Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 1999 Nr. 51 vom 26.8.1999 Seite 1023 bis 1032

 

Bestimmungen zur Förderung von Wohnheimen für Menschen mit Behinderungen (Wohnheimbestimmungen - WHB)

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Bestimmungen
zur Förderung von Wohnheimen
für Menschen mit Behinderungen
(Wohnheimbestimmungen - WHB)

RdErl. d. Ministeriums für Bauen und Wohnen
v. 12. 7. 1999 - IV A 2-2210-1318/99

1 Zweck und Gegenstand der Förderung

1.1 Zielsetzung

Die Förderung des Baus von Wohnheimen für Menschen mit Behinderungen ist Bestandteil des sozialen Wohnungsbaus. Das Land fördert nach Maßgabe der §§ 1, 2, 15, 17 und 68 II. WoBauG mit öffentlichen und nicht öffentlichen Mitteln den Bau von Wohnheimplätzen durch Neubau, Ausbau oder Erweiterung mit dem Ziel, Wohnraum für Menschen mit Behinderungen zu schaffen, der die Qualität des öffentlich geförderten Mietwohnungsbaus erreicht. Vorrangig sollen Behindertenwohnheime mit jeweils wenig Heimplätzen gefördert werden, um eine möglichst dezentrale Versorgung zu erreichen.

1.2 Fördergegenstand

Gefördert werden Wohnheimplätze, die dazu bestimmt sind, dass körperlich, geistig oder seelisch behinderte Menschen dort ihren Lebensmittelpunkt begründen. Wie Wohnheimplätze werden Räume für Gäste gefördert. Heimplätze, die nicht für die Begründung eines Lebensmittelpunktes bestimmt sind (beispielsweise Tages-, Nacht- oder Kurzzeitpflegeplätze) oder die die Voraussetzungen der investiven Förderung für vollstationäre Pflegeeinrichtungen (§ 13 Abs. 2 Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen) erfüllen, werden nicht gefördert. Der Nachweis gilt durch Bestätigung des Wohnheimträgers gemäß Nummer 4.1 d) als erbracht.

1.3 Bauherrin/Bauherr, Wohnheimträger

Wohnheimplätze müssen von einem kommunalen Träger oder einem Träger, der einem Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege angeschlossen ist, errichtet oder betrieben werden.

2 Art und Umfang der Förderung, Darlehensbedingungen

2.1 Darlehenshöhe

Wohnheimplätze werden mit Baudarlehen aus öffentlichen Mitteln, Räume für Gäste mit Baudarlehen aus nicht öffentlichen Mitteln gefördert. Dieses beträgt bis zu:

a) 40.000 DM pro Platz bei Neubau

b) 32.000 DM pro Platz bei Ausbau und Erweiterung.

Für Wohnheimplätze, die nach DIN 18 025 Teil I (Rollstuhlfahrer) geplant werden, erhöht sich das Baudarlehen gemäß Satz 1 Buchstabe a) um bis zu 10.000 DM und gemäß Satz 1 Buchstabe b) um bis zu 8.000 DM.

2.2 Eigenleistung

Abweichend von Nummer 1.721 WFB ist eine Eigenleistung in Höhe von mindestens 10 v.H. der Gesamtkosten zu erbringen.

2.3 Angemessene Gesamtkosten

Die Wohnheimplätze sollen den Anforderungen des kosten- und flächensparenden Bauens entsprechen (§ 38 II. WoBauG). Die Gesamtkosten pro Kubikmeter umbauten Raumes sollen sich an den Gesamtkosten orientieren, die im Bereich der Bewilligungsbehörde für vergleichbaren öffentlich geförderten Mietwohnungsbau als angemessen anzusehen sind. Überschreitungen sind zulässig, soweit die Mehrkosten zur Finanzierung der besonderen Wohnbedürfnisse von Menschen mit Behinderungen erforderlich sind.

