Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch RdErl. v. 9.10.2004 (MBl.NRW. 2004 S. 890).

 


Historisch: Verwaltungsvorschriften zun Verwaltungsvollstreckungsgesetz (W VwVG NW) Gem. RdErl. d. Finanzministers I B 2 Tgb.Nr. 1197/63 u. d. Innenministers IC 1/17 - 21.112 v. 11.3.1963 ¹)

 

Historisch:

Verwaltungsvorschriften zun Verwaltungsvollstreckungsgesetz (W VwVG NW) Gem. RdErl. d. Finanzministers I B 2 Tgb.Nr. 1197/63 u. d. Innenministers IC 1/17 - 21.112 v. 11.3.1963 ¹)

140. Ergänzung - SMB1. NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MB1. NW. Nr. 107 einschl.)

11. 3. 63 (1)


Verwaltungsvorschriften
zun Verwaltungsvollstreckungsgesetz
(W VwVG NW)

Gem. RdErl. d. Finanzministers I B 2 Tgb.Nr. 1197/63 u. d. Innenministers IC 1/17 - 21.112 v. 11.3.1963 ¹)

Auf Grund des § 81 des Verwaltungsvollstreckungsge-setzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980 (GV. NW. S. 510/SGV. NW. 2010), werden, soweit es sich um die Beitreibung von Geldbeträgen.handelt, vom Finanzminister und vom Innenminister, im übrigen vom Innenminister im Einvernehmen mit dem zuständigen Fachminister, die nachstehenden Verwaltungsvorschriften erlassen; Die Verwaltungsvorschriften zu den §§ 66 bis 75 sind zugleich allgemeine Weisung nach § 9 Abs. 2 Buchstabe a des Ordnungsbehördengesetzes (OBG).

VerwaltungsvorsdirUten

zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz

(W-VwVG. NW.)

Inhaltsverzeichnis Erster Abschnitt

Vollstreckung von Geldforderungen I. Allgemeine Vorschriften

1 Vollstreckbare Geldforderüngen

2 Vollstreckungsbehörden

3 Vollstreckung durch Behörden der Finanz- und Justizverwaltung

4 Vcrllstreckungsschuldner

5 Eidesstattliche Versicherung

6 Voraussetzungen für die Vollstreckung

7 Einwendungen gegen den Anspruch; Erstattungs anspruch

8 Widerspruch gegen die Pfändung

9 Zwangsverfahren gegen Personenvereinigungen

10 Vollstreckungsschuldner nach bürgerlichem Recht

11 Vollziehungsbeamte

12 Auftrag und Ausweis des Vollziehungsbeamten

13 Angabe des Schuldgrundes

14 Befugnisse des Vollziehungsbeamten

15 Zuziehung von Zeugen

16 Nachtzeit, Feiertage

17 Niederschrift

18 Mitteilungen des^VolIziehungsbeamten

19 Mahnung

20 Kosten

\

II. Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen

1. Allgemeine Vorschriften

21 Pfändung

22 Pfändungspfandrecht

23 Abwendung der Pfändung

24 Klage auf bevorzugte Befriedigung

25 Keine Gewährleistung

26 Beschränkung der Zwangsvollstreckung

2. Zwangsvollstreckung in Sachen

27 Pfändungs- und Vollstreckungsschutz

28 Verfahren bei der Pfändung

29 Pfändung ungetrennter Früchte

30 Öffentliche Versteigerung, gepfändetes Geld

31 Versteigerungstermin

32 Versteigerungsverfahren

33 Gold- und Silbersachen

34 Wertpapiere

35 Früchte auf dem Halm

36 Namenspapiere

37 Andere Verwertung

38 Anschlußpfändung

39 Mehrfache Pfändung

3. Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte

40 Pfändung einer Geldforderung

41 Pfändung einer Hypothekenforderung

42 Pfändung einer Wechselforderung

43 Pfändung fortlaufender Bezüge

44 Einziehung der Forderung — Herausgabe der Urkunden

45 Erklärungspflicht des Drittschuldners

46 Andere Arten der Verwertung

47 Ansprüche auf Herausgabe oder Leistung von Sachen

48 Pfändungsschutz

49 Mehrfache Pfändung

50 Vollstreckung in andere Vermögensrechte

III. Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen

51 Verfahren

52 Zwangsvollstreckung gegen Rechtsnachfolger

IV. Sicherungsverfahren

53 Sicherungsverfahren

V. Befriedigung durch Verwertung von Sicherheiten

54 Befriedigung durch Verwertung von Sicherheiten

Zweiter Abschnitt: Verwaltungszwang

I. Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen

55 Zulässigkeit des Verwaltungszwanges

56 Vollzugbehörden

57 Zwangsmittel

58 Verhältnismäßigkeit

59 Ersatzvornahme

60 Zwangsgeld

61 Ersatzzwangshaft

62 Unmittelbarer Zwang

63 Androhung der Zwangsmittel

64 Festsetzung der Zwangsmittel

65 Anwendung der Zwangsmittel

2010

') MBL NW. 1963 S. 317. geändert durch Gem. RdErl. v. 14.12.1984 (MBL NW. 1965 S. 30), 24.11.1972 (MB1. NW. 1972 S. 2032), 19.10.1973 (MB1. NW. 1973 S. 1924). 23.4.1974 (MBI. NW. 1974 S. 754), 8. 8.1974 (MBL NW. 1974 S. 1112), 22. 3.1978 (MBL NW. 1978 S. 524); 21.9.1979 (MBL NW. 1979 S. 1805); 29. 9.1980 (MBL NW. 1980 S. 2170).

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140. Ergänzung - SMB1. NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

II. Anwendung unmittelbaren Zwanges

66 Zulässigkeit des unmittelbaren Zwanges

67 Begriffsbestimmungen, zugelassene Waffen

68 Vollzugsdienstkräfte

69 Androhung unmittelbaren Zwanges

70 Androhung unmittelbaren Zwanges in besonderen Fällen •

71 Handeln auf Anordnung

72 Hilfeleistung für Verletzte . '

73 Fesselung von Personen

74 Zum Schußwaffengebrauch berechtigte Vollzugsdienstkräfte

75 Notwehr und Notstand

76

77

78

III. Vollzug gegen Behörden

Dritter Abschnitt: Kosten

Vierter Abschnitt:

Vollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts

140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 - MBL NW. Nr. 107 einschl.)

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Erster Abschnitt I. Allgemeine Vorschriften l Anwendungsbereich (zu § 1)

Der Beitreibung im Verwaltungszwangsverfahren unterliegen Geldforderurigen unter zwei Voraussetzungen:

1.1 Es muß sich grundsätzlich um Geldforderungen des Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes oder einer anderen unter Landesaufsicht stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts handeln. Zu den Gemeindeverbänden gehören die Kreise, der Kommunalverband Ruhrgebiet, die Land-schaftsverbände und die Zweckverbände, nicht jedoch der Landesverband Lappe. Welche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts unter Landesaufsicht stehen, ergibt sich aus dem den Verwaltungsvorschriften zum Landesor-ganisationsgesetz, RdErl. v. 12. 2. 1963 (SMBL NW. 2005), als -Anlage 3 beigegebenen Verzeichnis. Wegen der Vollstreckungsrechte der Kirchen und Religionsgemeinschaften vgl. Nr. 2222.

Durch § l Abs. l Satz 2 ist die Möglichkeit geschaffen worden, für die sogenannten „Beliehenen" das Verwaltungszwangsverfahren anzuwenden. Als „Beliehene" kommen solche Stellen oder Personen in Betracht, denen das Recht verliehen ist, bestimmte öffentlich-rechtliche Zuständigkeiten wahrzunehmen, z. B. öffentliche Urkunden auszustellen oder Gebühren zu erheben.

1.2 Die beizutreibende Forderung muß öffentlichrechtlicher Natur oder die Beitreibung im Verwaltungszwangsverfahren muß für Geldforderungen der in Frage stehenden Art durch Rechtsvorschrift ausdrücklich zugelassen sein.

121 Für alle Geldforderungen, die auf einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung beruhen (Steuern, Gebühren und Auslagen nach Kostenrecht, Verwältungs- und Benutzungsgebühren, Kammer-und Innungsbeiträge, Sozialversicherungsbeiträge, Rückforderung zu Unrecht gewährter öffentlichrechtlicher Leistungen, beamtenrechtliche Regressforderungen, Geldbußen, Zwangsgeld, Geldstrafen usw.) bedarf es einer speziellen Zulassungsvorschrift, wie sie z. B. in § 136 FlurbG, § 3 IHKG noch enthalten ist, nicht mehr. Abweichend von der Regelung in § l Abs. 2 des Bundesgesetzes (VwVG) nimmt das Landesgesetz auch diejenigen unbestrittenen öffentlich-rechtlichen Geldforderungen nicht aus, für die ein anderer Rechtsweg als der Verwaltungsrechtsweg begründet ist Bundesrechtliche Regelungen, z. B. § 205 BEG, gehen jedoch vor.

12.2 Die in § l Abs. l Satz l zweiter Halbsatz genannte Voraussetzung der ausdrücklichen Zulassung durch gesetzliche Vorschriften hat demnach praktische Bedeutung nur noch hinsichtlich der Beitreibung gewisser privatrechtlicher Forderungen, wie sie vor allem im § l Abs. l Nr. 3 und 4 Gesetz über die Zulässigkeit des Verwaltungszwangsverfahrens und .über sonstige finanzielle Zwangsbefugnisse (ZulG) vom 12. Juli 1933 (PrGS. NW. S. 5/SGV. NW. 2010), aufgezählt werden. Miet- und Pachtzinsforderungen, sowie Forderungen aus Holzverkäufen können nur dann nach diesem Gesetz beigetrieben werden, wenn

a) sie dem Land als Gläubiger zustehen (§ l Abs. l Nr. 3 a und 4a ZulG) oder

b) sie sich auf das unter unmittelbarer Verwaltung eines Regierungspräsidenten stehende Vermögen einer Anstalt oder Stiftung beziehen (§ l Abs. l Nr. 3 b ZulG).

1.3 Das Verwaltungszwangsverfahren richtet sich auch dann nach diesem Landesgesetz, wenn Bundesgesetze, die von Behörden und Einrichtungen des Landes oder kommunalen Behörden oder Sozialversicherungsträgern auszuführen sind, vorsehen, daß auf die Beitreibung nicht dem Bund oder einer bundesunmittelbaren juristischen Person des öffentlichen Rechts zustehender Forderun-

gen das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bun- Ofl1 fl des v. 27. April 1953 „sinngemäß" (§ 136 FlurbG) oder /.(J l U „entsprechend" (§ 200 Abs. 2 SGG, § 47 GVwVfKOV) angewendet werden soll oder kann.

1.4 § l Abs. 3 klärt die bisher umstrittene Frage der Zulässigkeit der Verwaltungsvollstreckung aus schriftlichen öffentlich-rechtlichen Verträgen und gesetzlich zugelassenen schriftlichen Erklärungen. Voraussetzung der Vollstreckung ist, daß der Schuldner sich zu einer Geldleistung verpflichtet und sich ihretwegen der Verwaltungsvollstreckung unterworfen hat Eine Vollstreckung aus einseitigen Unterwerfungserklärungen ist nur zulässig, wenn dies gesetzlich zugelassen ist

2 Vollstreckungsbehörden (zu § 2)

2.1 ' Das Gesetz geht davon aus, daß die Beitreibung von Geldforderungen stets Aufgabe besonderer Voll- ' Streckungsbehörden ist, und daß die Wahrnehmung dieser Aufgabe innerhalb der verschiedenen Verwaltungen regelmäßig - in der kommunalen Verwaltung ausnahmslos - den Kassen zusteht Diese Dienststellen und die nach Absatz 2 zuständigen Organe von Körperschaften usw. des öffentlichen Rechts sind, ohne Rücksicht darauf, ob sie im organisationsrechtlichen Sinne Behörden sind oder nicht, gemeint, wenn im Gesetz von Vollstreckungsbehörden die Rede ist.

Der bisherige § 11 behandelt die Amtshilfe zwischen Vollstreckungsbehörden. An seiner Stelle gelten künftig die §§ 4 bis 8 VwVfG NW.' Das Ersuchen soll alle erforderlichen Angaben enthalten und nach Möglichkeit die erbetene Maßnahme (Pfändung, Versteigerung oder sonstige Verwertung, Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung usw) bezeichnen. Will die ersuchende Behörde bestimmte Vermögenswerte pfänden lassen, muß sie diese genauer angeben. Die Pfändung . einer Forderung durch die ersuchte Behörde wird zwar nicht ungültig, im Hinblick auf die Regelung in § 40 Abs. 3 (vgl. Nr. 40.12) aber regelmäßig nicht mehr geboten sein. Die allgemeine Bitte um „Beitreibung" eines Betrages verpflichtet die ersuchte Behörde nur zu dem üblichen Versuch einer Mobiliarpfändung in vorgefundene Sachen, nicht dagegen zur selbständigen Ermittlung weiterer Werte etwa im Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung.

Soll in Grundstücke vollstreckt werden, muß die ersuchende Behörde möglichst genau sagen, um welche Grundstücke es sich handelt und welche Maßnahmen ergriffen werden sollen. Eine ausdrückliche Bescheinigung der Vollstreckbarkeit wird nicht gefordert, kann sich aber empfehlen.

2.11 Regelmäßig werden Forderungen des Landes von staatlichen Vollstreckungsbehörden (Nr. 2.111 und Nr. 2.112) beigetrieben, soweit nicht kommunale Behörden und Kassen für staatliche Aufgaben auftragsweise zuständig sind, z. B. die Stadt- oder Kreiskassen als Funktionsnachfolger der Regierungskassen für die Kassenaufgaben der unteren Landesbehörden (vgl. § 3 des G über die Eingliederung staatlicher Sonderbehörden in die Kreis- und Stadtverwaltung v. 30. April 1948 - GS. NW. S. 147/SGV. NW. 2000 - u. den RdErl. d. Finanzministers betr. Eingliederung der Regierungskassen v. 1. 2.1949 - SMBl. NW. 2001).

2.111 Zu den staatlichen Kassen außerhalb der Justiz- und Finanzverwaltung gehören neben der Landeshauptkasse und den Regierungshauptkassen u. a. die Amtskasse beim Landtag NW., die Hauptkassen der Direktoren der Landwirtschaftskammer Rheinland und Westfalen-Lippe als Landesbeauftragte, die Oberbergamtskasse in Dortmund, die Kassender Hochschulen, die Amtskasse beim Versorgungsamt in Düsseldorf (zuständig nur für nicht in §47 GVwVfKOV genannte Ansprüche), das Rentamt des Bergischen Schulfonds in Düsseldorf und das Studienfonds-Rentamt in Münster.

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2.112 Vollstreckungsbehörden der Landesfinanzver-waltung sind die Finanzämter (§ 249 Abs. l Satz 3 AO 1977), innerhalb deren die Beamten, denen der Innendienst im Vollstreckungsverfahren obliegt, eine besondere „Vollstreckungsstelle" bilden.

2.113 Soll aus gerichtlichen Entscheidungen oder Vergleichen, aus Anerkenntnissen und aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen im sozialgerichtlichen Verfahren vollstreckt werden, so bestimmt sich die zuständige Vollstreckungsbehörde gemäß §200 SGG i. Verb, mit § 5 des Ausführungsgesetzes v. 8. Dezember 1953 (GS. NW. S. 541/SGV. NW. 304) u. mit § 2 VwVG NW nach der für den jeweiligen Gläubiger der Forderung geltenden Zuständigkeitsregelung. Forderungen des Landes als Partei im Sozialgerichtsverfahren werden also von derjenigen Vollstreckungsbehörde beigetrieben, die für die das Land vertretende Behörde zuständig ist Die Beitreibung von Forderungen des Landes als Träger der Sozialgerichte selbst (z. B. Kostenforderungen) obliegt der für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständigen Kasse für die Dienststellen der Kriegsopferversorgung des Landes Nordrhein-Westfalen beim Versorgungsamt Düsseldorf in Düsseldorf.

Geldforderungen, die sich im Bereich der Versorgungsverwaltung ergeben, werden nach der VO. über die Vollstreckungsbehörde im Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung v. 25. Oktober 1955 (GS. NW. S. 845/SGV NW. 83) für das Land von derjenigen Gemeinde beigetrieben, in der der Schuldner der beizutreibenden Forderung seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.

2.114 Auch Geldforderungen des Bundes und bundesunmittelbarer Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts werden nach dem VwVG NW von kommunalen Vollstreckungsbehörden beigetrieben, wenn Bundesgesetze und darauf beruhende Zuständigkeitsregelungen dies vorsehen (z. B. § 47 GVwVfKOV für Rückforderungsansprüche aus Versorgungsleistungen; § 350 b LAG für öffentlichrechtliche Geldforderungen des Ausgleichsfonds; § 15 Abs. 2 des Gesetzes über die Zusammenlegung der Deutschen Landesrentenbank und der Deutschen Siedlungsbank vom 27. August 1965 (BGB1.1 S. 1001) in Verbindung mit § l der Verordnung über die Bestimmung von Vollstreckungsbehörden für die Deutsche Siedlungs- und Landesrentenbank, Bonn, vom 6. Juli 1971 (GV. NW. S. 190 / SGV. NW. 760) für Dahrlehnsforderungen aus Bundesmitteln). Hierbei handelt es sich allerdings teilweise um Forderungen, die nur im Innenverhältnis dem Bund - zustehen, während nach außen das Land als Gläubiger gilt

2.12 Innerhalb der kommunalen Verwaltungen bleiben für die Durchführung des Verwaltungszwangsverfahrens wie bisher die Gemeinde-, Stadt- und Kreiskassen und die Kassen der Zweckverbände und Landschaftsverbände ausschließlich zuständig.

2.121 Weder die Vertretung der Gemeinde oder des Gemeindeverbandes, noch der Hauptverwaltungsbeamte haben das Recht, diese Aufgabe im allgemeinen oder in Einzelfällen der Kasse zu entziehen, sich selbst-vorzubehalten oder anderen Dienststellen ihrer Körperschaft zu übertragen. Das innerdienstliche Weisungsrecht des Hauptverwaltungsbeamten als Dienstvorgesetzter gegenüber dem Kassenverwalter wird dadurch nicht berührt (§ 5 Abs. 5 GemKVO).

2.122 Es entspricht der besonderen Rechtsstellung des kommunalen Kassenverwalters, daß er in den Fällen, in denen die Vollstreckungsbehörde selbst über einen Widerspruch gegen ihre Vollstreckungsmaßnahmen zu entscheiden hat (§ 73 Abs. l Nr. 3 VwGO), grundsätzlich auch selbständig entscheidet" Er soll jedoch vorher mit dem Hauptverwaltungsbeamten Fühlung nehmen, wenn der Widerspruchsbescheid voraussichtlich einen Verwaltungsprozeß auslösen wird. Das Recht des Haupt-

verwaltungsbeamten, Weisungen für die Entscheidung über Widersprüche zu erteilen, bleibt unberührt.

22 Nach geltendem Recht üben nur wenige Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts die Befugnisse der Vollstreckungsbehörde selbst aus.

2.21 Hierzu gehören:

a) die Westfälische Landschaft, Münster; nach § 45 ihrer Satzung (n. v.) nimmt die Generallandschaftsdirektion die Befugnisse der Vollstrek-kungsbehörde wahr,

b) die Krankenkassen, wenn ihre geschäftsleitenden Angestellten nach Bestimmung der obersten Verwaltungsbehörde durch das zuständige .Versicherungsamt zu „Vollstreckungsbeamten" - bestellt worden sind (§ 404 Abs. 4 RVO),

c) die Wasser- und Bodenverbände,- ihre Vorsteher sind, vorbehaltlich anderweitiger Bestimmung durch die Aufsichtsbehörde, selbst Vollstrek-kungsbehörde, können sich aber auf Anordnung der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde der .Einrichtungen", vor allem der Vollziehungsbeamten der kommunalen Vollstreckungbehörden bedienen (§ 93 der Ersten Wasserverbandverordnung).

2.22 Für andere Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts sind vielfach kommunale Vollstreckungsbehörden kraft Gesetzes tätig.

2.221 So sind die Gemeinden gemäß § 3 IHKG Vollstreckungsbehörden für die Industrie- und Handelskammern, gemäß § 113 HwO für die Handwerkskammern. Eine entsprechende Aufgabenzuweisung ergibt sich häufig auch aus der Formulierung, daß Beiträge, .Gebühren usw. „wie Gemeindeabgaben" beizutreiben sind (vgl. § 28 u. § 146 Abs. 2 RVO für die Versicherungsträger, §§ 73 u. 89 HwO für die Innungen und Kreishandwerkerschaften).

2222 Vollstreckungsbehörden für die Kirchen (Kirchengemeinden) und die Religionsgemeinschaften, die die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts haben, sind, soweit es sich um die Beitreibung von Kirchensteuern einschl. Kirchgeld handelt grundsätzlich die Finanzämter (§ 8 Abs. l und § 15 des Kirchensteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. April 1975 (GV. NW. S. 438), geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 1976 (GV. NW. S. 473 - SGV. NW. 610 -). Kommunale Vollstreckungsbehörden sind nur zuständig für die Beitreibung der „Kirchensteuer vom Grundbesitz", die als Zuschlag zu den Grundsteuermeßbeträgen erhoben wird. Dies gilt sowohl, wenn die Kirchensteuer vom Grundbesitz durch die Gemeinden (GV) verwaltet wird (§11 aaO), als auch dann, wenn sie von den Kirchen selbst verwaltet wird, die Gemeinden (GV) aber die „Maßstabsteuern" einziehen (§ 12 aaO). In beiden Fällen haben die Gemeinden (GV) das für sie maßgebende VwVG NW anzuwenden. Das ergibt sich, unbeschadet des Hinweises auf die AO in § 8 des Kirchensteuergesetzes, schon aus der Gegenüberstellung der „Vorschriften über das Verwaltungszwangsverfahren" und der „Vorschriften der Abgabenordnung 1977" in § 12 aaO.

Sollten andere öffentlich-rechtliche Forderungen der Kirchen und Religionsgemeinschaften als Kirchensteuern, z. B. Friedhofsgebühren, beigetrieben werden, so ist nach Nr. 223 zu verfahren.

2.223 Rückständige Rundfunkgebühren, die dem Westdeutschen Rundfunk Köln zustehen, werden im Verwaltungszwangsverfahren von den für den Wohnsitz oder Aufenthaltsort der Schuldner zuständigen kommunalen Vollstreckungsbehörden (Kassen der Gemeinden) beigetrieben. Der Unkostenbeitrag, den der Westdeutsche Rundfunk Köln an die in Anspruch genommene Vollstreckungsbehörde zu zahlen hat, beträgt zwei vom Hundert der beizutreibenden Geldbeträge, mindestens jedoch drei Deutsche Mark.

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Beiträge und Gebühren sowie Forderungen der Architektenkammer auf Erstattung von Auslagen werden gemäß § 15 Abs. 3 des Architektengesetzes (ArchG NW) im Verwaltungszwangsverfahren ebenfalls von den für den Wohnsitz oder Aufenthaltsort der Schuldner zuständigen kommunalen Vollstreckungsbehörden beigetrieben. Der Unkostenbeitrag beträgt zwei v. H. der beizutreibenden Geldbeträge, mindestens drei Deutsche Mark.

2.224 In den vorstehenden Fällen wird die kommunale Vollstreckungsbehörde stets in Erfüllung eigener, ihr gesetzlich zugewiesener Aufgaben tätig. Sie ist „die" Vollstreckungsbehörde der Handwerkskammer oder der Kirchengemeinde usw. und leistet insoweit nicht etwa Amtshilfe.

223 Fehlen entsprechende Vorschriften, so bestimmt der Regierungspräsident eine Vollstreckungsbehörde, und zwar für den Einzelfall - entsprechend der gesetzlichen Regelung für vergleichbare Fälle in § 4 Abs. 2 OBG und in § 12 Abs. 4 Satz l POG NW - im Verwaltungswege, als allgemeine Zuständigkeitsregelung für die Dauer jedoch durch Verordnung.

Zuständig ist der Regierungspräsident, in dessen Bezirk die Vollstreckungsmaßnahme durchgeführt werden soll oder in dessen Bezirk der Gläubiger seinen Sitz hat. Die vom Regierungspräsidenten bestellte Vollstreckungsbehörde muß außerhalb ihres Bereichs ggf. die Amtshilfe anderer Vollstrek-kungsbehörden in Anspruch nehmen.

Durch inhaltlich aufeinander abgestimmte Verordnungen der Regierungspräsidenten

Arnsberg

v. 6. November 1959 (RegABl. S. 466), zuletzt geändert durch Verordnung vom 1. Dezember 1978 (Reg. ABI. S. 421),

Detmold

v. 19. Oktober 1959 (Reg. ABI. S. 235), zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. November 1978 (Reg. ABI. S. 302),

Düsseldorf

v. 22. Oktober 1959 (Reg. ABI. S. 377), zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. Januar 1979 (Reg. ABI. S. 15),

Köln

v. 30. Oktober 1959 (Reg. Abi. S. 325), zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. Dezember 1978 (Reg. ABI. 1979 S. 40),

Münster

v. 24. November 1959 (Reg. ABI. S. 206), zuletzt geändert durch Verordnung vom 24. November 1978 (Reg. ABI. S. 313),

sind inzwischen für die meisten in Frage kommenden Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts unter Landesaufsicht die für den Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Schuldners innerhalb des Landes zuständigen Gemeindekassen zu Vollstrek-kungsbehörden bestimmt worden. Dagegen ist die kommunale Vollstreckungsbehörde am Sitz des Gläubigers zuständig, wenn gegen einen Schuldner außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen vollstreckt werden soll.

224 In den erwähnten Verordnungen haben die Regierungspräsidenten den vom Gläubiger an die Vollstreckungsbehörde abzuführenden Unkostenbeitrag auf 2 v. H. der beizutreibenden Geldbeträge, mindestens aber auf drei Deutsche Mark festgesetzt. Hierbei und bei etwaigen Festsetzungen eines Unkostenbeitrages in Einzelfällen ist zu berücksichtigen, daß der Vollstreckungsbehörde bereits auf Grund des § 20 in jedem Falle die Gebühren und Auslagen nach Maßgabe der Kostenordnung zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz (KostO. NW.) vom 30. November 1971 (GV. NW. S. 394), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Juli 1976 (GV. NW. S. 290)

- SGV. NW. 2010 - zustehen. Die in § 113 HwO und in § 3 IHKG vorgesehene „Vergütung" ist darüber hinaus ein Entgelt für den Verwaltungsaufwand, der den Gemeinden außerhalb der Zwängsbeitrei-bung schon durch die ihnen obliegende Einziehung der Beiträge entsteht

2.3 Unbeschadet der umfassenden Befugnisse der Vollstreckungsbehörde in der Anordnung, Leitung und Durchführung des Zwangsverfahrens weist das Gesetz bestimmte Rechte ausdrücklich dem Vollstreckungsgläubiger zu.

*

2.31 Auf sein Ersuchen wird das Amtsgericht im Verfahren zur Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung tätig (§§ 5 und 44 Abs. 3, vgl. jedoch Nr. 5.21). Er kann den Schuldner zu einer Auskunft und zur Herausgabe von Urkunden zwingen (§ 44 Abs. 2), den Herausgabeanspruch auch gegen Dritte geltend machen (§ 44 Abs. 5), vom Drittschuldner bestimmte Erklärungen verlangen (§ 45) und die Anordnung des Arrestes beantragen (§ 53 Abs. 1), der allerdings von der Vollstreckungsbehörde zu vollziehen- ist.

2.32 Nach § 2 Abs. 3 stehen alle diese verfahrensrechtlichen Befugnisse des Vollstreckungsgläubigers grundsätzlich auch der Vollstreckungsbehörde zu, die freilich ohnehin häufig (Gemeindekassen!) zugleich die zuständige Gläubige r d i e n s t s t e 11 e sein wird. Wann die Vollstreckungsbehörde von diesen Befugnissen selbst Gebrauch macht, wird im Innenverhältnis von dem Auftrag abhängen, den ihr der Vollstrek-kungsgläubiger erteilt hat, und sich auch nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten bestimmen. Regelmäßig wird die Vollstreckungsbehörde jedenfalls Maßnahmen, die von besonderer Tragweite für den Schuldner und auch für sein weiteres Verhältnis zum Gläubiger sind, nicht ohne Fühlungnahme mit diesem ergreifen. Dritten gegenüber handelt die Vollstreckungsbehörde gemäß ' § 2 Abs. 3 immer aus eigenem Recht; eine Vollmacht des Gläubigers kann ein Dritter — auch ein Gericht — nicht verlangen.

2.33 Die Befugnis der Vollstreckungsbehörde zur selbständigen Wahrnehmung der „nach den Vorschriften dieses Gesetzes" dem Gläubiger zustehenden verfahrensrechtlichen Befugnisse erstreckt sich nicht auf die Wahrnehmung materieller Gläubigerrechte, die wie das Recht zur Stundung oder Niederschlagung der Forderung sich nicht aus diesem' Gesetz ergeben, aber auch nicht auf das in § 40 geregelte Recht, gepfändete Forderungen einzuziehen.

3 Sonderbestimmungen für Finanz- und Justizverwaltung (zu § 3).

3.1 Das Gesetz ist dann nicht anzuwenden, wenn eine Geldforderung im Sinne des § l von Vollstrek-kungsbehörden der Finanzverwaltung oder der Justizverwaltung beizutreiben ist, stei es auf Grund eigenen Rechts oder sei es im Wege der Amtshilfe.

3.2 Die Finanzbehörden richten sich nur nach den, allerdings weitgehend mit den Vorschriften des Gesetzes übereinstimmenden, Vorschriften der Abgabenordnung 1977, und zwar auch dann, wenn sie als Vollstreckungsbehörde für andere Gläubiger tätig werden, (z. B. bei Einziehung der Kirchensteuer -vgl. Nr. 2222 - oder der Umlagen für die Landwirtschaftskammer - vgl. Nr. 4.331 a. E.).

3.3 Die Gerichts kassen als Vollstreckungsbehörden richten sich nach der Justizbeitreibungsordnung. Für di'e Vollstreckungsbeamten der Justizverwaltung (Gerichtsvollzieher und Vollziehungsbeamte der Justiz) sind, wer.n sie im Verwaltungszwangsverfahren für andere als Justizbehörden tätig werden, auch die Vorschriften der Zivilprozeßordnung maßgebend; j'edoch ersetzt der Auftrag der Vollstreckungsbehörde den sonst erforderlichen vollstreckbaren Titel.

11. 3. 63 (3)

140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

2010

4 Vollstreckungsschuldner (zu § 4) •

Jede Vollstreckungsmaßnahme richtet sich gegen einen oder mehrere jeweils genau zu bezeichnenden Vollstreckungsschuldner. Das Gesetz unterscheidet.

a) Selbstschuldner (4.1),

b) Haftungsschuldner (4.2),

c) Duldungsschuldner (4.3).

4.1 .Selbstschuldner (§ 4 Abs. l Buchst, a) haben

- eine Leistung kraft Gesetzes oder zum Beispiel in Fällen des § l Abs. l Nr. 3 und 4 ZulG., auf Grund eines Vertrages aus eigenen Mitteln an den Vollstreckungsgläubiger zu bewirken. Außer dem ur-, sprünglichen Schuldner ist auch der Gesamtrechtsnachfolger Selbstschuldner, z. B. bei Verschmelzung von Gesellschaften und bei Erbfolge (§45 ÄO 1977). Die Möglichkeit, die „Haftung" auf den Nachlaß zu beschränken (§§ 1975' ff BGB), macht den Erben nicht zum Haftungsschuldner. Denn Nachlaßverbindlichkeiten sind Verbindlichkeiten des Erben selbst geworden.

4.2 Haftungsschuldner {§ 4 Abs. l Buchst, b) haben für die Leistung, die ein anderer schuldet, an seiner Stelle oder neben ihm mit ihrem eigenen Vermögen, regelmäßig uneingeschränkt, kraft Gesetzes einzustehen. Ihre Haftung kann beruhen

4.21 auf Vorschriften des öffentlichen Rechts, insbesondere auf Steuergesetzen - z. B. §§ 69 ff AO 1977, § 4 VergnStG -, aber auch auf Sozialversicherungsgesetzen, Kostenordnungen und dergleichen. Beispiele: Haftung des Erwerbers eines Unternehmens nach § 75 AO 1977 für Steuerschulden, gesamtschuldnerische Steuerhaftung des Kommanditisten nach § 171 HGB

4.22 auf Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§ 10), wenn die Haftung kraft Gesetzes gegeben ist.

Beispiele: Haftung des Erbschaftskäufers (§ 2382 BGB) für die Nachlaßverbindlichkeiten, Haftung des Vermögenserwerbers (§ 419 BGB), Haftung desjenigen, der ein unter Lebenden erworbentes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt (§ 25 HGB), Haftung der Gesellschafter für Schulden einer offenen Handelsgesellschaft (§ 128 HGB) und des persönlich haftenden Gesellschafters in einer Kommanditgesellschaft (§ 161 HGB), Haftung des überlebenden Ehegatten für Gesamtgutsverbindlichkeiten (§ 1489 BGB). Die Bedeutung dieser Fälle ist aber gering, da meistens zugleich auch öffentlich-rechtliche Haftung auf Grund von Abgabengesetzen gegeben ist (vgl. § 10 Abs. 3). .

4.23 ''Die Einleitung der Zwangsvollstreckung gtegen Haftungsschuldner • kraft' Gesetzes nach bürgerlichem Recht setzt eine Entscheidung der Vollstrek-kungsbehörde nach § 10 voraus (vgl. Nr. 4.32 und Nr. 10.23).

Die Durchführung des Zwangsverfahrens ist unzulässig gegen einen Dritten, der sich durch V er.-' trag zur Begleichung der Verbindlichkeit eines Hauptschuldners verpflichtet hat, z.B. gegen den Bürgen (vgl. Nr. 10.4).

4.3 Duldungsschuldner sind verpflichtet, die dem Hauptschuldner obliegende Leistung regelmäßig aus fremden Mitteln zu bewirken, die ihrer Verwaltung unterliegen (vgl. jedoch Nr. 4.33), und notfalls die Vollstreckung in diese Vermögenswerte zu dulden. Ihre Verpflichtung kann beruhen

4.31 auf Vorschriften des öffentlichen Rechts (§ 4 Abs. 2 und 3). In diesen Fällen wird der Duldungsschuldner neben, dem Selbstschuldner durch entsprechend abgewandelten Leistungsbescheid (Nr. 6.21) ausdrücklich in Anspruch zu neh-

• men sein;

4.32 auf Vorschriften des -bürgerlichen Rechts (§ 10).

Beispiele: Eltern (§§ 1626 und 1629 Abs. 2 BGB), Vormund (§ 1793 BGB), Testamentsvollstrecker (§ 2213 BGB), Nachlaßverwalter (§ 1984, § 1985 BGB), Nießbraucher (§§ 1086, 1089 BGB) hinsichtlich der Abgabenschulden desjenigen, der den Nießbrauch bestellt hat.

Die Vollstreckungsbehörde muß in di'esen Fällen vor Anordnung des Zwangsverfahrens erst den Duldungsschuldner anhören und die in § 10 vorgesehene Entscheidung treffen (Nr. 10.23). Das gilt nicht, wenn zugleich die Voraussetzungen des' § 4 Abs. 2 vorliegen (§ 10 Abs. 3).

Keines »Duldungstitels" etwa, gegen die gesetzlichen Vertreter persönlich bedarf es bei der Vollstreckung gegen juristische Personen oder geschäftsunfähige und beschränkt geschäftsfähige Schuldner. Hier richtet sich. vielmehr der Leistungsbescheid unmittelbar gegen den Selbstschuldner, z. B. eine Aktiengesellschaft, .gesetzlich vertreten durch ...".

4.33 Besondere Fälle der öffentlich-rechtlichen Duldungspflicht bilden die öffentlichen Lasten als dingliche Verwertungsrechte, die auf öffentlichem Recht beruhen (§ 4 Abs. 3), und die Duldungspflicht des Eigentümers, -der ein Grundstück erworben hat, nachdem im Verwaltungszwangsyerfah-. ren eine Sicherungshypothek eingetragen worden war (§ 52). In diesen Fällen muß der Eigentümer auch wegen solcher rückständiger Leistungen, die er nicht persönlich zu bewirken, hatte, die Vollstreckung in das eigene belastete Grundvermögen dulden oder ggf. durch freiwillige Leistung aus eigenen Mitteln abwenden.

4.331 Als öffentliche Last werden in bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften nur solche Abgaben ausdrücklich bezeichnet, die in einem inneren Zusammenhang mit dem Grundstück stehen, insbesondere für Leistungen geschuldet werden, die seiner dauernden Werterhaltung oder Wertsteigerung dienen (vgl. die Aufzählung in Art. l und 2 des pr. AusfG zum ZVG v. 23. September 1899 - PrGS. NW. S. 94 / SVG. NW. 321). 'Dadurch unterscheidet sich z.B. die Kehrgebühr von der meistens öffentlichrechtlich ausgestalteten Benutzungsgebühr für die 1 Abfallbeseitigung als Entgelt für eine spezielle Leistung, die nicht dem Grundstück, sondern den Benutzern zugute kommt Beispiele für öffentliche Lasten: Die Grundsteuer (§ 12 GrStG), die Erschlie-ßungsbeiträge (§ 134 Abs. 2 BBauG), die Hypothe-kengewinnabgabe (§§ 91, lllff. LAG), die Kehr- und Überprüfungsgebühren (§ 24 Abs. l, § 25 Abs. 4 Schornsteinfegergesetz - SchfG - in Verbindung mit § l der Verordnung über Zuständigkeiten im Schornsteinfegerwesen vom 5. Mai 1970 (GV. NW. S. 339), zuletzt geändert durch Verordnung vom 13. Mai 1975 (GV. NW. S. 423) - SGV. NW. 7125 - und den darauf beruhenden Kehr- und Überprüfungsgebührenordnungen der Regierungspräsidenten), die Beiträge zu den öffentlichen Feuerversiche-- rungsanstalten für Gebäudeversicherungen - nicht jedoch für dort abgeschlossene Mobiliarversicherungen! - (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 G v. 25. Juli 1910 - PrGS. NW. S 200 / SGV. NW. 763), die Beiträge der Mitglieder und Nießbraucher der Wasser- und Bodenverbände (§§ 80, 95 der Ersten Wasserverbandverordnung), die Umlagen der Landwirtschaftkammern (§ 5 Abs. 3 UmlageG), die Beitrags- und Vorschußpflicht nach § 20 FlurbG, die Ausgleichsleistungen für Mehrwerte im Umlegungsverfahren nach § 64' Abs. 2 u. 3 BBauG, Kanalanschlußbeiträge und Beiträge für straßenbauliche Maßnahmen (§ 8 Abs. 7 KAG).

