Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 1999 Nr. 43 vom 14.7.1999 Seite 849 bis 874

 

Änderung der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe v. 28. 11. 1998

Änderung der
Weiterbildungsordnung
der Ärztekammer Westfalen-Lippe
v. 28. 11. 1998

Aufgrund des § 42 des Heilberufsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. April 1994 (GV. NRW.S. 204) - SGV. NRW.2122 -, hat die Kammersammlung der Ärztekammer Westfalen-Lippe in ihrer Sitzung am 28. November 1998 die folgende Änderung der Weiterbildungsordnung beschlossen, die durch Erlaß des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. April 1999 - IIIB3-0810.57 - genehmigt worden ist.

Artikel I

Die Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 30. Januar 1993 (SMBL. NRW.21220) wird wie folgt geändert:

1.
In Abschnitt I Gebiete, Fachkunden, Fakultative Weiterbildungen, Schwerpunkte wird Ziffer 1. wird wie folgt gefaßt:

"1. Allgemeinmedizin

Definition:

Die Allgemeinmedizin umfaßt die lebensbegleitende hausärztliche Betreuung von Menschen jeden Alters bei jeder Art der Gesundheitsstörung, unter Berücksichtigung der biologischen, psychischen und sozialen Dimensionen ihrer gesundheitlichen Leiden, Probleme oder Gefährdungen und die medizinische Kompetenz zur Entscheidung über das Hinzuziehen anderer Ärzte und Angehöriger von Fachberufen im Gesundheitswesen. Sie umfaßt die patientenzentrierte Integration der medizinischen, psychischen und sozialen Hilfen im Krankheitsfall, auch unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit.

Dazu gehören auch die Betreuung von akut oder chronisch Erkrankten, die Vorsorge und Gesundheitsberatung, die Früherkennung von Krankheiten, die Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen, die Zusammenarbeit mit allen Personen und Institutionen, die für die gesundheitliche Betreuung der Patienten Bedeutung haben, die Unterstützung gemeindenaher gesundheitsfördernder Aktivitäten, die Zusammenführung aller medizinisch wichtigen Daten des Patienten.

Weiterbildungszeit:

5 Jahre an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 8 Abs. 1

1 ¿ Jahre Allgemeinmedizin

1 Jahr Innere Medizin im Stationsdienst sowie mindestens ein weiteres ¿ Jahr im Stationsdienst

¿ Jahr Chirurgie und

¿ Jahr Kinderheilkunde oder ein anderes Gebiet mit direktem Patientenbezug

1 ¿ Jahre Weiterbildung, wobei auch Weiterbildungsabschnitte von mindestens 3 Monaten angerechnet werden können.

Anrechnungsfähig auf diese Weiterbildung sind jeweils bis zu

  • 1 ¿ Jahre Allgemeinmedizin oder Innere Medizin
  • 1 Jahr Frauenheilkunde und Geburtshilfe oder Kinderheilkunde oder Orthopädie
  • ¿ Jahr Anästhesiologie oder Arbeitsmedizin oder Augenheilkunde oder Chirurgie oder Hals-Nasen-Ohrenheilkunde oder Haut- und Geschlechtskrankheiten oder Kinderchirurgie oder Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie oder Nervenheilkunde oder Neurologie oder Physikalische und Rehabilitative Medizin oder Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychotherapeutische Medizin oder Urologie

Teilnahme an Kursen von insgesamt 80 Stunden.

3 Jahre der Weiterbildung können bei niedergelassenen Ärzten abgeleistet werden.

Inhalt und Ziel der Weiterbildung:

Vermittlung, Erwerb und Nachweis eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Gesundheitsförderung, Prävention, Früherkennung von Krankheiten, Beratung, Diagnostik und Therapie, insbesondere beim unausgelesenen Krankengut unter Berücksichtigung der biologischen, psychischen und sozialen Dimensionen, in der Langzeitbetreuung chronisch Kranker, in den Maßnahmen der ersten ärztlichen Hilfe beim Notfallpatienten, der Integration medizinischer, sozialer, pflegerischer und psychischer Hilfen einschließlich der Rehabilitation in den Behandlungsplan unter Einbezug des familiären und sozialen Umfeldes.

