Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2014 Nr. 8 vom 18.3.2014 Seite 115 bis 130

 

Förderung der körperlichen Leistungsfähigkeit von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten (PVB) durch Sport in der Polizei RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales - 412 - 58.27.02 v. 18.6.2013

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Förderung der körperlichen Leistungsfähigkeit von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten (PVB) durch Sport in der Polizei

RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales - 412 - 58.27.02
v. 18.6.2013

1.
Ziele

Die Aufgaben im Polizeivollzugsdienst erfordern ein überdurchschnittliches körperliches Leistungsvermögen. Bürgerinnen und Bürger sowie der Dienstherr haben Anspruch darauf, dass alle PVB diese Grundvoraussetzung erfüllen. Den Folgen der demografischen Entwicklung und den besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes muss Rechnung getragen werden. Daraus ergibt sich für PVB die Pflicht, das zu Beginn der Ausbildung vorhandene körperliche Leistungsvermögen und das darüber hinaus erworbene besondere körperliche Leistungsvermögen durch kontinuierliches Training innerhalb und außerhalb der Dienstzeit sowie einer gesunden Lebensführung so weit wie möglich zu erhalten. Sport ist wesentlicher Bestandteil des Behördlichen Gesundheitsmanagements der Polizei (BGMPol) NRW.

Für die Gewährleistung der erforderlichen körperlichen Leistungsfähigkeit sind alle PVB in erster Linie selbst verantwortlich. Die Polizeibehörden unterstützen ihre Beschäftigten und bieten dazu entsprechende Trainingsangebote an. Es sollen insbesondere die theoretischen Inhalte und praktischen Übungen vermittelt werden, die die PVB in die Lage versetzen, auch außerhalb der Dienstzeit zu trainieren und zu erkennen, dass körperliches Training in erster Linie auch der eigenen Gesundheit dient. Körperliche Leistungsfähigkeit und Stressstabilität sind die Grundlagen für ein erfolgreiches polizeiliches Einschreiten und eine erfolgreiche Teilnahme am Einsatztraining NRW.

Ergänzend soll im Rahmen des Sportangebotes der Polizeibehörden durch Gesundheits- und Präventionsmaßnahmen bei den PVB der nachhaltige Anstoß für eine gesunde Lebensführung gegeben werden.

2.
Verantwortlichkeit von Führung

Die Förderung und der Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit für die besonderen Erfordernisse des Polizeidienstes ist auch Führungsaufgabe. Es ist Verpflichtung aller Vorgesetzten (Behördenleitung und Führungskräfte), auf die erforderliche Leistungsfähigkeit der PVB hinzuwirken und ihre Motivation zu sportlicher Betätigung innerhalb und außerhalb der Dienstzeit zu erhalten.

Hierbei können sie sich durch qualifiziertes Personal, ggf. auch externes, unterstützen lassen.

Der Vorbildfunktion von Vorgesetzten kommt eine besondere Bedeutung zu.

3
Zielgruppe

Alle PVB haben vor Vollendung des 55. Lebensjahres regelmäßig ihre körperliche Leistungsfähigkeit nachzuweisen. Der Nachweis der Leistungsfähigkeit gilt jeweils für einen Zeitraum von einem Jahr. Vor Ablauf der Gültigkeit muss der Leistungsnachweis erneut erbracht werden.

Nach Vollendung des 55. Lebensjahres können PVB ihre körperliche Leistungsfähigkeit auf freiwilliger Basis nachweisen.

3.1
PVB mit Behinderungen

PVB mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 20 bis 40 können Ihre Leistungsfähigkeit alternativ durch das Ablegen des Deutschen Sportabzeichens für Menschen mit Behinderungen nachweisen.

3.2
Schwerbehinderte PVB

Schwerbehinderte PVB (GdB ab 50) oder Gleichgestellte können ihre Leistungsfähigkeit gemäß Nummer 5 nachweisen. Dabei können auf Wunsch der Betroffenen die Behinderungsklassen des Deutschen Sportabzeichens berücksichtigt werden.

3.3
Ausnahmen

Ausgenommen von diesem Erlass sind Angehörige der Bereitschaftspolizei, der Spezialeinheiten und des Personenschutzes.

Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärter sind ebenfalls von diesem Erlass ausgenommen; dies gilt jedoch nicht für Ziffer 9 des Erlasses (Dienstunfallschutz).

4
Sportangebote

Die Polizeibehörden unterstützen ihre Beschäftigten, indem Sportangebote zur Verfügung gestellt werden. Dieses soll möglichst über Kooperationen mit Sportvereinen oder vergleichbaren Institutionen erfolgen.

Als polizeiförderliche Sportarten[1] gelten

- die Sportarten des Deutschen Sportabzeichens,

- zielorientierte Grundlagenförderung (Förderprogramme) sowie

- die Sportarten des polizeilichen Wettkampfprogramms.

