Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 29.11.2024


Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung (Anti-Korruptionserlass)

 

Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung (Anti-Korruptionserlass)

Verhütung und Bekämpfung von Korruption
in der öffentlichen Verwaltung
(Anti-Korruptionserlass)

Runderlass
des Ministeriums des Innern,
zugleich im Namen des Ministerpräsidenten
und aller Landesministerien

Vom 9. Dezember 2022

1
Allgemeines

1.1
Geltungsbereich

Dieser Erlass gilt für die Behörden, Einrichtungen, Landesbetriebe und Sondervermögen des Landes, soweit sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen auch für den Landesrechnungshof, den oder die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit sowie die Organe der Rechtspflege (Gerichte, Staatsanwaltschaften, Vollzugsanstalten, Jugendarrestanstalten und Gnadenstellen). Für bestimmte Bereiche getroffene restriktivere Regelungen bleiben unberührt.

1.2
Korruption

Kennzeichnend für korruptive Praktiken sind vor allem der Missbrauch einer amtlichen Funktion und die Erlangung oder das Anstreben von materiellen oder immateriellen Vorteilen für sich oder Dritte unter in der Regel gleichzeitiger Verschleierung dieser Handlungsweisen. Dritte in diesem Sinne können neben Privatpersonen auch ein Verein, eine juristische Person oder eine Personengesellschaft sein, ohne dass es auf eine Mitgliedschaft der Handelnden ankommt, insbesondere aber auch eine öffentlich-rechtliche Stelle, wie zum Beispiel die Anstellungskörperschaft. Von den in amtlicher Funktion Handelnden oder Dritten erlangte oder angestrebte Vorteile können beispielsweise Geld-, Sach- und Dienstleistungen, Gutscheine, die kostenlose Nutzung von Gegenständen und Geräten, sonstige Vergünstigungen wie Preisnachlässe und kostenlose oder preisgünstige Teilnahme an Veranstaltungen sein. Das Strafrecht kennt keine übergreifende Korruptionsstrafvorschrift, sondern sanktioniert das mit Korruption verbundene Unrecht in verschiedenen Straftatbeständen. Relevante strafrechtliche Korruptionsdelikte des Strafgesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Juli 2022 (BGBl. I S. 1082) geändert worden ist, im Folgenden StGB, und der Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Juli 2022 (BGBl. I S. 1142) geändert worden ist, im Folgenden AO, sind insbesondere
a) § 108e StGB Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern,
b) § 299 StGB Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr,
c) § 299a StGB Bestechlichkeit im Gesundheitswesen,
d) § 299b StGB Bestechung im Gesundheitswesen,
e) § 300 StGB Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr und im Gesundheitswesen,
f) § 331 StGB Vorteilsannahme,
g) § 332 StGB Bestechlichkeit,
h) § 333 StGB Vorteilsgewährung,
i) § 334 StGB Bestechung,
j) § 335 StGB Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung und
k) § 335a StGB Ausländische und internationale Bedienstete.
In Verbindung mit diesen Delikten häufig begangene Begleitdelikte sind
a) § 203 StGB Verletzung von Privatgeheimnissen,
b) § 258a StGB Strafvereitelung im Amt,
c) § 261 StGB Geldwäsche; Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte
d) § 263 StGB Betrug,
e) § 264 StGB Subventionsbetrug,
f) § 265b StGB Kreditbetrug,
g) § 266 StGB Untreue,
h) § 267 StGB Urkundenfälschung,
i) § 298 StGB Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen,
j) § 348 StGB Falschbeurkundung im Amt,
k) § 353b StGB Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht,
l) § 357 StGB Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat und
m) § 370 AO Steuerhinterziehung.

2
Bestimmung, Einstufung und Dokumentation korruptionsgefährdeter und besonders korruptionsgefährdeter Bereiche und Arbeitsplätze

2.1
Zu betrachtende Bereiche

Vor der Festlegung der korruptionsgefährdeten und besonders korruptionsgefährdeten Bereiche gemäß § 10 Absatz 2 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes vom 16. Dezember 2004 (GV. NRW. S. 706), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 14. September 2021 (GV. NRW. S. 1072) geändert worden ist, benennen die Leitungen der öffentlichen Stellen die zu betrachtenden Bereiche. Soweit es nach der Struktur des Aufbaus und der Zuständigkeiten der öffentlichen Stellen möglich ist, sind die Bereiche aufgabenbezogen festzulegen. Hierbei können die zur Organisation der Arbeitsabläufe einer öffentlichen Stelle vorhandenen Arbeitsgrundlagen wie der Geschäftsverteilungsplan, der Aktenplan, die Leistungen eines Produkt- und Leistungskatalogs oder die Geschäftsprozesse zur Abgrenzung der in einer öffentlichen Stelle vorhandenen Bereiche herangezogen werden. In der Summe bilden die so benannten Bereiche den gesamten Aufgabenbestand einer öffentlichen Stelle ab. Ist eine aufgabenbezogene Betrachtung wegen der Struktur der öffentlichen Stelle, etwa in sehr kleinen öffentlichen Stellen ohne nennenswertes Spektrum unterschiedlicher Aufgaben, entweder nicht sinnvoll oder nicht möglich, kann die Betrachtung hilfsweise auch arbeitsplatzbezogen erfolgen. In diesem Fall ist der Arbeitsplatz als Bereich im Sinne des Korruptionsbekämpfungsgesetzes anzusehen. Mischformen, in denen öffentliche Stellen sowohl über Organisationseinheiten verfügen, in denen eine aufgabenbezogene Betrachtung zu erfolgen hat, als auch solche Organisationseinheiten vorhanden sind, die sinnvoll nur arbeitsplatzbezogen betrachtet werden können, sind denkbar.

