Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 16.3.2024

9 / 56

§ 8a (Fn 17)
Vermeidung, Durchführung und Dokumentation von
freiheitsentziehenden Unterbringungen und freiheitsbeschränkenden und
freiheitsentziehenden Maßnahmen

(1) Freiheitsentziehende Unterbringungen sowie freiheitsbeschränkende und freiheitsentziehende Maßnahmen sind zu vermeiden. Werden sie im Einzelfall erforderlich, sind sie unter Berücksichtigung des besonderen Schutzbedürfnisses der Nutzerinnen, Nutzer

oder Werkstattbeschäftigten auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken und nur zulässig

1. aufgrund rechtswirksamer Einwilligung der Nutzerin, des Nutzers oder der oder des Werkstattbeschäftigten,

2. bei einwilligungsunfähigen Nutzerinnen, Nutzern oder Werkstattbeschäftigten mit Einwilligung der rechtlichen Betreuerin oder des rechtlichen Betreuers oder der oder des Bevollmächtigten und nach vorheriger Genehmigung des Betreuungsgerichts,

3. nach einstweiliger Anordnung des Betreuungsgerichts oder

4. wenn bei einem Aufschub Gefahr im Verzug ist.

Im Fall der Nummer 4 ist die gerichtliche Genehmigung durch die Betreuerin, den Betreuer oder Bevollmächtigen unverzüglich nachzuholen. Ist keine Betreuerin, kein Betreuer oder Bevollmächtigter vorhanden oder erreichbar, ist das Betreuungsgericht unverzüglich zu informieren.

(2) Maßnahmen nach Absatz 1 sind ferner nur zulässig, solange und soweit

1. sie den gerichtlich oder in der Einwilligung festgelegten Umfang nicht überschreiten,

2. die Nutzerin, der Nutzer oder die oder der Werkstattbeschäftigte vor Anwendung der Maßnahme über deren Notwendigkeit adressatengerecht aufgeklärt wurde,

3. eine weniger eingreifende Maßnahme aussichtslos ist und

4. aus Sicht der Nutzerin, des Nutzers oder der oder des Werkstattbeschäftigten der zu erwartende Nutzen die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt.

Die Maßnahme ist sofort zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen entfallen.

(3) Bei Fixierungen in Form der vollständigen Aufhebung der Bewegungsfreiheit durch mechanische Hilfsmittel ist eine ärztliche Anordnung und eine regelmäßige ärztliche Überprüfung notwendig. Zudem sind eine ständige persönliche Bezugsbegleitung sowie die Beobachtung mit kontinuierlicher Kontrolle der Vitalfunktionen sicherzustellen.

(4) Jede freiheitsentziehende Unterbringung und jede Anwendung von freiheitsbeschränkenden und freiheitsentziehenden Maßnahmen ist zu dokumentieren. Die Dokumentation muss Angaben zur Genehmigung des Betreuungsgerichts, zur Einwilligung der rechtlichen Betreuerin oder des rechtlichen Betreuers oder der oder des Bevollmächtigten beziehungsweise zur Einwilligung der Nutzerin oder des Nutzers oder der oder des Werkstattbeschäftigten sowie zu der oder dem für die Anordnung und Überwachung der Durchführung der Maßnahme Verantwortlichen enthalten. Die Dokumentation ist von den zuständigen Behörden und Stellen im Rahmen ihrer Regelprüfungen zur Qualitätssicherung zu prüfen.

(5) Nach Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 ist der Nutzerin, dem Nutzer oder der oder dem Werkstattbeschäftigten unverzüglich ein geeignetes Angebot zur Nachbesprechung zu machen. Dabei sind die Gründe für die Maßnahme zu erläutern, die Wahrnehmungen der Nutzerin oder des Nutzers zu erfragen und Alternativen zu besprechen.

(6) Die Nutzerin oder der Nutzer oder die oder der Werkstattbeschäftigte können nach Durchführung einer Maßnahme nach Absatz 1 Satz 1 die Ombudsperson einschalten

oder sich an das Betreuungsgericht wenden. Auf diese Möglichkeit sind die Nutzerin, der Nutzer oder die oder der Werkstattbeschäftigte spätestens nach Beendigung der Maßnahmen hinzuweisen. Die Einrichtung ist verpflichtet, der Ombudsperson einmal jährlich eine Aufstellung über Art, Anzahl und Dauer der Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 vorzulegen.

(7) Die Monitoring- und Beschwerdestelle ist durch die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter in anonymisierter Form über jede

1. gerichtliche Genehmigung einer freiheitsentziehenden oder freiheitsbeschränkenden Maßnahme,

2. Abgabe einer Einwilligungserklärung zu einer freiheitsentziehenden oder freiheitsbeschränkenden Maßnahme, die keinem gerichtlichen Genehmigungsvorbehalt unterliegt, und

3. einzelne durchgeführte Maßnahme zu den Nummern 1 und 2 zu informieren.

Die Meldung hat jeweils zum letzten Werktag eines Quartals zu erfolgen.

(8) Für freiheitsbeschränkende Maßnahmen, die keinem gerichtlichen Genehmigungsvorbehalt unterliegen, gelten die Regelungen für Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.

Fußnoten:

Fn 1

In Kraft getreten am 16. Oktober 2014 (GV. NRW. S. 625); geändert durch Gesetz vom 21. März 2017 (GV. NRW. S. 375), in Kraft getreten am 6. April 2017; Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Artikel 7 des Gesetzes vom 30. Juni 2020 (GV. NRW. S. 650), in Kraft getreten am 31. Januar 2023 (siehe Hinweis); Artikel 89 des Gesetzes vom 1. Februar 2022 (GV. NRW. S. 122), in Kraft getreten am 19. Februar 2022; Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten mit Wirkung vom 1. August 2021 (Nummer 28) und am 1. Januar 2023.