4.332Bestehen öffentliche Lasten in wiederkehrenden Leistungen (Hypothekengewinnabgabe, ver-rentete Anli'egerbeiträge), so erstrecken sie sich wegen des letzten fällig gewordenen Teilbetrages,

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bei monatlicher Fälligkeit wegen der letzten beiden Teilbeträge auch auf die Miet- und Pachtzinsforderungen (Gesetz über die Pfändung von Miet-und Pachtzinsforderungen wegen Ansprüchen aus öffentlichen Grundstückslasten v. 9. März 1934 — RGB1. I S. 181). Der Vollstreckungsgläubiger kann durch ihre Pfändung die Unwirksamkeit von Vor-ausverfügung'en, die sein Recht beeinträchtigen könnten, herbeiführen und mindestens eine Teilber friedigung auch erreichen, ohne in das Grundstück selbst vollstrecken zu müssen.

4.4 In allen Fällen hat die Vollstreckungsbehörde sorgfältig zu prüfen-, wer im Einzelfall als Vollstrek-kungsschuldner in Anspruch genommen werden kann und wer zur wirksamen Vollstreckung allein oder neben dem Selbstschuldner in Anspruch genommen werden muß.

4.41 Soweit es zur Vollstreckung in gewisse Vermögensmassen nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung (§§ 737—749) vollstreckbarer Titel gegen mehrere Beteiligte bedarf, müssen auch vor Einleitung des Verwaltungszwangsverfahrens gegen -jeden von ihnen Leistungsbescheide vorliegen und die übrigen Voraussetzungen für die Vollstrek-kung (§ 6) gegeben sein öder geschaffen werden, unbeschadet der gesetzlichen Bedingungen nach § 10. Dies gilt nicht in den durch § 9 geregelten Fällen.

4.42 Bei Erlaß des Leistungsbescheides gegen Haftungsund Duldungssdiuldner ist darauf zu achten, daß auch der oder die Selbstschuldner darin angegeben werden.

5 Eidesstattliche Versicherung (zu § 5)

Neben der Möglichkeit, die Wohnung und Behältnisse des Schuldners durch einen Vollziehungsbeamten durchsuchen zu lassen (§ 14), hat der Vollstreckungsgläubiger im Verwaltungszwangsverfahren nur ein Mittel in der Hand, um festzustellen, ob der Schuldner nocti pfändbare Vermögensgegenstände besitzt, in die sich eine Zwangsvollstreckung lohnt: Die Durchführung des Verfahrens zur Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung.

5.1 Verfahren vor dem Amtsgericht

5.11 § 5 in der aus dem Äriderungsgesetz v. 22. Mai 1962 (GV. NW. S. 263) sich ergebenden Fassung hat das Verfahren weitgehend dem zivilprozessualen Verfahren zur Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung angepaßt: Die Absätze l und 2 ent-spiechen — bis auf die eingeschobenen Worte „des Vollstreckungsgläubigers oder der Vollstreckungsbehörde" — wörtlich dem § 807 ZPO. Absatz 3 Satz l entspricht fast wörtlich dem § 899 ZPO. Die §§ 900—915 ZPO sind in vollem Umfange anzuwenden.

5.12 Die eidesstattliche Versicherung kann nur vom Amtsgericht abgenommen werden. Ist der Schuldner eine juristische Person oder ein nicht rechtsfähiger Verein oder ist er geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig, so bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts nach dem Wohnsitz oder Aufenthaltsort desjenigen, der als gesetzlicher Vertreter des Schuldners die eidesstattliche Versicherung abzugeben hat.

5.2 Antrag

5.21 Antragsberechtigt sind der Vollstreckungsgläubiger und die Vollstreckungsbehörde. Die Völlstreckungs-behörde, die nach außen keiner Vollmacht des Gläubigers bedarf, hat jedoch im Hinblick auf die schwerwiegenden Folgen, die die Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung für die wirtschaftliche Existenz und das allgemeine Ansehen des Schuldners haben kann, von ihrem Antragsrecht nur im Einvernehmen mit dem Gläubiger oder in seinem ausdrücklichen Auftrag Gebrauch zu machen. Es

muß stets der Gläubigerkörperschaft, beispiels-weise einer Innung oder einer Kammer, überlassen bleiben, ob sie ein Mitglied oder einen beitragspflichtigen Angehörigen des Berufsstandes etwa wegen rückständiger Beiträge zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zwingen lassen und damit das künftige Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner entsprechend belasten will.

5.22 In dem Antrag an das Amtsgericht ist die vollstreckbare Forderung genau zu bezeichnen. Der nach § 900 Abs. l ZPO dem Antrag beizufügende Vollstreckungstitel wird durch die schriftliche Erklärung des Antragstellers — Vollstreckungsgläubiger oder Vollstreckungsbehörde — über Höhe und Grund der Forderung ersetzt (§ 5 Abs. 3). Diese Erklärung sollte mit dem Dienststempel des Antragstellers versehen sein. „Sonstige Urkunden" (§ 900 Abs. l ZPO), z.B. Protokolle über fruchtlose Pfändung oder Versteigerungsprotokolle, Nachweise über späteren Vermögenserwerb (§ 903 ZPO), sind ebenfalls vorzulegen, um dem Gericht die Entscheidung über die Verpflichtung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zu ermöglichen.

5.23 Der Antrag soll nur dann gestellt werden, wenn ausreichende Gründe zu der Annahme berechtigen, daß der Schuldner pfändbare Vermögenswerte, insbesondere Forderungen, absichtlich verheimlicht oder daß er sich, obwohl er über laufende Einnahmen verfügt, böswillig seiner Zahlungspflicht entziehen will. Haben Vollstreckungsgläubiger oder Vollstreckungsbehörde die Überzeugung gewonnen, daß der Schuldner weder zahlen kann noch pfändbare Vermögenswerte besitzt, und ist auch nicht anzunehmen, daß das pfändbare Vermögen durch Veräußerungen oder Verfügungen i. S. des § 5 Abs. l Ziff. l—3 verringert worden ist, so soll von der Einleitung des Verfahrens zur Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung abgesehen und nicht noch unnötigerweise der Kredit des Schuldners geschädigt werden. Der Antrag kann jedoch gestellt werden, um einen wirksamen Druck auf einen zwar vermögenslosen, aber doch zahlungsfähigen Schuldner auszuüben.

Bei der Niederschlagung sind § 59 Abs. l Nr. 2 LHO und die dazu ergangenen W bzw. § 32 Abs. 2 GemHVO zu beachten.

5.24 Gläubiger und Vollstreckungsbehörde können im Falle des § 900 Abs. 2 ZPO — Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung innerhalb, der letzten drei Jahre — die Fortsetzung des Verfahrens nur beantragen, wenn sie das Vorliegen der Voraus-• Setzungen nach § 903 oder § 914 ZPO, die der vollen richterlichen Nachprüfung unterliegen, ausreichend glaubhaft machen können. Wegen der Glaubhaftmachung vgl. §. 294 ZPO!

5.25 Im Gegensatz zu früherem Recht wird auch die vom Finanzamt nach § 284 AO 1977 abgenommene eidesstattliche Versicherung in das Schuldnerverzeichnis beim Amtsgericht eingetragen.

5.3 Verpflichtung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung

5.31 Zur Vorlage des Vermögensverzeidinisses und zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung . ist jeder verpflichtet, der die geschuldete Leistung aus eigenen oder fremden Mitteln zu bewirken hat. Die Pflicht zur Offenlegung des Vermögens bezieht sich grundsätzlich auf das gesamte Schuldnervermögen, bei Inhabern oder Verwaltern einer bestimmten Vermögensmasse jedoch nur auf diese. Gesamtschuldner sind jeder für sich zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet.

Ein Schuldner soll nur zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung veranlaßt werden, wenn auch die Vollstreckung gegen sonst beteiligte Gesamtschuldner keinen Erfolg verspricht. Wegen der Ab-

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140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

Ort'1 rt gäbe einer eidesstattlichen Versicherung durch ge-£UIU setzliche Vertreter vgl. Nr. 5.12.

5.32 Der Schuldner kann der behaupteten Verpflichtung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung widersprechen, etwa unter Hinweis darauf, daß die Zwangsvollstreckung doch zu einer vollständigen Befriedigung führen werde (§ 807 ZPO) oder daß er innerhalb der letzten drei Jahre bereits • einmal die eidesstattliche Versicherung beim Gericht oder beim Finanzamt (vgl. Nr. 5.25) abgegeben habe (§ 903 ZPO) oder daß die Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung in ihrer Auswirkung eine unzumutbare Härte für ihn bedeute (.§ 765 a ZPO), die in keinem Verhältnis zu der Höhe der beizutreibenden Forderung stehe. Ober den Widerspruch entscheidet, wenn er den Antragsteller nicht zur Zurückziehung seines Antrags veranlaßt, das Amtsgericht (§ 900 Abs. 5 ZPO).

6 Voraussetzungen für die Vollstreckung (zu § 6)

6.1 Die Vollstreckungsbehörde ist gehalten, vor Anordnung von Vollstreckungsmaßnahmen — dazu gehört auch die Einleitung des Verfahrens zur Abgabe einer eidesstattlichen. Versicherung nach § 5 — erst festzustellen, ob die in § 6 genannten Voraussetzungen — Leistungsbescheid oder eine ihm nach Absatz 2 gleichstehende Erklärung und Fälligkeit, regelmäßig auch Schonfrist und Mahnung —- vorliegen. Das ist besonders wichtig in den Fällen, in denen die Vollstreckungsbehörde nur für" die Beitreibung, nicht auch für die Festsetzung und Einziehung der Forderung zuständig ist. den Lcistungsbescheid also nicht selbst erlassen hat.

6.2 Der Leistungsbescheid ist, wenn und soweit er eine öffentlich-rechtliche Geldforderung zum Gegenstand hat, Verwaltungsakt, wird ' mit seiner Bekanntgabe an den oder die Vollstrek-kungsschuldner wirksam und kann mit Widerspruch und anschließender Klage beim Verwaltungsgericht angefochten werden. Betrifft er dagegen einen .bürgerlich -rechtlichen Anspruch (vgl. Nr. 1.22), den der Schuldner bestreitet, dann steht diesem regelmäßig nur der ordentliche Rechtsweg offen. \

Die Einleitung des Zwangsverfahrens wird aber in beiden Fällen nicht gehindert, es sei denn, daß es sich um bestrittene Forderungen des Landes gemäß § l Abs. l Nr. 4a ZulG (Miete, Pacht, Nutzungsentgelte) handelt (Nr. 6.5). Werden andere privatrechtliche Forderungen, deren Beitreibung im Verwaltungsverfahren zugelassen ist, bestritten, empfiehlt es sich, die Beitreibung auszusetzen, bis die Rechtsbeständigkeit der Forderung notfalls gerichtlich geklärt ist.

C.21 Der Leistungsbescheid muß die ausdrückliche Aufforderung an den Schuldner enthalten, die geschuldete, der Höhe und dem Grunde nach genau zu bezeichnende Leistung bei einer ebenfalls genau zu bezeichnenden Zahlstelle zu bewirken. , Gegenüber einem Duldungsschuldner (§ 4 Abs. 2 und § 10) muß er die Aufforderung enthalten, zur Vermeidung der Zwangsvollstrek-kung in die näher bezeichnete Vermögensmasse die Begleichung der Schuld zu veranlassen (vgl. Nr. 4.42).

Der Leistungsbescheid muß auch erkennen lassen, ob di'e Leistung bereits fällig ist oder wann sie fällig wird. Die Nichtbeachtung eines dieser Erfordernisse macht den Leistungsbescheid unter Umständen unwirksam.

6.22 In folgenden drei Fällenbedarf es keines ausdrücklichen Leistungsbescheids des Gläubigers:

a) Selbstberechnungserklärung (Nr. 6.221),

b) Beitragsnachweisung (Nr. 6.222),

c) Beitreibung von Nebenforderungen (Nr. 6.223).

6221 Verschiedene Abgaben werden zwar nach deren Regelung in Gesetzen oder Ortssatzungen zu bestimmten Terminen fällig, sind aber ihrer Höhe nach vom Schuldner selbst einzuschätzen. In diesen Fällen steht die vom Schuldner an die Steuerbehörde abzugebende Selbstberechnungserklärung (jetzt: Steueranmeldung gem. § 150 Abs. l Satz 2 i. V. m. § 167 AO 1977 und § 12 Abs. l Nr. 4 a) und b) KAG), mit der der Schuldner auch die Höhe seiner Verpflichtung . anerkannt hat, dem Leistungsbescheid gleich (§ 6 Abs. 2 Buchst, a). Die Annahme der Selbstberechnungserklärung durch den Gläubiger wird also wie ein belastender Verwaltungsakt behandelt Da sie als Erklärung des Schuldners schlechterdings keine Rechtsbehelfsbelehrung des Gläubigers enthalten kann, ist sie, falls der Schuldner nachträglich einen Fehler feststellen sollte, noch innerhalb eines Jahres durch Widerspruch anfechtbar (§ 58 Abs. 2 i. Verb, mit § 70 Abs. 2 VwGO).

6.222 In gleicher Weise wird der Leistungsbescheid-ersetzt durch die Beitragsnachweisung, die der Arbeitgeber nach den Satzungen zahlreicher Krankenversicherungsträger gegenüber der Krankenkasse hinsichtlich der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitslosenversicherung abzugeben hat (§ 6 Abs. 2 Buchst, b). Eines Leistungsbescheides der Krankenkasse bedarf es nur noch in den Fällen, in denen der Grundlohn als Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge nach Lohnstufen festgesetzt wird,, und in den Fällen der Beitragsnachweisung, in denen sich bei einer späteren Überprüfung des Betriebes herausstellt, daß die Beitragsnachweisung unrichtig war und höhere Beiträge geschuldet werden. Hinsichtlich der Anfechtung der Nachweisung durch den Arbeitgeber gilt Nr. 6.221 entsprechend.

6.223 Nebenforderungen (Säumniszuschläge, Kosten, u. U. Zinsen — vgl. Nr. 6.23)' können ohne besonderen Leistungsbescheid beigetrieben werden, wenn im Leistungsbescheid über die Hauptforderung oder in der Mahnung wenigstens dem Grunde nach, bei Säumniszuschlägen und Zinsen üblicherweise unter Angabe eines Vomhundertsat-zes, auf sie hingewiesen worden ist. Der Schuldner muß jedenfalls über seine Verpflichtung zur Erfüllung von Nebenforderungen dem Grunde und dem Umfang nach vor Beginn der Vollstreckung unterrichtet werden. Das gilt sowohl, wenn sie zusammen mit der Hauptforderung, als auch dann, wenn sie selbständig beigetrieben werden sollen, etwa weil der Schuldner inzwischen die Hauptforderung unter Ablehnung aller Nebenforderungen beglichen hat. In diesem Fall wird ihre Beitreibung auch durch den Verzicht auf Schonfrist und Mahnung erleichtert (§ 6 Abs. 4). Bedarf es in besonderen Fällen, etwa wegen Unübersichtlichkeit der Verpflichtungen, doch eines L'eistungsbescheids über Nebenforderungen, so erläßt ihn regelmäßig die Vollstreckungsbehörde.

6.23
Zinsen, insbesondere Verzugszinsen und Stundungszinsen,

dürfen für öffentlich-rechtliche Forderungen jedenfalls dann berechnet werden, wenn eine Rechtsvorschrift das ausdrücklich vorschreibt oder zuläßt (z.B. §§ 233 bis 239 AO 1977 i.V.m. § 12 Abs. l Nr. 5b und Abs. 3 KAG, § 135 BBauG, § 59 LHO, § 32 Abs. l GemHVO). Zweifelhaft ist, ob freiwillig vereinbarte Stundungszinsen mit Verwaltungsverfahren beigetrieben werden können. Die Entscheidung wird davon abhängen, ob es sich um eine zulässige öffentlich-rechtliche Vereinbarung handelt.

6.3 Durch die in § 6 Abs. l Nr. 3 vorgeschriebene Einhaltung einer Schonfrist von einer Woche wird nicht etwa der - vielfach gesetzlich bestimmte -Fälligkeitstermin hinausgeschoben, sondern lediglich der Beginn der Vollstreckung im Interesse des • Schuldners verzögert. Der Schuldner, der diese Schonfrist und die nach § 19 einzuhaltende Mahnfrist ausnutzt, muß regelmäßig die üblichen Ver-

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11.3.63(5)

zugsfolgen tragen. Nach § 240 Abs. 3 AO 1977 i. V. m. § 12 Abs. l Nr. 5b KAG wird aber bei einer Säumnis bis zu fünf Tagen ein Säumniszuschlag nicht erhoben (vgl. jedoch § 18 Abs. l GebG NW).

6.31 Es ist in Literatur und Rechtsprechung sehr umstritten, ob eine vor Ablauf der Schonfrist getroffene Vollstreckungsmaßnahme unwirksam oder zwar formell wirksam (so daß die Beseitigung der Pfandsiegelmarke strafbar wäre), aber 'materiell schwebend unwirksam ist und erst mit Ablauf der l Worhenfrist rechtswirksam wird. Einigkeit besteht aber darüber, daß die Heilung von Mängeln der Zwangsvollstreckung jedenfalls für die Zukunft möglich ist, sofern das Fehlende vor verwaltungsgerichtlicher Aufhebung der Zwangsvollstreckungs-maßnahmen nachgeholt werden kann (so OVG Münster, Beschluß vom 15. Juli 1964, KKZ 1965 S. 96). Die Vollstreckungsbehörde sollte sich daher auf die Wirksamkeit einer versehentlich oder auch absichtlich vorzeitig veranlaßten Pfändung oder eini'S vorzeitigen Vollstreckungsantrags nach § 51 nitti! verlassen.

6.32 Die Schonfrist braucht nur eingehalten zu werden, ,soweit nichts anderes vorgeschrieben ist". Etwas anderes ist z. B. vorgeschrieben in § 6 Abs. 4 und § 5'3 des Gesetzes selbst.'Danach kann ohne Einhaltung der Schonfrist — und in diesen Fällen auch ohn? Mahnung —

a) rfip Vollstreckung von Zwangsgeldern und Kosten dei Ersatzvornahme betrieben werden. Das entspricht' dem Wesen der Zwangsmittel als Beugemittel zur fristgerechten Durchsetzung eines bestimmten Verhaltens des Pflichtigen;

b) selbständig die Vollstreckung wegen Nebenforderungen betrieben werden (vgl. Nr. 6.223);

c) im Sicherungsverfahren nach § 53 der Arrestantrag unter den dort genannten Voraussetzungen sofort, sogar schon ehe der Anspruch zahlenmäßig feststeht, gestellt werden. In Vollziehung des Arrestes kann euch vor Ablauf der Wochenfrist gepfändet werden (vgl Nr. 53.11).

6.4 Die Mahnung des Vollbtieckungsschüldners nach § 19 braucht sich nicht mehr an die Schön-trist anzuschließen, sie kann vielmehr nach der Neuiassung dos § 6 Aus. 3 durch da^ Änderungs-•ges'etz vom 22. Mai 1962 berc-ils am 1. Tage der Schonfrist ausgesprochen werden. Die Mahnfrist deckt sich dann weitgehend mit der Schonfrist. Im günstigster. Falle kann also bereits am 8. oder 9. Tage narh Fälligkeit der Leistung mit der Vollstreckung begonnen werden.

6.5 Mit ''.er. Zwangsvollstreckung kann unter Einhaltung der Schonfrist und ggf. der Mahnfrist bereits bpgo.inen werden, ehe ,der Leistungsbescheid unanfechtbar geworden ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten haben Wid'er-spruch und Klage keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Nr. l VwGO). Nur in anderen Fällen bedarf es u. U. der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO durch diejenige Stelle, die den Leistungsbeschcid erlassen hat, um im Falle des Widerspruchs die Vollstrek-küny fortsetzen zu können

t:. d Im Falle der n a c h t i ä <i l i c h e n Stundu n.g durch den Gläubiger bedarf es keines neuen Lei-stungsbescheides, um nach Ablauf drr Stundungsfrist ohne neue- Schonfrist mit der Vollstreckung beginnen oder fortfahren zu können.

•6.7 Auch wenn die formalen Voraussetzungen des § 6 gegeben sind, sollte die Vollstreckungsbohörde erst prüfen, ob ein Vollstreckungsverfahren geboten ist,'z. B. auch um die Verjährung zu unterbrechen, oder ob einer der nachstehend unter 6.71 a und b genannten Gründe es vertretbar er-• scheinen läßt, davon Abstand zu nehmen (vgl. jedoch Nr. 6.8). Diese Prüfung ist, soweit erforderlich.

im Benehmen mit dem Gläubiger im Verlaufe des OHIA Zwangsverfahrens zu wiederholen, sobald sich neue <tU l U Gesichtspunkte ergeben.

6.71 Von Vollstreckungsmaßnahmen ist im allgemeinen

— im Falle a) wenigstens kurzfristig — Abstand zu

nehmen, ,wenn

a) auf Grund vom Schuldner vorgelegter Unterlagen, z. B. über einen aussichtsreichen Schriftwechsel mit dem Gläubiger, mit Tilgung der Schuld durch Zählung, Aufrechnung oder Erlaß in nächster Zeit zu rechnen ist,

' b) die Beitreibung aussichtslos erscheint wegen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder wegen vorgehender Rechte änderer Gläubiger an den zu pfändenden Vermögenswerten.

6.72 Gegebenenfalls ist bei der zuständigen Stelle die Stundung , Niederschlagung oder der Erlaß herbeizuführen (vgl. § 16 Abs. 2 GemKVO). Die Bestimmungen des § 59 LHO und der dazu ergangenen W, der §§ 222 und 227 Abs. l AO 1977 i. V. m. § 12 Abs. l Nr. 5 a KAG sowie des § 32 GemHVO sind zu beach-• ten.

6.8 Sind di'e Voraussetzungen für eine erfolgverspre chende Beitreibung der Geldforderung jedoch gegeben, so ist die Vollstreckung^behörde auch verpflichtet, das Zwangsverfahren ohne Verzögerung einzuleiten und durchzuführen Sie haftet dem Gläubiger für etwaige Ausfälle, die durch ihr Zö-

•gern sich ergeben. Sie ist im allgemeinen ohne Genehmigung des Gläubigers oder der ?nr Bewilligung von Stundungen usw. zuständigen Ornsl-stelle der eigenen Verwaltung nicht eimäduigt, '. y-sachlich gebotene Vollstreckungsmaßnahinen Aufschub zu gewähren, sofern nicht die Voraussetzungen des § 26 gegeben sind (vgl. Nr. 26.4).

7 Einwendungen gegen den Anspruch; Eistattungs-anspruch (zu § 7)

7 ! Dir- Durchführung des Zwangsverfahrens wird durch materiellrechtliche Einwendungen des Vollstrcckungsschuldners gegen den zu vollstreckenden Anspruch nicht gehindert. Derartige Einwendungen kann der Schuldner nur außerhalb dps Zwangsverfahrens mit den jeweils ge-. botenen Rechtsbehelfen geyen den Leistungsbe-sctieid und, wenn er eine Abänderung oder Aufhebung dieses Bescheides erreicht hat, im Erstattungsverfahren gemäß 5 7 Abs. 2 und 3 geltend machen.

Das OVG Münster hdt im Urteil vom 30. 9. 1964 (OVGE 20, 229; NJW 1965 S. 1346. JZ 1965 S 366, DOV 1965 S. 425, DVBI. 1966 S. 60-1. MDR 1965 S. 941, KKZ 1965 S. 209) grundsätzlich entschieden, daß mit der VoUstreckungsaDwehrklage vor den Verwaltungsgerichten in entsprediendfr Anwendung des § 767 ZPO die Vollstreckung eines unanfechtbar gewordenen Verwaltungsaktes angegriffen werden kann. Das Verwaltungsgerirht kann vor Erlaß des Urteils die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 ZPO anordnen. . § 7 Abs. 2 VwVG NW. ist daher nicht so zu verstehen, daß eine Vollstreckungsabwehrklage ausgeschlossen sein soll.

Die Vollstreckung aus einem nicht mehr anfechtbaren Verwaltungsakt ist wegen Nichtigkeit der ihm zugrunde gelegten materiellen Norm nur unzulässig, wenn diese Norm von einem Verfassungsgericht für nichtig erklärt worden ist (OVG Münster v. 9. 12. 1964 - KKZ 1966 S. 188, NJW 1965 S. 2173 -).

Wird dagegen die Nichtigkeit einer Satzung durch ein Verwaltungsgericht festgestellt, nachdem der Heranziehungsbescheid unanfechtbar geworden'ist, so wird dadurch die Vollstreckung aus diesem Heranziehungsbescheid nictit unzulässig (OVG Münster vom 20. 1. 1965 — DVBI. 1965 S. 950. KKZ 1966 S. 126 —).

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2010

7.2 Auch mit der Behauptung, daß die geschuldete Leistung gestundet oder getilgt sei, kann .der Schuldner im Zwangsverfahren nur nach Maßgabe des § 23 Abs. l gehört werden (vgl. Nr. 23) In allen anderen Fällen, in denen die Unzulässig k e i t des Zwangsverfahrens eingewendet wird, kann von der Vollstreckungsbehörde vorläufige Leistung verlangt werden.

7.3 Über den Anspruch auf Erstattung eines nach Meinung des Pflichtigen zu Unrecht geleisteten Betrages 'entscheidet der Gläubiger, zu dessen Gunsten der Betrag vorläufig geleistet öder beigetrieben worden ist. Der Anspruch auf Erstattung ist rechtzeitig geltend gemacht, wenn der Antrag innerhalb der in Absatz 3 bestimmten Ausschlußfrist beim Gläubiger oder der Vollstreckungsbehörde gestellt wird. Etwas anderes war für bestimmte Abgaben im G über die Verjährungsfristen bei öffentlichen Abgaben vom 18. Juli 1840 (PrGS. S. 140) bestimmt Dieses Gesetz ist aber am 31. Dezember 1961 außer Kraft getreten. Der Bescheid des-Gläubigers, der den Erstattungsanspruch ganz oder teilweise ablehnt, kann mit dem Widerspruch angefochten werden- und unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung.. Er sollte deshalb nicht nur eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten, sondern auch ausreichend .begründet sein.

7.4 Mit den ihm nach §§ 2014 und 2015 BGB zustehenden Einreden (Dreimonats- und Aufgebotseinrede) kann der Erbe —• gegebenenfalls der Testamentsvollstrecker, Nachlaßverwalter oder Nachlaßpfleger — nur erreichen, daß die Vollstreckung in den Nachlaß für die Dauer der dort bestimmten Fristen auf solche Maßnahmen beschränkt wird, die zur Vollziehung eines Arrestes zulässig sind (vgl. §§ 782, 783 ZPO). Abgesehen davon, daß diese Einredemöglichkeiten schon nach den Vorschriften der §§ 2016 und 2017 i. Verb, mit § 1971 BGB erheblich eingeschränkt sind, berühren sie das Verwaltungszwangsverfahren in den Nachlaß auch insoweit nicht, als es sich um die Beitreibung von Forderungen handelt, die nach Beginn des der Voilstreckungsmaßnahme voraufgegangenen Kalenderjahres fällig geworden sind.

Als Vollstreckungsmaßnahme gilt schon der schriftliche Vollstreckungsauftrag an den Vollziehungsbeamten (§ 12), ferner die Pfändungsverfügung nach § 40, ein Vollstreckungsantrag an das Gericht oder Grundbuchamt nach § 51, der Arrestantrag (§ 53), die Vollstreckungsanmeldung im Konkursverfahren.

Beispiel: Schriftl. Völlstreckungsauftrag im Dezem-bt-r 1961, Pfändung daraufhin erst im März 1962, weil vorher unpfändbar. Gepfändet werden kann dann trotzi der Einreden wegen aller nach dem 1. Januar 'i960 fällig gewordenen Forderungen, die aus dem Nachlaß zu berichtigen sind.

8 Widerspruch gegen die Pfändung (zu § 8)

8.1 Auch der Widerspruch des Dritten und die Einwendungen einer durch gesetzliche oder behördliche Veräußerungsverbote geschützten Person (§ 772 ZPO), eines Nacherben (§ 773 ZPO) oder des Ehegatten eines Gewerbetreibenden im Falle der Vollstreckung in das Gesamtgut (§ 774 ZPO) können den Fortgang der Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres hindern. Zu den .die Veräußerung hindernden Rechten" gehören alle materiellen Rechte, die dem Dritten die Befugnis geben, die Verwendung des Gegenstandes zur Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers zu verhindern. Nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts kommen hier in Frage: Eigentum, Erbbaurecht und andere dingliche Rechte; schuldrechtliche Herausgabeansprüche auf Grund Vermietung, Leihe, Hinterlegung usw., dagegen nicht „Verschaffungsanspriiche" aus Kauf, Vermächtnis usw. auf Überlassung solcher Sachen, die nicht aus dem Vermögen des Dritten stammen.

8.2 Als Dritter ist jeder zu behandeln, der nicht als Gläubiger oder Schuldner am Zwangsverfahren unmittelbar beteiligt ist. Als Dritter gilt auch der als Duldungspflichtiger in Anspruch genommene Vollstreckungsschuldner insoweit, als ihm persönlich gehörige Gegenstände von der zulässigen Zwangsvollstreckung in das seiner Verwaltung unterliegende Vermögen betroffen worden sind.

8.3 Erhebt ein Dritter Widerspruch bei der Vollstrek-kungsbehörde, so kann diese den gepfändeten Gegenstand freigeben, wenn der Dritte sein Recht ausreichend nachweist oder wenn andere, von dritten Personen nicht in Anspruch genommene Gegenstände gepfändet werden können, die hinreichend Sicherheit gewähren. In nicht zweifelsfreien Fällen sollte die Vollstreckungsbehörde vorsorglich eine Entscheidung des Gläubigers herbeiführen, um einen offensichtlich für sie und den Gläubiger aussichtslosen Rechtsstreit zu vermeiden:

8.4 Lehnt der Vollstreckungsgläubiger die Freigabe ab, so kann der Dritte, abgesehen von der Möglichkeit einer Dienstaufsichtsbeschwerde, nur W i -derspruchsklage erheben.

8.41 Nach Erhebung der Klage hat die Vollstreckungs-b'ehörde sich nach den auf Grund der §§ 769 und 770 ZPO ergehenden Anordnungen des Prozeßgerichts und etwaigen Ersuchen des Vollstreckungsgläubigers zu richten, ' im übrigen aber das Zwangsverfahren fortzusetzen. Jedoch ist sie bei Meidung von Schadensersatzansprüchen dem Dritten gegenüber verpflichtet, alle seine Rechte endgültig beeinträchtigenden Maßnahmen, insbesondere die Verwertung der gepfändeten Gegenstände zu unterlassen oder hinauszuschieben.

8.42 Gegenstand der Klage ist nicht das sachliche Recht des Dritten, sondern nur der Ausspruch der Unzulässigkeit oder der Einstellung der Vollstreckung in den streitigen Gegenstand. Die Klage ist grundsätzlich gegen den Vollstreckungsgläubiger, der möglicherweise im Prozeß durch die Vollstreckungsbehörde vertreten wird, nicht gegen den Schuldner und erst recht nicht gegen die Vollstreckungsbehörde zu richten. Absatz 3 Satz 2 hat nur den Fall im Auge, daß der Schuldner vom Dritten gleichzeitig mit einer materiellrechtlichen Klage, z. B. aus § 985 BGB, auf Herausgabe in Anspruch genommen wird.

8.43 Die Widerspruchsklage ist nur zulässig, wenn die Pfändung schon begonnen hat, die Zwangsvollstreckung aber noch nicht beendet ist. Wird ihr stattgegeben, muß die unzulässige Vollstreckungsmaßnahme von der Vollstreckungsbehörde alsbald aufgehoben werden.

9 Zwangsverfahren gegen Personenvereinigungen

(zu § 9)

Das Zwangsverfahren gegen Personenvereinigungen ist in manchen Punkten abweichend von der zivilprozessualen Vollstreckung gegen derartige Gebilde geregelt.

9.1 In das Vermögen einer Personenvereinigung oder eines .ähnlichen Gebildes" kann — und muß! — selbständig vollstreckt werden, wenn

a) ein zweckgebundenes, aus dem übrigen Vermögen der Mitglieder (Gesellschafter) herausgelöstes Sondervermögen (Gesamthandvermögen) vorhanden ist,

b) die Personenvereinigung als solche leistungs-pflichtig ist.

9.2 ' Der Leistungsbescheid und die Vollstreckungsmaßnahme müssen unmittelbar gegen die Personenvereinigung als solche gerichtet werden. Ob und wieweit daneben auch Vertreter, Mitglieder, Gesellschafter usw. als unmittelbar haftende Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden können, bestimmt sich nach materiellem Recht.

140. Ergänzung - SMBL NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

11. 3. 63 (6)

9.3 .Als solche leistungspflichtig" sind zunächst alle juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts, also rechtsfähige Personenvereinigungen, insbesondere eingetragene Vereine und • Genossenschaften, Aktiengesellschaften, Gesellschaften m. b. H. usw., Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und rechtsfähige Zweckvermögen, vor allem Stiftungen und Anstalten in entsprechender Rechtsform.

9.4 -Auch gegen nicht rechtsfähige Vereine, Gesellschaften oder Gemeinschaften nach bürgerlichem Recht, offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, ferner gegen durch Sammlung entstandene Vermögen und ähnliche Gebilde kann unter den oben (9.1) angegebenen Voraussetzungen unmittelbar vollstreckt werden, wenn diese Vereinigungen und Gebilde nach materiellem öffentlichem Recht die beizutreibende Geldleistung selbständig, allein oder neben ihren Mitgliedern usw. schulden. Das ist für jeden Fall der Heranziehung besonders zu prüfen und unter Umständen z. B. nach den verschiedenen Steuergesetzen für dieselbe Per-sonenyereinigung von Fall zu Fall durchaus unterschiedlich zu beurteilen.

10 Vollstreckungsschuldner nach bürgerlichem Recht

(zu § 10)

10.1 B ü r g e r l i c h - re c h 11 i c h e Haftung kraft Gesetzes

in 11 Das Verwaltungszwangsverfahren ist auch zulässig gegen Personen, die kraft Gesetzes, jedoch ausschließlich nach Vorschriften des bürgerlichen Rechts (Nr. 4.22 und 4.32) für die Verbindlichkeit des Hauptschuldners haften oder .die Vollstreckung in eigenes oder ihrer Verwaltung unterliegendes fremdes Vermögen dulden müssen. Zwar ist die Zahlungspflicht, die hinsichtlich einer öffentlich-rechtlichen Schuld des Hauptschuldners unter gewissen Voraussetzungen z. B. den Erben, den Erbschaftskäufer, den Erwerber des Nießbrauchs oder die Eltern trifft, eine öffentlich-rechtliche, aber sie ist an das Bestehen eines bürgerlich-rechtlichen Haftungsverhältnisses als entscheidendes Tatbestandsmerkmal geknüpft.

In manchen Fällen ist die gleichzeitige Vollstrek-kung gegen solche Personen Voraussetzung für eine wirksame Vollstreckung gegen den Hauptschuldner, allgemein oder doch hinsichtlich bestimmter Vermögensmassen (vgl. Nr. 4.4).

10.12 Gelangt die Vollstreckungsbehörde zu der Überzeugung, daß die Vollstreckung gegen einen Dritten zulässig (Nr. 10.11) und im vorliegenden Fall auch geboten (Nr. 6.7) ist, so hat sie das Zwangsverfahren auf ihn auszudehnen, ggf. unter Beschränkung auf eine bestimmte Vermögensmasse.

10.2 Vorverfahren

Die Inanspruchnahme des Haftungs- oder Duldungs-schuldners kraft ausschließlich bürgerlichen Rechts setzt die Durchführung des in $ 10 geregelten besonderen Vorverfahrens vojaus. Darin hat der Betroffene Anspruch auf rechtliches Gehör.

10.21 Die Vollstreckungsbehörde hat dem Dritten die beabsichtigte Inanspruchnahme auf Haftung oder Duldung unter genauer Bezeichnung des Anspruchs gegen den Hauptschuldnei dem Grund und der Höhe nach in einer verschlossenen Mitteilung anzukündigen und ihn zur Stellungnahme aufzufordern. Dafür ist ihm eine angemessene Erklärungsfrist zu setzen. Sie soll mindestens eine Woche betragen, wenn nicht Gefahr im Verzüge ist. Der förmlichen Ankündigung bedarf es nicht, wenn der Betroffene bereits ohne eine solche seine Verpflichtung anerkannt hat.