2.2
Korruptionsgefährdete Tätigkeiten

Gefährdet durch unrechtmäßige oder unlautere Einflüsse sind insbesondere
a) die Erstellung von Leistungsbeschreibungen zur Beschaffung von Leistungen,
b) die Beschaffung von Gütern, Dienstleistungen oder Nutzungsrechten,
c) die Bewilligung, Abrechnung oder Prüfung von Subventionen, Fördermitteln oder Zuwendungen,
d) die Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln,
e) die Einzelfallentscheidungen über Konzessionen, Genehmigungen, Gebote oder Verbote,
f) die Festsetzung oder Erhebung von Abgaben,
g) die Ausübung von Kontrolltätigkeiten, einschließlich der Überwachung der Erfüllung von Verträgen und der Rechnungsprüfung,
h) der Umgang mit dem Geheimschutz unterliegenden oder politisch bedeutsamen Informationen und Daten,
i) die Veräußerung oder der Erwerb von Vermögensgegenständen, zum Beispiel Immobilien,
j) Tätigkeiten, bei denen häufige Außenkontakte zur Vorbereitung von Entscheidungen stattfinden oder
k) die Bearbeitung von Personalangelegenheiten und das Treffen dienstrechtlicher Entscheidungen.

2.3
Feststellung der Korruptionsgefährdung (Gefährdungsanalyse)

Die Einschätzung, ob und in welchem Maße Tätigkeiten in einem Bereich nach Nummer 2.1 korruptionsgefährdet sind, ist unabhängig von der die Aufgabe wahrnehmenden Person zu treffen. Sie beruht allein auf objektiven, aufgabenbezogenen Merkmalen. Wird im Rahmen der nach § 10 Absatz 2 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes vorzunehmenden Gefährdungsanalyse festgestellt, dass in einem Bereich eine der in Nummer 2.2 aufgeführten korruptionsgefährdeten Tätigkeiten tatsächlich wahrgenommen wird, liegt die Feststellung einer Korruptionsgefährdung nahe.
Für die Bereiche, die als korruptionsgefährdet eingestuft werden, ist weiter zu prüfen, ob sie besonders korruptionsgefährdet sind. Dazu ist zunächst festzustellen, ob das Verwaltungshandeln in diesen Bereichen mit erheblichen materiellen oder immateriellen Vor- oder Nachteilen für Dritte verbunden ist. Nur wenn dies der Fall ist, kommt eine besondere Korruptionsgefährdung in Betracht. Ein Indiz für die Erheblichkeit von Vor- oder Nachteilen ist, wenn der Geldwert des Vor- oder Nachteils – gegebenenfalls auch verteilt über mehrere bereits absehbare Vorgänge in einem längeren Zeitraum – 10 000 Euro übersteigt. Bei immateriellen Vorteilen, wie beispielsweise der Erlangung von Informationen im Sinne von Nummer 2.2 Buchstabe h oder der Erteilung einer Genehmigung oder drohenden immateriellen Nachteilen wie dem Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes, ist regelmäßig vom Überschreiten der Erheblichkeitsschwelle auszugehen. Die Bewertung der Erheblichkeit von Vor- oder Nachteilen oder der Unerheblichkeit von Vor- oder Nachteilen trotz Vorliegens von Indizien nach den Sätzen 7 und 8 ist mit einer nachvollziehbaren Begründung im Gefährdungsatlas nach Nummer 2.4 zu dokumentieren.
Ein Automatismus, wonach ein Zusammentreffen einer der in Nummer 2.2 genannten Tätigkeiten mit einem erheblichen Vor- oder Nachteil stets eine besondere Korruptionsgefährdung zur Folge hat, besteht nicht. Vielmehr ist eine weitere Bewertung vorzunehmen, ob eine besondere Korruptionsgefährdung vorliegt, weil bei einer Tätigkeit eine Reihe von Gefährdungsmerkmalen zusammentreffen.
Dabei ist insbesondere zu betrachten, ob
a) sich das Verwaltungshandeln an eine Person des Privatrechts richtet,
b) diese Person an dem Ergebnis des Verwaltungshandelns ein Interesse hat, das nach allgemeiner Lebenserfahrung Anlass für eine Korruptionsstraftat geben kann,
c) abschließende Entscheidungen mit der tatsächlichen Möglichkeit zur Beeinflussung des Ergebnisses getroffen werden,
d) bei den Verfahren wirksame und vorgeschriebene Sicherungsmaßnahmen durch von außen bindende Rechtsvorschriften in Form von Gesetzen, Verordnungen und landesweit geltenden Verwaltungsvorschriften fehlen,
e) es in der Vergangenheit zu Ermittlungsverfahren, Disziplinarverfahren oder Beanstandungen von Prüfinstanzen im Zusammenhang mit Verfehlungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes gekommen ist,
f) es bei der Tätigkeit regelmäßig zu persönlichen Vor-Ort-Kontakten unter vier Augen kommt,
g) bei der Tätigkeit Kontroll- oder Überwachungstätigkeiten mit Außendiensten durchgeführt werden,
h) an Beschaffungsverfahren mitgewirkt wird,
i) die Tätigkeit mit einem Zugriff auf Informationen im Sinne von Nummer 2.2 Buchstabe h verbunden ist, die einen wirtschaftlichen oder bedeutsamen immateriellen Wert für Dritte haben oder
j) das Verwaltungshandeln mit Ermessens- und/oder Beurteilungsspielräumen verbunden ist.
Treffen mindestens sieben der beschriebenen Merkmale auf die zu bewertende Tätigkeit zu und ist die Tätigkeit mit erheblichen Vor- und Nachteilen für Dritte verbunden, soll von einer besonderen Korruptionsgefährdung des Bereichs, in dem die Tätigkeit anfällt, ausgegangen werden. Je nach den örtlichen Begebenheiten der öffentlichen Stelle können in dem Katalog des Satzes 12 aufgeführte Merkmale außer Betracht bleiben oder weitere Merkmale in die Betrachtung einbezogen werden. Wird hiervon Gebrauch gemacht, setzt die Festlegung einer besonderen Korruptionsgefährdung voraus, dass mindestens drei Viertel der in dem Katalog der öffentlichen Stelle beschriebenen Merkmale bei der zu bewertenden Tätigkeit festzustellen sind. Die zur Bewertung der konkreten Korruptionsgefährdung herangezogenen Merkmale und die Begründung für die Einstufung als besonders korruptionsgefährdet beziehungsweise für die Ablehnung einer solchen Einstufung sind im Gefährdungsatlas nachvollziehbar zu dokumentieren. Zu beachten ist, dass bereits vorhandene oder einzurichtende Sicherungsmaßnahmen, die nicht unter Satz 12 Buchstabe d fallen, keinen Einfluss auf die Einstufung zur Korruptionsgefährdung einer Tätigkeit haben.

