Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2004 Nr. 12 vom 25.3.2004 Seite 297 bis 328

 

Europawahl 2004; Vorbereitung und Durchführung RdErl. d. Innenministeriums v. 23.2.2004 12/20-20.04.10

Innenministerium

Europawahl 2004;
Vorbereitung und Durchführung

RdErl. d. Innenministeriums v. 23.2.2004
12/20-20.04.10

1
Rechtliche Grundlagen
Für die auf Sonntag, den 13. Juni 2004, festgesetzte Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland gelten

1.1
das Europawahlgesetz (EuWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 1994 (BGBl. I S. 423, 555), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.
August 2003, (BGBl. I S. 1655)

1.2
die Europawahlordnung (EuWO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Mai 1994 (BGBl. I S. 957), zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2551)

1.3
die Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen vom 13. Dezember 1988, geändert durch Verordnung vom 13.
Mai 1997 (GV. NRW. S. 106) – SGV. NRW. 1113 –

1.4
Im Übrigen finden auf die Wahl allgemein oder kraft besonderer Verweisung ganz oder in Teilen entsprechende Anwendung

1.4.1
das Bundeswahlgesetz (BWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juli 1993 (BGBl. I S. 1288, 1594), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7.
Mai 2002 (BGBl. I S. 1529)

1.4.2
die Bundeswahlgeräteverordnung (BWahlGV) vom 3. September 1975 (BGBl. I S. 2459), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20.
April 1999 (BGBl. I S. 749)

1.4.3
das Wahlprüfungsgesetz vom 12. März 1951 (BGBl. I S. 166), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.
April 1995 (BGBl. I S. 582)

1.4.4
das Parteiengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994 (BGBl. I S. 149), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.
Juni 2002 (BGBl. I S. 2268)

1.4.5
das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2838)

1.4.6
das Europaabgeordnetengesetz vom 6. April 1979 (BGBl. I S. 413), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.
August 2003 (BGBl. I S. 1655)

1.4.7
das Wahlstatistikgesetz vom 21. Mai 1999 (BGBl. I S. 1023), geändert durch Gesetz vom 17. Januar 2002 (BGBl. I S. 412).

1.5
Die folgenden Rechtsänderungen sind für die Durchführung der anstehenden Europawahl von besonderer Bedeutung:

1.5.1
In § 5 Abs. 3 Satz 1 EuWG ist die Zahl der Beisitzer/innen, die in die Wahlvorstände berufen werden können, von fünf auf sieben erhöht worden, so dass dem Wahlvorstand bis zu neun Mitglieder angehören können, was einerseits einen „Schichtbetrieb“ erlaubt und andererseits die abschließende Ermittlung des Wahlergebnisses beschleunigen kann. Mit den auch für Europawahlen geltenden Absätzen 4 und 5 des § 9 BWG wurden im Vorfeld der letzten Bundestagswahl die aus Datenschutzgründen notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen für das Anlegen von Wahlhelferdateien geschaffen und Behörden auf Ersuchen der Gemeindebehörden verpflichtet, aus dem Kreis ihrer Beschäftigten Personen für eine Berufung als Mitglieder von Wahlvorständen zu benennen. Auf Nr. 10.3 dieses Runderlasses weise ich in diesem Zusammenhang hin.

1.5.2
Die Voraussetzung, dass zum Europäischen Parlament nur wählbar ist, wer „seit mindestens einem Jahr“ Deutsche/r oder Unionsbürger/in ist, ist entfallen (vgl. § 6b Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 EuWG). Damit wird neu Eingebürgerten und Staatsangehörigen der Beitrittsländer die sofortige Kandidatur ermöglicht.

1.5.3
Schon anlässlich der Bundestagswahlen 2002 galt erstmals eine Neuregelung zum Recht auf Einsicht in das Wählerverzeichnis, die nunmehr auch bei den Europawahlen Anwendung findet (§ 4 EuWG i.V. mit § 17 Abs. 1 BWG). Das Wählerverzeichnis ist nicht mehr öffentlich auszulegen. Zugelassen ist nur noch die Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis unter bestimmten Voraussetzungen, und zwar ohne weiteres bezüglich der zur eigenen Person eingetragenen Daten, bezüglich der Daten anderer Personen jedoch nur bei Glaubhaftmachung von Tatsachen, aus denen sich eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Wählerverzeichnisses ergeben kann. Gänzlich ausgeschlossen ist das Recht zur Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis hinsichtlich solcher Personen, für die im Melderegister ein Sperrvermerk im Sinne des § 21 Abs. 5 MRRG (§ 34 Abs. 6 MG NRW) eingetragen ist.

1.5.4
Neu eingefügt in den § 10 Abs. 3 EuWG sind die Sätze 2 und 3. Damit ist nun auch in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 89, 243 ff) im Europawahlgesetz selbst geregelt, dass für die Bewerber/innen- und Vertreter/innen/wahlen jede/r stimmberechtigte Teilnehmer/in vorschlagsberechtigt ist und dass den Bewerber/inne/n Gelegenheit zu geben ist, sich und ihr Programm in der Versammlung in angemessener Zeit vorzustellen. Die Versicherung an Eides statt, dass die Wahl der Bewerber/innen in geheimer Abstimmung erfolgt ist, ist dahingehend erweitert, dass sie sich auch auf die Erfüllung der neu eingefügten Anforderungen bei der Bewerber/innen- und der Vertreter/innen/wahl zu erstrecken hat (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 EuWG).

1.5.5
Von wesentlicher praktischer Bedeutung ist die Abschaffung der amtlichen Wahlumschläge bei der Urnenwahl (vgl. §§ 15 Abs. 1, 16 Abs. 1, 17 EuWG). Zur Wahrung des Wahlgeheimnisses hat die/der Wähler/in den Stimmzettel nunmehr – wie schon anlässlich der Bundestagswahl 2002 - in der Weise zu falten, dass bei der Stimmabgabe Umstehende nicht erkennen können, wie sie/er gewählt hat (§ 16 Abs. 2 Satz 2 EuWG).

1.5.6
Ferner ist von besonderer Bedeutung, dass es nach Änderung des Artikels 9 des Direktwahlakts möglich wird, auch bei Europawahlen die Wahlzeit um 18 Uhr zu beenden und unmittelbar anschließend mit der Stimmauszählung zu beginnen. Die entsprechenden Änderungen des § 18 Abs. 1 Satz 1 EuWG und des § 40 Abs. 1 EuWO treten nicht vor dem ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Tag folgt, an dem die Mitgliedstaaten die Änderung des Direktwahlaktes angenommen haben. Das Bundesministerium des Innern wird den Tag des In-Kraft-Tretens im Bundesgesetzblatt bekannt geben (Artikel 6 Abs. 4 des Vierten Gesetzes zur Änderung des Europawahlgesetzes und Neunzehnten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes vom 15.8.2003 [BGBl. I S. 1655] und Artikel 4 Abs. 3 der Vierten Verordnung zur Änderung der Europawahlordnung vom 12.12.2003 [BGBl. I S. 2551]).

1.5.7
Neu ist nach Änderung des Artikel 7 Abs. 2 des Direktwahlaktes auch, dass die Mitglieder des Deutschen Bundestages nicht zugleich auch Abgeordnete des Europäischen Parlaments sein können (vgl. Folgeänderungen in § 1 EuWG und §§ 5, 9 und 10 Europaabgeordnetengesetz). Auch diese Änderungen treten erst nach Annahme der Änderung des Direktwahlaktes in allen Mitgliedstaaten in Kraft (vgl. Nr. 1.5.6 dieses Runderlasses).

1.5.8
Die Europawahlordnung (EuWO) hat mit der Vierten Änderungsverordnung vom 12. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2551) zahlreiche Änderungen erfahren, die vor allem den genannten Änderungen des Europawahlgesetzes folgen (Ersatz der öffentlichen Auslegung des Wählerverzeichnisses durch beschränkte Einsichtsrechte; Verzicht auf Wahlumschläge bei der Urnenwahl, Beendigung der Wahlzeit um 18.00 Uhr).

