Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2005 Nr. 33 vom 29.7.2005 Seite 809 bis 842

 

Wahl zum 16. Deutschen Bundestag RdErl. d. Innenministeriums v. 25.7.2005 – 12 - 35.04.00 –

Wahl zum 16. Deutschen Bundestag

RdErl. d. Innenministeriums v. 25.7.2005
– 12 - 35.04.00 –

Inhaltsübersicht

1

Rechtliche Grundlagen

2

Zuständigkeit

3

Wahlberechtigung

4

Wählbarkeit

5

Wahlausschlussgründe

6

Wählerverzeichnis

7

Wahlbenachrichtigung

8

Wahlscheine, Briefwahlunterlagen

9

Unterstützungsunterschriften, Wahlrechtsbescheinigung

10

Einreichungsfrist für Wahlvorschläge

11

Weiterleitung der Kreiswahlvorschläge

12

Reihenfolge der Wahlvorschläge (Bekanntmachung, Stimmzettel)

13

Wahlvorstände, Briefwahlvorstände

14

Bewegliche Wahlvorstände, Sonderwahlbezirke

15

Vordrucke, Stimmzettel

16

Wahlgeräte (Stimmenzählgeräte)

17

Wahlbekanntmachung

18

Dienst am Wahlvortag und am Wahltag

19

Wahlzeit

20

Wahlraum

21

Unzulässige Wahlpropaganda und Unterschriftensammlung

22

Parteibeauftragte im Wahlraum

23

Briefwahl

24

Stimmabgabe

25

Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses

26

Ungültige Stimmen, Auslegungsregeln

27

Schnellmeldungen

28

Wahlstatistik

29

Sicherung der Wahlunterlagen

30

Vernichtung von Wahlunterlagen

31

Fristen, Termine

32

Erfahrungsbericht

Die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag findet am Sonntag, dem 18. September 2005, statt (Anordnung des Bundespräsidenten gem. § 16 BWG vom 2. Juli 2005, BGBl. I S. 2170).

1
Rechtliche Grundlagen

1.1
Grundgesetz
für die Bundesrepublik Deutschland (GG) vom 23. Mai 1949 (BGBl. I S. 1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juli 2002 (BGBl. I S. 2863),

Bundeswahlgesetz (BWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juli 1993 (BGBl. I S. 1288, 1594), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2005 (BGBl. I S. 674),

Verordnung über die Abkürzung von Fristen im Bundeswahlgesetz für die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag vom 21. Juli 2005 (BGBl. I S. 2179),

Bundeswahlordnung (BWO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 2002 (BGBl. I S. 1376), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. Juni 2005 (BGBl. I S. 1951),

Wahlstatistikgesetz (WStatG) vom 21. Mai 1999 (BGBl. I S. 1023), geändert durch Gesetz vom 17. Januar 2002 (BGBl. I S. 412),

Bundeswahlgeräteverordnung (BWahlGV) vom 3. September 1975 (BGBl. I S. 2459), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. April 1999 (BGBl. I S. 749),

Wahlprüfungsgesetz vom 12. März 1951 (BGBl. I S. 166), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. April 1995 (BGBl. I S. 582),

Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994 (BGBl. I S. 149), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3673),

Abgeordnetengesetz (AbgG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 1996 (BGBl. I S. 326), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3835),

Soldatengesetz (SG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Mai 2005 (BGBl. I S. 1482),

Strafgesetzbuch (StGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. März 2005 (BGBl. I S. 969),

Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen vom 13. Dezember 1988 (GV. NRW. S. 536/ SGV. NRW. 1113), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. April 2005 (GV. NRW. S. 306) .

1.2
Die vorgezogene Bundestagswahl 2005 wird im Vergleich zur Bundestagswahl 2002 auf nicht wesentlich veränderter Rechtsbasis durchgeführt. Das Bundeswahlgesetz und die Bundeswahlordnung sind nur in wenigen Punkten geändert worden (Einzelheiten unten 1.3).

Besonders zu beachten ist aber die Abkürzung von Fristen im Bundeswahlgesetz durch die oben unter 1.1. genannte Verordnung vom 21. Juli 2005. Danach gilt Folgendes:

a) Beteiligungsanzeige von Parteien nach § 18 Abs. 2 BWG spätestens am 47. Tag vor der Wahl (2.8.2005),

b) Feststellung des Bundeswahlausschusses nach § 18 Abs. 4 BWG (ununterbrochene Vertretung von Parteien im Deutschen Bundestag oder einem Landtag; Anerkennung als Parteien) spätestens am 37. Tag vor der Wahl (12.8.2005),

c) Einreichung von Kreiswahlvorschlägen und Landeslisten nach § 19 Abs. 1 BWG spätestens am 34. Tag vor der Wahl (15.8.2005),

d) Entscheidung der Kreiswahlausschüsse über die Zulassung der Kreiswahlvorschläge nach § 26 Abs. 1 BWG am 30. Tag vor der Wahl (19.8.2005),

e) Entscheidung des Landeswahlausschusses über Beschwerden gegen Entscheidungen von Kreiswahlausschüssen nach § 26 Abs. 2 Satz 5 BWG spätestens am 24. Tag vor der Wahl (25.8.2005),

f) Bekanntmachung der zugelassenen Kreiswahlvorschläge durch die Kreiswahlleiter/innen nach § 26 Abs. 3 BWG spätestens am 20. Tag vor der Wahl (29.8.2005),

g) Entscheidung des Landeswahlausschusses über die Zulassung der Landeslisten nach § 28 Abs. 1 BWG am 30. Tag vor der Wahl (19.8.2005),

h) Entscheidung des Bundeswahlausschusses über Beschwerden gegen Entscheidungen des Landeswahlausschusses nach § 28 Abs. 2 Satz 5 BWG spätestens am 24. Tag vor der Wahl (25.8.2005),

i) Bekanntmachung der zugelassenen Landeslisten durch die Landeswahlleiterin nach § 28 Abs. 3 BWG spätestens am 20. Tag vor der Wahl (29.8.2005),

j) Mitteilung des Ausschlusses von der Listenverbindung an den Bundeswahlleiter nach § 29 Abs. 1 BWG spätestens am 20. Tag vor der Wahl (29.8.2005),

k) Entscheidung des Bundeswahlausschusses zu Mitteilungen über den Ausschluss von Listenverbindungen nach § 29 Abs. 2 BWG spätestens am 16. Tag vor der Wahl (2.9.2005),

l) Bekanntmachung des Bundeswahlleiters nach § 29 Abs. 3 BWG über die Listenverbindungen und die Landeslisten, für die eine Erklärung über den Ausschluss von der Listenverbindung abgegeben wurde, spätestens am 15. Tag vor der Wahl (3.9.2005).

1.3
Das Bundeswahlgesetz ist nach der Bundestagswahl 2002 geändert worden durch

a) das Fünfzehnte Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 27. April 2001 (BGBl. I S. 698) i.V. mit der Bekanntmachung über das In-Kraft-Treten des Artikels 1 Nr. 6 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb des Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 29. November 2002 (BGBl. I S. 4501) - am 17. Oktober 2002 in Kraft getreten -,

b) den am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Artikel 1 a des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467),

c) Artikel 2 der Achten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304),

d) Artikel 11 Nr. 2 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950),

e) das Siebzehnte Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 11. März 2005 (BGBl. I S. 674).

Die Änderungen beinhalten im Wesentlichen

zu a):

- Wahlen für die Vertreterversammlungen nach § 21 Abs. 3 Satz 4 frühestens 29 (bisher 23) Monate nach Beginn der Wahlperiode des Bundestages

zu b):

- Erstattung von Ausgaben für Stimmzettelschablonen an Blindenvereine nach § 50 Abs. 4 durch den Bund

zu c):

- Änderung der Bezeichnung eines Bundesministeriums in § 35 Abs. 3 Satz 2

zu d):

- Änderung einer Gesetzesbezeichnung in § 3 Abs. 1 Satz 2

zu e)

- Änderung der Wahlkreisabgrenzungen und -beschreibungen. In NRW Änderung nur bei den Wahlkreisen 132 Gütersloh und 138 Paderborn (Zuordnung der Gemeinde Schloß Holte-Stukenbrock, bisher Wahlkreis 132, zum Wahlkreis 138).

Die Bundeswahlordnung wurde seit der Bundestagswahl 2002 geändert durch

a) den am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Artikel 2 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467),

b) das Gesetz zur Reform des Reisekostenrechts vom 26. Mai 2005 (BGBl. I S. 1418), in Kraft ab 1. September 2005

c) Artikel 50 des Gesetzes zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in Bundespolizei vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1818),

d) die Neunte Verordnung zur Änderung der Bundeswahlordnung vom 30. Juni 2005 (BGBl. I S. 1951).

Die Änderungen beinhalten im Wesentlichen:

zu a):

- Möglichkeit der Verwendung von Stimmzettelschablonen durch Blinde oder Sehbehinderte (§ 57 Abs. 4)

- Auswahl und Einrichtung der Wahlräume so, dass allen Wahlberechtigten, insbesondere behinderten und anderen Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung, die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichtert wird (§ 46 Abs. 1 Satz 3)

- frühzeitige Mitteilung der Gemeindebehörden, welche Wahlräume barrierefrei sind (§ 46 Abs. 1 Satz 4)

zu b):

- geänderte Bezugnahme auf das Bundesreisekostengesetz in § 10 Abs. 1

zu c):

- „Bundespolizei“ statt „Bundesgrenzschutz“ in § 12 Abs. 3 Satz 1

zu d):

- (wie schon zur Europawahl 2004) Wegfall des Sonderverfahrens für die Wahlteilnahme der auf Anordnung ihres Dienstherrn im Ausland lebenden Beamten/Beamtinnen, Soldaten/Soldatinnen, Angestellten und Arbeitern/Arbeiterinnen im öffentlichen Dienst nebst den Angehörigen ihres Hausstandes (betrifft geänderte §§ 12 Abs. 3, 16 Abs. 2, 17 Abs. 2, 18 Abs. 5)

- nach § 88 Abs. 2a fakultativer Versand der Wahlbenachrichtigung durch den Landeswahlleiter (In NRW macht die Landeswahlleiterin hiervon nicht Gebrauch.)

- Änderung der Anlagen 2, 3 und 4 (u.a. Aktualisierung der Hinweise auf die derzeitigen Mitgliedstaaten des Europarates in Anlage 2; Aufnahme der Vorausverfügung „Bei Umzug Anschriftenbenachrichtigungskarte!“ in die Wahlbenachrichtigung gem. Anlage 3).

2
Zuständigkeit für die Vorbereitung und Durchführung der Bundestagswahl
(§ 8 BWG; §§ 1 bis 3 BWO)

2.1
Die Kreiswahlleiterinnen und Kreiswahlleiter tragen die umfassende Verantwortung für die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl im Wahlkreis, soweit nicht bestimmte Zuständigkeiten durch das Bundeswahlgesetz, die Bundeswahlordnung, die Bundeswahlgeräteverordnung oder die Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen anderen Stellen übertragen sind.

2.2
Durch das Bundeswahlgesetz und die Bundeswahlordnung sind der „Gemeindebehörde“ zahlreiche Aufgaben bei der Vorbereitung und Durchführung der Bundestagswahl zugewiesen. Dabei handelt es sich in aller Regel um einfache Geschäfte der laufenden Verwaltung. Die Zuständigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben kommt daher gemäß § 41 Abs. 3 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister zu, soweit nicht der Rat sich oder einem Ausschuss für einen bestimmten Kreis von Aufgaben oder für eine bestimmte Aufgabe die Entscheidung vorbehält. Gemeindebehörde im Sinne des Bundeswahlgesetzes und der Bundeswahlordnung ist hiernach in der Regel die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister. Dieser Runderlass übernimmt im Folgenden die Bezeichnung Gemeindebehörde aus dem Bundeswahlgesetz und der Bundeswahlordnung.

3
Wahlberechtigung
(§ 12 BWG)

3.1
Wohnung, gewöhnlicher Aufenthalt

3.1.1
Wahlberechtigt sind die Deutschen, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens drei Monaten in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten. Die Dreimonatsfrist gilt nicht bei Rückkehr von nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG Wahlberechtigten in die Bundesrepublik Deutschland (§ 12 Abs. 2 Satz 2 BWG).