2.4
Gefährdungsatlas

Der als Ergebnis der Gefährdungsanalyse aufzustellende Gefährdungsatlas muss die korruptionsgefährdeten Bereiche, den dafür festgestellten Grad der Korruptionsgefährdung und die Begründung der Einstufung als korruptionsgefährdet oder besonders korruptionsgefährdet eindeutig erkennen lassen. In öffentlichen Stellen mit korruptionsgefährdeten und besonders korruptionsgefährdeten Bereichen sind im Einklang mit § 10 Absatz 2 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes mindestens zwei Kategorien korruptionsgefährdeter Bereiche festzulegen. Weitere Abstufungen innerhalb der korruptionsgefährdeten, aber nicht besonders korruptionsgefährdeten Bereiche sind zulässig und denkbar, um eine unterschiedlich intensive Anwendung der Kontrollmechanismen nach Nummer 3.5 zu begründen und nachvollziehbar zu machen. Für die einzelnen Abstufungen können beispielsweise Begriffe wie mittlere, einfache oder geringe Korruptionsgefährdung gewählt werden. Diese Begriffsbeispiele sind nicht abschließend. Es ist aber darauf zu achten, dass die für die verschiedenen Korruptionsgefährdungsstufen gewählten Begriffe die höhere oder geringere Korruptionsgefährdung des beschriebenen Bereiches unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Eine Obergrenze von fünf Korruptionsgefährdungsstufen darf nicht überschritten werden.
Der erste Gefährdungsatlas auf der Grundlage dieses Runderlasses ist spätestens zwei Jahre nach seinem Inkrafttreten zu erstellen. Der Gefährdungsatlas und seine Fortschreibungen sind in der öffentlichen Stelle in geeigneter Art und Weise bekannt zu machen.

2.5
Übergangsregelung

Eine zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Runderlasses bei einer öffentlichen Stelle begonnene Gefährdungsanalyse kann noch nach der zu Beginn der Arbeiten an der Gefährdungsanalyse gewählten Methodik abgeschlossen und als Grundlage des Gefährdungsatlas der öffentlichen Stelle herangezogen werden. Wird von dieser Übergangsregelung Gebrauch gemacht, ist ein Gefährdungsatlas nach Maßgabe der Vorschriften dieses Runderlasses spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten dieses Runderlasses zu fertigen und in der öffentlichen Stelle bekannt zu machen.

2.6
Aktualisierung der Gefährdungsanalyse und des Gefährdungsatlas

Die Gefährdungsanalyse ist wiederkehrend zu wiederholen. Sie hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass die Bekanntmachung des fortgeschriebenen Gefährdungsatlas spätestens fünf Jahre nach der vorherigen Bekanntmachung des Gefährdungsatlas erfolgen kann. Im Falle von Um- oder Neuorganisationen innerhalb einer öffentlichen Stelle sind die betroffenen Bereiche unmittelbar mit dem Inkrafttreten der Organisationsmaßnahme einer Gefährdungsanalyse zu unterziehen, sofern die Um- oder Neuorganisation zu einem neuen Zuschnitt der nach Nummer 2.1 betrachteten Bereiche führt. Das Ergebnis der Gefährdungsanalyse ist in den aktuell geltenden Gefährdungsatlas einzupflegen. Eine solche Änderung des Gefährdungsatlas hat keinen Einfluss auf den Fristenlauf des Satzes 2. In Bereichen, in denen seit der letzten Gefährdungsanalyse keine organisatorischen Änderungen eingetreten sind, kann sich die Wiederholung der Gefährdungsanalyse auf die Frage beschränken, ob sich die nach Nummer 2.1. bis 2.3 maßgeblichen Verhältnisse seit der letzten Gefährdungsanalyse geändert haben.

2.7
Betroffene Arbeitsplätze

Alle Arbeitsplätze in einem besonders korruptionsgefährdeten Bereich, auf denen eine der Tätigkeiten gemäß Nummer 2.2 ausgeübt wird, gelten als besonders korruptionsgefährdete Arbeitsplätze und sind gemäß § 10 Absatz 2 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes als solche festzulegen. Die interne Festlegung ist zu dokumentieren. Die Dokumentation ist in der für Personalangelegenheiten zuständigen Organisationseinheit der öffentlichen Stelle vorzuhalten, der die Umsetzung des Rotationsgebots gemäß § 12 Absatz 1 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes obliegt.

2.8
Verfahrensdokumentation

Alle in den Nummern 2.1 bis 2.3, 2.6 und 2.7 beschriebenen Verfahrensschritte sind einschließlich der für das Vorgehen der öffentlichen Stelle tragenden Gründe in einer Art und Weise zu dokumentieren, dass sie im Falle einer Prüfung durch die in § 2 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes genannten Prüfeinrichtungen lückenlos nachzuvollziehen sind.
Im Rahmen ihrer Zuständigkeiten können die Prüfinstanzen auch die Ausübung der Fach- und Dienstaufsicht durch die aufsichtsführenden Behörden und Einrichtungen im Hinblick auf die Umsetzung des Korruptionsbekämpfungsgesetzes prüfen. Die aufsichtsführenden Behörden und Einrichtungen dokumentieren zu diesem Zweck die Erfüllung ihrer Aufsichtspflichten.