Von großer praktischer Bedeutung ist auch die erstmals bei der Bundestagswahl 2002 eingeräumte Möglichkeit, einen Wahlschein durch E-Mail oder durch sonstige dokumentierbare Übermittlung in elektronischer Form beantragen zu können (§ 26 Abs. 1 Satz 2 EuWO).
Für Bewerber/innen, für die im Melderegister ein Sperrvermerk gemäß § 34 Abs. 6 MG NRW eingetragen ist, kann künftig in der Bekanntmachung der zugelassenen Wahlvorschläge und auf dem Stimmzettel statt der Anschrift der Hauptwohnung eine Erreichbarkeitsanschrift angegeben werden (§§ 37, 71, 72, 77 EuWO). Besonders hingewiesen wird auch darauf, dass zahlreiche Anlagen der EuWO neu gefasst oder geändert worden sind.

1.5.8
Die Bundeswahlgeräteverordnung war bereits im Vorfeld der letzten Bundestagswahl umfänglich mit dem Ziel geändert worden, auch elektronisch gesteuerte Wahlgeräte im Rahmen der Europawahlen einsetzen zu können.

1.5.9
Mit dem Wahlstatistikgesetz steht für die Durchführung der repräsentativen Wahlstatistik eine besondere rechtliche Regelung zur Verfügung, die – wie bereits anlässlich der Bundestagswahl 2002 - erstmals auch die Briefwähler einbezieht.

1.5.10
Hingewiesen wird schließlich auf die ebenfalls vor der letzten Bundestagswahl geänderte Regelung der Wahlkostenerstattung in § 50 BWG, die gem. § 25 Abs. 1 EuWG auch bei Europawahlen Anwendung findet.

2
Wahlsystem, Wahlvorschläge (§§ 2, 8, 9 EuWG)

Die Europawahl ist – abweichend von dem bei Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen bekannten Wahlsystem – eine reine Verhältniswahl nach (starren) Listen. Die Wähler haben eine Stimme. Die Listen sind entweder "Listen für einzelne Länder", die prinzipiell als verbunden gelten, oder "gemeinsame Listen für alle Länder". Auf der Liste kann neben jeder/jedem Bewerber/in ein/e Ersatzbewerber/in aufgeführt werden. Ein/e Bewerber/in einer Landesliste kann auch noch als Bewerber/in in einer anderen Landesliste derselben/desselben Wahlvorschlagsberechtigten benannt werden; sofern ein/e Bewerber/in nur in einem Wahlvorschlag benannt ist, kann sie/er in diesem zugleich als Ersatzbewerber/in benannt werden. Ein/e Bewerber/in einer Bundesliste kann als solche/r nur einmal, aber zugleich als Ersatzbewerber/in in derselben Liste aufgeführt werden. Bewerber/innen, die auf zwei Landeslisten gewählt sind, bleiben auf der Liste unberücksichtigt, in der sie an späterer Stelle benannt sind; ggf. entscheidet das vom Bundeswahlleiter zu ziehende Los.

3
Zuständigkeit für die Vorbereitung und Durchführung der Europawahl (§ 5 EuWG; §§ 1 bis 11 EuWO)

Mit dem Verzicht des EuWG auf eine Gliederung des Wahlgebietes in besondere Wahlkreise ist das Wahlgeschehen voll in die allgemeine Verwaltungsorganisation, also in die Gemeinden sowie in die Kreise und kreisfreien Städte eingebunden.

3.1
Die Kreis- und Stadtwahlleiter/innen tragen – als unabhängige Wahlorgane – die umfassende Verantwortung für die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl im Kreis bzw. in der kreisfreien Stadt, soweit nicht bestimmte Zuständigkeiten durch Europa- und Bundeswahlgesetz, Europawahlordnung und Bundeswahlgeräteverordnung sowie die Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen anderen Stellen übertragen sind.

3.2
Auch bei der Europawahl sind der "Gemeindebehörde" zahlreiche Aufgaben bei der Vorbereitung und Durchführung der Europawahl zugewiesen, die im vollen Umfang, auch hinsichtlich der Briefwahl, dem von der Bundestagswahl her Gewohnten entsprechen. Dabei handelt es sich in aller Regel um Geschäfte der laufenden Verwaltung. Die Zuständigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben kommt daher gemäß § 41 Abs. 3 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen dem/der hauptamtlichen (Ober-)Bürgermeister/in zu, soweit nicht der Rat sich oder einem Ausschuss für einen bestimmten Kreis von Aufgaben oder für eine bestimmte Aufgabe die Entscheidung vorbehält. Gemeindebehörde im Sinne des Europawahlgesetzes und der Europawahlordnung ist hiernach in der Regel und im Zweifel der/die hauptamtliche (Ober-)Bürgermeister/in. Dieser Runderlass übernimmt im Folgenden die Bezeichnung "Gemeindebehörde" aus den bundesrechtlichen Vorschriften.

4
Wahlberechtigung (§ 6 EuWG)

Der Kreis der Wahlberechtigten umfasst neben den in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden Deutschen auch die hier lebenden Unionsbürger/innen, außerdem die in den übrigen Mitgliedstaaten der EU wohnenden Deutschen sowie durch den Verweis in § 6 Abs. 2 die in § 12 Abs. 2 BWG genannten sonstigen Auslandsdeutschen. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet ist.

Das Wahlrecht darf stets nur einmal und nur persönlich ausgeübt werden. Das gilt auch für Wahlberechtigte, die zugleich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zum Europäischen Parlament wahlberechtigt sind.

4.1
Wahlberechtigung von Deutschen

4.1.1
Wahlberechtigt sind Deutsche, die am Wahltag seit mindestens 3 Monaten in der Bundesrepublik Deutschland und/oder einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten (§ 6 Abs. 1 EuWG).

4.1.2
Sonstige Auslandsdeutsche sind unter bestimmten Voraussetzungen auch dann wahlberechtigt, wenn sie keine Wohnung oder keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Wahlgebiet oder in den übrigen EU-Mitgliedstaaten haben (§ 6 Abs. 2 EuWG i.V.m. § 12 Abs. 2 BWG). Dies gilt für Beamte, Soldaten, Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst, die auf Anordnung ihres Dienstherrn ihre Wohnung oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland genommen haben, sowie für die Angehörigen ihres Hausstandes (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 BWG).

4.1.3
Daneben sind auch wahlberechtigt

4.1.3.1
die in den übrigen Mitgliedstaaten des Europarates lebenden Deutschen (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 BWG) sowie

4.1.3.2
die am Wahltag nicht länger als 25 Jahre seit ihrem Fortzug in einem anderen Staat lebenden Deutschen (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 BWG),

sofern sie vor ihrem Fortzug mindestens drei Monate ununterbrochen im Wahlgebiet gewohnt oder sich sonst gewöhnlich aufgehalten haben;

in den Fällen nach Nr. 4.1.3.1 ist weitere Voraussetzung, dass sie das Wahlgebiet erst nach dem 23.5.1949 verlassen haben. Bei Angehörigen der unter Nr. 4.1.3.1 genannten Personengruppe wird sich die Wahlberechtigung mit der Wahlberechtigung als EU-Deutsche häufig überschneiden.

Bei den übrigen Mitgliedstaaten des Europarates handelt es sich um Albanien, Andorra, Armenien, Aserbaidschan, Belgien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Dänemark, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Estland, Finnland, Frankreich, Georgien, Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Republik Moldau, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, San Marino, Schweden, Schweiz, Serbien und Montenegro, Slowakische Republik, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Ukraine, Ungarn, Vereinigtes Königreich und Zypern.

4.1.4
Zu 4.1.1 und 4.1.2 wird im Übrigen auf meinen nicht veröffentlichten Runderlass vom 23.12.2003 – 12/20-20.04.10 - verwiesen, mit dem ein Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 15.12.2003 – V 3-121 312-6/10 – zur Frage der Auslegung des Begriffs "übrige Mitgliedstaaten der Europäischen Union" und des Gebietes der übrigen Mitgliedstaaten des Europarates übersandt worden ist.

