern, die sonstigen Gemeindesteuern (Kontenart 603 bzw. 403), die steuerähnlichen Einzahlungen (Kontenart 604 bzw. 404) und die Leistungen nach dem Familienleistungsausgleich (Kontenart 405).

 

 

Gemeindeanteil an der Einkommensteuer

Die Einzahlungen aufgrund des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer werden für das Jahr 2012 auf rd. 6 Mrd. EUR geschätzt. Die Veränderungsrate für das Jahr 2012 (3,0 v. H.) wurde auf Grundlage der erwarteten Einzahlungen in Höhe von rd. 5,8 Mrd. EUR für 2011 berechnet. Die Schätzung basiert auf den Ergebnissen des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“. Abweichend von der Vorgehensweise des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ wurde angenommen, dass die Erstattungen in Folge der EuGH-Entscheidung im Fall „Meilicke“ nicht mehr im laufenden Haushaltsjahr, sondern erst 2012 kassenwirksam werden. Die Schätzung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer wurde deshalb 2011 um rd. 120 Mio. EUR angehoben und 2012 entsprechend abgesenkt. Die konjunkturbedingten deutlichen Zuwachsraten in 2011 werden daher nicht geschmälert. Dafür wird die Zuwachsrate 2012 deutlich niedriger ausfallen als vom Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ geschätzt. Für die Folgejahre wurden die vom Arbeitskreis prognostizierten Steigerungsraten angesichts der bestehenden Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung nicht vollständig ausgeschöpft.

 

Durch die Abschlagszahlung für das vierte Quartal eines Jahres in Höhe von 110 % der Zahlungen für das dritte Quartal ist nicht mehr mit hohen Abrechnungsbeträgen zu rechnen, so dass Einzahlungen und Erträge voraussichtlich kaum von einander abweichen werden.

 

Wie in den vergangenen Jahren ist die Kompensationszahlung für die Verluste durch die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs nicht im Einkommensteueranteil erfasst. Sie wird als Zuweisung an die Gemeinden weitergegeben. Für 2012 sind rd. 685 Mio. EUR vorgesehen. Der Rückgang gegenüber 2010 ist weitgehend auf den erst 2010 - nach Erhalt der Kompensation durch den Bund - gezahlten Ausgleich i.H.v. 50 Mio. EUR für den im Frühjahr 2009 ausgezahlten und mit den Einnahmen aus der Lohnsteuer verrechneten Kinderbonus nach § 66a Abs. 1 Satz 2 EStG zurückzuführen. Darüber hinaus erhielten Länder und Gemeinden 2010 gemäß Art. 8 des Gesetzes zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen vom 22.12.2008 einen Festbetrag in Höhe von 281 Mio. EUR. 2011 wird dagegen dem Bund bei der Verteilung der Umsatzsteuer ein Festbetrag von 152 Mio. EUR zugeschrieben. Ab 2012 entfallen diese Verrechnungen.

 

In 2012 werden außerdem die in 2011 geleisteten Kompensationszahlungen für die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs nach Ist-Ergebnissen abgerechnet. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer und die Kompensationszahlungen werden nach denselben Schlüsselzahlen auf die Gemeinden verteilt.

 

Ab 2012 werden neue Schlüsselzahlen gelten, die auf jeden Fall die turnusmäßige Umstellung auf die neueste verfügbare Einkommensteuerstatistik für das Jahr 2007 berücksichtigen werden. Die Abschneidegrenzen von 30.000/60.000 € nach § 3 Gemeindefinanzreformgesetz werden zurzeit überprüft. Daher kann hierüber und damit über die neuen Schlüsselzahlen noch keine Aussage getroffen werden.

 

 

Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer

Die Einzahlungen aufgrund des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer werden im Jahr 2012 - abgeleitet aus den Ergebnissen der Mai-Steuerschätzung – rd. 920 Mio. EUR betragen.[4] Die ab 2012 und bis 2014 gültigen Schlüsselzahlen zur Verteilung auf die Gemeinden werden nach Vorliegen der Rechtsverordnung des Bundes gem. § 5 c Gemeindefinanzreformgesetz durch Verordnung des Landes festgelegt werden.  Die Neufestsetzung der Schlüsselzahlen beruht auf der schrittweisen Umstellung des Verteilungsschlüssels für den Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer von einem nicht fortschreibungsfähigen zu einem fortschreibungsfähigen Schlüssel. In den Schlüssel für die Jahre 2012 – 2014 fließen der alte und der neue Schlüssel zu gleichen Teilen ein.