3
Maßnahmen zur Prävention

Die dem Grad der jeweils gegebenen Korruptionsgefährdung entsprechenden Maßnahmen zur Prävention gemäß § 10 Absatz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes sind auf der Grundlage der Gefährdungsanalyse aller in einem Bereich anfallenden korruptionsgefährdeten Tätigkeiten zu treffen. Die Maßnahmen sind für jeden Bereich spezifisch festzulegen und zu dokumentieren. Dies zielt auf korruptionspräventive Maßnahmen, die nicht gesetzlich vorgegeben sind. Die bereits kraft Gesetzes geltenden Maßnahmen, insbesondere das Vieraugenprinzip bei Beschaffungen im Wert über 500 Euro ohne Umsatzsteuer gemäß § 11 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes und das Rotationsgebot für Beschäftigte in besonders korruptionsgefährdeten Bereichen gemäß § 12 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes, gelten unabhängig davon, ob sie gegebenenfalls nachrichtlich in der Dokumentation nochmals festgeschrieben werden. Dies gilt ebenso für spezialrechtliche Regelungen für bestimmte Bereiche. Zu wirksamen Präventionsmaßnahmen können sich die öffentlichen Stellen von den für sie zuständigen Prüfeinrichtungen beraten lassen, § 4 in Verbindung mit § 2 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes.
Nachfolgend werden Hinweise zu einigen für die Korruptionsprävention maßgeblichen Handlungsfeldern und den dort zu verankernden Präventionsmaßnahmen gegeben.

3.1
Sensibilisierung der Beschäftigten

Korruption kommt auf allen hierarchischen Ebenen vor. Um die Bereitschaft der Beschäftigten zu fördern, Korruption offen anzusprechen oder aufzudecken und um Korruptionsanfälligkeit zu mindern, sind fortlaufende Sensibilisierungsmaßnahmen erforderlich. Dazu gehören unter anderem:
a) die Stärkung des Problem- und Verantwortungsbewusstseins der Beschäftigten,
b) die Stärkung des Unrechtsbewusstseins für korruptive Handlungen,
c) eine umfassende und für Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger obligatorische Unterrichtung der Beschäftigten aller Hierarchieebenen über die einschlägigen Regelungen, wie zum Beispiel über das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken an Beschäftigte oder einen Dritten, die Genehmigung von Nebentätigkeiten und die bei Verstößen zu erwartenden Sanktionen sowie
d) die Information der Vorgesetzten über die verfügbaren Kontroll- und Aufsichts- sowie Sanktionsmöglichkeiten und -pflichten.
Insbesondere bieten sich dazu folgende Möglichkeiten an:
a) Aushändigung dieses Erlasses im Zusammenhang mit der Ablegung des Diensteides beziehungsweise der Verpflichtung,
b) ausführliche, praxisnahe Information der Beschäftigten in korruptionsgefährdeten Bereichen durch die Führungskräfte oder besonders fortgebildete Beschäftigte,
c) interne Öffentlichkeitsarbeit, zum Beispiel durch Rundschreiben, Broschüren mit geltenden Regelungen sowie Praxisbeispielen und die
d) Behandlung des Themas „Korruption“ in Mitarbeiterbesprechungen und Personalversammlungen.
Die im Einzelfall getroffenen Maßnahmen, zum Beispiel die Aushändigung dieses Runderlasses an Beschäftigte oder deren Unterrichtung über die einschlägigen Regelungen, sind zu dokumentieren.

3.2
Aus- und Fortbildung

Korruptionsprävention und -bekämpfung sollen Bestandteil der Aus- und Fortbildung sein. Formen der Korruption und die Maßnahmen der Korruptionsprävention sowie -bekämpfung sind angemessen zu behandeln. Vorrangig ist besonderer Wert auf die Fortbildung von Führungskräften, Antikorruptionsbeauftragten im Sinne der Nummer 7 und Bediensteten in besonders korruptionsgefährdeten Bereichen zu legen.

3.3
Rotation, Personalentwicklungs- und Verwendungskonzeption

Beschäftigte, die auf einem besonders korruptionsgefährdeten Arbeitsplatz fünf Jahre ununterbrochen eingesetzt wurden, unterliegen gemäß § 12 Absatz 1 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes grundsätzlich einem Rotationsgebot. Die Rotation erfolgt vorrangig durch die Um- oder Versetzung der den Arbeitsplatz bekleidenden Person. Ist eine Um- oder Versetzung nicht möglich, kann die Rotation auch durch die Verlagerung der Zuständigkeit für die besonders korruptionsgefährdete Tätigkeit auf den Arbeitsplatz einer anderen Person erfolgen. Hilfsweise ist in dem Fall auch der Tausch gleichartiger besonders korruptionsgefährdeter Tätigkeiten zwischen zwei Beschäftigten denkbar, wenn dies mit einem Wechsel der konkreten Zuständigkeiten dieser Beschäftigten verbunden ist und es nicht möglich ist, den Arbeitsplatz im Zuge der Verlagerung von Zuständigkeiten gänzlich von besonders korruptionsgefährdeten Tätigkeiten freizuhalten. Dieser Tausch kann beispielsweise durch den Tausch von Aufgabengebieten, die nach den Anfangsbuchstaben der Namen der Adressaten des Verwaltungshandelns oder nach Regionen definiert sind, erfolgen. Dabei muss ausgeschlossen sein, dass trotz Wechsel der Buchstabengruppen oder der regionalen Zuständigkeiten auf der Seite der Adressaten des Verwaltungshandelns identische Kontaktpersonen wie zum Beispiel Handlungsbevollmächtigte oder Vertreterinnen beziehungsweise Vertreter juristischer Personen auftreten. Wird die Rotation durch Verlagerung der Zuständigkeit bewirkt, kann dem Rotationsgebot nach weiteren fünf Jahren nur durch eine Um- oder Versetzung Genüge getan werden.
Für besonders korruptionsgefährdete Bereiche sollen im Rahmen von Personalentwicklungskonzepten feste Verwendungszeiten festgelegt werden, die den Zeitraum von fünf Jahren in der Regel nicht überschreiten.
Zwingende Gründe, aus denen vom Rotationsgebot gemäß § 12 Absatz 2 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes abgewichen wird, können insbesondere sein:
a) eine eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit aufgrund einer auf bestimmte Tätigkeiten ausgerichteten Vor- und Ausbildung der bediensteten Person,