10.22 Zwischen der .Entscheidung* nach $ 10 Abs. l (Nr. 10.221/222) und der .Entscheidung" nach § 10 Abs. 2 (Nr. 10.23) besteht ein grundlegender Unterschied.

10.221 Erkennt der Inanspruchzunehmende seine Verpflichtung an oder äußert er sich innerhalb der Erklärungsfrist nicht, dann trifft die Vollstreckungsbehörde die -in Absatz l vorgesehene Entscheidung, die .als vollstreckbarer Titel gilt". Aus dieser Formulierung des Gesetzes und dem folgenden Hinweis auf die Schonfrist nach § 6 Abs. l Ziff. 3 . ergibt sich, daß die Entscheidung in diesem Fall rechtlich ein Leistungsbescheid sein muß, den ausnahmsweise kraft Gesetzes die Vollstrek-kungsb'ehörde und nicht der Gläubiger erläßt. Der Bescheid muß hinsichtlich der Höhe und der Begründung des Anspruchs mit der Ankündigung übereinstimmen und im übrigen den Besonderheiten der Haftungs- oder Duldungspflicht angepaßt sein.

10.222 Dieser Leistungsbescheid hat einen doppelten Inhalt:

a) Ein öffentlich-rechtliches Leir.tungsgebot oder eine* verbindliche Feststellung hinsichtlich der zugrunde liegenden Forderung gegenüber dem Hauptschuldner, z. B. eines Steueranspruchs,

b) die Aufforderung an den Dritten zur Erfüllung seiner bürgerlich-rechtlichen Haftungs- oder Duldungspflichten.

Will der Inanspruchgenommene Entstehung oder Höhe des Anspruchs bestreiten, muß er den Bescheid wie jeden in der Form eines Verwaltungsaktes ergehenden Leistungsbescheid mit dem Widerspruch und anschließender Verwal-tungsklage nach Maßgabe des § 7 anfechten. Will er dagegen, nachdem er sich vorher nicht geäußert hat, jetzt seine bürgerlich-rechtliche Haftungs- oder Duldungspflicht bestreiten, so ist nach Nr. 10.23 zu verfahren.

10.23 B e s t r e i t e t der zur Erklärung aufgeforderte Dritte von vornherein seine Verpflichtung zur Haftung oder Duldung oder erhebt er andere, in Absatz 2 näher bezeichnete Einwendungen, so entscheidet über diese Vorfragen aus dem bürgerlichen Recht zunächst die Vollstreckungsbehörde. • Entweder erkennt sie die Einwendungen an und sieht insoweit von der Inanspruchnahme des Dritten ab oder sie weist die in Absatz 2 mißverständlich als .Widerspruch" bezeichneten Einwendungen in einer Entscheidung zurück, die unmittelbar der Nachprüfung durch die ordentlichen Gerichte unterliegt (vgl. Nr. 10.3). Da die Entscheidung eine Ausschlußfrist in Lauf setzt, soll sie zugestellt werden.

Ob die Vollstreckungsbehörde mit dieser abweisenden Entscheidung, in der es ausschließlich um die Feststellung der auf bürgerlichem Recht beruhenden Verpflichtungen des Inanspruchzunehmen-den geht, zugleich die förmliche Inanspruchnahme durch Leistungsbescheid (Nr. 10.22) verbindet, diesen getrennt erläßt oder erst die Reaktion des Betroffenen abwartet, bleibt ihrem Ermessen überlassen.

10.24 Die Vollstreckungsbehörde soll die Einwendungen des Widersprechenden erst nach Fühlungnahme mit dem Gläubiger — mit der zu seiner Vertretung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten berufenen Dienststelle — zurückweisen. Die Entscheidung des Gläubigers ist für sie maßgebend. Die Vollstrek-kungsbehörde sollte aber zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen des Gläubigers diesen in nicht ganz zweifelsfreien Fällen auch dann' verständigen, wenn sie die Einwendungen des Dritten anerkennen und von sich aus auf seine Inanspruchnahme als Haftungs- oder Duldungsschuldner verzichten will (vgl. Nr. 6.8).

10.3 Klage vor den ordentlichen Gerichten

10.31 Gegenstand des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht kann nur die Nachprüfung der vom Kläger bestrittenen bürgerlich-rechtlichen Haftungs- oder Duldungspflicht sein, nicht dagegen der meist öffentlich-rechtliche Hauptanspruch selbst.

2010

11. 3. 63 (6)

140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

2010 l0'32 Die für die Erhebun9 der Kla9e in Absatz 2 Satz 3 •"•" vorgesehene Ausschlußfrist von einem Monat beginnt mit der Zustellung der Entscheidung an den Betroffenen. Durch die Erhebung der Klage werden Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger, vorbehaltlich der in $ 6 genannten Voraussetzungen, nicht gehindert. Doch wird die Vollstreckungsbehörde im Hinblick auf die dem Prozeßgericht in Absatz 2 Satz 4 eingeräumten .Befugnisse zur Einstellung der Zwangsvollstreckung und zur Aufhebung einzelner Vollstreckungsmaßnahmen pflichtgemäß zu prüfen haben, ob solche Maßnahmen nach Klac/eerhebung sinnvoll sind.

10.33 Gibt das Gericht der Klage statt, müssen Leistungsbescheid und etwaige Vollstreckungsmaßnahmen aufgehoben werden. Beigetriebene Geldbeträge sind zu erstatten.

10.4 Haftung kra f t Vertrages

Ein Dritter, der sich durch Vertrag (Bürg-. schaff oder Schuldübemahme) zur Erfüllung der Verbindlichkeiten des Hauptschuldners verpflichtet hat, kann auch dann nur im ordentlichen Rechtswege und nicht im Verwaltungszwangsverfahren in Anspruch genommen werden, wenn es sich um eine Steuerschuld oder um eine andere öffentlichrechtliche Verbindlichkeit handelt.

11 Vollziehungsbeamte (zu § 11)

11.1 Aufgabenbereich und Rechtsstellung

Die Vollstreckungsbehörde ist auf die ihr durch das Gesetz ausdrücklich zugewiesenen Aufgaben in der Anordnung, Leitung und Überwachung des Verwal-

. . tungszwangsverfahrens beschränkt Die angeordneten Vollstreckungsmaßnahmen (z. B. Pfändung, Wegnahme von Urkunden, meist auch Versteigerung) muß sie nach § 11 Abs. l durch Vollziehungsbeamte ausführen lassen (vgl. Nr. 11.33). Bei Ausübung der Befugnisse nach § 14 ist der Vollziehungsbeamte Vollzugsdienstkraft im Sinne des § 68 Abs. l Nr. 19.

11.11 Grundsätzlich vollzieht jede Vollstreckungsbehörde ihre Maßnahmen auch durch eigene Vollziehungsbeamte. Soweit der Umfang der anfallenden Vollstreckungsaufgaben es rechtfertigt, sollen das in aller Regel hauptamtliche, ausschließlich mit Vollziehungsaufgaben betraute Dienstkräfte sein.

Bei geringeremArbeitsanfall soll in erster Linie der nicht voll ausgelastete Vollziehungsbeamte auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung zugleich unmittelbar - also nicht etwa im Rahmen der Amtshilfe - als Vollziehungsbeamter einer oder mehrerer anderer Vollstreckungsbehörden eingesetzt werden.

Beispiel: Der Vollziehungsbeamte der Gemeinde A wird zugleich auch als ständiger Vollziehungsbeamter des Kreises oder der Gemeinden B und C tätig und auf diese Aufgabe besonders vereidigt (Nr. 112). Er handelt jeweils nach den Weisungen der für den einzelnen Vollstreckungsfall zuständigen Vollstreckungsbehörde, aber die Gemeinde A bleibt seine Anstellungsbehörde und erhält von den beteiligten Behörden einen finanziellen Ausgleich der von ihr zu tragenden Personalkosten.

11.12 Kommt diese in jedem Falle vorzuziehende Lösung nicht in Frage, dann läßt sich auch der Einsatz hauptamtlicher Dienstkräfte vertreten, die neben ihrer Tätigkeit als Vollziehungsbeamte noch andere Aufgaben ihrer Behörde - aber nicht Aufgaben der Vollstreckungsbehörde als solcher! - zu erledigen haben. Auch auf Zeit, z. B. in Vertretung erkrankter oder beurlaubter Vollziehungsbeamter, können solche Dienstkräfte, wenn sie entsprechend vereidigt sind, als Vollziehungsbeamte eingesetzt werden.

11.13 Die Tätigkeit eines Vollziehungsbeamten erfordert nicht nur umfassende Kenntnis des Vollstrek-kungsrechts, sondern in besonderem Maße wirtschaftliches und menschliches Verständnis, Takt, Entschlußkraft, Umsicht und solche charakterlichen Eigenschaften, die "eine unparteiische Amtsführung gewährleisten. Dieses wird bei der Auswahl der Kräfte zu beachten sein.

11.14 Der Vollziehungsbeamte handelt in Ausübung öffentlicher Gewalt. Diese sollte grundsätzlich Berufsbeamten anvertraut werden. Jedoch ermöglichtes die Fassung des § 11, auch-Angestellte zu dieser Aufgabe heranzuziehen. Hiervon sollte aber, wenn die Personallage der Behörden eine andere Lösung gestattet, nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden (z. B. bei Bestellung von Angestellten der Krankenkassen zu Vollstrek-kungsbeamten und Vollziehungsbeamten gemäß § 404 RVO). Die Erfahrungen mit dem Einsatz von beamteten und nicht beamteten Vollziehungsbeamten zeigen deutlich, daß Beamte im allgemeinen unabhängiger von örtlichen Einflüssen sind und mit größerer Energie gegen säumige Schuldner durchzugreifen wagen. Die Vollstreckungsbehörden sollten deshalb möglichst auf die Anstellung beamteter, gut ausgebildeter Kräfte, evtl. gemeinsamer Dienstkräfte nach der in Nr. 11.11 behandelten Lösung, bedacht sein.

Angestellte werden durch Bestellung zu Vollzie-hungsbeamten zwar nicht Beamte in staatsrechtlichem Sinne, sie stehen aber unter dem gleichen strafrechtlichen Schutz wie diese (§ 113 StGB) und unterliegen auch im übrigen denselben Strafbestimmungen wie Beamte (insbesondere §§113 Abs. 3,203 Abs. 2,331 ff StGB).

11.15 Zu vermeiden ist im Hinblick auf die zu erwartenden Unzuträglichkeiten die Bestellung unbesol-deter Dienstkräfte bei kommunalen Vollstrek-kungsbehörden, die diese Funktionen im Ehrenamt (§ 20 GO, § 18 KrO) auszuüben hätten. Wenn hauptamtliche Kräfte nicht ausgelastet werden können, ist vielmehr nach Nr. 11.11 zu verfahren. •

112 Vereidigung

Die Vereidigung des Vollziehungsbeamten ist Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit der von ihm durchgeführten Maßnahmen. Sie ist durch seinen Dienstherrn nach den geltenden allgemeinen Vorschriften zu veranlassen. Haben Beamte bereits anläßlich ihrer Anstellung einen allgemeinen Diensteid geleistet, so bedarf es einer nochmaligen Vereidigung nicht. Angestellte sind jedoch stets besonders zu vereidigen, auch wenn sie nur vorübergehend (vgl. Nr. 11.12) zu Voll-ziehungsbeamten bestellt werden sollen. Als Eidesformel genügt, soweit vom Dienstherrn nichts anderes bestimmt wird:

„Ich schwöre, daß ich die Pflichten eines Vollziehungsbeamten der Gemeinde ... gewissenhelft erfüllen werde."

Wird ein Bediensteter für mehrere Vollstreckungsbehörden unmittelbar, nicht nur in Ausführung einzelner Amtshilfeersuchen, als Vollziehungsbeamter tätig (vgl. Nr. 11.11), so muß er von jeder Behörde vereidigt werden, sofern er.nicht bereits bei der erstmaligen Vereidigung durch seinen Dienstherrn unter entsprechender Ergänzung der Eidesformel zugleich auch auf seine Pflichten gegenüber den sonst beteiligten Gemeinden(GV) vereidigt werden kann. Über die Vereidigung ist eine durch den Voll-ziehungsbeamten zu unterzeichnende Niederschrift aufzunehmen und zu seinen Personalakten zu nehmen.

11.3 Verhältnis zur Vollstreckungsbehörde

11.31- Der Vollziehungsbeamte handelt niemals kraft eigenen Rechts. Er wird, nur im Namen der Vollstreckungsbehörde und nur im Rahmen der ihm ausdrücklich erteilten Aufträge tätig. Er ist nicht Organ, sondern Gehilfe der Vollstreckungsbehörde. Im Sinne der Rechtsmittelvorschriften sind

140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 - MBL NW. Nr. 107 einschl.)

11.3.63(7)

seine Amtshandlungen stets Maßnahmen seiner Vollstreckungsbehörde. Für etwaige Amtspflicht-Verletzungen haftet nach § 839 BGB i. Verb, mit Art. 34 GG seine Anstellungsbehörde.

11.32 Die Unterstellung des Vollziehungsbeamten unter die Vollstreckungsbehörde, d. h. seine Weisungsgebundenheit, ist eine rein sachliche. Persönlich und disziplinarisch untersteht er seiner Anstellungsbehörde, die mit der Vollstreckungsbehörde nicht identisch zu sein braucht Hat also diejenige Dienststelle, welche die Aufgaben der Vollstrek-kungsbehörde gemäß § 2 wahrnimmt, das Verhalten des Vollziehungsbeamten zu beanstanden, so muß sie sich an den Dienstvorgesetzten des Vollziehungsbeamten wenden, damit jener ihn zur besseren Erfüllung seiner Amtspflichten durch geeignete Maßnahmen anhält.

11.33 Handlungen, die das Gesetz ausdrücklich der Vollstreckungsbehörde als solcher zuweist, kann sie nicht durch Vollziehungsbeamte ausführen lassen. Das Gesetz grenzt die Eigenbefugnisse des Vollziehungsbeamten, insbesondere

die Durchsuchung der Wohnung des Schuldners

(§ 14),

die Sachpfändung (§ 28),

die Versteigerung (§ 30),

die Aberntung gepfändeter Früchte auf dem

Halm (§ 35),

die-Wegnahme des Hypothekenbriefes (§ 41)

und von Wertpapieren (§ 42),

klar ab gegenüber den entscheidenden und anordnenden Befugnissen der Vollstreckungsbehörde. Es fordert andererseits vielfach das Zusammenwirken • beider. Darin liegt eine weitgehende Gewähr für die Vermeidung rechtswidriger Akte. Es ist daher unzulässig, daß etwa bei kleinen Gemeinden (Einmannkassen!) Aufgaben der Vollstreckungsbehörde und Befugnisse des Vollziehungsbeamten von demselben Bediensteten wahrgenommen werden.

11.4 Vollstreckung durch Gerichtsvollzieher

Die Inanspruchnahme von Gerichtsvollzie^ he r n durch das Land und andere Gläubiger (§11 Abs. 3) ist in der Verwaltungs-VO des Justizministers über die Inanspruchnahme von Gerichtsvollziehern nach dem VwVG für das Land NW. v. 18. 1. 1960 (SMBl. NW. 2010) geregelt

Die Gerichtsvollzieher sind bei Durchführung von Vollstreckungsaufträgen im Verwaltungszwangsverfahren zwar an sachliche Weisungen der auftraggebenden Vollstreckungsbehörden gebunden, wenden aber ihre gewohnten zivilprozessualen Vollstreckungsvorschriften an. Der schriftliche, mit Dienstsiegel versehene Auftrag der Vollstreckungsbehörde tritt dabei an die Stelle des sonst erforderlichen „vollstreckbaren Titels" (§ 3 Abs. 2).

12 Auftrag und Ausweis des Vollziehungsbeamten

(zu §12)

12.1 Vollstreckungsauftrag

12.11 Der Schuldner braucht eine Vollstreckungshandlung nur zu dulden, wenn und soweit sich der Vollziehungsbeamte durch einen Vollstreckungsauftrag ausweist. Der Auftrag ist von der Vollstreckungsbehörde unbeschadet ergänzender mündlicher Weisungen stets schriftlich zu erteilen und handschriftlich (nicht durch Faksimile) zu unterschreiben.

Keines schriftlichen Auftrages bedarf es, wenn der Vollziehungsbeamte nur Zustellungen bewirken oder andere Handlungen vornehmen will, die sich nicht als Vollstreckungsmaßnahme darstellen.

12.12 Zur rechtmäßigen Ausübung seines Amtes (§ 113 StGB) wird der Vollziehungsbeamte nur ermächtigt durch einen Auftrag seiner Vollstrek-kungsbehörde. Bei Ausführung eines Vollstrek-kungsersuchens ist der Auftrag daher nicht von der

ersuchenden, sondern von der ersuchten Behörde zu erteilen.

12.13 Der Vollstreckungsauftrag soll enthalten:

1. die Bezeichnung des Vollstreckungsschuldners (Postanschrift), ggf. Angaben über Duldungsschuldner (keine Sammelaufträge gegen mehrere Schuldner),

2. die Angabe der beizutreibenden Nebenforderungen (§ 6 Abs. 4 Buchstabe b),

3. wenn nötig, die zu treffenden Vollstreckungsmaßnahmen (z. B. Wegnahme bestimmter Urkunden) und bei Zwangsvollstreckung gegen Duldungsschuldner auch die Bezeichnung der Vermögensmasse, in die vollstreckt werden soll,

4. die Ermächtigung des Vollziehungsbeamten, die geschuldeten Leistungen gegen Empfangsbescheinigung anzunehmen (§ 23 Abs. 2). Der Vollstreckungsauftrag muß die geschuldeten Leistungen der Höhe und dem Grunde nach unter Angabe des Gläubigers enthalten (vgl. § 13).

12.14 Der Vollstreckungsauftrag soll dem Vollstreckungsbeamten nicht vor Ablauf der in § 6 Abs. l Ziff. 3 vorgesehenen Wochenfrist ausgehändigt werden.

12.15 Der Vollstreckungsauftrag ist dem Schuldner oder der in seinem Haushalt angetroffenen Personen (§ 15) sowie auch dem nach § 14 Abs. 2 hinzugezogenen Polizeibeamten immer unaufgefordert vorzuzeigen. Das gilt auch dann, wenn der Vollziehungsbeamte weiß, daß der Vollstreckungsschuldner bereits Kenntnis vom Inhalt des Vollstreckungsauftrages hat

122 Dienstausweis

Der Vollziehungsbeamte muß bei Ausübung seiner Tätigkeit auf Verlangen-jederzeit einen mit Lichtbild und Dienstsiegel versehenen Ausweis seiner Vollstreckungsbehörde vorzeigen, der ihn zur Vornahme von Vollstreckungshandlungen allgemein ermächtigt (Dienstausweis für Vollziehungsbeamte). Ein anderer „behördlicher Ausweis", z. B. ein Personalausweis oder ein allgemeiner Dienstausweis für Behördenangehörige, genügt nicht

13 Angaben des Schuldgrundes (Zu § 13)

13.1 Diese Vorschrift ist durch § 24 des Kommunalabga-bengesetzes vom 21. Oktober 1969 (GV. NW. S. 712), das am 1. Januar 1970 in Kraft getreten ist eingefügt worden. Sie ist im Hinblick auf den Einsatz zentraler Datenverarbeitung notwendig geworden. Damit der Vollstreckungsschuldner erkennen kann, welche Ansprüche der Zwangsvollstreckung zu Grunde liegen, muß im Vollstreckungsauftrag und in der Pfändungsverfügung die zu vollstreckende Forderung (Schuldgrund) genannt werden (vgl. auch Nr. 12.13 letzter Satz und 4022 Nr. 1).

132 Die Angabe des Anspruchs ist entbehrlich, wenn der Vollstreckungsschuldner zuvor von der Vollstreckungsbehörde oder vom Vollstreckungsgläubiger (in den Fällen des § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes) durch Kontoauszüge fortlaufend über die Entwicklung des Rückstandes unterrichtet worden ist Satz 2 sieht deshalb vor, daß in diesen Fällen nur die Höhe des beizutreibenden Betrages sowie die Art der Forderung anzugeben, und im übrigen auf den Kontoauszug zu verweisen ist

14 Befugnis der Vollziehungsbeamten

(zu §§ 14 und 15)

Zur Durchsuchung der Wohnung des Schuldners bedarf es - außer bei Gefahr im Verzug - gemäß Artikel 13 Abs. 2 GG einer richterlichen Anordnung. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 3. April 1979 - l BvR 994/76 - (veröffentlicht in KKZ 1979 S. 129; NJW 1979 S. 1539) für § 758 ZPO ausdrücklich entschieden.

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140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1.11.1980 - MBL NW. Nr. 107 einschl.)

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§ 14 ist jedoch dieser zivilprozessualen Vollstrek-kungsvorschrift nachgebildet und stimmt fast wörtlich mit ihr überein. Es kann daher insoweit nichts anderes gelten.

Im einzelnen werden hierzu folgende Hinweise gegeben:

- Durchsuchungsanordnungen sollen nicht generell und im voraus beantragt werden, sondern grundsätzlich erst dann, wenn der Schuldner seine Einwilligung zur Durchsuchung verweigert hat, die Durchsuchung also gegen seinen Willen stattfinden muß (siehe unter Spiegelstrich 4). Ein v Antrag .auf Erlaß einer richterlichen Durchsuchungsanordnung soll demgemäß nicht schon vor Aufsuchen der Wohnung des Schuldners gestellt werden. Dies kann vielmehr nur in Betracht kommen, wenn nach den Umständen; etwa auf Grund von Erfahrungen aus früheren Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner,, mit einiger Sicherheit zu erwarten ist, daß er seine Einwilligung zur Durchsuchung verweigern wird oder wenn der Schuldner in seiner Wohnung wiederholt nicht angetroffen wurde. Eine vorsorgliche • Einholung einer richterlichen Durchsuchungsanordnuhg kann unter Umständen auch in Betracht kommen, wenn die zu durchsuchende Wohnung im Gewahrsam einer größeren Zahl von Personen sich befindet (z. B. Mitbenutzung durch erwachsene Verwandte, Gruppenunterkunft), zumal dann, wenn nicht zu erwarten ist, daß sämtliche Gewahrsamsinhaber bei der beabsichtigten Vollstreckungsmaßnahme angetroffen werden.

- Zuständig für die Anordnung der Durchsuchung ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Wohnung gelegen ist (§ 14 Abs. 4).

- Das Stellen der Anträge auf Erlaß einer richterlichen Durchsuchungsanordnung gehört zum Aufgabenbereich der Vollstreckungsbehörde. Der Antrag soll auf die Anordnung der Durchsuchung zum Zwecke der Pfändung und zum Zwek-ke der Abholung evtl. gepfändeter Sachen gerichtet sein. Dem Antrag soll eine Erklärung darüber beigefügt, werden, daß die beizutreibenden Forderungen vollstreckbar sind und daß die Durchsuchung geboten erscheint, z. B. weil die Möglichkeit besteht, daß sich in den zu durchsuchenden Räumen der Vollstreckung unterliegende Vermögensgegenstände befinden und die Durchsuchung zu einer Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers zumindest beiträgt.

- Eine Durchsuchung, die einer richterlichen Anordnung bedarf, schließt begrifflich das fehlende Einverständnis des Gewahrsamsinhabers der Wohnung ein. Ist dieser also mit dem Betreten der Wohnung und ihrer Begehung durch den Vollziehungsbeamten zum Zwecke der Vornahme von Vollstreckungsmaßnahmen einverstanden, liegt keine Durchsuchung in dem Sinne vor, daß eine richterliche Anordnung notwendig ist.

- Zur Durchsuchung der Wohnung gehört bereits deren Betreten. Gestattet der Schuldner dem Vollziehungsbeamten nicht das Betreten der Wohnung, so ist- soweit eine richterliche Durchsuchungsanordnung nicht oder noch nicht vorliegt - die Vollstreckungshandlung abzubrechen. Hat der Vollziehungsbeamte mit Einverständnis des Schuldners die Wohnung betreten, so hat der Vollziehungsbeamte zunächst durch Befragen festzustellen,, ob der Schuldner mit einer weiteren Durchsuchung der Wohnung zumZwecke der Vornahme von Vollstreckungsmaßnahmen • einverstanden ist.

- Erteilt der Schuldner bzw. der Gewahrsamsinhaber der Wohnung die Einwilligung zur Durchsuchung der Wohnung nicht oder widerruft er die erteilte Einwilligung, so ist die Vollstreckungshandlung abzubrechen. Auch dem Vollziehungsbeamten sichtbar gewordene, zur Pfändung geeignete Gegenstände dürfen in diesem Fall nicht

(mehr) gepfändet werden. Bei mehreren Wohnungsinhabern, insbesondere Eheleuten, bedarf es stets der Einwilligung aller Wohnungsinhaber. - Auf die Einwilligung kommt es nicht an bei Gefahr im Verzug. Diese ist insbesondere in aller Regel dann anzunehmen, wenn nach der Lebenserfahrung damit zu rechnen ist, daß zur 'Pfändung geeignete Gegenstände kurzfristig beiseitegeschafft werden. Ist diese Annahme gerechtfertigt, so ist die Vollstreckungsmaßnahme fortzusetzen. Einer richterlichen Durchsuchungsanordnung bedarf es dann nicht.

14.1 Umfang der Befugnis

§ 14 gibt auf Grund richterlicher Durchsuchungsanordnung - außer bei Gefahr im Verzüge - (vgl. oben Nr. 14 Spiegelstrich 7) das Recht, die Wohnung und Behältnisse des Schuldners zu durchsuchen und notfalls Türen und Behältnisse öffnen zu lassen (Nr. 142). Bestreitet ihm der Schuldner oder ein Familienangehöriger dieses Recht oder leistet ihm jemand darüber hinaus noch in anderer Weise Widerstand (Nr. 14.3), dann stellen sich die oben genannten Maßnahmen ebenso wie jede Gewaltanwendung zur Brechung des Widerstandes rechtlich als tatsächliche Ausübung unmittelbaren Zwanges dar. § 14 bildet in Verbindung mit § 66 Abs. l Nr. l, § 68 Abs. l Nr. 19 hierfür die notwendige und ausreichende Rechtsgrundlage. Hinzu kommt das in § 15 geregelte „weitere Erfordernis" der Zuziehung von Zeugen (vgl. Nr. 14.32 und Nr. 15.1). Der Vollziehungsbeamte darf von seinen Zwangsbefugnissen erst Gebrauch machen, wenn er diese Maßnahmen dem Schuldner oder einer sonst anwesenden „Ersatzperson" (Nr. 15.1) angedroht hat Das ergibt sich aus § 69.

Der Vollziehungsbeamte darf im übrigen nie weiter gehen,' als „dies der Zweck der Vollstreckung fordert". Er hat also nicht nur auf die Belange des Gläubigers, sondern auch auf diejenigen des Vollstreckungsschuldners angemessene Rücksicht zu nehmen und insbesondere § 58 Abs. 2 und 3 zu beachten.

Überschreitet er insoweit seine Befugnisse, so han-

• delt er nicht mehr „in rechtmäßiger Ausübung seines Amtes". Ein etwaiger Widerstand des Schuldners gegen sein unangemessenes Vorgehen wäre

- dann nicht nach § 113 StGB strafbar.

14.2 Wohnung und Behältnisse

14.21 Der Begriff der „Wohnung" in Artikel 13 GG ist weit auszulegen. Zur Wohnung gehören auch Ar-beits-, Betriebs- und Geschäftsräume, Werkstatt, Hof und Garten, auch vom Schuldner bewohnte Gastzimmer (BVerfG., Beschl. v. 13.10.1971 - l BvR 280/66 -, BVerfGE Bd. 32 S. 54).

Räume, die einem Untermieter überlassen sind, ge-. hören dagegen regelmäßig nicht zur Wohnung des Schuldners (vgl. § 28 Abs. 4).

14.22 Behältnisse sind alle fest eingebauten Gelasse oder losen Gegenstände, die der Aufbewahrung von Sachen dienen (Schränke, Truhen, Kisten, Kasten, Schubladen, Dosen, Fässer, Kannen usw.), aber auch Kleidungsstücke mit Taschen, die der Schuldner am Leibe trägt. Zur Durchsuchung der Kleidung weiblicher Personen soll eine weibliche Hilfsperson zugezogen werden.

14.23 Verschlossene Türen und feste Behältnisse darf der Vollziehungsbeamte nicht rücksichtslos aufbrechen. Er soll sie vielmehr ordnungsgemäß, etwa durch einen sachkundigen Handwerker, öffnen lassen, wenn er nicht Gefahr laufen will, eine Schadenshaftung seiner Behörde gegenüber dem Schuldner zu begründen.

14.3 Widerstand

14.31 Widerstand ist jedes Verhalten des Vollstreckungsschuldners oder eines anwesenden Dritten, durch das die Vollstreckungshandlung verhindert oder

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erschwert wird. Auch ernstzunehmende mündliche Bedrohung des Vollziehungsbeamten kann bereits . Widerstand sein. '

14.32 Die Befugnis, Widerstand mit allen geeigneten Mitteln, mit Ausnahme der Anwendung von Waffen, gewaltsam zu brechen, steht dem Voll-. Ziehungsbeamten nicht nur gegenüber dem Vollstreckungsschuldner, sondern gegenüber jedem Beteiligten oder Unbeteiligten zu, der seine rechtmäßigen Vollstreckungshandlungen zu hindern versucht. Er darf aber auch dann, wenn er mit dem Widerstand allein fertig' werden könnte, nur in Gegenwart der in § 15 ausdrücklich vorgesehenen Zeugen Gewalt anwenden. Er muß deshalb bei Widerstand seine Vollstreckungshandlung unterbrechen, bis die Zeugen anwesend sind. Ist etwa nach früheren Erfahrungen bei diesem Vollstreckungsschuldner schon mit Widerstand zu rechnen, so sollte 'der Vollziehungsbeamte geeignete Zeugen, am besten einen Polizeibeamten (Nr. 14.41), vorsorglich schon mitbringen. Zugezogene Zeugen machen sich auch bei Widerspruch des Wohnungsberechtigten keines Hausfriedensbruches schuldig.

Der Vollziehungsbeamte soll . in Gegenwart der Zeugen ausdrücklich auch auf die strafrechtlichen Folgen weiteren Widerstandes hinweisen, ehe er die angedrohte Gewalt anwendet.

14.4 Vollzugshilfe der Polizei

14.41 Der Vollziehungsbeamte kann auch zu seiner Unterstützung polizeiliche Hilfe erbitten. Ob er dies unmittelbar tun will oder erst seine auftraggebende Vollstreckungsbehörde einschaltet, wird von den Umständen des Einzelfalles abhängen. Im übrigen soll der Unterschied im Wortlaut zu §. 335 AO (Polizeibeamte) und zu § 758 ZPO (polizeiliche Vollzugsorgane) nicht besagen, daß sich der Vollziehungsbeamte im Verwaltungszwangsverfahren nur an die Polizeibehörde als solche und nicht auch an den nächsten erreichbaren Polizeibeamten wenden kann.

14.42 Weder die Polizeibehörde, noch der ersuchte Polizeibeamte haben die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung,' zu der die polizeiliche Hilfe erbeten wird, nachzuprüfen. Die Polizei hat jedoch die Vordringlichkeit der beantragten Hilfeleistung gegenüber anderen ihr obliegenden Dienstgeschäften in eigener Verantwortung zu beurteilen.

14.5 Vollstreckung gegen Soldaten

14.51 Grundsätzlich werden sowohl die zivilprozessuale Zwangsvollstreckung als auch das Verwaltungszwangsverfahren gegen Soldaten nach den allgemeinen Vorschriften durchgeführt. Das gilt uneingeschränkt für Vollstreckungsma3-nahmen gegen Soldaten, die sich nicht Im Dienst befinden, außerhalb militärischer Unterkünfte.

Soll jedoch gegen einen Soldaten im Dienst oder innerhalb einer Truppenunterkunft (Kaserne, Truppenübungsplatz, mil. Dienststelle, Schiff u. ä.) vollstreckt werden, muß der Vollziehungsbeamte in geeigneter Weise auf die dienstlichen Belange der Bundeswehr Rücksicht nehmen. Es sind daher die nachstehenden Grundsätze zu beachten, die sich mit den Weisungen decken, die der Bundesminister für Verteidigung in seinem

.Erlaßüber Zustellungen, Ladungen, Vorführungen und Zwangsvollstreckungen in der Bundeswehr v. 5. 8. 1965 (VMB1. S. 370, KKZ S. 218)" — Erl. —

getroffen hat, um von Seiten der Bundeswehr den Vollziehungsbeamten ihre Aufgaben zu erleichtern.

14.52 Der Vollziehungsbeamte soll sich bei Betreten einer Truppenunterkunft vor Beginn der Vollstrek-kungsmaßnahmen mit der Dienststelle des Schuldners (Geschäftszimmer der Einheit, Dienstvorgesetzter) in Verbindung setzen.

14.53 Bei jeder Vollstreckung in militärischen Räumen oder an Bord wird, ein Vorgesetzter des Schuldners anwesend sein und darauf hinwirken, daß durch die Zwangsvollstreckung kein besonderes Aufsehen erregt wird und daß dem Vollziehungsbeamten keine unnötigen Schwierigkeiten gemacht werden. Er wird den Vollziehungsbeamten, der etwa in Sachen vollstrecken will, die dem Bund oder anderen Soldaten gehören, auf die Eigentumsverhältnisse aufmerksam machen. Seine Erklärung ist in der Niederschrift aufzunehmen. Zu Anweisungen an den Vollziehungsbeamten ist er nicht-befugt.

14.54 Der VolJziehungsbeamte kann in alle Sachen vollstrecken, die sich im Alleingewahrsam des Soldaten befinden. Ein Soldat, der in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnt, hat Alleingewahrsam an ihm gehörenden Sachen, die sich in dem ihm zugewiesenen Wohnraum befinden, nicht dagegen an solchen Sachen, die sich in anderen militärischen Räumen befinden.

Der Vollziehungsbeamte kann daher verlangen, daß ihm Zutritt zu dem Wohnraum des Soldaten gewährt wird, gegen den vollstreckt wer-den soll. Zu anderen Räumen kann er Zutritt nur verlangen, wenn*der Soldat dort eigene Sachen so aufbewahrt, daß sie nur seinem Zugriff unterliegen (z. B. in einem nur von ihm zu öffnenden Spind).

14.55 Der Voll/iehungsbeamte muß damit rechnen, daß ihm aus Gründen der Geheimhaltung das Betreten von bestimmten Räumen, Anlagen und Fahrzeugen versagt wird. In diesem Falle hat jedoch der Disziplinarvorgesetzte des Schuldners dafür Sorge zu tragen, daß die Vollstreckung trotzdem durchgeführt werden kann. •

Insbesondere kann er veranlassen, daß dem Vollziehungsbeamten die gesamte Habe des Soldaten in einem anderen Raum zugänglich gemacht wird, der nicht unter Geheimschutz steht.

14.56 Stößt der Vollziehungsbeamte bei Vollstreckung

- gegen Soldaten auf Widerstand von Seiten des Schuldners oder seiner. Kameraden, wird zunächst der anwesende oder der nächsterreichbare Vorgesetzte unter Hinweis auf Nr. 35des genannten Erlasses um Abhilfe zu ersuchen sein. Erforderlichenfalls kann der Vollziehungsbeamte aber auch innerhalb des militärischen Bereichs die Hilfe der Polizei in Anspruch nehmen.

Entsprechendes gilt für den Fall, daß innerhalb der Truppenunterkunft gegen einen Nichtsoldaten (z. B. den Kantinenpächter oder einen zivilen Handwerker) vollstreckt werden soll. Doch-

- kommt die Einschaltung eines Vorgesetzten dann nur in Frage, wenn der Widerstand, etwa zur Unterstützung des Schuldners, von Soldaten ausgeht.

14.57 Zustellungen an Soldaten werden nach den Vorschriften in Abschnitt I des in Nr. 14.51 genannten Erlasses durch das Geschäftszimmer der Einheit vermittelt. Die Ersatzzustellung an den Kompaniefeldwebel nach § 181 Abs. 2 ZPO ist nur zulässig, wenn der Soldat in Gemeinschaftsunterkunft wohnt. Eine besondere Wohnung, die sich innerhalb des Kasernenbereichs befindet, ist keine Gemeinschaftsunterkunft.

15 Zuziehung von Zeugen (zu § 15)

15.1 Eine Vollstreckung in Abwesenheit des Schuldners soll möglichst vermieden werden. Zeugen sind daher außer im Falle des Widerstandes auch dann zuzuziehen, wenn eine Vollstreckungshandlung in Abwesenheit des Schuldners und der angegebenen .Ersatzperson" durchgeführt werden soll. Der Kreis dieser Personen ist möglichst weit zu fassen. Es gehören dazu alle mit dem Schuldner in wirtschaftlicher Lebensgemeinschaft stehenden Personen. Andererseits genügt nicht etwa schon die Anwesenheit eines Jugendlichen, der die Tragweite

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der beabsichtigten Vollstreckungshandlung noch nicht erfassen kann, um die gesetzlich vorgeschriebene Heranziehung von Zeugen entbehrlich zu machen.

15.2 Wegen einer etwaigen Entschädigung der Zeugen ist entsprechend Nr. 27.24 zu verfahren.

16 Vollstreckung zur Nachtzeit und an Feiertagen

(zu § 16)

16.1 Da bereits eine Zustellung zur Nachtzeit sowie an Sonn- und Feiertagen nach § 12 VwZG der schriftlichen Erlaubnis des Behörden v o r s t a n d e s bedarf, soll 'erst recht der Vollziehungsbeamte eine Vollstreckungshandlung in dieser Zeit nur mit Erlaubnis des Leiters der Vollstreckungsbehörde vornehmen.

