Geltende Erlasse (SMBl. NRW.) mit Stand vom 3.5.2024
Hinweise zur Anwendung des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft – IC2 – 84.49.22 v. 2.6.1998
Hinweise zur Anwendung des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft – IC2 – 84.49.22 v. 2.6.1998
Hinweise zur
Anwendung des Gesetzes zur
Umsetzung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990
über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt
RdErl. d. Ministeriums für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft – IC2 – 84.49.22
v. 2.6.1998
Einleitung
Die nachfolgenden Hinweise sollen die Bedeutung des Rechts
jedes Einzelnen auf Gewährung von Umweltinformationen hervorheben und die
Behörden zu einem bürgerfreundlichen Informationsverhalten anleiten. Damit
sollen die Ziele der Richtlinie vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu
Informationen über die Umwelt, nämlich die Verbesserung von Umweltpolitik und
Umweltschutz und die Kontrolle der Verwaltung, wie sie im UIG ihren
Niederschlag gefunden haben, erreicht werden.
Anwendungshinweise zu den einzelnen Vorschriften
Zweck des Gesetzes (§ 1)
Eine Pflicht der Behörden, Informationen zu beschaffen, die bei der Behörde
nicht vorliegen, besteht nicht.
Behörden (§ 3)
Als Behörde im Sinne des § 3 Abs. 1 UIG gilt jede Stelle im Sinne des § 1 Abs.
2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW)
in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602) -
SGV. NRW. 2010 -, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung im Rahmen ihrer
Aufgabenerledigung im Bereich der Umweltpflege wahrnimmt.
Somit ist auch der Beliehene auskunftsverpflichtet.
Aufgaben im Bereich des Umweltschutzes können alle Behörden wahrnehmen;
betroffen sind insbesondere:
- die Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten Nordrhein-Westfalen,
- das Landesamt für Ernährungswirtschaft und Jagd,
- das Landesumweltamt,
- der Geologische Dienst,
- die Bezirksregierungen,
- das Chemische Landes- und Staatliche Veterinäruntersuchungsamt,
- die Direktoren der Landwirtschaftskammern als Landesbeauftragte,
- die Ämter für Agrarordnung,
- die Staatlichen Umweltämter,
- die Bergämter,
- die Staatlichen Forstämter und die Leiter der Forstämter der
Landwirtschaftskammern als Landesbeauftragte,
- die Geschäftsführer der Kreisstellen der Landwirtschaftskammern als
Landesbeauftragte im Kreise,
- die unteren Gesundheitsbehörden hinsichtlich ihrer Aufgaben im Bereich der
Umwelthygiene,
- die Staatlichen Veterinäruntersuchungsämter,
- die Vermessungsämter,
- die Gemeinden und Gemeindeverbände.
Begriffsbestimmungen (§ 3)
Entsprechend dem weiten Verständnis des Begriffs der Informationen über die
Umwelt in § 3 UIG zählen auch Daten über betriebsinterne Umweltbelastungen und
über betriebsinterne Abläufe, die zu Umweltbelastungen führen können, zum
Informationsbegriff, soweit diese bei Behörden vorhanden sind.
Von dem Begriff „Zustand" in § 3 Abs. 2 UIG werden nicht nur Informationen
über gegenwärtige und vergangene, sondern auch über zukünftige Umweltzustände
erfasst. Mitzuteilende Daten über zukünftige Umweltzustände liegen vor, wenn
sie auf Tatsachen beruhen und nach naturwissenschaftlichen Regeln hergeleitet
wurden. Danach sind beispielsweise die nach der TA Luft ermittelte
Zusatzbelastung (IZ) und die Gesamtbelastung (IG) Informationen, auf die sich
der Informationsanspruch erstreckt.
Zum Begriff „Informationen über die Umwelt" wird erläuternd auf das Urteil
des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 17. Juni 1998 C 321/96 (ZUR 1998, S.
198) verwiesen, das dazu folgenden Leitsatz enthält:
„Artikel 2 Buchstabe a der Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt ist so auszulegen, dass er auf eine Stellungnahme einer Landschaftspflegebehörde im Rahmen ihrer Beteiligung an einem Planfeststellungsverfahren Anwendung findet, wenn diese Stellungnahme geeignet ist, die Entscheidung über die Planfeststellung hinsichtlich der Belange des Umweltschutzes zu beeinflussen."
Das bedeutet: Der Begriff der Umweltinformation ist bereits
erfüllt, wenn eine Stellungnahme die spätere Entscheidung über die Planfeststellung
hinsichtlich der Umweltbelange beeinflussen kann. Außer bei Äußerungen der
Naturschutzbehörde ist dies erfüllt bei Stellungnahmen anderer Fachbehörden,
Kommunen und Träger öffentlicher Belange sowie bei behördlichen Gutachten, die
zur Entscheidungsvorbereitung über umweltbedeutsame Aspekte erstellt werden.
Zugangsberechtigung - Art der Informationsgewährung (§4)
Das Recht auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt steht allen
natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts ohne Nachweis eines
berechtigten Interesses zu. Dagegen soll für juristische Personen oder sonstige
Stellen des öffentlichen Rechts nach der Gesetzesbegründung
(Bundesrats-Drucksache 797/93, S. 29) kein Zugang zu Informationen bestehen.
