Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2016 Nr. 14 vom 19.5.2016 Seite 321 bis 380

 

Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung (Windenergie-Erlass) Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz VII-3 – 02.21 WEA-Erl. 15, des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr VI A 1 – 901.3/202 und der Staatskanzlei III B 4 – 30.55.03.01 vom 4. November 2015

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Erlass für die
Planung und Genehmigung
von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung
(Windenergie-Erlass)

Gemeinsamer Runderlass
des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt,
Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
VII-3 – 02.21 WEA-Erl. 15,
des Ministeriums für Bauen, Wohnen,
Stadtentwicklung und Verkehr VI A 1 – 901.3/202
 und der Staatskanzlei III B 4 – 30.55.03.01
vom 4. November 2015

Inhaltsübersicht

1         Allgemeine Hinweise

1.1      Energie- und klimapolitische Bedeutung der Windenergienutzung

1.2      Wirtschaftliche Bedeutung der Windenergienutzung

1.3      Kommunale Wertschöpfung

1.4      Bürgerwindparks

1.5      Öffentlichkeitsbeteiligung

2         Hinweise zur Zielsetzung und zu den Adressaten

3         Landes- und Regionalplanung

3.1      Landesplanung

3.2      Regionalplanung

3.2.1   Allgemeines

3.2.2   Zeichnerische Darstellung von Bereichen für die Windenergienutzung im Regionalplan

3.2.2.1 Planungskonzept

3.2.2.2 Windhöffigkeit

3.2.2.3Bereiche für die Windenergienutzung entlang vorhandener Infrastrukturtrassen

3.2.3   Raumbedeutsamkeit von Windenergieanlagen

3.2.4   Anpassung der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung gemäß § 34 des Landesplanungsgesetz

3.2.4.1 Tabubereiche

3.2.4.2 Bereiche, für die eine Einzelfallprüfung durchzuführen ist

3.2.4.3 Geeignete Bereiche

3.2.4.4 Abweichende Ausweisung

4         Bauleitplanung

4.1      Allgemeines

4.2      Anpassungspflicht an Ziele der Raumordnung gemäß § 1 Absatz 4 des Baugesetzbuches

4.3      Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan

4.3.1   Allgemeine Anforderungen an die Darstellung von Konzentrationszonen

4.3.2   Erfordernis eines schlüssigen Plankonzepts

4.3.3   Differenzierung nach harten und weichen Tabuzonen

4.3.4   Änderung der Konzentrationszonen

4.3.5   Sachlicher und räumlicher Teilflächennutzungsplan

4.3.6   Konzentrationszonen entlang vorhandener Infrastruktur

4.3.7   Höhenbegrenzungen

4.3.8   Sicherung der Planung

4.4      Bebauungsplan

4.5      Vorhabenbezogener Bebauungsplan

4.6      Beteiligung

4.7      Umweltprüfung in der Bauleitplanung

4.8      Entschädigungsansprüche bei Änderung von Bauleitplänen

4.9      Repowering

5         Genehmigung von Windenergieanlagen

5.1      Verfahren zur Genehmigung von Windenergieanlagen

5.1.1   Immissionsschutzrechtliche Verfahren

5.1.2   Umweltverträglichkeitsprüfung

5.2      Zulässigkeitsvoraussetzungen

5.2.1   Immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit

5.2.1.1 Lärm

5.2.1.2Repowering in durch Lärm vorbelasteten Gebieten

5.2.1.3 Schattenwurf

5.2.1.4 Anlagen an Infrastrukturtrassen

5.2.2   Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit

5.2.2.1 Allgemeine Voraussetzungen (Außenbereich)

5.2.2.2 Untergeordnete Nebenanlage (Außenbereich)

5.2.2.3 Entgegenstehen öffentlicher Belange (§ 35 Absatz 3 BauGB)

5.2.2.4 Rückbauverpflichtung

5.2.3   Bauordnungsrechtliche Anforderungen

5.2.3.1 Abstandflächen

5.2.3.2 Brandschutz

5.2.3.3 Beachtung Technischer Baubestimmungen

5.2.3.4 Standsicherheit

5.2.3.5 Eiswurf

6         Kleinwindanlagen bis 50 Meter Anlagenhöhe

6.1      Verfahren

6.2      Zulässigkeit

6.2.1   Immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit

6.2.2   Bauplanungsrechtliche Voraussetzungen

6.2.3   Bauordnungsrechtliche Voraussetzungen

7         Überwachung und Gebühren

7.1      Überwachung

7.2      Gebühren

7.2.1   Entscheidungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

7.2.2   Gebühren für Baugenehmigung, Bauüberwachung und Bauzustandsbesichtigung, Prüfung des Standsicherheitsnachweises

8         Tabuzonen, Berücksichtigung von Spezialgesetzen, Behördenbeteiligung

8.1      Fachrechtliche Tabuzonen in der Planung

8.2      Berücksichtigung von Spezialgesetzen und Behördenbeteiligung

8.2.1   Immissionsschutz

8.2.2.  Naturschutz, Landschaftspflege, Wald

8.2.2.1 Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung

8.2.2.2 Naturschutzrechtlich bedeutsame Gebiete (ohne Landschaftsschutzgebiete)

8.2.2.3 Artenschutz

8.2.2.4 Wald

8.2.2.5 Landschaftsschutzgebiete (LSG)

8.2.2.6 Freihaltung von Gewässern und Uferzonen

8.2.3   Wasserwirtschaft

8.2.3.1 Bauverbot an Gewässern

8.2.3.2 Wasserschutzgebiete

8.2.3.3 Überschwemmungsgebiete

8.2.3.4 Hochwasserschutzanlagen

8.2.4   Denkmalschutz

8.2.5   Straßenrecht

8.2.6   Luftverkehrsrecht

8.2.7   Wasserstraßenrecht

8.2.8   Militärische Anlagen

8.2.9   Flurbereinigung

8.2.10 Stromnetze

8.2.11 Rohrfernleitungen

8.2.12 Geologischer Dienst

8.3      Anlagenkataster und Meldepflicht

9         Aufhebung

Anlagen

Anlage 1: Verfahren zur Landschaftsbildbewertung im Zuge der Ersatzgeld-Ermittlung für Eingriffe in das Landschaftsbild durch den Bau von Windenergieanlagen

Anlage 2: Fiktives Beispiel zum Verfahren zur Landschaftsbildbewertung im Zuge der Ersatzgeld-Ermittlung für Eingriffe in das Landschaftsbild durch den Bau von Windenergieanlagen

Anlage 3: Fiktives Beispiel 2 zum Verfahren zur Landschaftsbildbewertung im Zuge der Ersatzgeld-Ermittlung für Eingriffe in das Landschaftsbild durch den Bau von Windenergieanlagen

Anlage 4: Fiktives Beispiel 3 zum Verfahren zur Landschaftsbildbewertung im Zuge der Ersatzgeld-Ermittlung für Eingriffe in das Landschaftsbild durch den Bau von Windenergieanlagen

Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen, vor der die Welt derzeit steht; der Klimaschutz eine wichtige Aufgabe von Bürgerinnen und Bürgern, Bund, Ländern und Kommunen.

Das Land Nordrhein-Westfalen will Vorreiter beim Klimaschutz werden und hat deshalb als erstes Bundesland verbindliche Klimaschutzziele in Form eines Klimaschutzgesetzes verabschiedet, und erarbeitet einen Klimaschutzplan und einen neuen Landesentwicklungsplan. Die Förderung der erneuerbaren Energien und auch der Ausbau der Windenergienutzung sind Teil dieser Strategie.

Das Land stellt dafür durch das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MKULNV), das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV) und die Energieagentur. NRW ein Maßnahmenpaket zur Verfügung: Dazu gehören neben diesem gemeinsamen Runderlass, der Leitfaden „Rahmenbedingungen für Windenergieanlagen auf Waldflächen in Nordrhein-Westfalen“, der Leitfaden „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ die Windenergie-Potenzialstudie des Landesamtes für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen als Energieatlas NRW und der Energiedialog. NRW, der bei der Lösung von Konflikten im Vorfeld Hilfestellung leistet.

1
Allgemeine Hinweise

1.1
Energie- und klimapolitische Bedeutung der Windenergienutzung

Die Landesregierung hat sich das Ziel gesetzt, den CO2-Ausstoß in Nordrhein-Westfalen bis zum Jahre 2020 im Vergleich zu den Gesamtemissionen des Jahres 1990 um mindestens 25 Prozent und bis zum Jahre 2050 um mindestens 80 Prozent zu reduzieren. Dies bedingt unter anderem eine Steigerung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Nach dem Stand der Wissenschaft ist diese Reduzierung erforderlich, um die vorhandenen Ökosysteme zu erhalten und somit die Lebensgrundlage für die nachfolgenden Generationen zu sichern.

Die Windenergie ist eine der tragenden Säulen der erneuerbaren Energien. Nordrhein-Westfalen ist ein guter Windenergiestandort, hat jedoch Nachholbedarf beim Windenergieausbau. So waren die Anlagen in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren von niedrigerer Leistung und Höhe als im Bundesdurchschnitt, auch wenn sich hier Steigerungen zeigen. Dies hat zur Folge, dass die natürlichen Potentiale für die Windenergienutzung über die Dauer der geplanten Betriebszeit in Nordrhein-Westfalen noch nicht optimal genutzt werden.

Ohne einen deutlichen und effizienteren Ausbau der Windenergie werden jedoch die Klimaschutzziele in Nordrhein-Westfalen nicht erreicht werden. Deshalb soll nach dem Willen der Landesregierung der Anteil der Windenergie in Nordrhein-Westfalen von heute rund 4 Prozent an der Stromerzeugung auf mindestens 15 Prozent im Jahre 2020 ausgebaut werden. Auch die Zielsetzung von 30 Prozent Erneuerbare Energien-Strom im Jahre 2025 soll zu zwei Dritteln über den Windenergieausbau erreicht werden. Diese Zielsetzungen soll zum einen durch das Repowering, den Ersatz alter Anlagen durch neuere leistungsstärkere Anlagen, erreicht werden.

Zum anderen sind zur Erreichung der Ausbauziele auch neue Bereiche für die Windenergienutzung beziehungsweise Konzentrationszonen für die Windenergienutzung erforderlich. Dass hier auch in Nordrhein-Westfalen hinreichend Potentiale zur Umsetzung der Landesziele bestehen, zeigt die Potenzialstudie Erneuerbare Energien NRW – Teil 1 – Windenergie des Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW die als Fachbericht 40 sowie als Energieatlas NRW im Internet zur Verfügung steht (siehe unter http://www.energieatlas.nrw.de). Die Überprüfung bestehender und die Planung neuer Bereiche für die Windenergienutzung beziehungsweise Konzentrationszonen für die Windenergienutzung muss dabei auch der Wirtschaftlichkeit des Betriebs von Windenergieanlagen Rechnung tragen.

Für eine effiziente Inanspruchnahme der Flächen sollte, beziehungsweise muss sich die Planung von Windenergieanlagen im Hinblick auf die Standortwahl und Anlagentechnik an einer energetisch optimalen Nutzung der natürlichen Potentiale orientieren. Große Windenergieanlagen bieten nämlich den Vorteil, dass sie eine erheblich höhere Stromproduktion aufweisen als mehrere kleinere Anlagen mit der gleichen Gesamtnennleistung, da sie durch die Anlagenhöhe einer größeren Windstärke ausgesetzt sind. Aufgrund der geringeren Zahl der Anlagen können Windenergieflächen somit besser und effizienter genutzt werden.

Diese Zielsetzungen im Einzelnen lassen sich nicht selbst im Windenergie-Erlass regeln. Sie sind Gegenstand anderer Regelungen zum Beispiel zu Klimaschutz und Raumordnung.

1.2
Wirtschaftliche Bedeutung der Windenergienutzung

Der Ausbau der Windenergie mit modernen und leistungsstarken Anlagen hat auch eine besondere wirtschafts- und industriepolitische Bedeutung: In Nordrhein-Westfalen sind die Zuliefererindustrie sowie Forschung, Entwicklung und Lehre rund um den Maschinenbau, Werkstoffe, die Elektrotechnik und die Energiewirtschaft gebündelt. So entwickeln und produzieren zum Beispiel die Hersteller von Spezialmaschinen für den Bergbau heute auch für Windenergieanlagen: Getriebe, Generatoren, Stromrichter, Stahltürme, Wälzlager und Großgussteile sind „made in NRW“. Aber auch Unternehmen aus anderen Branchen sind im Bereich der Windenergie tätig: Chemie, Maschinen- und Anlagenbau, Stahlbau, Bergbau, Logistik, Bank- und Versicherungswesen. Weitergehende Informationen können unter anderem der Studie „Die ökonomische Bedeutung der Windenergiebranche – Windenergie an Land in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen“ der DIW Econ GmbH (abrufbar unter http://www.lee-nrw.de/wp-content/uploads/2015/10/20140628_diw_econ_oekonomische_bedeutung_windenergie_d_und_nrw.pdf ) und dem Branchenführer – Windenergie in NRW 2015 der EnergieAgentur. NRW entnommen werden (https://broschueren.nordrheinwestfalendirekt.de/broschuerenservice/energieagentur/branchenfuehrer-windenergie-in-nrw-2015/1959).

1.3
Kommunale Wertschöpfung

Auch Kommunen und deren Einwohnerinnen und Einwohner können wirtschaftliche Vorteile aus dem Ausbau der Windenergie ziehen. Im Einzelnen kann die Ansiedlung von Windenergieanlagen zu Gewinnen von in der Kommune ansässigen Unternehmen, gesteigerten Einkünften Beteiligter, Zunahme des kommunalen Steueraufkommens sowie zusätzlichen Pachteinnahmen für die jeweilige Gemeinde oder deren Einwohnerinnen und Einwohner führen.

Zunächst können sich – zumeist nach einigen Jahren – für die Standortkommunen Gewerbesteuerzahlungen ergeben. Die Höhe dieser Einnahmen ist auch von der Ortsansässigkeit des Investors abhängig. Die Standortgemeinde erhält nur dann das gesamte Gewerbesteueraufkommen, wenn der Investor auch in ihrem Gemeindegebiet ansässig ist. Andernfalls wird der Gewerbesteuermessbetrag zwischen der Standortkommune und der Sitzkommune des Investors zerlegt. Zerlegungsmaßstab ist gemäß § 29 Absatz 1 Nummer 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zu drei Zehnteln das Verhältnis der Arbeitslöhne und zu sieben Zehnteln das Verhältnis des Sachanlagevermögens (ohne Betriebs- und Geschäftsausstattung, geleistete Anzahlungen und Anlagen in Bau), wenn Gegenstand des Unternehmens des Investors ausschließlich der Betrieb von Windenergieanlagen und gegebenenfalls Solaranlagen ist. Damit steht der Standortkommune im Ergebnis 70 Prozent und der Sitzkommune des Investors 30 Prozent des Gewerbesteuermessbetrags zu, wenn sich in der Sitzkommune kein Sachanlagevermögen befindet. Zu berücksichtigen ist, dass sich der Wert des Sachanlagevermögens jährlich um die Abschreibungsbeträge reduziert und sich der Zerlegungsanteil der Standortgemeinde infolge dessen verringert. Sofern Gegenstand des Unternehmens des Investors weitere Tätigkeiten als der Betrieb von Windenergieanlagen und gegebenenfalls Solaranlagen sind, ist Zerlegungsmaßstab das Verhältnis der Arbeitslöhne. In diesem Fall ist der Standortkommune kein Anteil am Gewerbesteuermessbetrag zuzurechnen, wenn dort keine Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer beschäftigt werden. Die Höhe der vom Investor zu zahlenden Gewerbesteuer ist zusätzlich vom Gewerbesteuerhebesatz der Gemeinden abhängig.

Bei der Vergabe von Aufträgen für die Errichtung von Windenergieanlagen können die Kommunen Klauseln in die Nutzungsverträge mit den Betreiberinnen und Betreibern von Windenergieanlagen aufnehmen, nach denen angemessene Zusatzleistungen festgelegt werden, wie zum Beispiel. die Erbringung besonderer Serviceleistungen und die Ermöglichung jederzeitiger zügiger Wartungsarbeiten. Dies ermöglicht es vor allem mittelständischen Unternehmen mit starker regionaler Verankerung, sich mit Erfolg an diesbezüglichen Ausschreibungen zu beteiligen. Im Interesse der Vertragssicherheit sollte hier allerdings darauf geachtet werden, eine unangemessene Benachteiligung der Betreiberinnen und Betreiber zu vermeiden. Eine solche könnte insbesondere vorliegen, wenn sich die Betreiberin oder der Betreiber bereits selbst an bestimmte Unternehmen gebunden hat. Soweit kein Vergabeverfahren erforderlich ist, muss sichergestellt werden, dass die Vergütung des beauftragten Unternehmens zu Marktkonditionen erfolgt.

Ferner kann auch vereinbart werden, dass die Betreiberin oder der Betreiber einer Windenergieanlage andere Gegenleistungen erbringt, welche den Einwohnerinnen und Einwohnern der betreffenden Kommune direkt zugutekommen würden. So könnte die Förderung von sozialen, kulturellen oder ökologischen Belangen in der Kommune durch die Betreiberin oder den Betreiber erwogen und mittels eines öffentlich-rechtlichen Vertrags abgesichert werden. Durch eine solche Vorgehensweise könnte die Akzeptanz der Windenergieanlagen vor Ort voraussichtlich erheblich gesteigert werden und so ein über rein monetäre Gesichtspunkte hinausgehender Mehrwert geschaffen werden, der durch die Vereinigung von ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten dem Leitbild der nachhaltigen kommunalen Entwicklung entsprechen würde. Im Rahmen einer solchen Vorgehensweise ist allerdings darauf zu achten, dass das Koppelungsverbot nicht verletzt wird. Aus diesem Grunde scheiden direkte Zahlungen seitens der Betreiberinnen und Betreiber regelmäßig aus. Empfehlenswert ist stattdessen eine indirekte Förderung über die Gründung einer Bürgerstiftung, welche mit Vertretern verschiedener lokaler Vereine, Verbände und Gremien besetzt ist. Die Stiftung könnte von der Betreiberin oder dem Betreiber mit Finanzmitteln ausgestattet werden.

Am weitreichendsten ist die kommunale Wertschöpfung, wenn die Windenergienutzung auf Flächen stattfindet, die im Eigentum einer Kommune stehen oder auf denen die Kommune ein Nutzungsrecht hat. Dadurch wird die Erhebung eines Pachtzinses für die Nutzung der Flächen ermöglicht. Die Höhe der jährlichen Pacht wird sich in der Regel an der Anzahl und der Leistungsfähigkeit der auf dem betreffenden Grundstück errichteten Windenergieanlagen orientieren. Auf diese Weise können Kommunen an den Erträgen und Potentialen teilhaben. Soweit die Verpachtung von Grundstücken durch die Kommune mit einer Verpflichtung des Investors zur Errichtung von Windenergieanlagen auf dem Grundstück verbunden wird, ist in dieser eine öffentliche Baukonzession zu sehen, was die Anwendbarkeit des Vergaberechts zur Folge hat (OLG Bremen, Beschl. v. 13.3.2008 – Verg 5/07).

Eine nähere Beratung kann unter anderem durch die Fachagentur Windenergie an Land e.V. (http://www.fachagentur-windenergie.de/) erfolgen, zu deren Mitgliedern sowohl das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen als auch der Städte- und Gemeindebund, der Städtetag und der Verband kommunaler Unternehmen zählen.

1.4
Bürgerwindparks

Bürgerwindparks sind Windparks, an denen sich die ortsansässigen Bürgerinnen und Bürger konzeptionell und finanziell beteiligen können. Die hiermit einhergehenden Mitsprache- und Profitmöglichkeiten sind häufig geeignet, anfängliche Skepsis gegenüber der örtlichen Windenergienutzung abzubauen und die Akzeptanz der Windenergienutzung allgemein zu erhöhen. Theoretisch kann sich eine Gemeinde selbst an einem Bürgerwindpark beteiligen. Sie sollte aber im Interesse der erhofften Akzeptanzsteigerung vorrangig ihren Bürgerinnen und Bürgern direkt diese Möglichkeit überlassen.

Der Begriff des Bürgerwindparks ist gesetzlich nicht geregelt und daher so offen, dass hinsichtlich der konkreten gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung große Spielräume bestehen. Es empfiehlt sich allerdings, eine Rechtsform zu wählen, bei der die beteiligten Bürgerinnen und Bürger nicht mit ihrem Privatvermögen haften. In Frage kommt damit in erster Linie die Ausgestaltung eines Bürgerwindparks als GmbH & Co. KG oder als Genossenschaft. Angesichts des vorrangigen Ziels der Akzeptanzsteigerung sollte im Gesellschaftsvertrag beziehungsweise der Satzung geregelt werden, welche Anteilsmenge jede Bürgerin und jeder Bürger maximal erwerben kann, um möglichst viele Bürgerinnen und Bürgern die finanzielle Teilhabe zu ermöglichen und die Anhäufung von vielen Anteilen in den Händen weniger Beteiligter zu verhindern. Auch ist es denkbar, den Kreis der potentiell Beteiligten genau zu definieren und diesen etwa auf die von den tatsächlichen Auswirkungen der Anlagen vornehmlich betroffenen Bürgerinnen und Bürger in der näheren Umgebung des Windparks zu beschränken. Darüber hinaus könnte den Anteilseignerinnen und Anteilseignern direkt im Windpark erzeugter Strom zur Verfügung gestellt werden (siehe hierzu Nummer 1.3). Bezüglich der steuerlichen Vor- und Nachteile der verschiedenen Rechtsformen für beteiligte Bürgerinnen und Bürger empfiehlt sich die Einschaltung einer Steuerberatung.

Planungsrechtlich ist ein Bürgerwindpark wie jeder andere Windpark zu bewerten. Ein Bürgerwindpark kann auch auf Initiative einer Gemeinde gegebenenfalls unter Beteiligung des örtlichen Energieversorgers entstehen. In einem solchen Fall könnte die Absicherung des Projekts durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag erfolgen. Es kann sich anbieten, einen Bürgerwindpark auch aus Anlass des Repowerings (siehe Nummer 4.9) einzurichten.

1.5
Öffentlichkeitsbeteiligung

Der Errichtung neuer Windenergieanlagen geht in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle ein Planverfahren voraus, zu dem ein Beteiligungsverfahren durchzuführen ist. Insoweit besteht für alle Interessierten, unter anderem Bürgerinnen und Bürger, sowie Umweltvereinigungen die Gelegenheit ihre Belange im Rahmen des Beteiligungsverfahrens einzubringen.

Darüber hinaus kann die Immissionsschutzbehörde als Genehmigungsbehörde nach § 25 Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes verpflichtet sein, auf eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung vor dem Genehmigungsverfahren hinzuwirken. (Auf das Baugenehmigungsverfahren findet § 25 Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung, § 74 Absatz 1 der Landesbauordnung des Landes Nordrhein-Westfalen – BauO NRW.) Die Behörde wirkt danach darauf hin, dass der Träger bei der Planung von Vorhaben, die nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren Zahl von Dritten haben können, die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele des Vorhabens, die Mittel, es zu verwirklichen, und die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens unterrichtet. Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung soll möglichst bereits vor Stellung eines Antrags stattfinden. Der betroffenen Öffentlichkeit soll Gelegenheit zur Äußerung und zur Erörterung gegeben werden. Das Ergebnis der vor Antragstellung durchgeführten frühen Öffentlichkeitsbeteiligung soll der betroffenen Öffentlichkeit und der Behörde spätestens mit der Antragstellung, im Übrigen unverzüglich mitgeteilt werden. Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung gilt nicht, soweit die betroffene Öffentlichkeit bereits nach anderen Rechtsvorschriften vor der Antragstellung zu beteiligen ist. Beteiligungsrechte nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

Ob im Rahmen der Genehmigung von Windenergieanlagen eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung ist insbesondere in den Fällen angezeigt, in denen kein vorgelagertes Planverfahren und dadurch vorangehendes Beteiligungsverfahren stattgefunden hat.

Über die gesetzlichen Beteiligungsvorgaben hinaus und unabhängig von der Hinwirkungspflicht hat es sich bei der Projektierung von neuen Windenergieanlagen in vielen Fällen als hilfreich erwiesen, frühzeitig auf eine angemessene Information und Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern, sowie einschlägigen Verbänden zu achten. Es wird daher allen Projektierenden von Windenergieanlagen empfohlen, frühzeitig eine entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung einzuplanen.

Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 25 Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen tritt zu den bestehenden Regelungen für eine Beteiligung der Öffentlichkeit während des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens hinzu.

2
Hinweise zur Zielsetzung und den Adressaten

Aufgabe des Windenergie-Erlasses ist es zu zeigen, welche planerischen Möglichkeiten bestehen, einen Ausbau der Windenergienutzung zu ermöglichen, und Hilfestellung zur rechtmäßigen Einzelfallprüfung zu leisten.

Der Erlass besitzt für alle nachgeordneten Behörden verwaltungsinterne Verbindlichkeit. Für die Gemeinden als Trägerinnen der Planungshoheit ist der Windenergie-Erlass Empfehlung und Hilfe zur Abwägung. Für Investitionswillige, sowie Bürgerinnen und Bürger zeigt er den Rechtsrahmen auf, gibt Hinweise zu frühzeitigen Abstimmungsmöglichkeiten mit den Behörden und trägt somit zur Planungs- und Investitionssicherheit bei.

Der beabsichtigte erhebliche Ausbau der Stromerzeugung aus der Windenergie in Nordrhein-Westfalen ist ohne eine gesellschaftliche Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger nicht leistbar. Die Voraussetzungen dafür sind grundsätzlich gut. Nach Umfragen begrüßt die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger den Ausbau von Erneuerbaren Energien und auch der Windenergienutzung (vgl. z.B. forsa, Industriebild NRW, Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen, http://www.dialog-schafft-zukunft.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDF/jugendkongress_grafiken.pdf; TNS Emnid, Akzeptanzumfrage 2014, Agentur für Erneuerbare Energien e.V., http://www.unendlich-viel-energie.de/themen/akzeptanz2/akzeptanz-umfrage/akzeptanzumfrage-2014; Hübner/ Pohl, Mehr Abstand – mehr Akzeptanz? Ein umweltpsychologischer Studienvergleich, Fachagentur Windenergie an Land e.V., 2015, http://www.fachagentur-windenergie.de/fileadmin/files/Akzeptanz/FA-Wind_Abstand-Akzeptanz_Broschuere_2015_web.pdf). Gleichwohl kann die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen zu Interessenkonflikten zwischen Anwohnerinnen und Anwohnern, Naturschutzbelangen und Windenergienutzung führen. Hierbei empfiehlt es sich, Lösungen im größtmöglichen Konsens anzustreben. Ein Weg dazu sind Moderations- oder Mediationsverfahren. Die Bürgerinnen und Bürger sollten in jedem Verfahren frühzeitig an der Planung und Nutzung von Windenergieanlagen beteiligt werden (siehe Nummer 1.5). Mit zur Akzeptanz trägt auch der Einsatz der optimal verfügbaren Technik zur Minimierung von Umwelteinwirkungen bei. Fördernd ist auch die mögliche Beteiligung der Kommune sowie die Beteiligung möglichst vieler Bürgerinnen und Bürger insbesondere im Umfeld von Windparks und Windenergieanlagen an der Nutzung der Windenergie. Wenn Personen oder Gruppen vor Ort beispielsweise im Rahmen eines Bürgerwindparks an den Gewinnen beteiligt werden, steigt die Toleranz für die Emissionen und landschaftlichen Veränderungen.

3
Landes- und Regionalplanung

3.1
Landesplanung

Der Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) von 1995 trifft in Ziel D.II.2.1 und in Ziel D.II.2.4 folgende Festlegungen zu erneuerbaren Energien:

„Es sollen insbesondere heimische Primärenergieträger zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Regenerative Energien müssen stärker genutzt werden. Die Energieproduktivität muss erhöht werden.“ (D.II.2.1)

„Die Voraussetzungen für den Einsatz erneuerbarer Energien (vor allem Wasser-, Wind- und Solarenergie sowie nachwachsende Rohstoffe) sind zu verbessern und zu schaffen. Gebiete, die sich für die Nutzung erneuerbarer Energien aufgrund von Naturgegebenheiten besonders eignen, sind in den Gebietsentwicklungsplänen als „Bereiche mit Eignung für die Nutzung erneuerbarer Energien“ darzustellen. Das besondere Landesinteresse an einer Nutzung erneuerbarer Energien ist bei der Abwägung gegenüber konkurrierenden Belangen als besonderer Belang einzustellen.“ (D.II.2.4).

In den Erläuterungen heißt es weiter:

„Für erneuerbare Energien, für die aufgrund der naturräumlichen Standortvoraussetzungen weitläufige Suchräume zur Verfügung stehen, sind – wie bei allen anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen auch – Standortentscheidungen aufgrund umfassender Abwägung zu treffen. Das besondere Landesinteresse am verstärkten Einsatz erneuerbarer umwelt- und ressourcenschonender Energien ist in solchen Fällen als besonderer Belang in Abwägungsentscheidungen einzustellen. Dies gilt insbesondere für Standorte für eine linien- und flächenhafte Bündelung von Windenergieanlagen, die aufgrund der Naturgegebenheiten von zunehmender planerischer Relevanz sind.“

Diese Ziele sind von den öffentlichen Stellen, die der Bindungswirkung des § 4 des Raumordnungsgesetzes (ROG) unterliegen, zu beachten. Es ist Aufgabe der regionalen Planungsträger diese Ziele in der Gesamtschau mit den anderen Zielen des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen 1995 in den Regionalplänen und ihren Teilabschnitten zu konkretisieren.

Zurzeit läuft das Aufstellungsverfahren für den neuen Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen. Die Ziele des in Aufstellung befindlichen Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen sind als sonstige Erfordernisse der Raumordnung in die planerische Abwägung nachgeordneter Planungen einzustellen.

Die Regionalplanung kann Vorranggebiete für die Windenergie festlegen; dafür steht das Planzeichen 2.ed) Anlage 3 Planzeicheninhalte/-merkmale zur LandesplanungsgesetzDVO (LPlG DVO) Windenergiebereiche zur Verfügung. Bei dieser Festlegung handelt es sich um Vorranggebiete gemäß § 8 Absatz 7 Nummer 1 des Raumordnungsgesetzes ohne die Wirkung von Eignungsgebieten.

Vorranggebiete sind dabei Gebiete, die für die Windenergienutzung vorgesehen sind und die andere raumbedeutsame Nutzungen innerhalb dieses Gebietes ausschließen, soweit diese mit der vorrangigen Windenergienutzung nicht vereinbar sind. Es handelt sich bei einem Vorranggebiet um ein Ziel der Raumordnung, das gemäß § 4 des Raumordnungsgesetzes zu beachten ist. Das heißt, das Ziel kann in der nachfolgenden Planungsabwägung beziehungsweise Ermessensentscheidung nicht überwunden werden.

Außerhalb der Vorranggebiete ist die Windenergienutzung nicht ausgeschlossen. Dies ermöglicht den kommunalen Planungsträgern, weitere Flächen für die Windenergienutzung in ihren Bauleitplänen im Interesse des Ausbaus erneuerbarer Energien darzustellen.

3.2
Regionalplanung

3.2.1
Allgemeines

In den Regionalplänen können Ziele und Grundsätze zur Steuerung der Windenergienutzung textlich und/oder zeichnerisch festgelegt werden. Alle Regionalpläne mit Ausnahme derer für den Regierungsbezirk Arnsberg enthalten bereits heute textliche Festlegungen zur Windenergienutzung. Die Regionalpläne Arnsberg („Sachlicher Teilplan Energie“), Düsseldorf und Münster („Regionalplan Münsterland – Sachlicher Teilplan Energie“) befinden sich aktuell (August 2015) im Fortschreibungsverfahren. Es sollen zukünftig Vorrangbereiche für die Windenenergienutzung dargestellt werden.

3.2.2
Zeichnerische Darstellung von Bereichen für die Windenergienutzung im Regionalplan

In Regionalplänen können zeichnerische Festlegungen für die Windenergienutzung erfolgen.

3.2.2.1
Planungskonzept

Dem Plan muss dabei ein Planungskonzept zugrunde liegen, das den zu beplanenden Raum in den Blick nimmt sowie den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen und planungsebenenspezifischen Abwägungsgebots gerecht wird. Dabei berücksichtigt die Regionalplanung die vorhandenen und in Aufstellung befindlichen gemeindlichen Windenergie-Konzentrationszonen (Gegenstromprinzip), übernimmt diese jedoch nicht ohne eigene Abwägung. Eine Übernahme kommunaler Zonen in den Regionalplan kann nur auf Grund eigener regionalplanerischer Abwägung erfolgen.

Vorranggebiete entfalten nur innergebietliche Wirkung und lassen darüber hinaus auf der nachgeordneten kommunalen Ebene auch die Darstellungen von weiteren Konzentrationszonen für die Windenergienutzung zu. Deshalb muss bei der Festlegung von solchen Vorranggebieten in der Regionalplanung das Planungskonzept nicht dem Anspruch entsprechen, für die Windenergienutzung „substanziell Raum zu schaffen“.

3.2.2.2
Windhöffigkeit

Im Rahmen der Erarbeitung des Planungskonzepts ist für das gesamte Planungsgebiet zu ermitteln, welche Bereiche sich aufgrund ihrer Windhöffigkeit für die Windenergienutzung eignen. Nähere Informationen zu relevanten meteorologischen Daten können unter anderem der landesweiten Potentialstudie entnommen werden, die als Energieatlas Nordrhein-Westfalen auf den Internetseiten des Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW zur Verfügung steht (http://www.energieatlasnrw.de/site/).

3.2.2.3
Bereiche für die Windenergienutzung entlang vorhandener Infrastrukturtrassen

Im Rahmen der Erarbeitung des Planungskonzepts sollen auch die Möglichkeiten untersucht werden, Windenergieanlagen an Standorten zu konzentrieren, an denen sie nicht oder nur zu geringfügig zusätzlichen Belastungen führen. Dieser Ansatz kann zum Beispiel entlang von Infrastrukturtrassen (Bundesfernstraßen, Hauptschienenwege, Hochspannungsfreileitungen) zum Tragen kommen, da von Infrastrukturtrassen und Windenergieanlagen vergleichbare oder ähnliche Umweltauswirkungen ausgehen. Diese können sich so überlagern, dass die zusätzlichen Belastungen durch neue Windenergieanlagen in Trassenkorridoren kaum wahrnehmbar sind. Auf diese Weise können bisher weniger belastete Räume vor der Inanspruchnahme für die Windenergienutzung geschützt werden und gleichzeitig die Windenergienutzung weiter ausgebaut werden. Auch bei der Planung von Bereichen für die Windenergienutzung entlang von Infrastrukturtrassen ist zu beachten, dass alle gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden.

3.2.3
Raumbedeutsamkeit von Windenergieanlagen

Raumbedeutsam ist eine Planung, durch die die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst oder Raum in Anspruch genommen wird, (vgl. § 3 Absatz 1 Nummer 6 ROG). Bei Vorliegen einer Windfarm im Sinn des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) –mindestens drei Anlagen – kann grundsätzlich von einer Raumbedeutsamkeit ausgegangen werden. In der Regel wird eine Einzelanlage mit einer Gesamthöhe von mehr als 100 Metern als raumbedeutsam anzusehen sein, zumal sie ab dieser Höhe luftverkehrsrechtlich relevant ist. Ob eine einzelne Windenergieanlage im Sinn von § 3 Absatz 1 Nummer 6 des Raumordnungsgesetzes im Übrigen raumbedeutsam ist, beurteilt sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls. Kriterien für die Beurteilung sind insbesondere der Standort der Anlage, die Vorbelastung des Standortes und die Auswirkungen auf andere Ziele der Raumordnung.

3.2.4
Anpassung der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung gemäß § 34 des Landesplanungsgesetzes

Die Regionalplanungsbehörde prüft gemäß § 34 des Landesplanungsgesetzes NRW (LPlG NRW) anhand der textlichen und zeichnerischen Ziele der Raumordnung, ob die Voraussetzungen für die Darstellung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung in der kommunalen Bauleitplanung vorliegen.