4.2
Wahlberechtigung von Unionsbürger/inne/n

Zur Europawahl sind gem. § 6 Abs. 3 EuWG auch die in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden Bürger/innen der Europäischen Union wahlberechtigt. Voraussetzung ist, dass die Unionsbürger/innen am Wahltag seit mindestens 3 Monaten in der Bundesrepublik Deutschland und/oder einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten. Hinsichtlich der Wahlberechtigung von Staatsangehörigen aus EU-Beitrittsstaaten wird im Übrigen auf meinen nicht veröffentlichten Runderlass vom 17.10.2003 – 12/20-20.04.10 – verwiesen, mit dem ein Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 9.10.2003 – V 3-121 312/14 – übersandt worden ist. Weitere Voraussetzung ist die Eintragung in das Wählerverzeichnis, die entweder gemäß § 17b EuWO von Amts wegen erfolgt, wenn der/die Unionsbürger/in bereits bei der Europawahl vom 13. Juni 1999 auf seinen/ihren Antrag hin in ein Wählerverzeichnis in der Bundesrepublik Deutschland eingetragen worden war, oder gemäß § 17a EuWO auf Antrag erfolgt. Zu beachten ist, dass die wahlberechtigten Unionsbürger/innen entscheiden können, ob sie ihr Wahlrecht hier oder in ihrem Herkunftsstaat ausüben wollen.

Zum Wahlrecht der Unionsbürger/innen und zum Antragsverfahren haben die Stadt- und Kreiswahlleiter/innen gem. § 19 Abs. 3 EuWO eine amtliche Bekanntmachung (Anlage 6 A) in regionalen Tageszeitungen zu veröffentlichen. Darüber hinaus wird eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit in der örtlichen Presse und den örtlichen Rundfunksendern empfohlen.

4.3
Wohnung, gewöhnlicher Aufenthalt

Der Wohnungsbegriff nach § 12 Abs. 3 BWG i.V.m. § 4 EuWG entspricht dem im Melderecht verankerten Wohnungsbegriff (§ 15 MG NRW).

4.3.1
Hat jemand keine Wohnung in diesem Sinne, so hält sie/er sich an einem Ort "sonst gewöhnlich" auf, wenn sie/er dort unter solchen Umständen lebt, die erkennen lassen, dass sie/er an dem Ort nicht nur vorübergehend verweilt.

Die Wohnungs- oder Aufenthaltsvoraussetzung ist erfüllt, wenn eine Wohnung oder ein gewöhnlicher Aufenthalt tatsächlich vorhanden ist. Die meldebehördliche Anmeldung hat demgegenüber lediglich die Bedeutung eines Indizes und Beweismittels. Die Angaben der Melderegister sind mithin widerlegbar.

Ist ein/e Unionsbürger/in von der Meldepflicht befreit oder hat eine/ein Meldepflichtige/r ihre/seine Anmeldung unterlassen, so muss sie/er auf andere Weise (z.B. durch Zeugen) nachweisen, dass eine Wohnung oder ein gewöhnlicher Aufenthalt im Wahlgebiet seit drei Monaten gleichwohl vorhanden ist.

4.3.2
Eine Sonderregelung in Form einer unwiderleglichen Vermutung enthält § 12 Abs. 4 BWG i.V.m. § 4 EuWG für

4.3.2.1
Seeleute sowie die Angehörigen ihres Hausstandes,

4.3.2.2
Binnenschiffer/innen sowie die Angehörigen ihres Hausstandes und

4.3.2.3
im Vollzug gerichtlich angeordneter Freiheitsentziehung befindliche Personen sowie andere Untergebrachte.

Für sie gilt das von ihnen bezogene Schiff bzw. die Anstalt oder die entsprechende Einrichtung als Wohnung im Sinne des Gesetzes, sofern sie im Wahlgebiet keine Wohnung innehaben oder innegehabt haben.

4.4
Wahlausschlussgründe (§ 6a EuWG)

Die Regelung der Wahlausschlussgründe in § 6a EuWG entspricht dem § 13 BWG. Darüber hinaus sind Unionsbürger/innen in der Bundesrepublik Deutschland vom Wahlrecht ausgeschlossen, wenn sie nach dem Recht ihres Herkunftsstaates infolge einer zivil- oder strafrechtlichen Einzelfallentscheidung das Wahlrecht verloren haben.

5
Wählbarkeit (§ 6b EuWG)

Die Voraussetzungen der Wählbarkeit sind in § 6b EuWG abschließend umschrieben. Wählbar sind nicht nur Deutsche, sondern auch Staatsangehörige der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Im Gegensatz zur Wahlberechtigung ist die Wählbarkeit von Deutschen nicht an eine Wohnung oder den sonstigen gewöhnlichen Aufenthalt im Wahlgebiet geknüpft; Unionsbürger/innen, die als Bewerber/innen aufgestellt werden, müssen jedoch im Wahlgebiet eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten. Hinsichtlich der Wählbarkeit von Staatsangehörigen aus EU-Beitrittsstaaten wird im Übrigen auf meinen nicht veröffentlichten Runderlass vom 17.10.2003 – 12/20-20.04.10 – verwiesen, mit dem ein Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 9.10.2003 – V 3-121 312/14 – übersandt worden ist.

Niemand kann sich gleichzeitig in Deutschland und in einem anderen EU-Mitgliedstaat zur Wahl bewerben (§ 6c EuWG).

6
Wählerverzeichnis (§ 4 EuWG, §§ 14, 17 BWG, §§ 14 bis 23 EuWO)

Das EuWG enthält keine eigenständige Regelung über die Wählerverzeichnisse, sondern verweist in § 4 auf die entsprechenden Vorschriften des BWG.

Auf Folgendes weise ich besonders hin:

6.1
Alle wahlberechtigten Deutschen

6.1.1
sind von Amts wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen, wenn sie am Stichtag – dem 35. Tag vor der Wahl, also dem 9. Mai 2004 – für eine Wohnung bei der Meldebehörde gemeldet sind (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EuWO).

6.1.2
Ein/e wahlberechtigte/r Deutsche/r mit mehreren Wohnungen wird nur von der für die Hauptwohnung zuständigen Gemeinde in das Wählerverzeichnis eingetragen (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 EuWO). Welche von mehreren Wohnungen die Hauptwohnung ist, bestimmt sich nach den Eintragungen im Melderegister der Meldebehörde.

6.2
Wahlberechtigte Unionsbürgerinnen und Unionsbürger

6.2.1
Wahlberechtigte Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sind von Amts wegen einzutragen, wenn sie am Stichtag – dem 35. Tag vor der Wahl, also dem 9. Mai 2004 – für eine Wohnung bei der Meldebehörde gemeldet sind und bereits anlässlich der Europawahl 1999 auf Antrag in ein Wählerverzeichnis in der Bundesrepublik Deutschland eingetragen worden waren (§ 17 b Abs. 1 EuWO). Auf den nicht veröffentlichten Runderlass der Landeswahlleiterin vom 11.4.2003 – 11/20-20.04.10; 11/20-20.11 – , dem ein Schreiben des Bundeswahlleiters vom 13.3.2003 – WE 16/09 – beigefügt ist, wird nochmals besonders hingewiesen.

6.2.2
Ferner sind sie nach den Regelungen des § 17a EuWO auf förmlichen Antrag nach Anlage 2 A in das Wählerverzeichnis einzutragen. Der Antrag muss spätestens bis zum 21. Tag vor der Wahl – 23. Mai 2004 - gestellt sein. Zuständig für die Eintragung ist die für die Wohnung, bei mehreren Wohnungen die für die Hauptwohnung zuständige Gemeinde.

6.2.3
Nach § 17a Abs. 5 Satz 3 EuWO hat die Gemeindebehörde der vom Herkunfts-Mitgliedstaat benannten Stelle das einheitliche Formular für den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten nach Anlage 2 B zu übermitteln, wenn alle Voraussetzungen für die Eintragung ins Wählerverzeichnis erfüllt sind. Bestehen Zweifel an den Angaben des/der Antragstellers/in, hat die Gemeindebehörde den Sachverhalt unverzüglich aufzuklären. Stellt sich heraus, dass die Angaben des/der Antragstellers/in unrichtig sind, ist die Eintragung in das Wählerverzeichnis abzulehnen oder der/die Unionsbürger/in aus dem Wählerverzeichnis zu streichen. Für die Unterrichtung und das Rechtsmittelverfahren gilt § 15 Abs. 8 EuWO entsprechend.

Die in den Mitgliedstaaten für das vorgenannte Verfahren benannten zuständigen Stellen sind durch mein Rundschreiben vom 9.1.2004 – 12/20-20.04.10 - an die Kreise, Städte und Gemeinden mitgeteilt worden.