Der Wohnungsbegriff nach § 12 Abs. 3 BWG entspricht dem im Melderecht verankerten Wohnungsbegriff (§ 15 MG NRW). Hat eine Deutsche bzw. ein Deutscher keine Wohnung im Sinne des Melderechts, so hält sie bzw. er sich im Geltungsbereich des Gesetzes sonst gewöhnlich auf, wenn sie bzw. er dort unter solchen Umständen lebt, die erkennen lassen, dass sie bzw. er im Wahlgebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Die Wohnungs- oder Aufenthaltsvoraussetzung ist erfüllt, wenn eine Wohnung oder ein gewöhnlicher Aufenthalt tatsächlich vorhanden ist. Die meldebehördliche Anmeldung hat demgegenüber lediglich die Bedeutung eines Indizes und Beweismittels. Die Angaben der Melderegister sind mithin widerlegbar. Hat jemand seine Anmeldung unterlassen, so muss er auf andere Weise (z. B. durch Zeugen) nachweisen, dass eine Wohnung oder ein gewöhnlicher Aufenthalt im Wahlgebiet seit drei Monaten gleichwohl vorhanden ist.

3.1.2
Eine Sonderregelung in Form einer unwiderleglichen Vermutung enthält § 12 Abs. 4 BWG für

- Seeleute sowie für die Angehörigen ihres Hausstandes,

- Binnenschiffer/innen sowie für die Angehörigen ihres Hausstandes und

- im Vollzug gerichtlich angeordneter Freiheitsentziehung befindliche Personen sowie für andere Untergebrachte.

Für sie gilt das von ihnen bezogene Schiff bzw. die Anstalt oder die entsprechende Einrichtung als Wohnung im Sinne des Gesetzes, sofern sie im Wahlgebiet keine Wohnung innehaben oder innegehabt haben.

3.2
Wahlberechtigung der Auslandsdeutschen

Bestimmte Personen sind schon seit jeher auch dann wahlberechtigt, wenn sie keine Wohnung oder keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Dies gilt für Beamtinnen und Beamte, Soldatinnen und Soldaten, Angestellte oder Arbeiterinnen und Arbeiter im öffentlichen Dienst, die auf Anordnung ihres Dienstherrn ihre Wohnung oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland genommen haben, sowie für die Angehörigen ihres Hausstandes (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 BWG).

Daneben sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BWG wahlberechtigt

a) die in den übrigen Mitgliedstaaten des Europarates lebenden Deutschen sowie

b) die am Wahltag nicht länger als 25 Jahre in einem anderen Staat lebenden Deutschen,

sofern sie vor ihrem Fortzug mindestens drei Monate ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland gewohnt oder sich sonst gewöhnlich aufgehalten haben. Die Voraussetzungen sind auch bei einer früheren Wohnung oder einem früheren Aufenthalt im Gebiet der ehemaligen DDR erfüllt.

In den Fällen nach Buchstabe a) ist weitere Voraussetzung, dass das Wahlgebiet erst drei Monate nach dem 23. 5. 1949 verlassen wurde.

Auf die weiteren Hinweise in Nr. 6.1.1 und Anlage 1 nehme ich Bezug.

Die übrigen Mitgliedstaaten des Europarates ergeben sich aus der Auflistung in Randnummer 11 der Anlage 2 BWO.

3.3
Zur Vermeidung von Missverständnissen bestimmt § 12 Abs. 5 BWG ausdrücklich, dass bei der Berechnung der Dreimonatsfrist nach Absatz 1 Nr. 2 und Absatz 2 Nr. 2 und 3 der Tag der Wohnungs- und Aufenthaltsnahme in die Frist einzubeziehen ist.

3.4
Nicht (mehr) materiell nach § 12 Abs. 1 und 2 BWG Wahlberechtigte, etwa infolge des Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit, dürfen nicht wählen. Dies gilt auch dann, wenn sie im Wählerverzeichnis eingetragen wurden und eine Wahlbenachrichtigung erhalten haben. Wer nicht wahlberechtigt ist und dennoch wählt, kann sich nach § 107a StGB (Wahlfälschung) strafbar machen.

Der Beifügung eines entsprechenden Merkblatts bei der Versendung der Briefwahlunterlagen und des Aushangs eines entsprechenden Hinweises neben der Wahlbekanntmachung am Wahltag, wie mit Erlass vom 21.03.2005 – 12 –35.09.00 – für die Landtagswahl bestimmt, bedarf es für die Bundestagswahl nicht mehr.

Bei einem Verdacht strafbarer Handlungen sollten diese angezeigt werden.

4
Wählbarkeit
(§ 15 BWG)

Die Voraussetzungen der Wählbarkeit sind in § 15 BWG abschließend umschrieben. Im Gegensatz zur Wahlberechtigung ist die Wählbarkeit nicht an eine Wohnung oder einen Aufenthalt im Wahlgebiet geknüpft.

5
Wahlausschlussgründe
(§§ 13, 15 Abs. 2 BWG)

Die Wahlausschlussgründe für die Wahlberechtigung und die Wählbarkeit gelten unverändert fort.

6
Wählerverzeichnis
(§§ 14, 17 BWG; §§ 14 bis 24 BWO)

6.1
In das Wählerverzeichnis sind alle Wahlberechtigten von Amts wegen einzutragen, die am Stichtag, dem 35. Tag vor der Wahl (14. August 2005) für eine Wohnung bei der Meldebehörde gemeldet sind (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 BWO).

Eine Wahlberechtigte bzw. ein Wahlberechtigter mit mehreren Wohnungen in der Bundesrepublik Deutschland wird nur von der für die Hauptwohnung zuständigen Gemeinde in das Wählerverzeichnis eingetragen (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 BWO). Welche von mehreren Wohnungen die Hauptwohnung ist, bestimmt sich nach dem Melderecht.

6.1.1
Die im Ausland lebenden Wahlberechtigten nach § 12 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes, die nicht nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 BWO von Amts wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen sind, werden nur auf Antrag in das Wählerverzeichnis eingetragen, § 16 Abs. 2 Nr. 2 BWO. (Das Sonderverfahren für Deutsche nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes – öffentlicher Dienst – wurde abgeschafft, vgl. oben 1.3 zur Bundeswahlordnung, Buchstabe d. Der Antrag muss spätestens am 21. Tag vor der Wahl (Sonntag, 28. August 2005) der zuständigen Gemeindebehörde vorliegen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 BWO). Der Antrag ist förmlich nach dem Muster der Anlage 2 BWO zu stellen. Formlose Anträge sind nicht wirksam; soweit formlose Anträge eingehen, sind die Antragsteller/innen möglichst umgehend auf das Antragsverfahren gemäß Anlage 2 BWO hinzuweisen. Vordrucke und Merkblätter für die Antragstellung sind bei den diplomatischen und berufskonsularischen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, beim Bundeswahlleiter sowie bei allen Kreiswahlleiterinnen und Kreiswahlleitern erhältlich (§ 18 Abs. 5 Satz 2 BWO). Darüber hinaus hat der Bundeswahlleiter in seinem Internetangebot die Möglichkeit für Auslandsdeutsche geschaffen, den Antragsvordruck zur Eintragung in das Wählerverzeichnis aus dem Internet als pdf-Datei herunter zu laden und am PC auszufüllen. Auch ein solches Antragsformular muss aber von Antragstellenden handschriftlich unterzeichnet sein. Die Antragstellung per E-Mail ist somit ausgeschlossen.

Zuständig für die Entgegennahme des Antrages ist die Gemeinde, in der die bzw. der Wahlberechtigte nach ihrer bzw. seiner Erklärung vor ihrem bzw. seinem Fortzug aus der Bundesrepublik Deutschland zuletzt gemeldet war (§ 17 Abs. 2 Nr. 5 Satz 1 BWO).

In der Regel kann sich die Gemeinde auf die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin bzw. des Antragstellers zum Nachweis der Wahlberechtigung verlassen. Wenn sie allerdings Zweifel an den Angaben hat, ist sie gehalten, den Sachverhalt unverzüglich zu überprüfen (§ 18 Abs. 5 Satz 3 BWO). In der Anlage 1 sind wesentliche Fälle möglicher Aufenthaltswechsel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Gebieten von Mitgliedstaaten und von Nichtmitgliedstaaten des Europarates bzw. zwischen diesen Staaten sowie die Beurteilung der Frage des aktiven Wahlrechts in diesen Fällen dargestellt.

Von der Eintragung in das Wählerverzeichnis ist der Bundeswahlleiter durch Übersendung der Zweitausfertigung des Antrags mit dem Vermerk über die Eintragung unverzüglich zu unterrichten (§ 18 Abs. 5 Satz 4 BWO). Die aus dem Internet heruntergeladenen Vordrucke (einseitig gedruckt) sind von der Gemeindebehörde so zu heften, dass jeweils Vorder- und Rückseite miteinander verbunden sind. Die Übersendung der Vordrucke an den Bundeswahlleiter kann auch elektronisch erfolgen.

6.1.2
Wegen der Amtseintragung von Seeleuten und Binnenschifferinnen/-schiffern verweise ich auf § 16 Abs. 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. § 17 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BWO. Für Angehörige dieses Personenkreises, die nicht von Amts wegen eingetragen werden können, ist § 17 Abs. 2 Nr. 5 BWO zu beachten.

6.1.3
Wahlberechtigte in Justizvollzugsanstalten oder entsprechenden Einrichtungen sind von Amts wegen in das Wählerverzeichnis der Gemeinde einzutragen, in der sie für eine Wohnung gemeldet sind (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 BWO). Da in Nordrhein-Westfalen durch den Vollzug einer richterlichen Entscheidung über die Freiheitsentziehung Meldepflichten nach § 13 Abs. 1 und 2 MG NRW nicht begründet werden, entfällt in unserem Land eine Eintragung in das Wählerverzeichnis nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 BWO. Ist die bzw. der Betreffende ansonsten nicht für eine Wohnung gemeldet, so kommt nur eine Eintragung auf Antrag in Betracht (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe c BWO). Der Antrag ist an die für die Justizvollzugsanstalt oder die entsprechende Einrichtung zuständige Gemeinde zu richten (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 BWO).

6.2
Veränderungsdienst“

6.2.1
Von besonderer Bedeutung ist das Verfahren bei nach dem Stichtag eintretenden Veränderungen (z.B. aufgrund eines Wohnungswechsels § 16 Abs. 3 bis 6 BWO ). Die darin u. a. vorgesehene Benachrichtigung über die Eintragung in das Wählerverzeichnis durch die Gemeinde des Zuzugsortes an die Gemeinde des Fortzugsortes besteht unabhängig von den Rückmeldepflichten nach dem Melderecht. Die wahlrechtliche Rückmeldung wird ihren Zweck der Beseitigung von Doppeleintragungen nur erfüllen können, wenn sie unverzüglich erstattet wird.

Eine besondere Benachrichtigungspflicht besteht für die Fälle, in denen der Gemeindebehörde des Fortzugsortes eine Mitteilung über den Ausschluss vom Wahlrecht vorliegt oder nachträglich zugeht. Sie hat hiervon die Gemeindebehörde des Zuzugsortes unverzüglich zu benachrichtigen, die die Wahlberechtigte bzw. den Wahlberechtigten in ihrem Wählerverzeichnis streicht (§ 16 Abs. 3 Satz 5 BWO). Von der Streichung ist die bzw. der Wahlberechtigte in Kenntnis zu setzen.

6.2.2
Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BWG ist das Wählerverzeichnis an den Werktagen vom 20. bis zum 16. Tag vor der Wahl, also vom 29. August bis 2. September 2005 (Montag bis Freitag), während der allgemeinen Öffnungszeiten zur Einsichtnahme nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 Satz 1 BWO bereitzuhalten. Dies ist gemäß § 20 Abs. 1 BWO spätestens am 24. Tag vor der Wahl (25.8.2005) nach dem Muster der Anlage 5 BWO öffentlich bekannt zu machen. Ein Einsichtsrecht besteht zur Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der eigenen im Wählerverzeichnis eingetragenen Daten; die Überprüfung von Daten anderer Wahlberechtigter ist nur zulässig, wenn Tatsachen glaubhaft gemacht werden, aus denen sich eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Wählerverzeichnisses ergeben kann; ausgeschlossen ist die Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis hinsichtlich der Daten von Wahlberechtigten, für die im Melderegister ein Sperrvermerk gemäß § 34 Abs. 6 MG NRW eingetragen ist (vgl. § 17 Abs. 1 BWG).

