Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2018 Nr. 29 vom 30.11.2018 Seite 625 bis 658

 

Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für Selbstorganisationen von Migrantinnen und Migranten Runderlass des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration

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Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für
Selbstorganisationen von Migrantinnen und Migranten

Runderlass des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration

Vom 7. November 2018

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Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie und dem Abschnitt zu § 44, Teil I des Runderlasses des Finanzministeriums „Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung“ vom 30. September 2003 (MBl. NRW. S. 1254), der zuletzt durch Runderlass vom 11. Mai 2018 (MBl. NRW. S. 360) geändert worden ist (im Folgenden VV zu § 44 LHO genannt), Zuwendungen für Selbstorganisationen von Migrantinnen und Migranten.

Ein Anspruch der Antragstellenden auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

Die Ziele der Förderrichtlinie entsprechen den Zielen des Teilhabe- und Integrationsgesetzes vom 14. Februar 2012 (GV. NRW. S. 573), in der jeweils geltenden Fassung.

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Gegenstand der Förderung

Die Förderung untergliedert sich in die Bereiche Anschubförderung, Einzelprojektförderung und Partnerprojektförderung.

2.1

Anschubförderung

Gefördert werden im Aufbau befindliche Migrantenselbstorganisationen, um deren Handlungsfähigkeit zu unterstützen. Förderfähig sind Sachausgaben, Ausgaben für Qualifizierungsmaßnahmen der Organisationsmitglieder und Maßnahmen, die der Begegnung und dem Austausch von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund dienen.

2.2

Einzelprojektförderung

Gefördert werden Maßnahmen, die dazu dienen, die Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen zu verbessern. Hierunter fallen insbesondere Maßnahmen in den folgenden Bereichen:

a. Zielgruppenspezifische Angebote für Kinder und Jugendliche, Seniorinnen und Senioren, Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderer,

b. Projekte zur Verbesserung des Zusammenlebens im Stadtteil,

c. Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus, Rassismus, Fundamentalismus sowie Maßnahmen zur Konfliktbewältigung,

d. Maßnahmen zur Bekämpfung von Antiziganismus im Kontext von (Neu-) Zuwanderung,

e. Maßnahmen zur Unterstützung des interkulturellen und/oder interreligiösen Dialogs,

f. Kommunikationstrainings, wie zum Beispiel Angebote zum Erwerb der deutschen Sprache als Vorstufe zum Integrationskurs, flankierende Kommunikationstrainings,

g. Maßnahmen, um die Bildungsteilhabe sowie Bildungschancen für Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern und Maßnahmen, um die Erziehungskompetenz von Eltern beziehungsweise Sorgeberechtigten mit Migrationshintergrund zu stärken,

h. Außerschulische Angebote in Kooperation mit Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe,

i. Projekte zur Gesundheitsförderung und Inklusion,

j. Informationsveranstaltungen zu Angeboten der sozialen Infrastruktur und zu fachbezogenen Themen und

k. Maßnahmen zur Reaktion auf kurzfristige Bedarfe.

Die Maßnahmen können in Kooperation mit Regeleinrichtungen durchgeführt werden. Das Land Nordrhein-Westfalen behält sich eine wechselnde Schwerpunktsetzung vor.

2.3

Partnerprojektförderung

Gefördert werden Maßnahmen, bei denen eine Migrantenselbstorganisation mindestens drei unerfahrene Migrantenselbstorganisationen unterstützt, qualifiziert, vernetzt und dabei insbesondere organisatorisches Wissen zur Verfügung stellt. Besondere Bedeutung bei der Wissensvermittlung sollen die Antragstellung, Durchführung eigener Maßnahmen und Erreichung der Förderfähigkeit im Sinne dieser Richtlinie haben.