Enthält der Regionalplan keine zeichnerischen Festlegungen für die Windenergienutzung, ist die Darstellung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung in der Bauleitplanung anhand der anderen zeichnerischen und textlichen Festlegungen (Ziele der Raumordnung) des Regionalplans zu prüfen.

Dabei ist, sofern der Regionalplan keine konkreteren oder weitergehenden textlichen Ziele enthält, hinsichtlich der Eignung der zeichnerischen Darstellungen im Regionalplan zu unterscheiden zwischen:

– Tabubereichen (siehe Nummer 3.2.4.1),

– Bereichen, für die eine Einzelfallprüfung durchzuführen ist (siehe Nummer 3.2.4.2), und

– geeigneten Bereichen, (siehe Nummer 3.2.4.3).

3.2.4.1
Tabubereiche

Die Ausweisung von Gebieten für die Windenergienutzung ist in Allgemeinen Siedlungsbereichen (ASB) nicht zulässig.

Die Ausweisung von Gebieten für die Windenergienutzung als Außenbereichsplanung kommt in Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereichen (GIB) als Innenbereichskategorie nicht in Betracht. Gleichwohl können GIB im Einzelfall für die Errichtung von Windenergieanlagen genutzt werden (siehe unter Nummer 5.2.2).

Die Ausweisung von Gebieten für die Windenergienutzung kommt in Bereichen für den Schutz der Natur (BSN) nicht in Betracht.

3.2.4.2
Bereiche, für die eine Einzelfallprüfung durchzuführen ist

Für die Darstellung von Gebieten für die Windenergienutzung (Konzentrationszonen) in der Bauleitplanung sind insbesondere folgende zeichnerische Darstellungen der Regionalpläne unter Beachtung der textlichen Festlegungen im Einzelfall zu prüfen:

– Nach Ziel C.IV.2.2.3 des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen kommt die Darstellung von Gebieten für die Windenergienutzung in „Reservegebieten für den oberirdischen Abbau nicht energetischer Bodenschätze“ in den Erläuterungsberichten zu den Regionalplänen für andere Nutzungen nur in Betracht, soweit die Inanspruchnahme von vorübergehender Art ist und die Nutzung der Lagerstätte langfristig nicht in Frage gestellt wird. Windenergieanlagen dürfen auf diesen Flächen nur befristet zugelassen werden.

– Wegen der besonders langfristigen Sicherung von Flächen für den Braunkohlentagebau gilt die vorgenannte Verfahrensweise für Darstellungen von Braunkohlentagebauen entsprechend.

– Als Nachfolgenutzung kommen grundsätzlich auch die Bereiche für Aufschüttungen und Ablagerungen (Standorte für Abfalldeponien und Halden) und für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze (BSAB) für die Darstellung von Gebieten für die Windenergienutzung in Frage, wenn dem nicht andere Freiraumfunktionen entgegenstehen.

– Die Ausweisung von Gebieten für die Windenergienutzung in Bereichen für den Schutz der Landschaft und die landschaftsorientierte Erholung (BSLE) sowie in regionalen Grünzügen ist möglich, wenn die Windenergienutzung mit der konkreten Schutzfunktion des jeweiligen Bereiches vereinbar ist. Für die Bewertung sind die Maßstäbe aus Nummer 8.2.2.5 heranzuziehen.

– Innerhalb der Bereiche für den Grundwasser- und Gewässerschutz (BGG) ist die Ausweisung von Gebieten für die Windenergienutzung möglich, soweit sich aus fachrechtlich festgesetzten oder vorläufig gesicherten Wasser- und Heilquellenschutzgebieten nach den §§ 51, 52 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) nicht entgegenstehendes ergibt.

– Innerhalb der Überschwemmungsbereiche (ÜSG) ist die Ausweisung von Gebieten für die Windenergienutzung möglich, soweit sich aus fachrechtlich festgesetzten oder vorläufig gesicherten  Überschwemmungsgebieten nichts anderes ergibt.

– Die landesplanerischen Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme von Waldflächen können unter Berücksichtigung des Urteils des Oberverwaltungsgerichts vom 22.9.2015 (10 D 82/13.NE) dadurch erfüllt werden, dass in einem Planungskonzept für das Gemeindegebiet nachgewiesen wird, dass Gebiete für die Windenergienutzung außerhalb des Waldes nicht mit vertretbarem Aufwand realisierbar sind. Weiterhin muss der Eingriff in den Wald bei einer Inanspruchnahme für die Windenergienutzung auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt werden. Deshalb eignen sich für eine Ausweisung von Gebieten für die Windenergienutzung insbesondere Kahlflächen, die aufgrund von Schadensereignissen entstanden sind. Eine Ausweisung kommt nicht in Betracht, wenn es sich um besonders wertvolle Waldgebiete (insbesondere standortgerechte Laubwälder, Prozessschutzflächen) handelt.

Näheres zu den Waldfunktionen im Sinn des Landesentwicklungsplanes sowie weitere Informationen finden sich im Leitfaden „Rahmenbedingungen für Windenergieanlagen auf Waldflächen in Nordrhein-Westfalen“ in der jeweils gültigen Fassung (abrufbar unter https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/leitfaden_wind_im_wald.pdf).

3.2.4.3
Geeignete Bereiche

Für die Darstellung von Gebieten für die Windenergienutzung in der Bauleitplanung kommen insbesondere die allgemeinen Freiraum- und Agrarbereiche in Betracht, sofern sie nicht gleichzeitig entgegenstehende Funktionen, insbesondere aus Sicht des Arten- und Biotopschutzes, erfüllen.

3.2.4.4
Abweichende Ausweisung

Die Ausweisung von Konzentrationszonen, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, ist nur möglich, wenn zuvor der Regionalplan hinsichtlich einer die Ausweisung zulassenden Darstellung geändert worden ist.

Zudem kann gemäß § 16 des Landesplanungsgesetzes NRW beziehungsweise § 6 des Raumordnungsgesetzes ein Zielabweichungsverfahren durchgeführt werden.

Danach kann von Zielen der Raumordnung im Einzelfall in einem besonderen Verfahren abgewichen werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist.

Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts, die das Ziel der Raumordnung zu beachten haben.

Zuständig für das Zielabweichungsverfahren beim Landesentwicklungsplan ist die Landesplanungsbehörde.

Bei Zielabweichung vom Regionalplan ist die Regionalplanungsbehörde zuständig. Die Landesplanungs- beziehungsweise Regionalplanungsbehörde entscheidet über den Antrag unter den in § 16 Absatz 3, 4 des Landesplanungsgesetzes NRW genannten Voraussetzungen.

4
Bauleitplanung

4.1
Allgemeines

Gemäß § 35 Absatz 1 Nummer 5 des Baugesetzbuches (BauGB) sind Windenergieanlagen im Außenbereich privilegiert zulässig. Mit der Einführung der Privilegierung für Windenergieanlagen ist gleichzeitig der sogenannte Planungsvorbehalt ins Baugesetzbuch aufgenommen worden. Hierunter wird die Möglichkeit verstanden, unter anderem die Windenergienutzung im Außenbereich zu steuern. Nach § 5 in Verbindung mit § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches können die Gemeinden im Flächennutzungsplan „Konzentrationszonen für Windenergieanlagen“ darstellen. Eine solche Darstellung hat das Gewicht eines öffentlichen Belanges, der einer Windenergieanlage an anderer Stelle in der Regel entgegensteht.

Bei der Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen in Bauleitplänen sind die unter Nummer 8 aufgeführten spezialgesetzlichen Regelungen zu beachten.

4.2
Anpassungspflicht an Ziele der Raumordnung gemäß § 1 Absatz 4 des Baugesetzbuches

Gemäß § 1 Absatz 4 des Baugesetzbuches sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Der Regelungszweck des § 1 Absatz 4 des Baugesetzbuches liegt in der „Gewährleistung einer umfassenden materiellen Konkordanz“ zwischen der übergeordneten Regionalplanung und der gemeindlichen Bauleitplanung. Die Pflicht zur Anpassung, die § 1 Absatz 4 des Baugesetzbuches statuiert, zielt dabei nicht auf eine punktuelle Kooperation, sondern auf die dauerhafte Übereinstimmung der beiden Planungsebenen. Daher ist eine Kommune nicht nur dann zur Anpassung an die Ziele der Raumordnung verpflichtet, wenn sie Bauleitpläne aus eigenem Entschluss und allein aus städtebaulichen Gründen aufstellt oder ändert, sondern sie muss auch dann planerisch aktiv werden, wenn allein geänderte oder neue Ziele der Raumordnung eine Anpassung der Bauleitpläne erfordern (BVerwG, Urt. v. 17.9.2003 – C 14.01). Ziele der Raumordnung sind für die Bauleitplanung unmittelbar bindende Vorgaben und nicht Gegenstand der Abwägung nach § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches . Ein zu beachtendes Ziel der Raumordnung wird in der Regel durch die planenden Gemeinde zwar konkretisierbar sein, ist in seinem Kern aber durch die gemeindliche Abwägung nicht überwindbar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.8.1992 – 4 NB 20.91). Hier gilt der Grundsatz: „konkretisieren ohne zu konterkarieren“. Soweit entsprechende Zielvorgaben bestehen, ist es einer Gemeinde verwehrt, die im Regionalplan getroffene raumordnerische Eignungsfestlegung zu konterkarieren beziehungsweise auszuhöhlen. Will sie von den bindenden Zielvorgaben abweichen, bedarf es einer Änderung des Regionalplans beziehungsweise der Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens (vgl. OVG NRW, Urt. v. 28.1.2005 – 7 D 35/03.NE). Im landesplanerischen Anpassungsverfahren nach § 34 des Landesplanungsgesetzes NRW werden Darstellungen beziehungsweise Festsetzungen für die Windenergienutzung in Bauleitplänen darauf überprüft, ob sie an die Ziele der Raumordnung angepasst sind.

Hier sind grundsätzlich zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden:

a) Durch Verordnung zur Änderung der LandesplanungsgesetzDVO vom 13. März 2012 (GV. NRW. S.  146), ist in der LandesplanungsgesetzDVO ein neues Planzeichen 2.ed) Windenergiebereiche eingeführt worden. Bei den Windenergiebereichen handelt es sich um Vorranggebiete gemäß § 8 Absatz 7 Nummer 1 des Raumordnungsgesetzes ohne die Wirkung von Eignungsgebieten.

Die regionalplanerischen Vorranggebiete ohne Funktion von Eignungsgebieten sind bei einer kommunalen Darstellung von Windenergie-Konzentrationszonen zu übernehmen. Die Maßstäblichkeiten und Prüftiefen der Regionalplanung und der Bauleitplanung sind ebenenspezifisch verschieden. Die im Regionalplan festgelegten Ziele bieten den Gemeinden Konkretisierungsspielräume. Dies folgt bereits regelmäßig aus der Maßstäblichkeit der Raumordnungspläne. Die textlichen Festlegungen können darüber hinaus Spielräume eröffnen. Maßgeblich für die Übernahme ist die Lage der Fläche in der zeichnerischen Festlegung des Regionalplans und nicht der zugrundeliegende Kriterienkatalog der Regionalplanung, die Referenzanlage oder die genaue Hektarzahl.

b) Sofern keine Windenergiebereiche im Regionalplan ausgewiesen sind, ist die Gemeinde hier lediglich über die anderen Ziele gemäß § 1 Absatz 4 des Baugesetzbuches gebunden (siehe hierzu Nummer 3.2.4).

Die generellen Tabubereiche (siehe Nummer 3.2.4.1) und die Bereiche, die bei einer Einzelfallprüfung im Rahmen des Anpassungsverfahrens nach § 34 des Landesplanungsgesetzes NRW (siehe Nummer 3.2.4.2) für die Darstellung als Konzentrationszonen für die Windenergie aus landes- und regionalplanerischen Gründen nicht in Frage kommen, stellen für die planende Gemeinde verbindliche Vorgaben dar, die im Rahmen der Abwägung nicht überwunden werden können.

4.3
Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan

4.3.1
Allgemeine Anforderungen an die Darstellung von Konzentrationszonen

Nach § 5 in Verbindung mit § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches können die Gemeinden im Flächennutzungsplan „Konzentrationszonen für Windenergieanlagen“ darstellen. Eine solche Darstellung hat das Gewicht eines öffentlichen Belanges, der einer Windenergieanlage an anderer Stelle in der Regel entgegensteht, sofern die Gemeinde die Absicht im Flächennutzungsplan oder seiner Begründung zum Ausdruck bringt. Demgegenüber kann die Gemeinde auch eine reine Positivplanung vorsehen und lediglich die dargestellten Flächen für die Windenergienutzung vorhalten und gegen konkurrierende Nutzungen sichern. In einem solchen Fall entfallen sowohl die spezifischen Rechtfertigungsanforderungen als auch die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches (BVerwG, Urt. v. 31.1.2013 – 4 CN 1.12).

Die Gemeinde ist nicht verpflichtet, von dem Planvorbehalt des § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches Gebrauch zu machen, wenn geeignete Flächen vorhanden sind. Die Gemeinde wäre dann darauf beschränkt, im Rahmen des § 36 des Baugesetzbuches geltend zu machen, dass einem bestimmten Vorhaben öffentliche Belange im Sinn des § 35 Absatz 3 Satz 1 und 2 des Baugesetzbuches entgegenstehen. Bei der Versagung des gemeindlichen Einvernehmens ist die Gemeinde an städtebauliche Gründe gebunden. Bei rechtswidriger Versagung muss sie mit der Ersetzung ihres Einvernehmens durch die Genehmigungsbehörde rechnen (siehe auch BGH, Urt. v. 16.9.2010 – III ZR 29/10-). Ist hingegen im gesamten Gemeindegebiet keine geeignete Fläche zu finden, darf die Gemeinde keine Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan vorsehen, weil mit der Darstellung von für die Windenergienutzung ungeeigneten Flächen der Gesetzeszweck des § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches verfehlt würde. Auch in diesem Fall bleibt es beim allgemeinen Zulässigkeitstatbestand des § 35 Absatz 1 Nummer 5 des Baugesetzbuches. Es gibt keine „negative“ Darstellung im Flächennutzungsplan, die Windenergieanlagen im Gemeindegebiet gänzlich verhindern. Als Alternative böte sich eine Darstellung in einem gemeinsamen Flächennutzungsplan benachbarter Gemeinden gemäß § 204 des Baugesetzbuches an. Voraussetzung für die Steuerungswirkung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches ist bei einem gemeinsamen Flächennutzungsplan, dass insgesamt im gemeinsamen Planungsraum Konzentrationszonen ausgewiesen werden.

Bei der Darstellung von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan empfiehlt es sich, neben der Grundnutzung (z.B. „Fläche für die Landwirtschaft“) die Konzentrationszonen für die Windenergieanlagen oder auch Flächen für Versorgungsanlagen als zusätzliche Nutzungsmöglichkeit durch Randsignatur darzustellen (überlagernde Darstellung).

Windfarmen können außerdem im Flächennutzungsplan gemäß § 11 Absatz 2 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) als sonstige Sondergebiete ausgewiesen werden. Dabei ist die Zweckbestimmung (z.B. Sondergebiet „Windfarm“) textlich darzustellen. Die Flächen für Windenergieanlagen können auch als „Flächen für Versorgungsanlagen“ gemäß § 5 Absatz 2 Nummer 4 des Baugesetzbuches beziehungsweise mit Standortsymbol für Versorgungsanlagen dargestellt werden.

Das bauliche Vorhaben einer Windenergieanlage gemäß der §§ 29 und 35 Absatz 1 Nummer 5 des Baugesetzbuches ist gleichermaßen durch den Turm wie den Rotor gekennzeichnet. Auch die öffentlichen Belange können sowohl durch den sich drehenden Rotor als auch durch den Turm berührt werden. Eine gedankliche Trennung des Vorhabens „Windenergieanlage“ in Turm und Rotor kommt für die Ausweisung von Konzentrationszonen schon daher nicht in Betracht. Der Zweck des § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches ist es, Vorhaben nach Absatz 1 Nummern 2 bis 6 zu steuern und nicht Bestandteile dieser Vorhaben. Insofern hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 21. Oktober 2004 (4 C 3/04) nachvollziehbar festgestellt, dass die äußeren Grenzen des Bauleitplans oder die Grenzen der Baugebiete oder Bauflächen stets von der gesamten Windenergieanlage einschließlich des Rotors einzuhalten sind (so auch VG Hannover, Urt. v. 22.9.2011 – 4 A 1052/10).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vollzieht sich die Planung von Konzentrationszonen abschnittsweise (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.9.2009 – 4 BN 25.09). In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in harte und weiche Tabuzonen untergliedern (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.10.2004 – 4 C 2.04).

Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt mit den öffentlichen Belangen, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, abzuwägen (BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 – 4 CN 1.11). Zu den Arbeitsschritten im Einzelnen wird auf Nummer 4.3.3 verwiesen.

Nach § 3 Absatz 2 Satz 2 des Baugesetzbuches sind in der Bekanntmachung zur Öffentlichkeitsbeteiligung unter anderem Angaben zu machen, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind (siehe hierzu auch http://www.bauministerkonferenz.de; „Angabe der Arten umweltbezogener Informationen in der Bekanntmachung nach § 3 Absatz 2 Satz 2 BauGB“). Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 18. Juli 2013 (Az. 4 CN 3.12) die dafür geltenden Anforderungen konkretisiert und festgestellt, dass § 3 Absatz 2 Satz 2 des Baugesetzbuches die Gemeinden verpflichtet, die in den vorhandenen Stellungnahmen und Unterlagen behandelten Umweltthemen nach Themenblöcken zusammenzufassen und diese in der Auslegungsbekanntmachung schlagwortartig zu charakterisieren. Das Bekanntmachungserfordernis erstrecke sich auch auf solche Arten verfügbarer Umweltinformationen, die in Stellungnahmen enthalten sind, die die Gemeinde für unwesentlich hält und deshalb nicht auszulegen beabsichtigt.

4.3.2
Erfordernis eines schlüssigen Plankonzepts

Die Ausschlusswirkung von § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches liegt nur vor, wenn der Darstellung einer Konzentrationszone ein schlüssiges Plankonzept zugrunde liegt, das sich auf das gesamte Plangebiet erstreckt. Ergebnis des Plankonzepts kann auch die Ausweisung nur einer einzigen Konzentrationszone sein; die Größe der ausgewiesenen Fläche ist nicht nur in Relation zur Gemeindegröße, sondern auch zur Größe der Gemeindegebietsteile zu setzen, die für eine Windenergienutzung nicht in Betracht kommen (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15.1). Das Planungskonzept muss im Ansatz so ausgerichtet sein, dass eine spätere Windenergienutzung auf Grund der prognostizierten Windhöffigkeit tatsächlich möglich ist. Der Planungsträger muss die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Absatz 1 Nummer 5 BauGB), beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substantieller Weise Raum schaffen. Nur auf diese Weise kann er den Vorwurf einer unzulässigen Negativplanung entkräften. Wo die Grenze zur unzulässigen Negativplanung verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Ob diese Grenze überschritten ist, kann nur angesichts der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum entschieden werden (BVerwG, Urt. v. 13.3.2003 – 4 C 4.02-). Das Bundesverwaltungsgericht hat sich dagegen ausgesprochen, die Frage, ob ein Plan der Windenergie substantiell Raum verschaffe, ausschließlich nach dem Verhältnis zwischen der Größe der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsfläche und der Größe derjenigen Potenzialflächen zu beantworten, die sich nach Abzug der harten Tabuzonen von der Gesamtheit der gemeindlichen Außenbereichsflächen ergibt. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidung, anhand welcher Kriterien sich beantworten lässt, ob eine Konzentrationsflächenplanung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches für die Nutzung der Windenergie in substanzieller Weise Raum schafft, den Tatsachengerichten vorbehalten (BVerwG, Beschl. v. 29.3.2010 – 4 BN 65.09) und verschiedene Modelle gebilligt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.4.2010 – 4 B 68.09 – und Urt. v. 20.5.2010 – 4 C 7.09). Daran hält das Bundesverwaltungsgericht mit dem Zusatz fest, dass die von den Tatsachengerichten entwickelten Kriterien revisionsrechtlich hinzunehmen sind, wenn sie nicht von einem Rechtsirrtum infiziert sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder ansonsten für die Beurteilung des Sachverhalts schlechthin ungeeignet sind (BVerwG, Urt. 13.12.2012 –  4 CN 1.11).

In dem Urteil vom 20. Mai 2010 hat das Bundesverwaltungsgericht (Az. 4 C 7.09) beispielsweise eine Beurteilung der Frage nach der Schaffung substantiellen Raums für die Windenergie gebilligt, in die sowohl verschiedene Relationen, als auch andere Gesichtspunkte wie etwa das Gewicht der Ausschlusskriterien eingeflossen sind. Kriterien für die Bewertung können unter anderem sein: Größe der Konzentrationsfläche im Vergleich zur Gemeindegebietsgröße, zur Größe der im Regionalplan Südhessen vorgesehenen Mindestgröße für Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen und zur Größe der für die Nutzung der Windenergie reservierten Flächen in den Nachbargemeinden; Anzahl und Energiemenge der Windenergieanlagen.

Bei der Darstellung von Konzentrationszonen kann beispielsweise auch auf die Ausweisung solcher Gebiete verzichtet werden, die zu einer Einkreisung von Siedlungsbereichen führen würden (OVG Magdeburg, Beschl. v. 16.3.2012 – 2 L 2/11).

In der Begründung des Flächennutzungsplans ist im Einzelnen darzustellen, welche Zielsetzung und Kriterien für die Abgrenzung der Konzentrationszonen maßgebend waren. Die gemeindliche Entscheidung muss jedoch nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortausweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.9.2009 – 4 BN 25.09). Ein schlüssiges Gesamtkonzept liegt jedoch nur dann vor, wenn die Gemeinde die als abwägungserheblich zu erkennenden Belange vollständig ermittelt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 28.2.2008 – 1 C 11131/07).

4.3.3
Differenzierung nach harten und weichen Tabuzonen

Das Bundesverwaltungsgericht stellt in dem Urteil vom 13. Dezember 2012 fest, dass sich die Gemeinde den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren muss, da die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen.

Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, deren Bereitstellung für die Windenergienutzung an § 1 Absatz 3 Satz 1 des Baugesetzbuches scheitert. Danach haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bauleitplan, wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.3.2004 – 4 CN 4.03). Harte Tabuflächen können sich aus dem Fachrecht und den Zielen der Raumordnung ergeben. Sie sind einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen (§ 1 Absatz 7 BauGB) entzogen.

Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Das ändert aber nichts daran, dass sie keine eigenständige Kategorie im System des Rechts der Bauleitplanung bilden, sondern der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass städtebauliche Gesichtspunkte hier nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen, einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft (BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 – 4 CN 1.11).

Die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft – somit auch die kommunale Bauleitplanung – regeln die Gemeinden im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung. Die kommunale Bauleitplanung ist insofern über das Fachrecht und die Ziele der Raumordnung begrenzt. Auf dieser Begrenzung fußt die Differenzierung zwischen harten und weichen Tabuzonen. Harte Tabuzonen ergeben sich somit über das Fachrecht und die Ziele der Raumordnung, während die planerische Entscheidung über weiche Tabuzonen dem Bereich der kommunalen Planungshoheit zuzuordnen ist.

Die von der Rechtsprechung geforderte Differenzierung zwischen harten und weichen Tabuzonen knüpft an das Gebot der Abwägung gemäß § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches an, das heißt zum Zeitpunkt der Abwägung muss sich die Gemeinde über die geforderte Differenzierung zwischen harten und weichen Tabuzonen im Klaren sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes vollzieht sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts jedoch abschnittsweise (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.9.2009 – 4 BN 25.09). In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als Tabuzonen zu ermitteln beziehungsweise zu definieren, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in harte und weiche untergliedern. Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Gemeindegebietsteilen, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung schlechthin ungeeignet sind, mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach dem Willen der Gemeinde aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen von vornherein ausgeschlossen werden „soll“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.10.2004 – 4 C 2.04). Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, das heißt die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Absatz 1 Nummer 5 des Baugesetzbuches gerecht wird (BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 – 4 CN 1.11).

Im Erarbeitungsprozess eines Flächennutzungsplans kann sich die gemeindliche Bewertung einer Tabuzone in hart und weich jedoch ändern, da die Gemeinde erst über die Beteiligung der jeweiligen Fachbehörden Klarheit darüber erlangt, ob ein Bereich für die Windenergienutzung schlechthin ungeeignet ist oder zur Disposition steht. Hierbei bildet die Stellungnahme der zuständigen Fachbehörde ein gewichtiges Indiz (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15.01). Auch ist es einer Gemeinde unbenommen, Planungen in Bereichen vorzusehen, die zwar zum Beginn des Planungsprozesses fachrechtlich oder raumordnungsrechtlich blockiert sind, bei denen die Gemeinde jedoch eine entsprechende Änderung der fachrechtlichen oder raumordnungsrechtlichen Beurteilungsgrundlage anregt beziehungsweise beantragt.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG NRW, Urt. v. 22.9.2015, 10 D 82/13.NE) hat die Auffassung vertreten, dass Waldflächen grundsätzlich keine harten Tabuzonen sind. Nach dem Forstrecht ist es nicht möglich, Windenergieanlagen im Wald ohne vorherige Waldumwandlungsgenehmigung nach § 39 des Landesforstgesetzes zu errichten. Das Forstrecht eröffnet jedoch mit der Waldumwandlung die Möglichkeit, den Standort der Windenergieanlage aus dem Forstrecht zu entlassen. Wenn die zuständige Forstbehörde im Verfahren zur Aufstellung eines Flächennutzungsplans eine Waldumwandlung für bestimmte Waldbereiche in Aussicht stellt, ist es der Gemeinde grundsätzlich möglich, eine Konzentrationszone für Windenergie im Wald darzustellen. Ist eine Waldumwandlung nicht möglich, sind die Waldflächen als harte Tabuzonen anzusehen. Dabei ist zu beachten, dass die Tabukriterien abstrakt definiert und einheitlich angelegt werden müssen. Für eine differenzierte ortsbezogene Anwendung der Restriktionskriterien ist bei der Ermittlung der Potenzialflächen kein Raum. Die Betrachtung der konkreten örtlichen Verhältnisse erfolgt erst auf der nächsten Stufe, nämlich wenn es darum geht, für die jeweilige Potenzialfläche im Wege der Abwägung zu entscheiden, ob sich auf ihr die Windenergie oder eine andere Nutzung durchsetzen soll (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.9.2009 – 4 BN 25/09). Für die Ermittlung von Tabubereichen reicht es beispielsweise nicht aus, festzustellen, dass auf einzelnen Waldflächen eine Waldumwandlung in Aussicht gestellt wird, wenn im Planungsraum vergleichbare Flächen zur Verfügung stehen. Die Tabukriterien müssen für den Planungsraum abstrakt definiert und einheitlich angelegt sein. Für den Bereich des Waldes würde dies erfordern, dass abstrakte einheitliche Differenzierungen erforderlich sind, welche Arten von Wald für eine Windenergienutzung zur Verfügung stehen oder stehen sollen und welche Arten von Wald diese Nutzung nicht zulassen. Die Differenzierung kann sich aus naturräumlichen Gegebenheiten wie einer vorhandenen Vorbelastung von Flächen oder einer Bewertung der Waldflächen ergeben. Lässt sich eine derartige Differenzierung nicht vornehmen, kann eine Bewertung nach den Kriterien des Leitfadens „Rahmenbedingungen für Windenergieanlagen auf Waldflächen in Nordrhein-Westfalen“ in der jeweils gültigen Fassung (abrufbar unter https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/leitfaden_wind_im_wald.pdf) erfolgen.

Die jeweiligen Fachbehörden sind insofern gehalten, im Aufstellungsverfahren zum Flächennutzungsplan der Gemeinde verbindlich zu erklären, dass bestimmte Flächen für eine Windenergienutzung grundsätzlich in Frage kommen und sie – falls erforderlich – eine entsprechende Ausnahme oder Befreiung in Aussicht stellen. Nur über diese Auskunft ist es der Gemeinde möglich, zum Zeitpunkt der Abwägung (Feststellungsbeschluss) verlässliche Aussagen über die Qualität der jeweiligen Tabuzone zu treffen. Dies entbindet die Gemeinde jedoch nicht, die geforderte Unterscheidung in harte und weiche Tabuzonen zunächst selber vorzunehmen. Ist sich eine Gemeinde, auch mit Unterstützung der jeweiligen Fachbehörde, nicht sicher, ob eine Fläche zu den harten oder weichen Tabuzonen zu zählen ist, kann sie einen Fehler im Abwägungsvorgang dadurch vermeiden, dass sie unterstellt, bei der Fläche handele es sich um eine weiche Tabufläche, und die maßgeblichen Kriterien bei der Abwägung den Belangen der Windenergie vorzieht (OVG NRW, Urt. v. 26.9.2013 – 16 A 1294/08; – 16 A 1295/08; – 16 A 1296/08).

Öffentliche Planungsträger, die nach § 4 oder § 13 des Baugesetzbuches beteiligt wurden, haben ihre Planungen gemäß § 7 des Baugesetzbuches dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben. Besteht jedoch beispielsweise bei Inkrafttreten des Flächennutzungsplans mit der Rechtswirkung des § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches ein Widerspruch zwischen dem Landschaftsplan und dem Flächennutzungsplan und der Träger der Landschaftsplanung hat im Flächennutzungsplanverfahren nicht widersprochen, ist der Landschaftsplan zwar grundsätzlich anzupassen, soweit nicht in eine Ausnahme- oder Befreiungslage hineingeplant werden kann (S. Nummer 8.2.2.5). Um für den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Flächennutzungsplans einem Plankonflikt vorzubeugen, der im Ergebnis auch zu einem Ausschluss der Windenergienutzung innerhalb der Konzentrationszone führen könnte, wird empfohlen, vor Änderung des Flächennutzungsplans die entsprechende Änderung des Landschaftsplans abzuwarten. Dabei ist eine parallele Änderung des Landschaftsplanes möglich.

Das Oberverwaltungsgericht NRW weist grundsätzlich auf die fachrechtlichen Schranken der Bauleitplanung hin, die durch die Bauleitplanung selber nicht überwunden werden können (Urt. v. 1.7.2013 – 2 D 46/12.NE). Wie oben bereits ausgeführt, ist es der planenden Gemeinde jedoch möglich, eine entsprechende Änderung der fachrechtlichen oder raumordnungsrechtlichen Beurteilungsgrundlage anzuregen beziehungsweise zu beantragen. Bezüglich der naturschutzrechtlichen bedeutsamen Gebiete findet sich in den Nummer 8.2.2.2 und 8.2.2.5 eine entsprechend begründete Zuordnung zu harten und weichen Tabuzonen.

Grafik „Prüfschritte Konzentrationszonenplanung“ siehe Anhang.

4.3.4
Änderung der Konzentrationszonen

Plant eine Gemeinde zusätzliche Konzentrationszonen, verändert sie die Darstellung von Konzentrationszonen oder werden einzelne Zonen aufgehoben, bedarf es einer erneuten Abwägung.

Bei einem Eingriff in einen einmal hergestellten Ausgleich zwischen Positiv- und Negativausweisungen verschiebt sich das Gesamtgefüge des Planungskonzepts. Im Hinblick auf diese Wirkungen muss die Gemeinde erneut in die Abwägung der für und gegen die wegfallenden oder hinzutretenden Standorte sprechenden Belange eintreten und dabei das gesamte Gemeindegebiet erneut in den Blick nehmen (vgl. OVG NRW, Urt. v. 19.6.2007 – 8 A 2677/06). Kann eine Gemeinde bei dieser Abwägung auf bereits vorhandenes Abwägungsmaterial – beispielsweise der Ermittlung der Windhöffigkeit – zurückgreifen, ist dies zulässig, soweit diese Untersuchungen noch aktuell sind und sie die Gemeinde in die Lage versetzen, zum Zeitpunkt der Abwägung den entsprechenden Belang ausreichend ermittelt zu haben.

Dabei ist es durchaus möglich, bestehende Konzentrationszonen anders zu bewerten als neue. Eine differenzierte Behandlung von Bestand und Neuplanung ist der Bauleitplanung, beispielsweise bei der Bauleitplanung in Gemengelagen, insgesamt nicht fremd. Hat eine Gemeinde beispielsweise im Rahmen eines früheren Bauleitplanverfahrens Abstände von 500 Metern zu Einzelgehöften im Außenbereich als weiches Tabukriterium gesetzt, kann dies zur Folge haben, dass die so ermittelten Konzentrationszonen bei einem neuen – nun größeren – Abstand von zum Beispiel 650 Metern deutlich kleiner aus- beziehungsweise in Gänze wegfielen. Entspricht dies nicht den planerischen Vorstellungen der Gemeinde, ist es durchaus denkbar, dass sie in ihrem aktuellen Konzept für die bestehenden Konzentrationszonen die bisherigen Abstände beibehält und für weitere Konzentrationszonen auch andere Abstände wählt. Die für eine differenzierte Behandlung von Bestand und Neuplanung sprechenden Gründe sind in der Abwägung und der Begründung nachvollziehbar zu dokumentieren.

Weist die Gemeinde neue Konzentrationszonen aus, folgt daraus nicht, dass die vorhandenen Darstellungen des Flächennutzungsplanes zur Erzielung der Konzentrationswirkung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches nicht ausreichend sind (§ 249 Absatz 1 BauGB). Es ist daher grundsätzlich davon auszugehen, dass die bisherigen Ausweisungen ausreichend waren, um der Windenergienutzung in substantieller Weise Rechnung zu tragen. Auch im Fall einer Neuausweisung von Konzentrationszonen für Windenergie müssen alle Zonen im Planungsraum aus einem schlüssigen Gesamtkonzept abgeleitet sein. Eine davon abweichende isolierte Planung zusätzlicher Zonen ohne Beachtung des bisherigen Windenergiekonzeptes ist nicht durch § 249 Absatz 1 des Baugesetzbuches gedeckt.

Bei der Aufhebung einzelner Konzentrationszonen ist die Frage, ob der Plan der Windenergie substantiell Raum verschafft, zu prüfen. Dazu wird auf die Ausführungen unter Nummer 4.3.2 verwiesen. Weiterhin sollte die Frage möglicher Entschädigungsansprüche (siehe Nummer 4.8) geprüft werden.

4.3.5
Sachlicher und räumlicher Teilflächennutzungsplan

Nach § 5 Absatz 2 Buchstabe b des Baugesetzbuches können für Darstellungen des Flächennutzungsplanes mit den Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches auch sachliche Teilflächennutzungspläne aufgestellt werden; sie können auch für Teile des Gemeindegebietes aufgestellt werden (sachliche und räumliche Teilflächennutzungspläne). Die Anforderungen an die kommunale Planung zur Erlangung der Ausschlusswirkung beziehen sich dann nur auf das Gebiet des räumlichen Teilflächennutzungsplanes. Ein Gesamtkonzept für das gesamte Gemeindegebiet ist in diesem Fall mithin nicht erforderlich. Ein räumlicher Teilflächennutzungsplan kann möglicherweise sinnvoll für Kommunen sein, die bisher noch keine Konzentrationszonen für Windenergieanlagen ausgewiesen haben. Dieses Instrument kann dann zweckmäßig sein, wenn in einem Teil des Gemeindegebiets für die Windenergie städtebaulich begründet kein Steuerungsanlass besteht, sondern die Windenergie über § 35 Absatz 1 Nummer 5 des Baugesetzbuches zulässig sein soll. Wenn Gemeinden bereits über Konzentrationszonen für die Windenergienutzung im gesamten Gemeindegebiet verfügen, ist vom Gebrauch des räumlichen Teilflächennutzungsplanes abzuraten, da eine rechtssichere Abwägung aufgrund des vorhandenen Gesamtkonzepts kaum möglich erscheint.