5
Nachweis

Die körperliche Leistungsfähigkeit wird durch den Erwerb des Deutschen Sportabzeichens (DSA)[2] in seiner jeweils gültigen Fassung nachgewiesen. Der Nachweis der Schwimmfähigkeit ist dabei in mindestens einer der Leistungsgruppen erforderlich. Es kann außerhalb (Sportvereine, Sportabzeichentreffs der Stadt- und Kreissportbünde, Volkshochschulen usw.) und innerhalb des Dienstes erworben werden.

Alternativ kann die körperliche Leistungsfähigkeit durch den Erwerb des Europäischen Polizeileistungsabzeichen (EPLA)[3] oder durch Ablegen des Leistungstests der Polizei NRW[4] in seiner jeweils gültigen Fassung  nachgewiesen werden. Diese beiden Leistungsnachweise können in allen Disziplinen nur innerhalb des Dienstes erworben werden.

6
Maßnahmen bei nicht ausreichender Leistungsfähigkeit / Förderprogramme

PVB, die ihre Leistungsfähigkeit nicht jährlich nachweisen, sind zur Teilnahme an den Förderprogrammen verpflichtet.

PVB, die auf Grund fehlender körperlicher Leistungsfähigkeit Standards des Einsatztraining NRW nicht erbringen können, erhalten die Möglichkeit, an einer Förderung (Förderprogramme) der körperlichen Leistungsfähigkeit teilzunehmen.

Die erste Feststellung eines Mangels an körperlicher Leistungsfähigkeit kann insbesondere getroffen werden durch:

- eigene Einschätzungen der Beamtin / des Beamten

- Erfahrungen durch Vorgesetzte

- Nichtablegen von Leistungsnachweisen

- Beobachtungen des Trainerpersonals Einsatztraining NRW

- Feststellungen der Polizeiärztin / des Polizeiarztes.

6.1
Ziel der Förderprogramme

Die PVB, die die erforderliche körperliche Leistungsfähigkeit nicht besitzen, sollen so angeleitet werden, dass sie die Notwendigkeit regelmäßigen Trainings erkennen und in die Lage versetzt werden, selbstständig so Sport zu treiben, dass der Leistungsnachweis (Nr. 5) erbracht werden kann.

Die Förderprogramme sind deshalb so zu gestalten, dass sie das jeweilige Leistungsniveau der PVB berücksichtigen.

6.2
Trainingsberatung

Die dienstlich angebotenen Förderprogramme stellen die Basis dar. Gefordert ist jede und jeder Einzelne, die vermittelten Inhalte auch in der Freizeit umzusetzen. Daher erfolgt in den Förderprogrammen in erster Linie eine Trainingsberatung in Form von z.B.:

- Theorievermittlung der Trainingsgrundsätze,

- Grundlagenvermittlung für die Anwendung der konditionellen Trainingsmodule Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Koordinationsvermögen

- Beratung in der Auswahl der Sportarten

- Beratung zur gesunden Lebensführung und

- Trainingsanleitungen.

Weitergehende Informationsgespräche sollen systematisch über die Möglichkeiten zur Verbesserung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit aufklären.

7
Zeitkontingente

Der Dienstherr stellt allen PVB zur Gewährleistung der erforderlichen körperlichen Leistungsfähigkeit und Erbringen des Leistungsnachweises (einschl. Förderprogramme) in der Regel dienstlich 36 Stunden pro Jahr zur Verfügung (Teilzeitbeschäftigte anteilig). Die intern im Rahmen des Sportangebots der Polizei geleisteten Stunden sind zu dokumentieren.

7.1
Sport außerhalb des dienstlichen Angebotes

Die sportliche Betätigung kann auf Antrag auch außerhalb des dienstlichen Angebotes in Sportvereinen erfolgen, sofern es sich hierbei um eine polizeiförderliche Sportart i. S. der Nr. 4 handelt. Sportvereinen gleichzusetzen sind die Träger öffentlicher oder anerkannt privater Sporteinrichtungen (z.B. zertifizierte Fitness-Studios) oder Bildungseinrichtungen (Landes-, Kreis-, Stadtsportbund, Volkshochschule). Die geleisteten Stunden sind einmal jährlich durch eine Bescheinigung des Sportvereines oder der Einrichtung zu belegen.

Die Zeitgutschrift von 36 Stunden pro Jahr erfolgt erst, wenn der Leistungsnachweis erbracht wurde.

Eine darüber hinausgehende Beteiligung am Sportangebot der Polizeibehörde ist möglich. Eine Anrechnung auf die Dienstzeit erfolgt dann aber nicht.

7.2
Zeitgutschrift bei Nachweis der Leistungsfähigkeit

Weisen die PVB ihre körperliche Leistungsfähigkeit gemäß Nr. 5 nach, erfolgt jährlich eine Zeitgutschrift in Höhe von 8 Stunden (Teilzeitbeschäftigte anteilig).

8
Gesundheitsprävention / Sporttauglichkeitsuntersuchung

Die körperliche Leistungsfähigkeit hängt wesentlich von einer gesunden Lebensführung ab. Gesundheitsprävention und Gesundheitsmanagement kommen eine besondere Bedeutung zu. PVB haben die Möglichkeit, sich im Rahmen der vorbeugenden Gesundheitsfürsorge untersuchen und beraten zu lassen.