Die Vollstreckung an Sonn- und Feiertagen .wird, abgesehen von Fällen drohender Vermögensverschiebung, wohl nur in Frage kommen bei solchen Schuldnern, die an diesen Tagen ihr Geschäft offen halten oder sonst ihrer Arbeit nachgehen und deshalb über Tageseinnahmen verfügen.

16.2 Feiertage sind nach ,§ 2 des Feiertagsgesetzes NW in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1977 (GV. NW. S. 98/SGV. NW. 113) außer Ostern, Pfingsten und Weihnachten der Neujahrstag, der Karfreitag, der 1. Mai, der Christi-Himmel-fahrtstag, der Fronleichnamstag, der 17. Juni als Tag der deutschen Einheit, der Allerheiligentag und der Büß- und Bettag.

16.3 Vollstreckungshandlungen sollen gegen Angehörige eines christlichen Glaubensbekenntnisses an den nicht als gesetzliche Feiertage anerkannten kirchlichen Feiertagen der betreffenden Kirche oder Religionsgemeinschaft (§ 8 des Feiertagsgesetzes) und gegen Juden am Sabbat und an den hohen jüdischen Feiertagen (§ 9 des Feiertagsgesetzes) nur vorgenommen werden bei Gefahr im Verzüge oder wenn der Schuldner an diesem Tage sein Geschäft oder seinen Betrieb geöffnet hält oder sonst'seiner Arbeit nachgeht.

17 Niederschrift (zu § 17)

17.1 Jede Niederschrift, die den Erfordernissen des § 17 entspricht, hat die Eigenschaft einer öffentlichen Urkunde im Sinne des § 348 StGB und des § 415 ZPO.

17.2 Mehrere inhaltlich gleichartige Vollstreckungsaufträge, die sich gegen denselben Vollstreckungs-schuldner richten, können bei gleichzeitiger Ausführung ebenso wie mehrere zusammenhängende Vollstreckungshandlungen in einer gemeinsamen Niederschrift erfaßt werden. Im übrigen ist über jede Vollstreckungshandlung eine besondere Niederschrift aufzunehmen.

17.21 Vollstreckungshandlungen sind insbesondere:

1. Die Annahme von Zahlungen und anderen Leistungen (jedoch keine Niederschrift im Falle der Nr. 17.22),

2. die Durchsuchung von Räumen und Behältnissen (§ 14),

3. die Pfändung (§§ 21,28 ff) und Anschlußpfändung (§ 38),

4. die - auch nachträgliche - Wegschaffung gepfändeter Sachen aus dem Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners, z. B. bei Gefahr der Pfandverschleppung,

5. die Wegnahme und die Entgegennahme herauszugebender Sachen, besonders Urkunden,

6. die Niederlegung einer Zahlungsaufforderung bei Abwesenheit des Schuldners, •

7. die Versteigerung und die freihändige Veräußerung von Pfandsachen

Die Aufhebung der Pfändung und die Rückgabe von Pfandstücken gegen Quittung kann auf dem Pfändungsprotokoll bescheinigt werden. Im Falle der Nr. 5 (oben) und bei Annahme von Teilzahlungen ohne gleichzeitige Pfändung genügt ein Vermerk auf dem Vollstreckungsauftrag.

17.22 Bewirkt der Schuldner auf bloße Aufforderung des Vollziehungsbeamten an diesen ohne Vorbehalt oder Bedingung die ganze Leistung, so genügt anstelle der Niederschrift eine für die Vollstrek-kungsbehörde bestimmte Ausfertigung der Quittung.

17.3 Die Niederschrift soll in unmittelbarem Anschluß an die Vollstreckungshandlung an Ort und Stelle aufgenommen werden. Ihr Inhalt richtet sich nach § 17 Abs. 2. Darüber hinaus sind ggf. Anhaltspunkte für das Vorliegen von Gefahr im Verzüge in der Niederschrift festzuhalten. Im übrigen bestimmt sich der Inhalt der Niederschrift im einzelnen, insbesondere zu § 17 Abs. 2 Nr. 2, nach den Besonderheiten des Anlasses. Sie muß jedenfalls so vollständig sein, daß die Vollstreckungsbehörde stets in der Lage ist, die ordnungsgemäße Durchführung des Vollstreckungsverfahrens zu beurteilen und notfalls gegen spätere Einwendungen zu beweisen. Die Benutzung einheitlicher Vordruk-ke für die verschiedenen Zwecke bleibt den Vollstreckungsbehörden überlassen; in diesem Falle ist aber sorgfältige und vollständige Ausfüllung aller Vordruckteile besonders wichtig.

18 Mitteilungen des Vollziehungsbeamten (zu § 18)

18.1 Zu den mündlich zu erlassenden Aufforderungen gehören u. a. die Aufforderungen zu freiwilliger Leistung und zur Öffnung der-Behältnisse (§ 14 Abs. 2) sowie die besondere Erklärung bei Pfändung von Kleinvieh (§ 27 VwVG NW i. Verb, mit § 811 Ziff. 3 ZPO).

,18.2 Können diese Aufforderungen und andere Mitteilungen nicht mündlich ergehen, so hat der Voll-ziehüngsb'eamte das in der Niederschrift zu vermerken und eine Abschrift formlos dem zu übersenden, dem die Mitteilung mündlich hätte gemacht werden müssen. Der Zustellung bedarf es nicht.

19 Mahnung (zu § 19)

19.1 Wesen und Inhalt der Mahnung

19.1.1 Die Mahnung besieht in der Aufforderung an den Vollstreckungsschuldner, einen bestimmten, durch Leistungsbescheid bereits angeforderten falligen Geldbetrag einschließlich der Kosten der Mahnung bis zum Ablauf der Mahnfrist (regelmäßig l Woche) bei Meidung des Ver-waltungszwangsverfahrehs an die angegebene Kasse zu zahlen.

Da durch die Neufassung des § 6 Abs. 3 das Erfordernis der „weiteren" Woche weggefallen ist, kann die Mahnung praktisch schon am ersten Tag der Schonfrist ausgesprochen werden (vgl. Nr. 6.4).

19.12 Die Mahnung ist nicht Vollstreckurigshandlung, auch nicht notwendige Voraussetzung der Vollstreckung im Sinne des § 6 Abs. 1. Sie soll jedoch gemäß § 6 Abs. 3 und § 19 der Vollstreckung regelmäßig vorausgehen, wenn keine Hinderungsgründe (Nr. 19.13) entgegenstehen. Zu mahnen ist stets derjenige, der als Vollstreckungsschuldner in Anspruch genommen werden soll und von dem ein Tätigwerden durch Leistung erwartet werden kann. Das kann außer dem Selbstschuldner ein Haftungsschuldner, der nach § 4 Abs. 2 die Pflichten eines Vollstreckungsschuldners hat, oder auch ein Duldungsschuldner sein, der die Leistung selbst aus fremdenMitteln zu bewirken hat.

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19.13 Die Mahnung darf über die in § 6 Abs. 4 vorgesehenen Fälle hinaus unterbleiben,

a) wenn zu befürchten ist, daß der Erfolg der Zwangsvollstreckung durch die mit der Mahnung verbundene Verzögerung oder durch die Warnung des Vollstreckungsschuldners in Frage gestellt wird,

b) wenn die Mahnung infolge eines in der Person des Vollstreckungsschuldners liegenden Hindernisses nicht ausgeführt'werden kann, z. B. weil der Schuldner verreist und seine derzeitige Anschrift nicht bekannt ist,

c) wenn die Mahnung infolge offenkundiger Mittellosigkeit des Vollstreckungsschuldners zwecklos erscheint,

d) wenn die Kosten der Mahnung außer Verhältnis zu dem geschuldeten Betrag stehen (nicht mahnen bei Beträgen unter l- Deutsche Mark, vgl. Nr. 6.71 Buchst, b),

e) wenn Geldbußen oder'Ordnungsstrafen beigetrieben werden sollen.

19.2 Zuständigkeit und Voraussetzungen für die Mahnung

19.21 Die Mahnung ist Sache derjenigen Stelle, die für die Einziehung des Betrages zuständig ist.

19.22 Die Vollstreckungs b e h ö r d e hat von sich aus zu mahnen, wenn sie vor Einleitung von Voll-streckungsmaßnahmen feststellt, daß der Schuldner bisher von der zuständigen Stelle noch nicht gemahnt worden ist.

19.3 Formen der Mahnung

Gemahnt werden kann entweder durch Mahn-zettel in verschlossenem Umschlag (Nr. 19.31 bis 19.33) oder durch Postjnachnahmeauf-trag (Nr. 19.34). Unter bestimmten Voraussetzungen kann die schriftliche Mahnung ersetzt werden durch die offentlitiie Erinnerung an fällige Zahlungen (Nr. 19.35).

19.31 Der M a h n z e 11 e l soll die zu bewirkenden Geldleistungen bezeichnen und dem Empfänger für den Fall der Nichtzahlung binnen einer Woche die Beitreibung im Zwangsverfahren durch die Vollstrek-kungsbehörde androhen. Eigenhändige Unterschrift ist nicht Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit der Mahnung gegenüber dem .Schuldner. Innerdienstliche Anweisungen wie z. B. Nr. 16.5 W zu § 79 LHO sind jedoch zu beachten.

19.32 Der Mahnzettel ist dem Schuldner (auch offen) oder einem erwachsenen Hausgenossen (diesem nur verschlossen mit genauer Anschrift) zu übergeben oder in der Wohnung des Schuldners zu hinterlassen. Zur Entgegennahme von Zahlungen ist def mit der Mahnung beauftragte Bedienstete nur berechtigt, wenn er hierzu durch eine ausdrückliche Erklärung im Mahnzettel ermächtigt wird.

19.33 Bei Aufgabe zur Post werden die Mahnzettel ohne förmliche Zustellung als einfache Briefe (stets verschlossen) unter der Anschrift des Schuldners verschickt. Der Zeitpunkt der Aufgabe zur Post (Tag der nächsten Leerung des Straßenbriefkastens) ist bei den Vorgängen der Vollstreckungsbehörde zu vermerken.

19.34 § 19 Abs. 2 läßt ausdrücklich auch die Mahnung durch Postnachnahmeauftrag zu, wenn sich aus dem verwendeten Formular die geschuldeten Beträge im einzelnen ergeben. Der ausdrückliche Hinweis auf die bei Nichteinlösung der Nachnahme zu erwartende Zwangsvollstreckung ergibt sich als weiteres Erfordernis aus dem Wesen der Mahnung

(Nr. 19.11). Von der Mahnung durch Postnachnah- 00,10 meauftrag ist jedoch abzusehen, wenn fcU l U

a) der geschuldete Betrag 300 Deutsche Mark im Einzelfall übersteigt,

b) es sich um eine Behörde oder um ei-nen im Ausland wohnenden Schuldner handelt oder

c) anzunehmen ist, daß die Nachnahme nicht eingelöst werden wird.

Eine Mahngebühr wird nur fällig, wenn die Nach-' nähme nicht eingelöst wird (§ 2 Abs. 3 Satz 2 KostO NW). In diesem Falle dürfen aber die erhöhten Nachnahmegebühren, die bei Einlösung der Nachnahme erhoben werden können (§ 10 Satz 2 KostO NW) nicht zusätzlich in Rechnung gestellt werden. Sie werden durch die Mahngebühr als üblicher Verwaltungsaufwand der Vollstreckungsbehörde abgegolten.

19.35 Die Mahnung durch öffentliche Erinnerung kann durch die fachlich zuständige oberste Landesbehörde - sie ist mit „oberste Aufsichtsbehörde" gemeint - für bestimmte Ansprüche zugelassen werden. Der Innenminister läßt die Mahnung durch öffentliche Erinnerung hiermit für alle von den Gemeinden einzuziehenden Abgaben (einschl. Nebenleistungen) zu, die periodisch zu bestimmten Zeitpunkten zu leisten sind, wenn und soweit die Pflichtigen rechtzeitig durch einen persönlichen Leistungsbescheid unter Hinweis auf die Fälligkeitstermine und die fälligen Beträge zur Zahlung aufgefordert worden sind.

Die öffentliche Erinnerung gilt nicht als Mahnung gegenüber

a) Schuldnern, die außerhalb des Bezirks der erinnernden Behörde wohnen,

b) Schuldnern, die vorher keinen persönlichen Leistungsbescheid (Steuerzettel, Zahlungsaufforderung) erhalten haben.

Das gilt sowohl füt Selbstschuldner wie Haftungsund Duldungsschuldner.

19.4 Die Mahnung gilt als bewirkt

a) im Falle der Nr. 19.32 mit der Übergabe oder Zurücklassung des Mahnzettels in der Won-nung des Vollstreckungsschuldners,

b) im Falle der Nr. 19.33 am dritten Tage nach dem Tag der Aufgabe zur Post Es gilt § 31 Abs. 3 VwVfG. NW., § 193 BGB kommt für diese Fristberechnung nicht in Betracht (vgl. § 4 VwZG, § 3 Abs. 2 LZG),

c) im Falle der Nr. 19.34 mit der Nichteinlösung (Zurückweisung) der Nachnahme,

d) im Falle der Nr. 19.35 mit Ablauf des Tages, an dem die Erinnerung in dem für amtliche Veröffentlichungen des Gläubigers (der Vollstreckungsbehörde) bestimmten Blatt oder in sonst ortsüblicher Weise bekanntgemacht worden ist.

Dies gilt auch dann, wenn der Empfänger im Falle zu a) die Annahme verweigert oder wenn im Falle zu b) der Mahnbrief als unbestellbar zurückkommt.

20

Kosten (zu § 20)

20.1 Die Kosten, die der Vollstreckungsbehörde zustehen und grundsätzlich vom Schuldner zu tragen sind, gliedern sich in Gebühren für die Mahnung und für einzelne Vollstreckungshandlungen sowie Schreibgebühren und in erstattungspflidi-tige Auslagen. Ihre Höhe und ihre Vpraus-

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140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1.11.1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

0010 • Setzungen ergeben sich aus der Kostenordnung zum

~"'" Verwaltungsvollstreckungsgesetz (KostO NW) vom

30. November 1971 (GV. NW. S. 394), zuletzt geändert

durch Verordnung vom 20. Juli 1976 (GV. NW. 290) -

SGV. NW. 2010 -.

202 Soweit nicht andere Bestimmungen maßgebend sind, werden nach § 13 Abs. 2 KostO NW aus den vom Schuldner beigetriebenen Beträgen vor dem Hauptanspruch zunächst etwaige Geldstrafen, Ordnungsstrafen, Geldbußen oder Zwangsgelder, sodann die Kosten (Gebühren und Auslagen) der Vollstreckungsbehörde, und Verspätungszuschläge, Zinsen oder Säumniszuschläge entnommen (vgl. § 367 BGB). Im Falle der Amtshilfe (§§ 4 bis 8 VwVfG. NW.) werden zunächst die Kosten der ersuchten Behörde gedeckt

Für die Reihenfolge der Tilgung bei Abgaben nach dem KAG und der in § 2 Abs. 3 KAG erwähnten Abgaben gilt § 225 AO 1977 i. V. m. § 12 Abs. l Nr. 5 a KAG.

Eine abweichende Anrechnung kann der Schuldner auch bei freiwilliger Teilzahlung nur mit Einwilligung der Vollstreckungsbehörde und des Gläubigers bestimmen (§ 225 AO 1977); vgl. Nr. 232.

20.3 § 20 Abs. 2 zieht die rechtlichen Folgerungen aus der bereits in Nr. 222 erörterten Tatsache, daß Vollstreckungsbehörden, die nicht auf Ersuchen einer anderen Vollstreckungsbehörde, sondern kraft Rechtsvorschrift in Erfüllung eigener Aufgaben für „ihren" Gläubiger tätig werden, regelmäßig keine Amtshilfe leisten. Kammern, Innungen, landwirtschaftliche Alterskassen, unter gewissen Voraussetzungen auch Sozialversicherungsträger usw. müssen im Falle der Uneinbringlichkeit der Kosten, unbeschadet des ohnehin nach näherer Bestimmung des Regierungspräsidenten zu zahlenden Unkostenbetrages (vgl. Nr. 224), an ihre Vollstreckungsbehörde nicht nur die baren Auslagen, sondern auch die fälligen Gebühren anstelle des Schuldners entrichten. Dies gilt auch" dann, wenn der Vollstreckungsbehörde nicht nur die Beitreibung, sondern auch die Einziehung der Forderungen des Gläubigers obliegt und ihr hierfür eine pauschale Vergütung zusteht (z. B. nach § 3 Abs. 2 IHKG).

20.4 Die Kostenregelung des § 20 Abs. 2 gilt nicht für das Verhältnis zwischen ersuchender und ersuchter Vollstreckungsbehörde im Falle der Amtshilfe. Sie gilt ferner nicht in den Fällen, in denen ausnahmsweise eine Vollstreckungsbehörde auch für einen Gläubiger ohne eigene Vollstreckungsstelle nicht in Erfüllung einer ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabe, sondern im Rahmen eines echten Amtshilfeersuchens tätig wird. Die Kostenregelung in Absatz 2 gilt, wie sich aus dem Sinnzusammenhang ergibt jedoch dann, wenn eine Vollstreckungsbehörde berechtigt wäre, einen Gerichtsvollzieher in Anspruch zu nehmen (Nr. 11.4), aus besonderen Gründen es aber vorzieht, sich der Amtshilfe einer anderen Vollstreckungsbehörde zu bedienen.

II. Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen 1. Allgemeine Vorschriften

21 Pfändung (zu § 21)

21.1 Die Vollstreckungsbehörde hat pflichtgemäß zu prüfen, ob und in welchem Umfange zur Befriedigung des Gläubigers die Beschlagnahme unbeweg-' .liehen Vermögens (§ 51) geboten oder die Zwangsvollstreckung in bewenliches Vermögen, also die Pfändung von Sachen" {§§ 27—39), Forderungen (§§ 40—49) und anderen Vermögensrechten (5 50) angemessen und erfolgversprechend ist. Zulässig ist es auch, wegen einer Forderung mehrere Pfändungsmaßnahmen zu ergreifen und daneben

noch die Zwangsvollstreckung in Liegenschaften zu betreiben, wenn die Höhe der beizutreibenden Forderung das fechtfertigt.

21.2 Wenn die Vollstreckungsbehörde oder der Vollziehungsbeamte die Wahl zwischen mehreren Möglichkeiten hat, ist regelmäßig diejenige Art der Pfändung zu wählen, welche voraussichtlich am sichersten .und leichtesten zur Dek-kung der beizutreibenden Summe führen wird. An zweiter Stelle ist der Umstand zu berücksichtigen, welche Art der Pfändung für den Schuldner am wenigsten nachteilig sein wird. Auf etwaige Wünsche des Schuldners ist dabei tunlichst Rücksicht zu nehmen. Daraus ergeben sich folgende Grundsätze:

21.21 In erster Linie sind bares Geld, Wertpapiere und

Kostbarkeiten zu pfänden. Dte Pfändung von Vieh

und von Früchtenauf dem Halm, kommt regel-

• mäßig erst an letzter Stelle in Frage. § 29 ist zu

beachten.

21.22 Solche Sachen.

a) deren Pfändbarkeit insbesondere auf Grund von Einwendungen des Schuldners zweifelhaft erscheint, oder

b) hinsichtlich deren ein Dritter persönlich oder nach Angabe des Schuldners irgendwelche Ansprüche erhebt, die im Falle ihrer Begründung der Verwendung • des Erlöses zugunsten des Gläubigers entgegenstehen würden, oder

c) die offensichtlich bereits von anderen Vollziehungsbeamten oder Gerichtsvollziehern gepfändet worden sind,

sind nicht zu pfänden, wenn die Pfändung anderer Sachen möglich ist und hinreichend Sicherung gewährt. Sind andere pfändbare Sachen oder Vermögensrechte jedoch nicht vorhanden, so kann der Vollziehungsbeamte nach pflichtmäßigem Ermessen die genannten Sachen dennoch pfänden, im Falle zu c) durch Anschlußpfändung (§§ 38, 39). Die Vollstreckungsbehörde hat dann jedoch auf Grund des über die näheren Umstände in das Pfändungsprotokoll aufzunehmenden Vermerks alsbald im Falle zu a) über die Pfändbarkeit der Sachen eine Entscheidung zu treffen und dem Vollstreckungsschuldner mitzuteilen, gegebenenfalls die unzulässigen Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben. Im Falle zu b) hat sie im Benehmen mit dem Vollstreckungsgläubiger zu prüfen, ob die gepfändeten Sachen freizugeben sind. Bis zu dieser Entscheidung ist. von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen hinsichtlich der gepfändeten Sachen abzusehen, sofern die angemeldeten Ansprüche irgendwie glaubhaft erscheinen (Nr. 8.3).

21.23 Unzulässig ist die Pfändung solcher Gegenstände, die Zubehör eines Grundstücks sind und dem Grundstückseigentümer gehören, da sie nach § 865 ZPO i. Verb, mit § 1120 BGB der Zwangsvollstrek-kung in das unbewegliche Vermögen unterliegen. Zum. .Zubehör gehören alle beweglichen Sachen, die, ohne Bestandteile des Grundstücks zu sein, seinem wirtschaftlichen Zweck zu dienen bestimmt, wenn auch nicht dafür notwendig sind und zu ihm noch in einem entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen (§§ 97, 98 BGB)f vgl. Nr. 27.121. Andere Gegenstände, auf die sich nach den §§ 1120—1122 BGB die auf dem Grundstück lastenden Hypotheken erstrecken, können nur gepfändet werden, solange sie nicht durch Zwangsvollstrek-kung in das Grundstück beschlagnahmt worden sind.

Schließlich sind die Pfändungsverbote der §§ 811 bis 813a ZPO zu beachten (vgl. J 27). .

21.3 § 21 enthält in Satz 2 das Verbot d e r. U b e r -Pfändung (Nr. 21.31) und in Satz 3 das Verbot der zwecklosen Pfändung (Nr. 21.32). Die Verletzung dieser Ordnungsvorschriften hat zwar nicht die Unwirksamkeit der Pfändung zur Folge, kann u. U. aber als Amtspflichtverlet-

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zung einen Schadensersatzanspruch gegen die. Vollstreckungsbehörde aus § 839 BGB begründen.

21.31 Zur Vermeidung der Uberpfändung hat der Vollziehungsbeamte den Betrag, der bei Versteigerung einer Sache voraussichtlich erzielt werden wird, zu schätzen (Schätzungswert). Wenn mehrere "Personen als Gesamtschuldner für den beizutreibenden Anspruch haften, darf bei jedem Schuldner für den ganzen Anspruch gepfändet werden, da jeder für die ganze Schuld haftet, soweit sie nicht von einem der Mithaftenden beglichen wird. Ist nur ein pfändbarer Gegenstand vorhanden, dessen Wert den zu vollstreckenden Anspruch erheblich übersteigt (z. B. ein Flügel, eine wertvolle Geige, ein Kunstgegenstand), so darf er dennoch gepfändet werden.

21.32 Das Verbot der zwecklosen Pfändung soll nicht nur den Schuldner vor Schaden, sondern auch den Vollstreckungsgläubiger vor unnötigen Kosten schützen (vgl. § 20 Abs. 2). Sachen, deren Pfändung an sich zulässig ist, sind dann nicht zu pfänden, wenn zu erwarten ist, daß ihre Versteigerung oder ihr freihändiger Verkauf einen Überschuß über die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht erbringen wird. Sachen, die' zum gewöhnlichen Hausrat gehören und im Haushalt des Vollstrek-kungsschuldners gebraucht werden, sollen, auch - wenn sie an sich der Pfändung unterliegen, dann nicht gepfändet werden, wenn ihre Verwertung sich praktisch als eine Verschleuderung darstellen würde (§ 27 VwVG NW i. Verb, mit § 812 ZPO - Nr. 27.11).

Ergibt sich erst nach der Pfändung, daß von der Verwertung der Pfandstücke ein Überschuß über die Kosten nicht zu erwarten ist, so soll die Verwertung unterbleiben.

22 Pfändungspfandrechl (zu § 22)

22.1 Das öffentlich-rechtliche Pfändungspfandrecht entsteht bei der Pfändung von Sachen mit der Inbesitznahme (§ 28), bei der Pfändung von Forderungen mit der Zustellung der 'Pfändungsverfügung an den Drittschuldner (§ 40 Satz 3), bei der Pfändung hypothekarisch gesicherter Forderungen mit ücr Wegnahme des Hypothekenbriefes bzw. mit der Eintragung der Pfändung im Grundbuch (§ 41 Abs. 1). Es gibt dem Gläubiger in gleicher Weise wie ein vertraglich bestelltes Pfandrecht (§§ 1204 ff. BGB) das Recht • auf Befriedigung seiner Ansprüche aus dorn Pfandgegenstand im Wege hoheitlicher Vollstreckung.

22.2 Vorschriften des bürgerlichen Rechts sind im allgemeinen auf das Pfändungspfandrecht nicht anzuwenden, weil und soweit sie die Entstehung des Pfandrechts durch Rechtsgeschäft voraussetzen (z. B. gutgläubiger Erwerb nach §§ 1207, 1208 BGB)

22.3 Der Rang des Pfändungspfandrechts gegenüber anderen Pfandrechten bestimmt sich nach dem Zeitpunkt seiner Entstehung. Wegen der Wirkung einer vor Ablauf der Schonfrist vorgenommenen Pfändung vgl. Nr. '6.31! Durch späteren Vertrag kann ein vorgehendes Pfandrecht begründet werden, wenn es in gutem Glauben an das Nichtbestehen des älteren Pfär.dungspfandrechts erworben wir,d (§ 1208 BGB, § 366 Abs. 2 HGB); der gute Glauben ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Pfändung erkennbar war.

22.4 Da der Pfändungsgläubiger dem Faustpfandgläubiger gleichgestellt wird, bestimmen sich seine Rechte im Konkurs des Vollstreckungsschuldners nach den §§ 48, 49 KO: Er hat ein gesetzliches Pfandrecht im Sinne des § 49 Abs. l Nr. 2 KO.

22.5 Das Pfändungsrecht erlischt

a) mit der Ablieferung der verwerteten Pfandsachen an den Erwerber gegen Bezahlung, (§ 32 VwVG NW i. Verb, mit § 817 ZPO),

b) bei Forderungen und anderen Vermögensrechten mit der Einziehung zugunsten des Pfän-dungsgläübigers,

c) mit der Aufhebung der Pfändung durch die Vollstreckungsbehörde (Entstrickung),

d) durch die Entfernung der Pfandzeichen mit Einwilligung des Gläubigers,

e) durch ausdrücklichen Verzicht des Gläubigers auf sein Pfandrecht, auch wenn die Aufhebung der Pfändung gemäß c) nicht verfügt wird,

f) durch Untergang der Pfandsache,

g) durch gutgläubigen Eigentumserwerb an der Pfandsache.

22.6 Das Pfändungspfandrecht erlischt nicht

a) durch unfreiwilligen Besitzverlust,

b) durch unberechtigtes Entfernen, durch Beschädigen oder durch Abfallen der Pfandzeichen.

22.7 Das Erlöschen des durch Pfändung gesicherten Anspruchs bewirkt im übrigen nicht selbsttätig die Entstrickung der Pfandsache. Dazu bedarf es vielmehr der ausdrücklichen Aufhebung der Pfändung (vgl. auch Nr. 22.5 c).

23 Abwendung der Pfändung (zu § 23)

§ 23 Abs. l trifft Bestimmung für den Fall, daß wesentliche Voraussetzungen für die . Vollstreckung — Bestehen und Fälligkeit der Forderung— bei Erteilung des Vollstreckungsauftrages nicht gegeben waren, ohne daß die Vollstrek-kungsbehörde dies gewußt oder gemerkt hätte, oder daß diese Voraussetzungen zwischen Erteilung des Pfändungsauftrages und seiner Ausführung durch den Vollziehungsbeamten weggefallen sind.

23.l Nachweis von Fristbewilligung und Zahlung

Abweichend von dem in § 7 Abs. 2 Satz l enthaltenen Grundsatz, daß unbeschadet aller Einwendungen gegen den Anspruch zunächst einmal .vorläufig geleistet" werden muß, darf der Vollzje-hungsbeamte mit einer Pfändung (und gemäß § 30 Satz l, 2. Halbsatz auch mit einer Versteigerung) nicht beginnen, begonnene Maßnahmen nicht fortsetzen, wenn der Schuldner ihm Fristbewilligung oder Tilgung der Schuld nachweist oder seine volle Schuld an den Vollziehungsbeamten bezahlt.

23.11 Eine nicht von seiner Vollstreckungsbehörde ausgestellte Fristbewilligung ist für den Vollziehungsbeamten nur maßgebend, wenn sie einwandfrei von der für die Einziehung zuständigen Dienststelle des Gläubigers schriftlich bestätigt ist. In Zweifelsfällen hat der Beamte bei seiner Vollstrek-kungsbehörde Rückfrage zu halten. Diese selbst ist zur Stundung regelmäßig nicht b e; fugt (Nr. 2.33 - vgl. auch § 16 Abs. l Satz 3 Gem. KVO). Sie kann jedoch in eigener Verantwortung die Vollstreckung kurzfristig aussetzen, wenn etwa der Schuldner ihr glaubhaft gemacht hat, daß die Voraussetzungen für Stundung, Niederschlagung oder Erlaß der Forderung vorliegen und eine entsprechende Entscheidung des Gläubigers in Kürze zu erwarten ist, oder wenn sie vor weiteren Maßnahmen sich zunächst mit dem Gläubiger in Verbindung setzen will (vgl. z. B. § 16 Abs. 2 GemKVO).

23.12 Daß die Vollstreckungsvoraussetzungen durch Erlöschen der Zahlungspflicht ganz oder teilweise weggefallen seien, kann der Schuldner nur durch Nachweis der Zahlung an die für die Einzie-

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hung zuständige Stelle oder durch den Nachweis, daß ihm die Schuld erlassen ist, geltend machen. Der Nachweis der Zahlung kann erbracht werden durch Quittung der für die Einziehung zuständigen Stelle, durch Quittungsabschnitt einer Postanweisung oder Zahlkarte, durch Quittung im Postein-lieferungsbuch oder durch Lastschriftzettel eines Kreditinstituts. Dagegen genügt ein Postschein über die angebliche Einlieferung eines Geldbriefes nicht. Wird die behauptete Zahlung in anderer Weise glaubhaft gemacht oder ist die Beweiskraft der ihm vorgelegten Urkunden dem Vollziehungsbeamten zweifelhaft, soll er sich zunächst unverzüglich (telefonisch) mit seiner Vollstreckungsbehörde in Verbindung setzen, ehe er von der Vollstreckung absieht.

23.13 Der Vollziehungsbeamte hat den Pfändungsauftrag mit einem entsprechenden Vermerk zu versehen und der Vollstreckungsbehörde zurückzugeben. Begonnene Pfändungen sind nicht fortzusetzen, bei nachgewiesener Teilzahlung jedoch nur entsprechend zu beschränken, obwohl der Pfändungsauftrag noch in voller Höhe besteht. Bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen darf der Vollziehungsbeamte nur rückgängig machen, wenn der Schuldner ihm eine entsprechende Verfügung der Vollstreckungsbehörde vorweist; anderenfalls hat'der Vollziehungsbeamte deren schriftliche Weisung auf Grund seines Vermerks (oben Satz 1) abzuwarten.

232 Zahlung an den Vollziehungsbeamten

2321 Der Schuldner kann jederzeit, nicht erst beim Pfändungsversuch an Ort und Stelle, den beizutreibenden Betrag an den Vollziehungsbeamten zahlen (Absatz 2). Dieser ist auch ohne besondere schriftliche Ermächtigung, die sich aber regelmäßig aus seinem Vollstreckungsauftrag ergeben wird (Nr. 12.13 Nr. 4), zur Annahme von Zahlungen des Schuldners bis zur Höhe des beizutreibenden Betrages - dazu gehören auch Säumniszuschlag, Zinsen und Kosten - verpflichtet. Diese Zahlung gilt ebenso, wie die Zahlung an den mahnenden Beamten mit Abholauftrag (Nr. 19.32) als freiwillige Leistung, und zwar auch dann, wenn sie bewirkt wird, nachdem sich der Vollziehungsbeamte in Ausführung des Pfändungsauftrages an Ort und Stelle begeben hat und die volle Pfändungsgebühr nach § 4 Abs. 2 KostO NW bereits fällig geworden ist Bei freiwilliger, nicht ausreichender Zahlung kann der Schuldner in sinngemäßer Anwendung des in § 366 BGB und § 225 AO 1977 enthaltenen Rechtsgedankens bestimmen, welche von mehreren Schulden durch seine Zahlung getilgt werden sollen. Das gleiche gilt bei Leistung an Vollstreckungsbehörde oder Gläubiger vor Pfändung einer Sache oder Forderung.

23.22 Eine zur Tilgung der ganzen Schuld (einschließlich Nebenleistungen) nicht ausreichende Zahlung nach Zustellung der Pfändungsverfügung (§ 40) ist wie jeder beigetriebene Betrag zunächst auf etwaige Geldstrafen, Ordnungsstrafen, Geldbußen oder Zwangsgelder, sodann auf die Kosten (Gebühren und Auslagen) und auf die Verspätungszuschläge, Zinsen und Säumniszuschläge und zuletzt auf die Hauptschulden zu verrechnen (§ 225 AO 1977 i. V. m. § 12 Abs. l Nr. 5 a KAG). Bestimmt der Schuldner bei freiwilliger Leistung (Nr. 2321) eine hiervon abweichende Reihenfolge der Anrechnung, kann der Vollziehungsbeamte die Annahme der Teilzahlung trotz § 23 Abs. 2 ablehnen (§ 367 Abs. 2 BGB) und das angebotene Geld pfänden.

23.23 Als Teilzahlung ist auch eine Zahlung zu behandeln, die die Kosten ungedeckt läßt. Es steht im Ermessen der Vollstreckungsbehörde, ob und wieweit in einem solchen Falle und auch sonst, wenn nur ein geringer Restbetrag offen bleibt, die Vollstreckung weitergeführt, beschränkt oder ausgesetzt werden soll (vgl. Nr. 6.71 — b).

24 Klage auf bevorzugte Befriedigung (zu § 24)

24.1 Verhältnis zwischen §24 und §8

§ 8 gibt dem Dritten — das kann auch der mittelbare oder unmittelbare Besitzer sein — das Recht, mit der Behauptung, der Gegenstand der Zwangsvollstreckung gehöre nicht zum Vermögen des Schuldners, im Wege der Widerspruchsklage die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung geltend zu machen. Dies gilt sowohl für die Mobiliarvollstreckung wie für die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen. Demgegenüber kann nach § 24 ein Dritter, der behauptet, an einer zu pfändenden oder gepfändeten beweglichen Sache, die er n i c h t besitzt, ein Pfand- oder Vorzugsrecht zu haben, zwar die Pfändung und Verwertung nicht verhindern, wohl aber nach Maßgabe seines vorgehenden Ranges bevorzugte Befriedigung aus dem Erlös verlangen. Dieses mindere Recht steht aber auch dem besitzenden Pfandberechtigten zu, der von seinem Recht nach § 8 keinen Gebrauch macht, und ist von der Vollstrek-kungsbehörde entsprechend zu berücksichtigen.

24.2 Pfand- und Vorzugsrechte

-Folgende Rechte kommen unter der Voraussetzung, daß sie dem Recht des Pfändungsgläubigers im Range vorgehen (vgl. Nr. 22.3), in Frage:

24.21 Gesetzliche Pfandrechte, z. B. das Pfandrecht des Vermieters, des Verpächters und Pächters, des Unternehmers beim Werkvertrag, des Gastwirtes (BGB §§ 559, 585, 590, 647, 704), femer das Pfandrecht des Kommissionärs, des Spediteurs, des Lagerhalters, des Frachtführers (HGB §§ 397, 410, 411, 421, 440) und das Früchtepfandrecht des Lieferers von Düngemitteln und Saatgut nach § 2 Abs. 4 des G. v. 19. Januar 1949 (WiGBl. S. 8) i. Verb, mit d. G. v. 30. Juli 195* (BGB1. I S. 478);

24.22 Vertragspfandrechte, also das Faustpfandrecht gemäß § 1205 BGB, jedoch nur für den Fall, - daß der Pfandgläubiger den unmittelbaren Besitz verloren oder aufgegeben hat, ohne daß zugleich das Pfandrecht erloschen ist (z. B. bei unfreiwilligem Verlust oder bei Ausleihung an einen Dritten oder wenn der Pfandgläubiger nur den mittelbaren Besitz hat und die Pfandsache beim unmittelbaren Besitzer gepfändet wird — §§ 1205 Abs. 2, 1206 BGB), ferner das besitzlose Pfandrecht am Inventar eines landwirtschaftlichen Pachtgrundstückes nach dem Pachtkreditgesetz v. 5. August 1951 (BGB1. I S. 494) und das Recht der Realgläubiger an den beweglichen Sachen, auf die sich die Hypothek erstreckt (§ 1120 BGB);

24.23 Pfändungspfandrechte, jedoch nur dann, wenn der Besitz an der Pfandsache gegen den Willen oder ohne Wissen des Gläubigers, also ohne Verlust des Pfandrechts verlorengegangen ist (vgl. Nr. 22:6). Hat der erste Pfändungsgläubiger aber noch Besitz an der Pfandsache, kommt nur Anschlußpfändung in Frage.

24.3 Geltendmachung des Anspruchs

24.31 Solange der pfandberecbtigte Dritte keine Einwendungen gegen die Pfändung erhebt, ist die Vollstreckung so durchzuführen, wie wenn das Recht nicht bestünde. Dies gilt auch dann, wenn die Vollstreckungsbehörde oder der Vollziehungsbeamte Kenntnis vom angeblichen Bestehen eines solchen Rechtes hat. Die Vollstreckungsbehörde hat jedoch pflichtgemäß darauf zu achten, daß die Beteiligten keinen ungerechtfertigten Schaden erleiden.