4.3.6
Konzentrationszonen entlang vorhandener Infrastruktur

Bei der Erarbeitung eines schlüssigen Plankonzepts zur Steuerung der Standorte von Windenergieanlagen können Überlegungen zur Standortwahl von Windenergieanlagen entlang von Infrastrukturtrassen zum Tragen kommen.

Der Ansatz dabei ist, dass unter bestimmten Umständen vergleichbare oder ähnliche Umweltauswirkungen von Infrastrukturtrassen und Windenergieanlagen bestehen, die sich so überlagern, dass die Trassenkorridore, die durch die bestehenden Belastungen bereits in ihrer Wertigkeit gemindert werden, durch eine zusätzliche Belastung durch neue Windenergieanlagen nicht oder eher geringfügig weiter entwertet werden. Ausgehend von diesem Ansatz könnte begründet werden, dass die Wertigkeit von Gebietskategorien mit Ausschlusscharakter, zum Beispiel bestimmte Landschaftsschutzgebiete, vermindert beziehungsweise die geltenden Abstandsregelungen in derart durch Vorbelastung betroffenen Räumen relativiert werden können. In der Begründung des Flächennutzungsplans sollte dargelegt werden, ob es sich um die Einschätzung einer Fachbehörde oder um eine planerische Erwägung der Gemeinde handelt, um diese Frage auch schlüssig im Planungskonzept (Differenzierung in harte und weiche Tabukriterien) abbilden zu können. Die von den jeweiligen Infrastrukturachsen (Bundesfernstraßen, Hauptschienenwege, Hochspannungsfreileitungen) in unterschiedlicher Weise ausgehenden Vorbelastungen, insbesondere Lärm und Landschaftsbeeinträchtigungen, können dazu genutzt werden, zusätzliche Belastungen durch Windenergieanlagen hier verstärkt zu bündeln und dafür bisher nicht belastete, ungestörte Landschaftsbereiche zu schonen. Die Anbauverbots- beziehungsweise Anbaubeschränkungszonen zu Infrastrukturtrassen (siehe Nummer 8.2.5 zu Straßen) sind zu beachten. Detailliertere Ausführungen können der Studie „Abschätzung der Ausbaupotentiale der Windenergie an Infrastrukturachsen und Entwicklung der Kriterien der Zulässigkeit“ der Planungsbüros Bosch & Partner, Peters Umweltplanung, Deutsche WindGuard, Prof. Stefan Klinski und Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Abschlussbericht vom 31. März 2009 entnommen werden. Bei der konkreten Anlagenplanung ist Nummer 5.2.1.4 zu beachten.

4.3.7
Höhenbegrenzungen

Nach § 16 Absatz 1 der Baunutzungsverordnung kann die Höhe baulicher Anlagen begrenzt werden. Höhenbeschränkungen sind zulässig, wenn sie aus der konkreten Situation abgeleitet und städtebaulich begründet sind. Nicht jede Veränderung des Orts- und Landschaftsbildes  begründet eine städtebauliche Höhenbeschränkung; es müssen konkrete Gründe vorliegen, die im Einzelfall dazu führen, dass die städtebauliche Situation relevant negativ verändert wird.

Bei der Ausweisung einer Konzentrationszone mit Höhenbeschränkung muss in die Abwägung eingestellt werden, dass die Konzentrationszone zwar nicht einen optimalen Ertrag ermöglichen soll, aber auch unter Berücksichtigung der beschränkenden Regelungen wirtschaftlich noch sinnvoll genutzt werden kann (siehe auch Nummer 4.9). Nach heutigem Kenntnisstand ist dies mit der in zahlreichen Konzentrationszonen zu findenden Beschränkung auf Anlagenhöhen bis zu 100 Meter in der Regel nicht zu erreichen. Hingegen lassen sich neu zu errichtende Anlagen im Offenland in der Regel oberhalb einer Gesamthöhe von 150 Metern und auf Waldflächen in der Regel ab einer Gesamthöhe von 180 Metern wirtschaftlich betreiben. Die erforderliche Gesamthöhe kann im Einzelfall je nach Windhöffigkeit und Geländerauhigkeit höher oder geringer ausfallen. Ist eine ausgewiesene Konzentrationszone in sieben Jahren (Plangewährleistungsfrist nach § 42 Absatz 2 BauGB) nach Ausweisung mit Höhenbegrenzung nicht oder nur ganz unwesentlich genutzt worden, wird der Kommune empfohlen, die Ausweisung dieser Konzentrationszone mit Höhenbeschränkung zu überprüfen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Fläche, die der Errichtung von Windenergieanlagen vorbehalten ist, nicht so beschaffen sein muss, dass sie eine bestmögliche Ausnutzung gewährleistet. Es reicht aus, wenn an dem Standort die Voraussetzungen für eine dem Zweck angemessene Nutzung gegeben sind (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15.01; Beschl. v. 2.4.2013 – 4 BN 37.12).

Bestehende Höhenbeschränkungen etwa von 100 Metern bilden dennoch derzeit in vielen Regionen ein bedeutendes Hemmnis bei der Realisierung geplanter Repowering-Vorhaben. Für die Realisierung von Repowering-Vorhaben eignen sich nur Windenergieanlagen der Multimegawattklasse. Diese erreichen aber eine erheblich höhere Gesamthöhe als 100 Meter. Den Gemeinden wird daher empfohlen, die Höhenbegrenzung zu überprüfen und aufzuheben, wenn sie die Nutzungsmöglichkeiten der ausgewiesenen Flächen im Rahmen des Erstausbaus oder des Repowerings erweitern wollen.

Die Frage, welche Belange bei einer isolierten Aufhebung von Höhenbeschränkungen im Rahmen der gemeindlichen Planung geprüft werden müssen und inwieweit das Gesamtgefüge des Planungskonzepts in den Blick genommen werden muss, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, das heißt insbesondere im Hinblick auf die städtebaulichen oder fachrechtlichen Gründe, die der Höhenbeschränkung zugrunde lagen.

Werden in einem Flächennutzungsplan zusätzliche Flächen für die Nutzung von Windenergie dargestellt, folgt daraus nicht, dass die vorhandenen Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Erzielung der Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 nicht ausreichend sind. Dies gilt gemäß § 249 Absatz 1 Satz 2 des Baugesetzbuches entsprechend bei der Änderung oder Aufhebung von Darstellungen zum Maß der baulichen Nutzung (Höhenbegrenzungen). Die Akzeptanz einer Hinderniskennzeichnung (insbesondere Befeuerung) ab 100 Meter Anlagenhöhe lässt sich auch ohne Höhenbeschränkung durch Auflagen zu technischen Maßnahmen verbessern. Nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen (AVV Luftfahrtkennzeichnung) ist es schon seit 2007 möglich, insbesondere durch die Verwendung von Sichtweitenmessgeräten bei guter Sicht die Befeuerung zu reduzieren und überdies zu synchronisieren und nach unten abzuschirmen. Mit der Novellierung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift 2015 wurden rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen, die die bisherigen Maßnahmen zur Störwirkungsminimierung bei der Kennzeichnung von Windenergieanlagen erheblich erweitern. Hierzu gehört unter anderem die neu eingeführte Möglichkeit einer bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung für Windenergieanlagen. Daneben werden im Rahmen der Nachtkennzeichnung Obergrenzen für die Lichtstärke sowie begrenzende Abstrahlwinkel definiert und die bisherige Ermessens-Vorschrift für die Synchronisierung von Feuern wird nunmehr verpflichtend. Die Anforderungen an die Hindernisbefeuerungsebenen am Turm von Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 150 Metern über Grund werden dahingehend neu gefasst, dass für einen großen Teil der Windenergieanlagen künftig weniger Hindernisbefeuerungsebenen erforderlich werden.

Die neue Möglichkeit der bedarfsgerechten Befeuerung kann dem Projektierenden im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren als Auflage aufgegeben werden, sofern die Luftfahrtbehörde die erforderliche Zustimmung erteilt hat und die wirtschaftliche Verhältnismäßigkeit gegeben ist. Technisch zuverlässige Lösungen zur Minderung der Lichtimmissionen können Höhenbeschränkungen entbehrlich machen.

Im Zusammenhang mit der Neuausrichtung der Bundeswehr hat diese ihr Nachttiefflugsystem untersucht. In einem ersten Schritt konnte die Bundeswehr im bestehenden Nachttiefflugsystem ad hoc zahlreiche Streckenabschnitte identifizieren, unter denen Bauhöhen von Windenergieanlagen bis zu einer maximalen Höhe von 213 Metern über Grund zulässig sind. In einem nächsten Schritt konnte aufgrund der Standortentscheidungen und unter Berücksichtigung der künftigen Luftfahrzeugflotten- und Fähigkeitsentwicklung eine bundesweite bedarfsabhängige Anhebung der Untergrenze des Nachttiefflugsystems um etwa 100 Meter ermöglicht werden. Mit dieser Entscheidung der Bundeswehr entfallen zuvor geltend gemachte Rechtfertigungen für Bauhöhenbeschränkungen für Windenergieanlagen aus Gründen militärischer Tiefflugübungsstrecken bis zu einer Höhe von 213 Metern über Grund. Bei der Überprüfung bestehender Höhenbegrenzungen sollten die Gemeinden dies berücksichtigen.

4.3.8
Sicherung der Planung

Die Zurückstellung von Baugesuchen zur Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit ist unter den Voraussetzungen des § 15 Absatz 3 des Baugesetzbuches (für Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 BauGB) möglich. Diese Regelung ist auf immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren entsprechend anwendbar (OVG NRW, Beschl. v. 18.12.2014 – 8 B 646/14).

Die Prognose einer Gefährdung der gemeindlichen Planung ist gerechtfertigt, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das zur Genehmigung gestellte Vorhaben dieser Planung – nach dem jeweiligen Stand des Planungsverfahrens und gemessen an der Plankonzeption und den Planzielen – widerspricht oder dass ein solcher Widerspruch zumindest möglich ist. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn das Vorhaben nach dem aktuellen Planungsstand innerhalb einer in Aussicht genommenen Konzentrationszone liegen würde, solange noch nicht hinreichend sicher damit gerechnet werden kann, dass es hierbei verbleibt (OVG NRW, Beschl. v. 18.12.2014 – 8 B 646/14).

Der Zeitraum der Zurückstellung ist in dem Zurückstellungsbescheid anzugeben und darf längstens ein Jahr ab Zugang des Bescheids betragen. Die Zeit zwischen dem Eingang des Baugesuchs bei der zuständigen Behörde bis zur Zustellung des Zurückstellungsbescheides wird auf die Jahresfrist nur insoweit nicht angerechnet, als dieser Zeitraum für die Bearbeitung des Baugesuchs erforderlich war (§ 15 Absatz 3 Satz 2 BauGB). Die Gemeinde hat den Zurückstellungsantrag innerhalb von sechs Monaten zu stellen, nachdem sie erstmals in einem Verwaltungsverfahren förmlich (z.B. im Rahmen einer Beteiligung nach § 36 BauGB) von dem Bauvorhaben Kenntnis erlangt hat, § 15 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches.

§ 15 Absatz 3 Satz 4 des Baugesetzbuches ermöglicht, die Entscheidung über ein Baugesuch für ein Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 des Baugesetzbuches um ein weiteres Jahr auszusetzen, wenn hierfür besondere Umstände vorliegen. Ein Planverfahren ist in diesem Sinn durch besondere Umstände gekennzeichnet, wenn es sich von dem allgemeinen Rahmen der üblichen städtebaulichen Planungstätigkeit wesentlich abhebt. Das ist der Fall, wenn das Planverfahren Besonderheiten des Umfangs, des Schwierigkeitsgrades oder des Verfahrensablaufs aufweist. Vergleichsmaßstab ist der allgemeine Rahmen der üblichen städtebaulichen Planungstätigkeit, nicht lediglich die sonstige Konzentrationsflächenplanung. Notwendig ist, dass die Aufstellung des Plans gerade wegen dieser Besonderheiten mehr als die übliche Zeit erfordert. Die Gemeinde darf die Verzögerung nicht zu vertreten haben (OVG NRW, Beschl. v. 25.11.2014 – 8 B 690/14).

Als besondere Umstände können insbesondere in Betracht kommen:

a) Gutachten zu Umweltauswirkungen sind nicht abgeschlossen.

b) Stellungnahmen beteiligter Behörden liegen wegen erforderlicher, insbesondere auch rechtlicher Maßnahmen noch nicht vor.

c) Die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Absatz 2 und § 4a Absatz 3 des Baugesetzbuches (erneute öffentliche Auslegung) und deren Auswertung sind noch nicht abgeschlossen.

d) Die interkommunale Zusammenarbeit nach § 2 Absatz 2 des Baugesetzbuches erfordert eine umfangreichere Abstimmung und damit einen erhöhten Zeitaufwand.

Der Antrag nach § 15 Absatz 3 Satz 4 des Baugesetzbuches sollte im Blick auf die anstehende Entscheidung über die Genehmigung der betreffenden Vorhaben so rechtzeitig gestellt werden, dass sich die Zurückstellung um einen weiteren Zeitraum unmittelbar an den Ablauf der ersten Zurückstellung anschließt. Die übliche Bearbeitungszeit bei der Genehmigungsbehörde ist dabei zu berücksichtigen. Die Gemeinde legt bei der Antragstellung die besonderen Umstände für die Verlängerung dar.

Der Zurückstellungsantrag ist nicht mehr möglich, wenn die Genehmigung erteilt ist.

4.4
Bebauungsplan

Die Gemeinde kann die Errichtung von Windenergieanlagen in im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszonen einer Feinsteuerung durch Bebauungspläne (zum Beispiel Festlegung der Standorte der Anlagen) unterziehen und diese Bebauungsplanung durch eine Veränderungssperre sichern. Die Aufstellung eines Bebauungsplanes kann insbesondere zur Ermöglichung eines Repowering sinnvoll sein (vgl. Nummer 4.9).

Die Sonderregelungen des § 249 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Baugesetzbuches gelten für Bebauungspläne, die aus den Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt werden, entsprechend (vgl. § 249 Absatz 1 Satz 3 BauGB).

Die Gemeinde kann den Abstand von Windenergieanlagen untereinander in einem Bebauungsplan dadurch steuern, dass sie Baugrenzen festsetzt, innerhalb derer jeweils nur eine Windenergieanlage Platz findet. Im Bebauungsplan können sowohl Baugrenzen festgesetzt werden, die allein für Fundament und Turm gelten, als auch Baugrenzen, die sich darüber hinaus auf den Rotor der Windenergieanlage beziehen. Gemäß § 23 Absatz 3 Satz 1 und § 16 Absatz 5 der Baunutzungsverordnung können außerdem für Fundament und Turm einerseits und die Rotoren andererseits unterschiedliche Baugrenzen festgesetzt werden. In jedem Fall muss hinreichend bestimmt sein, worauf sich die Baugrenze bezieht.

Darüber hinaus können Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, zur Erschließung, zum Immissionsschutz, zu den erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen getroffen und gegebenenfalls örtliche Bauvorschriften nach § 86 der Landesbauordnung über die äußere Gestaltung erlassen werden. Dies gilt entsprechend bei der Festsetzung von Flächen für Versorgungsanlagen. Hinsichtlich der Höhenbeschränkung gilt das unter Nummer 4.3.7 Ausgeführte entsprechend.

Eine Veränderungssperre ist gemäß § 14 des Baugesetzbuches zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich zulässig. Die Planung, die die Veränderungssperre sichern soll, muss ein Mindestmaß dessen erkennen lassen, was Inhalt des zu erlassenden Bebauungsplans sein soll. Eine Planung, bei der in einem raumordnerisch für die Windenergie vorgesehenen Gebiet Festsetzungen von „Null bis Hundert“ möglich sind, also alles noch offen ist, kann nicht durch Veränderungssperre gesichert werden (OVG NRW, Urt. v. 28.1.2005 – 7 D 4/03.NE).

4.5
Vorhabenbezogener Bebauungsplan

Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan gemäß § 12 des Baugesetzbuches die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, soweit ein Vorhabenträger auf der Grundlage eines von ihm vorgelegten und mit der Gemeinde abgestimmten Planes zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Übernahme der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise verpflichtet.

4.6
Beteiligung

Die Gemeinde holt gemäß § 4 Absatz 2 des Baugesetzbuches die Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, zum Planentwurf und zu der Begründung ein. Sie beteiligt gemäß § 3 des Baugesetzbuches die Öffentlichkeit.

Sofern die Errichtung von Windenergieanlagen in Konzentrationszonen für die Windenergienutzung im Widerspruch zum Fachplanungsrecht stünde, zum Beispiel Baufläche im Bereich einer Landschaftsschutzverordnung, ist es zwingend erforderlich, dass die entsprechende Fachplanung auch schon im Planverfahren darlegt, ob eine Ausnahme beziehungsweise Befreiung in Aussicht gestellt werden kann. Ist dies nicht der Fall, ist eine Planung nicht zielführend.

Öffentliche Planungsträger, die nach § 4 oder 13 des Baugesetzbuches beteiligt worden sind, haben ihre Planungen gemäß § 7 des Baugesetzbuches dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben.

4.7
Umweltprüfung in der Bauleitplanung

Seit Inkrafttreten der Änderungen des Baugesetzbuchs durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau am 20. Juli 2004 muss grundsätzlich bei allen Flächennutzungs- und Bebauungsplanungen für die Belange des Umweltschutzes eine Umweltprüfung (UP) durchgeführt werden, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen zu ermitteln und in einem Umweltbericht zu beschreiben und zu bewerten sind. Mit der Umweltprüfung werden Auswirkungen eines Vorhabens abgeschätzt auf

– Menschen, Tiere und Pflanzen,

– Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,

– Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie

– Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

In diese Prüfung sind auch noch weitere Umweltbelange einzubeziehen, die in § 1 Absatz 6 Nummer 7 des Baugesetzbuches und § 1a des Baugesetzbuches aufgeführt sind und die letztlich auch dem Schutz der vorgenannten Umweltgüter dienen.

Bei dieser Umweltprüfung werden auch die Behörden und die Öffentlichkeit beteiligt. Das Ergebnis dieser Umweltfolgenabschätzung ist in der bauleitplanerischen Abwägung zu berücksichtigen. Die Umweltprüfung in der Bauleitplanung ist als umfassendes Prüfverfahren konzipiert, das den Anforderungen, sowohl der EU-Richtlinie für die projektbezogene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) als auch der EU-Richtlinie für die planbezogene Umweltprüfung entspricht.

Im Fall einer bereits in anderen Planverfahren (z.B. der Regionalplanung) durchgeführten Umweltprüfung kann sich die Umweltprüfung in dem zeitlich nachfolgenden Planverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränken.

4.8
Entschädigungsansprüche bei Änderung der Bauleitplanung

Bei der Änderung oder Aufhebung von Bebauungsplänen mit Festsetzungen zur Zulässigkeit von Windenergieanlagen ist zu prüfen, ob Entschädigungsansprüche nach den §§ 39ff. des Baugesetzbuches entstehen können.

Auch wenn die Nutzungsmöglichkeiten, die § 35 des Baugesetzbuches eröffnet, grundsätzlich nicht die in § 42 des Baugesetzbuches vorausgesetzte Qualität einer eigentumsrechtlichen Position haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.4.2013, 4 CN 2.12), kann möglicherweise bei der Änderung oder Aufhebung einer Konzentrationszone im Flächennutzungsplan etwas anderes gelten. In seinem Urteil vom 26. April 2007 (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.4.2007 – 4 CN 3/06) hat das Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit zur Normenkontrolle gemäß § 47 Absatz 1 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Darstellung von Konzentrationsflächen in einem Flächennutzungsplan (Sonderbauflächen im Sinn von § 5 Absatz 2 Nummer 1 BauGB, § 1 Absatz 1 Nummer 4 BauNVO), mit denen die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz3 des Baugesetzbuches erreicht werden sollen, erweitert. § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches verleiht derartigen Darstellungen rechtliche Außenwirkung gegenüber den Bauantragstellerinnen und Bauantragstellern sowie gegenüber Vorhabenträgerinnen und Vorhabenträgern mit der Folge, dass Vorhaben an Standorten außerhalb der Konzentrationsflächen in der Regel unzulässig sind. Somit sind Darstellungen im Flächennutzungsplan mit den Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches von ihrer Rechtswirkung mit einem Bebauungsplan vergleichbar und es ist nicht auszuschließen, dass auch ein Entschädigungsanspruch gemäß der §§ 39 ff des Baugesetzbuches bei Änderung einer Konzentrationszone im Flächennutzungsplan besteht.

4.9
Repowering

Unter Repowering wird allgemein der Austausch alter Windenergieanlagen durch neuere moderne Windenergieanlagen verstanden, die neben höherem Ertrag auch vom Bau her höher und mit größeren Rotoren ausgestattet sind.

Das Repowering bietet vielfältige Vorteile:

Zum einen kann dadurch die Effektivität und die Ausbeute der Windenergienutzung erheblich gesteigert und damit ein bedeutender auch lokaler Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. In diesem Rahmen können auch Windenergieanlagenstandorte erhalten werden, für die eine langjährige Akzeptanz gegeben ist.

Die Repowering-Anlagen sind neue Windenergieanlagen mit moderner Anlagentechnik, die nach heutigem Genehmigungsstandard errichtet werden und somit oftmals gegenüber den zu ersetzenden, veralteten Windenergieanlagen eine Reduzierung von Emissionen und anderen Umweltbeeinträchtigungen mit sich bringen. Durch die geringere Drehzahl der Rotoren sowie die Ersetzung von Altanlagen mit reflektierender Farbgebung, unterschiedlicher Rotordrehrichtung und -drehzahl, verschiedenen Bauhöhen usw. durch Neuanlagen mit einheitlicher Anlagengröße, Farbgebung, Rotordrehzahl und -drehrichtung sowie gegebenenfalls die Verringerung der Anlagenzahl mit größeren Abständen untereinander ergibt sich eine Entlastung des Landschaftsbildes. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz zeigt in einer Veröffentlichung einprägsam die Zusammenhänge zwischen gestiegener Nennleistung, deutlich gestiegenem Ertrag und gesunkener Schallemission von modernen Windenergieanlagen auf und verdeutlicht so nicht nur die energetischen, sondern auch die immissionsschutztechnischen Chancen des Repowerings (http://www.lanuv.nrw.de/geraeusche/pdf/RepoweringOkt2011.pdf).

Beim Repowering kann sich die Zahl der Anlagen reduzieren. Altanlagen liegen in vielen Fällen verstreut über das gesamte Gemeindegebiet. Dies gilt insbesondere für Anlagen, die vor der Einführung der Privilegierung der Windenergieanlagen, verbunden mit der Steuerungswirkung durch Festsetzung von Konzentrationszonen, durch Änderung des Baugesetzbuches im Jahr 1996 errichtet worden sind. Das Repowering bietet Möglichkeiten, durch Zusammenfassung von Repoweringanlagen in Konzentrationszonen die Windenergienutzung im Gemeindegebiet neu zu ordnen.

Um den vielschichtigen Aufgabenstellungen dabei gerecht zu werden, ist die Entwicklung eines gemeindlichen Repowering-Konzeptes sinnvoll.

Für das Repowering gelten die gleichen planungsrechtlichen Anforderungen wie für die Neuerrichtung von Windenergieanlagen. Sind im Flächennutzungsplan Konzentrationszonen für die Windenergie dargestellt, setzt die Zulässigkeit der neuen Windenergieanlagen im Außenbereich grundsätzlich voraus, dass die Standorte für die neuen Windenergieanlagen auch innerhalb einer Konzentrationszone für die Windenergie liegen.

Altanlagen genießen zwar auch außerhalb von Konzentrationszonen Bestandsschutz, mit dem Rückbau der Altanlagen erlischt dieser jedoch. Hat sich in der Zeit zwischen der Errichtung der Altanlage und der Wiedererrichtung einer neuen Anlage das Planungsrecht geändert, kann es sein, dass am Standort einer Altanlage die Errichtung einer neuen Anlage nicht mehr zulässig ist. Viele Gemeinden haben die Zulässigkeit von Windenergieanlagen erst zu einem Zeitpunkt über § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches gesteuert, an dem viele Anlagen bereits errichtet wurden. Wenn diese Anlagen nunmehr außerhalb der Konzentrationszonen liegen, ist eine Neuerrichtung am alten Standort in der Regel nicht mehr möglich.

Bei der planungsrechtlichen Absicherung des Repowering ist es zunächst von Bedeutung, dass dem Repowering innerhalb der Konzentrationszonen genügend Fläche zur Verfügung gestellt wird.

Gemäß § 249 Absatz 2 des Baugesetzbuches kann nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Baugesetzbuches auch festgesetzt werden, dass die im Bebauungsplan festgesetzten Windenergieanlagen nur zulässig sind, wenn sichergestellt ist, dass nach der Errichtung der im Bebauungsplan festgesetzten Windenergieanlagen andere im Bebauungsplan bezeichnete Windenergieanlagen innerhalb einer im Bebauungsplan zu bestimmenden angemessenen Frist zurückgebaut werden. Die Standorte der zurück zu bauenden Windenergieanlagen können auch außerhalb des Bebauungsplangebietes oder außerhalb des Gemeindegebietes liegen. Gemäß § 249 Absatz 2 Satz 3 des Baugesetzbuches können entsprechende Darstellungen im Flächennutzungsplan aufgenommen werden.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Windenergieanlage hierfür eine Verzichtserklärung der Betreiberin oder des Betreibers erforderlich ist. Daneben besteht auch die Möglichkeit, einen Aufhebungsvertrag zwischen den Rechtsträgern der Genehmigungsbehörde und der Betreiberin oder dem Betreiber zu schließen. In jedem Fall ist die Beseitigung der zurückzubauenden Windenergieanlage zu gewährleisten. Im Hinblick auf den baurechtlichen Bestandsschutz hat die Betreiberin oder der Betreiber beziehungsweise die Inhaberin oder der Inhaber der Genehmigung der zurück zu bauenden Windenergieanlagen darüber hinaus eine Rückbauverpflichtung zu übernehmen. Die Rückbauverpflichtung ist durch Baulast oder in anderer Weise sicherzustellen. Eine Planung nach § 249 Absatz 2 des Baugesetzbuches wird nur dann zielführend sein, wenn die Gemeinde zwischen den Betreiberinnen und Betreibern der Alt-Windenergieanlagen und den Flächeneigentümerinnen und Flächeneigentümern der geplanten Konzentrationszone vermittelt und die Umsetzbarkeit der Planung so unterstützt.

Im Einzelnen wird auf den Leitfaden des Deutschen Städte- und Gemeindebundes „Kommunale Handlungsmöglichkeiten beim Ausbau der Windenergie – unter besonderer Berücksichtigung des Repowering“ verwiesen (DStGB-Dokumentation Nummer 111).

5
Genehmigung von Windenergieanlagen

5.1
Verfahren zur Genehmigung von Windenergieanlagen

Bei Windenergieanlagen handelt es sich um Anlagen im Sinn von § 3 Absatz 5 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG). Sie unterliegen den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen nach § 5 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bei genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz.

5.1.1
Immissionsschutzrechtliche Verfahren

Windenergieanlagen, mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern, unterfallen Nummer 1.6 des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) und bedürfen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Windenergieanlagen sind dann im Sinn der Nummern 1.6.1 und 1.6.2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen zu Gruppen zusammenzufassen, wenn sie von derselben Betreiberin oder demselben Betreiber betrieben werden und

– sich innerhalb einer bauleitplanerisch ausgewiesenen Fläche befinden, oder

– sich ihr Einwirkungsbereich in Bezug auf die Schutzgüter des § 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes überschneidet oder berührt.

Die Abgrenzung einer Anlagengruppe im Sinn der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen ist daher von der Abgrenzung der Windfarm im Sinn des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (dazu siehe Nummer 5.1.2) zu unterscheiden, die keinen Betreiberbezug kennt.

Der Schutz der Gesundheit ist durch die Regelungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, seiner Verordnungen und Verwaltungsvorschriften gewährleistet. Der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Immissionsschutzrecht beginnt bereits an der Schwelle zur erheblichen Belästigung (§ 3 Absatz 1 BImSchG) und damit vor dem Eintritt von Gesundheitsgefahren. Das Immissionsschutzrecht geht damit über den Schutz der Gesundheitsgefahr hinaus. Es hat auch das körperliche und seelische Wohlbefinden des Menschen und damit die Abwehr von Belästigungen zum Ziel.

Wird eine bestehende Anlage geändert, ist bei wesentlichen Änderungen ein Änderungsgenehmigungsverfahren nach § 16 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, ansonsten eine Anzeige nach § 15 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erforderlich. Demgegenüber liegt eine Neuerrichtung vor, wenn die Änderungen derart prägend sind, dass die gesamte Anlage als eine neue Anlage qualifiziert werden muss.

Werden eine Anlage oder Teile einer Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht, bedarf es nach § 16 Absatz 5 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes keiner Genehmigung. Halten sich der Austausch oder das Ersetzen hingegen nicht im Rahmen der vorliegenden Genehmigung, handelt es sich um eine Änderung, für die § 15 und 16 Absatz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu prüfen sind. Einer Neugenehmigung nach § 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bedarf es auch in diesen Fällen dann, wenn die Anlage in ihrem Kernbestand, in ihrem Charakter grundlegend geändert wird. Bei einer Änderung des Anlagentyps ist in der Regel eine Neugenehmigung erforderlich. Sind die Umweltauswirkungen jedoch im Wesentlichen identisch und weichen etwa der Rotorradius oder die Gesamthöhe der neuen Anlage nur geringfügig ab oder werden die Leistung oder die Lärmauswirkungen sogar verringert, kann insoweit grundsätzlich auch ein Änderungsgenehmigungsverfahren in Betracht kommen. In diesem Fall ist es nicht erforderlich alle mit deiner Neugenehmigung verbundenen Verfahrensschritte erneut vorzunehmen (vgl. unter anderen Bay. VGH, Beschl. v. 8.6.2015 – 22 CS 15.686 –, Juris, Rn. 35; VG Trier, Beschl. v. 3.5.2013, – 5 L 324/13.TR –, Juris, Rn. 15).

Kommt die Immissionsschutzbehörde zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben keine immissionsschutzrechtlich relevante Änderung im Sinn des § 16 in Verbindung mit § 6 Absatz 1 Nummer 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellt, können dennoch andere Genehmigungsverfahren erforderlich sein. So kann etwa ein Baugenehmigungsverfahren notwendig sein, da Windenergieanlagen bauliche Anlagen im Sinn der Landesbauordnung sind. Gleiches gilt, wenn ein Anzeigeverfahren nach § 15 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes durchgeführt wird, denn gemäß § 63 Absatz 2 der Landesbauordnung schließt nur die Genehmigung nach § 16 Absatz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes die Baugenehmigung ein.

Gemäß § 13 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes schließt die immissionsschutzrechtliche Neu- oder Änderungsgenehmigung andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen, insbesondere Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen mit Ausnahme der in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten Entscheidungen ein (Konzentrationswirkung).

Von der Konzentrationswirkung erfasst werden ausschließlich anlagebezogene („die Anlage betreffende“) Entscheidungen. Anlagebezogen sind solche Entscheidungen, die Voraussetzung für die Errichtung und den Betrieb der Anlage sind und insoweit eine „Freigabewirkung“ für die Betreiberin oder den Betreiber der Anlage haben.

Dementsprechend ist die forstbehördliche Genehmigung nach § 9 Absatz 1 des Bundeswaldgesetzes (BWaldG) in Verbindung mit § 39 des Landesforstgesetzes (LFoG NRW) (Waldumwandlungsgenehmigung) insoweit gemäß § 13 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes konzentriert, als die Umwandlung von Wald deshalb erforderlich ist, weil auf dem Grundstück, auf dem die Anlage errichtet oder betrieben werden soll, Wald stockt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 29.08.2013, – 4 ME 76/13 –, Juris, Rn. 21) und die Waldfläche daher in eine andere Nutzungsart überführt wird. Wenn sich die Waldumwandlung hingegen auf Flächen bezieht, die nicht direkt von der Errichtung oder dem Betrieb der Anlage betroffen sind, sondern lediglich in der Nähe liegen, ist eine Konzentrationswirkung wegen des fehlenden Anlagenbezugs nicht gegeben. Das gilt auch dann, wenn die Umwandlung der Waldflächen in eine andere Nutzungsart erforderlich ist, damit es nicht zu schädlichen Umweltauswirkungen durch die Anlage auf umliegende Waldgebiete kommt (Durch den Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 23. Februar 2015 (n.v.) V.2, wurden die insoweit widersprechenden Regelungen in der Verwaltungsvorschrift für das Bundes-Immissionsschutzgesetz aufgehoben).

Konzentriert die immissionsschutzrechtliche Genehmigung die Waldumwandlungsgenehmigung, wird durch Nebenbestimmungen sichergestellt, dass der Verlust der Waldfunktionen im Regelfall durch Ersatzaufforstungen ausgeglichen wird.

5.1.2
Umweltverträglichkeitsprüfung

Für Windfarmen mit drei bis fünf Anlagen ist eine standortbezogene Vorprüfung und mit sechs bis 19 Anlagen eine allgemeine Vorprüfung erforderlich, ob wegen möglicher nachteiliger erheblicher Umweltauswirkungen eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Bei 20 und mehr Anlagen innerhalb einer Windfarm ist immer eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich.

a) Bestimmung der Windfarm

Die Prüfung, ob ein Vorhaben überhaupt einer der Nummern der Anlage 1 zum des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zuzuordnen ist beziehungsweise ob eine bestimmte Windenergieanlage zu einer Windfarm zu zählen ist, darf weder die Umweltverträglichkeitsprüfung noch die Vorprüfung des Einzelfalls vorwegnehmen. Der Prüfungsmaßstab muss vielmehr weiter sein als in den nachgelagerten Umweltprüfungen (OVG NRW, Beschl. v. 23.7.2014 – 8 B 356/14 –, Rdn. 72). Im Zweifel sind Unsicherheiten über den Einwirkungsbereich auf dem Weg einer Vorprüfung zu klären.

Unter Windfarm wird die Planung oder Errichtung von mindestens drei Anlagen verstanden, die

– sich innerhalb einer bauleitplanerischen ausgewiesenen Fläche befinden oder

– im räumlichen Zusammenhang stehen und bei denen sich ihre Einwirkungsbereiche in Bezug auf die Schutzgüter der § 2 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung überschneiden oder wenigstens berühren.

Die Neuerrichtung einer Windenergieanlage innerhalb einer Windfarm stellt unter UVP-Gesichtspunkten eine Änderung des Vorhabens „Windfarm“ dar. Bei der Frage, ob dafür eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist, sind alle bestehenden, genehmigten oder vorher beantragten Anlagen innerhalb der Windfarm, die noch nicht Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung waren, hinzu zu zählen. Vorbelastung und Umweltauswirkungen der neu beantragten Anlagen können zusammen die Möglichkeit erheblicher, nachteiliger Umweltauswirkungen ergeben und damit zur Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die neu beantragten Anlagen führen. Unberücksichtigt bleiben Anlagen, die vor dem 14. März 1999 genehmigt worden und Anträge, die zeitlich erst gestellt worden sind, nachdem die Antragsunterlagen vollständig eingereicht worden sind.

In einer Windfarm sind alle Windenergieanlagen zusammenzufassen, bei denen die abstrakte Möglichkeit besteht, dass sich ihre Einwirkungsbereiche bezogen auf ein bestimmtes Schutzgut überschneiden oder wenigstens berühren. Grundsätzlich reicht dazu eine typisierende Bewertung des Einwirkungsbereiches in Bezug auf akustische und optische Beeinträchtigungen (z.B.: Rotordurchmesser, Anlagenhöhe, geometrischer Schwerpunkt der umrissenen Fläche).

Bei ausreichenden Anhaltspunkten für die Betroffenheit ganz bestimmter UVP-Schutzgüter (z.B. „Tiere“ im Sinn des § 2 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 UVPG) muss dagegen eine konkret schutzgutbezogene Bewertung erfolgen. Im Fall der Betroffenheit von windenergieempfindlichen Tierarten in der Umgebung einer Windenergieanlage ist dazu die abstrakte Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen nach artspezifischer Empfindlichkeit oder Gefährdung zu untersuchen.