Wird das Wählerverzeichnis im automatisierten Verfahren geführt, so kann die Einsichtnahme durch ein Datensichtgerät erfolgen (§ 21 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BWO). Es ist sicherzustellen, dass Bemerkungen im Klartext gelesen werden können. Durch die besondere Form des automatisiert geführten Wählerverzeichnisses sind keine zusätzlichen Zugriffs- und Auswertungsmöglichkeiten zulässig geworden, die über die Einsichtnahme in ein entsprechendes Papier-Wählerverzeichnis hinausgehen. Das Datensichtgerät darf ausschließlich von Angehörigen der Gemeindeverwaltung bedient werden.

6.2.3
Nach § 21 Abs. 3 BWO dürfen Auszüge aus dem Wählerverzeichnis nicht durch Träger von Wahlvorschlägen angefertigt werden. Auch das früher verschiedentlich geübte Verfahren, dass die Gemeinde Auszüge oder Abschriften erteilt hat, ist nicht zulässig.

Die Regelung gebietet eine enge Auslegung der Vorschrift. Parteien und andere Träger von Wahlvorschlägen sind ggf. auf die Möglichkeit der Erteilung von Gruppenauskünften durch die Meldebehörde gemäß § 35 Abs. 1 MG NRW hinzuweisen.

Auskünfte aus dem Wählerverzeichnis sind nur in dem engen Rahmen des § 89 Abs. 2 BWO zulässig. Im Übrigen sind die Wählerverzeichnisse so aufzubewahren, dass sie gegen Einsichtnahme durch Unbefugte geschützt sind (§ 89 Abs. 1 BWO).

6.3
Das Wählerverzeichnis ist spätestens am Tage vor der Wahl (17. September 2005) abzuschließen, jedoch nicht früher als am dritten Tage vor der Wahl (15. September 2005). Der Abschluss ist nach dem Muster der Anlage 8 BWO zu beurkunden. Bei automatisierter Führung des Wählerverzeichnisses ist vor der Beurkundung ein Ausdruck herzustellen. Vgl. § 24 Abs. 1 BWO.

6.4
Berichtigungen des Wählerverzeichnisses sind nach Maßgabe des § 23 BWO zulässig, Berichtigungen nach § 23 Abs. 2 (offensichtliche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit) und § 53 Abs. 2 BWO auch noch nach Abschluss des Wählerverzeichnisses (§ 23 Abs. 4 BWO). Beispiele für Amtsberichtigungen (Eintragungen, Änderungen, Streichungen) wegen offensichtlicher Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit sind das Versagen kommunikationstechnischer Einrichtungen, die doppelte Eintragung von Personen, Mehrfacheintragungen von sog. Auslandsdeutschen, die Eintragung von am Wahltag noch nicht 18jährigen, Tod, Verlust des Wahlrechts, Eintritt eines Wahlausschlussgrundes nach § 13 BWG.

Zu beachten ist, dass nach Beginn der Einsichtsfrist gemäß § 23 Abs. 1 BWO ansonsten Änderungen im Wählerverzeichnis nur noch auf rechtzeitigen Einspruch zulässig sind und die §§ 16 Abs. 2 bis 5, 18 Abs. 5 Satz 6 und Abs. 6 Satz 4 sowie 30 BWO unberührt bleiben. Die §§ 16 Abs. 3 bis 5 (Eintragung auf Antrag bei Wohnungswechsel) und 22 BWO (Verfahren bei Einsprüchen) sind im Verhältnis zu § 23 Abs. 2 Satz 1 BWO (Fälle offensichtlicher Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit) abschließend und gehen dieser Regelung vor (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 BWO).

7
Wahlbenachrichtigung
(§ 19 BWO)

7.1
Die Benachrichtigung der in das Wählerverzeichnis eingetragenen Wahlberechtigten spätestens am Tage vor dem Beginn der Bereithaltung des Wählerverzeichnisses zur Einsichtnahme, also spätestens am 28. August 2005, ist zwingend vorgeschrieben. Die Wahlbenachrichtigung darf das Geburtsdatum der bzw. des Wahlberechtigten nicht enthalten. Diese aus Datenschutzgründen erforderliche Handhabung kann zu Schwierigkeiten führen, wenn Namens- und Adressengleichheit besteht. Um dem vorzubeugen, empfehle ich, in solchen Fällen gegebenenfalls dem Namen jeweils den Zusatz „jun.“ oder “ sen.“ beizufügen oder den zweiten Vornamen, sofern vorhanden, in die Adressierung der Wahlbenachrichtigung aufzunehmen.

7.2
Der Vordruck für die Wahlbenachrichtigung nach Anlage 3 BWO ist ein Muster. Gestaltung, Format und auch Formulierung im Einzelnen sind der Gemeindebehörde überlassen. Allerdings soll der nach § 19 Abs. 1 BWO vorgegebene Inhalt enthalten und für die Wahlberechtigten leicht erkennbar sein.

Nach Möglichkeit sollte in der Wahlbenachrichtigung mitgeteilt werden, ob der angegebene Wahlraum barrierefrei ist; damit kann die Mitteilungspflicht nach § 46 Abs. 1 Satz 4 BWO erfüllt werden.

Im Interesse einer wählerfreundlichen Gestaltung empfiehlt es sich, für die Wahlbenachrichtigung das nach den Vorschriften der Deutschen Post AG größtmögliche Format (235x125 mm = DIN B 6/DL) zu wählen. Auf die Anmerkungen in den Fußnoten der Anlage 3 zu § 19 Abs. 1 BWO wird hingewiesen.

Nach der geänderten Anlage 3 BWO soll die Wahlbenachrichtigung nunmehr neben der Vorausverfügung „Wenn unzustellbar, zurück!“ zusätzlich die Vorausverfügung „Bei Umzug Anschriftenbenachrichtigungskarte !“enthalten. Wird nur die Vorausverfügung „Wenn unzustellbar, zurück!“ vorgegeben, hat dies zur Folge, dass verzogene Wahlberechtigte mit Nachsendeantrag die Wahlbenachrichtigung nachgesendet bekommen, ohne dass die Gemeindebehörde die neue Anschrift erfährt. Im Falle der Vorausverfügung „Bei Umzug Anschriftenbenachrichtigungskarte!“ sendet die Deutsche Post AG die Wahlbenachrichtigung in den vorgenannten Fällen nach und informiert die Gemeinde gleichzeitig über die neue Anschrift, sofern die Empfängerin oder der Empfänger in die Weitergabe ihrer bzw. seiner neuen Anschrift an Dritte eingewilligt hat. Die Deutsche Post AG erhebt für jede Anschriftenbenachrichtigungskarte ein Entgelt von 0,31 Euro. Das Bundesministerium des Innern hat zugesagt, dass diese Kosten gemäß § 50 BWG im Wege der Einzelabrechnung erstattungsfähig sind.

Auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung ist stets ein Antrag auf Erteilung eines Wahlscheins nach dem Muster der Anlage 4 zu § 19 Abs. 2 BWO abzudrucken. Wegen der Versendung der Wahlbenachrichtigungen zum günstigsten Entgeltsatz sollte rechtzeitig Verbindung mit der zuständigen Niederlassung der Deutschen Post AG aufgenommen werden.

7.3
Eine Wahlbenachrichtigung ist der oder dem Wahlberechtigten auch dann zu übersenden oder auszuhändigen, wenn sie bzw. er nachträglich von Amts wegen, auf Antrag oder auf Einspruch in das Wählerverzeichnis eingetragen wird. Die Wahlbenachrichtigung kann in Fällen von Zuzügen nach dem Stichtag mit dem Hinweis verbunden werden, dass die bzw. der Wahlberechtigte im Wählerverzeichnis der Fortzugsgemeinde gestrichen wird (Antragsfälle nach § 16 Abs. 3 bis 5 BWO, insoweit abschließende Regelungen im Verhältnis zu §§ 22 und 23 BWO).

Nach § 19 Abs. 3 BWO entfällt die Wahlbenachrichtigung grundsätzlich in den Fällen der Eintragung von Wahlberechtigten auf Antrag gemäß § 16 Abs. 2 BWO. Der Antrag auf Aufnahme in das Wählerverzeichnis gilt in diesen Fällen gemäß § 27 Abs. 5 BWO gleichzeitig in der Regel als Antrag auf Erteilung eines Wahlscheins. Durch die Erteilung des Wahlscheins ist die Wahlbenachrichtigung entbehrlich. Geht jedoch aus dem Antrag gemäß § 16 Abs. 2 BWO hervor, dass die bzw. der Wahlberechtigte vor dem Wahlvorstand seines Wahlbezirks wählen will, so ist ihr bzw. ihm nach Eintragung in das Wählerverzeichnis eine Wahlbenachrichtigung zu übersenden.

8
Erteilung von Wahlscheinen und Ausgabe von Briefwahlunterlagen
(§ 14 Abs. 3, § 17 Abs. 2 BWG; §§ 25 bis 31 BWO)

Anders als bei Landtags- und Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen, bei denen Gründe nicht angegeben zu werden brauchen, können Wahlberechtigte, die in das Wählerverzeichnis eingetragen sind, bei der Bundestagswahl einen Wahlschein nur bei Vorliegen bestimmter Gründe erhalten (§ 25 Abs. 1 BWO, geänderte Anlage 4 BWO).

Ein „wichtiger Grund“ i.S. des § 25 Abs. 1 Nr. 1 BWO für die Erteilung von sog. unselbstständigen Wahlscheinen an im Wählerverzeichnis Eingetragene kann z.B. gegeben sein bei Aufenthalt von Studierenden am Wahltag bei ihren Eltern, falls die Hauptwohnung am Studienort besteht, bei Erholungsurlaub, Aufenthalt in einer Justizvollzugsanstalt oder sonstigen Anstalten und Einrichtungen. Kein wichtiger Grund liegt in der Regel vor bei ungünstigen Verkehrsverhältnissen oder bei einem Sonntagsausflug (anders bei Wochenendfahrt).

Die Voraussetzungen für die Erteilung von sog. selbstständigen Wahlscheinen an nicht im Wählerverzeichnis eingetragene Wahlberechtigte bestimmt § 25 Abs. 2 BWO. „Ohne Verschulden“ i.S. des § 25 Abs. 2 Nr. 1 BWO haben Wahlberechtigte die Einspruchsfrist etwa versäumt, wenn sie keine Einsicht in das Wählerverzeichnis genommen haben und eine Wahlbenachrichtigung erhalten haben, obwohl sie nicht im Wählerverzeichnis eingetragen sind (vgl. auch §56 Abs. 6 Satz 2 BWO). Wer aber keine (üblicherweise von den Wahlberechtigten erwartete) Wahlbenachrichtigung erhalten hat und nicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BWG Einsicht in das Wählerverzeichnis genommen hat, kann sich nicht auf fehlendes Verschulden berufen und kann an der Wahl nicht teilnehmen. Die Entstehung des Wahlrechts i.S. des § 25 Abs. 2 Nr. 2 BWO nach Ablauf der Fristen des § 18 Abs. 1 oder § 22 Abs. 1 BWO liegt etwa vor bei Wegfall eines Wahlausschlussgrundes nach § 13 BWG oder bei Einbürgerung nach Ablauf der Einspruchsfrist.

Auf § 27 Abs. 1 Satz 4 BWO und § 57 BWO weise ich besonders hin (behinderte Wahlberechtigte; Hilfe bei der Beantragung eines Wahlscheins).

8.1
Wahlscheine können grundsätzlich bis zum zweiten Tage vor der Wahl, 18.00 Uhr, beantragt werden. Ausnahmen hiervon gelten für die Beantragung selbstständiger Wahlscheine und bei nachgewiesener plötzlicher Erkrankung (§ 27 Abs. 4 Satz 2 und 3 BWO). In diesen Fällen können Wahlscheine noch bis zum Wahltag bis 15.00 Uhr beantragt werden. In einem solchen Antragsfall hat die Gemeindebehörde vor Ausstellung des Wahlscheins die zuständige Wahlvorsteherin bzw. den zuständigen Wahlvorsteher zu unterrichten, damit diese bzw. dieser den Abschluss des Wählerverzeichnisses entsprechend § 53 Abs. 2 BWO berichtigen kann.