24.32 Macht der pfandberechtigte Dritte während der Zwangsvollstreckung seine Rechte nach § 24 Abs. l Satz 2 geltend, so verfährt die Vollstreckungsbehörde sinngemäß nach Nr. 8.3. Sie wird es im Interesse des Gläubigers auf eine Klage des Dritten nur ankommen lassen, wenn seine Einwendungen offensichtlich unberechtigt sind.

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24.33 Klagt der Dritte, ohne sich vorher mit der Vollstreckungsbehörde ins Benehmen gesetzt zu haben, muß er damit rechnen, zur Kostentragung verurteilt zu werden. Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung kann der Dritte mit seiner Klage nach § 24 nicht mehr durchdringen. Ihm bleibt allenfalls noch ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Gläubiger, an dender Erlös aus der Zwangsvollstreckung abgeführt worden ist.

24.34 Anders als bei der Widerspruchsklage nach § 8 sind in diesem Verfahren gerichtliche Anordnungen gemäß §§ 769 und 770 ZPO nicht vorgesehen. Auch auf Hinterlegung des Erlöses (§ 805 Abs. 4 ZPO) hat derKläger keinen Anspruch. Da es jedoch zu den Amtspflichten des Vollstreckungsgläubigers oder der ihn vertretenden Vollstreckungsbehörde gehört, dafür zu sorgen, daß keinem der Beteiligten ein unwiederbringlicher Schaden entsteht, soll, wenn die Verwertung der Pfandgegenstände nicht ausgesetzt ist, über den Erlös der streitigen Rechte nicht endgültig verfügt werden.

24.35 Ein Recht auf bevorzugte Befriedigung aus dem Erlös, d. h. aus dem nach Abzug der Vollstrek-kungskosten verbleibenden Reinerlös, hat der Dritte auch dann, wenn seine Forderung noch nicht fällig ist. In diesem Falle kann er Befriedigung jedoch nur in der Höhe verlangen, die sich in sinngemäßer Anwendung der §§ 1133, 1217 BGB nach Abzug eines Zwischenzinses ergibt.

25 Keine Gewahrleistung (zu § 25)

25.1 Erwerb .im Zwangsverfahren" ist sowohl der Erwerb in öffentlicher Versteigerung (§§ 30 ff.) als auch der Erwerb aus freihändigem Verkauf (§§ 33, 34, 37).' Der Ausschluß der Gewährleistungspflicht setzt aber voraus, daß dem Erwerber auch erkennbar war, daß er eine gepfändete Sache im Wege der Pfandverwertung erwirbt.

25.2 Weder der Gläubiger noch der Schuldner haften für Mängel im Recht (§ 434 BGB) oder für Mängel der Sache (§§ 459 ff. BGB), und zwar auch dann nicht, wenn dem Erwerber die Gewährleistung zugesichert worden sein sollte.

Der Vollziehungsbeamte bleibt aber verpflichtet, gepfändete Sachen vor der Veräußerung auf Vollständigkeit und einwandfreie Beschaffenheit zu prüfen (vgl. Nr. 31.24).

Unberührt bleiben Schadensersatzansprüche des Erwerbers gegen Gläubiger oder Schuldner wegen unerlaubter Handlung und gegen die Anstellungsbehörde wegen Amtspflichtverletzung des Vollziehungsbeamten (Nr. 11.31).

•26 Beschränkung der Zwangsvollstreckung (zu § 26)

26.1 Abweichung von der Zivilprozeßordnung

Das Gesetz übernimmt mit dieser Vorschrift nahezu wörtlich die Schutzvorschriften des § 765 a ZPO, jedoch mit der bezeichnenden Abweichung, daß es aus der Kannvorschrift eine Mußvorschrift macht: Aus der Ermächtigung für das Vollstrek-kungsgericht, seine Mitwirkung bei der mißbräuchlichen Ausnutzung gesetzlich zulässiger Vollstrek-kungsmöglichkeiten zu versagen, wird eine Verpflichtung der Vollstreckungsbehörde, auf Vollstreckungsmaßnahmen zu verzichten, die mit den guten Sitten nicht vereinbar sind.

26.2 Voraussetzungen für die Anwendung

26.21 Der Schuldner hat einen gesetzlichen Anspruch auf Vollstreckungsschutz im Rahmen des f 26 nur dann, wenn die Vollstreckungsmaßnahmen wegen ganz bes'onderer Umstände eine Härte

.bedeuten, die mit den guten Sitten unvereinbar 001H ist. Er muß sich in der Regel aber mit allen Här- ^»»' ** ten abfinden, die Vollstreckungen unvermeidbar • mit sich zu bringen pflegen.

Eine außergewöhnliche Härte kann sich ergeben

26211 aus der gewählten Art der Vollstreckung, z. B. aus der Betreibung des Verfahrens zur Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung gegen einen seit jeher vermögenslosen Schuldner wegen eines geringfügigen Anspruchs oder aus einer wirtschaftlich offensichtlich zwecklosen Pfändung, deren geringer Nutzen für den Gläubiger in keinem Verhältnis zu dem Schaden für den Schuldner steht;

26.212 aus der Zeit der Vollstreckungshandlung, z. B. aus der sofortigen, einer Verschleuderung gleichkommenden Verwertung an sich guter Aktien während eines offensichtlich nur vorübergehenden Tiefstandes der Börsenkurse oder aus der Pfändung in einem Trauerhause oder aus rücksichtsloser Inanspruchnahme aller an sich pfändbaren Einkommensteile eines schwer erkrankten Schuldners, der gerade jetzt zu erhöhten Aufwendungen gezwungen ist.

26.22 Die Härte muß derart sein, daß sie mit den guten Sitten unvereinbar ist, d. h. daß sie .dem Anstandsgefühl aller billig' und gerecht Denkenden" widerspricht. Das trifft zu bei allen Vollstreckungen, die den Schuldner schädigen, ohne dem Gläubiger über die Deckung der Kosten hinaus einen nennenswerten Nutzen zu bringen, und insbesondere bei allen Maßnahmen, die das Leben oder die Gesundheit des Schuldners oder seiner Angehörigen unmittelbar gefährden können.

26.23 Neben den Interessen des Schuldners muß auch das Schutzbedürfnis des Gläubigers voll gewürdigt werden. Für die daraus sich ergebende Interessenabwägung müssen aber im Verwaltungszwangsverfahren andere Maßstäbe gelten als' im zivilgerichtlichen Vollstreckungsverfahren. Dort ist häufig der Gläubiger nicht weniger notleidend als der Schuldner, und mit der Nichtbeitreibung seiner Außenstände können seine wirtschaftlichen Existenzvoraussetzungen ernstlich gefährdet sein (vgl. auch Nr. 26.4).

26.3 Verfahren

26.31 Im allgemeinen • kann die Vollstreckungsbehörde bei Anordnung einer Vollstreckungsmaßnahme noch nicht übersehen, ob und warum diese sich als unzumutbare Härte für den Schuldner oder seine Familie auswirken könnte. Deshalb soll jeder begründete Hinweis des betroffenen Schuldners und jede entsprechende Feststellung des Vollziehungsbeamten ihr Gelegenheit zur Überprüfung ihrer Maßnahmen unter diesen Gesichtspunkten geben.

26.32 Zum selbständigen Aufschub einer Vollstrek-kungsrnaßnahme ist der Vollziehungsbeamte nach Absatz 2 nur befugt, soweit er Auftrag hat, die Herausgabe von Sachen zu erwirken. Dabei kann es sich um die Herausgabe eines Hypothekenbriefes, Sparkassenbuches, Pfandscheines und anderer Urkunden, die über eine Geldforderung des Gläubigers ausgestellt oder für ihren Nachweis wichtig sind (§§ 41 Abs. l, 42, 44 Abs. 2), oder um die Verwirklichung gepfändeter Herausgabeansprüche (§ 47) oder um die Herausgabe einer Sache bei Pfändung eines Nutzungsrechts (§ 50 Abs. 4) handeln. Der Vollziehungsbeamte muß jedoch eine endgültige Entscheidung der Vollstreckungsbehörde alsbald herbeiführen.

26.33 Die Vollstreckungsbehörde kann ihre Entscheidung jederzeit abändern, wenn die veränderten Verhältnisse, z. B. die Genesung des zunächst schwer kranken Schuldners, die Verbesserung oder Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse, eine andere Beurteilung geboten erscheinen lassen.

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26.4 Allgemeiner Grundsatz des Vollstreckungsschutzes

Die Möglichkeiten der Vollstreckungsbehörde, den besonderen Interessen des Schuldners und des Gläubigers je nach den Umständen des Einzelfalles nach pflichtmäßigem Ermessen ' Rechnung zu tragen, erschöpfen sich nicht in der Mußvorschrift des § 26. Aus Gründen der Billigkeit und der Zweckmäßigkeit (vgl. Nr. 21.31 und 21.32) kann die Vollstreckungsbehörde auch in anderen Fällen durch Anweisung an den Vollziehungsbeamten, durch Antrag an das Gericht oder durch Ersuchen an die um Amtshilfe ersuchte Behörde die Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung oder die Aufhebung einzelner Vollstreckungsmaßnahmen veranlassen. Die im Vergleich zum Zivilprozeß ganz andere Stellung ' des — jedenfalls nicht .notleidenden" — Gläubigers im Verwaltungszwangsverfahren rechtfertigt durchaus die Beachtung des allgemeinen Grundsatzes, daß Vollstreckungsmaßnahmen unterbleiben sollen, wenn dies im Interesse des nicht böswilligen Schuldners dringend geboten ist und dem Gläubiger nach Lage der Verhältnisse zugemutet werden kann.

2. Zwangsvollstreckung in Sachen 27 Pfändungs- und Vollstreckungsschutz (zu § 27) 27.1 Pfändungsverbote

27.11 § 811 ZPO enthält den Katalog der schlechthin unpfändbaren Sachen, die dem Schuldner zur Bestreitung des notdürftigen Lebensunterhalts für sich und seine Familie oder zur Fortsetzung seiner beruflichen Tätigkeit oder aus Gründen der Pietät (§811 Nr. 10, 11, 13, 14) unbedingt belassen werden müssen.

Darüber hinaus soll der Vollziehungsbeamte auch Gegenstände, die zum gewöhnlichen, wenn auch nicht gemäß § 811 Nr. l unentbehrlichen, Hausrat gehören, dann nicht pfänden, wenn der zu erwartende Erlös, z. B. bei alten und abgenutzten Möbeln, in keinem Verhältnis zu dem tatsächlichen Wert steht, den diese Gegenstände im Haushalt des Schuldners noch haben (§812 ZPO); vgl. auch Nr. 21.32.

27.12 Unzulässig ist auch die Pfändung von Zubehörstücken eines Grundstücks, solange sie im Eigentum des Grundstückseigentümers stehen, also gemäß §§ 1120-1122 BGB für eine Hypothek haften (§ 865 Abs. l und 2 Satz l ZPO i. Verb, mit § 51 Abs. l Satz 1).

27.121 Was Zubehör ist, bestimmt sich nach .den §§ 97 und 98 BGB (vgl. Nr. 21.23). Bei einem gewerblich ' genutzten Gebäude sind es insbesondere' die zu dem Betrieb bestimmten Maschinen und Geräte, bei einem landwirtschaftlichen Betrieb das für den wirtschaftlichen Zweck des Betriebes b e -stimmte Vieh und Gerät und der vorhandene im Betrieb gewonnene Dünger. Vom Grundstück getrennte landwirtschaftliche Erzeugnisse sind nur insoweit Zubehör, als sie zur Fortführung der Wirtschaft nicht nur bestimmt, sondern bis zur nächsten Ernte gleicher oder ähnlicher Erzeugnisse auch notwendig sind.

27.122 Zubehörstücke sind zunächst nur unpfändbar, wenn sie dem Eigentümer des Grundstücks gehören, weil sie nur dann auch für eine Hypothek haften. Auf Zubehörstücke eines landwirtschaftlichen Betriebes, die nicht dem Eigentümer, sondern etwa dem Pächter gehören, erstreckt sich die Hypothek nicht, sie sind also im Zwangsverfahren gegen den Pächter grundsätzlich pfändbar. Unpfändbar sind sie nur insoweit, als sie für den

Wirtschaftsbetrieb erforderlich, also unentbehrlich sind (§ 811 Nr. 4 ZPO). Gerät und Vieh des Pächters, das zum Wirtschaftsbetrieb zwar bestimmt, aber nicht erforderlich ist, darf also gepfändet werden, obwohl es zum Zubehör gehört.

Bei Dünger ist zu beachten, daß sich der Pfändungsschutz beim Grundstückseigentümer auf den vorhandenen Dünger erstreckt, dagegen beim Pächter, usw. auf den .nötigen* Dünger beschränkt.

27.123 Vom Grundstück getrennte Erzeugnisse, die n i c ht für die Fortführung des Betriebes bis zur neuen Ernte erforderlich sind (§ 98 Nr. 2 BGB), sondern "beispielsweise verkauft werden sol-. len, und sonstige Bestandteile des Grundstücks haften zwar ebenso wie das Zubehör für die Hypothek, solange sie dem Grundstückseigentümer gehören, und nicht vom Grundstück entfernt sind (vgl. §§ 1120—1122 BGB). Sie dürfen aber nach § 865 Abs. 2 Satz 2 ZPO trotzdem gepfändet werden, solange sie nicht im Wege einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück beschlagnahmt worden sind. Das gilt wiederum nicht für landwirtschaftliche Erzeugnisse, die zwar nicht zur Fortführung der Wirtschaft, wohl aber zur Sicherung des Unterhalts für den Schuldner, seine Familie und seine Arbeitnehmer unentbehrlich sind. Sie sind ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse unpfändbar kraft ausdrücklicher Bestimmung in § 811 Nr. 4 ZPO.

27.2 Zuziehung eines Sachverständigen

27.21 § 813 ZPO sieht die Zuziehung eines Sachverständigen vor

a) zur Schätzung des Wertes von Kostbarkeiten,

b) bei der Pfändung von Früchten auf dem Halm,

c) bei der Pfändung von Gegenständen der in § 811 Nr. 4 ZPO bezeichneten Art bei Personen, die Landwirtschaft betreiben.

Allgemein kann bei Pfändung von Gegenständen, die unter § 811 ZPO fallen, ein Sachverständiger zur Feststellung der .Unentbehrlichkeit" gehört werden.

27.22 In den Fällen b) und c) ist ein landwirtschaftlicher Sachverständiger immer zu Rate zu ziehen, wenn der Wert der Pfandgegenstände voraussichtlich 1000 Deutsche Mark übersteigt. Auch bei einem geringeren Wert ist die Zuziehung eines Sachverständigen in der Regel geboten (vgl. Nr. 28.5).

27.23 Ist die Zuziehung ohne Erfolg versucht worden, so kann auch ohne Beteiligung eines Sachverständigen gepfändet werden. Sie ist aber nach Möglichkeit vor der Verwertung der Pfandstücke nachzuholen.- Personen, die mit dem Schuldner nahe verwandt oder verschwägert sind, dürfen nicht als Sachverständige zugezogen werden.

27.24 Die Vollstreckungsbehörde bestimmt die Höhe der dem Sachverständigen nach Maßgabe' der Kostenordnung im Rahmen der Vollstreckungskosten zu gewährenden Entschädigung, wenn eine solche in derartigen Fällen üblich ist und der Sachverständige sie beantragt. Die Entschädigung soll die Beträge nicht übersteigen, die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten z. Z. auf Grund des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 1969 (BGB1. I S. 1756) gewährt werden können.

27.3 Austauschpfändung

27.31 Die Vorschriften der §§ 81 la und b ZPO eröffnen der Vollstreckungsbehörde die Möglichkeit, unter den an sich unpfändbaren Sachen, die dem persönlichen Gebrauch, dem Haushalt oder- der Erwerbstätigkeit des Schuldners dienen (J 811 Nr. l,

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5 und 6), einen besonders wertvollen Gegenstand dennoch zur Befriedigung des Gläubigers zu verwerten, und dem Schuldner dafür ein einfacheres, aber für denselben geschützten Zweck ausreichendes Ersatzstück zu überlassen. So kann z.'B. ein besonders teurer Rundfunkapparat ohne weiteres « gepfändet werden, wenn dem Schuldner dafür ein einfaches Empfangsgerät fiberlassen wird.

27.32 Der Vollstreckungsbehörde wird es nur selten — allenfalls mit Hilfe des Gläubigers — möglich sein, vor der Wegnahme der Sachen dem Schuldner ein ausreichendes Ersatzstück zur Verfügung zu stellen. In der Regel wird sie ihm daher den zur . Beschaffung eines solchen Ersatzstückes erforderlichen Geldbetrag aus ihrer Kasse überlassen; das ist ihr auch mindestens in den Fällen zuzumuten, in denen sie die Pfändung für Forderungen der eigenen Behörde durchführt. Nur ausnahmsweise soll sie von der dritten, freilich bequemsten Möglichkeit Gebrauch machen und dem Schuldner den zur Bezahlung des Ersatzstückes nötigen Geldbetrag erst aus,dem Vollstreckungserlös überlassen.

27.33 Der Vollziehungsbeämte darf in diesem Falle den sonst unpfändbaren Gegenstand nur auf Grund einer schriftlichen Zulassungsveffü-g u n g pfänden, die dem Schuldner durch Zustellung bekanntzugeben ist (Vermerk in der Niederschrift) und von ihm durch Widerspruch und verwaltungsgerichtliche Klage angefochten werden kann. In der Verfügung setzt die Vollstreckungsbehörde den Wert des vom Gläubiger angebotenen Ersatzstückes oder den Betrag fest, den der Vollziehungsbeamte vorder Wegnahme — nicht schon vor der Pfändung! — des Pfandstückes dem Schuldner zu übergeben hat, oder der dem Schuldner aus dem Erlös zu zahlen ist. Die Vollstreckungsbehörde soll die Austauschpfändung nur zulassen, wenn der voraussichtliche Erlös aus der Verwertung den Wert des Ersatzstückes erheblich übersteigen wird und die Austauschpfändung auch sonst „nach Lage der Verhältnisse angemessen ist" (so ist z. B. auf Er-. innerungswerte Rücksicht zu nehmen, die mit dem wertvollen Gegenstand verknüpft sein können).

27.34 Der Vollziehungsbeamte kann gemäß § 811 b ZPO, wenn er mit der Zulassung der Austauschpfän-' düng durch die Vollstreckungsbehörde einigermaßen sicher rechnen darf, einen geeigneten Gegenstand schon vor der Zulassung pfänden, jedoch dem Schuldner noch nicht wegnehmen. Er hat die Vollstreckungsbehörde von der von ihm festgestellten Verwertungsmöglichkeit unverzüglich zu benachrichtigen. Läßt die Vollstreckungsbehörde daraufhin die Austauschpfändung nicht zu, ist die Pfändung wieder aufzuheben. Ob und wieweit die Entscheidung von einer Fühlungnahme mit dem Gläubiger, der nicht zugleich Vollstrek-kungsbehörde ist, abhängig zu machen ist, 'bleibt dieser überlassen.

27.35 Der dem Schuldner im Wege der Austauschpfändung zur Verfügung gestellte Geldbetrag ist auch dann unpfändbar (§ 811 a Abs. 3 ZPO), wenn der verbleibende Erlös zur Deckung der Gläubigeransprüche nicht ausreicht.

27.4 Vörwegp fändung

27.41 Der Vollziehungsbeamte darf nach § 811 c ZPO eine zur Zeit noch unpfändbare Sache dann pfänden, wenn zu erwarten ist, daß sie demnächst pfändbar wird (z. B. ein zur Berufsausübung unentbehrlicher Gegenstand, wenn feststeht, daß der Schuldner in Kürze seinen Beruf aufgibt). Erfüllt sich diese Erwartung nicht binnen eines Jahres, so ist die Pfändung aufzuheben. Bis dahin ist die gepfändete Sache im Gewahrsam des Schuldners zu belassen.

27.5 Aufschub der Verwertung

27.51 § 813a ZPO gibt der Vollstreckungsbehörde eine weitgehende 'Befugnis, in der Zeit zwischen Pfändung und Verwertung dem Schuldner angemessene Zahlungsfristen zur Vermeidung der

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28.1

Versteigerung des Pfandes und zur freiwilligen 0010 Bereinigung seiner Schulden einzuräumen. Wenn fcUlU der Schuldner einen entsprechenden Antrag nicht • innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Pfändung stellt, wird die Vollstreckungsbehörde nur ausnahmsweise die Voraussetzung für ein besonderes Entgegenkommen für gegeben erachten. Sie darf ihre Anordnungen wiederholen, jedoch die Verwertung nicht länger als insgesamt ein Jahr hinausschieben (Absatz 4). Sie kann ihre Anordnungen auf Antrag oder von Amts wegen jederzeit aufheben oder ändern (Absatz 3).

Verfahren bei der Pfändung (zu § 28) Gewahrsam

28.11 Der Vollziehungsbeamte kann grundsätzlich davon ausgehen, daß alle Sachen, diesich im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners befinden, auch zu dessen Vermög'en gehören. Er hat nicht zu prüfen, ob behauptete Rechte Dritter zu Recht bestehen, sondern die Betroffenen an die Vollstreckungsbehörde zu verweisen. Nur wenn es nach den besonderen Umständen des Falles, etwa nach den bestehenden Geschäftsgebräuchen, außer Zweifel steht, daß solche Sachen nicht dem Vollstreckungsschuldner gehören (z. B. Leergut, das an den Lieferanten zurückzugeben ist, fremde Möbel beim Spediteur, zu reparierende Schuhe in der Werkstatt des Schusters, entliehene Bücher mit dem Eigentumsstempel einer Bücherei), hat der Vollziehungsbeamte von der Pfändung abzusehen.

28.12 Im Gewahrsam des Schuldners befinden sich diejenigen Sachen, die sich in seinen Wohn- und Geschäftsräumen befinden, gleichviel, ob er Eigentümer, Mieter, Pächter, Verwahrer, Nießbraucher, Entleiher usw. dieser Gegenstände ist.

Der Gewahrsam des Schuldners erstreckt sich auch auf die Sachen seiner Familienangehörigen, die mit ihm die Wohnung teilen (wegen der Ehegatten vgl. Nr. 28.13), dagegen nicht auf die Sachen seiner Hausangestellten, Gehilfen, Besucher usw., die diese bei sich tragen oder in den ihnen zur Benutzung zugewiesenen Räumen untergebracht haben.

Umgekehrt haben Familienangehörige, Hausangestellte, Gehilfen, Besucher usw. keinen Gewahrsam an den Sachen des Schuldners, die sich in den von ihnen benutzten oder mitbenutzten Räumen befinden. Keinen Gewahrsam hat schließlich der Schuldner an Sachen, die ihm zwar gehören, aber sich nicht in seinen Wohn- und Geschäftsräumen befinden, weil er sie verliehen, vermietet, verpachtet, verpfändet oder sonst in Verwahrung gegeben hat (vgl. Nr. 28.14).

28.13 Bei der Vollstreckung gegen einen von zwei nicht getrennt lebenden Ehegatten kann der Vollziehungsbeamte • auch bewegliche Sachen pfänden, die sich im Besitz beider Ehegatten oder des anderen Ehegatten befinden. Sie gelten nach der in § 1362 BGB enthaltenen Eigentumsvermutung zu Gunsten des Gläubigers als dem Schuldner gehörig. Dies gilt nicht für die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch, des anderen Ehegatten bestimmten Sachen.

'28.14 Sachen, die zum Vermögen des Schuldners gehören, sich aber im Gewahrsam eines Dritten (z. B. eines Mieters, Untermieters, Entleihers, Verwahrers) befinden, darf der Vollziehungsbeamte nur pfänden, wenn der Dritte zur Herausgabe bereit ist (Absatz 4). Das gleiche gilt für Sachen im Mitgewahrsam des Schuldners und eines Dritten, z. B..für Wertpapiere oder Schmuckstücke in einem .Bankschließfach unter Mitverschluß der Bank (anders, wenn nur der Schuldner einen Schlüssel und damit Alleingewahrsam hat). Ist in diesem Fall die Bank nicht zur Herausgabe bereit, so muß die Vollstreckungsbehörde erst den Herausgabeanspruch des Schuldners gegen die Bank gemäß § 47 pfänden.

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0010 282 Inbesitznahme und Pfändung

28.21 Der Vollziehungsbeamte muß durch die Pfändung den Pfandgegenstand in Besitz nehmen, d. h. sich die tatsächliche Gewalt über ihn verschaffen (§ 854 BGB). Das tut er, indem er

a) Zahlungsmittel, Wertpapiere, Wertzeichen und Kostbarkeiten und ggf. auch andere Gegenstände an sich nimmt,

b) Sachen, die er im Gewahrsam des Schuldners oder des Dritten beläßt, mit dem Pfandzeichen versieht.

Die bloße Erklärung des Vollziehungsbeamten, daß er die Sachen pfände, genügtnicht.

28.22 Bares Geld führt der Vollziehungsbeamte an die Vollstreckungsbehörde ab. Ebenso übergibt er ihr Wertpapiere und andere Wertsachen, die sie entweder in einem Panzerschrank oder in einer Pfandkammer unterbringt oder einem Beauftragten in Verwahrung gibt. Auf die Obhutpflicht, die sich aus dem öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnis zwischen Schuldner und Vollstrek-kungsbehörde in diesen Fällen ergibt, wird besonders hingewiesen.

28.23 Andere als' die in Nr. 28.21 unter a) genannten Gegenstände sind unter Anbringung von Pfandzeichen im Gewahrsam des Schuldners zu belassen, sofern nicht hierdurch die Befriedigung des Gläubigers gefährdet wird. Im Pfändungsprotokoll ist ausdrücklich zu vermerken, daß der Schuldner sich zur sicheren Aufbewahrung der Pfandsachen verpflichtet hat.

28.3 Pfandzeiche n und Pfandanzeige

28.31 Der Vollziehungsbeamte hat an jeder im Gewahrsam des Schuldners belassenen Sache sein Pfandzeichen .(Pfandsiegelmarke) an einer deutlich sichtbaren Stelle (nicht etwa auf der Rückseite eines Möbelstückes) so anzubringen, daß die Pfändung für jedermann ohne nähere Nachforschung erkennbar ist.

28.32 Für Pfandzeichen ist das Landeswappen nicht zu verwenden. Pfandsiegelmarken sollen die ' Form eines farbig umrahmten Rechteckes in der Größe von etwa 3,5 x 5 cm haben und in der oberen Hälfte die Bezeichnung der Vollstreckungsbehörde tragen. In der Mitte befindet sich ein farbiges Oval mit der weißen Inschrift .PfandsiegeP. Unter-dem Oval ist vorgedruckt: „I. A. der Vollziehungsbeamte"; darunter sind handschriftlich der Name und das Datum einzutragen. .

28.33 Für eine Mehrzahl von Pfandstücken, insbesondere eine Menge von Waren oder anderen vertretba-. ' ren Sachen, die sich in einem Behältnis oder einer Umhüllung befinden oder mit Zustimmung des Vollstreckungsschuldners in einem .abgesonderten Raum untergebracht werden,genügt ein gemeinschaftliches Pfandsiegel nur dann, wenn es in der Weise, z. B. über dem Schlüsselloch, angelegt wird, daß ohne seine Zerstörung kein Stück aus dem Behältnis, der Umhüllung oder dem Raum entfernt werden kann. Die Schlüssel verschlossener, versiegelter Behältnisse oder Räume hat der Vollziehungsbeamte an sich zu nehmen.

28.34 Kann eine Pfandsiegelmarke an dem Gegenstand nicht angebracht werden, z. B. an Tieren oder an einem Kartoffelvorrat, oder reicht sie nicht aus, um die Pfändung in vollem Umfang erkennbar zu machen, so ist an dem Ort, an dem sich die Pfandsache befindet, eine Pfandanzeige an der Wand oder an einem Pfahl oder in anderer Weise so deutlich anzubringen, daß jedermann den Um-v fang der Pfändung zweifelsfrei erkennen kann. Wird dabei von Vorräten des Schuldners nur ein Teil gepfändet, etwa unter Berücksichtigung der gemäß § 27 anzuwendenden Pfändungsvorschriften, so sind die gepfändeten Teile und die dem Schuldner belassenen Teile äußerlich erkennbar zu . ' trennen.

28.35 Die Pfandanzeige soll etwa wie folgt gefaßt werden:

.Pfandanzeige In der Vollstreckungssache gegen ..............._...............

................................................. in ..................................................

Hebe-Nr. ............... habe ich heute im Auftrage der

................................................................kasse als Vollstrek-

kungsbehörde die folgenden hier befindlichen Gegenstände gepfändet und in Besitz genom-

Wer diese Anzeige vorsätzlich ablöst oder beschädigt oder die gepfändeten Gegenstände beiseite schafft oder zerstört, wird nach § 136 des Strafgesetzbuches bestraft.

den

19.

als Vollziehungsbeamter"

Wird eine derartige .Pfandanzeige im Freien angebracht, so darf statt der sonst vorgeschriebenen Tinte (Tintenstift, urkundenechter Kugelschreiber) auch wetterfeste Farbe benutzt werden.

28.36 Sobald der Vollziehungsbeamte erfährt, daß ein Pfandzeichen oder eine Pfandanzeige beschädigt oder entfernt worden oder abgefallen ist, hat er ein neues Pfandzeichen anzubringen. Bei Verdacht der vorsätzlichen Beseitigung eines Pfandzeichens (Siegelbruch - § 136 Abs. 2 StGB) ist die Vollstreckungsbehörde unverzüglich zu verständigen.

28.4 Anderweitige Unterbringung und Erhaltung der Pfandsachen

28.41 Weigert sich der Schuldner, die Pfandsache sicher aufzubewahren, oder ist aus anderen Gründen mit, einem Siegelbruch oder einer sonstigen Gefährdung der Gläubigerrechte zu rechnen oder wird die Fortschaffung der Sache vom Gewahrsinhaber verlangt, dann soll der Vollziehungsbeamte auch andere als die in Nr. 28.21 unter a) genannten Gegenstände an sich nehmen.

28.42 Sachen, die der Vollziehungsbeamte nicht der Voll-streckungsbehörde übergeben kann, hdt er in sicherer Weise, jedoch mit möglichster Kostenersparnis unter z-u bringen oder (z. B. gepfändetes Vieh und vom Boden noch nicht getrennte Früchte) einem zuverlässigen Verwahrer oder Hüter gegen Quittung anzuvertrauen. Eine mit diesen Personen getroffene Vereinbarung über Gewährung einer ortsüblichen Vergütung oder über eine Nutzung der Pfandsache ist in das Pfändungsprotokoll oder einen Nachtrag dazu aufzunehmen und von den Beteiligten zu unterzeichnen.

28.43 Der Vollziehungsbeamte hat dafür zu sorgen, daß die Pfandsachen in brauchbarem Zustand erhalten und namentlich, wenn sie leicht dem Verderben ausgesetzt sind, in ihrem Wert nicht gemindert oder aber beschleunigt verwertet werden (vgl. § 31 Abs. 1). Können die gepfändeten Sachen genutzt werden, um einen Ertrag zu erzielen, so hat der Vollziehungsbeamte oder die Vollstreckungsbehörde die geeigneten Anordnungen zu treffen.

28.5 Landwirtschaftliche Sachverständige

28.51 Müssen in einem landwirtschaftlichen Betrieb, beim Eigentümer oder beim Pächter, Gerät, Vieh, Dun-

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ger oder landwirtschaftliche Erzeugnisse gepfändet werden, so soll der Vollziehungsbeamte nicht nur in den im § 813 ZPO vorgesehenen Fällen einen landwirtschaftlichen Sachverständigen zuziehen. Das gleiche gilt, wenn vom Boden noch nicht getrennte Früchte, auch bei einem Nichtlandwirt, gepfändet werden sollen.

Ein Sachverständiger ist nicht hinzuzuziehen, wenn die dadurch voraussichtlich entstehenden Kosten im Mißverhältnis zu dem Wert der zu pfändenden Sachen stehen oder wenn der Vollziehungsbeamte auf Grund gleichgelagerter Vollstreckungsfälle die dem Sachverständigen vorzulegenden Fragen bereits selbst beurteilen kann.

28.52 Der Vollziehungsbeamte veranlaßt den Sachverständigen, sich gutachtlich darüber zu äußern,

a) ob die zu pfändenden Sachen zu den gemäß § 811 Nr. 4 ZPO unpfändbaren Sachen gehören oder als Zubehör der Pfändung nicht unterliegen (vgl. Nr. 27.121),

b) wenn Früchte gepfändet werden sollen, die vomBoden noch nicht getrennt sind (§ 29): ob die gewöhnliche Zeit der Reife binnen eines Monats zu erwarten ist und ob die Früchte ganz oder zum Teil zur Fortführung der Landwirtschaft des Schuldners bis zur nächsten Ernte gleicher oder ähnlicher Früchte erforderlich sind,

c) wie ggf. die zu pfändenden Erzeugnisse oder Tiere am besten verwahrt und gepflegt werden können,

d) welchen Wert die Pfandsachen haben.

In der Regel wird mündliche Äußerung des Sachverständigen genügen. Eine besondere Versicherung der Richtigkeit kann der Vollziehungsbeamte nicht verlangen. Er kann den aufgeforderten Sachverständigen auch nicht zwingen, zu -erscheinen oder sich zu äußern.

28.53 Das Gutachten des Sachverständigen ist für den Vollziehungsbeamten nicht bindend, doch soll er nur aus besonderen Gründen davon abweichen und dann die Gründe in der Niederschrift erwähnen.

28.6 Pfändungsprotokoll

28.61 Aus der vom Vollziehungsbeamten gemäß § 17 unmittelbar nach der Pfändung an Ort und Stelle aufzunehmenden Niederschrift (vgl. Nr. 17.3) müssen außer den durch § 17 erforderten Angaben die Uhrzeit der Pfändung selbst, alle Aufforderungen und Mitteilungen des Vollziehungsbeamten, z. B. auch das Vorzeigen des Vollstreckungsauftrages, und die auf die Vollstreckung bezüglichen Erklärungen aller Beteiligten, mit denen verhandelt worden ist, ersichtlich sein. Die Vollstreckungsbehörden werden hierfür :u.-en Vollziehungsbeamten zweckmäßigerweise Vordrucke zur Verfügung stellen, die auf die besonderen örtlichen Verhältnisse zugeschnitten sind.

28.62 Das Pfändungsprotokoll soll ferner enthalten

1. die beizutreibenden Beträge einschließlich Säumniszuschlag, Zinsen und Kosten;

2. die Bezeichnung jeder gepfändeten Sache unter Angabe ihres Schätzwertes nach ihrer Art und Beschaffenheit und erforderlichenfalls nach Maß und Gewicht, und zwar so genau, daß jede Verwechslung mit anderen Sachen ausgeschlossen ist;

3. eine Angabe darüber, in welcher Weise die Pfändung kenntlich gemacht wurde; hat der Vollziehungsbeamte eine Pfandanzeige angebracht (Nr. 28.35), ist deren Inhalt wörtlich wiederzugeben oder eine Durchschrift beizufügen. Wurden Pfandstücke in einem besonderen Behältnis oder einem besonderen Raum ver-

schlossen (Nr. 28.33), ist in der Niederschrift O AI f\ ausdrücklich zu vermerken, daß der Verschluß £.\J \ U des Behältnisses oder des Raumes durch Pfandsiegel gesichert wurde;

4. den Grund für die etwaige Entfernung von Pfandstücken aus dem Gewahrsam des Schuldners, sofern es sich nicht um Geld, Wertsachen oder sonstige Kostbarkeiten handelt;

5. jede Vereinbarung, die mit einem vom Vollziehungsbeamten bestellten Hüter oder Verwahrer für aus dem Gewahrsam des Schuldners entfernte Sachen getroffen wird (Nr. 28.42);

6. bei der Pfändung von Früchten auf dem Halm die Lage des Grundstückes, seinen ungefähren Flächeninhalt und den voraussichtlichen Eintritt der Reife;

7. bei Hinzuziehung eines Sachverständigen den Inhalt seines Gutachtens, sofem es nicht schriftlich erstattet wurde, und die Gründe, die den Vollziehungsbeamten etwa veranlaßt haben, dem Gutachten nicht zu folgen;

8. nach Möglichkeit, vorbehaltlich endgültiger Entscheidung der Vollstreckungsbehörde, Angaben über Zeit und Ort der Versteigerung; dabei sind die Bestimmungen der §§31, 34, 35 und 37 zu beachten. Der Termin ist dem oder den Schuldnern und den Personen, denen Pfandstücke zur Aufbewahrung, Pflege oder Beaufsichtigung anvertraut wurden, mitzuteilen.

28.63 Wenn sich bei der Ausführung des Pfändungsauftrages ergibt,

a) daß der Schuldner gänzlich unpfändbar ist oder

b) daß sich seine Pfändbarkeit auf solche Sachen beschränkt, deren Pfändung gemäß § 21 Satz 3 zu unterbleiben hat, oder hinsichtlich . deren die Voraussetzungen des § 812 ZPO vorliegen (Gegenstände des Hausrats — vgl. Nr. 21.32 und 27.11),

so soll die Niederschrift erkennen lassen, daß alle zulässigen Mittel versucht worden sind, ein anderes Ergebnis jedoch nicht zu erzielen war. Im Falle zu b) sind die vorhandenen, an sich pfändbaren Sachen mit den geschätzten Werten anzugeben. Im übrigen bedarf es aber der Aufzählung vorgefundener unpfändbarer Sachen im einzelnen nicht.

Aus der Niederschrift soll ferner möglichst hervorgehen, daß und mit welchem Ergebnis der Schuldner befragt worden ist, ob er weitere Sachen, pfändbare Forderungen oder andere Vermögenswerte besitzt und .ob und wann er bereits eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. Auch sonst soll der Vollziehungsbeamte vermerken, was er über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Vollstreckungsschuldners ermittelt hat.