Die Empfindlichkeit von Tierarten gegenüber betriebsbedingten Auswirkungen von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen ist in Anhang 4 des Leitfadens „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ abschließend geregelt (Einführung des Leitfadens gegenüber den nachgeordneten Naturschutzbehörden durch Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 12. November 2013 (n.v.) III-4-616.19.02.05). Bei Arten, die nach diesem Leitfaden nicht als windenergieempfindlich qualifiziert werden, ist nicht abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen. Der Prüfmaßstab für die Abgrenzung der Windfarm muss nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Nordrhein-Westfalen vom 23. Juli 2014 (Az: 8 B 356/14) weiter sein als bei der nachgelagerten artenschutzrechtlichen Prüfung.

Die abstrakte Möglichkeit einer Gefährdung windenergieempfindlicher Tierarten setzt voraus, dass diese in der Umgebung einer Windenergieanlage auch tatsächlich wiederholt vorkommen, etwa im Rahmen tatsächlich genutzter Lebensstätten oder bedeutender Lebensraumelemente (z.B. Brutplätze, bedeutende Nahrungsbereiche) Indikatoren dafür sind die Häufigkeit, Intensität und Regelmäßigkeit der Nutzung. Ausreichende Anhaltspunkte für eine tatsächliche Nutzung können sich aus vorliegenden Erkenntnissen der unteren Naturschutzbehörde sowie weiteren Erkenntnisquellen ergeben (z.B. Karte der Schwerpunktvorkommen windenergieempfindlicher Vogelarten aus dem Energieatlas NRW, @LINFOS, vorliegende Unterlagen aus Artenschutzprüfungen, ernstzunehmende Hinweisen der anerkannten Naturschutzvereinigungen oder Biologischen Stationen). Eine rein abstrakte Annahme, dass ein bestimmter Naturraum ein potenziell geeigneter Lebensraum für eine bestimmte Art ist, reicht nicht aus, um einen Einwirkungsbereich im Sinn des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu begründen. Es kann davon ausgegangen werden, dass derartige Beeinträchtigungen in der Regel räumlich nicht weiter reichen als die artenschutzrechtlich zu beurteilenden Einwirkungen und daher mit den diesbezüglichen folgenden Regelungen ausreichend erfasst sind.

Artspezifische Nachteile können etwa in einem artbedingten Kollisionsrisiko oder Meideverhalten, Auswirkungen auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie auf die Nahrungssituation oder eine besondere Empfindlichkeit der jeweiligen Art gegenüber betriebsbedingten Veränderungen der physikalischen Umgebung bestehen.

Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Bereich um beziehungsweise in welchem Abstand zu einer Windenergieanlage abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, bieten entsprechende natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte (OVG NRW, Beschl. v. 23.7.2014 – 8 B 356/14).

Die Landesregierung hat als oberste Naturschutzbehörde auf Basis der naturschutzfachlichen Expertise des Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz mit der Veröffentlichung des Leitfadens „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ von ihrer vom Bundesverwaltungsgericht anerkannten Einschätzungsprärogative (BVerwG, Urt. v. 27.6.2013 – 4 C 1.12, Rn. 15) auch im Hinblick auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des Vorhabens ausgesetzt sein können, Gebrauch gemacht. Im Leitfaden sind die Diskussion um die Artenauswahl der windenergieempfindlichen Arten sowie die Abstandsempfehlungen des sogenannten „Helgoländer Papiers“ der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) bereits berücksichtigt worden. Für Nordrhein-Westfalen wurden die windenergieempfindlichen Arten im Anhang 4 des Leitfadens sowohl auf der Grundlage des alten Helgoländer Papieres aus 2007 als auch auf der Grundlage des damals bekannten Entwurfsstand des neuen Papiers (im Leitfaden zitiert als LAG VSW in Vorb.) zusammengestellt. Der im oben genannten Leitfaden bereits berücksichtigte Entwurf des neuen Helgoländer Papiers entspricht bezüglich der Arten und der jeweiligen Abstandsempfehlungen im Wesentlichen der später veröffentlichten Fassung vom 15. April 2015. Die Abstandsempfehlungen der LAG VSW wurden im oben genannten Leitfaden als Empfehlung für die Untersuchungsgebiets-Abgrenzung im Anhang 2 des Leitfadens aufgegriffen und aufgrund der regionalen Kenntnisse in Nordrhein-Westfalen gegebenenfalls modifiziert – ebenfalls unter Bezugnahme auf den damals bekannten Entwurfsstand.

Bei der Abgrenzung einer Windfarm ist der Einwirkungsbereich auf der Grundlage von Anhang 2 des oben genannten Leitfadens zu ermitteln (dort: Radius des Untersuchungsgebiets gemäß Spalte 2 beziehungsweise bei Arten mit einer Angabe in Spalte 3 Radius des erweiterten Untersuchungsgebietes).

Die entsprechenden artspezifischen Untersuchungsradien (um die einzelnen Windenergieanlagen gelegt) stellen somit regelmäßig den abstrakt maximal möglichen Einwirkungsbereich von Windenergieanlagen im Sinn des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung dar. Überschneiden sich diese Einwirkungsbereiche verschiedener Einzelanlagen oder mindestens einer Anlage einer Konzentrationszone sind die betreffenden Einzelanlagen und die gesamte Konzentrationszone zu einer Windfarm zu verbinden.

Grafik „Windfarm“ siehe Anhang.

Im oben dargestellten Beispiel sind die drei neu geplanten Anlagen (X Neu) mit der Einzelanlage (X Alt 1) sowie mit den drei Anlagen der linken vorhandenen Konzentrationszone (X Alt 2) zu einer Windfarm zu verbinden. Alle sieben Anlagen sind durch die Einwirkungsbereiche der nächstgelegenen Anlagen zum Brutvorkommen (V1) einer windenergieempfindlichen Vogelart miteinander verknüpft. Die Einwirkungsbereiche ergeben sich aus dem artspezifischen Untersuchungsradius (R) gemäß Anlage 2 des oben genannten Leitfadens um die entsprechenden Windenergieanlagen. Ausgangspunkt für die Abgrenzung der Windfarm sind die konkret beantragten Anlagen, so dass nur unmittelbar in ihrem Einwirkungsbereich liegende Artvorkommen zu betrachten sind. Eine kaskadenartige Verkettung mit den drei weiteren Anlagen (X Alt 3) der rechten Konzentrationszone hinter der Trennlinie über weitere Artvorkommen (V2) außerhalb des originären Einwirkungsbereichs hinaus, ist nicht erforderlich.

Nur wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls trotz der abstrakten Überschneidung der artbezogenen Einwirkungsbereiche auf Grund der tatsächlichen Gegebenheit des konkreten Standortes eine Überschneidung der artbezogenen Einwirkungsbereiche von vornherein ausgeschlossen ist (etwa im Fall besonderer trennender topografischer oder baulicher Hindernisse zwischen den Anlagen), kann die betreffende Anlage als Bestandteil einer Windfarm ausgeschlossen werden.

Unabhängig von der zuvor dargelegten Verknüpfung über Einwirkungsbereiche in Bezug auf windenergieempfindliche Vogelarten können die betroffenen Windenergieanlagen mit weiteren Windenergieanlagen durch die Überschneidung von Einwirkungsbereichen anderer Umweltaspekte verbunden sein. Bei der Abgrenzung der Windfarm ist auch die oben genannte Empfehlung zu berücksichtigen, grundsätzlich alle Windenergieanlagen einer ausgewiesenen Konzentrationszone zu einer Windfarm zusammenzufassen.

b) Standortbezogene Vorprüfung

Bei der standortbezogenen Vorprüfung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nur dann möglich, wenn von dem Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen für ein schützenswertes Gebiet nach Nummer 2.3 der Anlage 2 zum des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung ausgehen können. Findet eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles für eine in einer Konzentrationszone eines Flächennutzungsplans geplante Windfarm statt, kann davon ausgegangen werden, dass erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu erwarten sind, wenn sich nicht neue Gesichtspunkte ergeben, die bei der Ausweisung im Flächennutzungsplan noch nicht berücksichtigt werden konnten. Werden im Übrigen die in Nummer 8.2.2.2 empfohlenen Abstände zu schützenswerten Gebieten eingehalten, sind in der Regel erhebliche negative Auswirkungen nicht zu erwarten, soweit zwischen den Gebieten ein notwendiger Funktionsaustausch gewährleistet ist.

c) Allgemeine Vorprüfung

Bei der allgemeinen Vorprüfung wird hinsichtlich aller in Anlage 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genannten Kriterien geprüft, ob von dem Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ausgehen können.

d) Umweltverträglichkeitsprüfung

Ist bereits im Bauleitplanverfahren eine Umweltprüfung durchgeführt worden, sollen im Genehmigungsverfahren die Vorprüfung des Einzelfalls oder die Umweltverträglichkeitsprüfung auf zusätzliche oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen beschränkt werden.

5.2
Zulässigkeitsvoraussetzungen

5.2.1
Immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit

Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens ist sicherzustellen, dass die Errichtung oder der Betrieb der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinn des § 3 Absatz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verursacht. Schädliche Umwelteinwirkungen lassen sich häufig durch Einhaltung erforderlicher Abstände, gegebenenfalls in Verbindung mit Auflagen (Drehzahl-/Leistungsbegrenzung, zeitweise Abschaltung) vermeiden (OVG NRW, Beschl. v. 13.7.1998 – 7 B 956/98).

5.2.1.1
Lärm

Die Beurteilung, ob schädliche Umweltauswirkungen in Form von erheblichen Belästigungen durch Geräuschimmissionen zu befürchten sind, erfolgt auf Grundlage der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm). Es ist dabei entsprechend der in der der Baunutzungsverordnung zum Ausdruck kommenden Wertung bei Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage von einer abgestuften Schutzwürdigkeit der verschiedenen Baugebiete auszugehen. Bei einem Aufeinandertreffen verschiedener Gebietstypen kann es angemessen sein, Zwischenwerte zu bilden (vgl. 6.7 – Gemengelagen – TA Lärm), soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Dieser Zwischenwert ist in jedem Einzelfall unter Beachtung der konkreten Sachverhaltsumstände zu bilden. Grenzt etwa ein reines Wohngebiet an den Außenbereich, können im Randbereich einer solchen Wohnnutzung Geräusche mit einem Beurteilungspegel von 40 dB(A) nachts zumutbar sein (OVG NRW, Urt. v. 4.11.1999 – 7 B 1339/99). Der Außenbereich wird dabei wie ein Mischgebiet behandelt. Bewohnern im Außenbereich ist deshalb der Schutzmaßstab für gemischt genutzte Bereiche zuzugestehen (OVG NRW, Urt. v. 18.11.2002 – 7 A 2127/00). Bei einem Aufeinandertreffen des Außenbereichs mit einem allgemeinen Wohngebiet kann dementsprechend auch ein Zwischenwert im angrenzenden Bereich gebildet werden.

Antragsteller sollten den Genehmigungsbehörden gesicherte Datenblätter vorlegen, in denen unabhängige Institute das Geräuschverhalten der Anlage in allen regulären Betriebszuständen mindestens bis zum Erreichen der Nennleistung belegen.

Die Anforderungen an die Emissionsdaten sind in der Technischen Richtlinie für Windkraftanlagen, Teil 1: „Bestimmung der Schallemissionswerte“, Revision 18, Stand: 1. Februar 2008 (Herausgeber: FGW e.V., Fördergesellschaft für Windenergie und andere erneuerbare Energien, Oranienburger Straße 45, 10117 Berlin) beschrieben.

Ergänzend zu den Vorgaben der Technischen Richtlinie FGW werden auch akustische Vermessungen durch Messstellen anerkannt, die ihre Kompetenz zum Beispiel durch die Teilnahme an regelmäßigen Ringversuchen zur akustischen Vermessung von Windenergieanlagen nach Technischer Richtlinie nachweisen.

Der maßgebliche Immissionsort im Einwirkungsbereich einer Windenergieanlage ist nach Nummer 2.3 der TA Lärm in Verbindung mit Nummer A.1.3 des Anhangs der TA Lärm zu bestimmen. Da die Immissionsrichtwerte (Nummer 6.1 TA Lärm) gebietsabhängig festgelegt sind, kann eine Überschreitung auch an einem Ort zu erwarten sein, der weiter entfernt ist als andere nahe Immissionsorte. Ein maßgeblicher Immissionsort kann ebenso an der Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück anzunehmen sein, wo nach dem Planungs- und Baurecht schutzbedürftige Räume (DIN 4109, Ausgabe November 1989) zulässig sein können. Dabei ist der Schutz auf die nicht bebaute Fläche auszudehnen, wenn das in Betracht kommende Bauvorhaben hinreichend konkret ist und die Bauausführung in überschaubarer Zukunft zu erwarten ist. Hinreichend konkret ist, wenn in den nächsten zwei bis drei Jahren mit einer Baugenehmigung zu rechnen ist. Das Vorliegen eines Bebauungsplanes alleine reicht nicht aus. Wirkt eine Windenergieanlage innerhalb eines Industrie- oder Gewerbegebietes auf Nutzungen des gleichen Betreibers ein, so sind dort die Regelungen des Arbeitsschutzes anzuwenden.

Die Beurteilung für einen Einwirkungsort ist nur dann ausreichend, wenn daraus geschlossen werden kann, dass auch an keinem anderen Ort im Einwirkungsbereich der Windenergieanlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können.

Die Schallimmissionsprognose ist nach Anhang A. 2 der TA Lärm durchzuführen. Bei Anwendung der Irrelevanzregelung der Nummer 3.2.1 Absatz 2 der TA Lärm ist zu beachten, dass eine Vielzahl von Einzelanlagen, die auf einen Immissionspunkt einwirken, zu einer relevanten Erhöhung des Immissionspegels führen können. In diesem Fall ist eine Sonderfallprüfung durchzuführen. Die Irrelevanz einer Anlage ist dabei im Einzelfall nachzuweisen. Die Gesamtbelastung durch alle Anlagen darf nicht zu einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte von mehr als 1 dB(A) gemäß Nummer 3.2.1 Absatz 3 der TA Lärm führen. Der Beurteilungspegel ist als ganzzahliger Wert anzugeben (siehe auch Empfehlungen des Länderausschusses für Immissionsschutz der 101. Sitzung, 9.-11. Mai 2001). Die Rundungsregeln gemäß Nummer 4.5.1 DIN 1333 sind anzuwenden. Der Immissionsprognose ist grundsätzlich diejenige bestimmungsgemäße Betriebsart zugrunde zu legen, die zu dem höchsten Beurteilungspegel führt (vgl. A.1.2 des Anhangs der TA Lärm). Bei stall-gesteuerten Windenergieanlagen ist daher das Geräuschverhalten bis zur Abschaltwindgeschwindigkeit zu betrachten. Bei pitch-gesteuerten Anlagen ist grundsätzlich das Geräuschverhalten zu berücksichtigen, welches gemäß der Technischen Richtlinie bei einer Windgeschwindigkeit von 10 Metern pro Sekunde in 10 Metern Höhe über Boden, aber bei nicht mehr als 95 Prozent der Nennleistung ermittelt wurde. Bei üblichen Nabenhöhen von über 50 Metern liegt die Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe dann bei etwa 12 bis 14 Metern pro Sekunde, so dass bei den meisten Anlagen die Leistungsabgabe im Bereich der Nennleistung liegt. Der maximal zulässige Emissionswert ist unter Beachtung des in der Prognose angesetzten Emissionsverhaltens der Anlage festzulegen.

In der Geräuschprognose sind die Immissionen des rechtmäßigen Betriebs der Vorbelastungsanlagen zu berücksichtigen (OVG NRW Beschl. v. 27.8.2009 – 8 B 797/09; OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.7.2012 – 12 LA 105/11). Diese sind unter Anwendung der im Rahmen der Genehmigung der jeweiligen Vorbelastungsanlage berücksichtigten Unsicherheiten der Emissionsdaten und des Prognoseverfahrens zu berechnen.

Wenn infolge ständig vorherrschender Fremdgeräusche keine zusätzlichen schädlichen Umwelteinwirkungen durch die zu beurteilende Anlage zu berücksichtigen sind, kann in Anlehnung an die Regelungen der Nummer 3.2.1 Absatz 5 der TA Lärm verfahren werden.

Tonhaltigkeiten von Windenenergieanlagen werden bei Neuplanungen wie folgt bewertet:

0 ≤ KTN < 2   Tonhaltigkeitszuschlag KT von 0 dB

2 ≤ KTN ≤ 4   Tonhaltigkeitszuschlag KT von 3 dB

KTN > 4          Tonhaltigkeitszuschlag KT von 6 dB

KTN = Tonhaltigkeit bei Emissionsmessungen im Nahbereich nach der Technischen Richtlinie FGW gemessen.

KT = in Abhängigkeit vom KTN ab einer Entfernung von 300 Metern für die Immissionsprognose anzusetzende Tonzuschläge.

Neu zu errichtende Anlagen, deren Tonhaltigkeitszuschlag KTN ≥ 2 dB beträgt, entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik. In Ausnahmefällen kann eine Anlage mit einem KTN = 2 dB auch dann genehmigt werden, wenn sie nachts so schallreduziert betrieben wird, dass die Tonhaltigkeit im Nahbereich KTN weniger als 2 dB beträgt. Der nächtliche schallreduzierte Betrieb kann aufgehoben werden, wenn nach Fertigstellung durch Messungen an repräsentativen Immissionsorten der Nachweis geführt wird, dass auch im Normalbetrieb keine Tonhaltigkeit an den Immissionsorten (Wohngebäude usw.) auftritt.

Bei der Schallimmissionsprognose ist der Nachweis zu führen, dass unter Berücksichtigung der oberen Vertrauensgrenze aller Unsicherheiten, insbesondere der Emissionsdaten und der Ausbreitungsrechnung, der nach der TA Lärm ermittelte Beurteilungspegel mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent den für die Anlage anzusetzenden Immissionsrichtwert einhält. Soweit neuere Erkenntnisse zum Prognosemodell vorliegen, die einen neuen Stand der Technik etablieren, sind diese zu berücksichtigen.

Nach Errichtung der Anlage ist durch eine Bescheinigung zu belegen, dass die errichtete Anlage in ihren wesentlichen Elementen und in ihrer Regelung mit derjenigen Anlage übereinstimmt, die der akustischen Planung zugrunde gelegt worden ist. Eine Abnahmemessung ist nicht erforderlich, wenn Erkenntnisse vorliegen, die eine Emissionswertüberschreitung sicher ausschließen. Sollte eine Abnahmemessung erforderlich sein, ist wie folgt zu verfahren:

Der Nachweis gilt als geführt, wenn der im Rahmen der Abnahmemessung ermittelte Emissionswert (Schallleistungspegel + Tonhaltigkeits- und Impulszuschlag) den der Genehmigung zugrunde gelegten Emissionswert nicht überschreitet. Es ist also zu prüfen:

LWA (Abnahmemessung) + Kl + KT ≤ Le, max

Wobei Le, max sich ergibt aus:

Le, max  = Lw + 1,28 * σP

Mit:

LWA (Abnahmemessung):
gemessener Schallleistungspegel

Le, max : maximal zulässiger Schallleistungspegel

Lw : Deklarierter (mittlerer) Schallleistungspegel nach Anhang D des Teils 1 der Technischen Richtlinie für Windenergieanlagen (Revision 18, Stand: 1.2.2008)

σP : Produktionsstreuung nach Anhang D des Teils 1 der Technischen Richtlinie für Windenergieanlagen (Revision 18, Stand: 1.2.2008)

Kl : Impulszuschlag

KT : Tonzuschlag

Um richtlinienkonforme Emissionsmessungen zu gewährleisten, muss jede Anlage mit einer kontinuierlichen Aufzeichnung geeigneter Betriebsparameter (z.B. Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe, Leistung, Drehzahl) versehen sein. Sofern eine Anlage aus Gründen des Immissionsschutzes nachts zum Beispiel durch eine Leistungs- oder Drehzahlbegrenzung geräuschreduziert betrieben wird, müssen die Betriebsparameter in einer Form gespeichert werden, die rückwirkend für einen Zeitraum von wenigstens sechs Monaten den Nachweis der tatsächlichen Betriebsweise ermöglicht. Diese Daten müssen der Genehmigungsbehörde auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden. Dort sind sie für die Betroffenen entsprechend den Vorgaben des Umweltinformationsrechts einsehbar.

Im Rahmen der Abnahmemessung besteht auch die Möglichkeit von Immissionsmessungen gemäß A.3.3.7 der TA Lärm.

Im Fall einer rechnerischen Richtwertüberschreitung ist die Übertragung von Schallkontingenten verschiedener Anlagen untereinander grundsätzlich möglich.

Windenergieanlagen erzeugen in Abhängigkeit von Windstärke und Windrichtung Geräuschemissionen die auch Infraschallanteile beinhalten. Nach aktuellem Kenntnisstand, der mit der Fachinformation des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) vom 3. August 2012 bestätigt wurde, liegen die Schallimmissionen im Infraschallbereich deutlich unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsschwelle und damit auch deutlich unterhalb einer denkbaren Wirkschwelle. Nach heutigem Kenntnisstand ist bei diesen Pegeln von keiner gesundheitlichen Beeinträchtigung auszugehen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Infraschall nur dann gesundheitliche Folgen haben kann, wenn Menschen ihn hören oder zumindest spüren können. Ob Infraschall wahrgenommen wird, hängt wesentlich von der Frequenz in Kombination mit der Höhe des Schalldrucks ab. Erst bei sehr hohen Schalldruckpegeln, wie sie üblicherweise nicht in der Umgebung von Windenergieanlagen auftreten, entfaltet Infraschall Wirkungen, die das Befinden oder die Gesundheit beeinträchtigen können. Auch unter Berücksichtigung der im Juni 2014 vom Bundesumweltamt veröffentlichten Literaturrecherche „Machbarkeitsstudie zu Wirkungen von Infraschall“ gibt es keine wissenschaftlich nachvollziehbare Arbeit, die einen Zusammenhang zwischen Gesundheitsschäden und dem Infraschall belegt, den Windenergieanlagen emittieren.

5.2.1.2
Repowering in durch Lärm vorbelasteten Gebieten

Unter Repowering wird allgemein der Austausch alter Windenergieanlagen durch neuere moderne Windenergieanlagen verstanden (vgl. Nummer 4.9).

Zielsetzung des Repowerings in durch Lärm vorbelasteten Gebieten muss sein, dass durch ein schrittweises Repowering letztendlich die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 der TA Lärm erreicht wird. Es darf keine Verfestigung oder Verschlechterung der bestehenden Lärmsituation erfolgen.

Die folgenden Ausführungen beziehen sich lediglich auf die nach der TA Lärm erforderlichen Prüfschritte. Die übrigen Genehmigungsvoraussetzungen müssen geprüft werden.

Wird für eine Windenergieanlage eines Windparks, der die Immissionsrichtwerte der TA Lärm überschreitet, ein Antrag auf Neuerrichtung gestellt und werden auch mit der neuen Anlage die Immissionsrichtwerte der TA Lärm weiterhin überschritten, ist die Anlage unter immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten nach der Regelfallprüfung nur zulässig, wenn die Irrelevanzkriterien der Nummer 3.2.1 Absatz 2 oder 3 der TA Lärm eingehalten werden. Nach Nummer 3.2.1 Absatz 4 der TA Lärm kann eine Genehmigungsfähigkeit auch dadurch hergestellt werden, dass die Betreiberin oder der Betreiber durch Schallreduzierung an anderen eigenen Anlagen eine Richtwerteinhaltung erzielen kann.

Darüber hinaus kann eine entsprechende Neuerrichtung bei Vorliegen besonderer Umstände im Rahmen einer Sonderfallprüfung nach Nummer 3.2.2 der TA Lärm zulässig sein.

Solche Umstände können nach Nummer 3.2.2 c) der TA Lärm etwa gegeben sein, wenn eine Verbesserung der Immissionssituation sicher absehbar ist. Insoweit muss aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eine hohe Wahrscheinlichkeit gegeben sein, dass die Immissionsbelastung in überschaubarer Zeit deutlich spürbar verbessert wird. Eine Frist für die Verbesserung ist insoweit nicht vorgesehen.

So kann im Rahmen der Sonderfallprüfung ein Repowering dann zulässig sein, wenn ein Sanierungskonzept nach dem System der übertragbaren Immissionsanteile für den gesamten Windpark erstellt wird. Ein solches Sanierungskonzept wird ausführlich auf der Internetseite des Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz unter www.lanuv.nrw.de/geraeusche/pdf/RepoweringOkt2011.pdf erläutert. In dieses Sanierungskonzept sind alle Anlagen einzubeziehen, auch die Anlagen, deren Immissionsbeitrag mehr als 10 dB(A) unterhalb des maßgeblichen Immissionsrichtwertes liegt. Dabei wird berechnet, welchen Wert der Schallleistungspegel der Einzelanlage maximal annehmen darf, damit gesichert ist, dass die Immissionsrichtwerte auch unter Berücksichtigung von Nummer 3.2.1 Absatz3 der TA Lärm an allen Immissionsorten sicher eingehalten werden. Auf Basis des so ermittelten Schallleistungspegels werden die übertragbaren Immissionsanteile für jede vorhandene Windenergieanlage berechnet. Die Immissionsbeiträge der neuen Anlagen dürfen diesen übertragbaren Immissionsanteil der stillzulegenden Anlagen nicht überschreiten.

Wenn zunächst nur eine Betreiberin oder ein Betreiber eigene Anlagen innerhalb des Windparks entsprechend eigener Immissionsanteile erneuern möchte, kann eine Genehmigung im Rahmen einer Sonderfallprüfung nach Nummer 3.2.2 c) der TA Lärm möglich sein, wenn bereits hierdurch eine deutliche Verbesserung der Immissionsbelastung eintritt oder in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt ist, dass durch die Sanierung weiterer Anlagen auch anderer Betreiberinnen oder Betreiber in absehbarer Zeit eine deutliche Immissionsverbesserung eintreten wird.

Sofern die Erneuerung der Windenergieanlagen einer Betreiberin oder eines Betreibers noch nicht zu einer deutlichen Verbesserung führen und auch die anderen Betreiberinnen und Betreiber noch nicht an einem gemeinsamen Sanierungskonzept mitwirken, kann eine Genehmigung im Rahmen einer Sonderfallprüfung schließlich auch dann möglich sein, wenn sich die Antragstellerin oder der Antragsteller in Anlehnung an Nummer 3.2.1 Absatz 4 der TA Lärm verpflichtet, innerhalb von in der Regel drei Jahren alle seine Anlagen in der Windfarm durch Ersatz, Sanierung oder Änderung der Betriebsbedingungen (Schalloptimierung, Nachtabschaltung) so zu betreiben, dass die auf ihre oder seine Anlagen insgesamt entfallenden übertragbaren Immissionsanteile eingehalten werden. Sie oder er erstellt dazu für die eigenen Anlagen ein Repoweringkonzept, das sich in das Sanierungskonzept für den gesamten Windpark einfügt. Dieses Konzept soll über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag oder über eine entsprechende Auflage in der Genehmigung für die Neuanlage rechtsverbindlich geregelt werden. Wenn der Beitrag der Anlagen der Antragstellerin oder des Antragstellers an der Richtwertüberschreitung im Vergleich zu dem Beitrag des Windparks insgesamt als gering anzusehen ist, kann unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit eine längere Frist sachgerecht sein. Dabei ist aber immer auch die Zumutbarkeit der Höhe der noch andauernden Richtwertüberschreitung zu beachten.

5.2.1.3
Schattenwurf

Die sogenannten bewegten Schatten und die als Disco-Effekt bezeichneten periodischen Lichtreflektionen fallen als „ähnliche Umweltauswirkungen“ unter den Begriff der Immissionen des § 3 Absatz 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.

Der Disco-Effekt stellt heutzutage aufgrund der matten Beschichtung der Windenergieanlagen kein Problem mehr dar.

Schattenwurf von geringer Dauer ist hinzunehmen beziehungsweise kann vernachlässigt werden (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 9.9.1998 – 7 B 1560/98). Von einer erheblichen Belästigungswirkung kann ausgegangen werden, wenn die maximal mögliche Einwirkungsdauer am jeweiligen Immissionsort – gegebenenfalls unter kumulativer Berücksichtigung aller Beiträge einwirkender Windenergieanlagen – mehr als 30 Stunden pro Kalenderjahr und darüber hinaus mehr als 30 Minuten pro Tag beträgt (vgl. OVG NRW, Urt. v. 18.11.2002, ‑ 7 A 2140/00). Es ist deshalb sicher zu stellen, dass der Immissionsrichtwert (die astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Kalenderjahr entspricht einer tatsächlichen Beschattungsdauer von 8 Stunden pro Jahr) nicht überschritten wird. Der Immissionsrichtwert für die tägliche Beschattungsdauer beträgt 30 Minuten. Diese Werte beziehen sich auf Wohnnutzungen und sind nicht unmittelbar auf andere Nutzungen übertragbar. Für Schattenwurfeinwirkungen auf andere Nutzungsarten ist die zulässige Beschattungsdauer daher im Einzelfall unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der jeweiligen Nutzungsart zu bestimmen. Durch eine Auflage zur Genehmigung kann sichergestellt werden, dass durch eine Abschaltautomatik, die meteorologische Parameter (z.B. Intensität des Sonnenlichtes) berücksichtigt, die tatsächliche Beschattungsdauer auf 8 Stunden pro Jahr begrenzt wird. Für weitere Einzelheiten der Bewertung sind die „Hinweise zur Beurteilung der optischen Emission von Windkraftanlagen (WKA-Schattenwurf-Hinweise)“ des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) vom Mai 2002 heranzuziehen.

5.2.1.4
Anlagen an Infrastrukturtrassen

Bei der Genehmigung von Windenergieanlagen an Infrastrukturtrassen (siehe unter Nummer 4.3.6) ist zur Beurteilung der Überlagerung der Geräusche der Windenergieanlage durch die Verkehrsgeräusche eine Einzelfallbetrachtung auf der Grundlage des Abschnitts 3.2.1 Absatz 5 der TA Lärm erforderlich.

5.2.2
Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit

Über die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach den §§ 31 und 33 bis 35 des Baugesetzbuches zur Errichtung einer Windenergieanlage ist gemäß § 36 Absatz 1 des Baugesetzbuches im Einvernehmen mit der Gemeinde zu entscheiden. Ein erneutes Ersuchen um Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens kann bei Änderung der Ausgangssituation erforderlich werden (bejaht bei einer erheblichen Standortabweichung – siehe OVG NRW, Urt. v. 18.8.2009 – 8 A 613/08). Die Zurückstellung eines Baugesuchs (nach § 15 BauGB) während der Frist des § 36 Absatz 2 Satz 2 Halbsatz 1 des Baugesetzbuches hat zur Folge, dass die Frist mit der Zustellung des Zurückstellungsbescheids an den Bauherrn aufhört und nach Ablauf des Zurückstellungszeitraums ohne Anrechnung des bereits verstrichenen Teils von neuem beginnt (BVerwG, Urt. v. 26.3.2015 – 4 C 1.14).

Nach § 2 Absatz 3 der Verordnung zur Durchführung des Baugesetzbuches vom 7. Juli 1987 (GV. NRW. S.  220), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18. Juli 2013 (GV. NRW. S.  493), ist für das Ersetzen eines rechtswidrig versagten Einvernehmens die Bauaufsichtsbehörde beziehungsweise die Genehmigungsbehörde zuständig. Auf mögliche Amtshaftungsansprüche gegen die Genehmigungsbehörde, die ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen nicht ersetzt, wird hingewiesen (siehe auch BGH, Urt. v. 16.9.2010 – III ZR 29/10).

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach den §§ 29 bis 35 des Baugesetzbuches. Im beplanten Innenbereich ist anhand der jeweiligen Gebietskategorie zu prüfen, ob eine Windenergieanlage gemäß § 30 des Baugesetzbuches in Verbindung mit der der Baunutzungsverordnung (als eigenständige Hauptanlage) zulässig ist. Im unbeplanten Innenbereich muss sich die Windenergieanlage gemäß § 34 Absatz 1 des Baugesetzbuches in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. In den Fällen, in denen die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der der Baunutzungsverordnung entspricht, ist die Zulässigkeit nach § 34 Absatz 2 des Baugesetzbuches anhand der Gebietskategorien der der Baunutzungsverordnung zu prüfen. Beispielsweise in Gewerbegebieten gemäß § 8 der Baunutzungsverordnung und Industriegebieten gemäß § 9 der Baunutzungsverordnung können Windenergieanlagen grundsätzlich als gewerbliche Anlagen zulässig sein. Im Innenbereich können Windenergieanlagen grundsätzlich auch als untergeordnete Nebenanlagen gemäß § 14 der Baunutzungsverordnung in allen Baugebieten zulässig sein (siehe auch Nummer 6.2.2).

Das bauliche Vorhaben einer Windenergieanlage gemäß § 29 des Baugesetzbuches ist gleichermaßen durch Turm und Rotor gekennzeichnet. Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die äußeren Grenzen des Bauleitplans oder die Grenzen der Baugebiete oder Bauflächen stets von der gesamten Windenergieanlage einschließlich des Rotors einzuhalten sind (BVerwG, Urt. v. 21.10.2004 – 4 C 3.04). Dies gilt entsprechend für Windenergieanlagen innerhalb von Darstellungen im Flächennutzungsplan für die Windenergienutzung, denn Zweck des § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches ist es, Vorhaben zu steuern und nicht nur Bestandteile von diesen.

Für die Zulässigkeit von Windenergieanlagen im Außenbereich gelten im Übrigen folgende Regelungen (Nummern 5.2.2.1 bis 5.2.2.4):

5.2.2.1
Allgemeine Voraussetzungen (Außenbereich)

Im Außenbereich sind Windenergieanlagen als untergeordnete Anlagen zu privilegierten Vorhaben gemäß § 35 Absatz 1 des Baugesetzbuches (siehe Nummer 5.2.2.2) oder als selbstständige Anlagen gemäß § 35 Absatz 1 Nummer 5 des Baugesetzbuches zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und eine ausreichende Erschließung gesichert ist. Das Grundstück muss eine ausreichende Zufahrtsmöglichkeit aufweisen, die die Wartung der Windenergieanlagen zulässt. Der Anschluss einer Windenergieanlage an ein Verbundnetz zum Zwecke der Stromeinspeisung gehört nicht zum bauplanungsrechtlichen Inhalt der Erschließung (BVerwG, Beschl. v. 5.1.1996 – 4 B 306.95). Die privilegierte Anlage nach § 35 Absatz 1 Nummer 5 des Baugesetzbuches kann eine Übergabestation als Nebenanlage mitziehen. Sofern mehrere Anlagen dieselbe Übergabestation nutzen, kann diese auch eigenständig über § 35 Absatz 1 Nummer 3 des Baugesetzbuches privilegiert zulässig sein.

Soweit durch Darstellungen im Flächennutzungsplan (siehe Nummer 4.3.1) eine Ausweisung für die Windenergienutzung an anderer Stelle erfolgt ist, sind Windenergieanlagen – ausgenommen die Anlagen, die gemäß § 35 Absatz 1 Nummer 1 des Baugesetzbuches privilegiert sind – außerhalb dieser Flächen in der Regel nach § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches nicht zulässig.