Gemäß § 87 Abs. 2 EuWO kann der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten nach § 17a Abs. 5 Satz 3 EuWO auch durch Versand von Disketten gemäß den Empfehlungen der EU-Kommission erfolgen. Hiervon sollte insbesondere bei größeren Datenmengen Gebrauch gemacht werden. Auf das mit Rundschreiben vom 9.1.2004 bzw. 21.1.2004 – 12/20 – 20.04.10 – übersandte Merkblatt mit Anweisungen für die elektronische Übermittlung der Informationen wird hingewiesen.

6.3
Die im Ausland lebenden Wahlberechtigten (sogenannte Auslandsdeutsche) werden gleichfalls nur auf Antrag in das Wählerverzeichnis eingetragen. Der Antrag muss spätestens am 23. Mai 2004 (21. Tag vor der Wahl) der zuständigen Gemeindebehörde vorliegen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 EuWO). Der Antrag ist förmlich nach dem Muster der Anlage 2 EuWO zu stellen. Die bisherigen Sonderregelungen für im Ausland lebende Angehörige des öffentlichen Dienstes (§ 6 Abs. 2 EuWG, § 12 Abs. 2 Nr. 1 BWG) in § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 4 EuWO sind entfallen. Formlose Anträge sind nicht wirksam; soweit formlose Anträge eingehen, sind die Antragsteller möglichst umgehend auf das Antragsverfahren gemäß Anlage 2 EuWO hinzuweisen. Vordrucke und Merkblätter für die Antragstellung sind bei den diplomatischen und berufskonsularischen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, beim Bundeswahlleiter sowie bei sämtlichen Kreis- und Stadtwahlleiter/inne/n erhältlich (§ 17 Abs. 5 EuWO).

Zuständig für die Entgegennahme des Antrages ist die Gemeinde, in der die/der Wahlberechtigte nach seiner Erklärung vor seinem Fortzug aus dem Wahlgebiet zuletzt gemeldet war; das Bezirksamt Mitte von Berlin ist zuständig, sofern der Wahlberechtigte noch nie für eine Wohnung im Wahlgebiet gemeldet war (§ 16 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 EuWO).

In der Regel kann sich die Gemeinde auf die eidesstattliche Versicherung der/des Antragsteller/in/s zum Nachweis der Wahlberechtigung verlassen. Wenn sie allerdings Zweifel an den Angaben hat, ist sie gehalten, den Sacherhalt unverzüglich zu überprüfen (§ 17 Abs. 5 Satz 3 EuWO).

Von der Eintragung einer/eines sog. Auslandsdeutschen in das Wählerverzeichnis gemäß § 17 Abs. 5 EuWO ist stets der Bundeswahlleiter zu unterrichten (vgl. Anlage 2 EuWO).

6.4
Wegen der Amtseintragung von Seeleuten und Binnenschiffer/inne/n verweise ich auf § 15 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 i.V.m § 16 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 EuWO. Für Angehörige dieser Personenkreise, die nicht von Amts wegen eingetragen werden können, ist § 16 Abs. 2 Nr. 4 EuWO zu beachten.

6.5
Wahlberechtigte in Justizvollzugsanstalten oder entsprechenden Einrichtungen sind – von Amts wegen – in das Wählerverzeichnis der Gemeinde einzutragen, in der sie für eine Wohnung gemeldet sind (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 EuWO). Da in Nordrhein-Westfalen durch den Vollzug einer richterlichen Entscheidung über die Freiheitsentziehung Meldepflichten nach § 13 Abs. 1 und 2 MG NW nicht begründet werden, entfällt in unserem Land in der Regel eine Eintragung in das Wählerverzeichnis von Amts wegen nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 EuWO. Ist die/der Betreffende ansonsten nicht für eine Wohnung gemeldet, so kommt nur eine Eintragung auf Antrag in Betracht (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe d) EuWO). Der Antrag ist an die für die Justizvollzugsanstalt oder die entsprechende Einrichtung zuständige Gemeinde zu richten (§ 16 Abs. 2 Nr. 5 und § 17a Abs. 3 Nr. 4 EuWO).

6.6
Wahlberechtigte, die, ohne eine Wohnung innezuhaben, sich im Wahlgebiet sonst gewöhnlich aufhalten, werden auf Antrag in das Wählerverzeichnis eingetragen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b EuWO). Zuständig ist die Gemeinde, bei der die/der Wahlberechtigte den Antrag stellt (§ 16 Abs. 2 Nr. 2 und § 17a Abs. 3 Nr. 5 EuWO).

6.7
Von besonderer Bedeutung ist das Verfahren bei nach dem Stichtag eintretenden Veränderungen (z.B. aufgrund eines Wohnungswechsels - § 15 Abs. 3 bis 5 und § 17a Abs. 6 EuWO -). Die darin u.a. vorgesehene Rückmeldung über die Eintragung in das Wählerverzeichnis durch die Gemeinde des Zuzugsortes an die Gemeinde des Fortzugsortes besteht unabhängig von den Rückmeldepflichten nach dem Melderecht. Die wahlrechtliche Rückmeldung wird ihren Zweck – Beseitigung von Doppeleintragungen – nur erfüllen können, wenn sie unverzüglich erstattet wird. Ich bitte, dies zu beachten.

6.8
Eine besondere Benachrichtigungspflicht besteht für die Fälle, in denen der Gemeindebehörde des Fortzugsortes eine Mitteilung über den Ausschluss vom Wahlrecht vorliegt oder nachträglich zugeht. Sie hat hiervon die Gemeindebehörde des Zuzugsortes unverzüglich zu benachrichtigen, die die/den Wahlberechtigte/n in ihrem Wählerverzeichnis streicht (§ 15 Abs. 3 Satz 5 EuWO). Von der Streichung ist die/der Betroffene zu unterrichten.

6.9
Für die Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis gilt § 17 Abs. 1 Satz 2 BWG i.V.m. § 4 EuWG. Danach ist Gelegenheit zu geben, an den Werktagen vom 20. bis zum 16. Tag vor der Wahl (24.-28.5.2004) das Wählerverzeichnis einzusehen.

Der Abschluss des Wählerverzeichnisses ist spätestens am Tage vor der Wahl, jedoch nicht früher als am dritten Tage vor der Wahl, nach dem Muster der Anlage 7 EuWO zu beurkunden. Bei automatisierter Führung des Wählerverzeichnisses ist vor der Beurkundung ein Ausdruck herzustellen (§ 23 Abs. 1 EuWO).

6.10
Datenschutzrechtliche Belange sind in der EuWO gleichlautend wie in der BWO berücksichtigt.

Nach § 20 Abs. 3 EuWO dürfen Auszüge aus dem Wählerverzeichnis durch Träger von Wahlvorschlägen nicht angefertigt werden. Die Regelung des § 20 Abs. 3 EuWO gebietet eine enge Auslegung der Vorschrift. Parteien und andere Träger von Wahlvorschlägen sind ggf. auf die Auskunftsmöglichkeit der Meldebehörde nach § 35 Abs. 1 MG NRW hinzuweisen. Auskünfte aus dem Wählerverzeichnis sind nur im engen Rahmen des § 82 Abs. 2 EuWO zulässig. Im Übrigen sind die Wählerverzeichnisse so aufzubewahren, dass sie gegen Einsichtnahme durch Unbefugte geschützt sind (§ 82 Abs. 1 EuWO).

7
Übermittlung der Zahlen der Wahlberechtigten

Zur Unterrichtung der Medien ist insbesondere die Zahl der Unionsbürger/innen, die in das Wählerverzeichnis eingetragen sind, von hohem öffentlichen Interesse. Ich bitte die Kreis- und Stadtwahlleiter/innen, diese Zahl sowie zum Vergleich auch die Zahl der Wahlberechtigten insgesamt nach dem Stand des Tages vor Beginn der Frist zur Einsichtnahme des Wählerverzeichnisses (23.5.2004) feststellen zu lassen und sie alsdann der Landeswahlleiterin entweder per E-Mail (referat12@im.nrw.de) oder per Telefax (0211/871-3096 oder -2340) umgehend mitzuteilen.