28.64 Der Vollziehungsbeamte übergibt das Protokoll nebst etwaigen Nachtragsverhandlungen unmittelbar nach der Pfändung der Vollstreckungsbehörde. Diese prüft den Inhalt sorgfältig und veranlaßt etwa notwendige Berichtigungen des Verfahrens. Dem Vollstreckungsschuldner teilt der Vollziehungsbeamte die Pfändung regelmäßig mündlich mit (§ 28 Abs. 3 i. Verb, mit § 18). Eine Abschrift des Pfändungsprotokolls hat er ihm nur zu übergeben, wenn bares Geld gepfändet worden ist (Beweis der Zahlung).

Im übrigen erteilt die Vollstreckungsbehörde eine Abschrift des Pfändungsprotokolls, auch im Falle der Anschlußpfändung,

d) dem Vollstreckungsschuldner,

wenn er eine Mitteilung über die Pfändung nicht erhalten konnte (§ 18 zweiter Halbsatz) oder wenn er es verlangt oder wenn Sachen gepfändet worden sind, die sich nicht in seinem Gewahrsam befanden,

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b' dem Gewahrsamsinnaber <§ 2

wenn er es verlangt- oder wenn in seiner Abwesenheit gepfändet worden ist.

28.65 Wird der Vollstreckung Widerstand entgegengesetzt (Nr. 14.3), muß immer eine besondere Verhandlung aufgenommen und den zugezogenen Zeugen zur Unterschrift vorgelegt werden. Die Ausführungen unter -Nr. 28.64 gelten entsprechend.

29 Pfändung ungetrennter Früchte (zu § 29)

29.1 „Früchte auf dem Halm" im Sinne der §§ 29 und 35 sind, abweichend von dem allgemeinen Begriff „Früchte" in § 99 BGB, die periodisch zu erntenden Erzeugnisse von Grund und . Boden, also Getreide, Hackfrüchte, Obst, Trauben auf dem Stock, nicht aber Holz, Kohlen, Torf. Den Gewahrsam an ihnen hat, wer berechtigt ist, sie abzuernten.

29.2 Der Vollziehungsbeamte pfändet Früchte auf dem Halm regelmäßig nach Zuziehung eines landwirt-

' schaftlichen Sachverständigen (vgl. Nr. 28.5), indem er auf dem Grundstück eine Tafel mit Pfand-anzeige (Nr. 28.35) aufstellt. Soweit erforderlich und im Hinblick auf die Kosten vertretbar, bestellt er einen Hüter. Das Pfändungspfandrecht setzt sich an den geernteten Früchten fort.

29.3 Ein Pfandrecht an den Früchten kann wirksam nur begründet werden, wenn folgende Vorausset -zungen vorliegen:

29.31 DasGrundstück darf nicht gemäß § 51 beschlagnahmt sein. Dies gilt nicht, wenn die Pfändung in einem Vollstreckungsverfahreii gegen den Pächter vorgenommen wird.

Eine spätere Beschlagnahme des Grundstücks läßt das vorher begründete Pfändungspfandrecht unberührt. Der Pfandgläubiger muß aber sein Pfandrecht zur Sicherung des Vorrangs nach § 37 Ziff. 4 ZVG beim Vollstreckungsgericht anmelden.

. 29.32 Die Früchte dürfen höchstens einen Monat vor der gewöhnlichen — nicht der tatsächlichen — Reife stehen.

29.33. Die Früchte dürfen nicht zur Fortführung der Landwirtschaft des Schuldners erforderlich sein und dürfen nach der Trennung vom Boden nicht Zubehör des Grundstücks werden (Nr. • 27.121 Satz 3).

29.4 Nicht nur der Realgläubiger kann gemäß Absatz 2 der Pfändung widersprechen. Zu beachten sind auch die gesetzlichen Pfandrechte des Ve r pächter s (§§ 559, 581 Abs. 2, 585 BGB), des Lieferers von Düngemitteln und Saatgut (vgl. Nr. 24.21) und, im Hinblick auf die Verwertbarkeit der Früchte nach der Ernte, das u. U. im Range vorgehende Pfandrecht am Inventar nach dem Pachtkreditgesetz (vgl. Nr. 24.22). Alle diese nicht immer erkennbaren und vorauszusehenden Möglichkeiten, der Pfändung im Rahmen des § 8 oder des § 24 zu widersprechen, lassen es geraten erscheinen, einen Auftrag zur Pfändung vom Boden noch nicht getrennter Früchte nur in zwingenden Fällen zu geben, in denen überdies die rechtlichen Verhältnisse völlig geklärt sind. •

30 Öffentliche Versteigerung, gepfändetes Geld

(zu § 30)

30.1 Gepfändetes Geld

30.11 Da Geld unmittelbar zur Befriedigung des Gläubigers dienen kann, hat es der Vollziehungsbeamte alsbald an seine Vollstreckungsbehörde abzuliefern. Die Vollstreckungsbehörde leitet nach

Abzug ihrer Kosten den zustehenden Betrag unverzüglich an den Gläubiger weiter. Ein etwaiger Überschuß ist dem Vollstreckungsschuldner oder dem sonst Berechtigten auszuzahlen.

30.12 Als „Geld" sind nur die umlaufenden Bundesmünzen und Bundesbanknqten zu behandeln, ebenso gültige Wertzeichen, z. B. Briefmarken, Gebührenmarken in größeren Mengen. Die Mark der DDR und ausländische Zahlungsmittel sind dagegen nach § 34, ausländisches Hartgeld u. U. nach § 33 zu behandeln.

30.13 Geld wird -mit der Pfändung Eigentum des Trägers der Vollstreckungsbehörde. Macht ein Dritter ein die Verwertung hinderndes Recht geltend, so ist er darauf hinzuweisen, daß ihm allenfalls ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zusteht.

30.2 Versteigerung sauftrag

30.21 Der Vollziehungsbeamte ist auf Grund seines Pfändungsauftrages nicht schon zur Verwertung der Pfandstücke berechtigt. Er darf sie nur auf Grund eines besonderen schriftlichen Verwertungsauftrages öffentlich versteigern oder freihändig veräußern. Die Entscheidung über die Art und Weise der Verwertung ist Sache der Vollstreckungsbehörde (§ 37).

30.22 Die Vollstreckungsbehörde erteilt den Versteigerungsauftrag (oder den Auftrag zur freihändigen Veräußerung der Pfandsachen) regelmäßig durch eine Verfügung, die unter das Pfändungsprotokoll gesetzt wird. Diese Verfügung muß Zeit und Ort der Versteigerung sowie die Person des mit der Versteigerung beauftragten Beamten angeben und etwaige besondere Versteigerungsbedingungen enthalten. Sie muß ferner, wenn später eine Anschlußpfändung vorgenommen worden ist, bestimmen, daß die Versteigerung (der freihändige Verkauf) wegen sämtlicher im einzelnen aufzuführender Ansprüche durchzuführen ist, deret-wegen die Sachen gepfändet worden sind.

30.23 Maßgebend für die Bestimmung von Zeit und Ort der Versteigerung soll die Rücksicht auf die vorteilhafteste Verwertung der gepfändeten Sachen und die möglichste Ersparnis von Transportkosten sein. Die Sachen sollen da ausgeboten werden, wo sie voraussichtlich am ehesten Interessenten finden. Kraftfahrzeuge, Maschinen, wertvolle Möbel usw. werden meistens nur in größeren Städten zu annehmbaren Bedingungen abzusetzen sein.

30.24 Ein einmal festgesetzter Versteigerungstermin darf vom Vollziehungsbeamten nur unter den Voraussetzungen des § 23 aufgehoben werden.

30.3 Abschätzung durch Sachverständige

30.31 § 813 ZPO i. Verb, mit § 27 VwVG. NW. sieht für bestimmte Fälle die Einschaltung eines landwirtschaftlichen Sachverständigen vor. § 30 Satz 2 'macht es dem Vollziehungsbeamten zur Pflicht, Kostbarkeiten durch einen Sachverständigen abschätzen zu lassen. Kostbarkeiten sind nicht nur Gold- und Silbersachen, wertvolle Schmuckstücke und Rohmaterialien, z. B. Perlen, Edelsteine, Platin usw., sondern auch Kunstwerke, wertvolle Bücher, echte Teppiche, alte Münzen, u. U. eine Briefmarkensammlung u. dgl. Im Zweifel entscheidet die Verkehrsauffassung.

30.32 Darüber hinaus empfiehlt sich die Zuziehung eines Sachverständigen immer auch dann, wenn es sich um andere wertvolle, wenn auch nicht als Kostbarkeiten anzusprechende Sachen handelt, z. B. um schwer zu bewertende Maschinen, Kraftfahrzeuge usw. Auch die Vollstreckungsbehörde kann in solchen Fällen einen Sachverständigen einschalten, wenn der vom Vollziehungsbeamten ermittelte .Schätzungswert" ihr nicht zweifelsfrei erscheint.

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30.33 In allen nicht zwingend vorgeschriebenen Fällen soll jedoch ein Sachverständiger nur zugezogen werden, wenn der voraussichtliche Wert des Gegenstandes und die Höhe des beizutreibenden Betrages die zusätzliche Belastung des Schuldners mit den dadurch entstehenden Kosten rechtfertigen.

30.34 Um die Benennung von Sachverständigen ist im' Bedarfsfalle die für den Ort der Vollstreckung zuständige Landwirtschaftskammer, Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer zu bitten.

31 Versteigemngstennln (zu § 31)

31.1 Zeit und Ort der Versteigerung

Vor Ablauf einer Woche seit dem Tage der Pfändung darf die Versteigerung nur unter den in § 31 Abs. l angegebenen Voraussetzungen anberaumt werden. Nach Ablauf dieser Frist kann die Vollstreckungsbehörde unbeschadet des Grundsatzes, daß gepfändete Sachen möglichst rasch verwertet werden sollen, die Verwertung weiter hinausschieben, wenn aus saisonbedingten oder anderen Gründen zu einem späteren Zeitpunkt mit einem höheren Erlös zu rechnen ist. Hinsichtlich des Ortes der Versteigerung hat die Vollstrek-kungsbehörde, abweichend von der bisherigen Regelung, freie Hand.

Die Vollstreckungsbehörde muß allerdings damit rechnen, daß der Schuldner gegen den Verwaltungsakt der Pfändung noch binnen l Monat Widerspruch einlegt (§ 70 VwGO). Es ist dann aber Sache des Schuldners, rechtzeitig die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs herbeizuführen.

31.2 Vorbereitung des Termins

31.21 Die Vollstreckungsbehörde oder in ihrem Auftrag der mit der Versteigerung betraute Beamte muß die in Absatz 2 vorgeschriebene öffentliche Bekanntmachungin angemessener Frist und in einer Form bewirken, die sich nach Umfang und Bedeutung der Versteigerung richtet. In geeigneten Fällen kann ortsüblicher Ausruf genügen, in anderen Fällen wird der Erfolg der Versteigerung von der Bekanntmachung in größeren Tageszeitungen abhängig sein. Etwaigen zusätzlichen Anträgen des Schuldners oder Gläubigers ist zu entsprechen, wenn er die entsprechenden Kosten trägt. Der Name des Schuldners darf in der Bekanntmachung nicht genannt werden.

31.22 Vom Versteigerungstermin sind die Beteiligten (Vollstreckungsschüldner, Gläubiger — Anschlußpfändung! — Pfandgläubiger [§ 24] und ggf. der Eigentümer einer Pfandsache) ausdrücklich zu b e -nachrichtig.en. Diese Verpflichtung entfällt, wenn die Betreffenden über den Termin bereits durch Übermittlung des Pfändungsprotokolls unterrichtet wurden (vgl. Nr. 28.62 Ziff. 8, 28.64, 30.22). Ferner wird sich vielfach, etwa bei Versteigerung von Warenlagern, Schmucksachen und Spezial-maschinen usw., die ausdrückliche Benachrichtigung der interessierten Fachverbände des betreffenden Gewerbes oder eine Bekanntmachung in der Fachpresse empfehlen, um interessierte Käufer zur ' Teilnahme an der Versteigerung zu veranlassen.

31.23 Der Vollziehungsbeamte hat die zu versteigernden Sachen rechtzeitig am Ort der Versteigerung bereitzustellen, also für ihren Transport und ihre ordnungsgemäße Behandlung und Sicherung • zu sorgen. Eine rechtzeitige Mitteilung an den Schuldner über die bevorstehende Abholung der gepfändeten Sachen kann diesen u. U. -veranlassen, in letzter Stunde noch die Versteigerung durch Zahlung abzuwenden.

31.24 Der Vollziehungsbeamte prüft an Hand des Pfändungsprotokolls und sonstiger Unterlagen sorgfältig, ob die bereitgestellten Sachen vollständig und unversehrt, femer ob gepfändete Nah-

rungs- und Genußmittel und andere dem Verder- 0010 ben ausgesetzte Verbrauchsgegenstände noch un- ZU l U verdorben sind. Im letzteren Falle kann die Zuziehung eines Sachverständigen zweckmäßig sein. Fehlen einzelne Pfandstücke oder ergibt sich, daß sie beschädigt oder verdorben sind, so nimmt der Vollziehungsbeamte hierüber einen Vermerk auf, der dem Versteigerungsauftrag beizufügen ist, und verständigt den Vollstreckungsschüldner (mündliche Mitteilung im Versteigerungstermin kann genügen) sowie wegen des Verdachtes von Siegelbruch und anderer strafbarer Handlungen auch die Vollstreckungsbehörde.

32 Versteigerungsverfahren (zu § 32) •

32.1. Wenn der Schuldner im Versteigerungstermin die Begleichung der beizutreibenden Summe einschließlich der Kosten durch Quittung des Gläubigers oder der Vollstreckungsbehörde nachweist (Vorlage des Quittungsabschnitts einer Zahlkarte usw. genügt in diesem Stadium des Verfahrens regelmäßig nicht) oder den vollen Betrag an den mit der Versteigerung beauftragen Beamten zahlt, so hat dieser den Termin aufzuheben und die Freigabe der gepfändeten Sachen durch die Vollstreckungsbehörde zu veranlassen. Wird eine Fristbewilligung der Vollstreckungsbehörde nachgewiesen, so ist der Termin gleichfalls aufzuheben, jedoch unter AufrechterhaUung der Pfändung.

32.2 Verlauf der Versteigerung

32.21 Der Vollziehungsbeamte hat dafür zu sorgen, daß die Versteigerung entsprechend ihrem Wesen als staatlicher Hoheitsakt in angemessenen Formen verläuft.

32.22 Nach Eröffnung des Termins hat der Vollziehungsbeamte zunächst die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen und die von der Vollstreckungsbehörde oder ihmselbst noch für zweckmäßig gehaltenen zusätzlichen Versteigerungsbedingungen (z. B. Regelung der Rückgabe von leeren Behältern) bekanntzugeben. Er hat insbesondere darauf hinzuweisen, daß der Erwerber keine Gewährleistungsansprüche hat (§ 25). Die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen ergeben sich im übrigen aus den §§ 32—36 und aus den in § 32 für anwendbar erklärten Vorschriften. Da in § 32 der § 817 a ZPO ausdrücklich ausgenommen ist, finden die sonst üblichen Bestimmungen über das Mindestgebot keine Anwendung. Wegen Gold- und Silbersachen siehe § 33.

32.23 Die Pfandstücke sollen nach Möglichkeit einzeln, zusammengehörende Stücke z. B. eine vollständige Zimmereinrichtung oder eine mehrbändige Ausgabe literarischer Werke, jedoch geschlossen ausgeboten werden, sofern nicht bei Ausbietung in Einzelstücken ein höherer Erlös zu erwarten ist. Bei Einzelausgebot von Sachen, die sich zum Gesamtausgebot eignen, kann der Zuschlag davon abhängig gemacht werden, daß bei einem Gesamtausgebot kein-höherer Erlös erzielt wird.

Wünsche des Schuldners hinsichtlich der Reihenfolge des Ausgebots sind möglichst zu berücksichtigen. ' . '

32.24 Bei jedem Ausbieten ist die im Pfändungsprotokoll enthaltene Angabe des Schätzwertes sowie ggf. .das Ergebnis einer Sachverständigenschätzung bekanntzugeben, bei Gold- und Silberwaren außerdem der reine Metallwert.

32.25 Bei dem Zuschlag hat der Vollziehungsbeamte unparteiisch zu verfahren.. Insbesondere darf er den Zuschlag nicht zu Gunsten eines Bieters übereilen. Von dem Grundsatz, daß eine zugeschlagene Sache nur Zug um Zug gegen Barzahlung dem Erwerber auszuhändigen ist (§ 817 Abs. 2-ZPO), darf der Vollziehungsbeamte nur kraft ausdrück-

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lieber Anordnung der Vollstreckungsbehörde abweichen. Bezahlung mit Scheck ist nicht als Barzahlung zu behandeln.

32.26 Sobald der Erlös der Versteigerung unter Hinzurechnung etwa geleisteter Teilzahlungen die beizutreibende Gesamtsumme deckt, ist die weitere Versteigerung unter Freigabe der übrigen Pfandstücke einzustellen (§ 818 ZPO). Reicht der Erlös dagegen nicht aus, ist dem Schuldner Gelegenheit zu geben, bisher noch nicht gepfändete Sachen von angemessenem Wert für die Versteigerung noch zur Verfügung zu stellen, um eine spätere Fortsetzung des Zwangsverfahrens und die dadurch neu entstehenden Kosten abzuwenden.

32.3 Beteiligung am Bieten

32.31 Gläubiger, Schuldner und Eigentümer der Pfandsachen dürfen sich am Bieten beteiligen. Das Gebot der beiden letzteren darf aber zurückgewiesen werden, wenn nicht gleichzeitig der gebotene Betrag in bar erlegt wird. Erhält der Vollstreckungsschuldner den Zuschlag, so darf der Vollziehungsbeamte den versteigerten Gegenstand sofort wieder pfänden, wenn durch den Zuschlag volle Befriedigung noch nicht erreicht ist.

32.32 Weder dem Vollziehungsbeamten, der die Pfändung durchgeführt hat oder die Versteigerung leitet, noch seinen Gehilfen und seinen Angehörigen ist es gestattet, mitzubieten oder andere für sich bieten zu lassen (vgl. § 456 BGB). Ein Verstoß gegen dieses Verbot stellt eine Amtspflichtverletzung dar und macht den Erwerb .ungültig. Um jeden Anscheinzu vermeiden, als ob beteiligte Beamte sich billig in den Besitz von Waren setzen wollten, oder als ob sonst parteiisch verfahren würde, sollen alle Dienstkräfte der Vollstreckungsbehörde, die dienstlich irgendwie mit dem laufenden Zwangsverfahren zu tun hatten oder haben, sich jeder Beteiligung an der Versteigerung enthalten.

32.4 Versteigerung bestimmter Waren

32.41 Bei der Übergabe eines versteigerten Kraftfahrzeuges ist dem Erwerber auch der Fahrzeugbrief auszuhändigen oder, wenn der Vollziehungsbeamte diesen noch nicht an sich genommen hat, eine entsprechende Bescheinigung auszustellen.

32.42 Zollpflichtige oder verbrauchssteuerpflichtige Erzeugnisse oder Waren, für die der Zoll oder die Verbrauchssteuer noch nicht entrichtet sind, soll der Vollziehungsbeamte dem Ersteher erst aushändigen, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß die Zoll- oder Steuerverpflichtungen erfüllt sind oder doch ihre Erfüllung ausreichend gewährleistet ist (vgl., Nr. 37.2).

33 Gold- und Silbersachen (zu § 33)

33.1 Der Gold- und Silber wert ist regelmäßig durch den nach § 30 Satz 2 zu hörenden Sachverständigen festzustellen. Seine Zuziehung erübrigt sich jedoch bei Gold- und Silbersachen, die keinen Kunstwert, sondern ausschließlich einen Metallwert haben, der nach dem Gewicht auch vom Vollziehungsbeamten ermittelt werden kann. Platin und Platinmetalle sind entsprechend zu behandeln.

33.2 Die Anordnung des freihändigen Verkaufs ist Sache der Vollstreckungsbehörde.

34 Wertpapiere (zu § 34)

34.1 Wertpapiere sind Urkunden, in denen ein Recht so verbrieft ist, daß es sich nur aus ihnen ergibt und ihr Besitz zur Ausübung des Rechtes notwendig ist. Dazu gehören

. a) Inhaber- und Namenspapiere, z. B. Aktien, Kuxe, Pfandbriefe, Schuldverschreibun-

gen und Grund- und Rentenschulden, die auf den Inhaber lauten, Zinsscheine, Gewinnanteilscheine, ausländische Banknoten;

b) Orderpapiere, z. B. Wechsel, kaufmännische Anweisungen, Konnossemente, Lagerscheine, Ladescheine.

34.2 § 34 gilt nicht

a) für Wechsel und andere indossable Papiere, durch deren Wegnahme gemäß § 42 nicht das Papier als solches, sondern die aus dem Papier sich ergebende Forderung gepfändet worden ist;

b). f ü r Legitimationspapiere, d. h. Urkunden, die nicht Träger eines Rechts sind, auch wenn ein solches in ihnen verbrieft ist, bei denen also das Recht am Papier dem Recht aus dem Papier folgt; dazu gehören die meisten Sparkassenbücher (vgl. aber Nr. 40.42, 40.43), Pfandscheine, Versicherungsscheine, Hypothekenbriefe, Grund- und Rentenschuldbriefe, die nicht auf den Inhaber lauten, ferner reine Be-weisurkunden wie Schuldscheine, GmbH.-Anteilscheine u. a.;

c) für Bankkonten und Schecks sowie für Wortzeichen, die hinsichtlich der Pfändung und Verwertung wie Bargeld /u behandeln sind (vgl. N'r. 30.12).

34.3 Wertpapiere, die an einer Börse amtlich notiert werden, sollen grundsätzlich nur durch ein Kreditinstitut oder einen zugelassenen Makler verkauft werden. Die in § 31 vorgesehene Wochenfrist gilt hier zwar nicht, doch empfiehlt es sich, den Zeitpunkt des Verkaufs von der Wahrscheinlichkeit einer möglichst günstigen Verwertung abhängig zu machen und insoweit auch die Vorschläge des Schuldners zu berücksichtigen.

Beim Verkauf oder der Versteigerung von Namenspapieren,ist § 36 zu beachten.

Auch bei einer Veräußerung außerhalb der Börse wird Börsenumsatzsteuer fällig (§§ 17 ff. Kap-VerkStG). Sie ist vom Verkaufserlös abzuziehen.

35 Früchte auf dem Halm (zu § 35)

35.1 Regelmäßig sollen Früchte, die gemäß § 29 .aufdem Halm" gepfändet wurden, erst nach der wirklichen Reife, aber noch vor der Ernte versteigert werden, so daß die Ernte Sache des Erstehers sein wird. Aus besonderen Gründen, vor allem aus Gesichtspunkten der bestmöglichen Verwertung, kann aber die Vollstreckungsbehörde anordnen, daß die Früchte noch vor der Versteigerung abzuernten sind. In diesem Falle hat der Vollziehungsbeamte die Aberntung durch den Vollstreckungsschüldner oder eine Hilfsperson zu veranlassen und diese dabei so weit zu beaufsichtigen, als erforderlich ist, um den Ertrag der Ernte mit Sicherheit festzustellen. Er hat auch dafür zu sorgen, daß die geernteten Früchte bis zur Versteigerung sicher untergebracht und Verwahrt werden.

35.2 Sind die Früchte erst unmittelbar vor der Reife gepfändet worden (vgl. Nr. 29.32), ist die Wochenfrist nach § 31 zu beachten'.

36 Namenspapiere (zu § 36)

36.1 Die Vollstreckungsbehörde ist verpflichtet, dem Käufer oder Ersteher eines gepfändeten Wertpapie-res auch das Eigentum am Papier und damit das Recht aus dem Papier zu verschaffen. Der Käufer oder Ersteher hat daher einen Rechtsanspruch darauf, daß die Vollstreckungsbehörde von der in § 36 enthaltenen Ermächtigung Gebrauch macht, soweit es sich um Namenspapiere handelt, weil er sonst mit dem ihm übergebenen Papier nichts anfangen kann.

140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

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36.2

36.3

36.4

Die Vollstreckungsbehörde, die ein auf den Namen lautendes Wertpapier veräußert oder versteigert hat, muß es dem Erwerber nicht nur übergeben, sondern es auch auf. seinen Namen umschreiben lassen. Das geschieht entweder durch Indossament oder durch die übliche Abtretungserklärung. Diese ist auf die Rückseite des Papiers oder eine damit zu verbindende Anlage zu setzen und hätte etwa folgendermaßen zu lauten:

.Auf Grund Zuschlags im Versteigerungstermin vom ...................... abgetreten an Herrn ..........................

in .......-..............-.............-............................................._.......................

_...................................................., den ................................ 19........

(Vollstreckungsbehörde) LA.

Bei N a m e n s a k t i e n ist gemäß §§ 67, 68 AktG die Umschreibung im Aktienbuch auf den Erwerber zu veranlassen.

Handelt es sich um ein ursprüngliches Inhaberpapier, das erst später auf den Namen des Schuldners umgeschrieben ist (Beispiele § 24 AktG, § 806 BGB), so hat die Vollstreckungsbehörde, bevor sie das Papier verkauft oder versteigern läßt, bei der zuständigen Stelle, z. B. bei dem Vorstand einer Aktiengesellschaft, die Rückverwandlung in ein Inhaberpapier zu erwirken, indem sie die hierzu erforderlichen Erklärungen des Schuldners an seiner Stelle abgibt.

Streng zu beachten ist, daß Orderpapiere der in § 42 genannten Art nicht durch Versteigerung verwertet werden dürfen. Hier ist vielmehr die durch Wegnahme des Papiers gepfändete verbriefte For-. derung unmittelbar vom Gläubiger einzuziehen (vgl. Nr. 42.2).

37 Andere Verwertung (zu § 37)

37.1 Die §§ 30—36 werden von dem Grundsatz beherrscht, daß Pfandsachen nicht vor Ablauf einer Woche seit der Pfändung, dann aber unverzüglich, regelmäßig durch den zuständigen Vollziehungsbeamten öffentlich zu versteigern sind (Ausnahmen in den §§ 33 oder 34). § 37 gibt der Vollstreckungsbehörde die Ermächtigung, nach ihrem eigenen Ermessen - ein Antrag ist nicht Voraussetzung - von diesem Grundsatz abzuweichen und anzuordnen, daß die Pfandsachen

a) aus freier Hand zu verkaufen sind (mit und ohne Ausschreibung),

b) durch einen Auktionator, einen Börsenmakler oder eine sonst fachlich besonders geeignete Person veräußert werden,

c) durch einen anderen Beamten oder eine dritte Person oder auch gemeinsam durch den Vollziehungsbeamten und einen Dritten (z. B. einen Kunsthändler) zu versteigern sind; im letzteren Falle sind die Obliegenheiten beider im Versteigerungsauftrag genau abzugrenzen,

d) erst zu einem späteren Zeitpunkt als üblich und in einer anderen Gemeinde als der, in der sie gepfändet wurden, veräußert oder versteigert werden sollen.

Maßgebend für diese Entscheidung dürfen nur „besondere Zweckmäßigkeitsgründe" sein, vor allem die Erwägung, daß durch die abweichende Regelung eine günstigere Verwertung der Pfandsachen erzielt werden kann, was ja nicht nur dem Gläubiger, sondern auch dem Schuldner zugute kommt. Dies ist' auch dann anzunehmen, wenn bei

einer Versteigerung nicht mehr als der handels-übliche Marktpreis zu erzielen wäre, durch den freihändigen Verkauf aber wenigstens Kosten erspart werden können.

37.2 Bei Pfandsadien, ,die Zo 1 1 g u t darstellen oder zu bestimmten Warengruppen (z. B. Branntwein, Tabakblätter, Tabak-Halberzeugnisse, Zigarettenpapier, Süßstoff, gewisse Arzneimittel, Zucker, Salz, Kaffee, Tee) gehören, hat die Vollstreckungsbehörde die Bestimmungen in §§ 90 und 91 der Gerichtsvollzieherordnung (s. Anlage!) sinngemäß zu beachten. Teilweise ist hier eine Benachrichtigung des zuständigen Zollamtes, der Branntweinmonopolverwaltung oder anderer Dienststellen vorgesehen. Bestimmte Erzeugnisse dürfen nur einem begrenzten Personenkreis angeboten, also nicht öffentlich versteigert werden. Andere Waren dürfen nur mit Genehmigung der zuständigen Dienststellen, z. B. der Branntweinmonopolverwaltung, und zu den von ihr festgesetzten Bedingungen verwertet werden. Die Vollziehungsbeamten sind über diese Sonderbestimmungen genau zu belehren.

38 AnschluBpfandung (zu § 38)

38.l Voraussetzungen

38.11 Sachen, die bereits für andere Gläubiger gepfändet sind, sei es durch den Vollziehungsbeamten selbst oder durch einen anderen Vollziehungsbeamten oder einen Gerichtsvollzieher, soll der Vollziehungsbeamte nur dann pfänden

a) wenn andere zur Befriedigung der beizutreibenden Forderungen ausreichende pfändbare Sachen nicht vorgefunden werden. In diesem Fall ist die Anschlußpfändung geboten ohne Rücksicht darauf, ob nach Befriedigung der vorgehenden Gläubiger aus der ersten Pfändung noch ein Überschuß zu erwarten ist;

b) wenn die Vollstreckungsbehörde die AnschluBpfandung ausdrücklich angeordnet hat;

c) wenn der Vollziehungsbeamte aus besonderen Gründen die Anschlußpfändung für aussichtsreicher hält als die Pfändung enderer noch nicht gepfändeter Sachen im Gewahrsam des Schuldners.

38.2 Formen der Anschlußpfändung

38.21 Der Vollziehungsbeamte kann die Anschlußpfändung in der Weise wirksam vornehmen, daß er die in § 38 Abs. l Satz l vorgesehene Erklärung in die Niederschrift aufnimmt. In diesem Falle braucht er die Pfandsache weder in Besitz zu nehmen, noch ein Pfandzeichen an ihr anzubringen. Er braucht dazu nicht einmal die Wohnung des Gewahrsamsinhabers aufzusuchen. Da die vereinfachte Form der Anschlußpfändung aber zu ihrer Wirksamkeit eine formell noch gültige Erstpfändung voraussetzt, ist sie nur in den Fällen unbedenklich, in denen der Vollziehungsbeamte selbst die Erstpfändung vorgenommen hat.

38.22 Der Vollziehungsbeamte kann die Anschlußpfändung aber auch in den Formen einer Erstpfändung vollziehen (Nr. 28.3). Dies empfiehlt sich in allen Fällen, in denen irgendwelche Zweifel hinsichtlich der Gültigkeit der Erstpfändung bestehen. Insbesondere ist trotz des Vorhandenseins von Pfandsiegelmarken oder einer Pfandanzeige u. U. damit zu rechnen, daß die Pfandsachen vom erstpfändenden Gläubiger bereits freigegeben sind, der Vollstreckungsschuldner aber die Pfandsiegel zur Täuschung anderer Gläubiger absichtlich nicht entfernt hat.

38.3 Mitteilungspflicht

38.31 Die Anschlußpfändung ist dem Schuldner vom Vollziehungsbeamten mündlich, fernmündlich oder

Anlage

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schriftlich mitzuteilen. Wegen Erteilung einer Abschrift des Protokolls an den Schuldner vgl. Nr. 28.64.

38.32 Die Vollstreckungsbehörde hat in jedem Falle eine beglaubigte Abschrift (§2 VwZG) des Protokolls über die Anschlußpfändung den an den vorhergehenden Pfändungen beteiligten Vollstrek-1. ungsbehörden und Gerichtsvollziehern förmlich zuzustellen, und zwar auch dann, wenn die Anschlußpfändung in der Form einer Erstpfändung durchgeführt worden ist. Die unverzügliche Benachrichtigung der genannten Stellen ist in jedem Falle deshalb besonders wichtig, weil anders der neue Gläubiger und seine Vollstreckungsbehörde nicht erwarten können, über die Anberaumung von Versteigerungsterminen und .andere Vollstrek-kungsmaßnahmen 'auf Grund der vorhergehenden Pfändungen unterrichtet und an der Befriedigung aus dem Erlös beteiligt zu werden.

38.33 Die Mitteilung an den Schuldner (Nr. 38.31) und die Zustellungen (Nr. 38.22) sind zwar keine Vor-' aussetzungen für die Rechtswirksamkeit der Anschlußpfändung. Werden sie aber unterlassen, so machen sich die Vollstreckungsbehörde und der Vollziehungsbeamte unter Umständen gegenüber dem Gläubiger schadenersatzpflichtig.

38.4 Erstreckt sich die Anschlußpfändung auf Pfandsachen im Gewahrsam eines Dritten, so ist zur Anschlußpfändung nach heute herrschender Meinung seine Zustimmung erforderlich.

38.5 Durch die Anschlußpfändung wird für den Gläubiger ein selbständiges Pfändungspfandrecht begründet. Er und seine Vollstreckungsbehörde können nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 alles tun, um die kraft der Erstpfändung zuständige Vollstrek-kungsbehörde zum Handeln zu veranlassen, selbst wenn diese zunächst die Vollstreckung nicht weiter betreiben will, etwa weil der Gläubiger der Erstpfändung Stundung bewilligt hat.

39 Mehrfache Pfändung (zu § 39)

39.1 Die Versteigerung einer mehrfach gepfän-' d e t e n Sache kann nur diejenige Vollstreckungsbehörde oder derjenige Gerichtsvollzieher anordnen, die die Erstpf.än-d u n g veranlaßt haben. Bei der Bewertung der Pfandsachen sind die Interessen aller beteiligten Gläubiger nach Maßgabe ihres Rangverhältnisses oder abweichender Vereinbarungen zu wahren. Die für die Erstpfändung zuständige Vollstreckungsbehörde (der zuständige Gerichtsvollzieher) hat sich daher nicht einseitig nur nach den Wünschen oder Weisungen des Erstgläubigers zu richten, sondern .die Anträge und Anregungen aller Gläubi-1 g e r bei der Entscheidungüber die Versteigerung oder sonstige Verwertung der Pfandsache angemessen zu berücksichtigen (Absatz 2). Gegenüber, etwa beteiligten privaten Pfandgläubigern hat die Vollstreckungsbehörde dieselben Pflichten wie der Gerichtsvollzieher.

39.2 Der Versteigerungsauftrag oder der Auftrag zum freihändigen Verkauf, den die zuständige Vollstreckungsbehörde ihrem Vollziehungsbeamten erteilt, muß die ausdrückliche Anordnung enthalten, daß die Pfandsache zur Befriedigung aller, im einzelnen genau aufzuführenden Ansprüche, deretwegen sie mehrfach gepfändet worden ist, -verwertet werden soll. Um nichts zu versäumen, hat sich daher die versteigernde Stelle nicht mit den gemäß § 38 Abs. 2 ihr zugegangenen Mitteilungen" über Anschlußpfändungen zu begnügen, sondern sich, falls nötig, von allen Beteiligten ergänzende Unterlagen übermitteln zu lassen.

39.3 Der Erlös ist auch dann gemäß Absatz 3 zu verteilen, wenn er zur Deckung aller Ansprüche nicht

ausreicht. Hinterlegung des Erlöses und gerichtliches Verteilungsverfahren hat die zuständige Vollstreckungsbehörde immer dann zu veranlassen, wenn sich die beteiligten Gläubiger, Vollstreckungsbehörden und Gerichtsvollzieher über die Reihenfolge der Befriedigung streiten.

Das gerichtliche Verteilungsverfahren kommt jedoch nicht in Frage, wenn mehrfache Pfändungen zwar für mehrere Gläubiger oder durch verschiedene Vollziehungsbeamte, jedoch im Auftrage derselben Vollstreckungsbehörde vorgenommen worden sind. In solchen Fällen bestimmt die Vollstreckungsbehörde den für die Versteigerung zuständigen Vollziehungsbeamten und entscheidet selbst über die Verteilung des Erlöses. Den Beteiligten bleibt die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde oder der formellen Rechtsbehelfe.

3. Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte

40 Pfändung einer Geldforderung (zu § 40) 40.1 Voraussetzungen und Zuständigkeiten

40.11 Die Vollstreckungsbehörde soll eine Forderung im allgemeinen erst dann pfänden, wenn sie zu der Überzeugung gelangt ist, daß

a) die Forderung zu Recht besteht und

b) ihrer Verwertung Pfändungsbeschränkungen und Vollstreckungsschutzbestimmungen nicht entgegenstehen (§ 48).

Die vorherige Anhörung des Schuldners ist zwar nicht, wie in § 834 ZPO, ausdrücklich ausgeschlossen. Sie wird aber in der Regel nicht in Betracht kommen, da der Schuldner sonst durch rasche Einziehung oder Abtretung der Forderung die Pfändung vereiteln könnte. . '

40.12 Absatz 3 stellt klar, daß jede Vollstreckungs'behörde Forderungen gegen einen Drittschuldner im Lande NW selbst pfänden kann und sich dazu nicht der Amtshilfe einer „örtlich zuständigen" Vollstrek-kungsbehörde zu bedienen braucht. Sie kann dem . Drittschuldner die Pfändungsverfügung auch außerhalb ihres Bezirks im Wege der Postzustellung wirksam selbst zustellen. Eine andere Vollstreckungsbehörde braucht nur eingeschaltet zu werden, wenn aus besonderen Gründen Wert auf die persönliche Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (§ 5 VwZG) gelegt wird.