Eine polizeiärztliche Untersuchung auf Sporttauglichkeit wird empfohlen nach Erkrankungen und Verletzungen, die erfahrungsgemäß die Sporttauglichkeit beeinträchtigen sowie vor Erst- oder Wiederaufnahme (nach längerer Karenz)  von sportlichen Aktivitäten.

Vor der Teilnahme an Maßnahmen, die vom Umfang oder der Belastung her über den Rahmen des individuellen Trainings der körperlichen Leistungsfähigkeit hinausgehen, sollte eine Sporttauglichkeitsuntersuchung durch die zuständige Polizeiärztin oder den zuständigen Polizeiarzt durchgeführt werden. Bei Sportlerinnen und Sportlern, die sich auf der Basis eines bestehenden trainingsbedingten Leistungsvermögens für sportliche Wettbewerbe und Sportlehrgänge qualifiziert haben, kann auf eine Sporttauglichkeitsuntersuchung vor Antritt dieser Maßnahmen verzichtet werden, sofern im Einzelfall nichts anderes bestimmt ist. 

9
Dienstunfallschutz

Eine sportliche Betätigung außerhalb des Dienstes in Sportvereinen ist als dienstliche Veranstaltung im Sinne des § 31 BeamtVG anzuerkennen, wenn

- die Antragstellerin bzw. der Antragsteller aktives Mitglied ist und

- es sich um eine Sportart gemäß Nr. 4 handelt und

- die dienstvorgesetzte Stelle der Ausübung dieses Sports vorher schriftlich zugestimmt hat und

- der Sport unter Aufsicht einer von der dienstvorgesetzten Stelle bestimmten Person stattfindet oder unter Leitung einer Sportlehrerin oder eines Sportlehrers, einer Übungsleiterin oder eines Übungsleiters, einer Fachübungsleiterin oder eines Fachübungsleiters oder einer Trainerin oder eines Trainers, die/der eine gültige Lizenz eines Fachverbandes oder des Landessportbundes besitzt und die von der oder dem Dienstvorgesetzten anerkannt ist.

Dienstunfallschutz besteht auch auf dem Weg zum und vom außerdienstlich betriebenen Sport. Wettkämpfe, die im Vereinsinteresse ausgetragen werden, sind nicht als dienstliche Veranstaltung anzusehen.

Soweit Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärter am Sportangebot der Behörden teilnehmen, wird Dienstunfallschutz gewährt.

10
Zentrale Fortbildungsstelle Polizeisport beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei (LAFP) NRW

Das LAFP NRW unterstützt und berät die Polizeibehörden des Landes in allen Angelegenheiten des Polizeisports. Es plant das jährliche Fortbildungsprogramm für den Polizeisport, gewährleistet dessen Durchführung und unterstützt die Polizeisportbeauftragte oder den Polizeisportbeauftragten des Landes bei der Aufgabenwahrnehmung.

11
Sportbeauftragte der Polizeibehörden

Bei der Planung und Durchführung in allen Angelegenheiten des Sports bei der Polizei NRW wirken die Sportbeauftragten der Polizeibehörden mit.

Hierbei können sie sich durch die zentrale Fortbildungsstelle Polizeisport des LAFP NRW beraten und unterstützen lassen.

12
Polizeisportvereine

Der Dachverband der Polizeisportvereine Nordrhein-Westfalens e.V. unterstützt die Maßnahmen zum Sportangebot der Polizei. Eine enge Kooperation mit den Polizeisportvereinen ist anzustreben. Aktivitäten der Polizeisportvereine für den Sport in der Polizei NRW wie auch bei sonstigen Maßnahmen zur Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei sind dienstlich zu unterstützen. Für die Arbeit im Sinne dieses Erlasses sollten ihnen Nutzungsrechte eingeräumt werden; Nutzungsentgelte sind dann nicht zu erheben.

13
Landessportbund NRW

Mit den örtlichen Sportabzeichenstellen der Kreis- und Stadtsportbünde des Landessportbundes NRW und den dem Landessportbund NRW angegliederten Sportvereinen ist eine enge und kooperative Zusammenarbeit anzustreben.

14
Controlling

Das LAFP NRW generiert zum 1.2. eines jeden Jahres für das vorausgegangene Jahr:

- Anzahl PVB, die einen Leistungsnachweis erbringen müssen - ohne Bereitschaftspolizei, Spezialeinheiten, Personenschutz sowie Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärter (Stichtag 31.12.)

- Anzahl Leistungsnachweise (differenziert nach Art des Nachweises) im abgelaufenen Jahr gemäß Nr. 5

- Praxiserfahrungen (z.B. Förderprogramme, besonders erfolgreiche Projekte). 

15
Weitergehende Regelungen

Dieser Erlass tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft. Der Erlass vom 25.10.2010 - 43.2 - 58.27.02(n.v.) wird aufgehoben.

- MBl. NRW. 2014 S. 116


[1] siehe Anlage 4

[2] siehe Anlage 1

[3] siehe Anlage 2

[4] siehe Anlage 3