b) die mangelnde Möglichkeit zur Durchführung der Rotationsmaßnahme aufgrund der Größe der Dienststelle und eines entsprechend kleinen Personalkörpers oder
c) besoldungs- oder tarifrechtliche Hindernisse.
In den Fällen, in denen nach Maßgabe des § 12 Absatz 2 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes von dem Fünf-Jahres-Zeitraum abgewichen wird, ist für eine besonders ausgeprägte Dienst- und Fachaufsicht und aktenkundig nachzuweisende Anwendung von Kontrollmechanismen zu sorgen.
Die Mitteilungspflicht in Bezug auf die Beschäftigten, bei denen vom Rotationsgebot abgewichen wird, und die zwingenden Gründe für die Abweichung im Sinne des § 12 Absatz 2 Satzes 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes hat die öffentliche Stelle mindestens durch einen jährlichen Bericht gegenüber der Dienstaufsichtsbehörde zu erfüllen.

3.4
Führungsverantwortung

Vorgesetzte üben ihre Führungsverantwortung und Dienst- und Fachaufsicht konsequent aus und achten auf Korruptionsindikatoren. Dies können sein:
a) systembezogene Indikatoren, zum Beispiel Aufgabenkonzentration auf eine Person, unzureichende Kontrollen,
b) personenbezogene Indikatoren, zum Beispiel persönliche Probleme, gezielte Umgehung von Kontrollen, unerklärlich hoher Lebensstandard, oder
c) passive Indikatoren, zum Beispiel Ausbleiben von Reaktionen Dritter auf Vorkommnisse, bei denen dies zu erwarten wäre.
Vorgesetzte sind sich ihrer Vorbildfunktion bewusst und verhindern, dass die einen Korruptionsverdacht anzeigenden Beschäftigten in eine Abseitsposition gedrängt werden. Sie kennen die korruptionsgefährdeten und die dem Rotationsgebot des § 12 Absatz 1 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes unterliegenden besonders korruptionsgefährdeten Bereiche der Organisationseinheit, für die sie Führungsverantwortung tragen. Den dort eingesetzten Beschäftigten ermöglichen sie durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen und Personalentwicklungsmaßnahmen die Rotation spätestens nach fünf Jahren.

3.5
Kontrollmechanismen

In korruptionsgefährdeten Arbeitsgebieten sind geeignete Kontrollmechanismen umzusetzen, die die Dienst- und Fachaufsicht sowie eine konsequente Ausübung der Führungsverantwortung unterstützen und stärken. Diesem Zweck können beispielsweise dienen:
a) intensive Vorgangskontrollen insbesondere durch Kontrollen an vorher festgeschriebenen Prozessschritten im Vorgangsablauf,
b) Wiedervorlagen,
c) die Überprüfung der Ermessensausübung,
d) die Einrichtung von Innenrevisionen,
e) die Herausgabe von Prüfrastern und Checklisten oder ähnlicher Hilfsmittel zur Darstellung eines ordnungsgemäßen Vorgangsablaufs,
f) die Erstellung von Prozessbeschreibungen zur Standardisierung von Verfahrensabläufen,
g) die Standardisierung wiederkehrender Vorgangsabläufe unter Einsatz von Informationstechnik, die die automatische Erfassung von Auffälligkeiten ermöglicht,
h) die Trennung der Verfahrensschritte Planung, Vergabe und Abrechnung,
i) die Einführung einer rechnergestützten Vorgangskontrolle,
j) eine regelmäßige Schulung der in korruptionsgefährdeten Bereichen eingesetzten Bediensteten zum Thema Korruptionsprävention,
k) ein regelmäßiges Berichtswesen,
l) eindeutige Zuständigkeitsregelungen sowie
m) eine genaue und vollständige Dokumentation der Vorgänge, einschließlich der vorgangsrelevanten mündlichen Erklärungen und Informationen.
Nummer 2.8 Satz 1 ist auf die Umsetzung der Kontrollmechanismen entsprechend anzuwenden.