Ausnahmen von der Ausschlusswirkung durch die Darstellung im Flächennutzungsplan sind, auch bei Windenergieanlagen, die als untergeordnete Nebenanlagen anderer privilegierter Vorhaben errichtet werden sollen, im Einvernehmen mit der Gemeinde möglich, wenn Umstände vorliegen, die bei der Festlegung der Konzentrationszone nicht berücksichtigt wurden, oder wenn solche Umstände wegen der notwendigerweise nur groben Betrachtung der Bereiche in der Flächennutzungsplanung nicht greifen (vgl. OVG NRW, Urt. v. 30.11.2001 – 7 A 4857/00; BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15.01; OVG Niedersachsen, Urt. v. 15.5.2009 – 12 LC 55/07). Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines Ausnahmefalles umso geringer ist, je detaillierter eine Gemeinde die Kriterien im Rahmen der Abwägung geprüft und zugrunde gelegt hat. Während der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal „entgegenstehen“ die besondere Bedeutung der Privilegierung hervorhebt, die tendenziell zugunsten des Vorhabens zu Buche schlägt, bringt er mit der Regel-Ausnahme-Formel in § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches zum Ausdruck, dass außerhalb der Konzentrationsflächen dem Freihalteinteresse grundsätzlich der Vorrang gebührt. Diese Wertung darf nicht im Zulassungsverfahren konterkariert werden. Eine Abweichung im Einzelfall ist zwar möglich, sie steht aber unter dem Vorbehalt, dass die Konzeption, die der Planung zugrunde liegt, als solche nicht in Frage gestellt wird (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15.01; OVG NRW, Urt. v. 15.3.2006 – 8 A 2672/03).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die Atypik sich daraus ergeben, dass eine Windenergieanlage wegen ihrer Größe oder wegen ihrer Funktion zum Beispiel als einem anderen privilegierten Vorhaben zugeordnete Nebenanlage besondere Merkmale aufweist, die sie aus dem Kreis der Anlagen heraushebt, deren Zulassung die Gemeinde hat steuern wollen (bspw. bei Anlagen, die nicht der Einspeisung in das öffentliche Netz, sondern nur der Eigenversorgung dienen).

Ist in der Nähe des vorgesehenen Standorts bereits eine zulässigerweise errichtete Windenergieanlage vorhanden, so kann dies bei der Interessenbewertung ebenfalls zum Vorteil der Antragstellerin oder des Antragstellers ausschlagen. Auch die kleinräumlichen Verhältnisse können es rechtfertigen, von der auf den gesamten Planungsraum bezogenen Beurteilung des Planungsträgers abzuweichen. Ist aufgrund topographischer oder sonstiger Besonderheiten eine Beeinträchtigung der als störempfindlich und schutzwürdig eingestuften Funktionen des betreffenden Landschaftsraums nicht zu besorgen, so widerspricht es der Zielrichtung des Planvorbehalts nicht, das Vorhaben zuzulassen (siehe OVG NRW, Urt. v. 15.3.2006 – 8 A 2672/03). Besondere Umstände können auch dann vorliegen, wenn der vorgesehene Standort trotz seiner Lage außerhalb der Konzentrationszone ausnahmsweise keines der Kriterien erfüllt, die nach dem Planungskonzept der Gemeinde eine Nutzung ausschließen sollen (vgl. OVG NRW, Urt. v. 30.11.2001 – 7 A 4857/00).

5.2.2.2
Untergeordnete Nebenanlage (Außenbereich)

Eine Windenergieanlage kann im Außenbereich nach § 35 Absatz 1 des Baugesetzbuches als unselbstständiger Teil eines seinerseits privilegierten Betriebes genehmigungsfähig sein. Voraussetzung ist, dass die Windenergieanlage dem Betrieb räumlich und funktional unmittelbar zu- und untergeordnet ist. Ob das Vorhaben im Verhältnis zu dem privilegiert zulässigen Betrieb bodenrechtlich eine Nebensache ist, sich ihm dienend unterordnet, gegenüber der Hauptnutzung im Hintergrund steht, ist nicht aufgrund einer typisierenden, sondern einer konkreten Betrachtungsweise des privilegierten Betriebes und der ihm zugeordneten Nebennutzung zu beurteilen (BVerwG, Beschl. v. 28.8.1998 – 4 B 66.98). Die Windenergieanlage muss sich in angemessener räumlicher Nähe zu dem mit Energie versorgten Betrieb befinden. Nach der Zweckbestimmung muss der überwiegende Teil der erzeugten Energie dem privilegierten Vorhaben zugutekommen.

Für Windenergieanlagen, die als untergeordnete Nebenanlage nach § 35 Absatz 1 Nummer 1 des Baugesetzbuches privilegiert sind, gilt § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches nicht (siehe auch Nummer 5.2.2.1; OVG Niedersachsen, Urt. v. 29.4.2008 – 12 LB 48/01; BVerwG, Beschl. v. 4.11.2008 – 4 B 44.08).

Eine Windenergieanlage kann im Einzelfall als untergeordnete Nebenanlage mehreren im Außenbereich zulässigerweise errichteten Betrieben dienen, wenn der überwiegende Teil der erzeugten Energie diesen Betrieben insgesamt zukommt. Die funktionelle Zuordnung ist gegebenenfalls durch eine Nebenbestimmung zur Genehmigung auf Dauer sicherzustellen. Die Zuordnung einer Anlage zu mehreren Betrieben ist immer erfüllt, wenn

– die Betreiberinnen und Betreiber der Windenergieanlage gesellschaftsrechtlich verbunden sind und

– die Betreiberinnen und Betreiber der Windenergieanlage nachweisen, dass der Stromverbrauch in ihren Betrieben zusammengenommen höher als 50 Prozent der voraussichtlichen jährlichen Erzeugungsleistung der Windenergieanlage ist und

– die Windenergieanlage sich in angemessener räumlicher Nähe zu den mit Energie versorgten Betrieben befindet.

5.2.2.3
Entgegenstehen öffentlicher Belange (§ 35 Absatz 3 BauGB)

Bei der Prüfung des konkreten Standorts einer Anlage im Genehmigungsverfahren können – abhängig von der Regelungsintensität auf Ebene der Bauleitplanung (siehe unten) – insbesondere folgende öffentliche Belange berührt sein und dem Vorhaben gegebenenfalls entgegenstehen:

– Die Darstellung „Fläche für die Landwirtschaft“ löst in der Regel keinen Widerspruch zu der Errichtung einer Windenergieanlage im Sinn von § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 des Baugesetzbuches aus.

– Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 BauGB) ist in § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes definiert. Die Abschattungswirkung für Funkwellen stellt keine schädliche Umwelteinwirkung im Sinn des § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 des Baugesetzbuches in Verbindung mit § 3 Absatz 1 und 2 sowie § 5 Absatz 1 Nummer 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes dar (OVG NRW, Urt. v. 18.8.2009 – 8 A 613/08). Auf Nummer 5.2.1 (Lärm, Schattenwurf) wird verwiesen.

– Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinn des § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 5 des Baugesetzbuches stehen einem Vorhaben insbesondere dann entgegen, wenn dieses in nicht durch Ausnahmegenehmigung oder Befreiung zu behebender Weise in Widerspruch zu einer gültigen Landschaftsschutzverordnung steht (OVG NRW, Urt. v. 5.9.2006 – 8 A 1971/04; ständige Rechtsprechung BVerwG, Beschl. v. 2.2.2000 – 4 B 104.99). Auf Nummer 8.2.2.5 (Landschaftsschutzgebiete) wird verwiesen.

– Außerhalb von förmlich unter Natur- oder Landschaftsschutz gestellten Landschaftsteilen begründet eine Beeinträchtigung des Orts- oder Landschaftsbildes allein noch nicht die Unzulässigkeit eines solchen Vorhabens. Vielmehr muss eine qualifizierte Beeinträchtigung im Sinn einer Verunstaltung des Orts- oder Landschaftsbildes gegeben sein. Eine solche Verunstaltung liegt nur vor, wenn das Vorhaben seiner Umgebung grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird (OVG NRW, Urt. v. 12.6.2001 – 10 A 97/99; best. durch BVerwG, Beschl. v. 15.10.2001 – 4 B 69.01). Eine Verunstaltung der Landschaft kann weder aus der technischen Neuartigkeit und der dadurch bedingten optischen Gewöhnungsbedürftigkeit der Windenergieanlagen noch allein aus deren angesichts ihrer Größe markanten und weit sichtbaren Erscheinung abgeleitet werden (OVG NRW, Urt. v. 28.2.2008 – 10 A 1060/06; siehe auch BVerwG, Beschl. v. 18.3.2003 – 4 B 7.03; OVG Niedersachsen, Urt. v. 28.2.2010 – 12 LB 243/07).

– Auch wenn bestimmte Landschaftsteile, die sich in einem Landschaftsschutzgebiet befinden, durch eine Windenergieanlage, die außerhalb dieses Gebiets errichtet werden soll, optisch beeinflusst werden, liegt eine Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs nur vor, wenn dies zu einer Verunstaltung des Landschaftsbildes im Sinn von § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 5 des Baugesetzbuches führt (BVerwG, Beschl. v. 8.5.2008 – 4 B 28/08).

Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes  NRW (Urt. v. 18.11.2002 – 7 A 2140/00) darf bei der rechtlichen Wertung der Wirkungen von Windenergieanlagen nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Gesetzgeber sie im Außenbereich grundsätzlich, das heißt vorbehaltlich einer planerischen Steuerung durch Raumordnungspläne und gemeindliche Flächennutzungspläne, privilegiert hat, so dass die Anlagen als solche nach den gesetzgeberischen Vorgaben im Außenbereich nicht als Fremdkörper, sondern von ihrem Erscheinungsbild her vielmehr eher als außenbereichstypisch und nicht wesensfremd zu werten sind (siehe auch OVG NRW, Urt. v. 19.5.2004 – 7 A 3368/02; OVG NRW, Urt. v. 24.6.2004 – 7 A 997/03). Gleichwohl dürfen bei der wertenden Einschätzung des Störpotentials die anlagentypischen Drehbewegungen der Rotorblätter als Blickfang trotz gegebener Privilegierung nicht außer Betracht gelassen werden (BVerwG, Beschl. v. 15.10.2001 – 4 B 69.01). Für die Annahme, ob eine Verunstaltung des Orts- oder Landschaftsbildes vorliegt, ist die jeweilige durch die Standortwahl vorgegebene Situation maßgeblich. Ob eine Landschaft durch technische Einrichtungen und Bauten bereits so vorbelastet ist, dass eine Windenergieanlage sie nicht mehr verunstalten kann, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls. In welcher Entfernung eine Windenergieanlage nicht mehr verunstaltend wirken kann, lässt sich ebenfalls nicht abstrakt festlegen (BVerwG, Beschl. v. 18.3.2003 – 4 B 7.03).

– Der Belang des Habitat und Artenschutzes ist als Unterfall des Naturschutzes zu berücksichtigen. Zu den Belangen im Einzelnen wird auf Nummer 8.2.2.2 und Nummer 8.2.2.3 verwiesen.

– Hinsichtlich der Belange des Denkmalschutzes formuliert § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 5 des Baugesetzbuches eigenständige Anforderungen, die – unbeschadet der Konkretisierung durch Landesrecht (dazu Nummer 8.2.4) – unmittelbar dort eingreifen, wo grobe Verstöße in Frage stehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.6.2014 – 4 B 47.13). Die Vorschrift hat im Verhältnis zu den denkmalrechtlichen Vorschriften, die nach § 29 Absatz 2 des Baugesetzbuches unberührt bleiben, eine Auffangfunktion (BVerwG, Urt. v. 21.4.2009 – 4 C 3.08).

– Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange kann auch bei einer Gefährdung der Wasserwirtschaft (siehe Nummer 8.2.3.1 und 8.2.3.2) und des Hochwasserschutzes (siehe Nummer 8.2.3.3 und 8.2.3.4) gegeben sein. Gegebenenfalls bedarf die Anlagenerrichtung neben der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung einer entsprechenden wasserrechtlichen Genehmigung.

– Eine Störung der Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen (§ 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 8 BauGB) können der Zulässigkeit einer Windenergieanlage entgegenstehen. Dies setzt voraus, dass die Windenergieanlage die Funktion der Radaranlage für den ihr zugewiesenen Zweck in nicht hinzunehmender Weise einschränkt. Der in § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 8 des Baugesetzbuches normierte öffentliche Belang soll nur dann die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit eines Vorhabens begründen, wenn es um die Abwehr von Gefahren geht, deren Gewicht den im Gesetzgebungsverfahren in den Blick genommenen öffentlichen Belangen – hier: militärische Belange sowie Flugsicherheit – vergleichbar ist. Ob die Beeinträchtigung privater Richtfunkstrecken als öffentlicher Belang des § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 8 des Baugesetzbuches einzustufen ist, ist in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt.  Der Richtfunkkanal wird abgeschattet und eine Hindernisdämpfung wird verursacht, wenn die erste Fresnelzone von den Rotorblättern einer Windenergieanlage überstrichen wird. Allerdings hängt es vom Ausmaß der Hindernisdämpfung ab, ob eine unzulässige Beeinträchtigung vorliegt (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 27.8.2014 – 8 B 550/14). Allerdings werden Beeinträchtigungen des Rundfunkempfangs vom Schutzbereich des § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 8 des Baugesetzbuches nicht erfasst (OVG NRW, Urt. v. 18.8.2009 – 8 A 613/08).

Die Funktionsfähigkeit von Wetterradarsystemen kann durch Windenergieanlagen ebenfalls beeinträchtigt werden. Auch insoweit ist zu prüfen, ob das Radarsystem tatsächlich durch das Bauvorhaben technisch beeinflusst wird und ob sich diese Störung auf die Funktionsfähigkeit des Radars auswirkt, das heißt, ob der der Rardaranlage zugewiesene Zweck in nicht hinnehmbarer Weise eingeschränkt wird.

Soweit es sich um Funk- und Radaranlagen handelt, die der Sicherheit des Luftverkehrs dienen, wird auf Nummer 8.2.6 verwiesen.

– Zum Belang der Landesverteidigung im Einzelnen wird auf Nummer 8.2.8 verwiesen. Die entsprechende Darlegungslast bei der Geltendmachung von Belangen der Landesverteidigung liegt bei der Bundeswehr (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 13.04.2011 – 12 ME 8/11). In Konfliktfällen empfiehlt es sich die Expertengruppe „Bundeswehr und Windenergieanlagen“ (ExpBw WEA), Unterarbeitsgruppe der Bundeswehr (UAG) beim Kommando Unterstützungsverbände Luftwaffe, Luftwaffenkaserne Wahn, Postfach 906110, 51127 Köln zu konsultieren.

– Auch das Gebot der Rücksichtnahme ist in § 35 Absatz 3 Satz 1 des Baugesetzbuches verankert. Der im Außenbereich Wohnende muss grundsätzlich mit der Errichtung von in diesem Bereich privilegierten Windenergieanlagen und ihren optischen Auswirkungen rechnen (OVG NRW, Beschl. v. 12.1.2006 – 8 A 2285/03). Auf Abwehrrechte kann sich nur derjenige berufen, dessen eigene Nutzung formell und materiell legal ist, wobei die Beweislast für die formelle Legalität die Bauherrin oder den Bauherrn trifft (OVG NRW, Beschl. v. 24.6.2010 – 8 A 2764/09; best. durch BVerwG, Beschl. v. 23.12.2010 – 4 B 36.10). Ob von einer Windenergieanlage eine rücksichtslose optisch bedrängende Wirkung auf eine Wohnbebauung ausgeht, ist stets anhand aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Das Oberverwaltungsgericht NRW (siehe Urt. v. 9.8.2006 – 8 A 3726/05 –, best. durch BVerwG, Beschl. v. 11.12.2006 – 4 B 72.06) hat folgende Bewertungskriterien zur Beeinträchtigung entwickelt:

Lage bestimmter Räumlichkeiten und deren Fenster sowie von Terrassen und Ähnlichem zur Windenergieanlage; bestehende oder in zumutbarer Weise herstellbare Abschirmung des Wohngrundstücks zur Anlage; Hauptwindrichtung und damit Stellung des Rotors zu einem Wohnhaus; topographische Situation; Sichtschutz durch Waldgebiete oder Gebäude; die Größe des Rotordurchmessers, weitere Beeinträchtigungen durch bereits vorhandene Windenergieanlagen.

Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Nordrhein-Westfalen lassen sich unter Berücksichtigung dieser Kriterien für die Ergebnisse der Einzelfallprüfungen grobe Anhaltswerte prognostizieren:

Ist der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windenergieanlage geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Beträgt der Abstand das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls. Diese vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen aufgestellten Regeln sind Faustformeln, die eine bestimmte Würdigung der Umstände nahe legen, aber die Prüfung des konkreten Einzelfalls nicht entbehrlich machen (siehe auch BVerwG, Beschl. v. 23.12.2010 – 4 B 36.10).

Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ist die größtmögliche Minimierung der Befeuerung, insbesondere durch die Nutzung von Sichtweitenmessgeräten und Synchronisierung der Befeuerung, als Auflage dem Projektierer aufzugeben.

Aus dem Rücksichtnahmegebot kann sich auch das Erfordernis von Abständen von Windenergieanlagen untereinander ergeben. (OVG NRW, Beschl. v. 1.2.2000 – 10 B 1831/99). In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass auch aus Gründen der Standsicherheit Abstände erforderlich sind (siehe Nummer 5.2.3.4).

Befindet sich der Standort der Windenergieanlage innerhalb einer im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone, ist Folgendes zu beachten: Eine positive Standortzuweisung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches setzt voraus, dass sich die Planung als vollzugsfähig erweist und dass ihr auf unabsehbare Zeit keine unüberwindbaren rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse im Wege stehen (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01). Innerhalb einer im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone dürfen die Belange des § 35 Absatz 3 Satz 1 des Baugesetzbuches, die bereits im Rahmen der Planung abschließend abgewogen worden sind, bei der Entscheidung über die Zulassung einer Windenergieanlage nicht wieder als Genehmigungshindernis aktiviert werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.5.2010 – 4 C 7.09). Entgegenstehende öffentliche Belange werden deswegen für Windenergieanlagen in Konzentrationszonen nur relevant, soweit sie auf Ebene der Bauleitplanung noch nicht abschließend berücksichtigt wurden. Die Regelungsdichte eines Bauleitplans wird auf der einen Seite durch das Gebot der Konfliktbewältigung (planerisch zu bewältigende Nutzungskonflikte sollen im aktuellen Planverfahren und nicht erst in einem späteren Genehmigungsverfahren gelöst werden) und auf der anderen Seite durch das Gebots der planerischer Zurückhaltung (planerische Zurückhaltung für die Fälle, in denen eine Konfliktbewältigung sachgerecht auf Ebene der Einzelgenehmigung erfolgen kann) bestimmt. Je nach Detailierungsgrad des Bauleitplans ändert sich das Prüfprogramm auf der Ebene der Vorhabenzulassung.

5.2.2.4
Rückbauverpflichtung

Nach § 35 Absatz 5 Satz 2 des Baugesetzbuches ist für Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummern 2 bis 6 des Baugesetzbuches als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben einschließlich Nebenanlagen nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen (Fundament, Zuwegungen) zu beseitigen.

Zur Rückbauverpflichtung nach § 35 Absatz 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 3 des Baugesetzbuches hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17.10.2012 (Az: 4 C 5.11) klargestellt, dass die Regelung die Einhaltung der Erklärung der Betroffenen oder des Betroffenen, mit der sie oder er sich zum Rückbau verpflichte, sicherstellen solle und dass dies auch die Absicherung eines möglichen Liquiditätsrisikos beinhalte. Die Durchsetzung der Rückbaupflicht solle nicht daran scheitern, dass von der Vollstreckung abgesehen werde, weil ausreichende Mittel für eine Ersatzvornahme nicht zur Verfügung ständen. Selbst wenn eine öffentlich-rechtliche Baulast eingetragen ist, muss daher von der Bauherrin oder vom Bauherrn auch eine Sicherheitsleistung, die (in der Regel durch Bankbürgschaft) zugunsten der Genehmigungsbehörde oder der Bauaufsichtsbehörde zu bestellen ist, gefordert werden. Die Sicherheitsleistung muss den Rückbau der Windenergieanlage einschließlich des den Boden versiegelnden Fundaments am Ende der voraussichtlichen Lebensdauer der Anlage vollständig abdecken. Wenn nichts Gegenteiliges nachgewiesen wird, kann von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 6,5 Prozent der Gesamtinvestitionskosten ausgegangen werden. Im Einzelfall kann sich aus der Konstruktion der Windenergieanlage eine höhere oder niedrigere Sicherheitsleistung ergeben. Die Sicherheitsleistung muss spätestens bei Baubeginn vorliegen. Dies kann durch eine entsprechende Nebenbestimmung zur Genehmigung gesichert werden.

5.2.3
Bauordnungsrechtliche Anforderungen

Bei der Genehmigung von Windenergieanlagen ist die Einhaltung der Anforderungen des Bauordnungsrechts sicherzustellen.

Die für die Einspeisung ins Stromnetz erforderlichen Übergabestationen bis 20 Quadratmeter Grundfläche und 4 Meter Höhe sind gemäß § 65 Absatz 1 Nummer 9a der Landesbauordnung baugenehmigungsfrei. Die Genehmigungsfreiheit entbindet nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die in öffentlich-rechtlichen Vorschriften gestellt werden, § 65 Absatz 4 der Landesbauordnung.

5.2.3.1
Abstandflächen

Die notwendige Abstandfläche einer Windenergieanlage ergibt sich aus § 6 Absatz 10 der Landesbauordnung.

Zu weiteren erforderlichen Abständen siehe auch Nummer 5.2.2.3 und Nummer 8.

5.2.3.2
Brandschutz

Für Windenergieanlagen mit mehr als 30 Metern Höhe ist nach § 68 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 der Landesbauordnung mit den Bauvorlagen ein Brandschutzkonzept bei der Genehmigungsbehörde einzureichen, § 69 Absatz 1 Satz 2 der Landesbauordnung. Einzelheiten ergeben sich aus § 9 der Verordnung über bautechnische Prüfungen (BauPrüfVO). Für Kleinwindanlagen unter 30 Metern ist, auch wenn sich um einen Sonderbau im Sinn von § 54 der Landesbauordnung handelt, in der Regel die Vorlage eines Brandschutzkonzeptes nicht erforderlich.

Windenergieanlagen müssen so beschaffen sein, dass der Entstehung eines Brandes der Anlage und der Brandweiterleitung auf die Umgebung (Gebäude, bauliche Anlagen und Wald) vorgebeugt wird. Dies wird in der Regel durch Wahrung der im Erlass aufgeführten Abstandsregelungen (z.B. in Nummern 5.2.2.3, 5.2.3.1 und 8.1) erreicht. Soweit besondere Standort- oder Risikofaktoren im Einzelfall erkennbar sind, wie dies regelmäßig bei Anlagen im Wald oder in der Nähe des Waldes anzunehmen ist, sind neben den regelmäßig zu beachtenden Anforderungen (z. B. Blitzschutzanlagen, Wartung und Instandhaltung) weitere geeignete Vorkehrungen zu treffen, wie beispielsweise

– soweit möglich Verwendung nichtbrennbarer Baustoffe,

– Brandfrüherkennung mit automatischer Abschaltung der Anlagen und vollständiger Trennung von der Stützenergie,

– Vorhaltung selbsttätiger Feuerlöschanlagen,

(siehe auch VdS3523: 2008-07, Windenergieanlagen, Leitfaden für den Brandschutz).

Besondere Standort- oder Risikofaktoren sind bei Anlagen auf dem freien Feld regelmäßig nicht erkennbar.

5.2.3.3
Beachtung Technischer Baubestimmungen

Es wird auf den Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr „Einführung Technischer Baubestimmungen nach § 3 Abs. 3 BauO NRW“ vom 8. November 2006 (MBl. NRW. S.  582) in der jeweils geltenden Fassung verwiesen. Mit Neuordnung der Liste der Technischen Baubestimmungen (LTB), die durch die Bekanntmachung der Eurocodes als Technische Baubestimmungen erforderlich wurde, ist für Sonderkonstruktionen in Form von Windenergieanlagen aktuell die laufende Nummer 2.7.9 einschlägig. Die „Richtlinie für Windenergieanlagen; Einwirkungen und Standsicherheitsnachweise für Turm und Gründung; Fassung Oktober 2012“ (Schriftenreihe B des DIBt, Heft 8) ist als Technische Baubestimmung eingeführt. Die Anlage 2.7/12 der LTB enthält zu beachtende ergänzende Bestimmungen. Auf die Anlage 2.7/12 der LTB wird auch hinsichtlich der erforderlichen gutachtlichen Stellungnahmen eines oder einer Sachverständigen als Bestandteil der Bauvorlagen für Windenergieanlagen, kleine Windenergieanlagen und sehr kleine Windenergieanlagen bis 10 Meter Gesamthöhe hingewiesen. Geeignete sachverständige Stellen sind dort benannt.

5.2.3.4
Standsicherheit

Gemäß § 15 Absatz 1 der Landesbauordnung muss jede bauliche Anlage standsicher sein und darf auch die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen nicht gefährden. Gemäß § 18 Absatz 3 der Landesbauordnung sind Erschütterungen oder Schwingungen, die von baulichen Anlagen ausgehen, so zu dämmen, dass Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. Wird eine Windenergieanlage in Windrichtung vor einer bereits bestehenden Windenergieanlage errichtet, kann sie durch Erhöhung der Turbulenzintensität einen schnelleren Verschleiß von Anlagenteilen der nachgesetzten Anlage bewirken und damit auf Dauer deren Standsicherheit beeinträchtigen (siehe auch OVG NRW, Beschl. v. 1.2.2000 – 10 B 1831/99). Um den bauordnungsrechtlichen Anforderungen unter Beachtung der Technischen Baubestimmungen Rechnung zu tragen, ist für freistehende Windenergieanlagen mit Turm und Gründung ein ausreichender Abstand untereinander und zu anderen vergleichbar hohen Bauwerken erforderlich.

Für den Standsicherheitsnachweis von Windenergieanlagen wird auf der Grundlage der aktuellen Richtlinien für Windenergieanlagen (sowohl in den Fassungen März 2004 als auch Oktober 2012, hier: Schriftenreihe B des DIBt, Heft 8) eine geringere Turbulenzintensität angesetzt als nach der zuvor bauaufsichtlich eingeführten Richtlinie für Windkraftanlagen (in der Fassung Juni 1993), die noch bis zum Jahresende 2005 angewendet werden durfte. Der verringerte Ansatz der Turbulenzintensität bedingt größere Mindestabstände der Windenergieanlagen zur Gewährleistung der Standsicherheit. Bei Unterschreitung der Abstände von 8 beziehungsweise 5 Rotordurchmessern nach Abschnitt 6.3.3 der aktuellen Richtlinie für Windenergieanlagen können sowohl nach den Richtlinien März 2004 (Abschnitt 6.3.3) als auch Oktober 2012 (Abschnitt 7.3.3) standsicherheitsrelevante Auswirkungen in Betracht kommen.

Für Anlagen, die noch nach der älteren Richtlinie für Windkraftanlagen (Fassung Juni 1993) ausgelegt sind, gilt weiterhin, dass bei Abständen von weniger als 5 Rotordurchmessern in Hauptwindrichtung standsicherheitsrelevante Auswirkungen zu erwarten sind und ein Abstand von weniger als 3 Rotordurchmessern im Hinblick auf die Standsicherheit als gefährlich einzustufen ist.

Zur Genehmigung der Unterschreitung von Abständen, bei denen standsicherheitsrelevante Auswirkungen zu erwarten sind, ist von der Antragstellerin oder vom Antragsteller der hinzukommenden Windenergieanlage mittels gutachtlicher Stellungnahme einer oder eines Sachverständigen nachzuweisen, dass Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen (siehe auch Ziffer 3.2 in der Anlage 2.7/12 der LTB in Verbindung mit der Technischen Baubestimmung).

5.2.3.5
Eiswurf

Wegen der Gefahr des Eisabwurfes sind Abstände von Windenergieanlagen zu Verkehrswegen, Erholungseinrichtungen und Gebäuden einzuhalten oder funktionssichere technische Einrichtungen zur Gefahrenabwehr (z.B. automatische Außerbetriebnahme bei Eisansatz oder Rotorblattheizung) erforderlich. Detaillierte Anforderungen werden in Anlage 2.7/12 der LTB gestellt. Im Bereich unter Windenergieanlagen mit technischen Einrichtungen zur Außerbetriebnahme des Rotors bei Eisansatz ist durch Hinweisschilder auf die verbleibende Gefährdung durch Eisabfall bei Rotorstillstand oder Trudelbetrieb aufmerksam zu machen.

6
Kleinwindanlagen bis 50 Meter Anlagenhöhe

6.1
Verfahren

Unter Kleinwindanlagen werden Anlagen mit einer Anlagengesamthöhe von bis zu 50 Metern Höhe verstanden, die entsprechend der Regelungen der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) nicht unter die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht fallen.

Kleinwindanlagen gelten als bauliche Anlagen im Sinn des § 29 des Baugesetzbuches und des § 2 der Landesbauordnung. Nach § 65 Absatz 1 Nummer 44 Buchstabe b der Landesbauordnung bedarf die Errichtung oder Änderung von Kleinwindanlagen bis zu 10 Metern Anlagengesamthöhe, außer in reinen, allgemeinen und besonderen Wohngebieten, sowie Mischgebieten, keiner Baugenehmigung. Die Anlagengesamthöhe bezieht sich dabei allein auf die Höhe der Kleinwindanlage. Ferner bedarf nach § 65 Absatz 2 Nummer 4 der Landesbauordnung die mit diesen genehmigungsfreien Anlagen verbundene Änderung der Nutzung oder der äußeren Gestalt des Gebäudes keiner Baugenehmigung. Die Genehmigungsfreiheit entbindet nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die in öffentlich-rechtlichen Vorschriften gestellt werden (§ 65 Absatz 4 BauO NRW). Für alle anderen Windenergieanlagen bis 50 Meter Gesamthöhe, die entweder neben oder auf einem Gebäude errichtet werden sollen, ist nach § 63 Absatz 1 der Landesbauordnung ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen.

Neben der Baugenehmigung sind gegebenenfalls weitere Genehmigungen/ Erlaubnisse einzuholen. Die Bauaufsichtsbehörden haben im Genehmigungsverfahren weitere Fachbehörden (wie beispielsweise die Umweltschutzbehörden/ Landschaftsbehörden) zu beteiligen.

6.2
Zulässigkeit

6.2.1
Immissionsschutzrechtliche Voraussetzungen

Für Kleinwindanlagen gilt infolge von § 22 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegebenenfalls in Verbindung mit § 13 des Landes-Immissionsschutzgesetz (LImSchG), dass sie die gebietsbezogenen Immissionsrichtwerte nach Nummer 6.1 der TA Lärm und sonstige immissionsschutzrechtliche Anforderungen einhalten müssen. Werden Kleinwindanlagen an Gebäuden befestigt, sind aufgrund der baulichen Verbundenheit auch die Immissionsrichtwerte für Innen nach Nummer 6.2 der TA Lärm zu berücksichtigen, sofern im Gebäude nicht nur die Anlagenbetreiberin oder der Anlagenbetreiber wohnt.

Aufgrund der sehr unterschiedlichen Höhen und Leistungsklassen der Kleinwindanlagen und der unterschiedlich geprägten Standorte, an denen Kleinwindanlagen verwirklicht werden sollen, lassen sich jedoch allgemeine Empfehlungen kaum aussprechen.

Insbesondere bei Anlagen im Innenbereich sind im baurechtlichen Genehmigungsverfahren aussagekräftige Unterlagen vorzulegen, die eine Prüfung der immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit des Betriebs ermöglichen (z.B. gesicherte Datenblätter, in denen unabhängige Institute das Geräuschverhalten der Anlage in allen regulären Betriebszuständen mindestens bis zum Erreichen der Nennleistung belegen).

6.2.2
Bauplanungsrechtliche Voraussetzungen

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach den §§ 29 bis 36 des Baugesetzbuches.

Im beplanten Innenbereich ist anhand der jeweiligen Gebietskategorie zu prüfen, ob eine Windenergieanlage (als eigenständige Hauptanlage) nach § 30 des Baugesetzbuches in Verbindung mit der der Baunutzungsverordnung zulässig ist. Im unbeplanten Innenbereich muss sich die Windenergieanlage gemäß § 34 Absatz 1 des Baugesetzbuches in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. In den Fällen, in denen die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der der Baunutzungsverordnung entspricht, ist die Zulässigkeit nach § 34 Absatz 2 des Baugesetzbuches anhand der Gebietskategorien der Baunutzungsverordnung zu prüfen.

Im Innenbereich können Kleinwindanlagen grundsätzlich auch als untergeordnete Nebenanlagen gemäß § 14 der Baunutzungsverordnung in allen Baugebieten zulässig sein. Voraussetzung ist, dass sie dem primären Nutzungszweck von Grundstücken dienen und der Eigenart des Baugebiets nicht widersprechen (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 29.6.2012 – 12 LA 155/11). Kleinwindanlagen dienen nur solange dem primären Nutzungszweck von Grundstücken (funktionale Unterordnung), wie sie überwiegend (mehr als 50 Prozent) für das jeweilige Grundstück selbst Energie erzeugen, nicht aber, wenn die erzeugte Energie überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. Darüber hinaus müssen sie der Hauptnutzung räumlich-gegenständlich untergeordnet sein. Die räumliche Unterordnung ist zwar nicht bereits dann ausgeschlossen, wenn die Anlage über die Firsthöhe der übergeordneten baulichen Anlage um etliche Meter hinausragt. Aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes und wegen ihrer Abmessungen darf die Nebenanlage aber der Hauptanlage nicht gleichwertig erscheinen oder diese optisch verdrängen. Eine Kleinwindanlage kann im Hinblick auf ihr geringes bauliches Volumen in der optischen Wirkung derart zurücktreten, dass sie gegenüber einem Gebäude, dessen Energieversorgung sie dient, auch räumlich-gegenständlich als untergeordnet erscheint. Maßgeblich für die räumlich-gegenständliche Unterordnung ist der optische Gesamteindruck aus Standort und Größe der Kleinwindanlage, den Abmessungen der benachbarten Hauptanlagen, der Bebauungsdichte des Baugebietes sowie der Grundstücksgrößen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 9.7.2014 – 8 S 39/14).

Im Außenbereich können Kleinwindanlagen als selbstständige Anlagen nach § 35 Absatz 1 Nummer 5 des Baugesetzbuches zu beurteilen sein, unabhängig davon, ob der erzeugte Strom ins öffentliche Netz eingespeist wird oder der privaten Energieversorgung dient. Aufgrund ihrer geringen Höhe handelt es sich nicht um raumbedeutsame Anlagen. Sie werden deshalb von der raumordnerischen Steuerung der Anlagenerrichtung nicht erfasst.

Kleinwindanlagen können im Außenbereich auch als untergeordnete Nebenanlagen zu privilegierten Vorhaben nach § 35 Absatz 1 des Baugesetzbuches zulässig sein (s. Nummer 5.2.2.2).

Hat eine Gemeinde von dem Institut der bauleitplanerischen Steuerung Gebrauch gemacht und Konzentrationszonen ausgewiesen, gilt für Anlagen, die von einem privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb nach § 35 Absatz 1 Nummer 1 des Baugesetzbuches mitgezogen werden, § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches unabhängig von der Höhe der Windenergieanlage nicht (BVerwG, Beschl. v. 4.11.2008 – 4 B 44.08). In den übrigen Fällen des § 35 Absatz 1 des Baugesetzbuches muss im Einzelfall geprüft werden, ob eine Ausnahme von der Ausschlusswirkung (§ 35 Absatz 3 Satz 3 BauGB) möglich ist (siehe auch oben Nummer 5.2.2.1).

Die Atypik kann sich daraus ergeben, dass eine Windenergieanlage wegen ihrer Größe oder wegen ihrer Funktion zum Beispiel als einem anderen privilegierten Vorhaben zugeordnete Nebenanlage besondere Merkmale aufweist, die sie aus dem Kreis der Anlagen heraushebt, deren Zulassung die Gemeinde hat steuern wollen (bspw. bei Anlagen, die nicht der Einspeisung in das öffentliche Netz, sondern nur der Eigenversorgung dienen). Ist in der Nähe des vorgesehenen Standorts bereits eine zulässigerweise errichtete (Klein)Windenergieanlage vorhanden, so kann dies bei der Interessenbewertung ebenfalls zum Vorteil der Antragstellerin oder des Antragstellers ausschlagen. Auch die kleinräumlichen Verhältnisse können es rechtfertigen, von der auf den gesamten Planungsraum bezogenen Beurteilung des Planungsträgers abzuweichen. Ist aufgrund topographischer oder sonstiger Besonderheiten eine Beeinträchtigung der als störempfindlich und schutzwürdig eingestuften Funktionen des betreffenden Landschaftsraums nicht zu besorgen, so widerspricht es der Zielrichtung des Planvorbehalts nicht, das Vorhaben zuzulassen (siehe OVG NRW, Urt. v. 15.3.2006 – 8 A 2672/03).

