Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2018 Nr. 29 vom 30.11.2018 Seite 625 bis 658

 

Übermittlungssperren gemäß § 41 des Straßenverkehrsgesetzes Runderlass des Ministeriums für Verkehr - III B 2 - 21 - 13/0202 -

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Übermittlungssperren gemäß § 41 des Straßenverkehrsgesetzes

Runderlass des Ministeriums für Verkehr
- III B 2 - 21 - 13/0202 -

Vom 6. November 2018

Für die Anordnung und weitere Bearbeitung von Übermittlungssperren sind nachfolgende Hinweise zu beachten:

I Grundsätze

Die Anordnung von Übermittlungssperren richtet sich nach § 41 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3202) geändert worden ist. Für Daten, die nicht übermittelt werden dürfen, werden gemäß § 33 Absatz 4 des Straßenverkehrsgesetzes in den Fahrzeugregistern Übermittlungssperren gespeichert.

1 Übermittlungssperre gemäß § 41 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes

Die Anordnung von Übermittlungssperren in den Fahrzeugregistern ist zulässig, wenn erhebliche öffentliche Interessen gegen die Offenbarung der Halterdaten bestehen. Das öffentliche Interesse ist in § 41 des Straßenverkehrsgesetzes nicht näher bestimmt. Mangels einer eindeutigen Definition kann die in § 11 Absatz 1 des Bundesmeldegesetzes vom 3. Mai 2013 (BGBl. I S. 1084), das zuletzt durch Artikel 11 Absatz 4 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745) geändert worden ist, enthaltene Begründung herangezogen werden, wonach die Auskunft unter anderem unterbleibt, soweit sie die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sich sonst nachteilig auf das Wohl des Bundes oder eines Landes auswirken würde und deswegen das Interesse der betroffenen Person an der Auskunftserteilung zurücktreten muss. Bei Beschäftigten, die in einem öffentlich-rechtlichen Arbeits- oder Dienstverhältnis stehen, ist von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auszugehen, wenn die Halterin oder der Halter aufgrund der dienstlichen Nutzung eines Privatfahrzeugs oder aufgrund der dienstlichen Tätigkeit besonders gefährdet ist. In diesen Fällen ist auf Antrag der Dienststelle eine Übermittlungssperre nach § 41 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes anzuordnen.

2 Übermittlungssperre gemäß § 41 Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes

Außerdem sind Übermittlungssperren auf Antrag der oder des Betroffenen anzuordnen, wenn glaubhaft gemacht wird, dass durch die Übermittlung schutzwürdige Interessen beeinträchtigt würden.

Von einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen ist auszugehen, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der oder dem Betroffenen oder einer anderen Person bei Erteilung der begehrten Auskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder vergleichbare schutzwürdige Interessen erwachsen kann.

3 Verhältnis der Übermittlungssperren nach § 41 Absatz 1 und 2 des Straßenverkehrsgesetzes

Die Gründe für Übermittlungssperren nach Absatz 1 und 2 schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern können auch in einer Person kumulativ vorliegen. Absatz 1 stellt dabei auf die behördlich motivierte und beantragte Anordnung einer Übermittlungssperre ab. Eine derartige Übermittlungssperre erfolgt dann in der Regel auch gleichzeitig, um den schutzwürdigen Interessen einer oder eines Betroffenen nach Absatz 2 gerecht zu werden.

II. Verfahren

1 Antragstellung

Zu I Nummer 1 Die antragstellende Dienststelle prüft unter Anlegung eines strengen Maßstabs, ob die Gefährdung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters gegeben ist und gegebenenfalls auf Familienangehörige ausgedehnt werden muss. Dazu kann die Erwartung an die Beschäftigten (und die in die Übermittlungssperre einbezogenen Angehörigen) gehören, dass diese die Offenlegung von Halterdaten nicht durch ihre Präsenz in den sozialen Medien selbst veranlassen. Auch die Zuteilung von Wunschkennzeichen mit persönlichen Daten der Betroffenen (insbesondere Initialen) oder sonstige auffällige sowie kurze Kennzeichen dürften dem Zweck der Übermittlungssperre nicht dienlich sein.