Hierzu gehören in der Allgemeinmedizin:

  1. Eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten im Hinblick auf eine hausärztliche Tätigkeit in
  • der allgemeinmedizinischen Diagnostik, Therapie und Beratung bei allen auftretenden Gesundheitsstörungen im unausgelesenen Krankengut einschließlich der allgemeinmedizinischen Akut- und Notfallversorgung unter besonderer Berücksichtigung der abwendbar gefährlichen Verläufe
  • der Koordinierung der ärztlichen Behandlung ggf. einschließlich der spezialistischen Diagnostik und Therapie, auch durch Zusammenführen, Bewerten und Aufbewahren der Befunde sowie durch Führung des Patienten im medizinischen Versorgungssystem
  • der Einbeziehung weiterer ärztlicher, pflegerischer und sozialer Hilfen in die Behandlung
  • der Gesundheitsberatung, der Früherkennung von Gesundheitsstörungen, der Prävention einschließlich des Impfwesens, der Einleitung und Durchführung rehabilitativer Maßnahmen und Verfahren sowie der Nachsorge
  • der Familienmedizin und den Besonderheiten ärztlicher Behandlung von Patienten in ihrem häuslichen Milieu, in Pflegeeinrichtungen sowie in ihrem weiteren sozialen Umfeld, auch im Rahmen der Hausbesuchstätigkeit
  • der Vermeidung von Gesundheitsrisiken für Patienten durch Abwägung von Nutzen und Risiken diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen
  • der gemeindenahen Vernetzung von gesundheitsfördernden Maßnahmen sowie in der Erkennung und Beurteilung der Auswirkungen von Noxen aus der Umwelt und am Arbeitsplatz
  • der hausarztspezifischen Kommunikation
  • der Behandlung und ärztlichen Betreuung chronisch kranker, multimorbider und sterbender Patienten
  • der hausärztlichen Besonderheiten der Diagnostik und Therapie geriatrischer Patienten einschließlich der geriatrischen Rehabilitation
  • der hausärztlichen psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung einschließlich der Krisenintervention sowie der Grundzüge der Beratung und Führung Suchtkranker
  • der Begutachtung und Bewertung der Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit, der Arbeitsfähigkeit, der Berufs- und Erwerbsfähigkeit sowie der Pflegebedürftigkeit
  • der Pharmakologie der im Gebiet gebräuchlichen Pharmaka einschließlich der Dauertherapie chronisch Kranker, der Probleme der Mehrfachverordnungen, der Risiken des Arzneimittelmißbrauchs sowie der gesetzlichen Auflagen bei der Arzneimittelverschreibung und Arzneimittelprüfung unter den Bedingungen der hausärztlichen Praxis und den hierbei zu beachtenden ethischen Grundsätzen
  • den Grundsätzen der Qualitätssicherung in der Allgemeinmedizin
  • Dokumentation von Befunden, ärztlichen Berichtswesen, einschlägigen Bestimmungen der Sozialgesetzgebung (Sozialrecht, Krankenkassenverträge, Rentenversicherung, Unfallversicherung, Mutterschutzgesetz, Jugend- und Arbeitsschutzgesetz und andere Bestimmungen) und für die Arzt-Patienten-Beziehung wichtigen Rechtsnormen
  • Diagnostik und Therapie akuter Notfälle einschließlich Wiederbelebung
  • der Indikation, Durchführung und Bewertung der Basis-, Kreislauf- und der Lungenfunktionsdiagnostik zum Ausschluß von Lungenventilationsstörungen (Ruhespirographie) einschließlich der hierfür erforderlichen apparativen Untersuchungen im Rahmen der hausärztlichen Versorgung
  • der physikalischen Therapie einschließlich der Gerätekunde im Rahmen der hausärztlichen Versorgung
  • der Indikation zur und Dokumentation von Ultraschalluntersuchungen innerer Organe einschließlich der ableitenden Harnwege und der Prostata im Rahmen der hausärztlichen Versorgung
  • der Indikation, Durchführung, Bewertung und Dokumentation von Doppler-Untersuchungen der peripheren Gefäße im Rahmen der hausärztlichen Versorgung
  • der Prokto-/Rektoskopie
  • der Beherrschung der für die hausärztliche Versorgung erforderlichen instrumentellen Techniken einschließlich der Punktionen sowie der Infusionstechnik
  • den für die hausärztliche Versorgung erforderlichen Techniken der Wundversorgung und der Wundbehandlung, der Inzision, Extraktion, Exstirpation, Probeexzision bei in der allgemeinärztlichen Praxis zu versorgenden Verletzungen und Erkrankungen auch unter Anwendung der Lokal- und peripheren Leitungsanästhesie
  • der Behandlung mit ruhigstellenden Schienen, mit starren und funktionellen Verbänden im Rahmen der hausärztlichen Versorgung
  • der Versorgung Unfallverletzter und Erstversorgung chirurgischer Notfälle einschließlich der Organisation begleitender und weiterführender Maßnahmen
  • der Schmerzbehandlung bei akuten und chronischen Schmerzen, die keinen eigenständigen Krankheitswert haben
  • der Methodik und Durchführung des Grundleistungslabors des Gebietes sowie der Bewertung der Befunde
  • der Probeentnahme und der sachgerechten Probenbehandlung von Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen für das allgemeine Labor des Gebietes sowie in der Einordnung der Befunde in das Krankheitsbild
  • Methodik und Durchführung des speziellen Labors des Gebietes sowie der Bewertung der Befunde
  1. Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen über
  • die Durchführung der Laboruntersuchungen
  • die Durchführung und Bewertung von Ultraschalluntersuchungen innerer Organe einschließlich der ableitenden Harnwege und der Prostata im Rahmen der hausärztlichen Versorgung
  • Vorsorgeuntersuchungen im Kindesalter
  • spezifische Maßnahmen für die Früherkennung von Krankheiten"