8.2
Ein Wahlschein kann schriftlich oder mündlich beantragt werden; der Schriftform ist Genüge getan, wenn der Antrag durch Telegramm, Fernschreiben, Telefax, E-Mail oder durch sonstige dokumentierbare Übermittlung in elektronischer Form gestellt wird (§ 27 Abs. 1 BWO). Anträge per E-Mail können grundsätzlich formlos gestellt werden. Insbesondere ist die Angabe des Geburtsdatums sowie der Wählerverzeichnis- und Wahlbezirksnummern mangels entsprechender ausdrücklicher Anordnung in der BWO rechtlich nicht verpflichtend. Diese Zusatzinformationen erleichtern indessen eine zweifelsfreie Identifikation der Antragsteller/innen und sind geeignet, missbräuchliche Antragstellungen zu verhindern. Zu diesem Zweck wird den Gemeindebehörden empfohlen, in ihrem Internetangebot eine Eingabemaske bereitzustellen, in der das Geburtsdatum sowie - soweit der bzw. dem Wahlberechtigten bekannt – die Wählerverzeichnis- und Wahlbezirksnummer abgefragt werden. Ich stelle darüber hinaus anheim, bei Versand des Wahlscheins an eine andere Anschrift als die der Hauptwohnung an die Anschrift der Hauptwohnung eine Bestätigung über den Versand zu senden.

Wenn nach den Umständen des Einzelfalles die zweifelsfreie Identifikation der Antragstellenden gewährleistet ist, kann die Gemeindebehörde auf die Erhebung der Zusatzinformationen verzichten. Ist die zweifelsfreie Identifikation der Antragstellenden nicht gewährleistet, sind entsprechende Ermittlungen anzustellen. Auf Nr. 32 dieses Runderlasses (Erfahrungsbericht) weise ich in diesem Zusammenhang besonders hin.

Mit der Post übersandte, jedoch unzureichend oder nicht frankierte Wahlscheinanträge sollten nicht zurückgewiesen werden.

8.3
Eine fernmündliche Antragstellung ist unzulässig (§ 27 Abs. 1 Satz 3 BWO). Wer für eine andere oder einen anderen einen Wahlschein beantragt, muss durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachweisen, dass sie oder er dazu berechtigt ist (§ 27 Abs. 3 BWO). Kann im Einzelfall wegen gesundheitlicher Beschwerden oder Behinderungen eine schriftliche Vollmacht nicht erteilt werden, so bietet es sich ggf. an, dass Verwaltungsangehörige der Gemeinde den mündlichen Antrag auf Wunsch der bzw. des Wahlberechtigten in deren bzw. dessen Wohnung entgegennehmen.

8.4
Wahlberechtigten, die ihre Briefwahlunterlagen persönlich bei der Gemeindeverwaltung abholen, soll Gelegenheit gegeben werden, gleich an Ort und Stelle zu wählen (§ 28 Abs. 5 BWO). Zugegangene, aber verlorene Wahlscheine werden nicht ersetzt (§ 28 Abs. 10 Satz 1 BWO). Versichert eine Wahlberechtigte oder ein Wahlberechtigter glaubhaft, dass ihr bzw. ihm der beantragte Wahlschein nicht zugegangen ist, kann bis zum Tage vor der Wahl, 12.00 Uhr, ein neuer Wahlschein erteilt werden (§ 28 Abs. 10 Satz 2 BWO).

8.5
Besonders zu beachten sind die strengen Voraussetzungen, unter denen Wahlschein und Briefwahlunterlagen an eine andere Person als an die oder den Wahlberechtigte/n ausgehändigt werden dürfen (§ 28 Abs. 4 Satz 1 BWO). Danach dürfen die Unterlagen an eine andere bzw. einen anderen nur ausgehändigt werden bei nachgewiesener plötzlicher Erkrankung, wenn die Berechtigung zur Empfangnahme durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachgewiesen wird und die Unterlagen der bzw. dem Wahlberechtigten nicht mehr rechtzeitig durch die Post übersandt oder amtlich überbracht werden können. Ausnahmen von dieser Regelung sind unzulässig.

Sollen laut Antrag die Briefwahlunterlagen an eine andere als die Wohnungsanschrift gesandt werden, so ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob ein Missbrauch der Briefwahl vorliegt oder angestrebt wird. Bestehen Zweifel, ob die Antragstellerin oder der Antragsteller sich tatsächlich unter der angegebenen Anschrift aufhält, oder wird die betreffende Anschrift auf mehreren Anträgen angegeben, so ist der Angelegenheit nachzugehen und der Sachverhalt aufzuklären.

8.6
Der Wahlschein muss von der oder dem mit der Erteilung beauftragten Bediensteten eigenhändig unterschrieben sein; das Dienstsiegel kann eingedruckt werden. Wird der Wahlschein mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellt, kann anstelle der Unterschrift der oder des beauftragten Bediensteten auch deren oder dessen Name eingedruckt werden (§ 28 Abs. 2 BWO).

Wahlschein und Briefwahlunterlagen sind mit Luftpost zu versenden, wenn sich aus dem Antrag der oder des Wahlberechtigten ergibt, dass sie bzw. er aus einem außereuropäischen Land wählen will, oder wenn die Versendung durch Luftpost sonst geboten erscheint (§ 28 Abs. 4 Satz 3 BWO). Je näher der Wahltag rückt, desto eher empfiehlt es sich, die Briefwahlunterlagen durch Eilbrief oder Kurier zuzustellen, damit die oder der Wahlberechtigte sie rechtzeitig erhält.

8.7
In dem nach § 28 Abs. 6 BWO von der Gemeindebehörde zu führenden Wahlscheinverzeichnis sind die Fälle des § 25 Abs. 1 und 2 BWO getrennt zu halten.

Auf dem Wahlschein wird die Nummer eingetragen, unter der dieser im Wahlscheinverzeichnis vermerkt ist. Außerdem ist entweder die Nummer, unter der die oder der Wahlberechtigte im Wählerverzeichnis geführt wird, einzutragen oder der vorgesehene Wahlbezirk. Ein besonderer Nachweis ist zusätzlich zu führen, wenn nach Abschluss der Wählerverzeichnisse noch Wahlscheine erteilt werden (§ 28 Abs. 6 Satz 5 BWO). Auf die notwendige Benachrichtigung des Bundeswahlleiters in den Fällen des § 28 Abs. 7 BWO i.V.m. § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 BWG weise ich hin.

8.8
Nach § 28 Abs. 8 BWO ist über die für ungültig erklärten Wahlscheine ein eigenes Verzeichnis zu führen. Auch hier mache ich auf die Unterrichtungs- bzw. Benachrichtigungspflichten besonders aufmerksam. Das in § 28 Abs. 9 BWO vorgeschriebene Verfahren ist für die Wahlbehörden in Nordrhein-Westfalen ohne Bedeutung, weil hier das Briefwahlgeschäft ausschließlich den Gemeinden obliegt.

8.9
Die besonderen Vorschriften über die Erteilung von Wahlscheinen an bestimmte Personengruppen gemäß § 29 BWO sind zu beachten.

9
Unterstützungsunterschriften und Bescheinigung des Wahlrechts
(§§ 20, 27 BWG; §§ 34, 39 BWO)

9.1
Die Unterstützungsunterschriften sind auf Formblättern einzeln zu leisten (Anlage 14 BWO für Kreiswahlvorschläge, Anlage 21 BWO für Landeslisten). Formblätter für Unterstützungsunterschriften dürfen erst ausgehändigt werden, wenn die Bewerberin oder der Bewerber feststeht, bei Parteien erst nach Abschluss des vorgeschriebenen Aufstellungsverfahrens (§§ 34 Abs. 4 Nr. 1 Satz 4, 39 Abs. 3 Satz 5 BWO).

Vor der Aufstellung der Bewerber/innen durch eine Mitglieder- oder Vertreterversammlung einer Partei für deren Wahlvorschläge geleistete Unterstützungsunterschriften sind ungültig (§§ 34 Abs. 4 Nr. 5, 39 Abs. 3 Satz 5 BWO).

Die Formblätter werden auf Anforderung von der Kreiswahlleiterin oder dem Kreiswahlleiter, bei Landeslisten von der Landeswahlleiterin kostenfrei geliefert. Vor der Ausgabe der Formblätter hat bei Kreiswahlvorschlägen die Kreiswahlleiterin bzw. der Kreiswahlleiter den Familiennamen, den Vornamen und die Anschrift (Hauptwohnung) der vorzuschlagenden Bewerberin oder des vorzuschlagenden Bewerbers sowie die Bezeichnung der Partei (ggf. mit Kurzbezeichnung), bei anderen Kreiswahlvorschlägen das Kennwort, zu vermerken (§ 34 Abs. 4 Nr. 1 BWO). Gemäß § 38 Satz 4 BWO besteht die Möglichkeit, in der Bekanntmachung der Kreiswahlvorschläge anstelle der Anschrift (Hauptwohnung) der Wahlbewerber/innen eine Erreichbarkeitsanschrift anzugeben, wenn die Bewerber/innen bis zum Ablauf der Einreichungsfrist nachweisen, dass für sie ein Sperrvermerk im Melderegister eingetragen ist. Da für die betroffenen Bewerber/innen eine Schutzlücke entstehen würde, wenn demgegenüber auf den Formblättern für die Unterstützungsunterschriften nach Anlage 14 zu § 34 Abs. 4 BWO die Anschrift der Hauptwohnung angegeben würde, bitte ich die Kreiswahlleiter/innen bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 Satz 4 BWO auch auf den Formblättern für die Unterstützungsunterschriften die Erreichbarkeitsanschrift anzugeben.

Ich weise darauf hin, dass die Parteien die Formblätter nach Anlagen 14 und 21 BWO auf ihren Internet-Seiten in unveränderter Form zur Verfügung stellen können und hiervon gefertigte Ausdrucke, soweit sie augenscheinlich und inhaltlich dem Original entsprechen, anerkannt werden sollen.

9.2
Vorfälle bei vergangenen Wahlen gebieten es, Unterstützungsunterschriften auf mögliche Fälschungen zu prüfen. Anhaltspunkte hierfür können sein, wenn Eintragungen auf den Formblättern nicht mit den Gemeindeunterlagen (z. B. Melderegister) übereinstimmen. In solchen Fällen kann auf Ersuchen der Wahlbehörde an die Personalausweis- oder Passbehörde unter den Voraussetzungen des § 2 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 des Gesetzes über Personalausweise bzw. des § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 des Passgesetzes durch Abgleich mit dem Personalausweisregister bzw. Passregister geprüft werden, ob die Unterschrift von der angegebenen Unterzeichnerin bzw. dem angegebenen Unterzeichner stammt. Eine Fälschung wird sich nur annehmen lassen, wenn die beiden Unterschriften offensichtlich so erheblich voneinander abweichen, dass von einer Übereinstimmung eindeutig nicht mehr ausgegangen werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Person ihre Unterschrift nicht stets in der gleichen Weise leisten wird (Unterschied z.B. denkbar bei in Eile geleisteter Unterschrift). Eine generelle Überprüfung der Unterstützungsunterschriften für Wahlvorschläge einer Partei wird in Betracht kommen können, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Unterstützungsunterschriften für diese Partei nicht nur im Einzelfall, sondern in einer Reihe von Fällen gefälscht sind und ein systematisches Vorgehen vermutet werden kann. Die Überprüfung liegt dann nicht nur im öffentlichen Interesse an einer rechtmäßig durchgeführten Wahl und Wahlvorbereitung, sondern auch im Interesse der tatsächlichen Unterzeichner/innen sowie im Falle einer Fälschung insbesondere der angeblichen Unterstützer/innen von Wahlvorschlägen.