Im Übrigen wird auf die grundsätzlichen Ausführungen in Nummer 5.2.2 verwiesen.

6.2.3
Bauordnungsrechtliche Voraussetzungen

Zu den bauordnungsrechtlichen Anforderungen wird auf Nummer 5.2.3 verwiesen. Hinsichtlich des Nachweises der Sicherheit und der erforderlichen Bauvorlagen gelten in Verbindung mit Abschnitt 5.2.3.3 Erleichterungen für kleine Windenergieanlagen im Anwendungsbereich der DIN EN 61400-2 (s. a. Ziffern 1 und 3.1 in der Anlage 2.7/12 der LTB) sowie für sehr kleine Windenergieanlagen bis 10 Meter Gesamthöhe (s. a. Ziffer 5 der Anlage 2.7/12 der LTB).

7
Überwachung und Gebühren

7.1
Überwachung

Die Überwachung des Immissionsschutzes (Lärm und Schattenwurf) gemäß § 52 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes obliegt den Umweltschutzbehörden. Die Immissionsschutzbehörde ist gemäß § 17 Absatz 7 des Bundesnaturschutzgesetzes für die Prüfung der frist- und sachgerechten Durchführung der Nebenbestimmungen zu Vermeidungs- beziehungsweise Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die auf Grundlage der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung festgesetzt wurden, zuständig. Hierzu kann sie die im Genehmigungsverfahren beteiligte Landschaftsbehörde im Rahmen der Amtshilfe um Unterstützung bitten. Im Übrigen überwachen die Landschaftsbehörden gemäß § 3 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes in Verbindung mit § 8 des Landschaftsgesetzes (LG) die Einhaltung der naturschutzrechtlichen Vorschriften. Dies betrifft insbesondere die Einhaltung der Vorschriften zum Artenschutz gemäß der §§ 44 ff des Bundesnaturschutzgesetzes  und Habitatschutz gemäß § 34 und 36 des Bundesnaturschutzgesetzes sowie die Umsetzung der in diesem Zusammenhang in den Genehmigungsbescheid aufgenommenen Nebenbestimmungen.

Die Bauaufsichtsbehörden sind gemäß § 61 der Landesbauordnung bei Windenergieanlagen dafür zuständig, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Übrigen zu überwachen.

7.2
Gebühren

7.2.1
Entscheidungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Für die Genehmigung sowie weitere Entscheidungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz berechnen sich die Gebühren nach den Tarifstellen (TS) 15a des Allgemeinen Gebührentarifs (AGT) der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung (AVwGebO NRW). Berechnungsgrundlage sind die Errichtungskosten, die sich aus den voraussichtlichen Gesamtkosten (einschließlich der Mehrwertsteuer) der Windenergieanlage oder derjenigen Anlagenteile ergeben, die nach der (Teil-, Änderungs-) Genehmigung errichtet werden dürfen. Maßgeblich sind die voraussichtlichen Gesamtkosten im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung, es sei denn, diese sind niedriger als zum Zeitpunkt der Antragstellung. Nach Tarifstelle 15a.1.1 der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung ist mindestens die höchste Gebühr zu erheben, die für eine nach § 13 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes eingeschlossene behördliche Entscheidung zu entrichten gewesen wäre, wenn diese selbständig erteilt worden wäre.

7.2.2
Gebühren für Baugenehmigung, Bauüberwachung und Bauzustandsbesichtigung, Prüfung des Standsicherheitsnachweises

Die Gebühren sind nach dem Allgemeinen Gebührentarif der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung zu erheben, soweit nicht die Gemeinden Gebührenordnungen (Satzungen) mit abweichenden Gebührensätzen erlassen haben (§ 2 Absatz 3 GebG NRW). Nach Tarifstelle 2.4.1.4 Buchstabe b des Allgemeinen Gebührentarifs der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung berechnet sich die Gebühr für die Baugenehmigung einer Windenergieanlage, unabhängig von ihrer Höhe, mit 1 Prozent der Herstellungssumme. Von den veranschlagten (geschätzten) Herstellungskosten der gesamten Windenergieanlage ist auszugehen, weil sie insgesamt Gegenstand baurechtlicher Prüfungen ist (z. B. planungsrechtliche Zulässigkeit, Immissionsschutz, Abstandflächen, Naturschutz- und Landschaftspflege). Da die Herstellungskosten einer Windenergieanlage maßgeblich von einer technischen Ausstattung (z.B. Generator, Bremse, Kupplung, Welle, Nabe usw.) bestimmt werden, die selbst keiner bauaufsichtlichen Prüfung unterliegt, ist nach Tarifstelle 2.1.3 Satz 4 bei der Berechnung der Gebühren die Hälfte der Herstellungssumme zugrunde zu legen. Die Tarifstelle 2.3.1 bleibt unberührt.

Die Gebühren für Amtshandlungen nach Tarifstelle 2.4.10.1ff. des Allgemeinen Gebührentarifs (Bauüberwachung und Bauzustandsbesichtigung) sind unter Berücksichtigung der vorstehend ermittelten Genehmigungsgebühren (Gebühr nach TS 2.4.1.4 Buchst. b) zu berechnen. Die Gebühren im Sinn der Tarifstelle 2.4.8.1 (Prüfung des Standsicherheitsnachweises) und 2.4.8.4 (Prüfung von Konstruktionszeichnungen) sind nach Tarifstelle 2.1.5.3 zu ermitteln, wobei die Herstellungssumme der Windenergieanlage zugrunde zu legen ist. Bei der Ermittlung der Herstellungssumme bleiben jedoch die Herstellungskosten der Windturbine unberücksichtigt, weil die Windturbine keiner bautechnischen Prüfungen hinsichtlich der Standsicherheit unterliegt (TS 2.1.3 Satz 3). Die Herstellungssumme besteht deshalb vorliegend nur aus den veranschlagten Kosten des Fundaments und des Turms der Windenergieanlage.

8
Tabuzonen, Berücksichtigung von Spezialgesetzen, Behördenbeteiligung

Die nachfolgenden Ausführungen sind bei der Planung (unter Beachtung der Planhierarchie und entsprechend des jeweiligen Maßstabs und Konkretisierungsgrads) und/oder bei der Genehmigung einzelner Anlagen zu beachten.

8.1
Fachrechtliche Tabuzonen in der Planung

Im Rahmen der Festlegung von Vorranggebieten für die Windenergienutzung und der Darstellung von Konzentrationszonen für die Windenergie ist es erforderlich entsprechend der in Kapitel 3 beziehungsweise 4 dargelegten Systematik ein Plankonzept zu erstellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes vollzieht sich die Planung von Konzentrationszonen abschnittsweise (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.9.2009 – 4 BN 25.09). In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als Tabuzonen zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Dazu zählen sowohl die Tabuzonen selber, die sich aus der Schutzbedürftigkeit bestimmter Bereiche beziehungsweise Gebiete ergeben als auch solche Bereiche, die sich aus Abständen zu diesen Tabuzonen ergeben. Diese fachrechtlichen Tabuzonen können vom Planungsträger im Rahmen der Abwägung nicht überwunden werden und stellen insofern harte Tabuzonen dar (siehe Nummer 4.3.3).

Aufgrund des Charakters der Planung als Angebotsplanung ist in der Regel noch nicht der konkrete Anlagenstandort und Anlagentyp bekannt. Dementsprechend ist eine Ermittlung der harten Tabuzonen oft nicht möglich. In diesen Fällen, in denen harte Tabuzonen nicht zuverlässig ermittelbar sind, kann der Planungsträger einen Fehler im Abwägungsvorgang dadurch vermeiden, dass er unterstellt, bei der Fläche handele es sich um eine weiche Tabufläche, und die maßgeblichen Kriterien bei der Abwägung den Belangen der Windenergie vorzieht (siehe Nummer 4.3.3).

Je nach fachrechtlichem Belang wird bei der Frage, ob es sich um ein hartes Tabukriterium handelt, zwischen Standort des Turms und dem Fundament sowie der Fläche, die vom Rotor überstrichen wird, differenziert werden müssen. Diese Differenzierung ergibt sich aus den Kapiteln 8.2.2.2, 8.2.3.1, 8.2.3.2, 8.2.3.3, 8.2.3.4, 8.2.10 und 8.2.11. So werden beispielsweise Überschwemmungsgebiete durch das Fundament und den Turm einer Windenergieanlage berührt und nicht durch die ein Überschwemmungsgebiet überstreichenden Rotorblätter. Der Flächennutzungsplan muss insgesamt vollzugsfähig sein. Nicht zwingend an jeder Stelle innerhalb der Konzentrationszone muss jeder Bestandteil einer Windenergieanlage zulässig sein. Wenn es innerhalb einer Konzentrationszone kleinere Bereiche gibt, die als Standort für den Turm nicht in Frage kommen, allerdings als Fläche, die vom Rotor überstrichen werden kann, ist dies vertretbar. Es wird empfohlen, hierauf in der Begründung des Flächennutzungsplans einzugehen.

Wenn auf der Planungsebene des Flächennutzungsplans kleinflächige Tabubereiche für den Standort des Turms und das Fundament sowie für die Fläche, die vom Rotor überstrichen wird, aus maßstabsbedingten Gründen zeichnerisch nicht abbildbar sind, ist es vertretbar, dass diese Flächen – insbesondere bei Insellagen – innerhalb der Darstellung der Konzentrationszonen liegen. Es wird empfohlen, hierauf in der Begründung des Flächennutzungsplanes einzugehen. Der konkrete Standort der Windenergieanlage wird im Rahmen des Genehmigungsverfahrens geprüft und bestimmt.

8.2
Berücksichtigung von Spezialgesetzen und Behördenbeteiligung

8.2.1
Immissionsschutz

Immissionsschutzrechtlich begründete Abstände zu Siedlungsbereichen sind als weiche Tabuzonen einzuordnen, wenn sie dem Vorsorgegrundsatz des § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes dienen sollen.

Als immissionsschutzrechtlich bedingte harte Tabuzonen könnten nur solche Flächen angesehen werden, in denen der Betrieb von Windenergieanlagen zum Nachteil der Nachbarn gegen den Schutzgrundsatz des § 5 Absatz 1 Nummer 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verstoßen würde und diese Belange nicht noch absehbar auf einer nachfolgenden Zulassungsebene überwunden werden könnten. Da bei der Planung von Vorranggebieten beziehungsweise Konzentrationszonen noch keine Gewissheit über den Anlagentyp und die Anlagenanzahl besteht, ist die Ermittlung von harten immissionsschutzrechtlichen Abständen nicht möglich. Mindestabstände als solche sagen über die konkrete immissionsschutzrechtliche Realisierbarkeit einer Windenergienutzung in der Regel nichts Entscheidendes aus (vgl. OVG NRW, Urt. vom 1.7.2013 – 2 D 46/12.NE). Es wird daher empfohlen, den vorbeugenden Lärmschutz in der Planung von Vorranggebieten beziehungsweise Konzentrationszonen als weiche Tabuzonen zu berücksichtigen.

Bei der Bemessung der dem Vorsorgegrundsatz dienenden weichen Tabuzonen kann auf allgemeine Erfahrungswerte zurückgegriffen werden. So können zum Beispiel in der Bauleitplanung schon frühzeitig zum Schutze der Anwohnerinnen und Anwohner die Belange des Immissionsschutzes unter Berücksichtigung der konkreten Lage von Wohngebieten, Splittersiedlungen beziehungsweise einzelnstehender Gehöfte einbezogen werden. Ein Berechnungsverfahren zur Abstandsbestimmung wird in einer Veröffentlichung des Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, unter dem Titel „Ausweisung von Windvorrangzonen“, abrufbar unter http://www.lanuv.nrw.de/umwelt/laerm/geraeusche/geraeuschquellen/windenergie-anlagen/ angeboten. Dieses Verfahren wurde im Rahmen der Windpotenzialstudie des Landes Nordrhein-Westfalen angewandt.

Bei der Festlegung von Abständen können zukünftige Siedlungsflächen nur berücksichtigt werden, wenn diese Planung sich schon manifestiert hat, zum Beispiel im Rahmen der Regionalplanung.

8.2.2
Naturschutz, Landschaftspflege, Wald

8.2.2.1
Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung

Windenergieanlagen sind so zu planen und zu errichten, dass vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft unterlassen werden. Wird eine Anlage genehmigt, ist die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung auch hinsichtlich der Kompensationsverpflichtungen (Ausgleich/ Ersatz/ Ersatzzahlungen) zu beachten. Grundsätzlich ist zwischen der Kompensation von Eingriffen in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild zu unterscheiden.

Kohärenzsicherungs- und Schadenbegrenzungsmaßnahmen für Natura 2000-Gebiete sowie vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen und Kompensatorische Maßnahmen zum Artenschutz können gleichzeitig der Kompensation gemäß Eingriffsregelung dienen und umgekehrt. In diesem Sinn sind bei der Erarbeitung von Kompensationskonzepten kumulierende Lösungen nach dem Prinzip der Multifunktionalität anzustreben (vgl. VV-Habitatschutz, Nummer 4.1.1.2 und 4.1.5.4. und VV-Artenschutz Nummer 2.2.3 und 2.4.3.2). Sofern eine konkrete Maßnahme die jeweiligen naturschutzfachlichen und rechtlichen Anforderungen des Habitatschutzes beziehungsweise des Artenschutzes erfüllt, kann sie zugleich im Sinn der Multifunktionalität bei der Kompensation der Eingriffe in den Naturhaushalt entsprechend angerechnet werden.

Beim Repowering von Anlagen sind die positiven Effekte durch den Rückbau einer oder mehrerer anderer Anlagen zu berücksichtigen.

Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nach den §§ 18 bis 21 Bundesnaturschutzgesetzes und den §§ 4 bis 6 des Landschaftsgesetzes ist im Genehmigungsverfahren für die Windenergieanlagen abzuarbeiten. Die Genehmigung ist mit entsprechenden Nebenbestimmungen zu versehen, die die Kompensation sicherstellen.

Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch Windenergieanlagen sind aufgrund der Höhen der Anlagen (mehr als 20 Meter) in der Regel nicht ausgleichbar oder ersetzbar im Sinn des § 15 Absatz 6 Satz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes. Eine landschaftsgerechte Wiederherstellung oder Neugestaltung der Landschaft im Sinn von § 15 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes, sodass die unvoreingenommene Beobachterin und der unvoreingenommene Beobachter, der die vom Eingriff betroffene Örtlichkeit nicht kennt, diese nach Neugestaltung nicht als Fremdkörper in der Landschaft erkennen kann, ist bei vertikalen Strukturen mit der Höhe moderner Windenergieanlagen nicht möglich. Daher ist, wenn eine solche Anlage zugelassen wird, für diese Beeinträchtigungen ein Ersatz in Geld zu leisten.

Die Höhe der Ersatzzahlung ergibt sich aus der Höhe der Anlage und der Wertstufe des Landschaftsbildes im Umkreis der 15fachen Anlagenhöhe (Gesamthöhe aus Nabenhöhe und Rotorblattlänge) aus den Beträgen der nachfolgenden Tabelle. Die Wertstufe ist der landesweiten Einstufung der Landschaftsbildeinheiten des Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in den Fachbeiträgen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu entnehmen. In Regionen, in denen noch keine Bewertung durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz vorliegt, ist die Wertstufe an Hand des Verfahrens in Anlage 1 zu ermitteln. Sind von einem Vorhaben unterschiedliche Wertstufen betroffen, ist ein gemittelter Betrag in Euro anzusetzen (siehe fiktive Beispiele in den Anlagen 2-4).

Tabelle „Wertstufen“ siehe Anhang.

Ein räumlicher Zusammenhang, im Sinn eines Windparks besteht, wenn Windenergieanlagen nicht weiter als das Zehnfache des Rotordurchmessers voneinander entfernt stehen.

In Fällen, in denen ein Teilausgleich möglich ist und durchgeführt wird, ermäßigt sich eine für die nicht ausgeglichenen Beeinträchtigungen zu leistende Ersatzzahlung entsprechend (vgl. VGH Kassel, U. v. 12.2.1993 – 4 UE 2744/90). Der Rückbau von Windenergieanlagen, im Sinn eines Repowering, in demselben Landschaftsraum stellt eine erhebliche Entlastung des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes dar, der als Teilkompensation für die neuen Windenergieanlagen anzurechnen ist (VG Schleswig, Urt. v. 18.8.2009 – 1 A 5/08). Die Entlastung des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes durch den Abbau der alten Windenergieanlagen kann aber nicht nach anderen Maßstäben bewertet werden, als der neu erfolgende Eingriff. Zur Berechnung der Höhe des Ersatzgeldes ist dazu der für die rückzubauenden Windenergieanlage fiktiv erforderliche Kompensationsumfang nach demselben Verfahren zu berechnen und von der für die Neuanlagen berechneten Kompensation zu subtrahieren.

Gegebenenfalls erforderliche und umzusetzende Kompensationsmaßnahmen für den Eingriff in den Naturhaushalt (§ 14 BNatSchG), Kohärenzsicherungsmaßnahmen nach § 34 des Bundesnaturschutzgesetzes sowie artenschutzrechtliche Kompensations- und Ausgleichsmaßnahmen (§ 44 BNatSchG) können in den Fällen auf das ermittelte Ersatzgeld angerechnet werden, in denen die Regelvermutung zur fehlenden Ausgleichbarkeit des Eingriffs ausnahmsweise nicht greift und sie zugleich zur nachhaltigen Gliederung und Anreicherung des Landschaftsbildes beitragen.

Gemäß § 15 Absatz 6 Satz 7 des Bundesnaturschutzgesetzes ist das Ersatzgeld zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu verwenden. Die Maßnahmen sollen möglichst in räumlicher Nähe zum Ort des Eingriffs umgesetzt werden.

8.2.2.2
Naturschutzrechtlich bedeutsame Gebiete (ohne Landschaftsschutzgebiete)

Wegen ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit kommen die nachfolgend aufgeführten Bereiche regelmäßig als sogenannte harte Tabuzonen (i. S. BVerwG, Urt. v. 11.4.2013 – 4 CN 2.12; OVG NRW, Urt. v. 1.7.2013 – 2 D 46/12.NE) nicht als Standorte für Windenergieanlagen in Betracht:

a) Nationalparke, nationale Naturmonumente,

b) festgesetzte, ausgewiesene oder einstweilig sichergestellte Naturschutzgebiete,

c) Naturdenkmale,

d) geschützte Landschaftsbestandteile gemäß § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes,

e) gesetzlich geschützte Landschaftsbestandteile gemäß § 47 des Landschaftsgesetzes,

f) gesetzlich geschützte Biotope gemäß § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes sowie § 62 des Landschaftsgesetzes,

g) Natura 2000-Gebiete (das sind FFH-Gebiete und europäische Vogelschutzgebiete), einschließlich von Funktionsräumen, um eine Verriegelung des Gebietes und eine Barrierewirkung bei Flugbewegungen zu vermeiden (OVG NRW, Urt. v. 3.8.2010, 8 A 4062/04).

Bezüglich der genannten Gebiete ergibt sich die Wertung als harte Tabuzone für Anlagenstandorte bereits aus den allgemeinen gesetzlichen Zerstörungs-, Beschädigungs-, Beeinträchtigungs-, Veränderungs- oder Verschlechterungsverboten.

Gebiete und Objekte der Buchstaben c) bis f)

Im Einzelfall ist es jedoch möglich, dass es sich bei den Gebieten unter c) bis f) um kleinflächige Gebiete handelt, deren Schutz zwar eine direkte Flächeninanspruchnahme durch Fundamente, Zuwegungen oder Kranstellflächen ausschließt, – einer Genehmigung stünde aber nicht entgegen, wenn sich nur der Rotor über ihnen dreht (z.B. eine als geschützter Landschaftsbestandteil geschützte Hecke). Ein Ausschluss dieser kleinflächigen Gebiete ist daher nicht erforderlich, soweit auf Genehmigungsebene sichergestellt werden kann, dass die außerhalb gelegenen Fundament-, Zuwegungs- und Kranflächenstandorte keinen nachteiligen Einfluss auf die jeweiligen Gebiete haben und andere Belange wie beispielsweise der Artenschutz (vgl. 8.2.2.3) nicht entgegenstehen. Unter diesen Umständen sind auch Pufferzonen um diese Gebiete naturschutzfachlich nicht erforderlich.

Gebiete der Buchstaben a), b) und g)

Die entsprechende Tabuwertung ist einzelfallbezogen durch die jeweils zuständige Landschaftsbehörde zu begründen und im Planverfahren zu dokumentieren. Die gesetzlich und untergesetzlich grundsätzlich vorgesehenen Ausnahme- und Befreiungsmöglichkeiten (insbesondere § 30 Absatz 3 und 4, § 34 Absatz 3 und § 67 BNatSchG) wurden in Nordrhein-Westfalen noch nicht für Windenergie-Projekte in den unter Buchstabe a), b) und g) genannten naturschutzrechtlich bedeutsamen Gebieten genutzt. Ihre Nutzung kommt für Planungsverfahren für Windenergieanlagen in diesen Gebieten auch grundsätzlich nicht in Betracht, da davon ausgegangen werden muss, dass das öffentliche Interesse an einer Energieversorgung aus erneuerbaren Energien innerhalb des Schutzgebietsnetzes nicht überwiegt und dies auch keine unzumutbare Belastung darstellt. Dies ist gleichfalls einzelfallbezogen durch die jeweils zuständige Landschaftsbehörde zu begründen und im Planverfahren zu dokumentieren.

Bei einem Repowering in Natura 2000-Gebieten stellt sich die Lage dagegen anders dar. Zum einen besteht eine Vorbelastung durch die bestehenden Windenergieanlagen. Zum anderen wird dabei in der Regel die Anlagen- und mithin Rotorenzahl reduziert. Zudem wird regelmäßig aufgrund der Anlagengröße eine Vielzahl von Anlagenstandorten räumlich verlagert. Damit sinkt in der Regel auch die Wahrscheinlichkeit von kollisionsbedingten Individuenverlusten windenergieempfindlicher Arten. Vor diesem Hintergrund ist eine Wertung der unter Buchstabe g) genannten Natura 2000-Gebiete als harte Tabuzone (i. S. BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 – 4 CN 2.11 – und Urt. v. 11.4.2013 – 4 CN 2.12; OVG NRW, Urt. v. 1.7.2013 – 2 D 46/12.NE) für Repowering-Anlagen naturschutzfachlich nicht zu rechtfertigen. Den Planungsträgern verbleibt durch die Wertung als weiche Tabuzone für Repowering-Anlagen vielmehr Spielraum für die Ausweisung entsprechender Repowering-Windenergieanlagen-Konzentrationszonen (vgl. § 249 Absatz 2 BauGB).

Ein Repowering von innerhalb der Natura 2000-Gebiete liegenden Altanlagen ist dann möglich, wenn die Einrichtung und der Betrieb nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen. Auf Nummer 4.9. wird verwiesen. Für die Zulässigkeit der Errichtung der Repowering-Anlagen ist die Sicherstellung des Rückbaus der Altanlagen nachzuweisen.

Die unterschiedliche Tabuzonen-Wertung bei Neuanlagen und Repowering-Anlagen in Natura 2000-Gebieten beruht auf folgenden naturschutzfachlichen Erwägungen: Nordrhein-Westfalen verfügt mit über hundert Windenergieanlagen in Natura 2000-Gebieten und einer noch größeren Anzahl von unmittelbar an diese Gebiete angrenzenden Anlagen bereits über eine relativ hohe Inanspruchnahme dieser Gebiete durch Windenergieanlagen. Die Auswahl und die Abgrenzung der Natura 2000-Gebiete erfolgte nach vergleichbaren, strengen und restriktiven Kriterien (Brocksieper & Woike, LÖBF-Mitteilungen 2/99). So wurden bei den FFH-Gebieten nur solche mit einem Mindestanteil von FFH-Lebensraumtypen in zusammenhängender Ausprägung abgegrenzt. Ebenso wurden bei den Vogelschutzgebieten nur diejenigen Gebiete ausgewiesen, die eines der fünf wichtigsten Gebiete für die jeweilige Art in Nordrhein-Westfalen darstellen. Dies korreliert mit der sehr hohen Abdeckung der Vogelschutzgebiete (VSG) mit den Schwerpunktvorkommen windenergieempfindlicher und gleichzeitig Wert gebender Vogelarten (siehe Anhang 1 und 3 des Leitfadens „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“). Angesichts dieser aufgezeigten restriktiven Gebietsausweisung ist damit bei einem Hinzutreten weiterer Windenergieanlagen in jenen Gebieten eine Planungssituation gegeben, in der bei Inanspruchnahme einer neuen Windenerigeanlagen-Konzentrationszone für Neuanlagen mit der Verwirklichung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen und mithin einer erheblichen Beeinträchtigung von Schutzzweck und Erhaltungszielen zu rechnen ist. Für diese Wertung spricht auch die Rechtsprechung zu Windenergieanlagen-Planungen im Bereich der VSG Hellwegbörde und VSG Unterer Niederrhein (OVG NRW, Urt. v. 11.9.2007 – 8 A 2696/06; OVG NRW, Urt. v. 30.7.2009 – 8 A 2358/08; OVG NRW, Urt. v. 27.7.2010 – 8 A 4062/04). Insofern besteht in Nordrhein-Westfalen eine andere Ausweisungspraxis und Planungssituation als in anderen Bundesländern (vgl. z.B. Rheinland-Pfalz, OVG Koblenz, Urt. v. 16.5.3013 – 1 C 11003/12). Damit besteht ein tatsächliches Hindernis auf Zulassungsebene und in der Folge ein rechtliches Hindernis für die Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergie-Neuanlagen in Natura 2000-Gebieten.

Abstände zwischen den oben genannten naturschutzrechtlich bedeutsamen Gebieten der Buchstaben a), b) und g) und dem nächstgelegenen Punkt der Rotorflächen (Rotorblattspitze) der Windenergieanlage als Pufferzone sind in Abhängigkeit vom Schutzzweck und den Erhaltungszielen des Gebietes einzelfallbezogen festzulegen.

Pufferzonen sind als harte Tabuzonen zu werten, wenn sie für den Schutzzweck und die jeweiligen Erhaltungsziele eines Gebietes zwingend erforderlich sind. Sofern die Pufferzone nicht zwingend für den Schutzzweck und die jeweiligen Erhaltungsziele eines Gebiets erforderlich ist, sondern Vorsorgecharakter haben, kann der Plangeber sie als weiche Tabuzone werten.

Sofern ein Gebiet der Buchstaben a), b) und g) dem Schutz von windenergieempfindlichen Fledermausarten oder windenergieempfindlichen europäischen Vogelarten dient, sowie bei Europäischen Vogelschutzgebieten ist aus Vorsorgegründen in der Regel eine Pufferzone von 300 Metern naturschutzfachlich begründet. Die Annahme einer solchen Pufferzone aus Vorsorgegründen durch den Plangeber führt zu ihrer Wertung als sogenannte weiche Tabuzone. Im Einzelfall kann in Abhängigkeit vom Schutzzweck und den Erhaltungszielen des Gebiets ein niedriger oder höherer Abstandswert festgesetzt werden, die wegen ihres grundsätzlichen Vorsorgecharakters gleichfalls als weiche Tabuzone gewertet werden können. Im Regelfall wie im Abweichungsfall ist im Planverfahren darzulegen, dass sich der Abstand aus der besonderen Schutzbedürftigkeit der für das betreffende Gebiet maßgeblichen Arten ergibt.

Hinsichtlich der weiteren konkreten Anforderungen und Pflichten bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen im Bereich von FFH- und Vogelschutzgebieten wird auf die „Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-RL) und 2009/147/EG (V-RL) zum Habitatschutz (VV-Habitatschutz)“ des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 13. April 2010 (n.v.) III 4 – 616.06.01.18 – sowie den Leitfaden „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ (im LANUV-Fachinformationssystem (FIS) „Geschützte Arten in NRW“ abrufbar unter dem Menüpunkt „Downloads“, http://www.naturschutzinformationen-nrw.de/artenschutz/de/downloads) in der jeweils gültigen Fassung verwiesen.

8.2.2.3
Artenschutz

Die Tötungs- und Störungsverbote besonders beziehungsweise streng geschützter Tierarten sowie die Beschädigungs- und Zerstörungsverbote ihrer Lebensstätten und von Pflanzen und ihrer Standorte sowie mögliche Ausnahmen ergeben sich aus den §§ 44 ff des Bundesnaturschutzgesetzes. Nach § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes kann ferner unter bestimmten Voraussetzungen eine Befreiung erfolgen. Zentrales Instrument zur Abarbeitung des Belangs Artenschutz ist die Artenschutzprüfung (ASP). Die Notwendigkeit zur Durchführung einer Artenschutzprüfung im Rahmen von Planungs- und Genehmigungsverfahren ergibt sich aus den unmittelbar geltenden Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes.

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren

Eine rechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer Artenschutzprüfung besteht für den Regionalplan nicht, sondern erst für die nachgelagerten Planungs- und Zulassungsverfahren (vgl. VV-Artenschutz, Nummer 2.7.2). Bei der Ausweisung von Windenergie-Vorrangzonen auf Ebene der Regionalplanung ist es allerdings sinnvoll, die Artenschutzbelange im Sinn einer überschlägigen Vorabschätzung zu berücksichtigen, soweit sie auf dieser Ebene bereits ersichtlich sind. Auf diese Weise lassen sich regionalplanerische Festlegungen vermeiden, die in nachgeordneten Verfahren aus Artenschutzgründen nicht umgesetzt werden können.

Bei der Änderung oder Aufstellung eines Flächennutzungsplans für Konzentrationszonen für Windenergieanlagen wird empfohlen eine Artenschutzprüfung durchzuführen (vgl. gemeinsame Handlungsempfehlung „Artenschutz in der Bauleitplanung und bei der baurechtlichen Zulassung von Vorhaben“ vom 22.12.2010, Nummer 3.1). Anderenfalls könnte der Flächennutzungsplan aufgrund eines rechtlichen Hindernisses nicht vollzugsfähig sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2013, ‑ 4 C 1.12). Auch liefe die Planung Gefahr, dass der Windenergienutzung nicht substanziell Raum gegeben würde, wenn die Konzentrationszone mit dem Risiko der Realisierung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände behaftet wäre (OVG NRW, Urt. v. 22.9.2015, 10 D 82/13.NE). Flächen, die nach dem Ergebnis der Artenschutzprüfung wegen zu erwartender Verstöße gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände unter Einbeziehung von Vermeidungsmaßnahmen inklusive vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen sowie des Risikomanagements nicht zur Verfügung stehen, sind daher in der Regel vom Plangeber als harte Tabuzonen einzuordnen.

Artenschutzrechtlich begründete Abstände zu Fortpflanzungs- und Ruhestätten sind gegebenenfalls vom Plangeber als weiche Tabuzonen einzuordnen, wenn sie der Vorsorge dienen sollen.

Wird die Artenschutzprüfung erst nach der Anwendung von pauschalen harten und weichen Tabukriterien auf der Ebene der Einzelfallprüfung für die verbleibenden Potenzialflächen durchgeführt, sind die Potenzialflächen, bei denen auch unter Berücksichtigung von Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen die Verletzung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestands feststeht und keine Ausnahme möglich ist, zwingend auszuschließen, da ihrer Nutzung durch die Windenergie ein unüberwindbares Hindernis entgegensteht.

b) Genehmigungsverfahren

Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von Windenergieanlagen kann entsprechend dem Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz „Artenschutz im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren“ vom 17. Januar 2011 (n.v.) V-2, nur erteilt werden, wenn anlagenbezogene artenschutzrechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Die Genehmigung kann Nebenbestimmungen enthalten, die die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Vorschriften sicherstellen.

Hinsichtlich der weiteren konkreten Anforderungen und Pflichten bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen wird auf die gemeinsame Handlungsempfehlung des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr und des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz „Artenschutz in der Bauleitplanung und bei der baurechtlichen Zulassung von Vorhaben“ vom 22.12.2010 (n.v.) und auf den Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz „Artenschutz im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren“ vom 17. Januar 2011 (n.v.) V-2 in Verbindung mit dem Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz „VV-Artenschutz“ vom 13. April 2010 (n.v.) III-4-616.06.01.17 sowie den Leitfaden „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ vom 12. November 2013 in der jeweils geltenden Fassung verwiesen.

8.2.2.4
Wald

Der Grundsatz der Walderhaltung wird nicht nur durch die Spezialgesetze des Forstrechts, sondern auch durch das Raumordnungs- und Baurecht gewährleistet. Hierzu wird insbesondere auf § 2 Absatz 2 Nummern 2, 5 und 6 des Raumordnungsgesetzes sowie auf § 1a Absatz 2 des Baugesetzbuches verwiesen. In der Anwendung des forstlichen Fachrechts sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden:

a) Planungsverfahren

Hier wird auf die Ausführungen unter Nummer 3.2.4.2 und 4.3.3 verwiesen, die entsprechend gelten. Bezüglich der Beurteilung, ob eine Waldumwandlungsgenehmigung in Aussicht gestellt werden kann, ist die Forstbehörde frühzeitig in die Planungsverfahren einzubeziehen. Dabei prüft sie im Bauleitplanverfahren, ob die Umwandlung des Waldes in eine andere Nutzungsart grundsätzlich genehmigungsfähig ist. Andernfalls ist der Wald als harte Tabuzone zu betrachten. Gemäß § 43 Absatz 1 Buchstabe a des Landesforstgesetzes bedarf es keiner forstbehördlichen Umwandlungsgenehmigung bei Waldflächen, für die in einem Bebauungsplan nach § 30 des Baugesetzbuches eine anderweitige Nutzung vorgesehen ist. Der Gesetzgeber ist bei dieser Regelung davon ausgegangen, dass die Gemeinde bei der Aufstellung eines Bebauungsplan die Belange des Waldes und der Forstwirtschaft unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 1a Absatz 2 des Baugesetzbuches gerecht abwägt auf Grundlage der Stellungnahme der Forstbehörde als Träger öffentlicher Belange.

b) Genehmigungsverfahren

Die Errichtung einer Windenergieanlage auf Waldflächen erfordert neben dem Vorliegen der übrigen Zulassungsvoraussetzungen eine forstbehördliche Genehmigung nach § 9 Absatz 1 des Bundeswaldgesetzes in Verbindung mit § 39 des Landesforstgesetzes, es sei denn, die anderweitige Nutzung der Waldfläche ist bereits in einem Bebauungsplan nach § 30 des Baugesetzbuches vorgesehen.

Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens nach § 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes holt die Genehmigungsbehörde gemäß § 10 Absatz 5 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes die Stellungnahme der Forstbehörde ein. Die Forstbehörde gibt unter Berücksichtigung der Bewertungskriterien des Leitfadens „Rahmenbedingungen für Windenergieanlagen auf Waldflächen in Nordrhein-Westfalen“ des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz eine Stellungnahme ab und legt dar, ob sie eine Waldumwandlungsgenehmigung in Aussicht stellen kann.

Die forstbehördliche Genehmigung nach § 9 Absatz 1 des Bundeswaldgesetzes in Verbindung mit § 39 des Landesforstgesetzes (Waldumwandlungsgenehmigung) ist gemäß § 13 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes insoweit konzentriert, als die Umwandlung von Wald deshalb erforderlich ist, weil auf dem Grundstück, auf dem die Anlage errichtet oder betrieben werden soll, Wald stockt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 29.8.2013, ‑ 4 ME 76/13, Juris, Rn. 21) und die Waldfläche daher in eine andere Nutzungsart überführt wird (siehe dazu weitergehende Ausführungen unter Nummer 5.1.1). Konzentriert die immissionsschutzrechtliche Genehmigung die Waldumwandlungsgenehmigung, wird durch Nebenbestimmungen sichergestellt, dass der Verlust der Waldfunktionen im Regelfall durch Ersatzaufforstungen ausgeglichen wird.