3.6
Vieraugenprinzip

Eine Sonderrolle unter den Kontrollmechanismen zur Korruptionsprävention nimmt das Vieraugenprinzip ein, dessen Einsatz gemäß § 11 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes gesetzlich geregelt ist. Bei Beschaffungsvorgängen ist die Einhaltung des Vieraugenprinzips ab einem Beschaffungswert von mehr als 500 Euro ohne Umsatzsteuer gemäß § 11 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes für die Entscheidung über die Beschaffung obligatorisch. Aber auch bei sonstigen korruptionsgefährdeten Tätigkeiten sollen Entscheidungen gemäß § 11 Satz 2 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes unter Anwendung des Vieraugenprinzips getroffen werden. Die Vorgabe des § 11 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes gilt nur für die zu treffenden Entscheidungen, wie beispielsweise Verwaltungsakte, Zuschlagserteilungen, Vertragsabschlüsse, Vermögensverfügungen oder sonstige vorgangsabschließende Maßnahmen. Entscheidungsvorbereitende Arbeitsschritte werden von § 11 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes nicht erfasst. Die Ergebnisse dieser Arbeitsschritte, wie zum Beispiel Aktenvermerke, werden jedoch häufig bei der Anwendung des Vieraugenprinzips für die Entscheidung beizuziehen sein.
Ein Abweichen vom Vieraugenprinzip ist nur in Ausnahmefällen denkbar, etwa wenn Tätigkeiten auf eine Einzelperson zugeschnitten sind, wie das beispielsweise bei Einzelstreifen oder der Unterrichtserteilung regelmäßig der Fall ist. Soweit das Vieraugenprinzip einzuhalten ist, ist seine Anwendung schriftlich oder elektronisch zu dokumentieren. Mündliche Absprachen genügen nicht, auch nicht in der Form, dass die handelnde Person schriftlich vermerkt, eine andere Person mündlich unterrichtet zu haben. Es ist stets ein schriftlicher oder elektronischer Sichtvermerk der bestätigenden Person beziehungsweise eine Freigabe durch die bestätigende Person in einem elektronischen Workflow erforderlich.

4
Hinweise auf weitere Regelungen

Besonderes Augenmerk ist auf die in den Nummern 4.1 und 4.2 genannten Vorschriften zu richten.

4.1
Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen

Gemäß § 42 des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 28. Juni 2021 (BGBl. I S. 2250) geändert worden ist, im Folgenden BeamtStG, dürfen Beamtinnen und Beamte – auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses – in Bezug auf ihr Amt keine Belohnungen, Geschenke oder sonstigen Vorteile für sich oder eine dritte Person fordern, sich versprechen lassen oder annehmen. Gemäß Nummer 6 Satz 1 der VV zu §§ 42 BeamtStG/59 LBG NRW der Verwaltungsvorschriften zur Ausführung des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) und des Landesbeamtengesetzes (LBG NRW) vom 10. November 2009 (MBl. NRW. 2009 S. 532), die zuletzt durch Verwaltungsvorschrift vom 2. Juni 2015 (MBl. NRW. S. 392) geändert worden sind, darf die Beamtin oder der Beamte eine Zuwendung ausnahmsweise annehmen, wenn die vorherige Zustimmung der dienstvorgesetzten Stelle vorliegt oder wenn die Zuwendung nach Nummer 8 der VV zu §§ 42 BeamtStG/59 LBG als stillschweigend genehmigt anzusehen ist. Weitere Einzelheiten zur Zustimmung und stillschweigenden Genehmigung regeln die auf § 42 Absatz 1 Satz 2 BeamtStG sowie § 59 des Landesbeamtengesetzes NRW vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, ber. S. 642) in der jeweils geltenden Fassung, im Folgenden LBG NRW, zurückgehenden Nummern 6.1 bis 8.4 der VV zu §§ 42 BeamtStG/59 LBG NRW. Zu den für Tarifbeschäftigte geltenden Bestimmungen siehe im Einzelnen § 3 Absatz 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (MBl. NRW. S. 696), im Folgenden TV-L, in der jeweils geltenden Fassung.

4.2
Nebentätigkeiten

Bereits im Rahmen des Verfahrens zur erstmaligen Genehmigung einer Nebentätigkeit von Beamtinnen oder Beamten, siehe im Einzelnen §§ 49 ff. LBG NRW und die dazu ergangene Nebentätigkeitsverordnung vom 21. September 1982 (GV. NRW. S. 605, ber. S. 689) in der jeweils geltenden Fassung, muss geprüft werden, ob der Anschein entstehen kann, dass sich durch die Ausübung der beantragten Nebentätigkeit dienstliche und private Interessen überschneiden und damit eine objektive, gerechte und sachliche Erledigung der Dienstgeschäfte nicht mehr gewährleistet ist. Bei der Prüfung von Anträgen auf eine Genehmigung von Nebentätigkeiten in korruptionsgefährdeten Bereichen ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Sätze 1 und 2 gelten im Hinblick auf die gemäß § 3 Absatz 4 TV-L bestehenden Befugnisse zur Untersagung oder Erteilung von Auflagen für entgeltliche Nebentätigkeiten von Tarifbeschäftigten entsprechend. Für Nebentätigkeitsgenehmigungen von Beamtinnen oder Beamten gilt eine zeitliche Begrenzung auf maximal fünf Jahre. Sie kann unter Auflagen und Bedingungen erteilt werden und sie erlischt bei der Versetzung zu einer anderen Dienststelle. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigen kann. Ergibt sich nach der Erteilung der Genehmigung eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen, so ist die Genehmigung zu widerrufen.

5
Sponsoring

Unter Sponsoring versteht man im Allgemeinen die Zuwendung von Geld oder geldwerten Vorteilen, zumeist Sach- und beziehungsweise oder Dienstleistungen, durch Private (Sponsorinnen oder Sponsoren) an eine Einzelperson, eine Gruppe von Personen, eine Organisation oder Institution (Gesponserte), mit der regelmäßig auch eigene unternehmensbezogene Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt werden. Auf die konkrete Bezeichnung „Sponsoring“ kommt es indes nicht an. Sponsoren im Sinne von Satz 1 können auch öffentliche Einrichtungen, zum Beispiel Krankenkassen im Rahmen eines Gesundheitstages, sein. Die nachfolgenden Regelungen gelten für unentgeltliche Zuwendungen Privater, insbesondere Spenden und sonstige Schenkungen, an die Landesverwaltung entsprechend.