8
Wahlbenachrichtigung (§ 18 EuWO)

8.1
Die Benachrichtigung der in das Wählerverzeichnis eingetragenen Wahlberechtigten spätestens am Tage vor dem Beginn der Frist zur Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis, also spätestens am 23. Mai 2004, ist zwingend vorgeschrieben. Seit langem schon darf die Wahlbenachrichtigung das Geburtsdatum des Wahlberechtigten nicht mehr enthalten. Diese aus datenschutzrechtlichen Erwägungen gerechtfertigte Handhabung kann zu Schwierigkeiten führen, wenn Namens- und Adressengleichheit besteht. Um Schwierigkeiten, zumal im Wahllokal, bei der Stimmabgabe vorzubeugen, empfehle ich, in solchen Fällen entweder dem Namen jeweils den Zusatz "jun." oder "sen." beizufügen oder den zweiten Vornamen, sofern vorhanden, in die Adressierung der Wahlbenachrichtigung aufzunehmen.

8.2
Der Vordruck für die Wahlbenachrichtigung nach Anlage 3 EuWO ist ein Muster. Gestaltung, Format und auch Formulierung im Einzelnen sind der Gemeindebehörde überlassen. Allerdings muss der nach § 18 Abs. 1 EuWO vorgegebene Inhalt enthalten und für den Wahlberechtigten leicht erkennbar sein.

Auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung ist ein Vordruck für einen Antrag auf Ausstellung eines Wahlscheins nach dem Muster der Anlage 4 EuWO aufzudrucken (§ 18 Abs. 2 EuWO). Wegen der Versendung der Wahlbenachrichtigungen als Infopost sollte rechtzeitig Verbindung mit der zuständigen Niederlassung der Deutschen Post AG aufgenommen werden.

8.3
Wird eine/ein Wahlberechtigte/r auf Antrag gemäß § 15 Abs. 2 bis 5 oder § 17a Abs. 1, 4 bis 7 EuWO nach Versendung der Wahlbenachrichtigungen in das Wählerverzeichnis eingetragen, hat deren/dessen Benachrichtigung unverzüglich nach der Eintragung zu erfolgen (§ 18 Abs. 1 Satz 3 EuWO). Die Wahlbenachrichtigung entfällt bei Wahlberechtigten, die gem. § 15 Abs. 2 oder § 17a Abs. 1 EuWO auf Antrag in das Wählerverzeichnis eingetragen werden, wenn diese bereits einen Wahlschein und Briefwahlunterlagen beantragt haben (§ 18 Abs. 3 EuWO). Bei deutschen Wahlberechtigten, die gem. § 15 Abs. 2 EuWO auf Antrag in das Wählerverzeichnis eingetragen werden, gilt dieser Antrag gem. § 26 Abs. 5 EuWO in der Regel zugleich als Antrag auf Erteilung eines Wahlscheins.

9
Erteilung von Wahlscheinen und Ausgabe von Briefwahlunterlagen (§§ 4, 6 Abs. 5 EuWG, §§ 14, 17 BWG, §§ 24 bis 30 EuWO)

9.1
Die Voraussetzungen für die Erteilung von Wahlscheinen in § 24 EuWO sind im Grundsatz unverändert beibehalten. Anders als bei Landtags- und Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen ist danach in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ein Wahlschein erteilt werden kann. Obgleich eine Einschränkung der Briefwahl wegen der Missbrauchsmöglichkeiten erstrebenswert ist, sollte bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Wahlscheins kein zu enger Maßstab angelegt werden. In der Regel wird man sich mit der Versicherung gemäß dem Muster des Wahlscheinantrags nach Anlage 4 EuWO zufrieden geben können.
Wahlscheine können grundsätzlich bis zum 2. Tage vor der Wahl, 18.00 Uhr, beantragt werden. Von dieser zeitlichen Beschränkung der Wahlscheinbeantragung ausgenommen sind die selbstständigen Wahlscheine gemäß § 24 Abs. 2 EuWO; sie können noch bis zum Wahltag, 15.00 Uhr, beantragt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt kann bei nachgewiesener plötzlicher Erkrankung auch ein unselbständiger Wahlschein beantragt werden (§ 26 Abs. 4 Satz 3 EuWO). In einem solchen Fall hat die Gemeindebehörde vor Erteilung des Wahlscheins den zuständigen Wahlvorsteher zu unterrichten, damit dieser den Abschluss des Wählerverzeichnisses entsprechend § 46 Abs. 2 EuWO berichtigen kann.

Der Wahlschein kann schriftlich oder mündlich beantragt werden. Die Schriftform gilt auch durch Telegramm, Fernschreiben, Telefax, E-Mail oder durch sonstige dokumentierbare Übermittlung in elektronischer Form als gewahrt. Eine fernmündliche Antragstellung ist dagegen unzulässig (§ 26 Abs. 1 EuWO). Wer für einen anderen einen Wahlschein beantragt, muss durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachweisen, dass sie/er dazu berechtigt ist (§ 26 Abs. 3 EuWO).

9.2
Verlorene Wahlscheine werden nicht ersetzt. Versichert eine/ein Wahlberechtigte/r glaubhaft, dass ihr/ihm der beantragte Wahlschein nicht zugegangen ist, kann ihr/ihm bis zum Tag vor der Wahl, 12.00 Uhr, ein neuer Wahlschein erteilt werden (§ 27 Abs. 10 EuWO).

9.3
Die Wahlschein- und Briefwahlunterlagen dürfen an eine/n andere/n als die/den Wahlberechtigte/n nur ausgehändigt werden bei nachgewiesener plötzlicher Erkrankung, wenn die Berechtigung zur Empfangsnahme durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachgewiesen wird und die Unterlagen der/dem Wahlberechtigten nicht mehr rechtzeitig durch die Post übersandt oder amtlich überbracht werden können. Ausnahmen von dieser Regelung sind unzulässig (§ 27 Abs. 4 EuWO).

9.4
Es empfiehlt sich, die Wahlberechtigten auf die Möglichkeit der Briefwahl an Ort und Stelle hinzuweisen. Es muss in jedem Falle gewährleistet sein, dass eine unbeobachtete Kennzeichnung des Stimmzettels möglich ist (§ 27 Abs. 5 EuWO).

9.5
In dem nach § 27 Abs. 6 EuWO von der Gemeinde zu führenden Wahlscheinverzeichnis sind die Fälle des § 24 Abs. 1 und die des Absatzes 2 getrennt zu halten. Auf dem Wahlschein wird die Nummer eingetragen, unter der die/der Wahlberechtigte im Wahlscheinverzeichnis vermerkt ist. Außerdem ist entweder die Nummer, unter der sie/er im Wählerverzeichnis geführt wird, einzutragen oder der vorgesehene Wahlbezirk. Auf die Pflicht zur Benachrichtigung des Bundeswahlleiters in den Fällen des § 27 Abs. 7 EuWO weise ich hin.

9.6
Nach § 27 Abs. 8 EuWO ist über die für ungültig erklärten Wahlscheine ein eigenes Verzeichnis zu führen. Auch hier mache ich auf die Unterrichtungs- bzw. Benachrichtigungspflichten aufmerksam. Das in § 27 Abs. 9 EuWO vorgeschriebene Verfahren ist für die Wahlbehörden in Nordrhein-Westfalen ohne Bedeutung, weil hier das Briefwahlgeschäft ausschließlich den Gemeinden obliegt.

10
Wahlvorstände und Briefwahlvorstände (§ 5 EuWG, §§ 6 bis 10 EuWO)

10.1
Die Bildung der Wahlvorstände und der Briefwahlvorstände obliegt auch bei Europawahlen ausschließlich den Gemeinden (§ 1 Abs. 2 der Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen).

10.2
Die Wahlzeit wird gemäß § 40 Abs. 1 EuWO (neu gefasst durch Artikel 2 Nr. 1 der Vierten Verordnung zur Änderung der Europawahlordnung vom 12. Dezember 2003) zum ersten Mal bei einer Europawahl von 8.00 bis 18.00 Uhr dauern. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass diese Änderung erst in Kraft tritt, wenn alle – derzeitigen – Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Änderungen des Direktwahlaktes angenommen haben (s.o. Nr. 1.5.6). Das Bundesministerium des Innern wird den Tag des In-Kraft-Tretens im Bundesgesetzblatt bekannt geben.

Es empfiehlt sich, die Zahl der zu berufenden Beisitzer/innen so hoch wie möglich zu bemessen. Dadurch kann Schwierigkeiten vorgebeugt werden, die sich bei der Durchführung der Wahl im Hinblick auf die arbeitsfähige Besetzung und Beschlussfähigkeit des Wahlvorstandes ergeben könnten (vgl. § 6 Abs. 9 EuWO).