2.4 Darlehensbedingungen

Die Baudarlehen werden zu folgenden Bedingungen gewährt:

a) Das Baudarlehen ist für die Dauer von zunächst sieben Jahren zinslos. Danach kann eine Verzinsung von bis zu 6 v.H. p.a. gefordert werden.

b) Das Baudarlehen ist mit jährlich 1 v.H. - bei später einsetzender Verzinsung unter Zuwachs der durch die fortschreitende Tilgung ersparten Zinsen - zu tilgen.

c) Unbeschadet der für die Verwaltungstätigkeit der Bewilligungsbehörde zu zahlenden Gebühren sind ein einmaliger Verwaltungskostenbeitrag in Höhe von 0,4 v.H. des bewilligten Darlehens und ein laufender Verwaltungskostenbeitrag in Höhe von jährlich 0,5 v.H. des bewilligten Darlehens zu zahlen. Nach Tilgung des Baudarlehens um 50 v.H. wird der Verwaltungskostenbeitrag vom halben Darlehensbetrag erhoben.

d) Die weiteren Darlehensbedingungen - u.a. Leistungsbeginn, Vorbehalt späterer Verzinsung nach § 44 Abs. 2 II. WoBauG und erhöhter Tilgung, vorzeitiger Kündigung - sind dem zwischen der Wohnungsbauförderungsanstalt und der Bauherrin oder dem Bauherren nach vorgeschriebenem Muster abzuschließenden Darlehensvertrag zu entnehmen.

2.5 Zweckbindung

Die Wohnheimplätze sind für die Dauer der Zweckbindung ausschließlich zur Wohnraumversorgung von Menschen mit Behinderungen zu nutzen. Die Zweckbindung endet mit (planmäßiger oder vorzeitiger) vollständiger Tilgung des Darlehens aus öffentlichen und aus nicht öffentlichen Mitteln. Bewerberinnen und Bewerber, deren Einkommen die Einkommensgrenze des § 25 II. WoBauG nicht übersteigt, sollen bei der Vergabe der Wohnheimplätze vorrangig berücksichtigt werden.

2.6 Anwendung der Wohnungsbauförderungsbestimmungen

Für die Förderung von Wohnheimplätzen sind die Nummern 1.3 bis 1.48, 1.5 - 1.722, 1.73, 2.14, 7.21 und 7.23 - 7.5, 7.7, 8, 9, 1.1, 1.2, 1.3, 1.4, 2, 3.2 bis 3.7, 6 und 7 Anlage 1 WFB und Anlage 4 WFB sinngemäß, sofern nichts anderes bestimmt ist, anzuwenden.

3 Bauplanung und Raumprogramm

3.1 Bauplanung

3.1.1 Städtebauliche Anforderungen

Wohnheime für Menschen mit Behinderungen sind in Wohngebieten mit guter Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr und in der Regel möglichst in zentraler Ortslage zu planen und zu errichten.

3.1.2 Bautechnische Anforderungen

Wohnheime müssen baulich so gestaltet werden, dass die Nutzung Menschen mit Behinderungen auch ohne fremde Hilfe möglich ist (§ 55 BauO NW). Die DIN 18 025 Teil 2 (barrierefreie Wohnungen - Planungsgrundlagen) ist bei der Planung und Ausstattung einzuhalten, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Wohnheimplätze und dazugehörige Neben- und Gemeinschaftsräume müssen von der öffentlichen Verkehrsfläche stufenlos erreichbar sein. Schwellen, Stufen und untere Türanschläge innerhalb der Wohnbereiche sind unzulässig. Flure müssen mindestens 1,80 m breit sein. Bei kurzen Stichfluren kann dieses Maß unterschritten werden; die Bewegungsflächen gemäß DIN 18 025 Teil 2 sind jedoch einzuhalten. Ausweichmöglichkeiten für sich begegnende Rollstuhlfahrer/innen müssen vorhanden sein. Geschosstreppen dürfen nicht gewendelt sein und müssen ein Zwischenpodest haben.

3.1.3 Begrenzung der Platzanzahl an einem Standort

An einem Standort (in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zu anderen Wohnheimplätzen) darf die Zahl von 24 Wohnheimplätzen einschließlich bereits vorhandener Wohnheimplätze nicht überschritten werden. An Standorten mit mehr als 24 Wohnheimplätzen (Großanlagen) werden Wohnheimplätze abweichend von Satz 1 ausnahmeweise nur gefördert, wenn diese Baumaßnahme (Neubau oder Ausbau und Erweiterung) der Anpassung an die heutigen Wohnstandards im Sinne dieser Bestimmungen dient und Bestandteil eines Gesamtkonzeptes zur Verkleinerung der Großanlage ist. Dieses Gesamtkonzept ist von dem Wohnheimträger mit dem örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe, dem Ministerium für Bauen und Wohnen und der Bewilligungsbehörde abzustimmen.