5.1
Zulässigkeit von Sponsoring

Die öffentliche Verwaltung darf sich nicht unbeschränkt dem Sponsoring öffnen, in manchen Bereichen, zum Beispiel Polizei oder Staatsanwaltschaft, wird Sponsoring nur sehr zurückhaltend oder gar nicht stattfinden können. Sponsoring kann aber in geeigneten Fällen zur Erreichung von Verwaltungszielen beitragen.
Mit dem Sponsoring dürfen keine rechtswidrigen Ziele verfolgt werden. Sponsoring muss mit dem Verwaltungszweck vereinbar sein. Bei der Anwendung von Sponsoring sind daher folgende Aspekte zu beachten:
a) Sponsoring muss für die Öffentlichkeit erkennbar sein, das heißt, Art und Umfang des Sponsoring und der Sponsorinnen oder Sponsoren sind vollständig transparent zu machen;
b) es darf nicht der Eindruck entstehen, die Dienststellen oder ihre Beschäftigten ließen sich bei ihren Aufgaben oder bei der Vergabe öffentlicher Aufträge von den Interessen der Sponsorin oder des Sponsors leiten;
c) es ist zur Wahrung der Objektivität und Neutralität der öffentlichen Verwaltung auszuschließen, dass die Sponsorin oder der Sponsor Vorgaben für die Erledigung der öffentlichen Aufgabe macht oder sonst hierauf Einfluss nimmt;
d) das Ansehen des Staates in der Öffentlichkeit darf keinen Schaden nehmen;
e) liegen mehrere Angebote für Sponsoring vor, ist auf Neutralität zu achten;
f) sollen die Sponsorleistungen einem bestimmten oder einer konkreten Mehrzahl von Beschäftigten zugutekommen, sind die Vorschriften zum Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken zu beachten.
Bei der Entscheidung, ob Sponsoring im Einzelfall vertretbar ist, sind folgende weitere Aspekte zu berücksichtigen:
a) im Zusammenhang mit Sponsoring dürfen keine Zusatz- oder Folgeausgaben entstehen, die dem Willen des Haushaltsgesetzgebers zuwiderlaufen;
b) wenn die Sponsorin oder der Sponsor erbrachte Leistungen zum Beispiel als Betriebsausgaben oder Spenden steuerlich geltend machen kann, finanzieren letztlich alle staatlichen Ebenen über Steuermindereinnahmen die gesponserten Leistungen mit;
c) je nach Art und Umfang kann Sponsoring eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellen, die der Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuerpflicht unterliegt.
Die vorstehenden Aspekte zum Sponsoring lassen die auf die verfassungsrechtlichen Besonderheiten des staatlichen Hochschulbereichs nach Artikel 16 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Juni 1950 (GV. NRW. S. 127), die zuletzt durch Gesetz vom 30. Juni 2020 (GV. NRW. S. 644) geändert worden ist, abgestimmten ergänzenden Regelungen des hierfür zuständigen Ressorts unberührt.

5.2
Sponsoringvertrag

Art und Umfang der Leistungen der Sponsorin oder des Sponsors und der Empfängerin oder des Empfängers sind in einem Sponsoringvertrag festzulegen. Für den Sponsoringvertrag ist grundsätzlich die Schriftform zu wählen. Soweit dies im Einzelfall aus besonderen Gründen nicht angemessen ist, sind die Gründe hierfür und der Inhalt des mündlich geschlossenen Vertrages in einem Aktenvermerk darzulegen. Die Beziehungen zwischen den Sponsorinnen oder Sponsoren und der Landesregierung beziehungsweise unmittelbarer Landesverwaltung werden aus Gründen der öffentlichen Transparenz im Internetangebot des für Inneres zuständigen Ministeriums listenartig und jeweils über einen Zeitraum von in der Regel einem Jahr veröffentlicht. Im Sponsoringvertrag ist deshalb darauf hinzuweisen, dass im Folgejahr der Sponsorenleistung der Name der Sponsorin oder des Sponsors, die jeweilige Art der Sponsoringleistung (Sachleistung, Dienstleistung, Geldleistung), ihr Wert in Euro und der konkrete Verwendungszweck durch das für Inneres zuständige Ministerium veröffentlicht werden. Durch Unterzeichnung des Sponsoringvertrages stimmt die Sponsorin oder der Sponsor der Veröffentlichung zu. Die Zustimmung zur Veröffentlichung erfolgt unbeachtlich der tatsächlichen Veröffentlichung ab einer Bagatellgrenze von 1 000 Euro. Erfolgt der Sponsoringvertrag mündlich, ist im Aktenvermerk auf die Unterrichtung der Sponsorin oder des Sponsors und ihre oder seine ausdrückliche Zustimmung hinsichtlich der Veröffentlichung hinzuweisen. Ein Exemplar des Vermerkes ist der Sponsorin oder dem Sponsor vor Leistungserbringung auszuhändigen beziehungsweise zu übersenden.
Lehnt die Sponsorin oder der Sponsor die Veröffentlichung ab, so kommt ein Sponsoringvertrag nicht zustande. Der Sponsoringvertrag unterliegt dem Zustimmungsvorbehalt der obersten Fachaufsichtsbehörde. Diese kann die Befugnis delegieren.

5.3
Meldepflicht

Staatskanzlei und Ministerien melden jährlich die für die Veröffentlichung jeweils erforderlichen Vertragsinformationen der einzelnen Sponsoringmaßnahmen in ihrem Geschäftsbereich dem für Inneres zuständigen Ministerium jeweils zum 15. Februar des folgenden Jahres.