2.4

Nicht förderfähige Projektinhalte

Nicht förderfähig in allen drei Förderbereichen sind Maßnahmen, die als eintägige Veranstaltungen konzipiert sind sowie Maßnahmen, die auch von Regelstrukturen angeboten werden, insbesondere berufsbezogene Angebote, Sprachkurse, schulische Maßnahmen und Hausaufgabenhilfe.

Bei Förderungen gemäß Nummer 2.3 sind Maßnahmen, die der alleinigen Fortentwicklung der eigenen Vereins- oder Verbandsstrukturen sowie gleichgelagerter Untergliederungen dienen, nicht förderfähig.

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Zuwendungsempfängerin oder Zuwendungsempfänger

Zuwendungsempfänger sind die im Land Nordrhein-Westfalen ansässigen Migrantenselbstorganisationen. Migrantenselbstorganisationen im Sinne dieser Richtlinie sind Vereine, bei denen mindestens die Hälfte der Mitglieder, der Vorstandsmitglieder oder der aktiv Verantwortlichen Menschen mit Migrationshintergrund sind. Zur Bestimmung des Merkmals Migrationshintergrund ist die Definition nach § 4 Absatz 1 des Teilhabe- und Integrationsgesetzes maßgeblich.

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Zuwendungsvoraussetzungen

4.1

Allgemeine Voraussetzungen

Die Maßnahmen müssen vorrangig auf die Situation der Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland und nicht auf die Umstände in den Herkunftsländern ausgerichtet sein. Gefördert werden können Migrantenselbstorganisationen, die sich nicht ausschließlich der Pflege der Herkunftskultur oder der Religionsausübung widmen.

Weitere Voraussetzungen für eine Förderung sind, dass die Migrantenselbstorganisation

a. in das Vereinsregister eingetragen oder eine landesweite, regionale oder kommunale Untergliederung eines eingetragenen Vereins ist, deren Status in der Vereinssatzung geregelt ist,

b. als gemeinnützig anerkannt ist,

c. unabhängig von staatlichen Strukturen im In- und Ausland sowie von Parteien ist und

d. eine Erklärung zur Zusammenarbeit mit den vom Land geförderten Strukturen der Integration und zur Vereinbarkeit der Vereins- und Maßnahmeziele mit den Zielen des Teilhabe- und Integrationsgesetzes abgibt.

Förderfähig sind ausschließlich Maßnahmen, die innerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen durchgeführt werden. Die Aktivitäten der Migrantenselbstorganisationen müssen auf eine Kommune, überregional oder landesweit ausgerichtet sein.

4.2

Besondere Voraussetzungen für einzelne Förderbereiche

4.2.1

Anschubförderung

Eine Anschubförderung gemäß Nummer 2.1 kann gewährt werden, wenn die Migrantenselbstorganisation innerhalb der letzten fünf Jahre vor Antragstellung in das Vereinsregister eingetragen worden ist.

4.2.2

Einzelprojektförderung

Die Migrantenselbstorganisation muss Erfahrungen in der Durchführung von Projekten nachweisen. Dabei wird der Migrantenselbstorganisation die Erfahrung ihrer gesetzlichen Vertreter oder der für das Projekt verantwortlichen Person zugerechnet.

4.2.3

Partnerprojektförderung

Die antragstellende Migrantenselbstorganisation muss Erfahrungen in der Durchführung von Projekten haben. Dabei wird der Migrantenselbstorganisation die Erfahrung ihrer gesetzlichen Vertreter oder der für das Projekt verantwortlichen Person zugerechnet. Erforderlich ist zudem, dass die Migrantenselbstorganisation in regionalen oder überregionalen Netzwerkstrukturen arbeitet und bereit zur interkulturellen Zusammenarbeit mit Organisationen unterschiedlicher Herkunft ist. Bei Förderungen gemäß Nummer 2.3 haben auch die unterstützten Migrantenselbstorganisationen die unter Nummer 4.1 genannten Zuwendungsvoraussetzungen mit Ausnahme der Buchstaben a. und b. zu erfüllen.