Für vertiefte Informationen wird auf den Leitfaden „Rahmenbedingungen für Windenergieanlagen auf Waldflächen in Nordrhein-Westfalen“ in der jeweils gültigen Fassung, abrufbar unter https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/klima/leitfaden_wind_im_wald.pdf, verwiesen.

Soweit Anlagen im Wald oder bis zu 35 Meter vom Waldrand verwirklicht werden sollen, hat sich die Betreiberin oder der Betreiber der Windenergieanlage zu verpflichten, im Fall von Schäden an der Anlage durch umfallende Bäume auf einen Ersatzanspruch zu verzichten. Darüber hinaus soll sie oder er die Waldbesitzerin oder den Waldbesitzer von Verkehrssicherungspflichten freistellen, die sich aus der Errichtung oder dem Betrieb im Wald ergeben.

8.2.2.5
Landschaftsschutzgebiete (LSG)

Mit 45,2 Prozent der Landesfläche decken Landschaftsschutzgebiete einen Großteil der Fläche des Landes Nordrhein-Westfalen ab. Die Großflächigkeit dieser Ausweisungen ist unter anderem vor dem Hintergrund der Abwehr der Siedlungsentwicklung in den baulichen Außenbereich und der Zersiedelung der Landschaft zu verstehen. In manchen Gemeinden umfassen Landschaftsschutzgebiete daher fast den gesamten bauplanungsrechtlichen Außenbereich in dem der Gesetzgeber die Errichtung von Windenergieanlagen privilegiert hat. Eine auf den Außenbereich verwiesene Nutzung wie die Windenergie ist jedoch für eine ambitionierte Ausbauplanung darauf angewiesen, auch Flächen in Landschaftsschutzgebieten in Anspruch zu nehmen. Deshalb kommt der Vereinbarkeit der Errichtung von Windenergieanlagen mit Landschaftsschutzgebietsausweisungen beziehungsweise -festsetzungen für den Ausbau der Windenergie in Nordrhein-Westfalen besondere Bedeutung zu.

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren

Öffentliche Planungsträger, die nach § 4 oder § 13 des Baugesetzbuches an der Flächennutzungsplanänderung beteiligt worden sind, haben ihre Planungen gemäß § 7 des Baugesetzbuches dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben (Bindung der Fachplanungsträger). Widersprechen sie hingegen den gemeindlichen Planungsvorstellungen, stellt dieser Widerspruch eine Grenze der Bauleitplanung dar.

Ein Landschaftsschutzgebiet mit einem generellen Bauverbot widerspricht zunächst auch einer Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie in diesen Bereichen. Plant eine Gemeinde die Darstellung von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan innerhalb einer Landschaftsschutzgebietsfestsetzung eines Landschaftsplans und der Träger der Landschaftsplanung widerspricht dieser Planung nicht, hat er seine Planung in der Regel entsprechend anzupassen. Es wird von daher empfohlen, vor Änderung des Flächennutzungsplans die entsprechende Änderung des Landschaftsplans abzuwarten. Dabei ist eine parallele Änderung des Landschaftsplanes möglich. Diese Anpassung des Landschaftsplanes ist bei Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans entbehrlich, wenn der Träger der Landschaftsplanung im Flächennutzungsplanänderungsverfahren nicht widersprochen hat, da dann die widersprechenden Darstellungen und Festsetzungen des Landschaftsplans mit dem Inkrafttreten des Bebauungsplans gemäß § 29 Absatz 4 des Landschaftsgesetzes außer Kraft treten.

Anders verhält es sich mit Landschaftsschutzverordnungen. Die Festsetzungen einer Schutzgebietsverordnung können durch einen Bebauungsplan nicht außer Kraft gesetzt werden. Es wird von daher empfohlen, vor Änderung des Flächennutzungsplans die entsprechende Änderung der Landschaftsschutzverordnung abzuwarten. Dabei ist eine parallele Änderung der Landschaftsschutzverordnung möglich.

Eine Anpassung/Teilaufhebung ist entbehrlich, wenn eine naturschutzrechtliche Befreiung nach § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes in Aussicht gestellt wird (siehe weiter unten). Zielführend ist es, wenn der Träger der Landschaftsplanung oder der Verordnungsgeber der Landschaftsschutzverordnung vor der Genehmigung des Flächennutzungsplans einen entsprechenden Ausnahmetatbestand gemäß § 34 Absatz 4a des Landschaftsgesetzes für Windenergieanlagen nach Art und Umfang im Landschaftsplan festgesetzt beziehungsweise in die Landschaftsschutzverordnung aufgenommen hat. Gleiches gilt, wenn eine Zonierung nach § 22 Absatz 1, Satz 3 des Bundesnaturschutzgesetzes vorgenommen wurde oder eine Entlassung der Flächen erfolgt beziehungsweise in Aussicht gestellt wird. Besteht eine Ausnahmeregelung oder Unberührtheitsklausel im Landschaftsplan oder in der Landschaftsschutzverordnung, besteht kein Widerspruch zwischen Landschaftsschutz und Windenergie-Flächenausweisung. Eine Zonierung erlaubt es entsprechend dem jeweiligen Schutzzweck Bereiche abgestuften Schutzes mit unterschiedlichen Schutzbestimmungen festzulegen. Danach können bestimmte Zonen innerhalb des jeweiligen Landschaftsschutzgebietes für die Windenergienutzung freigegeben werden, während der Schutz im Übrigen fortbesteht (VerfGH Bayern, Urt. v. 28.9.2013, Vf. 15-VII-12, VI. 2. a) bb) (1)).

Greift keine Ausnahme- oder Unberührtheitsklausel, darf eine Genehmigung des Flächennutzungsplans nur erteilt werden, wenn eine naturschutzrechtliche Befreiung nach § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes in Aussicht gestellt wird. Bei der Entscheidung nach § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes ist im Einzelfall eine Abwägung des öffentlichen Interesses am Natur- und Artenschutz mit dem öffentlichen Interesse am Klimaschutz vorzunehmen. Für die Prüfung der Landschaftsbehörde, ob eine Befreiung in Aussicht gestellt werden kann, gelten dabei die unter Buchstabe b) konkretisierten Grundsätze.

Grafik „Konzentrationszonenplanung bei Landschaftsschutzgebieten“ siehe Anhang.

b) Genehmigungsverfahren

Weisen Gemeinden Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan aus, werden oben genannte mögliche Konflikte zwischen Landschaftsplan oder Landschaftsschutzgebiet-Verordnung und Flächennutzungsplan bereits auf Ebene der Planung ausgeräumt. Innerhalb der Konzentrationszonen stehen landschaftsrechtliche Belange einer Windenergienutzung dann nicht mehr entgegen. Eine Befreiung nach § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes kann formal stets erst für das konkrete Vorhaben im Rahmen des Genehmigungsverfahrens (Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG) erteilt werden, nicht bereits für den Flächennutzungsplan.

Nur für die Fälle, in denen die Gemeinde keine Konzentrationszonen für die Windenergie ausgewiesen haben, ist über die Vereinbarkeit von Landschaftsschutz und Windenergienutzung im Genehmigungsverfahren zu entscheiden.

Üblicherweise besteht in Landschaftsschutzgebieten ein Bauverbot. Dieses ergibt sich aus § 26 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes und dient dem Zweck, den besonderen Charakter des jeweiligen Gebietes zu erhalten. Hat der Verordnungs- beziehungsweise Satzungsgeber keine Ausnahme gemäß § 34 Absatz 4a des Landschaftsgesetzes für die Errichtung von Windenergieanlagen aufgenommen beziehungsweise keine Zonierung gemäß § 22 Absatz 1 Satz 3 des Bundesnaturschutzgesetzes vorgenommen, sind regelmäßig die Voraussetzungen einer Befreiung gemäß § 67 Absatz 1 Nummer 1 des Bundesnaturschutzgesetzes unter besonderer Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Umsetzung der Ausbauziele für die Windenergie zu prüfen.

Die Errichtung von Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten ist möglich, wenn die Befreiungsvoraussetzungen des § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes gegeben sind (z.B. ein überwiegendes öffentliches Interesse).

Das öffentliche Interesse am Ausbau der Erneuerbaren Energien zur nachhaltigen Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts ergibt sich mit § 1 Absatz 3 Nummer 4, 2. Halbsatz des Bundesnaturschutzgesetzes unmittelbar aus der Konkretisierung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Gemäß § 2 Absatz 3 des Bundesnaturschutzgesetzes sind die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege untereinander und gegen die Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft abzuwägen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien als ein zentraler Baustein des Klimaschutzes im Sinn der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen stellt im Rahmen der Abwägung eine solche Anforderung mit außergewöhnlich hohem Gewicht dar. Dies gilt insbesondere, da ohne die Nutzung der Landschaftsschutzgebiete für die Windenergie die Ausbauziele des Landes Nordrhein-Westfalen nicht zu erreichen sind.

Bei der Prüfung ist daher in der Abwägung in der Regel von einem überwiegenden öffentlichen Interesse auszugehen und eine Befreiung vom Bauverbot nach § 67 Absatz 1 Nummer 1 des Bundesnaturschutzgesetzes kann erteilt werden.

In den folgenden Bereichen ist im Interesse des Naturschutzes und der Landschaftspflege jedoch im Einzelfall eine vertiefende Prüfung und Begründung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 67 Absatz 1 Nummer 1 des Bundesnaturschutzgesetzes erforderlich:

– Teilbereiche von Landschaftsschutzgebieten, die überlagernd als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen sind (für Repowering-Anlagen);

– Teilbereiche von Landschaftsschutzgebieten, denen in der Landschaftsschutzverordnung oder dem Landschaftsplan explizit eine Funktion als Pufferzone zu Naturschutz-gebieten oder Natura-2000-Gebieten zugewiesen ist;

– Teilbereiche, die in den Fachbeiträgen des Naturschutzes und der Landschaftspflege des Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz mit „herausragender Bedeutung“ für das Landschaftsbild (LBE 1) beziehungsweise mit „herausragender Bedeutung“ für den Biotopverbund (VB 1) dargestellt sind. Für Regionen des Landes für die die Fachbeiträge noch nicht vorliegen, sollten Landschaftsschutzgebiete beziehungsweise Teilflächen von Landschaftsschutzgebieten, deren herausragende Vielfalt, Eigenart und Schönheit insbesondere durch markante Einzelschöpfungen besonders charakteristische Landschaftselemente in der Schutzgebietsverordnung beziehungsweise den Festsetzungen des Landschaftsplans dokumentiert sind, einer vertiefenden Einzelfallprüfung unterzogen werden. In Regionen, für die der Fachbeitrag des Naturschutzes und der Landschaftspflege des Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz zum Regionalplan noch nicht vorliegt, soll die Landschaftsbildbewertung in Landschaftsschutzgebieten anhand des „Verfahrens zur Landschaftsbildbewertung im Zuge der Ersatzgeldermittlung für Eingriffe in das Landschaftsbild durch den Bau von Windenergieanlagen“ (Anlage 1) vorgenommen werden.

8.2.2.6
Freihaltung von Gewässern und Uferzonen

Im Außenbereich dürfen gemäß § 61 Absatz 1 und 2 des Bundesnaturschutzgesetzes an Bundeswasserstraßen und Gewässern erster Ordnung sowie an stehenden Gewässern mit einer Größe von mehr als 1 Hektar im Abstand bis 50 Metern von der Uferlinie keine baulichen Anlagen errichtet oder wesentlich geändert werden, wobei die Entfernung grundsätzlich vom Mastfuß aus zu messen ist. Bei hinreichenden Anhaltspunkten für eine Gefährdung von Tierarten ist in Abhängigkeit vom Einzelfall der Abstand bis zur Rotorblattspitze auszuweiten.

Von diesem grundsätzlichen Bauverbot gibt es folgende Ausnahmen:

– 
Das Bauverbot besteht nicht für Vorhaben, die den Festsetzungen eines Bebauungsplanes entsprechen, der mit Zustimmung der unteren Landschaftsbehörde zustande gekommen ist (§ 61 BNatSchG, § 57 Absatz 2 Nummer 4 LG).

– 
Das Bauverbot gilt ferner nicht in den Fällen des § 61 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes und in den darüber hinaus gehenden Fällen des § 57 Absatz 2 des Landschaftsgesetzes.

Von dem Verbot kann die höhere Landschaftsbehörde im Einzelfall auf Antrag eine Ausnahme zulassen (§ 61 Absatz 3 BNatSchG, § 57 Absatz 3 LG).

8.2.3
Wasserwirtschaft

8.2.3.1
Bauverbote an Gewässern

Bei den folgenden Vorgaben für Anlagen und damit Windenergieanlagen kommt es bei der Windenergieanlage auf das Fundament und den Turm an und nicht auf die Rotorblätter.

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren

Bei der Bauleitplanung ist mit der zuständigen Wasserbehörde und dem Unterhaltungspflichtigen für das Gewässer abzustimmen, welche wasserwirtschaftlichen Erfordernisse im konkreten Fall vorliegen. Diese sind bei der Abwägung einzustellen. Im Grundsatz ist ein Abstand von mindestens 3 Meter zum Gewässer einzuhalten.

b) Genehmigungsverfahren

Anlagen in, an, über und unter Gewässern nach § 38 des Wasserhaushaltsgesetzes stehen nach § 99 des Landeswassergesetzes unter einem Zulassungsvorbehalt; die Zulassung darf nur erteilt werden, wenn keine schädlichen Gewässerveränderungen gemäß § 3 Nummer 10 des Wasserhaushaltsgesetzes zu erwarten sind und die Gewässerunterhaltung nicht mehr erschwert wird, als den Umständen nach unvermeidbar ist. Dabei ist zu beachten, dass die Anlage mit den Bewirtschaftungszielen für das Gewässer vereinbar sein muss (§ 99 LWG in Verbindung mit § 3 Nummer 10 WHG in Verbindung mit §§ 27 ff WHG).

An fließenden Gewässern zweiter Ordnung und an sonstigen fließenden Gewässern darf nach § 97 Absatz 6 des Landeswassergesetzes zum Schutz der Gewässerunterhaltung eine Windenergieanlage innerhalb von 3 Metern von der Böschungsoberkante nur zugelassen werden, wenn ein Bebauungsplan dies vorsieht oder öffentliche Belange nicht entgegenstehen.

8.2.3.2
Wasserschutzgebiete

Bei den folgenden Vorgaben für Windenergieanlagen kommt es bei der Windenergieanlage auf das Fundament und die Gondel an und nicht auf die Rotorblätter. Die Vorgaben für Wasserschutzgebiete (WSG) sind in den §§ 51, 52 des Wasserhaushaltsgesetzes, den §§ 14 und 16 des Landeswassergesetzes in Verbindung mit der jeweiligen Wasserschutzgebietsverordnung oder Anordnung nach § 52 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes enthalten. Sie gelten für festgesetzte und für vorläufig gesicherte Wasserschutzgebiete. Bei sich in der Festsetzung befindlichen Wasserschutzgebietsverfahren, die nicht vorläufig gesichert sind, bei denen aber die Wasserversorgung bereits besteht oder absehbar ist, sind diese Vorgaben zwar nicht nach den oben genannten gesetzlichen Regelungen unmittelbar zu beachten. Die diesen Vorschriften zugrundeliegenden wasserwirtschaftlichen Überlegungen zum Schutz der Wasserversorgung gelten aber unabhängig davon und sind von der Wasserbehörde in das Planungsverfahren einzubringen und von der Planungsbehörde in ihre Erwägungen einzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in Einzelfällen die Ausweisung des Schutzgebiets nicht mehr möglich sein dürfte (siehe z.B. VG Düsseldorf, Urt. v. 29.7.2004, – 4 K 2972/01). Die zuständige Wasserbehörde hat in diesen Fällen zu prüfen, ob sie nach § 52 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes vorgeht und vorläufige Anordnungen zum Schutz der Wasserversorgung trifft.

Wasserschutzgebiete werden, unabhängig ob es sich um eine Trinkwasserversorgung aus Grundwasser oder Oberflächengewässern handelt, auf dieser Grundlage in der sie begründenden Verordnung in der Regel in drei Wasserschutzzonen (WSZ) eingeteilt:

– Die Zone I ist die Zone unmittelbar um die Fassungsanlage. Sie hat den Schutz der Wassergewinnungsanlage und ihrer unmittelbaren Umgebung vor jeglichen Verunreinigungen und Beeinträchtigungen zu gewährleisten. Daher sind jegliche Baumaßnahme abgesehen von den Anlagen zur Wasserfassung und -gewinnung sowie das Betreten (außer im Zusammenhang mit dem Betrieb der Wassergewinnung) verboten.

– Die Zone II hat den Schutz vor Verunreinigungen durch den Eintrag von pathogenen Keimen und abbaubaren Stoffen (sowie erst recht von persistenten Stoffen) sicherzustellen. Dementsprechend wird sie bemessen und durch Verbote und Maßnahmen geschützt. Bei den Verboten ist maßgeblich, dass der Fließweg innerhalb dieser Zone bis zum Erreichen des Brunnens für einen Rückhalt/Abbau der Kontamination durch diese Stoffe nicht ausreichend ist und daher jede Besorgnis, dass diese Stoffe eingetragen werden, ausgeschlossen werden muss. Dementsprechend stellt nach den Richtlinien des Deutschen Vereines des Fas- und Wasserfaches e.V. (Arbeitsblätter W101, W102) bereits die Errichtung gewerblicher Anlagen allgemeiner Art in Zone II in der Regel ein hohes und in der Regel nicht tolerierbares Gefährdungspotenzial für das Trinkwasser dar und wird daher in Zone II vieler Schutzgebietsverordnungen allgemein verboten.

– Die Zone III bietet Schutz vor schwer abbaubaren Verunreinigungen im großräumigen Umfeld der Wassergewinnungsanlage und soll in etwa das unterirdische Einzugsgebiet der Gewinnungsanlage erfassen. Zu baulichen Anlagen regeln die Verordnungen in der Regel in der Zone III Genehmigungspflichten.

Bei Windenergieanlagen stellt vor allem das Fundament einen dauerhaften Eingriff in die Schutzfunktion der Deckschichten dar (Bodenverdichtung, präferentielle Fließwege, Versiegelung). Die Grundwasserneubildung, das heißt die Menge und Qualität des Sickerwassers und die Fließwege können abhängig von der Art und Größe des Fundaments dauerhaft beeinflusst werden.

Auch die Errichtung, der Betrieb und der Rückbau haben Auswirkungen. So kann es beim Einbau zu direkten Stoffeinträgen von wassergefährdenden Stoffen aus der Baustelle selbst, sowie zu Trübung und erhöhtem Eintragsrisiko für Keim- und Schadstoffbelastungen infolge der Baugrubenöffnung und -verfüllung kommen. Außerdem wird der Boden durch Wege und die schweren Baufahrzeuge verdichtet und seine Schutzfunktion beschädigt.

Beim Betrieb der Anlage kann es zur dauerhaften Auslaugung und Freisetzung von Stoffen aus den ober- und unterirdischen Anlagenteilen (Maschinenöle, Hydraulikflüssigkeiten, Biozide, Korrosionsschutzmittel; Beschichtungsmittel) kommen.

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren

Die Flächen in den Wasserschutzzonen I und II sind im Sinn der baurechtlichen Rechtsprechung schlechthin ungeeignet für Windenergieanlagen und daher harte Tabuzonen. Die Kommune beteiligt bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Untere Wasserbehörde und erfragt, ob diese in dem konkreten Wasserschutzgebiet in Anbetracht der konkreten Verhältnisse entgegen der Vermutung in der Verordnung (Verbot) relevante Befreiungsmöglichkeiten sieht. Hier sind neben den konkreten Regelungen in der Schutzgebietsverordnung § 52 Absatz 1 Satz 2 und 3 des Wasserhaushaltsgesetzes einschlägig. Überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit liegen nicht allein deshalb vor, weil eine Windenergieanlage regenerativen Strom erzeugt. Bei der Prüfung, ob eine Befreiung erteilt werden kann, sind wegen der überragenden Bedeutung des Grundwassers zur Sicherstellung der öffentlichen Trinkwasserversorgung strenge Maßstäbe anzulegen.

Im Regelfall wird eine Befreiung nur möglich sein, wenn der Schutzzweck der Verordnung nicht gefährdet ist. Erforderlich ist hierfür stets, dass bei dem beabsichtigten Standort die (hydro-)geologischen Verhältnisse im Einzelfall gegenüber den für die Abgrenzung und Festsetzung allgemein festgestellten (hydro-)geologischen Verhältnissen so abweichen, dass die Schutz- und Reinigungsfunktion der Deckschichten und wasserführenden Schichten trotz der Durchführung der Baumaßnahme gewahrt bleibt. Eine solche Befreiung könnte gegebenenfalls in Einzelfällen in Betracht kommen, wenn an geplanten Standorten von Anlagen innerhalb der Zone II günstigere (hydro-) geologische Verhältnisse vorliegen, die zu einer geringeren Gefährdung der Wassergewinnung führen oder bei atypischen Anlagen. Diese Voraussetzungen werden nur äußerst selten vorliegen. Bei der in Aussichtstellung einer Befreiung hat die zuständige Wasserbehörde zu prüfen, wie die Wasserversorgung weiterhin sichergestellt wird. Im Grundsatz muss die Einzelfallprüfung vorweg genommen werden.

Die Wasserschutzzone III ist nicht als harte Tabuzone einzuordnen.

Sofern bei Heilquellenschutzgebieten qualitative Schutzzonen festgesetzt worden sind, gilt in diesen das gleiche wie für die Schutzzonen I bis III der Wasserschutzgebiete. Sofern quantitative Schutzzonen festgesetzt worden sind, sind in der Regel in der Schutzzone A (Innere Zone) Eingriffe in den Untergrund von mehr als 5 Meter Tiefe zumindest der Genehmigungspflicht unterworfen. Die Heilquellen-Schutzzonen des qualitativen und quantitativen Schutzes können sich teilweise oder ganz überlagern.

b) Genehmigungsverfahren

Jede Wasserschutzgebiet-Verordnung enthält eine Regelung zur Befreiung von den Verboten in den Zonen I und II, die in § 52 Absatz 1 Satz 2 und 3 des Wasserhaushaltsgesetzes vorgegeben ist. Im Regelfall ist jedoch davon auszugehen, dass eine solche Befreiung nicht erteilt werden kann.

8.2.3.3
Überschwemmungsgebiete

Bei den folgenden Vorgaben für Anlagen und damit Windenergieanlagen kommt es bei der Windenergieanlage auf das Fundament und den Turm an und nicht auf die Rotorblätter. Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren

Da es sich bei einer im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone nicht um eine Baugebiet handelt, ist § 78 Absatz 1 Nummer 1 des Wasserhaushaltsgesetzes nicht einschlägig, wonach in nach § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes festgesetzten oder nach § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes gesicherten Überschwemmungsgebieten (ÜSG) eine Ausweisung von neuen Baugebieten verboten ist.

Die Anforderungen an die Zulassung einzelner Windenergieanlagen führen nur in Einzelfällen dazu, dass eine Genehmigung nicht erteilt werden kann (siehe unten b)), so zum Beispiel in Abflussbereichen des Überschwemmungsgebietes in der Nähe von Bebauung. Die Überschwemmungsgebiete sind aus diesen Gründen keine harten Tabuzonen.

b) Genehmigungsverfahren

In nach § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes festgesetzten oder nach § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes gesicherten Überschwemmungsgebiete ist unabhängig von baurechtlichen Voraussetzungen nach § 78 Absatz 1 Nummer 2 des Wasserhaushaltsgesetzes die Errichtung von baulichen Anlagen verboten. Eine Genehmigung kann nach § 78 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes erteilt werden, wenn im Einzelfall das Vorhaben

– die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum zeitgleich ausgeglichen wird;

– den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert;

– den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und

– hochwasserangepasst ausgeführt wird;

oder wenn die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können. Die Voraussetzungen für eine Genehmigung werden nur in Ausnahmefällen nicht vorliegen.

8.2.3.4
Hochwasserschutzanlagen

Bei den folgenden Vorgaben für Anlagen und damit Windenergieanlagen kommt es bei der Windenergieanlage auf das Fundament und den Turm an und nicht auf die Rotorblätter.

Hochwasserschutzanlagen wie Deiche sind durch die Regelungen des § 111a des Landeswassergesetzes und insbesondere am Rhein durch Verordnungen nach § 111a Absatz 3 geschützt, die weitergehende Anforderungen enthalten können. Nach § 111a Absatz 1 Nummer 1 des Landeswassergesetzes ist es auf dem Deich und in einer Schutzzone von beidseitig 4 Metern vom Deichfuß unter anderem verboten, die Erdoberfläche zu vertiefen und Anlagen zu errichten. Bei anderen Hochwasserschutzanlagen ist insoweit eine Genehmigungspflicht geregelt (§ 111a Absatz 1 Satz 3, 4 LWG). Im Übrigen sind die jeweiligen Deichschutzverordnungen zu beachten.

8.2.4
Denkmalschutz

Die denkmalrechtliche Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit von Windenergieanlagen erfolgt auf der Grundlage des Denkmalschutzgesetzes (DSchG). Nach § 9 Absatz 1 des Denkmalschutzgesetzes ist die Errichtung von Windenergieanlagen auf einem Bodendenkmal, in einem Denkmalbereich und, wenn hierdurch das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt wird, in der engeren Umgebung von Baudenkmälern und ortsfesten Bodendenkmälern erlaubnispflichtig. Ob ein Bauvorhaben sich „in der engeren Umgebung“ eines Baudenkmals oder eines ortsfesten Bodendenkmals befindet und ob durch das Bauvorhaben das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt wird, hängt unter anderem ab von Art, Standort und Bedeutung des Denkmals einerseits und des geplanten Vorhabens andererseits. Die Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde ergeht im Benehmen mit dem Amt für Denkmalpflege oder Bodendenkmalpflege beim Landschaftsverband (§ 21 DSchG; vgl. Sonderregelung für das Stadtgebiet Köln gemäß § 22 Absatz 5 DSchG).

Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt (§ 9 Absatz 2 DSchG). Gründe des Denkmalschutzes stehen einem Vorhaben entgegen, wenn es Belange des Denkmalschutzes mehr als geringfügig beeinträchtigt. Ob und inwiefern Gründe des Denkmalschutzes der Errichtung von Windenergieanlagen entgegenstehen, ist stets aus den Besonderheiten des zur Entscheidung anstehenden konkreten Falles abzuleiten (OVG NRW, Urt. v. 27.6.2000 – 8 A 4631/97, vgl. auch OVG NRW, Beschl. v. 12.2.2013 – 8 A 96/12). Zu möglichen Merkmalen und Kriterien der Prüfung wird auf BayVGH, Urt. v. 18.7.2013 – 22 B 12.1741- verwiesen. Maßgeblich bei der Beurteilung ist dabei die Perspektive eines fachkundigen Betrachters, der mit dem jeweiligen Denkmal oder Denkmalbereich und deren charakteristischen Merkmalen vertraut ist. Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 9 Absatz 2 Buchstabe b des Denkmalschutzgesetzes ist, dass für die Durchführung der Maßnahme öffentliche Interessen sprechen, die gewichtiger sind als die Belange des Denkmalschutzes (OVG NRW, Urt. v. 18.5.1984 – 11 A 1776/83). Weiterhin muss geprüft werden, ob zur Verwirklichung dieser öffentlichen Interessen keine weniger denkmalbeeinträchtigenden Alternativen möglich sind (Alternativenprüfung).

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren

Die Gemeinde beabsichtigt in ihrem Flächennutzungsplan Konzentrationszonen mit der Wirkung des § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches darzustellen. Die Voraussetzungen von § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches liegen nur vor, wenn die Gemeinde auf der Grundlage einer Untersuchung des gesamten Plangebietes ein schlüssiges Plankonzept für die Ausweisung von Konzentrationszonen erarbeitet hat. Hierzu müssen alle abwägungserheblichen Belange vollständig ermittelt und gerecht gegeneinander und untereinander gemäß § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches abgewogen werden (siehe Nummer 4.3.1). Zu diesen Belangen zählen auch gemäß § 1 Absatz 6 Nummer 5 des Baugesetzbuches die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, wie sie insbesondere als „bedeutsame Kulturlandschaftsbereiche“, „bedeutsame Orte“ und „Sichtbeziehungen“ mit ihren Elementen und Strukturen in den kulturlandschaftlichen Fachbeiträgen zu den Regionalplänen ausgewiesen sind. Gemäß § 1 Absatz 3 des Denkmalschutzgesetzes sind bei öffentlichen Planungen und Maßnahmen die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege angemessen zu berücksichtigen. Die für den Denkmalschutz und die Denkmalpflege zuständigen Behörden (dazu gehören als Träger öffentlicher Belange auch die Ämter für Denkmalpflege und Bodendenkmalpflege bei den Landschaftsverbänden und der Stadt Köln) sind frühzeitig einzuschalten. Aus der Stellungnahme gegenüber dem Planungsträger soll sich ergeben, ob Belange des Denkmalschutzes der Planung entgegenstehen und ob dies voraussichtlich zur Versagung von Erlaubnissen für Windenergieanlagen in der geplanten Konzentrationszone führen wird. Die Aussagen sollen bezogen auf Teilflächen, bestimmte Anlagenstandorte oder Anlagenhöhen differenziert werden. Eine Vorgehensweise für die sachgerechte Ermittlung der Belange des Denkmalschutzes ist in der Handreichung „Kulturgüter in der Planung“, UVP-Gesellschaft e.V. (Hrsg.), Hamm 2008, dargestellt.

b) Genehmigungsverfahren

Wenn eine denkmalrechtliche Erlaubnis gemäß § 9 Absatz 3 Satz 2 des Denkmalschutzgesetzes in der Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder der Landesbauordnung konzentriert wird, haben die für die Genehmigung zuständigen Behörden die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege entsprechend dem Denkmalschutzgesetz in angemessener Weise zu berücksichtigen (§ 9 Absatz 3 Satz 1 DSchG). Der Denkmalschutz hat den gleichen Stellenwert und die gleiche Bedeutung wie bei einem gesonderten denkmalschutzrechtlichen Verfahren (OVG NRW, Urt. v. 18.5.1984 – 11 A 1776/83).

Im Rahmen der Genehmigung sind die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis einzelfallbezogen nach den Maßstäben des § 9 Absatz 2 des Denkmalschutzgesetzes zu prüfen. Neben dem denkmalrechtlichen Umgebungsschutz (§ 9 Absatz 1b DSchG) stellt dabei das denkmalrechtliche Nutzungsgebot (§ 1 Absatz 1 Satz 1, § 8 Absatz 1 DSchG) einen für die nachvollziehende Abwägung relevanten denkmalrechtlichen Belang dar (vgl. VG Gelsenkirchen, Urt. v. 3.11.1999 – 10 K 1131/97).

8.2.5
Straßenrecht

Gemäß § 9 Absatz 1 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) dürfen längs der Bundesfernstraßen nicht errichtet werden (Anbauverbote)

1.        
Hochbauten jeder Art in einer Entfernung bis zu 40 Metern bei Bundesautobahnen und bis zu 20 Metern bei Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten, jeweils gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn,

2.        
bauliche Anlagen, die außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten über Zufahrten oder Zugänge an Bundesstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen werden sollen.

Im Übrigen bedürfen Baugenehmigungen oder nach anderen Vorschriften notwendige Genehmigungen gemäß § 9 Absatz 2 des Bundesfernstraßengesetzes der Zustimmung der obersten Landesstraßenbaubehörde (Anbaubeschränkung), wenn

1.        
bauliche Anlagen längs der Bundesautobahnen in einer Entfernung bis zu 100 Metern und längs der Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten bis zu 40 Metern, gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn, errichtet, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen,

2.        
bauliche Anlagen auf Grundstücken, die außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten über Zufahrten oder Zugänge an Bundesstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen.

Diese Zustimmung darf nur versagt oder mit Bedingungen und Auflagen erteilt werden, soweit dies wegen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausbauabsichten oder der Straßenbaugestaltung nötig ist.

Gemäß § 25 Absatz 1 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (StrWG NRW) bedürfen außerhalb der Ortsdurchfahrten Baugenehmigungen oder nach anderen Vorschriften notwendige Genehmigungen der Zustimmung der Straßenbaubehörde, wenn bauliche Anlagen jeder Art

1. längs der Landesstraßen und Kreisstraßen in einer Entfernung bis zu 40 Metern, gemessen vom äußeren Rand der für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmten Fahrbahn, errichtet, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen;

2. über Zufahrten oder Zugänge an Landesstraßen und Kreisstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen oder bei bereits bestehendem Anschluss erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen.

Diese Zustimmung darf nur versagt oder mit Bedingungen und Auflagen erteilt werden, wenn eine konkrete Beeinträchtigung der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs zu erwarten ist oder Ausbauabsichten sowie Straßenbaugestaltung dies erfordern.

Die Entfernungen sind nicht vom Mastfuß einer Windenergieanlage, sondern von der Rotorspitze zum äußeren Rand der befestigten Fahrbahn zu messen.

Innerhalb der Anbauverbotszone zu Bundesfernstraßen können keine Windenergieanlagen errichtet werden, während in der Anbaubeschränkungszone nach § 9 Absatz 2 des Bundesfernstraßengesetzes oder § 25 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen mit Zustimmung der zuständigen Straßenbaubehörde eine Anlagenerrichtung möglich ist. Für die Versagung der Zustimmung nach § 9 Absatz 3 des Bundesfernstraßengesetzes muss nicht die unbedingte Gewissheit bestehen, dass das Vorhaben den Verkehrsablauf auf der Bundesfernstraße beeinträchtigt oder gefährdet; es reicht die erkennbare Möglichkeit (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.5.1963 – I C 247.58). Für eine Versagung der Zustimmung nach § 25 Absatz 2 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen reicht hingegen nicht die erkennbare Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Verkehrsablaufs, sondern es muss eine Prüfung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls erfolgen (vgl. OVG NRW, Urt. v. 23.6.1994 – 23 A 4027/92).

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren

Die Gemeinde beabsichtigt in ihrem Flächennutzungsplan Konzentrationszonen mit der Wirkung des § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches darzustellen. Die Voraussetzungen von § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches liegen nur vor, wenn die Gemeinde auf der Grundlage einer Untersuchung des gesamten Plangebietes ein schlüssiges Plankonzept für die Ausweisung von Konzentrationszonen erarbeitet hat. Hierzu müssen alle abwägungserheblichen Belange vollständig ermittelt und gerecht gegeneinander und untereinander gemäß § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches abgewogen werden (siehe Nummer 4.3.1). Zu diesen Belangen zählen auch die verkehrlichen Belange gemäß § 1 Absatz 6 Nummer 9 des Baugesetzbuches. Hierbei ist die Anbauverbotszone gemäß § 9 des Bundesfernstraßengesetzes als hartes Tabukriterium zu werten, da dort die Errichtung einer Windenergieanlage grundsätzlich nicht möglich ist. Ob die Errichtung einer Windenergieanlagen innerhalb der nach § 9 des Bundesfernstraßengesetzes oder § 25 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen beschränkten Bereiche zulässig ist, ist im Aufstellungsverfahren zu prüfen. Hierzu beteiligt die Gemeinde die zuständige Straßenbaubehörde. Aus dem Ergebnis der Prüfung ergibt sich, ob die Beschränkungszone als hartes Tabukriterium zu werten ist. Dies ist dann der Fall, wenn an Bundesfernstraßen die erkennbare Möglichkeit einer Beeinträchtigung beziehungsweise an Landesstraßen und Kreisstraßen eine konkrete Beeinträchtigung der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs zu erwarten ist oder Ausbauabsichten sowie Straßenbaugestaltung dies erfordern.