6
Verhalten bei Auftreten eines Korruptionsverdachtes

Um eine erfolgreiche Korruptionsbekämpfung zu gewährleisten, müssen alle Stellen zusammenwirken, denen Verhütung, Aufdeckung und Verfolgung korruptiver Praktiken möglich ist. Liegt ein Anfangsverdacht im Sinne des § 152 Absatz 2 der Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 25. März 2022 (BGBl. I S. 571) geändert worden ist, auf eine Korruptionsstraftat vor, sind die Leiterin oder der Leiter der öffentlichen Stelle unverzüglich zu unterrichten. Dies gilt nicht, wenn gegen die Leiterin oder den Leiter selbst ein solcher Verdacht besteht. Ein durch Tatsachen begründeter Verdacht einer Korruptionsstraftat kann im Anwendungsbereich des § 37 Absatz 2 Nummer 3 BeamtStG auch der von der obersten Landesbehörde für den jeweiligen Geschäftsbereich benannten Stelle (siehe https://www.im.nrw/themen/verwaltung/strukturen-und-aufgaben/schutz-vor-korruption/ansprechstellen) unmittelbar ohne Einhaltung des Dienstweges mitgeteilt werden.
Die Leiterin oder der Leiter der öffentlichen Stelle hat dem Landeskriminalamt zur Erfüllung der Anzeigepflicht nach § 3 Absatz 1 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes frühestmöglich – unter gleichzeitiger Information der vorgesetzten Behörde oder Einrichtung – Tatsachen anzuzeigen, die Anhaltspunkte für die Begehung einer der in § 3 Absatz 1 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes genannten Verfehlungen darstellen können. Die gleichzeitige Anzeige an die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft, in den Fällen des § 108e StGB an die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf, bleibt unbenommen. Die Anhaltspunkte müssen es als möglich erscheinen lassen, dass eine verfolgbare Straftat vorliegt, bloße Vermutungen reichen hierfür nicht aus. An diese Anhaltspunkte können allerdings keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden, weil die Erforschung des Sachverhalts gerade die Aufgabe des Ermittlungsverfahrens ist. Zweifel an der Richtigkeit des Verdachts rechtfertigen ein Absehen von der Anzeige nicht. Es genügt bereits die geringe Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer der in § 3 Absatz 1 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes genannten Straftaten. Die Nichteinhaltung der Verpflichtung zur Anzeigenerstattung kann sowohl dienstrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Besteht Unsicherheit über das Überschreiten der Schwelle vorliegender Anhaltspunkte im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes, kann das Landeskriminalamt zur Beratung kontaktiert werden, ohne dass hierin zwangsläufig eine Anzeige im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz1 des Korruptionsbekämpfungsgesetzes zu sehen ist. Begründen die Anhaltspunkte nach Einschätzung des Landeskriminalamtes noch keinen hinreichenden Anfangsverdacht, so löst die Kontaktaufnahme auch nicht die polizeiliche Ermittlungspflicht nach dem Legalitätsprinzip des § 152 Absatz 2 der Strafprozeßordnung aus. Nach Unterrichtung der Strafverfolgungsbehörden obliegt diesen die weitere Aufklärung des Sachverhalts. Die mitteilende Stelle wirkt bei der weiteren Aufklärung der Sache weiterhin mit. Unberührt davon bleiben etwaige disziplinarische Ermittlungen durch die Dienstvorgesetzte beziehungsweise den Dienstvorgesetzten.
Wird wegen Anzeichen von Korruption zunächst verwaltungsintern ermittelt, ist darauf zu achten, dass spätere Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden nicht gefährdet werden, etwa dadurch, dass Tatbeteiligte gewarnt werden. § 77e StGB bleibt unberührt.
Alle öffentlichen Stellen haben die Strafverfolgungsbehörden auf deren Ersuchen hin, insbesondere bei der Vorbereitung von Durchsuchungen und Beschlagnahmen, sowie bei Bedarf einzelfallorientiert und unter Berücksichtigung der Belange der ersuchten Dienststelle auch mit fachkundigem und geeignetem Personal, zu unterstützen. Die durch die Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen zugewiesene Stellung des Landesrechnungshofs bleibt unberührt. Maßnahmen im Rahmen des Dienst- beziehungsweise Arbeitsrechts gegen betroffene Beschäftigte sind von der zuständigen Stelle zu prüfen.
Soweit Geheimnisträgerinnen oder Geheimnisträger betroffen sind, haben die zuständigen Dienstvorgesetzten auch die Geheimschutzbeauftragten zu informieren. Die zuständigen Vorgesetzten haben in Korruptionsfällen umgehend die zur Vermeidung eines drohenden Schadens erforderlichen Maßnahmen einzuleiten. Eine verwaltungsgerechte Abwicklung sowie die rechtzeitige Geltendmachung von Schadenersatz- und Entschädigungsleistungen sind sicherzustellen.
In allen Fällen von Korruption, auch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle, sind disziplinar- und arbeitsrechtliche Mittel mit Nachdruck anzuwenden.

7
Antikorruptionsbeauftragte

Alle öffentlichen Stellen, die nicht über eine Innenrevision verfügen, richten Antikorruptionsbeauftragte ein, die der Leitung und den Bediensteten der öffentlichen Stelle als Ansprechstelle zu allen Fragen des Korruptionsbekämpfungsgesetzes und den in den Nummern 1 bis 6 dieses Runderlasses behandelten Themen dienen. Die als Antikorruptionsbeauftragte eingesetzte Person muss bei der öffentlichen Stelle beschäftigt sein. Es ist ein angemessener Stellenanteil zur Aufgabenerledigung anzusetzen.

8
Anwendungsempfehlung

Den Gemeinden und Gemeindeverbänden und den ihnen zuzuordnenden Bereichen wird, soweit hierzu nicht bereits eine Verpflichtung besteht, empfohlen, diesen Runderlass entsprechend anzuwenden.

9
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

9.1
Inkrafttreten

Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft.

9.2
Außerkrafttreten

Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten dieses Runderlasses tritt der Runderlass „Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung“ vom 20. August 2014 (MBl. NRW. S. 486) außer Kraft.

MBl. NRW. 2022 S. 1034.