Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024

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§ 5

(1) Zu den in § 2 Absatz 2 des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren genannten Inhalten sollen in der Regel mindestens die folgenden Punkte zählen:

1. Rechtliche Grundlagen, insbesondere

a) Rechtsgrundlagen und Grundsätze des Strafverfahrens,

b) Rechte und Pflichten der Verletzten und der Bezugspersonen im Strafverfahren,

c) besondere Rechte und Pflichten von Kindern und Jugendlichen,

d) Ablauf und Grundsätze des Ermittlungsverfahrens inklusive der Strafanzeige,

e) Funktion und Tätigkeit von Polizei und Staatsanwaltschaft,

f) rechtliche Grundlagen, Funktion und Tätigkeit der Strafverteidigung,

g) Rechtsbeistand und Nebenklage,

h) aussagepsychologische Begutachtung,

i) Ablauf und Grundsätze des Hauptverfahrens,

j) Stellung der psychosozialen Prozessbegleitung im Strafverfahren,

k) Möglichkeiten der Entschädigung einschließlich Ansprüchen nach dem Opferentschädigungsgesetz, Schadensersatz und Schmerzensgeld einschließlich der möglichen Kostenfolgen für Verletzte,

l) Täter-Opfer-Ausgleich und

m) Grundlagen weiterer opferrelevanter Rechtsgebiete, zum Beispiel des Familien- und Zivilrechts und des Gewaltschutzgesetzes vom 11. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3513),

2. Viktimologie, insbesondere

a) viktimologische Grundlagen, insbesondere

aa) Theorien der Viktimisierung,

bb) Bedürfnisse von Opfern,

cc) Verarbeitungsprozesse und Bewältigungsstrategien von Opfern,

dd) Sekundäre Viktimisierung und

ee) Umgang mit Scham und Schuld,

b) Wissen über spezielle Opfergruppen, insbesondere

aa) Kinder und Jugendliche,

bb) Personen mit Behinderung,

cc) Personen mit einer psychischen Beeinträchtigung,

dd) Betroffene von Sexualstraftaten,

ee) Betroffene von Menschenhandel,

ff) Betroffene von Gewalttaten, insbesondere solcher mit schweren physischen, psychischen oder finanziellen Folgen oder längerem Tatzeitraum, wie zum Beispiel bei Häuslicher Gewalt oder Stalking, und

gg) Betroffene von vorurteilsmotivierter Gewalt und sonstiger Hasskriminalität und

c) Grundlagen gendersensibler und interkultureller Kommunikation,

3. Psychologie und Psychotraumatologie, insbesondere

a) zielgruppenspezifische Belastungsfaktoren von Zeugen im Strafverfahren,

b) Aspekte der Aussagepsychologie,

c) Trauma und Traumabehandlung sowie

d) Stabilisierungstechniken,

4. Theorie und Praxis der psychosozialen Prozessbegleitung, insbesondere

a) Ziele und Grundsätze der psychosozialen Prozessbegleitung,

b) Leistungen und Methoden, insbesondere

aa) die Leistungen der psychosozialen Prozessbegleitung während der verschiedenen Phasen des Strafverfahrens,

bb) Methodenkompetenz, zum Beispiel adressatengerechte Kommunikation, fachgerechter Umgang mit Zeugenaussagen, Dokumentation und Aufklärung über fehlendes Zeugnisverweigerungsrecht, und

cc) Kooperation mit anderen Professionen, Netzwerkarbeit, und

5. Qualitätssicherung und Eigenvorsorge, insbesondere

a) Formen der Dokumentation,

b) Integration der psychosozialen Prozessbegleitung in das eigene Arbeitsfeld: Möglichkeiten und Grenzen,

c) Methoden zur Selbstreflexion, zum Beispiel kollegiale Beratung und Supervision,

d) interdisziplinärer Austausch,

e) Reflexion der eigenen Motivation zur Opferhilfe und

f) Methoden der Selbstfürsorge in der professionellen Opferarbeit, zum Beispiel Vermeidung von Überidentifikation und Burn-Out-Prävention.

(2) In der Regel soll ein Schwerpunkt der Aus- und Weiterbildung in der Vermittlung der rechtlichen Grundlagen liegen. Die in Absatz 1 Nummer 4 und 5 beschriebenen Inhalte sollen in der Regel unter Mitwirkung einer oder eines erfahrenen psychosozialen Prozessbegleiterin oder -begleiters vermittelt werden.

Fußnoten:

Fn 1

In Kraft getreten am 6. Januar 2017 (GV. NRW. S. 103).