Zu I Nummer 2 Die konkrete oder auch abstrakte Gefährdung ist von den Betroffenen glaubhaft zu machen. Eine abstrakte Gefährdungslage ist ein hypothetischer, aber nicht vollkommen unwahrscheinlicher Sachverhalt, der, wenn er tatsächlich eintritt, eine konkrete Gefährdung darstellen würde. Eine solche Gefährdungslage wäre zum Beispiel das Ausspähen einer Zielperson durch extremistische, terroristische oder kriminelle Organisationen oder Personen.

Die Definition der Glaubhaftmachung ist im Straßenverkehrsgesetz nicht enthalten. Allerdings kann unter Zugrundelegung der Anforderungen zur Glaubhaftmachung in den Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Meldegesetzes NRW vom 2. Oktober 1998 (MBl. NRW. S. 1149), die durch Runderlass vom 12. Juli 2002 (MBl. NRW. S. 888) geändert worden sind, ein plausibler, das heißt in sich widerspruchsfreier und nachvollziehbarer Vortrag ohne Beibringung weiterer Beweismittel genügen, wenn nach den Gesamtumständen und der Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die behaupteten Tatsachen gegeben ist. Ansonsten kommen als Mittel der Glaubhaftmachung beispielsweise Zeugenaussagen, Gerichtsurteile oder Anzeigen in Betracht.

Auch für diese Fälle gilt, dass die Betroffenen nicht selbst durch besondere Kennzeichen ihre Identifizierung als Fahrzeughalter ermöglichen.

2 Anordnung der Übermittlungssperre

2.1 Bescheid

Die zuständige Zulassungsbehörde erteilt der Fahrzeughalterin oder dem Fahrzeughalter einen schriftlichen Bescheid über die angeordnete, längstens auf drei Jahre befristete, Übermittlungssperre. Eine weitere Mitteilung, dass die Übermittlungssperre nach Ablauf der Befristung endet, ergeht nicht mehr. Bei weiterem Vorliegen der Voraussetzungen kann auf Antrag entsprechend § 41 Absatz 1 oder Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes die Übermittlungssperre erneut angeordnet werden.

Bei Wegfall der Gründe für die Anordnung der Übermittlungssperre ist die Antragstellerin oder der Antragsteller verpflichtet, die Zulassungsbehörde unverzüglich zu unterrichten.

In den Fällen des § 41 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes ist auch die antragstellende Dienststelle verpflichtet, die Zulassungsbehörde zu unterrichten, wenn das Schutzbedürfnis der Betroffenen entfallen ist.

2.2 Umfang der Übermittlungssperre

Wenn die Antragsprüfung die Anordnung einer Übermittlungssperre ergeben hat, sind sämtliche Fahrzeuge der oder des Betroffenen von der Sperre erfasst.

2.3 Kennzeichen

Mit Ausnahme des Kurzzeitkennzeichens nach § 16a der Fahrzeug-Zulassungsverordnung vom 3. Februar 2011 (BGBl. I S. 139), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 31. Juli 2017 (BGBl. I S. 3090) geändert worden ist, kann eine Übermittlungssperre grundsätzlich für alle Kennzeichenarten angeordnet werden.

Der Umzug in einen anderen Zulassungsbezirk bewirkt keine Aufhebung der Übermittlungssperre. Seit 1. Januar 2015 ist gemäß § 13 Absatz 3 Ziffer 2 Fahrzeug-Zulassungsverordnung die Weiterführung des bisherigen Kennzeichens möglich, wenn die Halterin oder der Halter ihren beziehungsweise seinen Wohnsitz in einen anderen Zulassungsbezirk verlagert. Mit Einführung der 3. Stufe der „internetbasierten Fahrzeugzulassung - i-Kfz“ soll künftig auch auf die Umkennzeichnungspflicht bei einem Halterwechsel verzichtet werden. Es besteht daher keine Notwendigkeit mehr, beim Umzug in einen anderen Zulassungsbezirk die Umkennzeichnung zu fordern. Die Gründe für die Anordnung der Übermittlungssperre müssen weiterhin bestehen und gegebenenfalls bestätigt oder nachgewiesen werden.