 

 

Gewerbesteuer

Auch die Schätzung der durchschnittlichen Entwicklung der Gewerbesteuereinzahlungen (brutto) lehnt sich eng an die Erwartungen des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ für die westdeutschen Länder an. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat 2009 deutliche Spuren in der Entwicklung des Gewerbesteueraufkommens hinterlassen. 2010 stabilisierte sich das Aufkommen. Das zweite Halbjahr wies bereits wieder zweistellige Zuwachsraten aus. Diese erfreuliche Entwicklung soll sich – wenn auch mit abnehmender Dynamik - in den kommenden Jahren fortsetzen.

 

Angesichts der starken Unterschiede in der örtlichen Aufkommensentwicklung kann diese Schätzung nur eine generalisierende Orientierungshilfe für die Haushaltsplanungen der einzelnen Gemeinden sein. Die konkreten Ansätze einer einzelnen Gemeinde sind von den unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten abhängig und entsprechend von den Gemeinden in ihrer Ergebnis- und Finanzplanung zu veranschlagen.

 

 

Zuweisungen des Landes im Rahmen des Steuerverbundes

 

Das GFG 2011 enthält die bereits mit dem Gesetz zur Änderung des GFG 2010 (GV. NRW. 2010 S. 671) aufgenommenen Maßnahmen zur Strukturverbesserung, welche auch in den folgenden GFG beibehalten werden sollen. Die Kommunen müssen sich nicht mehr an der Konsolidierung des Landeshaushalts beteiligen (die frühere Befrachtung in Höhe von 166,2 Mio. € entfällt). Außerdem werden die Kommunen in Höhe der Verbundquote an 4/7 des Aufkommens des Landes Nordrhein-Westfalen an der Grunderwerbsteuer beteiligt (2011 = 138,7 Mio. €).

 

Die Veränderungsraten der finanzkraftunabhängigen Zuweisungen (Investitionspauschalen, Schulpauschale/Bildungspauschale, Sportpauschale) werden ab dem Jahr 2012 leicht unter der Entwicklung des Steuerverbunds und unter der Veränderungsrate für die Schlüsselzuweisungen insgesamt liegen. Grund hierfür ist die Abfinanzierung des kommunalen Anteils nach dem Investitionsförderungsgesetz (sogenanntes Konjunkturpaket II), der nach § 6 Zukunftsinvestitions- und Tilgungsfondsgesetz ab dem Haushaltsjahr 2012 durch einen pauschalen Abzug bei den finanzkraftunabhängigen Zuweisungen zu erbringen ist.

 

Die Eckpunkte für das Gemeindefinanzierungsgesetz 2012 hat das Kabinett im August 2011 beschlossen. Während mit dem Gemeindefinanzierungsgesetz 2011 lediglich die Grunddaten gegenüber den Gemeindefinanzierungsgesetzen der Vorjahre aktualisiert wurden, geht es beim Gemeindefinanzierungsgesetz 2012 um die Umsetzung der Ergebnisse des ifo-Gutachtens „Analyse und Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Nordrhein-Westfalen“ und der Handlungsempfehlungen aus dem Abschlussbericht der ifo-Kommission vom 25. Juni 2010 (Lt.-Vorlage 15/21). Für das GFG 2012 wird auf der Basis der Mai-Steuerschätzung von einer Steigerung von gut 300 Mio. Euro gegenüber dem GFG 2011 ausgegangen. Für die Folgejahre des Finanzplanungszeitraums können vor einer Entscheidung der Landesregierung über die Mittelfristige Finanzplanung (MFP) 2012 bis 2015 noch keine Zahlen genannt werden.