Es ist in jedem Falle sicherzustellen, dass die Überprüfung mit der gebotenen Zurückhaltung gegenüber den schutzwürdigen Belangen der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner vorgenommen und rechtzeitig abgeschlossen wird. Kann nicht zweifelsfrei von einer Fälschung ausgegangen werden, bestehen aber gleichwohl konkrete Anhaltspunkte für eine Fälschung, sollte durch die Gemeinde oder die Kreiswahlleiterin/den Kreiswahlleiter Strafanzeige erstattet werden (u.a. §§ 107 a, 108 d Satz 2 StGB). Wenn die Kreiswahlleiterin oder der Kreiswahlleiter nach ihr bzw. ihm vorliegenden Erkenntnissen davon überzeugt ist, dass Unterstützungsunterschriften gefälscht sind, ist gemäß § 25 Abs. 1 BWG zu verfahren. Sind infolge Fälschung Unterstützungsunterschriften ungültig und wird das Quorum in § 20 Abs. 2 Satz 2 BWG nicht erreicht, ist der betreffende Kreiswahlvorschlag nach § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BWG vom Kreiswahlausschuss zurückzuweisen.

9.3
Bei der Landtagswahl 2005 bestand in einer Vielzahl von Fällen im Hinblick auf Kreiswahlvorschläge einer Partei Anlass zur Prüfung, ob Unterstützungsunterschriften durch arglistige Täuschung erlangt worden waren. Diesem Aspekt wird auch bei der Bundestagswahl besonderes Augenmerk zu widmen sein.

Mangels spezieller wahlrechtlicher Regelungen hinsichtlich der Ungültigkeit von Unterstützungsunterschriften infolge Irrtumserregung durch arglistige Täuschung finden die §§ 123, 124, 142 bis 144 BGB entsprechende Anwendung. Es bedarf in jedem Falle zunächst einer Anfechtungserklärung (gegenüber der betreffenden Partei, möglich aber wohl auch gegenüber der Gemeinde oder der Kreiswahlleitung). Anfechtungserklärungen dürften bis zum Ablauf der Einreichungsfrist für Kreiswahlvorschläge berücksichtigt werden können, darüber hinaus wohl noch bis zur Entscheidung über die Zulassung des Kreiswahlvorschlages (umstritten; es wird auch vertreten, dass nur bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Einreichung des Kreiswahlvorschlages erfolgte Rücknahmen beachtlich sind). Ferner muss ein Anfechtungsgrund (vorliegend: arglistige Täuschung) gegeben sein; die Beweislast dafür liegt bei der anfechtenden Person. Eine arglistige Täuschung dürfte nicht vorliegen, wenn den Betroffenen klar war, dass sie ein Formblatt für eine Unterstützungsunterschrift oder jedenfalls ein ersichtlich rechtsförmliches Formular unterschrieben haben. Nach der zivilrechtlichen BGH-Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 1968, 2102) hat kein Anfechtungsrecht, wer eine Urkunde ungelesen unterschreibt, wenn die Unterschrift für rechtliche Zwecke abgegeben wird. Die Unterzeichner/innen können sich dann nicht darauf berufen, dass sie über den Inhalt des Schriftstücks, das sie sich in vollem Umfang hätten zeigen lassen können (auch im Falle erkennbarer Teilabdeckung), vor der Unterzeichnung nicht aufgeklärt worden waren. Wer ohne näheres Durchlesen ein rechtsbedeutsames Dokument unterschreibt, trägt dafür die Verantwortung, auch dann, wenn die Unterschriftenwerberin oder der Unterschriftenwerber einem ausdrücklichen Verlangen nach Vorzeigen des gesamten Dokuments nicht nachkommt oder einem solchen Verlangen ausweicht. Wenn jedoch Betroffene nicht erkennen konnten, dass sie um Unterzeichnung einer rechtsbedeutsamen Erklärung gebeten wurden (etwa Vorzeigen eines Schriftstücks, nach dessen Inhalt rechtlich unverbindlich im Rahmen einer gesellschaftspolitischen Unterschriftenaktion ein allgemeines Anliegen unterstützt werden sollte), dürfte von einer arglistigen Täuschung ausgegangen werden können.

Lässt sich eine zivilrechtlich zu beurteilende arglistige Täuschung nicht eindeutig feststellen, kann gleichwohl eine strafrechtlich relevante Wählertäuschung nach § 108 d Satz 2 i.V.mit § 108a StGB in Betracht kommen. Hierfür kommt es nur darauf an, dass die Betroffenen ursächlich infolge einer Vortäuschung eines anderen Zweckes ihre Unterschrift geleistet haben. Strafrechtlich ist es nach BGHSt 9, 338 dagegen unerheblich, ob die Getäuschten bei größerer Aufmerksamkeit den Irrtum dadurch hätten vermeiden können, dass sie das Unterstützungsformblatt durchlasen. Da nach bisherigen Erfahrungen selbst aufgrund schriftlicher Befragungen der Betroffenen nur in seltenen Fällen eindeutig eine arglistige Täuschung im Sinne des Zivilrechts angenommen werden konnte, erscheint es wenig Erfolg versprechend, dem Verdacht von Täuschungen systematisch, etwa durch Befragung aller potenziell Betroffenen, nachzugehen. Bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Täuschung ist aber die Erstattung einer Strafanzeige durch die Gemeinde oder die Kreiswahlleitung angezeigt.

Ich habe mich beim Bundesministerium des Innern um spezielle Regelungen im Bundeswahlrecht bemüht, die Täuschungsmanipulationen möglichst verhindern (etwa durch andere Gestaltung der Formblätter) oder bestimmen, dass ursächlich durch Täuschung erlangte Unterstützungsunterschriften ungültig sind. Diese Bemühungen konnten aufgrund des hohen Zeitdrucks hinsichtlich der Bundestagswahl 2005 noch nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen.

9.4
Es wird erneut auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit der Unterstützungsunterschriften hingewiesen. Formblätter mit Unterstützungsunterschriften sind so zu verwahren, dass sie gegen Einsichtnahme durch Unbefugte geschützt sind (§ 89 Abs. 1 BWO).

Mitglieder von Wahlorganen (z. B. Kreiswahlausschüsse), Amtsträger/innen und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete dürfen Auskünfte über Unterstützungsunterschriften nur Behörden, Gerichten und sonstigen amtlichen Stellen des Wahlgebietes und nur dann erteilen, wenn die Auskunft zur Durchführung der Wahl oder eines Wahlprüfungsverfahrens oder zur Aufklärung des Verdachts einer Wahlstraftat erforderlich ist (§ 89 Abs. 3 BWO). Hierauf sind insbesondere die Beisitzerinnen und Beisitzer in den Kreiswahlausschüssen durch die Vorsitzende oder den Vorsitzenden hinzuweisen. Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht sind nach §§ 107 c, 108 d Satz 2 StGB strafbar.

9.5
Die Bescheinigung des Wahlrechts der Unterzeichnerin bzw. des Unterzeichners kann unmittelbar auf dem Formblatt der Unterstützungsunterschrift (Anlagen 14 und 21 BWO) oder auf einem besonderen Formblatt nach dem Muster der Anlagen 14 und 21 BWO erteilt werden. Es ist zu beachten, dass die Wahlberechtigung im Zeitpunkt der Unterzeichnung gegeben sein muss und dass die Wahlrechtsbescheinigung schon bei Einreichung des Kreiswahlvorschlags nachzuweisen ist und nach Ablauf der Einreichungsfrist regelmäßig nicht mehr nachgebracht werden kann (§ 20 Abs. 2 Satz 2, zweiter Halbsatz, § 25 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BWG).

Die Wahlrechtsbescheinigung darf für jede Wahlberechtigte oder jeden Wahlberechtigten jeweils nur einmal zu einem Kreiswahlvorschlag und zu einer Landesliste erteilt werden; es darf nicht festgehalten werden, für welchen Wahlvorschlag die erteilte Bescheinigung bestimmt ist (§ 34 Abs. 6 Satz 2 und § 39 Abs. 5 BWO). Vermerke oder Listen der Gemeindebehörden über erteilte Wahlrechtsbescheinigungen dienen ausschließlich dem Zweck, eine doppelte oder mehrfache Ausstellung der Bescheinigungen zu vermeiden. Spätestens mit der endgültigen Entscheidung des Landes- oder des Bundeswahlausschusses über die Zulassung oder Zurückweisung der Wahlvorschläge (möglich bis 24. Tag vor der Wahl, 25. August 2005) entfällt die Notwendigkeit dieser Kontrollfunktion. Deshalb sind die entsprechenden Dateivermerke gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 Buchstabe b Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSG NRW) alsbald nach der Entscheidung über die Wahlvorschläge zu löschen und Kontrolllisten zu vernichten.

Stellt eine Gemeinde fest, dass Wahlberechtigte mehrere Kreiswahlvorschläge oder Landeslisten unterstützt haben, teilt sie dies der Kreiswahlleitung bzw. der Landeswahlleiterin unter Hinweis auf § 34 Abs. 4 Nr. 4 bzw. § 39 Abs. 3 Satz 5 i.V.m. § 34 Abs. 4 BWO mit.

Um den Wahlvorschlagsträgern die Einholung von Wahlrechtsbescheinigungen auch noch kurz vor Ende der Einreichungsfrist für Wahlvorschläge (15. August 2005, 18.00 Uhr) zu ermöglichen, sollten die Gemeindebehörden darauf hinwirken, dass die zuständigen Dienststellen am 15. August 2005 möglichst bis 18.00 Uhr geöffnet haben.

10
Einreichungsfrist für Wahlvorschläge
(§ 19 BWG)

Spätester Termin für die Einreichung von Kreiswahlvorschlägen und von Landeslisten ist der 34. Tag vor der Wahl, also der 15. August 2005, 18.00 Uhr.

11
Weiterleitung der Kreiswahlvorschläge
(§ 35 Abs. 1 BWO)

Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 BWO hat die Kreiswahlleitung sofort nach Eingang eines Kreiswahlvorschlags einen Abdruck hiervon (ohne Anlagen) der Landeswahlleiterin und dem Bundeswahlleiter zu übersenden. Ich mache auf diese Regelung besonders aufmerksam und bitte die Kreiswahlleiterinnen und Kreiswahlleiter, die Übersendung der Abdrucke nicht solange zurückzustellen, bis sämtliche zu erwartenden Kreiswahlvorschläge eingegangen sind. Die Durchschriften oder Kopien von erst kurz vor dem oder am 15. August 2005 eingereichten Kreiswahlvorschlägen sind stets durch Eilboten oder Telefax dem Bundeswahlleiter - Telefaxanschluss (0611) 753964 - und der Landeswahlleiterin - Telefaxanschlüsse (0211) 871-3096, 871-162639, 871-162629, 871-162354 oder 871-162304 - zu übermitteln. Es darf nicht wieder wie bei früheren Wahlen dazu kommen, dass Bundeswahlleiter und Landeswahlleiterin erst Tage nach Ablauf der Einreichungsfrist von eingereichten Kreiswahlvorschlägen erfahren.

Nach § 38 Satz 4 BWO ist in den Bekanntmachungen der Kreiswahlvorschläge durch die Kreiswahlleiter/innen anstelle der Anschrift (Hauptwohnung) der Bewerberin oder des Bewerbers eine Erreichbarkeitsanschrift zu verwenden, wenn die Bewerberin oder der Bewerber bis zum Ablauf der Einreichungsfrist gegenüber der Kreiswahlleitung nachweist, dass im Melderegister ein Sperrvermerk eingetragen ist (§ 38 Satz 4 BWO). Da die Anschriften der Wahlbewerber/innen auch in Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes, des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik des Landes Nordrhein-Westfalen und in den Internetangeboten des Bundeswahlleiters und der Landeswahlleiterin angegeben werden, weise ich die Kreiswahlleiter/innen auf die in § 38 Satz 5 BWO vorgesehene unverzügliche Übermittlung der Erreichbarkeitsanschrift an den Bundeswahlleiter und die Landeswahlleiterin hin.

Zur Vorbereitung der Prüfung und Entscheidung des Kreiswahlausschusses über die Zulassung der Kreiswahlvorschläge ist unbedingt sicherzustellen, dass die zur Entscheidung gestellten Wahlvorschläge aller Wahlvorschlagsträger mit den eingereichten und ggf. nach Vorprüfung gem. § 25 Abs. 1 BWG, § 35 BWO im Wege der Mängelbeseitigung geänderten Kreiswahlvorschlägen identisch sind, auch im Hinblick auf § 30 Abs. 2 Nr. 1 BWG, § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BWO (Übereinstimmung der Stimmzettel mit den zugelassenen Kreiswahlvorschlägen).