Für den Informationsaustausch zwischen den Staatsorganen und ihren
Untergliederungen sind allein die Grundsätze der Amtshilfe maßgebend. Ebenso
wenig hat eine Fraktion in einer politischen Vertretung, die Teil des Organs
einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ist, - im Gegensatz zu
einzelnen Mitgliedern - ein Recht auf freien Zugang zu Informationen über die
Umwelt.
Für die Entscheidung, wie die Informationen zugänglich gemacht werden (Auskunft
oder Zurverfügungstellung von Informationsträgern, Akten) ist maßgebend, welche
Zugangsart die Antragstellerin /der Antragsteller begehrt. Soweit die
Antragstellerin /der Antragsteller ausdrücklich einen bestimmten
Informationszugang beantragt, darf die Behörde dies nur dann zugunsten eines
anderen - im wesentlichen gleich geeigneten - Informationsmittels ablehnen,
wenn hierfür gewichtige, von ihr darzulegende Gründe bestehen.
Antragstellung, Bescheidung von Anträgen (§ 5)
Im Antrag sind Art und Umfang der gewünschten Informationen konkret zu
bezeichnen. Der Antrag bedarf keiner Schriftform.
Da die Behörde nicht verpflichtet ist, Daten vor der Herausgabe auf ihre
Richtigkeit zu überprüfen, soll die Antragstellerin /der Antragsteller im
Bescheid darauf hingewiesen werden, dass eine Haftung für die Richtigkeit der
mitgeteilten Informationen nicht in Betracht kommt. Soweit die Behörde im
Besitz von Anhaltspunkten für die Unrichtigkeit von Daten ist, ist sie
gehalten, dieses der Antragstellerin /dem Antragsteller mitzuteilen.
Ausschluss und Beschränkungen des Anspruchs zum Schutz öffentlicher Belange (§
7)
Der EuGH hat mit Urteil vom 17. Juni 1998 C - 321/98 (ZUR 1998, S. 198 ff.)
Folgendes entschieden:
„Der Begriff „Vorverfahren“ in Artikel 3 Absatz 2 dritter Gedankenstrich der Richtlinie ist so auszulegen, dass er ein Verwaltungsverfahren im Sinne von § 7 Abs. 1 Nummer 2 Umweltinformationsgesetz, das lediglich eine Maßnahme der Verwaltung vorbereitet, nur dann erfasst, wenn es einem gerichtlichen oder quasigerichtlichen Verfahren unmittelbar vorausgeht und durchgeführt wird, um Beweise zu beschaffen oder ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, bevor das eigentliche Verfahren eröffnet wird."
Danach besteht ein Anspruch grundsätzlich während eines verwaltungsbehördlichen Verfahrens auch hinsichtlich derjenigen Daten, die der Behörde aufgrund des Verfahrens zugehen.
Ein Anspruch besteht nur dann nicht, wenn es sich um ein verwaltungsbehördliches Verfahren handelt, das einem gerichtlichen Verfahren unmittelbar vorausgeht und das dazu dient, Beweise zu beschaffen oder ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, bevor das eigentliche Verfahren eröffnet wird. Dazu zählen das Disziplinarverfahren, das ordnungswidrigkeiten-rechtliche Ermittlungsverfahren (Bußgeldverfahren), Erzwingungen im Verwaltungsvollstreckungsrecht und verwaltungsbehördliche Beweissicherungsverfahren.
In Widerpruchsverfahren steht § 7 Abs. 1 Nr. 2 dem Anspruch
auf Informationsgewährung nicht entgegen, denn diese werden nicht durchgeführt,
um Beweise zu beschaffen oder ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, bevor das
eigentliche Verfahren eröffnet wird.
Stellt die Behörde aufgrund einer Anfrage „fertige" Daten zusammen, ist
dies kein Fall von „nicht aufbereiteten Daten" im Sinne von § 7 Abs. 2
UIG.
Um „nicht aufbereitete Daten" handelt es sich, wenn
diese zwar als Rohdaten bei der Behörde vorliegen, eine Aufbereitung aber für
die Weiterverarbeitung in der Verwaltung zwingend ist. Die Aufbereitung hat
sich auf den Informationsträger, nicht auf die Informationselbst zu beziehen.
Eine Bewertung oder Kommentierung dieser Daten ist mit dem Begriff der
„Aufbereitung" nicht gemeint. Nicht aufbereitet sind z.B. Daten, die mit
den in einer Behörde vorhandenen Programmen nicht verarbeitet werden können.
Sobald die Daten aufbereitet sind, soll die Behörde die Antragstellerin /den
Antragsteller benachrichtigen.
Die Absicht des Antragstellers /der Antragstellerin, Informationen kommerziell
zu verwerten, macht einen Antrag allein nicht missbräuchlich im Sinne des § 7
Abs. 2 UIG.