Stellt die zuständige Straßenbaubehörde eine Genehmigung für die Errichtung von Windenergieanlagen im Bereich der Anbaubeschränkung in Aussicht, stellt die Beschränkungszone kein hartes Tabukriterium dar.

b) Genehmigungsverfahren

Für die Anwendung des Straßenrechts im Genehmigungsverfahren sind grundsätzlich zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden.

Gemeinden ohne Konzentrationszonen: In diesem Fall sind die Belange des Straßenrechts im Rahmen der Genehmigung einzelfallbezogen zu prüfen. Innerhalb der Anbauverbots- und der Anbaubeschränkungszone von Bundesfernstraßen können im Regelfall keine Windenergieanlagen errichtet werden.

Gemeinden mit Konzentrationszonen: Eine positive Standortzuweisung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches setzt voraus, dass sich die Planung als vollzugsfähig erweist und dass ihr auf unabsehbare Zeit keine unüberwindbaren rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse im Wege stehen (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01). Innerhalb einer im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone dürfen die Belange des § 35 Absatz 3 Satz 1 des Baugesetzbuches, die bereits im Rahmen der Planung abschließend abgewogen worden sind, bei der Entscheidung über die Zulassung einer Windenergieanlage nicht wieder als Genehmigungshindernis aktiviert werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.5.2010 – 4 C 7/09). Entgegenstehende öffentliche Belange werden deswegen für Windenergieanlagen in Konzentrationszonen nur relevant, soweit sie auf Ebene der Bauleitplanung noch nicht abschließend berücksichtigt wurden.

Es ist von daher nicht zielführend, wenn im Genehmigungsverfahren einer Windenergieanlage eine straßenrechtliche Genehmigung nicht erteilt werden kann, obwohl die zuständige Straßenbaubehörde im Planverfahren beteiligt worden ist und sie gegen die Planung keine Bedenken geltend gemacht hat.

An Landes- und Kreisstraßen ist zu prüfen, ob möglichen Beeinträchtigungen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs im Einzelfall durch die Beifügung von Nebenbestimmungen angemessen begegnet werden kann (OVG NRW, Urteil v. 28.8.2008 – 8 A 2138/06). Im Übrigen wird auf den Gemeinsamen Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr und des Ministeriums für Bauen und Wohnen „Zusammenarbeit der Straßenbaubehörden und der Bauaufsichtsbehörden bei Anbauvorhaben an Straßen des überörtlichen Verkehrs (Anbauerlass)„ vom 4. Februar 1997 (SMBl. NRW. 911) verwiesen.

Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Straßenverkehr durch Windenergieanlagen (z.B. durch Brand, Eiswurf) ist auszuschließen. Dafür wird der Rückgriff auf technische Lösungen empfohlen. Andernfalls sind Abstände gemäß Nummer 5.2.3.5 (vgl. Nummer 2 der dort genannten Anlage 2.7/12 der LTB) von klassifizierten Straßen einzuhalten.

8.2.6
Luftverkehrsrecht

Die Bauschutzbereiche nach dem Luftverkehrsgesetz dienen der Hindernisüberwachung für Flugplätze. Diese bedeuten nicht, dass grundsätzlich nicht gebaut werden darf, sondern nur, dass die Errichtung von Bauwerken in diesen Bereichen unter einem Genehmigungsvorbehalt steht beziehungsweise eine Genehmigung nur mit Zustimmung durch die zuständige Luftfahrtbehörde erteilt werden darf. Es werden zwei Bauschutzbereiche unterschieden:

– der „große“ Bauschutzbereich nach § 12 des Luftverkehrsgesetzes sowie

– der beschränkte („kleine“) Bauschutzbereich nach § 17 des Luftverkehrsgesetzes.

Ein weiteres Zustimmungserfordernis ergibt sich bei Bauwerken außerhalb von Bauschutzbereichen, die eine im § 14 des Luftverkehrsgesetzes definierte Höhe überschreiten.

Nach § 18a Absatz 1 Satz 1 des Luftverkehrsgesetzes dürfen Windenergieanlagen nicht errichtet werden, wenn dadurch Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können. Damit können in Anlagenschutzbereichen für Flugsicherungseinrichtungen – wie beispielsweise Radaranlagen – Baubeschränkungen nach § 18a des Luftverkehrsgesetzes bestehen (siehe hierzu Interaktive Karte der Anlagenschutzbereiche http://www.anlagenschutz.baf.bund.de/mapapps/resources/apps/anlagenschutz_v2/index.html?lang=de). Ob eine Störung vorliegt, entscheidet das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) aufgrund einer gutachterlichen Stellungnahme der Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) (§ 18a Absatz1 Satz 2 LuftVG, vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 22.1.2015 – 12 ME 39/14).

Die allgemeinen baurechtlichen Vorschriften, zu denen auch das Gebot gehört, mit Vorhaben im Außenbereich auf den luftverkehrsrechtlich genehmigten Betrieb eines Segelfluggeländes Rücksicht zu nehmen, werden nicht durch vorrangige Regelungen des Luftverkehrsgesetzes verdrängt (BVerwG, Urt. v. 18.11.2004 – 4 C 1.04). Dies betrifft alle Flugplätze im Sinn des § 6 Absatz 1 Satz 1 des Luftverkehrsgesetzes, deren hindernisfreier Betrieb nicht über einen (beschränkten) Bauschutzbereich im Sinn der §§ 12 und 17 des Luftverkehrsgesetzes gesichert wird. Wenn ein bauliches Vorhaben nämlich den Betrieb eines Flugplatzes gefährdet, obwohl es keinem luftverkehrsrechtlichen Zustimmungs- oder Genehmigungsvorbehalt unterliegt, kann das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme auch zugunsten von Flugplätzen eine eigenständige Bedeutung entfalten (BVerwG, a.a.O.).

Die frühzeitige Einbindung der zuständigen Luftfahrtbehörden zur Beurteilung der möglichen Auswirkungen von Windenergieanlagen auf die Sicherheit des Luftverkehrs ist insbesondere dann geboten, wenn in der Umgebung von Flugplätzen – ohne (beschränkten) Bauschutzbereich – beziehungsweise in der Umgebung von Flugsicherungseinrichtungen die Errichtung einzelner, evtl. zu einem schon vorhandenen Bestand hinzutretender, Windenergieanlagen zu einer Hindernisverdichtung führen kann. Eine Hindernisverdichtung kann sich zum Beispiel durch einen Wandeffekt mehrerer konzentrierter Windenergieanlagen zum Beispiel im Bereich des Platzrundenverlaufs beim Verkehr nach Sichtflugregeln nachteilig auf die Sicherheit des Luftverkehrs auswirken. Die konkrete Gefahr für den Luftverkehr ist im Einzelfall darzulegen. Dabei ist die Anforderung an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringer, je größer der zu befürchtende Schaden ist. Zuständig für die Darlegung der Gefahr ist die Luftfahrtbehörde.

Gemäß § 16a des Luftverkehrsgesetzes sind Windenergieanlagen, auch wenn sie die nach § 14 des Luftverkehrsgesetzes zulässige Höhe nicht überschreiten, in geeigneter Weise zu kennzeichnen, soweit dies zur Sicherheit des Luftverkehrs erforderlich ist. Über die Notwendigkeit und die Art der Kennzeichnung hat die zuständige Luftfahrtbehörde zu entscheiden (s. auch Nummer 4.3.7).

Für die bauordnungsrechtliche Überwachung der Einhaltung derjenigen Auflagen, die die Luftverkehrsbehörde im Genehmigungsverfahren zur Sicherstellung der Luftverkehrssicherheit gefordert hat, sind gemäß § 61 der Landesbauordnung die Bauaufsichtsbehörden zuständig.

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren

Die Gemeinde beabsichtigt in ihrem Flächennutzungsplan Konzentrationszonen mit der Wirkung des § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches darzustellen. Die Voraussetzungen von § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches liegen nur vor, wenn die Gemeinde auf der Grundlage einer Untersuchung des gesamten Plangebietes ein schlüssiges Plankonzept für die Ausweisung von Konzentrationszonen erarbeitet hat. Hierzu müssen alle abwägungserheblichen Belange vollständig ermittelt und gerecht gegeneinander und untereinander gemäß § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches abgewogen werden (siehe Nummer 4.3.1).

Ob die Errichtung von Windenergieanlagen innerhalb eines Bauschutzbereichs gemäß § 12 oder § 17 des Luftverkehrsgesetzes, die Errichtung von Windenergieanlagen mit geplanten Anlagenhöhen oberhalb der Höhen gemäß § 14 des Luftverkehrsgesetzes und/oder innerhalb eines Anlagenschutzbereichs nach § 18 a des Luftverkehrsgesetzes grundsätzlich zulässig ist, ist bereits im Aufstellungsverfahren zu prüfen:

– Prüfung inner- und außerhalb der Bauschutzbereiche gemäß der §§ 12, 17 beziehungsweise 14 des Luftverkehrsgesetzes:

Hierzu beteiligt die Gemeinde im Planverfahren die zuständige Luftfahrtbehörde. Aus dem Ergebnis dieser Prüfung ergibt sich, ob der Bauschutzbereich und darüber hinaus gehende Bereiche (Bauwerkbeschränkungen) als hartes Tabukriterium zu werten sind. Stellt die zuständige Luftfahrtbehörde eine Zustimmung für die Errichtung von Windenergieanlagen im Bereich der Bauschutzbereiche in Aussicht, stellt der Bauschutzbereich kein hartes Tabukriterium dar.

– Prüfung innerhalb der Anlagenschutzbereiche nach § 18a des Luftverkehrsgesetzes:

Entscheidungen, ob die Errichtung einer Windenergieanlage Flugsicherungseinrichtungen nach § 18a des Luftverkehrsgesetzes stört, basieren immer auf Einzelfallprüfungen konkreter Windenergieanlagen durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung auf Basis einer gutachterlichen Stellungnahme der Deutsche Flugsicherung GmbH und berücksichtigen im Wesentlichen konkrete Angaben zum Standort, Art und Größe der Windenergieanlagen. Ausschlaggebend für eine planerisch belastbare Entscheidung durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung ist damit der Zeitpunkt der Antragsstellung der konkreten Windenergieanlage.

Gemeinden, deren Plangebiet nicht von Anlagenschutzbereichen betroffen ist, müssen sich mit diesem Belang nicht beschäftigen. Ist das Plangebiet nur in geringem Umfang von Anlagenschutzbereichen betroffen, kann die Gemeinde diese Flächen zur vorsorglichen Konfliktvermeidung als weiche Tabuzonen ausschließen. Sind maßgebliche Flächenanteile der Gemeinde von Anlagenschutzbereichen betroffen, kann die Gemeinde auf der Ebene der Einzelfallbewertung der nach Ausschluss der anderen pauschalen Tabukriterien verbleibenden Potenzialflächen eine prognostische Einschätzung über die voraussichtliche Konfliktintensität der Potenzialflächen in Hinsicht auf die Flugsicherheitseinrichtungen vornehmen. Maßgebliche Kriterien hierfür sind die Entfernung der Fläche von der Flugsicherheitseinrichtung und die geschätzte Zahl der auf der Fläche möglichen Windenergieanlagen. Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) geht davon aus, dass bei Projekten mit weniger als 6 Windenergieanlagen in der Regel keine Probleme bestehen, wenn sie mehr als 10 km von der VOR- oder DVOR-Anlagen beziehungsweise mehr als 6 km von einem Peiler (DF) entfernt liegen (siehe ICAO EUR Doc 15, 2. Ausgabe, 2009).

b) Genehmigungsverfahren

Für die Anwendung des Luftverkehrsrechts im Genehmigungsverfahren sind grundsätzlich zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden.

Gemeinden ohne Konzentrationszonen: In diesem Fall sind die Belange des Luftfahrtrechts im Rahmen der Genehmigung einzelfallbezogen zu prüfen.

Gemeinden mit Konzentrationszonen: Eine positive Standortzuweisung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches setzt voraus, dass sich die Planung als vollzugsfähig erweist und dass ihr auf unabsehbare Zeit keine unüberwindbaren rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse im Wege stehen (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01). Innerhalb einer im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone dürfen die Belange des § 35 Absatz 3 Satz 1 des Baugesetzbuches, die bereits im Rahmen der Planung abschließend abgewogen worden sind, bei der Entscheidung über die Zulassung einer Windenergieanlage nicht wieder als Genehmigungshindernis aktiviert werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.05.2010 – 4 C 7/09). Entgegenstehende öffentliche Belange werden deswegen für Windenergieanlagen in Konzentrationszonen nur relevant, soweit sie auf Ebene der Bauleitplanung noch nicht abschließend berücksichtigt wurden.

Im Genehmigungsverfahren ist stets eine einzelfallbezogene luftverkehrsrechtliche Prüfung nach den §§ 12, 14, 17 und 18a des Luftverkehrsgesetzes erforderlich, sofern der jeweilige Anwendungsbereich dieser Regelungen eröffnet ist.

Bei den Regelungen der §§ 12, 14 und 17 des Luftverkehrsgesetzes handelt es sich um formelle verwaltungsinterne Zustimmungen der zuständigen Luftfahrtbehörde, die die Genehmigungsbehörde nicht überstimmen darf.

8.2.7
Wasserstraßenrecht

Einer strom- und schifffahrtspolizeilichen Genehmigung des Wasser- und Schifffahrtsamtes bedürfen gemäß § 31 Absatz 1 des Bundeswasserstraßengesetzes (WaStrG)

1. Benutzungen (§ 9 WHG) einer Bundeswasserstraße,

2. die Errichtung, die Veränderung und der Betrieb von Anlagen einschließlich des Verlegens, der Veränderung und des Betriebs von Seekabeln in, über oder unter einer Bundeswasserstraße oder an ihrem Ufer,

wenn durch die beabsichtigte Maßnahme eine Beeinträchtigung des für die Schifffahrt erforderlichen Zustandes der Bundeswasserstraße oder der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu erwarten ist.

Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:

a) Planungsverfahren

Die Gemeinde beabsichtigt in ihrem Flächennutzungsplan Konzentrationszonen mit der Wirkung des § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches darzustellen. Die Voraussetzungen von § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches liegen nur vor, wenn die Gemeinde auf der Grundlage einer Untersuchung des gesamten Plangebietes ein schlüssiges Plankonzept für die Ausweisung von Konzentrationszonen erarbeitet hat. Hierzu müssen alle abwägungserheblichen Belange vollständig ermittelt und gerecht gegeneinander und untereinander gemäß § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches abgewogen werden (siehe Nummer 4.3.1).

Ob die Errichtung einer Windenergieanlage an den Ufern einer Bundeswasserstraße grundsätzlich zulässig ist, ist bereits im Aufstellungsverfahren zu prüfen. Hierzu beteiligt die Gemeinde das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt. Aus dem Ergebnis der Prüfung ergibt sich, ob und in welchem Umfang das Ufer einer Bundeswasserstraße als hartes Tabukriterium zu werten ist.

Stellt das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt eine Genehmigung für die Errichtung von Windenergieanlagen am Ufer einer Bundeswasserstraße in Aussicht, stellt die Uferzone der Bundeswasserstraße kein hartes Tabukriterium dar.

b) Genehmigungsverfahren

Für die Anwendung des Wasserstraßenrechts im Genehmigungsverfahren sind grundsätzlich zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden.

Gemeinden ohne Konzentrationszonen: In diesem Fall sind die Belange des Wasserstraßenrechts im Rahmen der Genehmigung einzelfallbezogen zu prüfen.

Gemeinden mit Konzentrationszonen: Eine positive Standortzuweisung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches setzt voraus, dass sich die Planung als vollzugsfähig erweist und dass ihr auf unabsehbare Zeit keine unüberwindbaren rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse im Wege stehen (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15/01). Innerhalb einer im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone dürfen die Belange des § 35 Absatz 3 Satz 1 des Baugesetzbuches, die bereits im Rahmen der Planung abschließend abgewogen worden sind, bei der Entscheidung über die Zulassung einer Windenergieanlage nicht wieder als Genehmigungshindernis aktiviert werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.5.2010 – 4 C 7/09). Entgegenstehende öffentliche Belange werden deswegen für Windenergieanlagen in Konzentrationszonen nur relevant, soweit sie auf Ebene der Bauleitplanung noch nicht abschließend berücksichtigt wurden.

Es ist von daher nicht zielführend, wenn im Genehmigungsverfahren für eine Windenergieanlage eine wasserstraßenrechtliche Genehmigung nicht erteilt werden kann, obwohl das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt im Planverfahren beteiligt worden ist und es gegen die Planung keine Bedenken geltend gemacht hat.

8.2.8
Militärische Anlagen

Windenergieanlagen können wegen ihrer Auswirkungen insbesondere auf militärische funk- und radartechnische Einrichtungen wie auch die Flugsicherheit militärische Interessen berühren oder beeinträchtigen. Das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) ist als Träger öffentlicher Belange im Planverfahren und Genehmigungsverfahren zur Errichtung von Windenergieanlagen zwingend zu beteiligen. Die Bundeswehr unterstützt den Ausbau erneuerbarer Energien, soweit militärische Belange dem nicht entgegenstehen.

Militärische Interessen können insbesondere berührt oder beeinträchtigt sein, wenn

– Windenergieanlagen innerhalb des Zuständigkeitsbereiches gemäß § 18a des Luftverkehrsgesetzes militärischer Flugplätze errichtet werden sollen,

– der Interessenbereich von Luftverteidigungsanlagen berührt wird,

– militärische Funksysteme berührt werden,

– Hubschraubertiefflugstrecken berührt sind,

– Windenergieanlagen innerhalb oder in der Nähe der Schutzbereiche militärischer Anlagen errichtet werden sollen.

Militärisch genutzte Flughäfen befinden sich in Nordrhein-Westfalen in Nörvenich, Geilenkirchen und Rheine-Bentlage. Teile der Zuständigkeitsbereiche der militärisch genutzten Flughäfen in Bückeburg (Niedersachsen), Fritzlar (Hessen) und Spangdahlem (Rheinland-Pfalz) ragen auf Nordrhein-Westfalen-Gebiet und müssen daher ebenfalls betrachtet werden. Die militärischen Zuständigkeitsbereiche sind online beim Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (http://www.baf.bund.de/DE/Home/home_node.html) abgebildet.

Bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen sind neben den zivilen Belangen auch Belange des militärischen Flugbetriebs zu beachten. Neben der Zuständigkeit nach § 30 Absatz 2 des Luftverkehrsgesetzes für Windenergieanlagen, die innerhalb von Bauschutzbereichen militärischer Flugplätze geplant werden, muss die Bundeswehr zusätzlich ihre verfassungsgemäße Aufgabenwahrnehmung sicherstellen. Dies schließt den Betrieb der Hubschraubertiefflugstrecken, die Nutzung der Sonderlufträume für militärischen Übungsflugbetrieb sowie die Luftraumüberwachung (Flugsicherung und Luftverteidigung) mit ein.

Durch den Betrieb von Windenergieanlagen kann es im Erfassungsbereich der Flugsicherungsanlagen zu Einschränkungen der Radarabdeckung des Luftraums kommen. Dabei können zum Beispiel Positionsungenauigkeiten der Flugzieldarstellung und temporäre Verluste von Flugzielen auftreten. Ob und in welchem Umfang eine Störung auftritt, ist unter anderem abhängig von der Art der Radaranlage und ihrer technischen Auslegung, der Entfernung zu einer Windenergieanlage, der Höhe, der Größe, der Bauart und der Anzahl der Windenergieanlagen sowie von topographischen Gegebenheiten und Wetterlagen. Aufgrund dieses Störpotentials müssen alle geplanten Windenergieanlagen innerhalb militärischer Zuständigkeitsbereiche daher geprüft und hinsichtlich der Hinnehmbarkeit der Störung beurteilt werden.

Die Radaranlagen der Luftverteidigung werden im Rahmen der Bündnisverpflichtungen betrieben und sind daher von besonderer Bedeutung.

Windenergieanlagen können die dem Zentrum Luftoperationen (ZLO) unterstellten Radaranlagen der Luftverteidigung beeinträchtigen, wenn sie mit ihren dämpfungs- und verschattungswirksamen Anteilen (Turm, Gondel, Rotorblattwurzel – etwa unteres Drittel des Rotorblatts) in den Erfassungsbereich der Radaranlagen hineinragen.

Das generierte Störpotential einer Windenergieanlage entsteht aufgrund deren Nabenanhöhe, Größe und Form der Gondel, Höhe des Standortes in Relation zur Radaranlage. Das Störpotential von zwei oder mehr Windenergieanlagen in einem Gebiet kann aufgrund von drohenden Wechselwirkungen zwischen den Windenergieanlagen noch anwachsen.

Aufgrund ihres unterschiedlich hohen Störpotentials müssen alle geplanten Windenergieanlagen, die in den Erfassungsbereich der Radaranlage hineinragen daher geprüft und hinsichtlich der Hinnehmbarkeit der Störung beurteilt werden.

Der Schutzbereich der Radaranlage der Luftverteidigung erstreckt sich auf die ersten 5 Kilometer um jede Anlage. Innerhalb dieses Schutzbereichs nach dem Schutzbereichsgesetz sind nur Bauten erlaubt, die nicht in den Erfassungsbereich der Radaranlage hineinragen.

Das sich anschließende Interessengebiet erstreckt sich im Umkreis von 5 bis 50 Kilometer zur jeweiligen Anlage. In diesem Gebiet werden Bauvorhaben im Einzelfall durch Fachdienststellen der Bundeswehr geprüft und können bei Bedarf mit dem Bauträger abgesprochen werden.

Radaranlagen der Luftverteidigung in Nordrhein-Westfalen sind:

– LV Auenhausen,

– LV Erndtebrück,

– LV Marienbaum.

Je nach Stellungnahme der Bundeswehr im Rahmen des Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplanes muss die planende Gemeinde bewerten, ob die entsprechenden Bereiche als harte Tabuzonen einzuordnen sind. In den Fällen, in denen eine Windenergienutzung grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist, kann sie jedoch nicht von einer harten Tabuzone ausgehen. Zur Absicherung ihrer Planungsentscheidung kann der Gemeinde empfohlen werden, die Bundeswehr um eine (unverbindliche) Vorprüfung anhand von Beispielanlagen mit konkreten Angaben zu Standort, Art und Höhe der Anlagen zu bitten. Hierbei ist zu beachten, dass mit wachsender Zeit zwischen Vorprüfung und Genehmigungsverfahren die Aussagekraft der Vorprüfung abnimmt.

In welchem Umfang die Belange der Bundeswehr im Einzelnen betroffen sind, kann erst festgestellt werden, wenn die Daten über die Anzahl, den Typus, die Nabenhöhe, den Rotordurchmesser, die Höhe über Grund, die Höhe über Normal-Null und die genauen Koordinaten der zu errichtenden Windenergieanlagen vorliegen. Nur dann kann im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung, in Rücksprache mit den zu beteiligenden militärischen Fachdienststellen eine dezidierte Stellungnahme abgegeben werden.

Um eine schnelle Bearbeitung von Anträgen unter Einbeziehung aller in Frage kommenden Fachdienststellen zu gewährleisten, sind alle Anträge sowie Anfragen an das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, Fontainengraben 200, 53123 Bonn (E-Mail: baiudbwtoeb@bundeswehr.org) zu richten.

8.2.9
Flurbereinigung

Für Flächen, die in ein laufendes Flurbereinigungsverfahren einbezogen sind, besteht bis zur Unanfechtbarkeit des Flurbereinigungsgesetzes eine Veränderungssperre nach § 34 des Flurbereinigungsgesetzes. Somit ist vor der Errichtung einer Windenergieanlage die Zustimmung der zuständigen Flurbereinigungsbehörde einzuholen. Soweit die Windenergieanlage immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig ist, wird diese Zustimmung in die immissionsschutzrechtliche Genehmigung eingeschlossen. Die jeweilige Bezirksregierung wird als Flurbereinigungsbehörde im Genehmigungsverfahren beteiligt. Soweit es sich um eine baugenehmigungsbedürftige Windenergieanlage handelt, ist die Zustimmung dabei zusätzlich zu der erteilten Baugenehmigung notwendig und wird durch diese nicht entbehrlich.

8.2.10
Stromnetze

Der Ausbau der Windenergie und der Abtransport des erzeugten Stroms zu den Verbrauchszentren bedingen einander. Über 95Prozent des Stroms aus Windenergieanlagen wird dabei zunächst auf der Verteilnetzebene eingespeist. Für den großräumigen Transport ist ein Aus- und Umbau der Übertragungsnetze erforderlich. Es ist daher unumgänglich, dass bei der Planung- und Genehmigung von Windenergieanlagen sowohl rechtzeitig auf den Netzanschluss des jeweiligen Projekts als auch auf die Vereinbarkeit mit den örtlich vorhandenen oder in Planung befindlichen Stromleitungen und mit diesen zusammenhängenden Einrichtungen (z.B. Umspannanlagen) geachtet wird.

Stromleitungen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt oder mehr werden durch Planfeststellungsbeschluss nach den §§ 43ff. des Energiewirtschaftsgesetzes zugelassen. Dieser kann auch Nebenanlagen wie Umspannwerke mit umfassen. Mit der Planfeststellung wird anhand technischer Regelwerke auf der Grundlage der Antragsunterlagen ein Schutzstreifen festgelegt, der grundsätzlich von anderer Bebauung freizuhalten ist. Andere Vorhaben können mit Zustimmung des Netzbetreibers zugelassen werden. Die Zustimmung zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Schutzstreifen kann in der Regel nicht erteilt werden.

Als Mindeststandard gilt daher für Freileitungen aller Spannungsebenen, dass auch bei ungünstiger Stellung des Rotors die Blattspitze nicht in den planfestgestellten Schutzstreifen der Freileitung ragen darf.

In planfestgestellten Schutzstreifen von Erdkabeltrassen ist ein Fundamentstandort einer Windenergieanlage in der Regel nicht zulässig. Es besteht aber keine vergleichbare Gefahr durch Rotorblätter wie für die Leiterseile bei Freileitungen. Denkbar erscheinen beispielsweise Windenergieanlagen mit Fundamenten außerhalb des Schutzstreifens, deren Rotorblätter in den Schutzstreifen von Erdkabeln hineinreichen. Die Zustimmungsfähigkeit ist stets im Einzelfall zu prüfen.

Über die Freihaltung des Schutzstreifens hinausgehend stellt sich die Frage des Abstandes von Windenergieanlagen zu Freileitungen selbst. Es wird empfohlen, dafür den neuen technischen Standard in DIN EN 50341-2-4 (VDE 0210-2) heranzuziehen.

a) Planungsverfahren

Da eine Windenergienutzung in Schutzstreifen von Freileitungen und mit diesen zusammenhängenden Einrichtungen nicht möglich ist, sind die Schutzstreifen im Rahmen von Planungsverfahren für Windenergieanlagen als sogenannte harte Tabuzonen anzusehen.

Da Fundamentstandorte von Windenergieanlagen in Schutzstreifen von Erdkabelleitungen und mit diesen zusammenhängenden Einrichtungen nicht möglich sind, muss dies bei der Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung beachtet werden. Dabei ist die Nutzung des Luftraums über dem Schutzstreifen durch den Rotor einer Windenergieanlage grundsätzlich möglich, soweit der Planfeststellungsbeschluss nicht den Luftraum über dem Schutzstreifen schützt, so dass der Schutzstreifen nicht als sogenannte harte Tabuzone von jeglicher Windenergienutzung freigehalten werden muss. Ob im Rahmen einer Konzentrationszonenausweisung Rotorblätter von Windenergieanlagen in den Schutzstreifen einer Erdkabeltrasse hereinragen können, ist von der planenden Gemeinde unter Abfrage des Netzbetreibers und der für das Erdkabel zuständigen Planfeststellungsbehörde zu klären.

Bei Leitungsbauvorhaben, die der Planfeststellung nach §§ 43ff. des Energiewirtschaftsgesetzes unterliegen, tritt nach § 44a des Energiewirtschaftsgesetzes mit öffentlicher Auslegung der Planunterlagen von Gesetzes wegen eine Veränderungssperre ein. Bei Leitungsbauvorhaben, die der Bundesfachplanung nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) unterliegen, kann die Bundesnetzagentur nach § 16 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes mit Abschluss des Bundesfachplanungsverfahrens eine Veränderungssperre anordnen. Derartige Veränderungssperren sind bei der Planung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen zu beachten.

Soweit die entsprechenden Pläne in Aufstellung befindlich sind, so sind sie im Rahmen der Planung zu berücksichtigen, damit nicht Netzausbaumöglichkeiten und Trassenalternativen einschließlich zugehöriger Nebenanlagen vorzeitig entfallen. Dies gilt insbesondere für Trassen und dazugehörige Nebenanlagen zur Umsetzung der gesetzlichen Bedarfskataloge des Energieleitungsausbaugesetzes und des Bundesbedarfsplangesetzes.

Im Hinblick auf eine frühzeitige Konfliktvermeidung zwischen Windenergieausbau und Netzausbau samt Nebenanlagen kann die planende Gemeinde bei Bundesnetzagentur oder Netzbetreiber Informationen über den Planungsstand und den Belang des Netzausbaus samt Nebenanlagenumbau erfragen.

b) Genehmigungsverfahren

Der Rotor einer Windenergieanlage darf nicht in den Schutzstreifen einer Freileitung hineinragen. Ob Rotorblätter von Windenergieanlagen in den Schutzstreifen einer Erdkabeltrasse hereinragen können, ist von der Genehmigungsbehörde unter Abfrage der Zustimmung des Netzbetreibers und der Planfeststellungsbehörde zu klären.

Wie in Planungsverfahren sind auch in Genehmigungsverfahren bestehende Veränderungssperren und in Aufstellung befindliche Pläne nach obigen Maßgaben zu beachten beziehungsweise zu berücksichtigen.

8.2.11
Rohrfernleitungen

Windenergieanlagen können im Nutzungskonflikt mit Rohrfernleitungen stehen. In der gemäß § 20 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlichen Planfeststellung oder Plangenehmigung oder einer nach § 4a der Rohrfernleitungsverordnung (RohrFLtgV) erforderlichen Anzeige für die Errichtung und den Betrieb einer Rohrfernleitungsanlage wird auf Grundlage der Antrags- oder Anzeigeunterlagen jedenfalls ein Schutzstreifen (je nach Nennweite 4 bis mindestens 10 Meter) nach Nummer 3.3.5 der Technischen Regel für Rohrfernleitungsanlagen (TRFL) festgelegt. Sollte keine Zulassung vorliegen, sind die Vorgaben nach § 3 Absatz 2 der Rohrfernleitungsverordnung in Verbindung mit Teil 1 Nummer 3.3.5 der Technischen Regel für Rohrfernleitungsanlagen als fachliche Aussagen über die Schutzbedürftigkeit dennoch zu beachten. Dabei schützt der Schutzstreifen nach Nummer 3.3.5 der Technischen Regel für Rohrfernleitungsanlagen die Leitung nicht vor Gefahren aus der Luft. Aber auch diese sind fachlich zu bewerten, sollte die Zulassung eine diesbezügliche Regelung enthalten.

a) Planungsverfahren

Im Planungsverfahren sind die oben genannten Vorgaben zwingend zu beachten, wenn sie in einer Zulassung geregelt sind. Je nach Art des geregelten Schutzstreifens ist der Bau eines Fundaments einer Windenergieanlage oder auch eines überlagernden Rotorblatts nicht zulässig. Besteht keine Regelung in der Zulassung, sind die oben genannten Vorgaben bei der Planung zu beachten. Die Schutzbedürftigkeit ist abhängig von der Rohrfernleitung und den Eigenschaften des transportierten Stoffes.

Da der Schutzstreifen nach Nummer 3.3.5 der der Technischen Regel für Rohrfernleitungsanlagen nicht den Schutz vor Gefahren aus dem Luftraum regelt, muss, soweit der Planfeststellungsbeschluss nicht den Luftraum über einen Schutzstreifen schützt, die Frage eines auf Zulassungsebene der Windenergienutzung entgegenstehenden Belangs, der für die Umsetzbarkeit der Planung maßgeblich ist, unter Beteiligung des Rohrfernleitungsbetreibers und der für die Rohrfernleitungsanlage zuständigen Behörde geklärt werden.

Rohrfernleitungen und ihr Schutzstreifen nach Nummer 3.3.5 der Technischen Regel für Rohrfernleitungsanlagen können nach Maßgabe des Planfeststellungsbeschlusses in Konzentrationszonen integriert werden.

Neben dem Ausbau der Stromnetze erfolgt auch ein Ausbau der Fernleitungsnetze. Soweit die entsprechenden Pläne in Aufstellung befindlich sind, so sind sie im Rahmen der Planung zu berücksichtigen, damit nicht Netzausbaumöglichkeiten und Trassenalternativen einschließlich zugehöriger Nebenanlagen vorzeitig entfallen. Dies gilt insbesondere für Trassen und dazugehörige Nebenanlagen zur Umsetzung der nationalen und europäischen Bedarfskataloge. Im Hinblick auf eine frühzeitige Konfliktvermeidung zwischen Windenergieausbau und Fernleitungsausbau samt Nebenanlagen kann die planende Gemeinde bei Bundesnetzagentur oder Fernleitungsbetreiber Informationen über den Planungsstand und den Belang des Fernleitungsausbaus samt Nebenanlagenumbau erfragen.

b) Genehmigungsverfahren

Im Genehmigungsverfahren sind die oben genannten Ausführungen ebenfalls einschlägig.

8.2.12
Geologischer Dienst

Windenergieanlagen können im Nutzungskonflikt mit Messstationen des Geologischen Dienstes stehen. Der Geologische Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen ist zuständig für die Erdbebenüberwachung und die Bewertung der Erdbebengefährdung in Nordrhein-Westfalen. Zudem ist in Nordrhein-Westfalen ein Erdbebenalarmsystem als Maßnahme der Gefahrenabwehr und des Katastrophenschutzes eingerichtet.

In Planungs- und Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen ist der Geologische Dienst diesbezüglich in einem Umkreis von 10 Kilometern um die auf der Internetseite des Geologischen angegebenen Standorte der Erdbebenmessstationen zwingend zu beteiligen (http://www.gd.nrw.de/gg_erdbebenstationsnetz.htm). Der Geologische Dienst führt eine Einzelfallprüfung durch, ob und inwieweit die beabsichtigte Errichtung und der Betrieb der Windenergieanlage zu Beeinträchtigungen des Betriebs der Erdbebenmessstationen führen kann. Somit besteht im Planungsverfahren für den Geologischen Dienst die Möglichkeit, auf eine eventuelle Beeinträchtigung von Erdbebenmessstationen hinzuweisen und auf das Erfordernis einer Einzelfallprüfung im Genehmigungsverfahren aufmerksam zu machen.

Je nach Stellungnahme des Geologischen Dienstes im Rahmen des Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplanes muss die planende Gemeinde bewerten, ob die entsprechenden Bereiche als harte Tabuzonen einzuordnen sind. In den Fällen, in denen eine Windenergienutzung grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist, kann sie jedoch nicht von einer harten Tabuzone ausgehen. Zur Absicherung ihrer Planungsentscheidung kann der Gemeinde empfohlen werden, den Geologischen Dienst um eine (unverbindliche) Vorprüfung anhand von Beispielanlagen mit konkreten Angaben zu Standort, Art und Höhe der Anlagen zu bitten.

Die Stellungnahme des Geologischen Dienstes ist in Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen zu berücksichtigen.

8.3
Anlagenkataster und Meldepflicht

Die Genehmigungsbehörde hat nach § 3 Absatz 2 des Vermessungs- und Katastergesetzes (VermKatG NRW) die Katasterbehörden über die Erteilung der Genehmigung zu unterrichten.

Die sogenannte ISA-Datenbank (Informationssystem Stoffe und Anlagen) beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz ermöglicht eine Erfassung der Windenergieanlagen. Die Genehmigungsbehörden können ihre Daten in die Datenbank einpflegen.

9
Aufhebung

Der Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr und der Staatskanzlei „Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung (Windenergie-Erlass)“ vom 11. Juli 2011 (MBl. NRW S.  321) wird aufgehoben.

- MBl. NRW. 2016 S. 322