12
Reihenfolge der Wahlvorschläge bei der öffentlichen Bekanntmachung und auf den Stimmzetteln (§ 26 Abs. 3, § 28 Abs. 3 und § 30 Abs. 3 BWG; §§ 38, 43 BWO)

Für die öffentliche Bekanntmachung der zugelassenen Wahlvorschläge gemäß § 26 Abs. 3 und § 28 Abs. 3 BWG sowie für die Stimmzettel ist die Reihenfolge der Wahlvorschläge durch § 30 Abs. 3 BWG und §§ 38 und 43 BWO zwingend vorgeschrieben. Danach sind alle Parteien, die bei der letzten Bundestagswahl den Einzug in den Bundestag nicht geschafft haben, aber eine Landesliste eingereicht und Zweitstimmen erhalten hatten, in der Reihenfolge der bei der Bundestagswahl 2002 erzielten Zweitstimmen auf dem Stimmzettel aufzuführen, bevor sich die übrigen Parteien wie bisher in alphabetischer Reihenfolge anschließen. Hierzu ist die Mitteilung der Landeswahlleiterin gemäß § 43 Abs. 2 BWO abzuwarten. Es ist davon abzusehen, die gemäß § 30 Abs. 3 BWG voraussichtlich zu erwartende Reihenfolge vorzeitig auch nur unverbindlich bekannt zu geben, da die Reihenfolge der Wahlvorschläge durch die etwaige Zurückweisung von Landeslisten mitbestimmt wird.

13
Wahlvorstände und Briefwahlvorstände
(§§ 8, 9 BWG; §§ 6 bis 10 BWO)

13.1
Die Bildung der Wahlvorstände und der Briefwahlvorstände obliegt den Gemeindebehörden (§ 9 Abs. 1 und 2 BWG; § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen). Die Mitglieder des Wahlvorstandes und des Briefwahlvorstandes sollen nach Möglichkeit aus Wahlberechtigten der Gemeinde berufen werden, die Beisitzer/innen in den Wahlvorständen aus Wahlberechtigten des Wahlbezirks. Ausnahmsweise können auch nicht in der Gemeinde wohnhafte Wahlberechtigte zu Mitgliedern des Wahlvorstandes oder des Briefwahlvorstandes berufen werden.

Dem Wahlvorstand können bis zu neun Mitglieder angehören (§ 9 Abs. 2 Satz 3 BWG). Das erlaubt einerseits einen „Schichtbetrieb“ und kann andererseits die abschließende Ermittlung des Wahlergebnisses beschleunigen.

Wie bereits bei den zurückliegenden Wahlen bitte ich auch diesmal, bei der Bildung der Wahlvorstände nach Möglichkeit nicht immer auf dieselben Personen zurückzugreifen. Jung- und Erstwähler/innen sollten bei der Besetzung der Wahlvorstände im Rahmen des Möglichen besonders berücksichtigt werden.

13.2
Ich erwarte, dass die Angehörigen des öffentlichen Dienstes auch bei dieser Wahl in den Wahlvorständen wieder bereitwillig mitwirken. Vorsorglich weise ich darauf hin, dass auch Richter/innen an einer Tätigkeit in den Wahlvorständen nicht gehindert sind; § 4 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes findet auf diese Tätigkeit keine Anwendung. Ebenso wird auf § 9 Abs. 5 BWG hingewiesen, wonach Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten, Stiftungen des öffentlichen Rechts, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts auf Ersuchen der Gemeindebehörden verpflichtet sind, zur Sicherstellung der Wahldurchführung aus dem Kreis ihrer Bediensteten Personen zum Zweck der Berufung als Mitglieder der Wahlvorstände zu benennen.

Für das Anlegen von Wahlhelferdateien besteht in § 9 Abs. 4 BWG eine besondere Regelung, die den datenschutzrechtlichen Belangen Rechnung trägt.

13.3
Die Wahlvorstandsmitglieder sind gemäß § 10 Abs. 2 BWG zur unparteiischen Wahrnehmung ihres Amtes und zur Verschwiegenheit über die ihnen bei ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten verpflichtet. Hierauf sind Wahlvorsteher/innen und ihre Stellvertreter/innen von den Gemeindebehörden sowie die übrigen Mitglieder der Wahlvorstände von der Wahlvorsteherin bzw. dem Wahlvorsteher vor Beginn der Wahlhandlung hinzuweisen (§ 6 Abs. 3 BWO). Eine Verpflichtung durch Handschlag ist nicht erforderlich. Im Übrigen ist den Wahlvorstandsmitgliedern unverändert untersagt, während ihrer Tätigkeit ein auf eine politische Überzeugung hinweisendes Zeichen sichtbar zu tragen (§ 6 Abs. 3 Satz 2 BWO).

13.4
Besonderes Gewicht bitte ich wiederum darauf zu legen, dass die Mitglieder der Wahlvorstände vor der Wahl so über ihre Aufgaben unterrichtet werden, dass ein ordnungsgemäßer Ablauf der Wahlhandlung sowie der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses gesichert ist (§ 6 Abs. 5 BWO) und kein Anlass für Wahleinsprüche gegeben wird. Dazu gehört auch eine sachgerechte Einweisung der Schriftführer/innen.

Die Aufstellung eines Spendentellers ist zu unterlassen. Hierauf sind die Mitglieder der Wahlvorstände hinzuweisen.

Das Erfrischungsgeld für die Mitglieder der Wahlvorstände beträgt 16 Euro (§ 10 Abs. 2 BWO). Soweit Gemeinden höhere Beträge gewähren, sind diese Sätze nicht nach § 50 BWG erstattungsfähig.

13.5
Während der Wahlhandlung müssen immer mindestens drei Mitglieder des Wahlvorstandes, darunter die Wahlvorsteherin bzw. der Wahlvorsteher und die Schriftführerin bzw. der Schriftführer oder ihre Stellvertreterinnen bzw. Stellvertreter, anwesend sein. Bei der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses sollen alle Mitglieder des Wahlvorstandes anwesend sein (§ 6 Abs. 8 BWO). Beschlussfähig ist der Wahlvorstand während der Wahlhandlung, wenn mindestens drei Mitglieder, bei der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses, wenn mindestens fünf Mitglieder, darunter jeweils die Wahlvorsteherin oder der Wahlvorsteher und die Schriftführerin oder der Schriftführer oder ihre Stellverterterin bzw. ihr Stellvertreter, anwesend sind (§ 6 Abs. 9 BWO).

Es hat sich vielfach eingespielt, dass unter Beachtung dieser Vorschriften die Mitglieder des Wahlvorstandes in Abstimmung mit der Wahlvorsteherin oder dem Wahlvorsteher abwechselnd anwesend sind; durchgreifende Bedenken gegen diese Verfahrensweise bestehen nicht.

13.6
Besonderheiten für den Briefwahlvorstand enthält § 7 BWO.

Durch § 2 der Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen ist die Anordnung gemäß § 8 Abs. 3 BWG getroffen worden, dass für jede Gemeinde Briefwahlvorsteherinnen bzw. Briefwahlvorsteher und Briefwahlvorstände einzusetzen sind. Wie viele Briefwahlvorstände zu bilden sind, entscheidet die Gemeindebehörde (§ 7 Nr. 2 BWO, § 1 Abs. 2 Nr. 3 der Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen). Die Zahl ist danach zu bemessen, dass das Briefwahlergebnis noch am Wahltag festgestellt werden kann. Die Zahl der auf einen Briefwahlvorstand entfallenden Wahlbriefe darf nicht so gering sein, dass erkennbar wird, wie einzelne Wahlberechtigte gewählt haben; auf einen Briefwahlvorstand sollen mindestens 50 Wahlbriefe entfallen (§ 7 Nr. 1 BWO). Nach § 2 Abs. 2 WStatG sind Briefwahlbezirke ausschließlich gebietsorientiert, d.h. aus einem oder mehreren allgemeinen Wahlbezirken im Sinne des § 2 Abs. 3 BWG zu bilden. Eine mengenorientierte Verteilung der Wahlbriefe auf die Briefwahlvorstände ist nicht zugelassen.

14
Bewegliche Wahlvorstände, Sonderwahlbezirke
(§§ 8, 13, 61 bis 64 BWO)

Seit jeher besteht die Möglichkeit, bewegliche Wahlvorstände („fliegende Wahlurnen“) zu bilden und Sonderwahlbezirke einzurichten. Auch unter dem Gesichtspunkt, die Briefwahl nicht auszuweiten, sind die einschlägigen Bestimmungen als Sollvorschriften ausgestaltet.

Nach § 8 BWO sollen in den dort aufgeführten Einrichtungen bei entsprechendem Bedürfnis und soweit möglich bewegliche Wahlvorstände gebildet werden.

Für die in § 13 BWO genannten Einrichtungen sollen bei entsprechendem Bedürfnis Sonderwahlbezirke gebildet werden. Ein derartiges Bedürfnis ist bei einer größeren Anzahl von Wahlberechtigten anzuerkennen, die keinen Wahlraum außerhalb der Einrichtung aufsuchen können und nicht durch Briefwahl wählen.

Ich verkenne nicht, dass insbesondere der Einsatz beweglicher Wahlvorstände mit Mehraufwand sowohl für die Gemeinde wie auch für die betreffenden Einrichtungen verbunden ist. Gleichwohl empfehle ich, in allen einschlägigen Fällen sorgfältig zu prüfen, ob ein beweglicher Wahlvorstand oder die Bildung eines Sonderwahlbezirks in Betracht kommt.

Soweit sich der Wahlvorstand in einzelne Zimmer der Einrichtung und an die Betten der aufgenommenen Personen begibt (§ 61 Abs. 6 BWO), ist streng darauf zu achten, dass die Freiwilligkeit der Wahlbeteiligung, die persönliche Stimmabgabe (ggf. Bestimmung einer Hilfsperson durch den/die Wähler/in, Verfahren gemäß § 33 Abs. 2 BWG, § 57 BWO) und das Wahlgeheimnis gewährleistet sind. Keinesfalls dürfen Patientinnen oder Patienten usw. von den Mitgliedern des Wahlvorstandes oder dem Personal der Einrichtung gedrängt werden, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen oder bestimmte Wahlvorschläge anzukreuzen/ankreuzen zu lassen.

15
Vordrucke und Stimmzettel
(§ 45 Abs. 1 und 5, § 88 BWO)

Die Beschaffung der Vordrucke ist in § 88 BWO im Einzelnen geregelt.

15.1
Unbeschadet der Regelung in § 88 Abs. 1 Nr. 3 und § 45 Abs. 5 Satz 2 BWO kann es sich aus Kostengründen empfehlen, dass die Kreiswahlleiterin bzw. der Kreiswahlleiter für die Gemeinden die Wahlbriefumschläge (Anlage 11 BWO) zentral beschaffen.

§ 45 Abs. 4 BWO (s. auch Muster der Anlage 11) bestimmt neben der Größe und Beschriftung der Wahlbriefumschläge, dass diese rot sein sollen.

15.2
Es ist sorgfältig darauf zu achten, dass die Stimmzettel dem Muster für den amtlichen Stimmzettel (Anlage 26 BWO) entsprechen. Die Beschaffenheit der Stimmzettel ist in § 45 Abs. 1 BWO eingehend geregelt. Nach § 45 Abs. 1 BWO muss das Papier so beschaffen sein, dass nach Kennzeichnung und Faltung durch die Wählerin oder den Wähler andere Personen nicht erkennen können, wie sie bzw. er gewählt hat. In Abstimmung mit dem Bundeswahlleiter wird empfohlen, mindestens folgende Anforderungen an das Papier zu stellen: weiß oder weißlich, holzfrei, Offset, 80 bis 90 g/qm.

Für Kontroll- und Archivzwecke bitte ich, unverzüglich nach Druck der Landeswahlleiterin drei und dem Bundeswahlleiter zwei Stimmzettel eines jeden Wahlkreises zu übersenden. Für Wahlkreise, in denen die repräsentative Wahlstatistik durchgeführt wird, bitte ich zusätzlich je zwei Stimmzettel mit den Unterscheidungsaufdrucken für Männer und Frauen und für die Altersgruppen zu übersenden.