Ausschluss und Beschränkungen des Anspruchs zum Schutz privater Belange (§ 8
Abs. 1)
§ 8 Abs. 1 Nr. 1 dient dem Schutz des Grundrechts auf informationelle
Selbstbestimmung. Ob und inwieweit dieses Recht dem Informationsanspruch der
Antragstellerin /des Antragstellers entgegensteht, ist für jeden Einzelfall
aufgrund einer am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierten Abwägung zu
entscheiden.
Der Anspruch wird in der Regel nicht allein dadurch
ausgeschlossen, dass der Zugang zu Informationen über die Umwelt unvermeidbar
mit der Offenbarung des Namens, des Berufs, der Branchen- oder
Geschäftsbezeichnung der Verursacherin /des Verursachers einer
Umweltbeeinträchtigung verbunden ist. Hinzu treten müssen besonders
schutzwürdige Interessen des Verursachers. Diese sind im Falle einer Versagung
aktenkundig zu machen.
Der Begriff „geistiges Eigentum" in § 8 Abs. 1 Nr. 2 UIG ist eng zu
verstehen. Nicht ausreichend ist, dass die Daten auf einer geistigen
Eigenleistung beruhen. Vielmehr muss eine rechtlich geschützte Position des
geistigen Eigentums, wie z.B. im Urheber- oder Patentrecht, vorliegen. Die
Bestimmung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 UIG kann u.a. erheblich werden, wenn das
Informationsbegehren ein von Privaten erstelltes Gutachten betrifft. Gemäß § 12
Urheberrechtsgesetz (UrhG) steht grundsätzlich der Urheberin /dem Urheber das
Recht zur Veröffentlichung und inhaltlichen Verbreitung ihres/seines Werkes
oder urheberrechtlich erheblicher Teile zu. Wurde das Gutachten im Rahmen eines
Genehmigungsverfahrens als Bestandteil der Antragsunterlagen vorgelegt, ist in
der Regel davon auszugehen, dass das Werk der behördlichen Aufgabenwahrnehmung
uneingeschränkt zur Verfügung steht. In diesem Fall ist wegen des Zugangsrechts
auf § 45 UrhG zu verweisen. Im Regelfall ist in diesen Fällen das Zugangsrecht
nicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 UIG ausgeschlossen.
Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 UIG
gelten nach § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Tatsachen,
die im Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stehen, nur
einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem Willen der
Geschäftsinhaber geheimgehalten werden sollen. Darüber hinaus ist erforderlich,
dass ein berechtigtes Interesse der Geschäftsinhaber an der Geheimhaltung
anzuerkennen ist.
Die Behörde ist zur Offenbarung befugt, wenn
a) sie durch Rechtsvorschriften dazu ermächtigt oder verpflichtet ist,
b) die Betroffene/der Betroffene zugestimmt hat oder
c) die Offenbarung zur Wahrung eindeutig höherrangiger Rechtsgüter der
Allgemeinheit oder Einzelner erforderlich ist.
Dies gilt nicht, wenn die begehrten Informationen dem
Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen.
Emissionsdaten enthalten in aller Regel keine Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnisse.
Verfahrensweise (§ 8 Abs. 2)
Die Behörde hat gemäß § 8 UIG zu prüfen, ob die Herausgabe von Informationen
schutzwürdige personenbezogene Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
berühren kann. Besteht die Vermutung, dass die Herausgabe von Informationen
schutzwürdige personenbezogene Daten betrifft oder Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse berührt oder sind die Daten als geheimhaltungsbedürftig
gekennzeichnet, hat die Behörde die Betroffene /den Betroffenen anzuhören.
Bestehen Zweifel an der korrekten Auszeichnung, so hat der Dritte zu belegen,
dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vorliegen.
Liegen nach Prüfung der Behörde entgegen der Auffassung der
Betroffenen /des Betroffenen keine schutzwürdigen personenbezogenen Daten oder
keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vor, hat sie der Antragstellerin /dem
Antragsteller einen Bescheid unter der Maßgabe zu erteilen, dass die
Informationen erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von einem Monat erteilt
werden können. Der Bescheid ist zugleich der Betroffenen /dem Betroffenen
bekannt zu geben, um ihr/ihm die Möglichkeit einzuräumen, dagegen Rechtsbehelf
einzulegen. Im Übrigen unterscheidet sich der Verfahrensablauf nicht von dem
des allgemeinen Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrechts.
Kommt die Behörde im Rahmen der Prüfung zu dem Ergebnis, dass Informationen
begehrt werden, auf die ein Anspruch nicht besteht, ist aber die Aussonderung
von Teilen möglich, ohne dass Ausschlusstatbestände berührt werden, so hat die
Behörde entsprechend zu verfahren und den Zugangsberechtigten die
ausgesonderten Teile zu übermitteln.
Zuständigkeit (§ 9)
Zuständig ist die Behörde, bei der sich die begehrten
Informationen befinden (§ 9 Abs. 1 UIG). In den Fällen des § 2 Nr. 2 UIG sind
die aufsichtsführenden Stellen zuständig (§ 9 Abs. 2 UIG). § 2 Nr. 2 UIG findet
keine Anwendung, wenn ein beliehener Unternehmer tätig wird, da diesem selbst
die Behördeneigenschaft zukommt.