4.3

Verhältnis der Förderbereiche zueinander

Eine Migrantenselbstorganisation kann im selben Durchführungszeitraum pro Förderbereich maximal eine Förderung erhalten. Eine Förderung gemäß Nummer 2.1 schließt jedoch eine Förderung gemäß den Nummern 2.2 und 2.3 während desselben Durchführungszeitraumes aus.

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Art und Umfang, Höhe der Förderung

5.1

Zuwendungsart

Die Zuwendung erfolgt in Form der Projektförderung.

5.2

Finanzierungsart

Förderungen gemäß der Nummer 2.1 erfolgen als Vollfinanzierung mit einem Höchstbetrag in Höhe von 6 000 Euro pro Haushaltsjahr. Förderungen gemäß den Nummern 2.2 und 2.3 erfolgen als Anteilfinanzierung.

5.3

Form der Zuwendung

Die Zuwendung erfolgt als Zuschuss.

5.4

Bemessungsgrundlage

5.4.1

Förderung gemäß Nummer 2.1

Förderfähig sind Sachausgaben. Personalausgaben sind nicht förderfähig. Sofern zur Erfüllung des Zuwendungszwecks Gegenstände beschafft werden sollen, die entsprechend der Nummer 4.2 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (im Folgenden ANBest-P genannt) zu inventarisieren sind, sind diese vorab mit der Bewilligungsbehörde abzustimmen.

5.4.2

Förderungen gemäß den Nummern 2.2 und 2.3

Die Förderung erfolgt anteilig als nicht rückzahlbarer Zuschuss zu Personal- und Sachausgaben in Höhe von bis zu 80 Prozent der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben.

5.4.3

Nicht förderfähige Ausgaben

Nicht förderfähig in allen drei Förderbereichen sind:

a. Erstattungsfähige Mehrwertsteuer,

b. Bankspesen und Sollzinsen (insbesondere Darlehens- und Kontokorrentkreditzinsen),

c. Kauf von Fahrzeugen, Immobilien und Grundstücken einschließlich Notargebühren,

d. Bußgelder, Geldstrafen, Prozesskosten und

e. Kautionen.

5.4.4

Bürgerschaftliches Engagement

Bürgerschaftliches Engagement in Form von freiwilligen, unentgeltlichen Arbeiten kann gemäß der zum Zeitpunkt der Bewilligung gültigen Richtlinie zur Berücksichtigung von bürgerschaftlichem Engagement bei der Gewährung von Zuwendungen des für Integration zuständigen Ministeriums als fiktive Ausgabe bei der Bemessung der Zuwendung einbezogen werden. Der zulässige Anteil der fiktiven Ausgaben für bürgerschaftliches Engagement an den zuwendungsfähigen Gesamtausgaben wird auf maximal 15 Prozent begrenzt.

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Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Dauer der Förderung

Der Durchführungszeitraum bewilligter Projekte umfasst maximal zwei aufeinanderfolgende Haushaltsjahre. Inhaltlich wesentlich identische Projekte desselben Antragstellers können auf Antrag für maximal zwei weitere Haushaltsjahre bewilligt werden. Davon abweichend kann das für Integration zuständige Ministerium für Maßnahmen gemäß den Nummern 2.2. und 2.3 im begründeten Ausnahmefall eine Bewilligung über den maximalen Zeitraum von vier aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren zulassen.

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Verfahren

7.1

Antragsverfahren

Zuwendungen sind bei der Bewilligungsbehörde, der Bezirksregierung Arnsberg, Dezernat 36 (Kompetenzzentrum für Integration – KfI), zu beantragen. Für die Antragstellung ist die Verwendung der Antragsvordrucke zwingend erforderlich. Bei Maßnahmen gemäß den Nummern 2.2 und 2.3 sind vom Antragsteller im Rahmen der Antragstellung Meilensteine mit geeigneten Prüfkriterien festzulegen. Die Antragsfrist wird rechtzeitig bekannt gegeben.