Nach § 6 Abs. 9 Satz 1 i.V.m. Abs. 8 Satz 1 EuWO ist der Wahlvorstand nur beschlussfähig, wenn während der Wahlhandlung drei Mitglieder des Wahlvorstandes, darunter der/die Wahlvorsteher/in und der/die Schriftführer/in oder ihre Stellvertreter/innen, anwesend sind. Bei der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses müssen fünf Mitglieder, darunter der/die Wahlvorsteher/in und der/die Schriftführer/in oder ihre Stellvertreter/innen, anwesend sein (§ 6 Abs. 9 Satz 1 EuWO).

10.3
Für die Auswahl der Mitglieder der Wahlvorstände wird auf § 9 Abs. 3 BWG, der kraft Verweisung in § 4 EuWG auch für die Europawahl gilt, besonders hingewiesen, wonach Wahlbewerber/innen und Vertrauenspersonen für Wahlvorschläge nicht zu Mitgliedern eines Wahlorgans, also auch nicht zu Mitgliedern eines Wahlvorstandes, bestellt werden dürfen und niemand in mehr als einem Wahlorgan Mitglied sein kann.

Die Mitglieder des Wahlvorstandes und des Briefwahlvorstandes sollen nach Möglichkeit aus Wahlberechtigten der Gemeinde, die Beisitzer/innen in den Wahlvorständen aus Wahlberechtigten des Wahlbezirks berufen werden (§ 6 Abs. 1 und 2 EuWO). Es können auch wahlberechtigte Unionsbürger/innen zu Mitgliedern des Wahlvorstandes berufen werden.

Die Zahl der Beisitzer, die maximal in einen Wahlvorstand berufen werden können, ist von fünf auf sieben erhöht worden (§ 5 Abs. 3 Satz 1 EuWG), so dass dem Wahlvorstand bis zu neun Mitglieder angehören können.

Wie bereits bei den zurückliegenden Wahlen wird auch diesmal gebeten, bei der Bildung der Wahlvorstände nicht immer wieder im Wesentlichen auf dieselben Kräfte zurückzugreifen. Jung- und Erstwähler/innen sollten bei der Besetzung der Wahlvorstände im Rahmen des Möglichen angemessen berücksichtigt werden.

Es wird erwartet, dass die Angehörigen des öffentlichen Dienstes auch bei dieser Wahl in den Wahlvorständen wieder bereitwillig mitwirken. Vorsorglich weise ich darauf hin, dass auch Richter/innen an einer Tätigkeit in den Wahlvorständen nicht gehindert sind; § 4 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes findet auf diese Tätigkeit keine Anwendung.

Ebenso wird auf § 4 EuWG i.V.m. § 9 Abs. 5 BWG hingewiesen, wonach Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten, Stiftungen des öffentlichen Rechts, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts auf Ersuchen der Gemeindebehörden verpflichtet sind, zur Sicherstellung der Wahldurchführung aus dem Kreis ihrer Bediensteten Personen zum Zweck der Berufung als Mitglieder der Wahlvorstände zu benennen.

Für das Anlegen von Wahlhelferdateien besteht nunmehr in § 4 EuWG i.V.m. § 9 Abs. 4 BWG eine besondere Regelung, die den datenschutzrechtlichen Belangen Rechnung trägt.

10.4
Besonderes Gewicht bitte ich wiederum darauf zu legen, dass die Mitglieder der Wahlvorstände vor der Wahl so über ihre Aufgaben unterrichtet werden, dass ein ordnungsgemäßer Ablauf der Wahlhandlung sowie der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses gesichert ist (§ 6 Abs. 5 EuWO).

10.5
Die Wahlvorstandsmitglieder sind gem. § 4 EuWG i.V.m. § 10 Abs. 2 BWG zur unparteiischen Wahrnehmung ihres Amtes und zur Verschwiegenheit über die ihnen bei ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten verpflichtet. Hierauf sind die Wahlvorsteher/innen und ihre Stellvertreter/innen von der Gemeindebehörde und die Beisitzer/innen von dem/der Wahlvorsteher/in vor Beginn der Wahlhandlung hinzuweisen (§ 6 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 9 Satz 3 EuWO). Im Übrigen ist den Wahlvorstandsmitgliedern unverändert untersagt, während ihrer Tätigkeit ein auf eine politische Überzeugung hinweisendes Zeichen sichtbar zu tragen (§ 6 Abs. 3 Satz 2 EuWO).

10.6
Für Wahlvorstandsmitglieder kann ein Erfrischungsgeld von 16;- Euro gewährt werden (§ 10 Abs. 2 EuWO).

10.7
Besonderheiten für den Briefwahlvorstand sind in § 7 EuWO aufgeführt.

Durch § 2 der Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen ist die Anordnung gemäß § 5 Abs. 2 EuWG getroffen worden, dass Briefwahlvorstände für jede Gemeinde statt für jeden Kreis gebildet werden. Wie viel Briefwahlvorstände zu bilden sind, entscheidet der/die (Ober-)Bürgermeister/in (§ 7 Nr. 2 EuWO, § 1 Abs. 2 Nr. 3 der Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen). Die Zahl ist so zu bemessen, dass das Briefwahlergebnis noch am Wahltag festgestellt werden kann. Die Zahl der auf einen Briefwahlvorstand entfallenden Wahlbriefe darf nicht so gering sein, dass erkennbar wird, wie einzelne Wahlberechtigte gewählt haben; auf einen Briefwahlvorstand sollen mindestens 50 Wahlbriefe entfallen (§ 7 Nr. 1 EuWO).

11
Bewegliche Wahlvorstände, Sonderwahlbezirke (§§ 8, 13, 54 bis 57 EuWO)

Seit jeher besteht die Möglichkeit, bewegliche Wahlvorstände ("fliegende Wahlurnen") zu bilden und Sonderwahlbezirke einzurichten. Auch unter dem Gesichtspunkt, die Briefwahl nicht auszuweiten, sind in der EuWO die einschlägigen Bestimmungen als Sollvorschriften ausgestaltet.

Nach § 8 EuWO sollen in den dort aufgeführten Einrichtungen bei entsprechendem Bedürfnis und soweit möglich bewegliche Wahlvorstände gebildet werden.

Für die in § 13 EuWO genannten Einrichtungen sollen bei entsprechendem Bedürfnis Sonderwahlbezirke gebildet werden.

Es ist nicht zu verkennen, dass insbesondere der Einsatz beweglicher Wahlvorstände mit Mehraufwand sowohl für die Gemeinde wie auch für die betreffende Einrichtung verbunden ist. Gleichwohl wird empfohlen, in allen einschlägigen Fällen sorgfältig zu prüfen, ob ein beweglicher Wahlvorstand oder die Bildung eines Sonderwahlbezirks in Betracht kommt.

Soweit sich der Wahlvorstand in einzelne Zimmer der Einrichtung und an die Betten der aufgenommenen Personen begibt (§ 54 Abs. 6 EuWO), ist stets darauf zu achten, dass die Freiwilligkeit der Wahlbeteiligung gewährleistet ist. Keinesfalls dürfen Patient/inn/en usw. von den Mitgliedern des Wahlvorstandes oder dem Personal der Einrichtung gedrängt werden, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Das gilt insbesondere für behinderte Personen, die zwar wahlberechtigt sind, gleichwohl wegen ihres Gesundheitszustandes erkennbar unfähig sind, den Wahlvorgang einzusehen.

12
Wahlgeräte (§ 17 EuWG; § 35 BWG)

Die Benutzungsgenehmigung des Bundesministerium des Innern für amtlich zugelassenen Wahlgeräten für die Europawahl 2004 steht noch aus. Nach Genehmigung des Bundesministeriums des Innern werde ich die Kreis- und Stadtwahlleiter/innen unterrichten.

13
Dienst der Behörde am Tag vor der Wahl und am Wahltag

Zur Vermeidung von Unregelmäßigkeiten und Störungen bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl halte ich es für unerlässlich, dass auch diesmal wieder die Dienststellen der Kreis- und Stadtwahlleiter/innen und der Gemeindebehörden am Tage vor der Wahl und am Wahltag möglichst ganztägig ausreichend besetzt sind. Nur so kann sichergestellt werden, dass Anfragen anderer Wahlorgane oder Wahlbehörden oder einzelner Wahlberechtigter sachkundig beantwortet und die an diesen Tage möglichen Anträge (§§ 26 Abs. 4, 27 Abs. 3 EuWO) sachgerecht erledigt werden.