40.13 Durch die Regelung in Absatz 4 wird erreicht, daß jeder Schuldner oder Drittschuldner im Lande Nordrhein-Westfalen auch die Zustellung einer Pfändungsverfügung durch eine Vollstreckungsbehörde in einem anderen Bundesland und im Lande Berlin unmittelbar gegen sich gelten lassen muß. Insoweit gibt es also keine Kompetenzschwierigkeiten mehr unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Gebietshoheit der Vollstreckungsbehörde. Bei Forderungspfändungen außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen ist nach den Vorschriften über die Amtshilfe (§§ 4 bis 8 VwVfG. NW.) zu ver^ fahren, solange in dem betreffenden Land nicht entsprechende Vorschriften gelten.

40.2 Die Pfändungsverfügung

40.21 Die zuzustellende Pfändungsverfügung muß a!s Urschrift (Reinschrift), Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift (Durchschrift) den formalen Anforderungen des § 2 VwZG und des § l Abs. 3 (neu) LZG entsprechen. Die Urschrift (Reinschrift) oder die Ausfertigungs- und Beglaubigungsvermerke

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müssen voll unterschrieben sein, den letzteren ist Abdruck des Dienststempels beizufügen.

40.22 Die Pfändungsverfügung muß. enthalten:

1. Die Bezeichnung des Gläubigers und der Forderung, deretwegen die Zwangsvollstrek-kung betrieben wird, nach Art, Höhe und Zeitraum. Das Steuergeheimnis kann durch Mitteilung dieser Forderung an den Drittschuldner nicht verletzt werden, da die Mitteilung insoweit nicht „unbefugt" ist (§ 30 AO 1977 i. V. m. § 12 Abs. l Nr. l c KAG

2. den Betrag der beizutreibenden Kosten;

3. die Bezeichnung der zu pfändenden Forderung unter genauer Angabe des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses (z. B. .Gehaltsansprüche aus dem Dienst-/Arbeitsver-hältnis..."; nicht .Forderung aus Kaufvertrag", sondern: .Ansprüche aus dem Kaufvertrag vom ... über einen Schrank" oder .Forderung aus dem Verkauf eines Kraftwagens (Marke)"; nicht .Forderung aus Vermietung", sondern .Forderung aus der Vermietung eines Zimmers — einer ... Zi-Wohnung im Hause...") mit dem Ausspruch, daß diese Forderung wegen der zu 1. und 2. angegebenen Beträge gepfändet wird;

4. das an den Drittschuldner zu richtende Verbot, an den Vollstredamgsschuldner zu zahlen;

5. das an den Vollstreckungsschuldner zu richtende Gebot, sich jeder Verfügung über die Forderung» insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten;

6. die Erklärung, daß der Gläubiger die gepfändete Forderung zur Befriedigung seiner Ansprüche einziehen kann; diese Erklärung kann auch nachgeholt werden (vgl. Nr.. 40.27).

wirksam wird. Haben dagegen mehrere Dritt- 0010 Schuldner die Forderung als Gesamtschuldner zu *•" '.V erfüllen, so wird die Pfändung jedem einzelnen gegenüber mit der Zustellung an ihn wirksam.

Die Zustellung an den Drittschuldner soll nicht durch eingeschriebenen Brief geschehen, da sonst die Gefahr besteht, daß der Drittschuldner innerhalb der Dreitagefrist nach § 4 VwZG durch sofortige Zahlung an den Vollstreckungsschuldner die Pfändung vereitelt.

40.26 Die Zustellung oder anoerweitige Bekanntgabe an den Vollstreckungsschuldner ist zwar nicht Voraussetzung für das Wirksamwerden der Pfändung. Sie ist aber unerläßlich, weil die Pfändungsverfügung auch das an den Schuldner gerichtete Gebot, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten, enthält. Dieser Verwaltungsakt muß ihm bekannt gegeben werden. Die Bekannt-• gäbe wird nicht ersetzt durch die im letzten Satz des Absatzes l vorgeschriebene Mitteilung über die Zustellung an den Drittschuldner, sie kann aber mit ihr verbunden werden. Das geschieht am besten in der Weise, daß der Beglaubigungsvermerk auf der. dem Schuldner zuzustellenden Abschrift der Pfändungsverfügung etwa folgende Fassung erhält: "

„Die vorstehende Abschrift wird beglaubigt mit dem Hinzufügen, daß die Pfändungsverfügung am . . . dem Drittschuldner zugestellt worden ist.

Ort und Datum,

Unterschrift und Dienststempel."

Auf keinen Fall sollte die Pfändungsverfügung dem Vollstreckungsschuldner vor dem Drittschuldner bekanntgegeben werden. Der Schuldner kann sonst durch Abtretung, der Drittschuldner durch — noch zulässige — Zahlung an den Schuldner den Erfolg der Pfändung vereiteln.

„der vorstehend bezeichnete Gläubiger kann die Forderung, soweit sie gepfändet ist, . bis zum angegebenen Gesamtbetrag zuzüglich monatlich .... v. H. weitere Säumniszuschläge einziehen"

berücksichtigt in ihrem Wortlaut den Umstand, daß im Verwaltungszwangsverfahren die Vollstrek-kungsbehörde meistens ein Organ oder eine Dienststelle des Gläubigers ist und als solche nicht sich selbst eine Forderung überweisen kann. Die Erklärung hat aber dieselbe Wirkung wie die sonst übliche „Überweisung zur Einziehung" (vgl. § 44 Abs. 1).

40.23 Die Pfändungsverfügung soll ferner enthalten: 40.27 Die in Nr. 40.22 unter Ziff. 6 erwähnte Erklärung

7. die Aufforderung an den Drittschuldner, binnen zwei Wochen die in § 45 Abs. l vorgesehene Erklärung abzugeben (§ 45 Abs. 2);

8. die Aufforderung an den Drittschuldner, die von ihm geschuldete Geldsumme bis zur Höhe der beizutreibenden Be'träge bei Eintritt der Fälligkeit unmittelbar an die Vollstreckungsbehörde (Kasse und Kontoverbindung mit Konto-Nr., Bankleitzahl und Bezeichnung des Kreditinstituts angeben) oder den Gläubiger zu zahlen (beachte jedoch Nr. 40.24);

9. die Aufforderung, das erforderlichenfalls angegebene Kassenzeichen oder ein entsprechendes Merkmal, unter dem die beizutreibende Forderung in den Büchern des Gläubigers offensteht, bei der Zahlung anzugeben.

40.24 Die vorstehend unter Nr. 8 vorgesehene Zahlungsaufforderung ist nicht in die Pfändungsverfügung aufzunehmen, wenn der Drittschuldner nur gegen Aushändigung oder Vorlage einer über die Forderung ausgestellten Urkunde, z. B. eines Sparkassenbuches, zur Zahlung verpflichtet ist. In diesem Falle hat sich vielmehr der Gläubiger oder in seinem Auftrage die Vollstreckungsbehörde erst in den Besitz der Urkunde zu setzen, um sodann auf Grund der Einziehungsermächtigung (Nr. 40.22 Ziff. 6) unter Vorlage der Urkunde Zahlung zu verlangen (vgl. Nr. 40.42 und 40.43). Die Aufforderung zur Herausgabe der Urkunde kann in die Verfügung aufgenommen werden.

40.25 Die Wirksamkeit der Pfändung hängt nur von der förmlichen Zustellung der Verfügung an den Drittschuldner ab. Sind mehrere Drittschuldner vorhanden, so ist die Verfügung an jeden einzeln zuzustellen. Zu beachten ist in diesem Falle, daß die Pfändung, wenn mehrere Drittschuldner gemeinschaftlich zur gesamten Hand zur Leistung verpflichtet sind (z. B. Miterben, Gesellschafter nach § 707 BGB), erst mit der Zustellung an den letzten

40.3 Wirkungen der Pfändungsverfügung

40.31 Der Gläubiger ist auf Grund des Ausspruches, daß er die Forderung auch einziehen, kann (Absatz l Satz 2), befugt, die Gläubiger-rechte des Vollstreckungsschuldners gegen den Drittschuldner im eigenen Namen und für eigene Rechnung geltend zu machen. Er hat aber keine größeren Rechte, als sie dem Schuldner zustehen. Insbesondere kann er die Forderung nicht im Verwa l t u n g s zwa n g s verfa h ren beitreiben. Er muß sie vielmehr notfalls vor demselben Gericht einklagen, vor dem auch der Vollstreckungsschuldner klagen müßte — u. U. also auch vor dem Arbeitsgericht —, und dabei nach § 841 ZPO dem Vollstreckungsschuldner den Streit verkünden. Im übrigen darf er, um die Leistung des Drittschuldners herbeizuführen, die Forderung kündigen, gegen eigene Verbindlichkeiten aufrechnen, vereinbarte Gegenleistungen bewirken, die Eröffnung des Konkursverfahrens beantragen, bei zivilrechtlichen Forderungen etwa vorhandene Vollstreckungstitel auf sich umschreiben lassen, einen hinterlegten Betrag erheben, die Leistung in Empfang nehmen und darüber quittieren.

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140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

0010 Der Vollstreckungsgläubiger ist nicht befugt fcWIU zu Maßnahmen, die die Gläubigerrechte des Vollstreckungsschuldners beeinträchtigen, ohne der Tilgung der beizutreibenden Forderung zu dienen. Er darf also weder Stundung noch sonstige Zahlungserleichterungen ohne Einwilligung des Vollstrek-kungsschuldners gewähren noch Vergleiche abschließen noch durch Abtretung oder Erlaß über die Forderung verfügen, es sei denn, daß er die Forderung auf seine Forderung gegen den •Vollstreckungsschuldner anrechnen läßt.

Der Gläubiger oder die von ihm mit der Einziehung beauftragte Vollstreckungsbehörde ist verpflichtet, die gepfändete Forderung ohne Säumen beizutreiben und zu diesem Zweck sich einen vollstreckbaren Titel zii beschaffen. Er haftet dem Vollstreckungsschuldner für jeden aus einer Verzögerung sich etwa ergebenden Ausfall.

40.32 Der Schuldner ist verpflichtet, seine Gläubigerrechte nicht zum Nachteil des Vollstreckungsgläubigers auszuüben. Trotz dem weitergehenden Wortlaut des Gesetzes (Satz 1: „jeder Verfügung") ist er berechtigt, Maßnahmen zu treffen, die der Erhaltung der Forderung und damit seinen und des Gläubigers Interessen in gleicher Weise dienen. Er kann also vom Gläubiger und der Vollstreckungsbehörde nicht gehindert werden, eine gepfändete noch nicht fällige Forderung zu kündigen, den Arrest gegen den Drittschuldher zu beantragen und die Forderung im Konkurs, im Vergleichs- oder Zwangsversteigerungsverfahren anzumelden.

40.33 Der Drittschuldner kann, sobald die Pfändung und das Recht des Gläubigers zur Einziehung ihm durch Zustellung bekanntgegeben worden sind, mit befreiender Wirkung nur noch an den Gläubiger leisten. Eine Zahlung an den Schuldner ist ausnahmsweise jedoch dann wirksam, wenn der Drittschuldner nachweisbar von dem Zahlungsverbot keine Kenntnis hatte, z. B. bei Ersatzzustellung (§§ 407, 1275 BGB). Die Vollstreckungsbehörde hat deshalb besonderen Wert darauf zu legen, daß die Pfändungsverfügung dem Drittschuldner persönlich zugestellt wird. Der Drittschuldner kann gegenüber der Forderung mit eigenen Forderungen gegen den Vollstreckungsgläubiger aufrechnen, sich jedoch nicht mehr durch Hinterlegung befreien, es sei denn, daß mehrfache Pfändung vorliegt (§ 49).

40.4 Pfändung in besonderen Fällen

40.41 Durch die Pfändung eines Postscheckguthabens werden nicht nur das im Zeitpunkt der Pfändung vorhandene Guthaben des Vollstreckungsschuldners, sondern auch seine Ansprüche gegen das Postscheckamt auf die künftig eingehenden Beträge erfaßt. Es empfiehlt sich jedoch, in der Pfändungsverfügung zum Ausdruck zu bringen, daß sie sich auch auf künftig eingehende Gelder erstreckt. Nach § 23 Abs. 3 Satz 2 PostG kann der Anspruch des Postscheckteilnehmers auf Zahlung des Guthabens gepfändet werden.

40.42 Ein Sparkassenguthaben kann nur im Verfahren nach § 40 gepfändet werden, nicht durch Wegnahme des Sparkassenbuches; dieses ist lediglich Legitimationspapier. Die Vollstreckungsbehörde soll zunächst der Sparkasse die Pfändungsverfügung zustellen und dem Vollstreckungsschuldner die Zustellung mitteilen und erst dann das Sparkassenbuch dem Vollstreckungsschuldner, wenn er es nicht freiwillig herausgibt, unter Beachtung des § 44 Abs. 2 wegnehmen lassen. Nach Eintritt der Fälligkeit kann der Gläubiger das Guthaben bis zur Höhe der beizutreibenden Beträge unter Vorlage des Sparkassenbuches abheben.

40.43 Postsparkassenguthaben werden nach der Postsparkassenverordnung vom 1. Dezember 1969 (BGB1. I S. 2164) wie Wechsel usw. nach § 42 durch Wegnahme des Sparbuches gepfändet.

40.44 Die Pfändung und Überweisung von Kontokorrentguthaben ist in Rechtsprechung und Praxis sehr umstritten und sollte im Hinblick auf die dadurch gegebene Unsicherheit möglichst vermieden werden. Allenfalls werden nicht die einzelnen, insbesondere die künftigen Forderungen des Schuldners aus dem Kontokorrentverhältnis erfaßt, sondern nur der Saldo, der sich im Augenblick der Zustellung der Pfändungsverfügung an das Kreditinstitut ergibt.

40.45 Auch Forderungen des Vollstreckungsschuldners gegen den Gläubiger selbst können durch diesen gepfändet werden. Das empfiehlt sich 'besonders dann, wenn Aufrechnung im Einzelfall (noch) nicht möglich oder unzweckmäßig ist und anders die Forderung nicht dem Zugriff anderer Gläubiger entzogen werden kann. (Beispiel: Die vollstreckende Gemeinde hat Räume im Hause des Vollstreckungsschuldners gemietet und könnte gegenüber seinen Mietzinsansprüchen nicht mehr aufrechnen, wenn andere Gläubiger die Forderung auf künftig fällig werdende Miete pfändeten.)

40.46 Nach § 835 Abs. 3 Satz 2 ZPO (eingefügt durch Artikel l Nr. 3 des Vierten Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 28. Februar 1978 (BGB1. I S. 333) darf ein Geldinstitut aus einem gepfändeten Guthaben eines Schuldners, der eine natürliche Person ist, erst zwei Wochen nach der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen. Damit ist dem Schuldner Gelegenheit gegeben, einen Antrag auf Pfändungsschutz im Sinne des § 850 k ZPO zu stellen. Mit dem durch das Gesetz zur Neuordnung des Polizei-, Ordnungs-, Verwaltungsvollstreckungsund Melderechts vom 25. März 1980 (GV. NW. S. 234) in § 40 eingefügten neuen Absatz 2 ist das Landesrecht an das Vollstreckungsrecht des Bundes und die anderen landesrechtlichen Regelungen angepaßt. § 314 AO 1977 ist ebenfalls entsprechend geändert worden. '

40.47 § 54 SGB AT läßt sowohl die Pfändung von einmaligen als auch von laufenden Sozialleistungen zu. Nach § 54 Abs. 3 SGB AT können laufende Soziallei-stungsansprüche der." Schuldner gegen die •Leistungsträger jedoch nur gepfändet werden

a) wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche ohne Billigkeitsprüfung (§ 54 Abs. 3 Nr. l SGB AT),

b) wegen anderer Ansprüche nur, soweit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Schuldner, der Art des beiz'utreibenden Anspruchs, sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleis'tung die Pfändung der Billigkeit entspricht und die Schuldner dadurch nicht hilfsbedürftig im Sinne der Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes über die Hilfe zum Lebensunterhalt werden.

Angesichts dieser Vorschrift muß der Vollstrek-kungsgläubiger der Vollstreckungsbehörde darlegen, daß die Voraussetzungen für die Beitreibung erfüllt sind (vgl. auch Nr. 48.22 Buchstabe c). In den unter b) angesprochenen Fällen sind daher regelmäßig Pfändungsverfügungen erst zuzustellen, wenn die erforderlichen Auskünfteeingeholt worden sind.

41 Pfändung einer Hypothekenforderung (zu § 41)

41.1 Eine hypothekarisch gesicherte Forderung kann nicht ohne die Hypothek, die Hypothek nicht ohne die Forderung gepfändet werden. Die Pfändung wird deshalb — abweichend von der Regel des § 40 — erst wirksam mit der Aushändigung des Hypothekenbriefes, bei Buchhypotheken mit der Eintragung im Grundbuch (vgl. jedoch Nr. 41.51).

140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

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41.2 Pfändungsverfügung

41.21 Die Pfändungsverfügung soll in diesen Fallen regelmäßig auch dem Vollstreckungsscbuldner zugestellt werden. Sie n;uß außer den in Nr. 40.23 genannten- Erfordernissen noch Angaben .über die ArtderHypothek (Brief- oder Buchhypothek) und die Bezeichnung des belasteten Grundstücks unter Angabe des Grundbuchblattes enthalten.

41.22 Wenn es sich um eine Briefhypothek handelt, werden in die Pfändungsverfügung zwcckmäßiger-weise noch aufgenommen:

1. die Aufforderung an den Vollstreckungsschuldner, den Hypothekenbrief an die Vollstreckungsbehörde herauszugeben oder über seinen Verbleib Auskunft zu geben,

2. die Ermächtigung an den mit der Zustellung an den Vollstreckungsschuldp.er betrauten Vollziehungsbeamten, den Hypothekenbrief in Empfang zu nehmen,

3. der Auftrag an den Vollziehungsbeamten, dem Vollstreckungsschuldner im Weigerungsfalle den Hypothekenbrief wegzunehmen (§ 44 Abs. 2 Satz 2).

41.23 Die Herausgabe des Hypothekenbriefes an die Vollstreckungsbehörde kann auch durch Androhung und Festsetzung eines angemessenen Zwangsgeldes oder durch unmittelbaren Zwang nach § 61 erzwungen werden (§41 Abs. l Satz 2 i. Verb. m. § 68 Abs. l Nr. 19).

41.4 Pfändung einer B r i e f h y p o t h e k

41.41 Bei P; iiiiiunc; einer Forderung, für die eine Brief-hypothoK (§1116 Abs. l BGB) bestellt ist, entsteh' ciasPfändrecnt erst in dem Zeitpunk:, in der,1, tue Vollstred<ung';Lehörde den u n m i t t e l -baren -Besitz am L. , i e f erlangt, sei es c!i-durd-,, daß der Voüstreckuugssciiuldnei ihr den Brief freiwillig übergibt, oder dadurch, daß der Vollziehumjsbeamte ihn wegnimmt. Die Eintragung der Pfändung im Grundbuch ist nicht notig, aber zulässig.

Der Vollstreckungsschuldner ist zur sofortigen Herausgabe des Briefes verpflichtet (§44 Abs. 2 Satz >).

41.42 Hat ein Dritter den Brief in Gewahrsam (z. B. ein Kreditinstitut), kann die Vollstreckungsbehörde den Herausgabeanspruch des Schuldners gegen ihn gemäß § 44 Abs. 5 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 unmittelbar geltend machen. Auch ein Herausgabeanspruch des Schuldners gegen das Grundbuchamt, z. B. im Falle des § 1117 Abs. 2 BGB, ist nach diesen Vorschriften zu behandeln.

41.43 Ist der Hypothekenbrief verlorengegangen oder vernichtet, so muß die Vollstreckungsbehörde zunächst den Anspruch auf Kraftloserklärung des alten (§ 1162 BGB) und Ausstellung eines neuen Briefes nach Vorschrift des § 50 pfänden und durchsetzen. Erst dann kann sie auch die Hypothekenforderung pfänden. Die Eintragung im Grundbuch (vgl. Nr. 41.41 Satz 2) kann die Inbesitznahme des Briefes nicht ersetzen.

Über den Verbleib des Briefes kannvom Schuldner die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verlangt werden (§ 44 Abs. 3).

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41.3 Pfändung einer Buchhypothek

41.31 Soll eine Forderung gepfändet werden, für die eine Suchhypothek besteht (§§ 1116 Abs. 2, 1185 BGB), so leitet die Vollstreckungsbehörde, sobald sie die Pländur.gsverfügung dem Drittschuldner zu-qestellt hat, dem Amtsgericht (Grundbuchamt) einen mit Dienststempel und voller Namensunterschrift versehenen Antrag auf Eintragung der Pfändung in das Grundbuch zu. Dem Antrag ist die Urschrift oder eine Ausfertigung der Pfändungsverfügung nebst Zustellungsurkunde beizufügen (§ 29 GBO).

41.32 Ist der Vollstreckungsschuldner im Grundbuch nicht als Hypothekengläubiger eingetragen, so muß die Vollstreckungsbehörde zunächst die Berichtigung des Grundbuchs bewirken, indem sie sich gemäß § 792 ZPO an Stelle des Schuldners die zum Nachweis der Unrichtigkeit erforderlichen öffentlichen Urkunden, z. B. einen Erbschein, beschafft und dem Grundbuchamt vorlegt oder aul solche etwa bei den Gerichtsakten befindlichen Urkunden Bezug nimmt. Ist der Nachweis durch öffentliche Urkunden nicht zu führen, so kann die Vollstreckungsbehörde den Anspruch des Schuldners gegen den im Grundbuch Eingetragenen auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung pfänden (§ 50 Abs. 1) und aussprechen, daß der Gläubiger diesen Anspruch durchsetzen kann. Der Anspruch muß notfalls im Klageweg durchgesetzt und die Berichtigung alsdann unter Vorlage des erstrittenen Urteils (öffentliche Urkunde) beim Grundbuchamt veranlaßt werden.

Der Tag, an dem der Antrag beim Grundbuchamt eingeht, ist maßgebend für den Rang der Pfändung (§ 17 GBO).

41.33 Dem Vollstreckungsschuldner bleibt es nach Tilgung seiner Schuld überlassen, die Berichtigung des Grundbuchs, in dem die Pfändung der Forderung eingetragen war, zu veranlassen. Auf Verlangen hat ihm die Vollstreckungsbehörde eine mit Unterschrift und Dienststempel versehene löschungsfähige Quittung (§ 29 GBO) zu erteilen. Es ist nictit Sache der Vollstreckungsbehörde, die Hypothek löschen zu lassen.

41.5 Wirksamwerden gegenüber Drittschuldnern

41.51 Die Zustellung des Pfändungsbeschlusses mit dem Zahlungsverbot beschränkt den Drittschuldner zunächst in der Weise, daß er nur noch an den Vollstreckungsgläubiger zahlen oder hinterlegen darf. Das Pfandrecht selbst entsteht erst mit der Briefübergabe bzw. Eintragung im Grundbuch, dann aber dem Drittschuldner gegenüber rückwirkend zum Zeitpunkt der Zustellung (Absatz 2).

41.52 Drittschuldner ist sowohl der Schuldner der gepfändeten persönlichen Forderung, als auch der Eigentümer des belasteten Grundstücks, •wenn er mit dem Schuldner nicht personengleich ist. Beiden muß daher zugestellt werden. Auch sonst entsteht bei einer Mehrheit von Drittschuldnern das Pfandrecht gemäß Absatz 2 rückwirkend nur im Verhältnis zu denjenigen, denen der Pfändungsbeschluß zugestellt worden ist.

41.6 Ausnahmevorschriftenn a'c hAbsatz3

41.61 Nicht nach den Vorschriften des § 41, sondern wie allgemeine Forderungen gemäß § 40 sind zu pfänden:

a) Ansprüche auf rückständigeZinsen und rückständige andere Nebenleistungen einer hypothekarisch gesicherten Hauptforderung (§1159 Abs. l BGB),

b) Ansprüche auf Erstattung von Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechts Verfolgung (§§ 1118, 1159 Abs. l Satz 2 BGB).

Diese Ansprüche können sowohl mit der Hauptforderung als auch selbständig gepfändet werden. Der Übergabe des Hypothekenbriefes bedarf es insoweit nicht. Die Zustellung der Pfändungsverfügung an den Drittschuldner ist auch dann notwendig und ausreichend, wenn gleichzeitig die Haupt-

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forderung gemäß § 41 durch Wegnahme des Brie-fes gepfändet wird.

44 Einziehung der Forderung — Herausgabe der Urkunden (zu § 44)

Noch nicht fällige nach § 41 zu pfänden.

Zinsen sind dagegen 44.1 Einziehung der Forderung

41.62 Forderungen aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber, aus einem Wechsel oder aus einem anderen indossablen Papier, die . gemäß § 1187 BGB durch eine Sicherungshypothek brieflos gesichert sind, werden nicht durch Ein-,tragung im Grundbuch, sondern nach § 42 nur durch Wegnahme der Papiere gepfändet. Einer Pfändungsverfügung bedarf es nicht.

42 Pfändung einer Wechselforderung (zu § 42)

42.1 Der Vollziehungsbeamte soll Wechsel und andere indossable Wertpapiere, bei denen die Zahlungsfähigkeit des Verpflichteten und damit die Verwertbarkeit des Papiers meist nicht ohne weiteres zu beurteilen ist, sowie Postsparbücher nur auf Grund eines ausdrücklichen Auftrages der Vollstreckungsbehörde und nicht im Rahmen seines allgemeinen Auftrages zur Pfändung beweglicher Sachen wegnehmen. Mit der Wegnahme ist die Pfändung der in dem Papier verbrieften Forderung vollzogen; eine Pfändungsverfügung im Sinne des § 40 Abs. l Satz l wäre unzulässig. Der Vollziehungsbeamte muß sich • überzeugen, daß der Schuldner der legitimierte Inhaber des Papiers ist.

42.2 Die Vollstreckungsbehörde muß, wenn nicht ausnahmsweise eine andere Form der Verwertung als die Einziehung in Frage kommt, nach der Wegnahme des Papiers durch eine zuzustellende Verfügung nach § 40 Abs. l Satz 2 aussprechen, daß der Vollstreckungsgläubiger die Forderung einziehen kann. Zum Zwecke der Einziehung muß alsdann der Gläubiger dem Drittschuldner das Papier zusammen mit der Einziehungsverfügung vorlegen (Nr. 44.13)..

Bei Wechseln ist auf rechtzeitige Vorlage und gegebenenfalls Protesterhebung zu achten, um Schadensersatzforderungen des Vollstreckungsschuldners zu vermeiden. Der Wechselprotest muß von einem Gerichtsvollzieher, einem Notar oder einem Postbeamten aufgenommen werden (Art. 79 WG). Der Vollziehungsbeamte ist dazu nicht befugt

43 Pfändung fortlaufender Beziige (zu § 43)

43.1 Der Begriff „Gehalts- und ähnliche Forderungen" deckt sich zunächst mit dem Begriff „Arbeitseinkommen" in § 850 ZPO.. Darunter fallen aber auch Bezüge aus Reallasten, Leibrenten (§ 759 BGB), Provisionsforderungen auf Grund eines dauernden Anstellungsverhältnisses, Honoraransprüche der Ärzte (Zahnärzte) gegen die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung, ihre Bezüge auf Grund eines ständigen Vertragsverhältnisses mit einer Krankenkasse, etwa als Vertrauensarzt (nicht dagegen Forderungen, die sie durch ihre Tätigkeit von Fall zu Fall erwerben), und der Anspruch des Kellners gegen den Gastwirt auf Herausgabe oder Überlassung des Bedienungsgeldes (nicht dagegen das darüber hinaus eingenommene persönliche Trinkgeld).

43.2 Die Pfändung einer derartigen Forderung auf fortlaufende Bezüge, die als Entgelt für geleistete Dienste gewährt werden, ergreift grundsätzlich auch die künftig fällig werdenden Raten und neu entstehenden Ansprüche aus demselben Rechtsverhältnis. Die Vollstreckungsbehörde muß, wenn sie diese Wirkung "ausschließen will, die Pfändung in ihrer Verfügung gemäß § 40 ausdrücklich auf einen oder mehrere Teilbeträge beschränken.

43.3 Zu beachten sind die erheblichen Pfändungsbeschränkungen, denen derartige Forderungen regelmäßig unterworfen sind (vgl. § 48).

44.11 Wenn die in § 40 Abs. l Satz 2 vorgesehene Erklärung, daß der Vollstreckungsgläubiger die Forderung einziehen kann, nicht schon in die Pfändungsverfügung aufgenommen wird (vgl. Nr. 40.22 Ziff. 6, Nr. 40.27), kann sie auch gesondert ausgesprochen werden. Sie muß jedoch auch in diesem Falle dem Drittschuldner zugestellt werden.

44.12 Bei Pfändung einer Briefhypothek ersetzen Pfändung und Erklärung der Einziehungsbefugnis die in § 1154 BGB vorgesehene Abtretungserklärung. Sie berechtigen zur Einziehung der Forderung jedoch erst dann, wenn die Pfändung durch Aushändigung oder Wegnahme des Hypothekenbriefes wirksam geworden ist. '

44.13 Bei Wechseln und anderen indossablen Papie^ ren (§.42) ersetzt die Erklärung der Finziehungs-befugnis nicht das Indossament des Vollstreckungsschuldners gemäß Art. 11 WG, sondern nur ein sogenanntes Vollmachtsindossament i. S. d. Art. 18 WG. Der Gläubiger kann das Papier nicht weiter indossieren. Er muß vielmehr die Forderung einziehen und das Papier zu diesem Zweck dem Drittschuldner zusammen mit der Einziehungsverfügung vorlegen; diese kann auf das Papier gesetzt werden. Auf rechtzeitige Vorlage der Wechsel und ggf. Protesterhebung ist zu achten (vgl.. Nr. 42.2 Abs. 2).

44.14 Die Rechte und Pflichten des Gläubigers auf Grund der Erklärung über die Einziehungsbefug-n i s ergeben sich im übrigen aus den Ausführungen unter Nr. 40.31.

44.2 Hilfspflichten des Vollstreckungsschuldners

44.21 Die Vollstreckungsbehörde kann auf Grund des §§ 44 Abs. 2 i. Verb, mit § 2 Abs. 3 den Schuldner durch Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld nach § 60 (mit der Möglichkeit, nach § 61 Ersatzzwangshaft anordnen zu lassen) dazu anhalten, die nötige Auskunft zu erteilen und vorhandene Urkunden herauszugeben oder über ihren Verbleib . sich zu äußern. Sie kann ihm die Urkunden auch durch den Vollziehungsbeamten wegnehmen lassen.

Hinsichtlich der Urkunden können Gläubiger und Vollstreckungsbehörde den Vollstreckungsschuldner auch zur Abgabe einer eidesstattlichen Versiche-. rung zwingen (Absätze 3 und 4).

44.22 Unter Urkunden im Sinne des § 44 Abs. 2 sind im weitesten Sinne alle Schriftstücke, auch einfache Briefe, zu verstehen, die beweiskräftige Auskunft über den Bestand der Forderung geben und für ihre Geltendmachung zweckdienlich sind.

44.23 Den Herausgabeanspruch des Vollstreckungsschuldners gegen einen Dritten (Absatz 5) können Gläubiger und Vollstreckungsbehörde unmittelbar geltend machen, ohne daß es einer Pfändung dieses Anspruches und des Ausspruches der Einziehungsbefugnis bedarf; der Anspruch auf die Urkunde ist regelmäßig als Zubehör zur gepfändeten Forderung anzusehen.

Der Herausgabeanspruch muß notfalls durch Klage aus dem Recht des Vollstreckungsschuldners durchgesetzt werden. Zwangsmaßnahmen nach Absatz 2 bis 4 sind gegen den Dritten nicht zulässig.

45 Erklarungspflicht des Drittschuldners (zu § 45)

45.1 Der Drittschuldner kann, je nachdem, ob die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung (Absatz 2 Satz 1) ihm mit der Pfändungsverfügung zu-

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gegangen oder gesondert zugestellt worden ist, seine Erklärung abgeben

a) mündlich zu Protokoll gegenüber dem Voll-' Ziehungsbeamten, wenn dieser ihm die Aufforderung persönlich zustellt,

b) schriftlich oder mündlich zu Protokoll gegenüber der Vollstreckungsbehörde,

c) gegenüber dem Vollstreckung s gläubi-g e r unmittelbar.

45.2 Ob die Erklärungspflicht des Drittschuldners als öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu behandeln ist und ob die Erklärung daher erzwungen werden

kann, ist umstritten. Nach der Entscheidung des OVG in Münster vom 26. 4. 1963 (KKZ. S. 149, DVBI. 1963 S. 899) ist die Verpflichtung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung ebensowenig erzwingbar, wie die nach § 840 ZPO. Erklärt sich der Drittschuldner nicht, dürfen Vollstreckungsbehörde und Gläubiger jedenfalls davon ausgehen, daß die gepfändete Forderung besteht und nicht von anderen in Anspruch genommen wird. Stellt sich beim Einklagen der Forderung (Nr. 40.31) etwas anderes heraus, so hat der Drittschuldner die Kosten zu tragen, wenn der Gläubiger bei rechtzeitiger und richtiger Auskunft davon Abstand genommen hätte, die Forderung einzuklagen. Der Drittschuldner haftet dem Vollstreckungsgläubiger auch für den Schaden, der dadurch entsteht, daß der Gläubiger im Vertrauen auf die durch die Pfändung erlangte Sicherheit und auf — objektiv unrichtige — Angaben des Drittschuldners davon absieht, andere sicher zum Ziele führende Möglichkeiten zur Befriedigung seiner Ansprüche auszunutzen.

45.3 Durch § 45 Abs. 3 wird für .alle Fälle der Forderungspfändung klargestellt, daß der Vollstrek kungsgläubiger

a) dem Vollstreckungsschüldner den S t r e i t v er -künden muß, wenn er die Forderung gegen den Drittschuldner einklagt, es 'sei denn, daß eine Zustellung im Ausland oder eine öffentliche Zustellung notwendig wäre (§ 841 ZPO);

b) dem Vollstreckungsschuldner für den entstehenden Schaden haftet, wenn er mit der Beitreibung einer ihm zur Einziehung überwiese-nen Forderung schuldhaft zögert (§ 842 ZPO);

c) auf die durch Pfändung und Einziehungsbefugnis erworbenen Rechte unbeschadet seines Anspruches gegenüber dem Schuldner durch eine diesem und dem Drittschuldner zuzustellende Erklärung verzichten kann (§ 843 ZPO).

46 Andere Arten der Verwertung (zu § 46)

46.1 Die Anordnung steht im freien Ermessen der Vollstreckungsbehörde. Die Beteiligten haben keinen Anspruch darauf, können aber zweckdienliche Anregungen geben.

. 46.2 Als anderweitige Verwertung von Forderungen — anstelle der üblichen Einziehung — kommt namentlich der freihändige Verkauf, bei Wechseln auch Diskontierung, kaum einmal die Versteigerung in Frage. Für den freihändigen Verkauf von Hypothekenforderungen gelten die §§ 873, 1154 BGB mit der Maßgabe, daß die schriftliche Abtretungserklärung des Vollstreckungsschuldners durch die Anordnung der Vollstreckungsbehörde ersetzt wird (§ 46 Satz 2). Dadurch wird gutgläubiger Erwerb nach §§ 892, 1138 BGB möglich.

47 Ansprüche auf Herausgabe oder Leistung von Sachen (zu § 47)

47.1 Soll ein dinglicher oder persönlicher Anspruch des Vollstreckungsschuldners auf Herausgabe

bestimmter — auch unbeweglicher — oder a u f Leistung vertretbarer Sachen gepfändet werden, so hat die Vollstreckungsbehörde in der Pfändungsverfügung anzuordnen, daß der Drittschuldner nach Eintritt der Fälligkeit

a) bewegliche Sachen an einen namentlich zu bezeichnenden Vollziehungsbeamten,

b) unbewegliche Sachen an einen vom Amtsgericht zu bestellenden Treuhänder

herauszugeben (aufzulassen) hat. Gleichzeitig hat die Vollstreckungsbehörde

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im Falle a)

den Vollziehungsbeamten mit der Empfang-nahme der Sache zu beauftragen.

im Falle b)

'bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk das Grundstück gelegen ist, unter Beifügung einer Ausfertigung ..der vorbereiteten Pfändungsverfügung die Bestellung eines Treuhänders zu beantragen. Hierfür kann sie geeignete Personen selbst vorschlagen. Den Beschluß, durch den das Amtsgericht den Treuhänder bestellt, läßt die Vollstreckungsbehörde dem Drittschuldner und dem Vollstreckungsschuldner zustellen, zweckmäßigerweise gemeinsam mit der Pfändungsverfügung.

47.2 Der Vollziehungsbeamte ist nicht befugt, im Weigerungsfalle dem Drittschuldner die Sache wegzunehmen. Er hat die Weigerung des Drittschuldners lediglich zu beurkunden und der Vollstreckungsbehörde anzuzeigen. Den Herausgabeanspruch muß der Gläubiger dann außerhalb des Verwaltungszwangsverfahrens durchsetzen. '

47.3 Mit der Herausgabe der Sache an den Vollziehungsbeamten erwirbt der Vollstreckungsgläubiger kraft Gesetzes ohne weitere Pfändung an Stelle des bisherigen Pfandrechts am Herausgabeanspruch ein Pfandrecht an der Sache selbst, das ihn zur Verwertung berechtigt (Absatz 2 Satz 2).

47*4 Verweigert im Falle des Absatzes 3 Satz 2 der Drittschuldner die Auflassung, muß der Gläubiger (die Vollstreckungsbehörde) aus dem Recht des Vollstreckungsschuldners dessen Anspruch auf Auflassung an den Treuhänder als seinen Vertreter gerichtlich geltend machen.