Die Antragstellung erfolgt für die Nummer 2.1 nach dem Muster gemäß Anlage 1, für die Nummer 2.2 nach dem Muster gemäß Anlage 2 und für die Nummer 2.3 nach dem Muster gemäß Anlage 3.

7.2

Bewilligungsverfahren

Die zuständige Bewilligungsbehörde erteilt den Zuwendungsbescheid, in dem die Auszahlungsmodalitäten und die Vorgaben zum Verwendungsnachweis geregelt sind.

Die Bewilligung erfolgt für die Nummer 2.1 nach dem Muster gemäß Anlage 4, für die Nummer 2.2 nach dem Muster gemäß Anlage 5 und für die Nummer 2.3 nach dem Muster gemäß Anlage 6.

7.3

Auszahlungsverfahren

7.3.1

Förderungen gemäß Nummer 2.1

Die Auszahlung der Zuwendung erfolgt zu einem einmaligen Termin im jeweiligen Haushaltsjahr auf Anforderung. Die Nummern 7.2 und 8.6 VV zu § 44 LHO finden keine Anwendung.

7.3.2

Förderungen gemäß den Nummern 2.2 und 2.3

Die Auszahlung der Zuwendung erfolgt auf Anforderung zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November des Haushaltsjahres. Die Nummern 7.2. und 8.6 VV zu § 44 LHO werden insoweit ausgenommen. Die Jährlichkeit des Haushalts bleibt hiervon unberührt.

7.4

Verwendungsnachweisverfahren

Der Verwendungsnachweis besteht aus einem Sachbericht, einem zahlenmäßigen Nachweis und einer Belegliste. Es sind die anliegenden Muster zu verwenden. Bei Maßnahmen, die mehr als ein Haushaltsjahr umfassen, ist in Abänderung von Nummer 6.1 Satz 2 ANBest-P der Bewilligungsbehörde ein Zwischennachweis vorzulegen, der aus einem Sachbericht, einem zahlenmäßigen Nachweis und einer Belegliste besteht. Im jeweiligen Sachbericht ist auf die bisherige Erreichung der Meilensteine und Prüfkriterien gemäß Nummer 7.1 einzugehen.

Der Zwischennachweis erfolgt für die Nummer 2.1 nach den Mustern gemäß Anlage 7, 8 und 9, für die Nummer 2.2 nach den Mustern gemäß Anlage 7, 8 und 10 und für die Nummer 2.3 nach den Mustern gemäß Anlage 7, 8 und 11.

Der Verwendungsnachweis erfolgt für die Nummer 2.1 nach den Mustern gemäß Anlage 7, 8 und 12, für die Nummer 2.2 nach den Mustern gemäß Anlage 7, 8 und 13 und für die Nummer 2.3 nach den Mustern gemäß Anlage 7, 8 und 14.

8

Inkrafttreten, Außerkrafttreten, Hinweise

8.1

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und am 31. Dezember 2022 außer Kraft. Gleichzeitig tritt der Runderlass des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für Selbstorganisationen von Migrantinnen und Migranten“ vom 13. August 2015 (MBl. NRW. S. 503) außer Kraft.

8.2

Hinweise

Die Muster und Anlagen werden nicht im Ministerialblatt abgedruckt. Eine Einsichtnahme ist über die elektronische Version des Ministerialblattes (MBl. NRW.) und in der Sammlung des Ministerialblattes (SMBl. NRW.) unter https://recht.nrw.de möglich. Die Muster und Anlagen sind auch bei der Bezirksregierung Arnsberg erhältlich beziehungsweise werden in elektronischer Form auf den Internetseiten des zuständigen Ministeriums sowie der zuständigen Bewilligungsbehörde zum Download angeboten.

- MBl. NRW. 2018 S. 650