 

 

Personalaufwendungen

 

Die Verschlechterungen im Bereich der Erträge bzw. Einzahlungen seit dem Jahr 2009 machen es erforderlich, bei den Personalaufwendungen nur geringe Zuwachsraten zuzulassen, damit der Haushaltsausgleich erreicht werden kann. Diese Zielsetzung wird einzuhalten sein, auch wenn unter anderem durch das Ergebnis der Tarifvereinbarungen vom 27. Februar 2010, durch den weiteren Ausbau der Unter-Dreijährigen-Betreuung sowie mögliche weitere Besoldungs- und Tariferhöhungen im Jahr 2012 bereits Druck bei den Personalaufwendungen besteht. Für Gemeinden und Gemeindeverbände, die ihren Haushaltsausgleich nur durch einen Eigenkapitalverzehr erreichen können, kann es erforderlich sein, unter der Steigerungsrate von einem Prozent zu bleiben. Dies gilt erst Recht für überschuldete oder von der Überschuldung bedrohte Gemeinden und Gemeindeverbände.

 

 

Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen

 

Für die Steigerungsraten im Bereich der Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen gelten die grundsätzlichen Ausführungen zu den Personalaufwendungen entsprechend.

 

 

Sozialtransferaufwendungen

 

Zu den kommunalen Sozialtransferaufwendungen gehören: Kommunale Leistungen nach dem SGB II (u. a. Leistungen für Unterkunft und Heizung der Bezieher von Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II), Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII, Leistungen an Kriegsopfer und ähnliche Anspruchsberechtigte, Jugendhilfe, sonstige soziale Leistungen, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

 

Bei der Prognose wurde berücksichtigt, dass sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt durch die aktuell gute konjunkturelle Entwicklung deutlich verbessert hat. Die Zahl der Erwerbslosen lag im Juni 2011 bei rund 2,89 Millionen. Dies entsprach einer Quote von 6,9 %. Konjunkturelle Frühindikatoren lassen aber erwarten, dass sich das wirtschaftliche Wachstumstempo im weiteren Jahresverlauf verlangsamen wird. Der Arbeitsmarkt entwickelt sich aber weiterhin stabil positiv. Daneben wird das Erwerbspersonenpotenzial in Deutschland aus demografischen Gründen in den nächsten Jahren sinken und damit zu einem Rückgang der Arbeitslosenzahlen führen.

 

Bei den Sozialtransferaufwendungen handelt es sich in aller Regel um Aufwendungen für Pflichtaufgaben. Allerdings sind Pflichtaufgaben auch Selbstverwaltungsaufgaben, bei der die Gemeinde zwar nicht über das „Ob“ aber über das „Wie“ der Aufgabenerfüllung entscheiden kann. Auch bei der Wahrnehmung dieser Pflichtaufgaben ist deshalb nach möglichst wirtschaftlichen Formen der Aufgabenwahrnehmung zu suchen.

 

Hinweis:         Bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wird der Bund die Kommunen entlasten und damit einen nachhaltigen Beitrag zur Verbesserung der finanziellen Situation der Kommunen leisten. Hierfür soll die Bundesbeteiligung von derzeit 15 % auf 45 % im Jahr 2012 und 75 % im Jahr 2013 schrittweise angehoben werden. Ab dem Jahr 2014 wird der Bund den Kommunen die Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vollständig erstatten (100 %). Durch die Erstattung ergeben sich zunächst Mehreinnahmen der Länder, die wiederum die Mittel an die Kommunen weitergeben. Auf die Höhe der Aufwendungen hat die höhere Bundesbeteiligung keine Auswirkungen.

 

 

Umlagegrundlagen für die Kreise

 

Die Umlagegrundlagen für die Kreis- und Landschaftsumlagen können zurzeit noch nicht berechnet werden, da noch keine ausreichenden statistischen Daten vorliegen.

 

 

 

 

gez. Emschermann- MBl. NRW. 2011 S. 376

 



[1] Bitte Erläuterungen unter I. 2 beachten.

[2] Angaben zu den Erträgen aus dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer siehe Erläuterungen.

[3] Die Abfinanzierung des kommunalen Anteils nach dem Investitionsförderungsgesetz (sogenanntes Konjunkturpaket II) wird nach § 6 Zukunftsinvestitions- und Tilgungsfondsgesetz ab dem Haushaltsjahr 2012 durch einen pauschalen Abzug bei den finanzkraftunabhängigen Zuweisungen erbracht.

 

[4] Die gemäß § 5c Abs. 1 Nr. 2 Gemeindefinanzreformgesetz anstehende Änderung des Verteilungsschlüssels wurde bei der Ermittlung des Umsatzsteueranteils nicht berücksichtigt. Ihre Auswirkungen bewegen sich 2012 voraussichtlich im niedrigen einstelligen Millionenbereich.