3.2 Raumprogramm für Wohngruppen und für individuelle Wohnheimplätze

3.2.1 Allgemeine Regelung für Wohnschlafräume

Wohnschlafräume in gruppenbezogenen und Individualplätzen müssen als Einzelzimmer errichtet werden und mindestens 14 m², für Rollstuhlfahrer/innen 16 m², groß sein. Doppelzimmer sind abweichend von Satz 1 nur zulässig, wenn sie nach geringfügigen Umbauarbeiten als zwei Einzelzimmer genutzt werden können.

3.2.2 Individualplätze

Individualplätze sollen jeweils einen Wohnschlafraum, einen Vorraum, eine Nasszelle und eine Kochgelegenheit erhalten. Für die Bewohner und Bewohnerinnen von Individualplätzen ist in dem Wohnheim mindestens ein Gemeinschaftsraum und ein Vorrats- oder Abstellraum vorzusehen.

3.2.3 Gruppenbezogene Wohnheimplätze

Wohnheimplätze für Wohngruppen sollen so geplant werden, dass die Gruppengröße von acht Personen nicht überschritten wird. Der Mindestraumbedarf einer Wohngruppe beträgt:

a) für jede Person ein Wohnschlafraum (Nummer 3.2.1),

b) Nasszellen, die jeweils nicht mehr als zwei Wohnheimplätzen zugeordnet sind,

c) ein gemeinsamer Wohnessraum,

d) eine Gruppenküche, dem Wohnessraum zugeordnet,

e) ein Vorrats- und Abstellraum.

In dem Wohnheim ist zusätzlich ein Badezimmer mit einer freistehenden Badewanne vorzusehen.

3.2.4 Je nach den Erfordernissen im Einzelfall können zum Beispiel zusätzlich vorgesehen werden:

a) Verwaltungsräume (z.B. Heimleitungs- oder Personalraum, Besprechungs-, Besuchsraum),

b) Therapieräume, Freizeit- und Hobbyräume, für große Gemeinschaftsbereiche ausreichende WC-Anlagen,

c) Abstelllager, Vorratsflächen, Wasch- und Trockenräume.

4 Antragsverfahren

4.1

Anträge auf Bewilligung von Wohnheimplätzen, die ausschließlich aus Mitteln des sozialen Wohnungsbaus oder zusätzlich aus Mitteln des Ausgleichsfonds (Bundesmitteln) gefördert werden, sind bei den Bewilligungsbehörden unter Verwendung des vorgeschriebenen Antragsvordrucks nebst Anlagen einzureichen. Zusätzlich sind dem Antrag folgende Unterlagen beizufügen:

a) eine Bestätigung des örtlichen und des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe, dass für die zur Förderung vorgesehenen Wohnheimplätze - ggf. auch für die anderen förderfähigen Heimplätze - ein Bedarf besteht und der vorgesehene Standort geeignet ist;

b) ein Nutzungskonzept des Wohnheimträgers, das den Zielsetzungen dieser Richtlinie entspricht und mit dem örtlichen und dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe abgestimmt ist;

c) eine Stellungnahme des Spitzenverbandes der Freien Wohlfahrtspflege zur Maßnahme;

d) eine Bestätigung des Wohnheimträgers, dass die geplanten Wohnheimplätze nicht die Voraussetzungen für eine investive Förderung für vollstationäre Pflegeeinrichtungen (§ 13 Abs. 2 Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen) erfüllen.

4.2

Ist neben der Förderung aus Mitteln des sozialen Wohnungsbaus eine Förderung aus Mitteln des Ausgleichsfonds beabsichtigt, ist vor förmlicher Antragstellung die Vorplanung zwischen Bauherr oder Bauherrin, der Bewilligungsbehörde, dem Landschaftsverband und dem Ministerium für Bauen und Wohnen zwecks Koordinierung der Mischfinanzierung abzustimmen.

5 Inkrafttreten

5.1

Diese Bestimmungen treten am 1. August 1999 in Kraft. Sie sind von diesem Zeitpunkt an allen Erstbewilligungen zugrundezulegen. Gleichzeitig treten die Bestimmungen über die Förderung des Baus von Wohnheimen im Lande Nordrhein-Westfalen - Wohnheimbestimmungen 1984, Runderlass des Ministeriums für Landes- und Stadtentwicklung vom 20. März 1984, SMBl. NW. 2370 - ausser Kraft.

5.2

Auf Wohnheime, deren technische Planung vor dem 1. August 1999 abgeschlossen worden ist, findet das mit dem Ministerium für Bauen und Wohnen abgestimmte Raumprogramm Anwendung.

MBl. NRW. 1999 S. 1030