2.
Nach Abschnitt II Bereiche (Zusatzbezeichnungen) wird der Abschnitt III wie folgt angefügt :

"Abschnitt III

Bescheinigungen über Befähigungen
- nicht ankündigungsfähig -

Fachkunde "Suchtmedizinische Grundversorgung"

Vermittlung, Erwerb und Nachweis eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Prävention, Diagnostik, Therapie und Frührehabilitation von Suchterkrankungen, welche über die im jeweiligen Gebiet aufgeführten Inhalte hinausgehen, insbesondere in der Entzugs- und Substitutionsbehandlung im Rahmen eines Behandlungskonzeptes, Krisenintervention, Pharmakotherapie und Psychotherapie der Sucht und ihrer Folgen, sowie in der Organisation der Frührehabilitation, den allgemeinen und speziellen Rechtsvorschriften, den sozialmedizinischen Möglichkeiten der Suchtbehandlung, dem Versicherungs- und Rentenwesen sowie dem Sozialhilfebereich.

Mindestdauer der Weiterbildung:
Teilname an einem Kurs über suchtmedizinische Grundversorgung von 50 Stunden Dauer."

Artikel II

Diese Änderung der Weiterbildungsordnung tritt am Tage nach der Veröffentlichung im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft.

Münster, den 15.Dezember1998

Dr. med. Ingo Flenker
Präsident

Die vorstehende Änderung der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 28. November 1998 wird hiermit ausgefertigt und im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen bekanntgemacht.

Münster, 17.Februar 1999

Dr. med. Ingo Flenker
Präsident

Genehmigt

Ministerium für Frauen,
Jugend, Familie und Gesundheit
des Landes Nordrhein-Westfalen
III B 3 -0810.57 -

Im Auftrag
G o d r y

MBl. NRW. 1999 S. 852