16
Wahlgeräte (Stimmenzählgeräte)

Die gemäß § 35 Abs. 2 Satz 4 BWG i.V.m. § 4 Abs. 1 BWahlGV erforderliche Genehmigung des Bundesministeriums des Innern zur Verwendung amtlich zugelassener Wahlgeräte für die Bundestagswahl 2005 steht noch aus. Nach Genehmigung des Bundesministeriums des Innern werde ich die Kreiswahlleiterinnen und Kreiswahlleiter sowie die Gemeindebehörden entsprechend unterrichten.

17
Wahlbekanntmachung
(§ 48 BWO)

Der Vordruck für die Wahlbekanntmachung nach Anlage 27 BWO ist wie viele andere Anlagen ein Muster, dessen Gestaltung und Formulierung frei ist, aber inhaltlich alle Vorgaben des § 48 Abs. 1 BWO enthalten muss.

In der Wahlbekanntmachung ist über § 48 Abs. 1 BWO hinaus darauf hinzuweisen, in welchen Wahlbezirken Wahlgeräte verwandt werden (§ 6 BWahlGV).

18
Dienst der Behörden am Tag vor der Wahl und am Wahltag

Um Unregelmäßigkeiten und Störungen bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl zu vermeiden, halte ich es für unerlässlich, dass auch diesmal wieder die Dienststellen der Kreiswahlleiter/innen und Gemeindebehörden am Tag vor der Wahl bis mindestens 12.00 Uhr und am Wahltag ganztägig ausreichend besetzt sind. Nur so kann sichergestellt werden, dass Anfragen anderer Wahlorgane und -behörden sowie von Wahlberechtigten sachkundig beantwortet und die an diesen Tagen noch möglichen Wahlscheinanträge (§ 27 Abs. 4 Satz 2 und 3, § 28 Abs. 3 Satz 2 BWO) sachgerecht erledigt werden.

Das Büro der Landeswahlleiterin wird am Tage vor der Wahl von 8.30 bis 14.00 Uhr und am Wahltag ganztägig besetzt sein (Telefon des Innenministeriums: (0211) 871-01; am Wahltag keine Durchwahl der Nebenstellen).

19
Wahlzeit
(§ 47 Abs. 1, § 60 BWO)

Die Wahlzeit dauert einheitlich von 8.00 bis 18.00 Uhr. Pünktlich ab 8.00 Uhr muss die Stimmabgabe möglich sein. Um 18.00 Uhr hat die Wahlvorsteherin oder der Wahlvorsteher das Ende der Wahlzeit bekannt zu geben. Es dürfen von diesem Zeitpunkt an nur noch die Wählerinnen und Wähler zur Stimmabgabe zugelassen werden, die sich im Wahlraum befinden. Deshalb ist der Zutritt zum Wahlraum so lange zu sperren, bis die anwesenden Wählerinnen und Wähler ihre Stimme abgegeben haben. Danach ist von der Wahlvorsteherin oder dem Wahlvorsteher die Wahlhandlung für geschlossen zu erklären.

Das Gebot der Öffentlichkeit der Wahl (§ 54 BWO) ist durchgehend zu beachten.

20
Wahlraum
(§ 46 BWO)

Bei der Auswahl der Gebäude, in denen Wahllokale eingerichtet werden sollen, ist auf strikte Neutralität zu achten. Die Wahllokale sind vorrangig in gemeindeeigenen Gebäuden einzurichten. Auf Gastwirtschaften sollte nur zurückgegriffen werden, wenn öffentliche Gebäude nicht zur Verfügung stehen oder ungeeignet sind.

Nach dem durch Artikel 2 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze ergänzten § 46 Abs. 1 BWO sollen die Wahlräume nach den örtlichen Verhältnissen so ausgewählt und eingerichtet werden, dass allen Wahlberechtigten, insbesondere behinderten und anderen Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung, die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichtert wird. Die Gemeindebehörden haben frühzeitig und in geeigneter Weise mitzuteilen, welche Wahlräume barrierefrei sind.

Der Wahlraum ist gut auszuschildern, damit er ohne Schwierigkeiten ausfindig gemacht werden kann.

Besonderer Wert ist darauf zu legen, dass die Wahlbekanntmachung einschließlich eines Stimmzettels als Muster gemäß § 48 Abs. 2 BWO gut sichtbar und so angebracht wird, dass die Wählerinnen und Wähler sich vor der Wahlhandlung informieren können.

Unverzichtbar ist ferner, die Wahlurne so aufzustellen, dass sie ständig unter der unmittelbaren Kontrolle eines Mitglieds des Wahlvorstandes gehalten werden kann. Ferner ist unbedingt sicherzustellen, dass die Wahlzellen zur Wahrung des Wahlgeheimnisses so eingerichtet werden, dass die Wähler/innen ihre Stimmzettel unbeobachtet kennzeichnen können.

Es erscheint sinnvoll, in den Wahlzellen durch einen gut sichtbaren Aushang darauf hinzuweisen, dass der Stimmzettel noch in der Wahlzelle so gefaltet werden muss, dass bei der Abgabe von niemandem erkannt werden kann, wie die Wählerin oder der Wähler gewählt hat (vgl. § 56 Abs. 2 BWO).

21
Unzulässige Wahlpropaganda und Unterschriftensammlung
(§ 32 Abs. 1 BWG)

Nach § 32 Abs. 1 BWG sind in und an dem Gebäude, in dem sich der Wahlraum befindet, sowie unmittelbar vor dem Zugang zu dem Gebäude jede Beeinflussung der Wählerinnen und Wähler durch Wort, Ton, Schrift oder Bild sowie auch jede Unterschriftensammlung verboten. Danach sind neben jeder Agitation oder Diskussion im Besonderen die Verteilung von Flugblättern, das Anbringen von Wahlplakaten und das sichtbare Mitführen von Werbematerial unzulässig.

Eine Abgrenzung des Bereichs „unmittelbar vor dem Zugang zu dem Gebäude“ lässt sich nicht generell vornehmen; es wird stets auf die örtlichen Gegebenheiten ankommen. Entscheidend ist, dass alle Wahlberechtigten ihr politisches Grundrecht zu wählen ungehindert ausüben können. Es gibt keine generelle „Bannmeile“ um das Wahllokal. Befindet sich der Wahlraum z. B. in einem Schulgebäude, so kann schon der Zugang zum Schulgrundstück (Schulhof) unter die Verbotsregelungen fallen. Gleiches gilt, wenn aufgrund der örtlichen Verhältnisse nur eine bestimmte Wegstrecke zum Wahlgebäude führt, die von den Wählerinnen und Wählern benutzt werden muss, um in den Wahlraum zu gelangen. Bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen ist ggf. durch Auflagen sicherzustellen, dass stets ein ungehinderter Zugang zum Wahlraum gewährleistet ist.

In erster Linie hat der Wahlvorstand darauf zu achten, dass die Verbote eingehalten werden. Das gilt insbesondere bei am Wahlgebäude oder unmittelbar vor dessen Zugang geklebte oder aufgestellte Wahlplakate. Kann der Wahlvorstand von sich aus eine Störung nicht beseitigen, so wird er die örtliche Ordnungsbehörde bzw. die Polizei heranziehen.

Zur zweifelsfreien Gewährleistung strikter Neutralität und einer ungestörten Wahlhandlung soll im und vor dem Wahlraum von einer Auslegung oder Verteilung mit der Wahlhandlung nicht zusammenhängender Werbe- oder Informationsschriften und -materialien abgesehen werden; solche Unterlagen sind aus dem Wahlraum zu entfernen.

Auf § 10 Abs. 3 des Landesimmissionsschutzgesetzes (LImschG), wonach Lautsprecherwerbung am Wahltag verboten ist, und im Zusammenhang damit auf den Gem. RdErl. d. Ministeriums für Verkehr, Energie und Landesplanung u. d. Innenministeriums v. 8.8.2003 (SMBl. NRW. 922), zuletzt geändert durch RdErl. v. 4.3.2005 (MBl. NRW S. 431), über Lautsprecher- und Plakatwerbung von Parteien und Wählergruppen aus Anlass von Wahlen, Volksbegehren und Volksentscheiden weise ich hin.

Während Mitglieder des Wahlvorstandes bei ihrer Tätigkeit kein auf eine politische Überzeugung hinweisendes Zeichen sichtbar tragen dürfen (§ 6 Abs. 3 Satz 2 BWO), wird man anderen Personen, im Besonderen den Wählerinnen und Wählern, das Tragen von Parteiabzeichen und ähnlichen Sympathiekennzeichen im Wahlgebäude praktisch schwer untersagen können. Hier wird der Wahlvorstand im Einzelfall zu entscheiden haben, ob und inwieweit eine Wählerbeeinflussung vorliegt, und ggf., vor allem auf Beschwerden hin, geeignete Maßnahmen zu ihrer Verhinderung ergreifen. Eine Verweisung aus dem Wahlraum kommt allerdings nur in schwerwiegenden Fällen in Betracht; sie darf nicht dazu führen, dass Wahlberechtigten die Ausübung des Wahlrechts unmöglich gemacht wird.

22
Aufenthalt von Parteibeauftragten im Wahlraum

Aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl folgt, dass auch Beauftragte der Parteien sich im Wahlraum aufhalten dürfen, um die Wahl zu beobachten.

Die Mitwirkung von Mitgliedern des Wahlvorstandes bei der Führung sog. „Schlepplisten“ ist unzulässig. Unzulässig wäre es auch, wenn nicht dem Wahlvorstand angehörende Parteibeauftragte im Wahlvorstand mitwirken würden. Angebote von Parteibeauftragten, etwa an der Stimmenauszählung zwecks rascherer Ergebnisfeststellung sich beteiligen zu wollen, sind stets zurückzuweisen. Die Vorschrift des § 6 Abs. 9 Satz 2 BWO, ggf. fehlende Beisitzerinnen bzw. Beisitzer ersetzen zu können, wird dadurch allerdings nicht berührt.

Nach § 56 Abs.4 Satz 4 BWO sind die Mitglieder des Wahlvorstandes, wenn nicht die Feststellung der Wahlberechtigung es erfordert, nicht befugt, Angaben zur Person der Wähler/innen so zu verlautbaren, dass sie von sonstigen im Wahlraum Anwesenden zur Kenntnis genommen werden können.

23
Briefwahl (§§ 8 Abs. 3, 9 Abs. 2, 36, 39 Abs. 4 und 5 BWG; §§ 7, 66, 74, 75 BWO; § 2 der Verordnung über die Wahlorgane für die Bundestagswahlen und die Europawahlen)

Das Briefwahlgeschäft obliegt in Nordrhein-Westfalen bei sämtlichen Wahlen seit langem schon der Gemeindebehörde. Die Stimmabgabe mittels Briefwahl ist bei allen Wahlen weitgehend einheitlich geregelt. Sowohl auf dem Wahlschein als auch auf dem Wahlbriefumschlag (Anlage 9 und 11 BWO) kann alternativ der vorgesehene Wahlbezirk eingetragen werden. Die Angabe des Wahlbezirks auf dem Wahlbrief erleichtert die Verteilung der Wahlbriefe auf die Briefwahlbezirke (vgl. oben 13.6).

Den Briefwahlvorständen sind das Verzeichnis über die für ungültig erklärten Wahlscheine sowie die Nachträge dazu oder die Mitteilung, dass keine Wahlscheine für ungültig erklärt worden sind, zu übergeben (§ 74 Abs. 3 BWO).

Die Zurückweisungsgründe für Wahlbriefe sind in § 39 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 8 BWG abschließend geregelt. Sonstige formelle Mängel können danach grundsätzlich nicht zur Zurückweisung führen. Die Vorschrift des § 39 Abs. 4 Satz 2 BWG wird gelegentlich übersehen: Die Einsender/innen zurückgewiesener Wahlbriefe werden nicht als Wähler/innen gezählt; ihre Stimmen gelten als nicht abgegeben (nicht etwa als ungültig).

