Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 1999 Nr. 28 vom 14.5.1999 Seite 509 bis 528

 

Ausübung der Befugnisse im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten

20511

Ausübung der Befugnisse im
Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in
strafrechtlichen Angelegenheiten

Gem. RdErl. d. Justizministeriums (9350 – III A. 19)
u. d. Innenministeriums - IV A 1 – 1431/3.0 -

v. 10.3.1999

Nach § 74 Abs. 1 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) vom 23. Dezember 1982 (BGBl. I S. 2071) liegt die Verwaltungskompetenz beim Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten bei der Bundesregierung. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift kann die Bundesregierung die Ausübung ihrer Befugnisse im Wege einer Vereinbarung auf die Landesregierungen übertragen. Die Landesregierungen haben das Recht zur weiteren Übertragung.

Gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 IRG haben die Bundesregierung und die Landesregierungen eine Vereinbarung über die Zuständigkeit im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (Zuständigkeitsvereinbarung) geschlossen (BAnz. Nummer 129 vom 15. Juli 1993). Die Zuständigkeitsvereinbarung ist am 1. Juli 1993 in Kraft getreten. Hinsichtlich der Ausübung der in der Vereinbarung aufgeführten Befugnisse bestimme ich, soweit es sich um Ersuchen um sonstige Rechtshilfe handelt, die aufgrund einer völkerrechtlichen Übereinkunft im unmittelbaren oder konsularischen Geschäftsweg gestellt werden können, Folgendes:

I.
Eingehende Ersuchen

1.
Über eingehende Ersuchen in Angelegenheiten des Zweiten Teils des IRG (Auslieferung an das Ausland), die aufgrund einer völkerrechtlichen Übereinkunft auf dem Geschäftsweg zwischen einer Behörde des ausländischen Staates und der Landesregierung oder einer sonstigen Landesbehörde übermittelt werden können, entscheidet die örtlich zuständige Generalstaatsanwaltschaft, wenn sich die verfolgte Person mit der Auslieferung im vereinfachten Verfahren einverstanden erklärt hat (§ 41 IRG). Über die Bewilligung ist dem Justizministerium unter Beifügung der richterlichen Vernehmungsniederschrift, der Haftentscheidung des Oberlandesgerichts und der Bewilligungsentscheidung zu berichten.

2.
Die örtlich zuständige Generalstaatsanwaltschaft entscheidet über die Bewilligung der Rechtshilfe in den Fällen der §§ 62, 63 und 66 IRG.

3.
Die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft entscheidet über die Bewilligung von Ersuchen um Rechtshilfe in den übrigen Fällen, es sei denn, dass die Durchbeförderung von Zeugen (§ 64 IRG) oder die Durchbeförderung zur Vollstreckung (§ 65 IRG) begehrt wird oder die Generalstaatsanwaltschaft zuständig ist.

4.
Im Rahmen dieses Auftrags sind die örtlich zuständige Generalstaatsanwaltschaft und die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft Bewilligungs- und Prüfbehörde. Sie sind darüber hinaus Genehmigungsbehörde in den Fällen der Nummer 138 Abs. 1, Nummer 139 RiVASt und in den Fällen einer grenzüberschreitenden Observation für den Bereich des Landes Nordrhein-Westfalen im unmittelbaren Rechtshilfeverkehr mit den in Nummer 7 der Zuständigkeitsvereinbarung aufgeführten Staaten und der Republik Polen und der Tschechischen Republik.

Bei auf dem Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen fortgesetzten grenzüberschreitenden Observationen werden zu zentralen Genehmigungsbehörden bestimmt:

- für Observationen aus dem Königreich der Niederlande die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf,

- für Observationen aus dem Königreich Belgien die Staatsanwaltschaft Aachen.

II.
Ausgehende Ersuchen

1.
Mit der Prüfung und Bewilligung von Ersuchen an ausländische Behörden werden beauftragt:

Für Rechtshilfeersuchen eines Oberlandesgerichts

die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts,

für Rechtshilfeersuchen eines Landgerichts oder eines Amtsgerichts, das nicht mit einer Präsidentin oder einem Präsidenten besetzt ist,

die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts,

für Rechtshilfeersuchen der anderen Amtsgerichte

die Präsidentin oder der Präsident des Amtsgerichts,

für Rechtshilfeersuchen einer Generalstaatsanwaltschaft und in den Fällen der §§ 69 und 70 IRG

die Generalstaatsanwältin oder der Generalstaatsanwalt,

für Rechtshilfeersuchen einer Staatsanwaltschaft

die Leitende Oberstaatsanwältin oder der Leitende Oberstaatsanwalt.

2.
Im Rahmen dieses Auftrags wird auch das Genehmigungsverfahren nach Nummer 140 RiVASt im unmittelbaren Rechtshilfeverkehr mit den in Nummer 7 der Zuständigkeitsvereinbarung aufgeführten Staaten und mit der Republik Polen und der Tschechischen Republik übertragen.

III.
Polizeilicher Rechtshilfeverkehr

1.
Über eingehende Ersuchen ausländischer Polizeibehörden und die Stellung ausgehender Ersuchen nordrhein-westfälischer Polizeibehörden entscheidet das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen als Prüfungs- und Bewilligungsbehörde, wenn nordrhein-westfälische Polizeibehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach innerstaatlichem Recht Ersuchen erledigen oder stellen dürfen und eine völkerrechtliche Übereinkunft den polizeilichen Geschäftsweg vorsieht.

2.
Für eingehende Ersuchen benachbarter niederländischer und belgischer Polizeibehörden im Grenzgebiet und eigene ausgehende Ersuchen an benachbarte niederländische und belgische Polizeibehörden gemäß Artikel 39 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens sind die Kreispolizeibehörden Aachen, Euskirchen, Heinsberg, Düren, Mönchengladbach, Viersen, Krefeld, Kleve, Wesel, Münster, Borken, Coesfeld und Steinfurt Prüfungs- und Bewilligungsbehörde, soweit

- Erkenntnisanfragen aus polizeilichen Datensystemen

- Halterfeststellungen oder Fahrerermittlungen

- Führerscheinanfragen

- Aufenthaltsfeststellungen

- Feststellungen von Telekommunikationsanschlussinhabern

- Identitätsfeststellungen

- Verkaufswegfeststellungen bezüglich Waffen und Kraftfahrzeugen

- Feststellungen der Aussagebereitschaft von Zeugen zur Vorbereitung eines justitiellen Rechtshilfeersuchens

- Spurenfeststellungen

Gegenstand der Ersuchen sind.

Andere Ersuchen sind gemäß Abs. 1 dem Landeskriminalamt zur Prüfung und Bewilligung vorzulegen.

IV.
Berichtspflichten

Die Vorschriften der RiVASt, nach denen der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde vor der Ausführung des Ersuchens oder vor seiner Ablehnung zu berichten ist, bleiben unberührt. Die Berichtspflicht obliegt der Bewilligungsbehörde.

V.

Dieser Gem. RdErl. tritt mit Wirkung vom 1. April 1999 an die Stelle des Gem. RdErl. d. Justizministeriums - 9350 – III A. 19 - und d. Innenministeriums - IV A 2 – 273 - v. 24.2.1994 – MBl. NRW. S. 486 – in der Fassung v. 13.10.1995 – MBl. NRW. S. 1642/SMBl. NRW. 20511 -.

MBl. NRW. 1999 S. 510