14
Wahlraum (§ 39 EuWO)

Nach § 39 EuWO ist es Aufgabe der Gemeinde, geeignete Wahlräume zu bestimmen und für die Wahl einzurichten. Damit ist die Gemeinde zugleich auch dafür verantwortlich, dass sich die für die Wahl zur Verfügung gestellten Räume in einem verkehrssicheren Zustand befinden.

Neu ist, dass die Wahlräume nach den örtlichen Verhältnissen so ausgewählt und eingerichtet werden sollen, dass allen Wahlberechtigten, insbesondere behinderten und anderen Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigungen, die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichtert wird. Die Gemeindebehörden haben frühzeitig und in geeigneter Weise mitzuteilen, welche Wahlräume barrierefrei sind (§ 39 Abs. 1 EuWO).

Vorrangig sind die Wahllokale in gemeindeeigenen Gebäuden einzurichten. Auf Gastwirtschaften sollte möglichst nur dann zurückgegriffen werden, wenn öffentliche Gebäude nicht zur Verfügung stehen oder ungeeignet sind.

Der Wahlraum soll gut ausgeschildert sein, damit er von den Wähler/inne/n ohne Schwierigkeiten ausfindig gemacht werden kann.

Besonderer Wert ist darauf zu legen, dass die Wahlbekanntmachung oder ein Auszug aus ihr einschließlich eines Stimmzettels gemäß § 41 Abs. 2 EuWO als Muster gut sichtbar und so angebracht werden, dass die Wähler/innen sich vor der Wahlhandlung informieren können.
Unverzichtbar ist ferner, die Wahlurne so zu stellen, dass sie ständig unter der unmittelbaren Kontrolle eines Mitglieds des Wahlvorstandes gehalten werden kann.

15
Unzulässige Wahlpropaganda und Unterschriftensammlung (§ 4 EuWG i.V.m. § 32 Abs. 1 BWG)

Nach § 32 Abs. 1 BWG sind in und an dem Gebäude, in dem sich der Wahlraum befindet, sowie unmittelbar vor dem Zugang zu dem Gebäude jede Beeinflussung der Wähler/innen durch Wort, Ton, Schrift oder Bild sowie jede Unterschriftensammlung verboten. Danach sind neben jeder Agitation oder Diskussion im Besonderen die Verteilung von Flugblättern, das Anbringen von Wahlplakaten und das sichtbare Mitführen von Werbematerial unzulässig.

Eine Abgrenzung des Bereichs "unmittelbar vor dem Zugang zu dem Gebäude" lässt sich nicht generell vornehmen; es wird stets auf die örtlichen Gegebenheiten ankommen. Entscheidend ist, dass jede/r Wahlberechtigte sein politisches Grundrecht zu wählen ungehindert ausüben können muss. Es gibt keine generelle "Bannmeile" um das Wahllokal. Befindet sich der Wahlraum z.B. in einem Schulgebäude, so kann schon der Zugang zum Schulgrundstück (Schulhof) unter die Verbotsregelung des § 32 Abs. 1 BWG fallen. Gleiches gilt, wenn aufgrund der örtlichen Verhältnisse nur eine bestimmte Wegstrecke zu dem Wahlgebäude führt, die von den Wähler/inne/n benutzt werden muss, um in den Wahlraum zu gelangen. Bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen ist ggf. durch Auflagen sicherzustellen, dass stets ein ungehinderter Zugang zum Wahlraum gewährleistet ist.

In erster Linie hat der Wahlvorstand darauf zu achten, dass die Verbote des § 32 Abs. 1 BWG eingehalten werden. Das gilt insbesondere bei am Wahlgebäude oder unmittelbar vor dessen Zugang geklebten oder aufgestellten Wahlplakaten. Kann der Wahlvorstand von sich aus eine Störung nicht beseitigen, so wird er die örtliche Ordnungsbehörde bzw. die Polizei heranziehen.

Auf § 10 Abs. 3 des Landesimmissionsschutzgesetzes, wonach Lautsprecherwerbung am Wahltag nicht mehr zugelassen ist, und im Zusammenhang damit auf den Gem. RdErl. d. Ministeriums für Verkehr, Energie und Landesplanung u. d. Innenministeriums v.8.8.2003 (SMBl. NRW. 922) über Lautsprecher- und Plakatwerbung der Parteien und Wählergruppen aus Anlass von Bundestags, Europa-, Landtags- oder Kommunalwahlen weise ich hin.

16
Aufenthalt von Parteibeauftragten im Wahlraum

Aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl folgt, dass Beauftragte der Parteien sich im Wahlraum aufhalten dürfen, um die Wahl zu beobachten.

Die Mitwirkung von Mitgliedern des Wahlvorstandes bei der Führung sog. "Schlepplisten" ist unzulässig (vgl. auch § 49 Abs. 4 Satz 4 EuWO).

17
Briefwahl (§§ 4, 5, 6 Abs. 5 EuWG, § 36 BWG, §§ 7, 59, 67, 68 EuWO, § 1 Abs. 2, § 2 der Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen)

Das Briefwahlgeschäft obliegt in Nordrhein-Westfalen bei sämtlichen Wahlen der Gemeindebehörde.

Sowohl auf dem Wahlschein als auch auf dem Wahlbriefumschlag (Anlagen 8 und 10 EuWO) kann alternativ die Wahlscheinnummer oder der vorgesehene Wahlbezirk eingetragen werden. Die von der Gemeindebehörde gemäß § 67 Abs. 1 EuWO zu sammelnden Wahlbriefe werden zweckmäßigerweise nach Wahlbezirken geordnet. Eine Vorsortierung nach Wahlscheinnummern ist entbehrlich. Die Briefwahlvorstände erhalten kein Wahlscheinverzeichnis, so dass die Wahlbriefe anhand eines Wahlscheinverzeichnisses nicht zu kontrollieren sind. Den Briefwahlvorständen sind das Verzeichnis über die für ungültig erklärten Wahlscheine sowie die Nachträge dazu oder die Mitteilung, dass keine Wahlscheine für ungültig erklärt worden sind, zu übergeben (§ 67 Abs. 4 EuWO).

Die Zurückweisungsgründe für Wahlbriefe sind in § 39 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 bis 8 BWG i.V.m. § 4 EuWG abschließend geregelt. Sonstige formelle Mängel können danach grundsätzlich nicht zur Zurückweisung führen.

Ist ein Wahlschein im Verzeichnis der für ungültig erklärten Wahlscheine, evtl. in einem Nachtrag, aufgeführt oder werden sonst Bedenken gegen den Wahlbrief erhoben, so beschließt der Briefwahlvorstand über die Zulassung oder Zurückweisung.

18
Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses (§§ 60 ff. EuWO)

Unter den Vorschriften, mit denen sich die Mitglieder der Wahlvorstände vertraut machen müssen, nehmen die Bestimmungen über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses einen besonderen Platz ein. Die Gemeindebehörden werden gebeten, gerade hier für eine eingehende Unterweisung zu sorgen. Dabei ist den Mitgliedern der Wahlvorstände wie bei den bisherigen Wahlen deutlich zu machen, dass Sicherheit und Genauigkeit unbedingten Vorrang vor Schnelligkeit haben. Wenn auch die Öffentlichkeit verständlicherweise an einer schnellen Ermittlung des Wahlergebnisses interessiert ist, so darf es doch bei der Ermittlung auf keinen Fall einen "Wettlauf" zwischen den Wahlvorständen oder zwischen Gemeinden oder Kreisen noch gar einen solchen mit den Hochrechnungen der Fernsehsender geben. Die Zuverlässigkeit der Feststellungen rangiert unbedingt an erster Stelle.

19
Ungültige Stimmen, Auslegungsregeln (§ 4 EuWG, § 39 Abs. 1 bis 3 BWG)

Bei der Entscheidung über die Gültigkeit der Stimmen hat der Wahlvorstand kraft Verweisung in § 4 EuWG § 39 Abs. 1 bis 3 BWG zu beachten, der für eine Reihe von Fällen die Ungültigkeit der Stimmen verbindlich festlegt und einige Auslegungsregeln enthält. Die Vorschrift gilt entsprechend; deshalb ist zu berücksichtigen, dass es bei der Europawahl nur eine Stimme gibt.