Außerdem weise ich darauf hin, dass nach § 39 Abs. 5 BWG die Stimmen einer Wählerin oder eines Wählers, die bzw. der an der Briefwahl teilgenommen hat, nicht dadurch ungültig werden, dass sie bzw. er vor dem oder am Wahltag stirbt oder das Wahlrecht verliert. Im Wahlscheinnachweis ist ein entsprechender Vermerk anzubringen (§ 28 Abs. 8 Satz 4 BWO).

Ist ein Wahlschein im Verzeichnis der für ungültig erklärten Wahlscheine, evtl. in einem Nachtrag, aufgeführt oder werden sonst Bedenken gegen den Wahlbrief erhoben, so beschließt der Briefwahlvorstand über die Zulassung oder Zurückweisung (§ 75 Abs. 1 und 2 BWO).

24
Stimmabgabe
(§ 34 BWG, § 56 BWO)

Der Ablauf der Wahlhandlung richtet sich nach § 56 BWO.

Die Gründe für die Zurückweisung einer Wählerin bzw. eines Wählers sind in § 56 Abs. 6 BWO aufgeführt. In den wohl seltenen Fällen, dass jemand zwar eine Wahlbenachrichtigung erhalten hat, nicht aber im Wählerverzeichnis eingetragen ist und auch keinen Wahlschein besitzt, kann am Wahltag bis 15.00 Uhr ein Wahlschein beantragt werden (§ 56 Abs. 6 Satz 2 BWO).

Hilfsperson, deren sich eine behinderte Wählerin oder ein behinderter Wähler im Wahlraum bedient, kann auch ein von dieser oder diesem bestimmtes Mitglied des Wahlvorstandes sein. Die Hilfeleistung hat sich auf die Erfüllung der Wünsche der Wählerin bzw. des Wählers zu beschränken. Auf die Pflicht der Hilfsperson zur Geheimhaltung wird besonders hingewiesen (§ 57 BWO).

Blinde oder sehbehinderte Wähler/innen können sich im Übrigen einer Stimmzettelschablone bedienen, die sie von Blindenverbänden erhalten haben (vgl. § 57 Abs. 4 BWO).

Die Bereitlegung bestimmter Schreibstifte in den Wahlzellen ist in § 50 Abs. 2 BWO nicht vorgeschrieben. Es sollten aber keine radierfähigen Stifte bereitgelegt werden. Bei früheren Wahlen hat die Bereitlegung von Bleistiften immer wieder zu kritischen Nachfragen geführt.

Nach § 56 Abs. 3 Satz 2 BWO sollte außer in dem dort genannten Beispielsfall die Vorlage eines Ausweises auch dann verlangt werden, wenn Zweifel an der Wahlberechtigung oder der Identität der betreffenden Person bestehen. Legen Wähler/innen ihren Ausweis von sich aus vor, um damit ihre Identität prüfen zu lassen, sollte der Wahlvorstand auch in diesen Fällen einen Abgleich mit dem Ausweis vornehmen.

25
Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses
(§§ 67 ff. BWO)

25.1
Unter den Vorschriften, mit denen sich die Mitglieder der Wahlvorstände vertraut machen müssen, sind die Bestimmungen über die Feststellung des Wahlergebnisses besonders wichtig. Ich bitte die Gemeindebehörden, gerade hier für eine eingehende Unterweisung zu sorgen. Dabei bitte ich, den Mitgliedern der Wahlvorstände, wie bei den bisherigen Wahlen, unbedingt deutlich zu machen, dass Sicherheit und Genauigkeit Vorrang vor Schnelligkeit haben. Zwar ist die Öffentlichkeit verständlicherweise an einer schnellen Ermittlung des Wahlergebnisses interessiert, doch darf es bei der Ermittlung auf keinen Fall zu einem Wettlauf zwischen den Wahlvorständen kommen. Die Zuverlässigkeit der Feststellungen rangiert an erster Stelle.

25.2
Der Ablauf des Zählgeschäfts ist in der BWO (§§ 67 bis 69) genau vorgezeichnet. Eine sorgfältige Beachtung dieser Vorschriften ist unverzichtbar, um eine unter gegenseitiger Kontrolle erfolgende, verlässliche Ergebnisübermittlung zu gewährleisten.

26
Ungültige Stimmen, Auslegungsregeln
(§ 39 Abs. 1 bis 3 BWG)

Die Ungültigkeitstatbestände für die Stimmenabgabe sind in § 39 Abs. 1 bis 3 BWG aufgeführt.

Eine Zusammenstellung der in der Praxis am häufigsten vorkommenden Fälle gültiger und ungültiger Stimmenabgabe ist als Anlage 2 abgedruckt. Die Zusammenstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit; sie soll den Wahlvorständen jedoch eine Hilfe bei den von ihnen zu treffenden Entscheidungen sein. Deshalb sollte sie den Wahlvorständen vorliegen.

27
Schnellmeldungen
(§ 71 BWO)

Der beschleunigten Unterrichtung der Öffentlichkeit dienen die Schnellmeldungen. Sie haben zwar noch keinen endgültigen Charakter, werden jedoch bei genauer Aufstellung und zuverlässiger Durchgabe in der Regel dem später zu ermittelnden amtlichen, endgültigen Ergebnis gleichkommen.

Nachdem das Wahlergebnis im Wahlbezirk festgestellt ist, haben die Wahlvorsteherinnen bzw. Wahlvorsteher in gewohnter Weise jeweils eine Schnellmeldung zu erstatten. Dabei sollte sichergestellt werden, dass die Meldung erst erstattet wird, nachdem das vom Wahlvorstand ermittelte Ergebnis in der Wahlniederschrift festgelegt und ggf. auch eine Wiederholungszählung (§ 69 Abs. 7 BWO) durchgeführt ist. Die weiteren Stationen der Schnellmeldung ergeben sich aus § 71 BWO. Von der Gemeinde darf nicht vergessen werden, in ihre Schnellmeldung an die Kreiswahlleitung das Ergebnis der Briefwahl einzubeziehen.

Für kreisangehörige Gemeinden in Kreisen, deren Landrätin bzw. Landrat nicht zugleich Kreiswahlleiterin bzw. Kreiswahlleiter für das Gemeindegebiet ist, ist eine Anordnung der Landeswahlleiterin gemäß § 71 Abs. 1 Satz 3 BWO zu erwarten, dass die Wahlergebnisse von diesen kreisangehörigen Gemeinden über die Kreisverwaltung zu melden sind.

Das aufgrund der Schnellmeldungen der Wahlvorsteherinnen bzw. Wahlvorsteher ermittelte vorläufige Wahlergebnis in den Wahlkreisen haben die Kreiswahlleiterinnen und Kreiswahlleiter auf schnellstem Wege der Landeswahlleiterin mitzuteilen (§ 71 Abs. 3 BWO). In kreisfreien Städten und Kreisen, die mehrere Wahlkreise umfassen, darf mit der Schnellmeldung nicht solange gewartet werden, bis die vorläufigen Ergebnisse in sämtlichen Wahlkreisen des Gebiets feststehen.

Die Landeswahlleiterin wird den Kreiswahlleiterinnen und Kreiswahlleitern die für die Schnellmeldung an sie zu verwendenden Vordrucke übersenden sowie die Fernsprech- und Telefaxanschlüsse mitteilen.

28
Wahlstatistik

Das Wahlstatistikgesetz ordnet in § 1 die statistische Auswertung des Ergebnisses der Bundestagswahl unter Wahrung des Wahlgeheimnisses an. Ein für die Statistiken nach § 2 Abs. 1 WStatG ausgewählter Wahlbezirk muss mindestens 400 Wahlberechtigte, ein für die Statistik nach § 2 Abs. 1 Buchstabe b WStatG ausgewählter Briefwahlbezirk mindestens 400 Wähler/innen umfassen (§ 3 Satz 3 WStatG).

Die zusammenfassende statistische Bearbeitung des Ergebnisses der Bundestagswahl liegt im Wesentlichen beim Statistischen Bundesamt und beim Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen. Hierzu ergeht ein besonderer Erlass der Landeswahlleiterin bzw. des Innenministeriums.

Gemäß § 3 Satz 4 WStatG sind die Wahlberechtigten in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, wenn ihr Wahlbezirk in die repräsentative Wahlstatistik einbezogen ist. Geeignet zur Unterrichtung der Wahlberechtigten ist die Aufnahme eines entsprechenden Hinweises in der Wahlbekanntmachung und eine intensive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Thema.

Soweit Gemeinden außer in den für die Statistiken nach § 2 WStatG ausgewählten in weiteren Wahlbezirken und Briefwahlbezirken für eigene statistische Zwecke wahlstatistische Auszählungen unter Verwendung der für die Repräsentativstatistik gekennzeichneten Stimmzettel oder hierfür zugelassener Wahlgeräte durchführen wollen, ist dies nur mit Zustimmung der Landeswahlleiterin zulässig (§ 6 WStatG). Auf die besonderen Vorschriften zur Veröffentlichung der wahlstatistischen Auszählungen in § 8 WStatG weise ich hin.

29
Sicherung der Wahlunterlagen
(§ 89 BWO)

Außer den Wählerverzeichnissen und den Unterstützungsunterschriften zählen gemäß § 89 Abs. 1 BWO auch die Wahlscheinverzeichnisse, die Verzeichnisse über die für ungültig erklärten Wahlscheine sowie die Verzeichnisse nach § 29 Abs. 1 BWO und die eingenommenen Wahlbenachrichtigungen zu den Unterlagen, die besonders sorgfältig zu verwahren sind. Es muss sichergestellt sein, dass den Erfordernissen des Wahlgeheimnisses und des Datenschutzes konsequent Rechnung getragen wird. Die Unterlagen sind so zu verwahren, dass sie gegen Einsichtnahme durch Unbefugte geschützt sind. Vorkommnisse bei zurückliegenden Wahlen machen es erforderlich, an die Auskunftsbeschränkungen nach § 89 Abs. 2 und 3 BWO zu erinnern.

30
Vernichtung von Wahlunterlagen
(§ 90 BWO)

Nach § 90 Abs. 1 BWO sind die eingenommenen Wahlbenachrichtigungen von der Gemeinde unverzüglich zu vernichten.

Wählerverzeichnisse, Wahlscheinverzeichnisse, Verzeichnisse nach § 28 Abs. 8 Satz 2 und § 29 Abs. 1 BWO sowie die Formblätter mit Unterstützungsunterschriften sind nach Ablauf von sechs Monaten seit der Wahl nach dem 17. März 2006 zu vernichten, sofern der Bundeswahlleiter nach § 90 Abs. 2 BWO nicht etwas anderes angeordnet hat.

Die übrigen Wahlunterlagen können 60 Tage vor der Wahl des neuen Bundestages vernichtet werden; ihre frühere Vernichtung kann die Landeswahlleiterin zulassen.

31
Fristen und Termine

Bundeswahlgesetz und Bundeswahlordnung bestimmen zahlreiche Fristen und Termine, deren Nichteinhaltung die Ordnungsmäßigkeit und Gültigkeit der Wahl in Frage stellen würde. Nach § 54 BWG verlängern oder ändern sich die im Bundeswahlgesetz vorgesehenen Fristen nicht dadurch, dass der letzte Tag der Frist oder ein Termin auf einen Sonnabend, einen Sonntag, einen gesetzlichen oder staatlich geschützten Feiertag fällt. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ausgeschlossen.

Der Zeitpunkt für die Wahrnehmung der im Gesetz und in der Wahlordnung nicht an bestimmte Fristen und Termine gebundenen Aufgaben und Befugnisse ergibt sich weitgehend aus der Natur der Sache.

Zur Erleichterung der Vorbereitung und Durchführung der Wahl ist diesem Runderlass für die Bundestagswahl als Anlage 3 ein TERMINKALENDER beigefügt, aus dem die gesetzlich bestimmten Fristen und Termine ersichtlich sind und in dem ein Anhalt für die Bestimmung des Zeitpunktes der Wahrnehmung der nicht frist- und termingebundenen Aufgaben und Befugnisse gegeben wird.

32
Erfahrungsbericht

Ich bitte alle Wahlorgane und -behörden, besondere Erfahrungen, die für die Entwicklung des Wahlrechts und der Wahlpraxis von Bedeutung sein können, auf dem Dienstweg mitzuteilen.

Anlage 1

Anlage 2

Anlage 3

- MBl. NRW. 2005 S. 810