Bei der künftig möglichen Kennzeichenmitnahme auch bei Halterwechsel bleiben die Daten der bisherigen zu schützenden Person gesperrt, nicht aber die personenbezogenen Daten der neuen Halterin oder des neuen Halters.

2.4 Unterrichtung des Kraftfahrt-Bundesamtes

Das Kraftfahrt-Bundesamt wird gemäß § 43 Absatz 2 Fahrzeug-Zulassungsverordnung von den Zulassungsbehörden über die Anordnung, Änderung oder Aufhebung von Übermittlungssperren gegenüber Dritten unterrichtet und berichtigt den Datenbestand im Zentralen Fahrzeugregister entsprechend.

2.5 Gebühr

Die Anordnung der Übermittlungssperre für Beschäftigte in einem öffentlich-rechtlichen Arbeits- oder Dienstverhältnis ist gebührenfrei, unabhängig davon, ob es sich um eine Übermittlungssperre nach § 41 Absatz 1 oder Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes handelt.

In den anderen Fällen der Anordnung einer Übermittlungssperre nach I Nummer 2 ist eine Gebühr nach Ziffer 254 „Sonstige Anordnungen nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz, der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, der Fahrzeug-Zulassungsverordnung, der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung, der Fahrerlaubnis-Verordnung“ der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 25. Januar 2011 (BGBl. I S. 98), die zuletzt durch Artikel 6 der Verordnung vom 2. Januar 2018 (BGBl. I S. 2) geändert worden ist, zu erheben.

3 Auskunftsersuchen bei angeordneter Übermittlungssperre

Gemäß § 41 Absatz 3 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes ist die Übermittlung trotz bestehender Sperre im Einzelfall zulässig, wenn an der Kenntnis der gesperrten Daten ein überwiegendes öffentliches Interesse, insbesondere an der Verfolgung von Straftaten besteht. Bei der Güterabwägung im Einzelfall sind die Bedeutung des betroffenen öffentlichen Gutes auf der einen Seite und der Schutzzweck der Übermittlungssperre auf der anderen Seite zu berücksichtigen.

Unabhängig von der anfragenden Stelle ist vor der Übermittlung gesperrter Daten der Fahrzeughalterin oder dem Fahrzeughalter Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, es sei denn, die Anhörung würde dem Zweck der Übermittlung zuwiderlaufen. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass bei angeordneter Übermittlungssperre bestimmte öffentliche Stellen wie Polizei, Staatsanwaltschaft, Bußgeldbehörden oder Gerichte einen Auskunftsanspruch ohne vorherige Anhörung der Betroffenen haben. Nach obergerichtlicher Rechtsprechung findet eine teilweise Übermittlungssperre, von der bestimmte öffentliche Stellen vorab generell ausgenommen werden, keine Rechtsgrundlage in § 41 des Straßenverkehrsgesetzes (OVG Lüneburg, Beschluss vom 20. September 2016 – 12 ME 122/16 -,juris).

Werden Bedenken erhoben, ist über die Datenübermittlung trotz bestehender Sperre nach § 41 Absatz 3 und 4 des Straßenverkehrsgesetzes zu entscheiden.

Die Anhörung gemäß § 41 Absatz 3 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes ist grundsätzlich der oder dem Betroffenen unmittelbar zuzusenden. Lediglich in den Fällen, in denen die antragstellende Dienststelle bei der Beantragung von Übermittlungssperren entsprechende Einverständniserklärungen der Betroffenen vorlegt, kann die Anhörung statt dessen an die Dienststelle gesandt werden.

III Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieser Erlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und mit Datum vom 31. Dezember 2023 außer Kraft.

- MBl. NRW. 2018 S. 654