Fn 2

§ 44: Absatz 5 angefügt durch Gesetz vom 21. März 2017 (GV. NRW. S. 375), in Kraft getreten am 6. April 2017; Absatz 1 und 3 geändert durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 1 geändert und Absatz 1a eingefügt sowie Absatz 2 und 3 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023; Absatz 1 und 3 geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 30. Juni 2020 (GV. NRW. S. 650), in Kraft getreten am 31. Januar 2023 (siehe Hinweis).

Fn 3

§ 11 Absatz 1 und 2, § 18 (neu gefasst), § 19 Absatz 1, § 24 Absatz 1, 2 und 3 sowie Absätze 4 und 5 (beide angefügt), § 26 Absatz 3 und 5, § 31, § 32 Absatz 1, § 36, § 37, § 38 Absatz 4 (angefügt), § 39 und § 48 (neu gefasst) geändert durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019.

Fn 4

§ 13 Absatz 3 (eingefügt), Absatz 3 (alt) wird Absatz 4 und neu gefasst durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019.

Fn 5

§ 14: Absatz 1 neu gefasst, Absatz 2 eingefügt, Absätze 2 (alt) und 3 (alt) werden Absätze 3 und 4, Absatz 4 (alt) wird Absatz 5 und geändert, Absätze 5 (alt) und 6 (alt) werden Absätze 6 und 7, Absatz 7 (alt) wird Absatz 8 und geändert, Absatz 8 (alt) wird Absatz 9, Absatz 9 (alt) wird Absatz 10 und geändert, Absatz 10 (alt) wird Absatz 11 und Absatz 11 (alt) wird Absatz 12 und geändert durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 9 geändert durch Artikel 89 des Gesetzes vom 1. Februar 2022 (GV. NRW. S. 122), in Kraft getreten am 19. Februar 2022; Absatz 1 geändert, Absatz 1a eingefügt, Absatz 5, 8 und 10 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 6

§ 15: Absatz 2 und 6 geändert, Absatz 7 eingefügt, Absatz 7 (alt) wird Absatz 8, Absatz 8 (alt) wird Absatz 9 und neu gefasst durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 2 geändert, Absatz 4a eingefügt sowie Absatz 6 und 7 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023

Fn 7

§ 21 Absatz 1 geändert, Absatz 2 eingefügt, Absatz 2 (alt) wird durch Absätze 3 und 4 ersetzt, Absatz 3 (alt) wird Absatz 5 und geändert durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019.

Fn 8

§ 47: Absatz 1 aufgehoben, Absatz 2 (alt) wird Absatz 1, Absatz 3 (alt) wird Absatz 2 und neu gefasst, Absatz 3 eingefügt, Absatz 4 geändert, Absatz 5 neu gefasst, Absatz 6 eingefügt, Absatz 6 (alt) wird Absatz 7 und geändert, Absatz 7 (alt) wird Absatz 8 und geändert durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 2 und 7 geändert sowie Absatz 9 angefügt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten mit Wirkung vom 1. August 2021 (Nummer 28).

Fn 9

Inhaltsübersicht geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 10

§ 1: Absatz 1, 3 und 4 geändert durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 1 und 4 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 11

§ 2 Absatz 1a eingefügt, Absatz 2 geändert und Absatz 3 neu gefasst durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 12

§ 3 Absatz 1 und 2 geändert, Absatz 3a eingefügt und Absatz 4 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 13

Überschrift zu Kapitel 2 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 14

§ 4 Absatz 1, 3, 5, 6 und 9 (neu gefasst) durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 1, 3 und 5 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 15

§ 5: Absatz 3 angefügt durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 1 und 2 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 16

§ 6 Absatz 1 geändert durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 1 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 17

§ 8 Absatz 2 geändert durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; § 8 (alt) ersetzt durch die §§ 8 bis 8b durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 18

§ 9: Absatz 2 und 3 geändert durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 1 geändert und Absatz 5 angefügt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 19

§§ 13a, 17a und 43aeingefügt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 20

§ 16 Überschrift neu gefasst, Absatz 1 vorangestellt und bisheriger Wortlaut wird Absatz 2 durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 21

§ 17: Absatz 1 und 2 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023; Absatz 1 geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 30. Juni 2020 (GV. NRW. S. 650), in Kraft getreten am 31. Januar 2023 (siehe Hinweis).

Fn 22

§ 22 Absatz 2, 3, 6 und 7 geändert durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 2 und 3 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 23

§ 23 Absatz 3 aufgehoben durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 2 geändert und Absatz 3 angefügt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 24

§ 30 Absatz 4 angefügt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 25

§ 41 neu gefasst durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 3 angefügt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 26

Kapitel 6 mit den §§ 41a und 41b eingefügt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 27

§ 42 Absatz 1 geändert durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 1 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 28

§ 43 Absatz 3 und 4 geändert durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 4 neu gefasst durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 29

§ 45 Absatz 1, 2 und 3 geändert sowie Absatz 4 neu gefasst durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 3a eingefügt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 30

§ 46 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.

Fn 31

§ 49 Absatz 4 geändert durch Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 210), in Kraft getreten am 24. April 2019; Absatz 3 aufgehoben, Absatz 4 wird Absatz 3 und geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 714), in Kraft getreten am 1. Januar 2023.