Eine Zusammenstellung der in der Praxis am häufigsten vorkommenden Fälle gültiger und ungültiger Stimmabgabe ist als Anlage 1 abgedruckt. Die Zusammenstellung, die keinen

Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, soll den Wahlvorständen eine Hilfe bei den von ihnen zu treffenden Entscheidungen sein. Ich empfehle, die Zusammenstellung den Mitgliedern der Wahlvorstände zugänglich zu machen.

20
Schnellmeldungen (§ 64 EuWO)

Sobald das Wahlergebnis im Wahlbezirk festgestellt ist, haben die Wahlvorsteher/innen der Gemeindebehörde eine Schnellmeldung zu erstatten. Dabei sollte sichergestellt werden, dass die Meldung erst erstattet wird, nachdem das vom Wahlvorstand ermittelte Ergebnis in der Wahlniederschrift festgelegt und ggf. auch eine Wiederholungszählung (§ 62 Abs. 6 EuWO) durchgeführt ist. Die weiteren Stationen der Schnellmeldung ergeben sich aus § 64 EuWO. Es darf nicht vergessen werden, das Ergebnis der Briefwahl in die Zusammenfassung des Gemeindeergebnisses einzubeziehen.

Die Meldungen sind in allen Fällen nach dem Muster der Anlage 24 EuWO auf schnellstem Wege, z.B. telefonisch, durch Telefax oder auf sonstigem elektronischen Wege, zu erstatten.
Die Landeswahlleiterin wird den Kreis- und Stadtwahlleiter/inne/n die für die Schnellmeldung an sie zu verwendenden Vordrucke übersenden und die Übermittlungswege mitteilen.

21
Ermittlung und Feststellung der Wahlergebnisse im Kreis, in der kreisfreien Stadt und im Land (§§ 69, 70 EuWO)

Zur Feststellung des Wahlergebnisses im Land wird der Landeswahlausschuss voraussichtlich am 23. Juni 2004 zusammentreten. Um diesen Termin einhalten zu können, ist es erforderlich, dass die Wahlergebnisse der Kreise und kreisfreien Städte spätestens am Freitag, dem 18. Juni 2004, 14.00 Uhr, dem Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik, Düsseldorf, Grafenberger Allee 114, vorliegen, das im Auftrag der Landeswahlleiterin Aufgaben nach § 70 Abs. 1 EuWO durchführt. Ich bitte die Kreis- und Stadtwahlleiter/innen, den Sitzungstermin für den Kreis- oder Stadtwahlausschuss zur Feststellung des Wahlergebnisses so zu bestimmen, dass der vorerwähnte Termin unbedingt eingehalten wird. Das Nähere wird die Landeswahlleiterin rechtzeitig den Kreis – und Stadtwahlleiter/inne/n mitteilen.

22
Wahlstatistik

Grundlage der Wahlstatistik ist – wie schon bei der Bundestagswahl 2002 - das Wahlstatistikgesetz vom 21. Mai 1999 (BGBl. I S. 1023), geändert durch Gesetz vom 17. Januar 2002 (BGBl. I S. 412).

Die statistische Bearbeitung des Ergebnisses der Europawahl liegt im Wesentlichen beim Statistischen Bundesamt und beim Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen. Wegen der Einzelheiten wird auf die besonderen Rundschreiben der Landeswahlleiterin, des Innenministeriums bzw. des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen verwiesen.

Soweit Gemeinden außer in den für die Statistiken nach § 2 WStatG ausgewählten in weiteren Wahlbezirken und Briefwahlbezirken für eigene statistische Zwecke wahlstatistische Auszählungen unter Verwendung der für die Repräsentativstatistik gekennzeichneten Stimmzettel oder hierfür zugelassener Wahlgeräte durchführen wollen, ist dies nur mit Zustimmung der Landeswahlleiterin zulässig (§ 6 WStatG). Auf die besonderen Vorschriften zur Veröffentlichung der wahlstatistischen Auszählungen in § 8 WStatG weise ich hin.

Soweit darüber hinaus statistische Auszählungen beabsichtigt sind, wird darauf hingewiesen, dass solche Auszählungen nur mit Zustimmung der Landeswahlleiterin zulässig sind. Bei solchen Auszählungen sind zur Sicherung des Wahlgeheimnisses und einer beschleunigten Feststellung des Wahlergebnisses die aus früheren Wahlen geläufigen Vorkehrungen zu treffen. Auf den Vorbehalt der Veröffentlichung von Ergebnissen wahlstatistischer Auszählungen zugunsten des Statistischen Bundesamtes und des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik und auf das weiterhin geltende Verbot der Bekanntgabe dieser Ergebnisse für einzelne Wahlbezirke wird hingewiesen.

23
Sicherung der Wahlunterlagen (§ 82 EuWO)

Außer den Wählerverzeichnissen und den Unterstützungsunterschriften zählen ausdrücklich gemäß § 82 Abs. 1 EuWO auch die Wahlscheinverzeichnisse, die Verzeichnisse nach § 27 Abs. 8 Satz 2 und § 28 Abs. 1 EuWO sowie die eingenommenen Wahlbenachrichtigungen zu den Unterlagen, die besonders sorgfältig zu verwahren sind. Es ist dafür zu sorgen, dass den Erfordernissen des Wahlgeheimnisses und des Datenschutzes konsequent Rechnung getragen wird. Die Unterlagen sind so zu verwahren, dass sie gegen Einsichtnahme durch Unbefugte geschützt sind.

Die Auskunftsbeschränkungen nach § 82 Abs. 2 EuWO erstrecken sich auf die Wahlscheinverzeichnisse und die im Absatz zuvor bereits erwähnten Verzeichnisse. Bei Auskunftsersuchen ist sorgfältig zu prüfen, ob danach Auskunft erteilt werden darf.

24
Vernichtung von Wahlunterlagen (§§ 83, 87 EuWO)

Nach § 83 EuWO sind die eingenommenen Wahlbenachrichtigungen von der Gemeinde unverzüglich zu vernichten. Wählerverzeichnisse, Wahlscheinverzeichnisse, die Verzeichnisse nach § 27 Abs. 8 Satz 2 und § 28 Abs. 1 sowie Formblätter mit Unterstützungsunterschriften sind nach Ablauf von sechs Monaten seit der Wahl – ab 13. Dezember 2004 – zu vernichten, sofern der Bundeswahlleiter nicht etwas anderes angeordnet hat oder sie für die Strafverfolgungsbehörde zur Ermittlung einer Wahlstraftat von Bedeutung sein können. Die übrigen Wahlunterlagen können 60 Tage vor der Wahl des neuen Europäischen Parlaments vernichtet werden; ihre frühere Vernichtung kann die Landeswahlleiterin zulassen.

Zu beachten ist die neue Vorschrift des § 87 Abs. 1 EuWO, wonach die Anträge von Unionsbürgern nach § 17a EuWO, die zur Eintragung in das Wählerverzeichnis geführt haben, entgegen § 83 EuWO nicht vernichtet werden dürfen, sondern gesondert aufzubewahren sind.

25
Fristen und Termine

Europawahlgesetz und Europawahlordnung bestimmen zahlreiche Fristen und Termine, deren Nichteinhaltung die Ordnungsmäßigkeit und Gültigkeit der Wahl in Frage stellen würde. Darüber hinaus ergibt sich der Zeitpunkt für die Wahrnehmung der im Gesetz und in der Wahlordnung nicht an bestimmte Fristen und Termine gebundenen Aufgaben und Befugnisse weitgehend aus der Natur der Sache.

Zur Erleichterung der Vorbereitung und Durchführung der Wahl ist diesem Runderlass als Anlage 2 ein Terminkalender beigefügt, aus dem die gesetzlich bestimmten Fristen und Termine ersichtlich sind und in dem ein Anhalt für die Bestimmung des Zeitpunktes der Wahrnehmung der nicht frist- und termingebundenen Aufgaben und Befugnisse gegeben ist.

26
Erfahrungsbericht

Alle Wahlorgane und -behörden werden gebeten, besondere Erfahrungen, die für die Entwicklung des Wahlrechts und der Wahlpraxis von Bedeutung sein können, auf dem Dienstweg mitzuteilen. Das gilt auch für Anregungen und Wünsche zum Inhalt und Umfang künftiger "Wahlerlasse".

Anlage 1

Anlage 2

- MBl. NRW. 2004 S. 302