48 Pfändungsschutz (zu § 48)

48.1 Pfändungsschutz für Dienst- und Arbeitseinkommen.

Die Vollstreckungsbehörde hat vor der Pfändung laufender Einkünfte (§ 43), vor allem der Gehälter und Ruhegehälter der Beamten, der Angestelltenbezüge und der Lohnbezüge der Arbeiter, der Krankengeldzuschüsse des Arbeitgebers, der Renten und der sonstigen Vergütungen im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stets zu prüfen, ob und wieweit diese Bezüge gemäß §§ 850 bis 850 K ZPO überhaupt gepfändet werden dürfen.

48.2 Beschränkung in besonderen Fällen

Während § 850 i Abs. 4 ZPO die .Bestimmungen der Versicherungs-, Versorgungs- und sonstigen gesetzlichen Vorschriften über die Pfändung von Ansprüchen bestimmter Art" ausdrücklich unberührt läßt, verbietet § 851 ZPO grundsätzlich die Pfändung nicht übertragbarer Forderungen.

48.22

Demgemäß sind pfändbar

u. a. ganz oder teilweise un-

a) die unübertragbaren Ansprüche der Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis gegeneinander nach § 717 BGB,

b) der Anspruch auf Schmerzensgeld nach § 847 BGB,

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c) der Anspruch aus der Versicherung gemäß § 15 des Gesetzes über den Versicherungs^ vertrag v. 30. Mai 1908 (RGB1. S. 263),

d) die Entgeltansprüche der Heimarbeiter gemäß § 27 HAG i. Verb, mit § 851 i Abs. 3 ZPO,

e) Sozialleistungsansprüche nach den §§ 53 bis 55 SGB AT (vgl. auch Nr. 40.47),

f) Kapitalabfindung nach § 78 BVG,

g) Ausgleichsleistungen, d'. h. Hauptentschädigung, Kriegsschadenrente und Hausratsentschädigung, nach §§ 244, 262, 294 Abs. 4 LAG,

h) Ansprüche auf Kriegsgefangenenentschädigung nach §§ 5 und 6 KgfEG,

i) folgende Wiedergutmachungsansprüche nach - dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG):

aa) vor und nach Festsetzung oder rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung der Anspruch auf laufende Rente (§ 26 Abs. l, § 39 Abs. l, §§ 41, 140 Abs. 2, §§ 151, 158, 159, 161, 163 Abs. 2 BEG),

der Anspruch der Witwe oder des Witwers auf Abfindung (§ 26 Abs. l BEG), die Ansprüche auf Darlehen und Ausbildungsbeihilfe (§ 140 Abs. 5 i. Verb, mit §§ 69 ff, §§ 90, 117 und §} 116, 119 BEG), der Anspruch auf Heilverfahren (§.30 BEG), der Anspruch auf Umschulungsbeihilfe (§ 40 BEG);

bb) vor Festsetzung oder rechtskräftiger gegerichtlicher Entscheidung

der Anspruch auf Entschädigung für Schaden an Freiheit (§ 46 Abs. l, §§ 50, 152, 162 BEG),

der Anspruch auf Ersatz für die fehlende Ausbildung (§118 Abs. l, § 140 Abs. 4 BEG), der Anspruch auf rückständige Rentenbeträge und Kapitalehtsohädigung des Hinterbliebenen eines Staatenlosen oder eines politischen Flüchtlings (§ 163 Abs. 2 BEG), der Anspruch auf Soforthilfe (§141 Abs. 3 BEG).

Die Pfändung der übrigen Wiedergutmachungsansprüche ist in der Regel nach § 14 BEG nur mit Genehmigung der Entschädigungsbehörde zulässig.

k) Ansprüche auf Sozialhilfe nach dem Bundes-sozialhilfegesetz - § 4 Abs. l -.

48.23 Bei der Pfändung von Miet- und Pachtzinsforderungen hat die Vollstreckungsbehörde außer den §{1123 Abs. 2 Satz 2 und 1124 BGB besonders die Schutzvorschrift des § 851 b ZPO und die Bestimmungen des Gesetzes über die Pfändung von Miet- und Pachtzinsforderungen wegen Ansprüchen aus öffentlichen Grundstückslasten vom 9. März 1934 (RGB1. I S. 181) - eingeschränkt durch § 115 LAG - zu berücksichtigen.

1 Welche Ansprüche im Falle der Zwangsvollstrek-kung in das Grundstück dem Anspruch des Vollstreckungsgläubigers vorgehen würden (§ 851 b

Satz l ZPO a. E)., hängt davon ab, in welcher Rangklasse gemäß § 10 ZVG die Gläubigerforderung zu berücksichtigen sein würde.

48.24 Dem Pfändungsschutz für Landwirte dient die Vorschrift des § 851 a ZPO, die besonders für die Sicherung des sog. Mtlchgeldes von praktischer Bedeutung ist.

48.25 Die §§ 26 und 26 a HKG bieten der Vollstreckungsbehörde die Möglichkeit, Vollstreckungsmaßnahmen gegen Heimkehrer längstens auf .die Dauer von 5 Jahren nach der Heimkehr aufzuheben oder auszusetzen.

49 Mehrfache Pfändung (zu § 49)

Die angezogenen Bestimmungen der Zivilprozeßordnung sehen grundsätzlich vor, daß der D r i 11 -Schuldner im Falle mehrfacher Pfändung einer gegen ihn gerichteten Forderung berechtigt und auf Verlangen, eines beteiligten Gläubigers verpflichtet ist, mit befreiender Wirkung

a) einen geschuldeten Geldbetrag bei einem bestimmten Amtsgericht zu hinterlegen,

b) eine herauszugebende bewegliche Sache einem • ermächtigten Vollziehungsbeamten auszuhändigen,

c) eine herauszugebende unbewegliche Sache einem Treuhänder zu übergeben.

Die Kosten der Hinterlegung und die Entschädigung des Treuhänders gehören zu den Vollstrek-kungskosten.

50 Vollstreckung In andere Vermögensrechte (zu § 50)

50.1 Rechte, die weder als gfundstücksgleiche Rechte nach § 51 noch als Geldforderungen nach den §§ 40—46 noch als Sachforderungen nach § 47 gepfändet und verwertet werden können, sind nach § 50 zu pfänden.

50.2 Pfändbaie Rechte im Sinne des § 50 sind u.a.:

a) Anteilsrechte, z. B. Gesellschafts- und Gewinnanteile an einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§§ 718, 725 BGB), eineroffenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer stillen Gesellschaft (§ 105 Abs. 2 i. Verb, mit § 135, § 161 Abs. 2, § 339 HGB), Anteile am Vermögen eines nicht rechtsfähigen Vereins (§ 54 BGB), Geschäftsanteile bei einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft (§ 66 GenG), Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, auch wenn die Veräußerung nur mit,Genehmigung der Gesellschaft zulässig ist (§ 15 Abs. 5 GmbHG), ferner der Anteil des M i t e r b e n am Nachlaß insgesamt (§ 2033 BGB, § 859 Abs. 2 ZPO). Drittschuldner ist jeweils die Gesellschaft, Genossenschaft usw. selbst, oder es sind die übrigen Gesellschafter (vgl. § 730

BGB);

b) gewerbliche Urheberrechte, z. B. Patente und Gebrauchsmuster.

Dagegen kann in künstlerische Urheberrechte nur mit Einwilligung des Urhebers vollstreckt werden;

c) das Nacherbenrecht (§§ 2100.ff BGB) vor Eintritt der Nacherbfolge als Recht auf den Nachlaß als Ganzes oder, bei einer Mehrheit von Nacherben, auf den Anteil. Zustellung an den Nacherben als Schuldner genügt (§ 50 Abs. 2);

d) der 'Nießbrauch (§ 1059 BGB) und andere Nutzungsrechte gemäß § 50 Abs. 3 und 4;

e) Eigentümergrundschulden. Hier fehlt ein Drittschuldner, es genügt das Gebot an den Vollstreckungsschüldner, sich jeder Verfügung über die Grundschuld zu enthalten;

f) Reallasten, Grund- und Rentenschulden, die nach Absatz 6 wie Hypotheken zu pfänden sind;

g) Rechte auf Leistungen aus Werkverträgen.

Die Vollstreckungsbehörde hat in diesen Fällen den Worlaut der Pfändungsverfügung der jeweiligen Rechts- und Sachlage anzupassen, insbesondere wenn es an einem Drittschuldner fehlt. In Zweifelsfällen empfiehlt sich die Zustellung an jeden, der als Drittschuldner in Betracht kommen könnte.

50.3

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Neben dem Ausspruch der Einziehungsbefugnis kann auch die Anordnung einer Verpachtung oder Verwaltung oder sonstigen Nutzung des Rechts oder seine Veräußerung in Frage kommen.

Die Vollstreckungsbehörde hat die besonderen Pfändungsbeschränkung'e n der §§ 858 bis 860 und 863 ZPO zu beachten (die von Absatz 7 noch erfaßten §§ 861 und 862 sind durch das Gleichberechtigungsgesetz von 1957 unanwendbar geworden).

III. Zwangsvollstreckung In das unbewegliche Vermögen

51. Verfahren (zu § 51)

51.1 Unbewegliches Vermögen

Der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen nicht nur Grundstücke mit ihren wesentlichen Bestandteilen, sondern auch grundstücksgleiche Rechte, z. B. das Erbbaurecht, Erbpachtrecht, Bergwerkseigentum, Wohnungseigentum, Realgewerbeberechtigungen und andere Miteigentumsanteile nach Bruchteilen, registrierte Schiffe, unter gewissen Voraussetzungen auch die Gegenstände, auf die.sich die Hypothek erstreckt (§§ 1147, 1192, 1199 BGB, § 865 ZPO).

51.2 Anträge der Vollstreckungsbehörde

51.21 Die Vollstreckungsbehörde prüft, ggf. im Benehmen mit dem Gläubiger, ob Veranlassung besteht, die beizutreibende Forderung durch Eintragung einer Zwangshypothek zu sichern, oder ob, nachdem feststeht, daß die einzuziehende Geldforderung durch Pfändung nicht beizutreiben ist, Zwangsversteigerung oder Zwangs-verwaltung beantragt werden soll.

Maßgebend wird die Erwägung sein, welche dieser Maßnahmen unter angemessener Schonung des Schuldners am raschesten zur Befriedigung führen wird. Vor allem ist darauf abzustellen, ob die Zwangsverwaltung und die Zwangsversteigerung, wirtschaftlich gesehen, Erfolg, versprechen. Dies hängt u. a. davon ab, welchen Rang die beizutreibende Forderung innehat (Rangklassen des ZVG), welcher Wert dem Grundstück zukommt, welche Nutzung noch möglich ist und in welchem baulichen Zustand sich das Pfandobjekt befindet. Maßnahmen, die lediglich zu einem Verlust des Eigentums eines Schuldners an seinem Grundbesitz oder zu hohen Zwangsverwaltungskosten führen, ohne daß die Forderungen der öffentlichen Hand beglichen werden, sind zu vermeiden. Denn die Zwangsvollstreckung würde in diesen Fällen wie eine unzulässige Strafmaßnahme wirken. Wirtschaftlicher ist es, derartige Verluste des Schuldners nicht herbeizuführen, sondern ihn in die Lage zu versetzen, seine Verpflichtungen zu einem späteren Zeitpunkt zu erfüllen.

Betreibt schon ein anderer Gläubiger die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung des Grundstückes, so hat die Vollstreckungsbehörde zu prüfen, ob die Anmeldung der Forderung, insbesondere bei öffentlichen Lasten, geboten (vgl. §§ 37 Abs. 4, 110 ZVG) oder ob der Beitritt zum Verfahren zu beantragen ist (§§ 27, 146 ZVG).

51.22 Die notwendigen Anträge beim Vollstreckungsgericht oder beim Grundbuchamt stellt nicht der Gläubiger selbst, sondern immer für ihn die zuständige Vollstreckungsbehörde. Es ist nicht nötig, wohl aber manchmal zweckmäßig, die entsprechende Behörde am Sitz des Amtsgerichts oder Grundbuchamts darum zu ersuchen.

51.23 Hinsichtlich der Vollstreckbarkeit der Forderung genügt die Versicherung der Vollstrek-kungsbehörde. Die Zulässigkeit der Vollstreckung nach den Vorschriften der Absätze 2 und 3 ist nachprüfbar und dem Gericht oder Grundbuchamt deshalb nachzuweisen (vgl. auch Nr. 51.33).

51.3 Zwangshypothek

51.31 Der Antrag auf Eintragung einer Sicherung shypothek muß jedes einzelne zu belastende Grundstück übereinstimmend mit dem Grundbuch bezeichnen (§ 28 Satz l GBO) und den zu vollstreckenden Anspruch nach Rechtsgrund und Höhe genau angeben. Zur vollständigen Angabe des Rechtsgrunds gehört bei laufenden Abgaben auch die Angabe der Zeit, für die die Abgabe gefordert Wird, so daß ein etwaiges Vorrecht nach § 10 Abs. l Nr. 3 ZVG aus dem Antrag ohne weiteres ersichtlich ist. Wegen der Abgrenzung der laufenden von den rückständigen Beträgen wiederkehrender Leistungen siehe § 13 ZVG.

51.32 Wird bei Zwangsvollstreckung gegen einen Erben, .einen Nachlaßpfleger, Nachläßverwalter oder Testamentsvollstrecker die Eintragung einer Sicherungshypothek auf ein Grundstück beantragt, das im Grundbuch auf den Namen des Erblassers eingetragen ist, so ist die Erbfolge und ggf. die Bestellung zum Nachlaßpfleger (Nachlaßverwalter) oder die Befugnis des Testamentsvollstrek-kers, über das Grundstück zu verfügen, durch öffentliche Urkunden nachzuweisen (§§ 29 Abs. l, 35 GBO). Auf Urkunden, die bereits bei den Akten des Amtsgerichts (Grundbuchamts) sind, kann im Vollstreckungsantrag Bezug genommen werden. Im übrigen hat die Vollstreckungsbehörde die Urkunden zu beschaffen und mit dem Antrag vorzulegen.

Wie weit die Belastung eines auf den Namen des Erblassers eingetragenen Grundstückes möglich ist, ohne daß noch gegen diesen zu Lebzeiten ein Leistungsbescheid ergangen ist, und wie weit es in Fällen, in denen ein anderer als der Schuldner oder sein Erblasser als Eigentümer eingetragen ist, zunächst einer Grundbuchberichtigung, evtl. einer Pfändung des Berichtigungsanspruchs bedarf, richtet sich nach der Natur des zu sichernden Anspruchs (vgl. z. B. § 8 StAnpG) und nach, den Vorschriften des § 894 BGB und der § 14, § 22 Abs. 2, § 29 Satz 2, § 40 GBO (beachte auch § 147 Abs. l ZVG).

51.33 Der Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek setzt nicht, wie die beiden anderen Anträge nach § 50 Abs. 2, voraus, daß die Geldforderung durch Pfändung nicht beizutreiben ist. Er ist aber nur zulässig, wenn die Forderung ohne Zinsen mehr als 500,— DM ausmacht (§ 866 Absatz 3 ZPO).

51.34 Eine aufschiebend bedingte Sicherungshypothek kann nach Absatz l Satz 3 für eine Forderung eingetragen werden, die als öffentliche Last auf dem Grundstück ruht (Nr. 4.331) und noch zur dritten Rangklasse im Sinne des § 10 ZVG gehört. Es muß sich also um rückständige Beträge aus den letzten vier, bzw. bei wiederkehrenden Leistungen aus den letzten zwei Jahren handeln. In diesen Fäulen hat die Vollstrek-kungsbehörde beim Grundbuchamt zu beantragen, daß die Sicherungshypbthek mit folgendem Zusatz in das Grundbuch eingetragen wird:

.Die Hypothek ist dadurch aufschiebend bedingt, daß das der Forderung nach § 10 Abs. l Nr. 3 des Zwangsversteigerungsgesetzes zustehende Vorrecht wegfällt."

Die Hypothek entsteht dann in dem Maße, in dem die einzelnen zu sichernden Beträge länger als vier bzw. zwei Jahre rückständig werden, also jeweils mit Wegfall des Vorrechts aus der dritten Rangklasse. Sie wird durch Tilgung in jedem Zeitpunkt zur Eigentümergrundschuld.

51.4 Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung

51.41 Dem Antrag auf Zwangsversteigerung eines Grundstückes oder auf Zwangs Verwaltung (§16 Abs. l,

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§ 146 Abs. l ZVG) ist die nach § 17 ZVG erforderliche Bescheinigung des Grundbuchamts beizufügen, daß der Schuldner als Eigentümer eingetragen ist. Es genügt jedoch eine Bezugnahme auf das Grundbuch, wenn das Vollstreckungsgericht zugleich Grundbuchamt ist.

51.42 Ist der Schuldner Erbe des eingetragenen Eigentümers, so ist die Erbfolge, sofern sie nicht bei dem Vollstreckungsgericht offenkundig ist, durch Urkunden glaubhaft zu machen (§ 17 Abs. 3, § 146 Abs. l ZVG). Öffentlicher Urkunden bedarf es in diesem Falle nicht; es genügt z. B. ein Privattestament. Im übrigen gelten die Bestimmungen in Nr. 51.32 entsprechend.

für E i gen -

51.5 Vollstreckungsschutz he imbewohne r

51.51 Nach der Absicht des Gesetzes soll niemand wegen Steuerschulden und anderer ausschließlich im Verwaltungszwangsverfahren beizutreibender Schulden aus dem von ihm bewohnten Eigenheim vertrieben werden. § 51 Abs. 3 sieht deshalb vor, daß die Zwangsvollstreckung in ein solches Heim nur mit Zustimmung des Schuldners möglich ist, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um einen Deutschen oder um einen Ausländer handelt.

51.52 Zur Vermeidung von Zweifeln verwendet das Gesetz die eindeutigen Begriffsbestimmungen .Kleinsiedlung-Eigenheim-Eigentumswohnung" aus dem Zweiten Wohnungsbaugesetz v. 27. Juni 1956 (BGB1. I S. 523). Unter Ackernahrung ist ein nicht unter den Begriff Kleinsiedlung fallendes Grundstück mit Wohnhaus und Wirtschaftsgebäuden zu verstehen, das im allgemeinen ohne fremde Arbeitskräfte landwirtschaftlich genutzt wird und ausreicht, um einer bäuerlichen Familie eine selbständige Existenzgrundlage zu gewähren.

51.53 Bei Heimstätten i. S. d. Reichsheimstättengesetzes i. d. F. v. 25. November 1937 (RGB1. I S.M291) sind . die Beschränkungen der Zwangsvollstreckung durch § 20 jenes Gesetzes zu beachten; die Vorschriften über die Beitreibung öffentlicher'Abgaben bleiben jedoch unberührt (§ 20 Abs. 3 a.a.O.).

51.54 Aus dem Zusammenhang wird deutlich, daß Absatz 3 nur die Zwangsvollstreckung nach diesem Gesetz betrifft. Durch die Schutzbestimmung wird aber nicht die Vollstreckung wegen privater Verbindlichkeiten des Schuldners eingeschränkt, insbesondere nicht die Vollstreckung wegen der rückständigen Tilgungs- und Zinsbeträge für das' Darlehen, mit dessen Hilfe der Schuldner die. Kleinsiedlung errichtet-hat.

51.6 S o n d e r r e c h t e f ü r K r e d i t.v e r b ä n d e

Durch Absatz 5 wird sichergestellt, daß die Westfälische. Landschaft in Münster und die WestdeutscheLandesbank (Girozentrale) Düsseldorf und Münster für gewisse Forderungen auch ohne vollstreckbaren Titel die Zwangsverstei- . gerung der von ihnen beliehenen Grundstücke betreiben oder dieselben in eigene Zwangsverwaltung nehmen können. Dieses Recht beruht auf dem G betr. die Zwangsvollstreckung aus Forderungen landschaftlicher Kreditanstalten vom 3. August 1897 (PrGS. NW. S. 194/SGV. NW. 760) i. Verb, mit den Satzungen der beiden Kreditinstitute und wird durch die Schutzbestimmung in Absatz 3 (Nr. 51.5) nicht berührt.

Entsprechendes gilt für die Deutsche Siedlungsund Landesrentenbank. Sie kann nach Maßgabe des § 15 des Gesetzes über die Zusammenlegung der Deutschen Landesrentenbank und der Deutschen Siedlungsbank vom 27. August 1965 (BGB1. I S. 1001) sowohl die Landesrentenbankrente wie sonstige Forderungen aus Darlehen durch die für zuständig erklärten Vollstreckungsbehörden der Kreise und kreisfreien Städte (Verordnung über die Bestimmung von Vollstreckungsbehörden für

die Deutsche Siedlungs- und Landesrentenbank vom 6. Juli 1971 — GV. NW. S. '190/SGV. NW. 760 —) unentgeltlich einziehen und beitreiben lassen (vgl. Nf. 2.114),

Der Vorbehalt gilt auch zugunsten anderer Kreditinstitute, denen dieselben Vorrechte auf Grund des genannten Gesetzes von 1897 in Zukunft verliehen werden.

52 Zwangsvollstreckung gegen Rechtsnachfolger (zu

§ 52)

In Fällen, in denen eine Sicherungshypothek im Zwangsverfahren gemäß § 51 (vgl. Nr. 51.3) eingetragen und das Grundstück dann veräußert worden ist, kann der Gläubiger die Zwangs-. Vollstreckung in das Grundstück unmittelbar gegen den Rechtsnachfolger betreiben; dieser muß jedoch vorher in entsprechender Anwendung des § 10 gehört werden.

IV. Sicherungsverfahren 53 Arrestverfahren (zu § 53) 53.1 Voraussetzungen

53.11 Der Arrest gilt der Sicherung der künftigen Vollstreckung eines Anspruchs, der zwar schon entstanden sein muß, aber wegen Fehlens unerläßlicher Voraussetzungen (§ 6) noch nicht vollstreckt werden kann. Insbesondere ist der Arrest — und seine Vollziehung (Nr. 53.23) — also zulässig, solange die Vollstreckung, deshalb noch nicht möglich ist, weil

a) die Leistung, noch nicht fällig ist oder

b) die Schonfrist noch läuft oder

c) der Anspruch zahlenmäßig noch nicht feststeht, sondern nur geschätzt werden kann

und ein Arrestgrund vorliegt.

Der Arrest ist unzulässig, wenn die Vollstreckungsbehörde den zu belegenden Gegenstand bereits pfänden oder Eintragung einer Sicherungshypothek beantragen könnte. Die Bestimmungen über den Vollstreckungsschutz sind auch im Arrestverfahren zu beachten.

53/12 Der Vollstreckungsgläubiger (die Vollstreckungsbehörde) hat im Antrag an das Amtsgericht ausreichend glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO), daß ein Anspruch entstanden ist, der im Zwangsverfahren beitreibbar ist, und daß in der Person des Arrestschuldners ein ausreichender Arrestgrund vorliegt. Hierfür sind T a t'-sachen anzugeben; die allgemeine Behauptung, daß eine Vereitelung oder Erschwerung der Vollstreckung zu besorgen sei, genügt nicht.

53.121 A r r es t sc hu l d n e r kann jeder Vollstrek-kungsschuldner (Selbstschüldner, Haftungs- und Duldungsschuldner) im Sinne der Ausführungen in Nr. 4.1—4.3 sein, gegen den der Arrestanspruch im Zwangsverfahren durchgesetzt werden kann, also auch eine Person, die -für den Anspruch zwar nach bürgerlichem Recht, aber k r a f t G e s e t'z e s (§ 10) haftet.

53.122 Ein Arrestgrund liegt nur vor, wenn bei ruhiger und vernünftiger Überlegung des gesamten Sachverhalts die Besorgnis gerechtfertigt ist, daß • ohne Arrest die künftige Vollstreckung des Anspruchs ernstlich in Frage gestellt wäre. Die ungünstige Vermögenslage des Vollstreckungsschuldners und der Umstand, daß noch andere Gläubiger Ansprüche geltend machen, bilden .für sich allein noch keinen ausreichenden Arrestgrund. Da-

140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

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gegen kann es je nach Lage des Einzelfalles als Arrestgrund angesehen werden, wenn der Schuldner

a) offensichtlich im Begriff ist, mit oder ohne sein Verschulden zahlungsunfähig zu werden,

b) Vermögensgegenstände ins Ausland verschiebt oder gar seinen Umzug ins Ausland vorbereitet (vgl. § 917 Abs. 2 ZPO),

c) Vermögensgegenstände zu Schleuderpreisen veräußert,

d) das einzige noch greifbare Wertobjekt bis zur Wertgrenze zu belasten sich anschickt,

e) einen Gläubiger einseitig begünstigt,

f) durch häufigen Wohnungswechsel^ durch verschwenderische Lebensweise, durch Steuerhinterziehung oder in ähnlicher Weise den Verdacht rechtfertigt, daß er absichtlich die Befriedigung seiner Gläubiger vereiteln will.

53.2 Vollziehung

53.21 Die Vollziehung des vom Amtsgericht angeordneten Arrestes ist Sache der Vollstreckung:; behurde. Sie muß auch den Arrestbefehl dem Schuldner zustellen (§ 922 Abs. 2, § 929 Abs. -3 ZPO). Im übrigen sind die §§ 930 ff. ZPO unter entsprechender Anwendung der Vorschriften des Verwallungsvollstreckungsgesetzes in der Weise anzuwenden, daß das Arrestgericht für die Aufhebung des Arrestes und die Anordnung einstweiliger Verfügungen zuständig bleibt, in allen anderen l:ällen aber die Vollstreckungsbehörde an seine Stelle tritt. Sie- hat insbesondere die in Nr. 53.23 vorgesehenen Maßnahmen aufzuheben, sobald der Arrestgrund durch Tilgung der Schuld weggefallen ist oder der im Arrestbefehl. bestimmte Geldbetrag hinterlegt oder in anderer Weise mit Zustimmung der Vollstreckungsbehörde für den Betrag der Hinterlegungssumme Sicherheit geleistet worden ist.

53.22 Entsprechend dem Sinn des Arrestes, dem Gläubiger Sicherheit, nicht Befriedigung zu verschaffen, darf die Vollziehung nicht weiter gehen, als es zur Sicherung des Anspruchs erforderlich ist. Die Verwertung in Anspruch genommener Sachen hat im allgemeinen zu unterbleiben. Durch Widerspruch gegen den Arrestbeschluß (§ 924 ZPO) wird die Vollziehung nicht gehemmt.

53.23 Der Arrest wird vollzogen

a) in bewegliche Sachen durch Pfändung (§21 VwVG NW i. Verb, mit § 930 ZPO). Verwertung ist ausnahmsweise zulässig, wenn es sich um leicht verderbliche oder schwer aufzubewahrende Sachen handelt. In diesem Falle ist aber der Erlös ebenso wie gepfändetes Geld zu hinterlegen (§ 930 Abs. 2 und 3 ZPO);

b) in Forderungen und andere Vermögensrechte durch Pfändung (§§ 40—50), jedoch regelmäßig ohne Ausspruch der Einziehungsbefugnis. Bei Pfändung einer Briefhypothe.k kann jedoch der Vollstreckungsgläubiger ermächtigt werden, den Anspruch des Vollstrek-kungsschuldners gegen einen Dritten auf Herausgabe des Hypothekenbriefes einzuziehen;

c) in ein eingetragenes Schiff nach Maßgabe des § 931 ZPO;

d) in Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte nur durch Eintragung einer Sicherungs-(Höchstbetrags-)hypothek (§ 932 ZPO).

Außerdem kann der Schuldner auf Grund des Arrestbefehls gemäß §§ 5 und 44 zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung herangezogen werden, wenn ein Versuch, den Arrest iri sein bewegliches Vermögen zu vollziehen oder auf Grund des § 44 Abs.- 2 eine Urkunde zu erlangen, erfolglos geblieben ist.

53.24 § 929 ZPO wird zwar nicht ausdrücklich für anwendbar erklärt. Doch ist davon auszugehen, daß in entsprechender Anwendung von § 929 Abs. 2 der Arrest auch im Verwaltungszwangsverfahren nicht mehr vollzogen werden darf, wenn seit Verkündung des Arrestbefehls ein Monat verstrichen ist. Innerhalb dieser. Frist muß nicht nur mit Zwangsmaßnahmen begonnen, sondern die Vollziehung (Nr. 53.23) bewirkt werden. Für die Pfändung einer Briefhypothek oder die Bestellung einer Sicherungshypothek genügt es jedoch, daß der Antrag beim Grundbuchamt innerhalb der Frist eingegangen, für das Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, daß dem Schuldner die Aufforderung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung reüitzeitig i'jyegangen ist.

53.3 Überleitung in das BeHreibungsvei-fahren

53.31 Wird der Anspruch nach Vollziehung t'(;s Arresten vollstreckbar (§ 6), k'önnen sowohl die durch de-n Arrest als auch die durch Sicherheitsleistung zur Abwendung des Arrestes (§ 53 Abs. l Satz 3 und oben Nr. 53.21 a. E.) erlangten Sicherheiten verwertet werdon, ohne daß es ('iner nochmaligon Pfändung bedürfte. Die durch Arreslvollziehunq begründeten Pfandrechte werden Pfändungspfand-rechte im Sinne der §§ 22 und 40, behalten aber ihren in: Arrestverfahron erworbenen Rang.

53.32 Die Voilstreckungsbehörde erläßt eine dem Einzel-

•fall angepaßte Verwertungsanordnung (Anordnung der Versteigerung oder der freihändigen Veräußerung, Ausspruch der Einziehungsbefugnis),' die dem Schuldner bekanntzugeben und im Falle des § 40 Abs. l Satz 3 auch dem Drittschuldner zustellen ist. Mit der Verwertung beweglicher Sachen darf erst begonnen werden, wenn seit Bekanntgabe an den Schuldner mindestens eine Woche vergan-

- gen ist (§ 53 Abs. l, § 54 letzter Satz).

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V. Verwertung von Sicherheiten

54 Befriedigung durch Verwertung von Sicherheiten

(zu § 54)

54.!- Die Vorschrift ist anwendbar auf alle Sicherheiten, 'die der Vollstreckungsschuldner freiwillig oder auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung, z. B. nach Maßgabe spezieller Steuergesetze geleistet hat oder die vom Gläubiger im Wege des Arrestes oder auf andere Weise in Anspruch genommen werden.

542 Als Sicherheitsleistung kommen insbesondere in Frage (vgl. § 327 AO 1977),

.a) Hinterlegung von Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten,

b) Verpfändung von Sparguthaben bei Kreditinstituten und Schuldbuchforderungen,

c) Verpfändung von hypothekarisch gesicherten Ansprüchen, von Grund- und Rentenschulden,

d) Bestellung von Hypotheken, Grund- oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken.

54.3 Bei Fälligkeit der zugrunde liegenden Ansprüche können Sicherheiten unmittelbar verwertet werden. Die Vollstreckungsbehörde hat hierzu dem Vollstreckungsschuldner die Verwertungsabsicht bekanntzugeben (auch dann, wenn sie z. B. hinter-legtes Geld bei der Hinterlegungsstelle anfordern will). Frühestens nach Ablauf einer Woche seit der Bekanntgabe (Zustellung wird wegen der Fristbestimmung zweckmäßig sein) darf mit der Verwertung nach den Vorschriften der §§ 30 ff. und 40 ff. sowie ggf. der j; 51 und 52 begonnen werden.

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140. Ergänzung - SMBl. NW,- (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

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55

Zweiter Abschnitt

Verwaltungszwang

I. Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen

Zulässigkeit des Verwaltungszwanges (zu § 55).

55.1
Allgemeine Begriffe

55.11 Erzwingbare Verwaltungsakte i. S. d. § 55 werden nach den Vorschriften. des Zweiten Abschnitts „vollzogen" (§ 56). Das Gesetz spricht von „Vollzugsbehörde" und „Vollzugsauftrag" und fasst Androhung, Festsetzung und Anwendung der Zwangsmittel unter dem Begriff Vollzug zusammen (§ 65 Abs. 3, Überschrift zu § 76). Dieser Begriff deckt sich mit dem Begriff Vollziehung von Verwaltungsakten in § 113 Abs. l und § 80 der Verwaltungsgerichtsordnung.

55.12 Wegen der unterschiedlichen Bedeutung von „sofortiger Vollziehung" eines Verwaltungsaktes nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 VwGO und der Anwendung des Verwaltungszwangs ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt („sofortiger Vollzug") nach § 55 Abs. 2 vgl. Nr. 55.23 und Nrn. 55.3 bis 55.33.

55.13 Unter Verwaltungszwang versteht das Gesetz die Erzwingung einer behördlich angeordneten-Handlung, Duldung oder Unterlassung durch den Einsatz der in § 57 zugelassenen Zwangsmittel gegen den Betroffenen.

Verwaltungszwang in der Form des unmittelbaren Zwanges (§ 62) ist auch zu anderen Zwecken als denen des Vollzugs eines Verwaltungsaktes denkbar. Seine Zulässigkeit richtet sich dann ausschließlich nach den §§ 66 bis 75.

55.2 Verwaltungsakt

Verwaltungszwang setzt grundsätzlich (wegen der Ausnahmen vgl. Nr. 55.3) einen rechtmäßigen Verwaltungsakt voraus, mit dem von dem Betroffenen ein Handeln, Dulden oder Unterlassen verlangt wird. Welche Behörde (§ 56) den Verwaltungsakt erlassen hat, ist unerheblich. Der Zweite Abschnitt . des Gesetzes gilt - mit Ausnahme der Polizei, für die die entsprechenden Vorschriften des PolG NW vom 25. März 1980 (GV. NW. S. 234) gelten - für alle Behörden und Einrichtungen des Landes sowie für Gemeinden, Gemeindeverbände und der Landesaufsicht unterstehende Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, wenn und soweit sie oder ihre Organe einen Verwaltungsakt im Sinne des § 55 erlassen dürfen.

55.21 Der Verwaltungsakt muß entweder ein Gebot zur Vornahme einer Handlung, insbesondere zur Herausgabe einer -Sache, oder zur Duldung eines bestimmten Geschehens oder eines Zustandes enthalten oder er muß auf ein Verbot unzulässigen Verhaltens (= Gebot, etwaszu unterlassen) gerichtet sein. Andere Verwaltungsakte sind ihrer Natur nach nicht vollzugsfähig.

5522 Der Verwaltungsakt darf regelmäßig erst vollzogen werden, wenn er unanfechtbar geworden ist. Unanfechtbar wird ein Verwaltungsakt, wenn der Betroffene ihn nicht fristgemäß mit Widerspruch und nachfolgender Verwaltungsklage anficht oder im Widerspruchs- und Prozeßverfahren unterliegt, insbesondere wenn der Verwaltungsakt durch rechtskräftige Abweisung einer Anfechtungsklage bestätigt wird. Wegen der Anfechtung von Verwaltungsakten vgl. den grundsätzlichen RdErl. d. Innenministers v. 21. 12. 1960 betr. das Vorverfahren nach der Verwaltungsgerichtsordnung (SMBl. NW. 2010).

55.23 Die Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes ist dann keine Voraussetzung für seinen Vollzug, wenn nach § 80 Abs. 2 VwGO, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage entfällt Das ist u. a. der Fall, wenn der Verwaltungsakt, z. B. auf Herausgabe von Urkunden (§ 44 Abs. 2), bei (= im Zusammenhang mit) der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten ergeht. Die wich-

tigsten Fälle sind diejenigen, in denen unter Beachtung von § 80 Abs. 3-7 VwGO die sofortige Vollziehung des Verwaltungsaktes ausdrücklich angeordnet wird. Dabei ist besonders zu beachten, daß diese Anordnung - abgesehen von den ausdrücklich als solche bezeichneten Notstandsmaßnahmen (§ 80 Abs. 3) - stets unter Angabe bestimmter Tatsachen und Umstände, aus denen sich das „besondere Interesse" am raschen Vollzug ergibt, zu begründen ist. Der allgemeine Hinweis, die sofortige Vollziehung sei „im öffentlichen Interesse notwendig", genügt nicht, abgesehen davon, daß auch das ebenfalls zu begründende „überwiegende Interesse eines Beteiligten" die Anordnung rechtfertigen kann.

5524 Von der nur unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 1-2. Halbsatz - gegebenen Vollziehbarkeit des durchzusetzenden Verwaltungsaktes ist zu unterscheiden die grundsätzliche Vollziehbarkeit der zum Vollzug des Verwaltungsaktes ergangenen „Maßnahmen der Vollzugsbehörden" - Androhung, Festsetzung und Anwendung der Zwangsmittel -nach der Regelung in § 8 AG VwGO: Die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen entfällt immer, kann aber freilich gemäß § 80 Abs. 4-7 VwGO angeordnet werden.

55.3 Sofortiger Vollzug

Der sofortige Vollzug einer tatsächlichen Maßnahme (§ 55 Abs. 2) ist nicht dasselbe wie die in Nr. 55.23 behandelte „sofortige Vollziehung" eines Verwaltungsaktes. Es handelt sich vielmehr dabei um den Sonderfall der sofortigen Verwirklichung einer hoheitlichen Maßnahme durch unmittelbaren Zwang oder Ersatzvornahme, ohne daß der behördliche Wille zuvor in einem erst zu vollziehenden Verwaltungsakt nach außen zum Ausdruck gekommen ist. Sofortiger Vollzug ist nur unter zwei Voraussetzungen rechtmäßig:

55.31 Die Vollzugsbehörde muß „innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse" handeln, d. h. sie müßte kraft gesetzlicher Vorschrift berechtigt sein, einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen, wenn sie unter normalen Umständen Zeit und Gelegenheit dazu hätte.

55.32 Der sofortige Vollzug muß zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr notwendig sein. Die gegenwärtige Gefahr ist gegeben, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder unmittelbar oder in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Das kann der Fall sein zur Verhinderung einer mit Strafe oder Geldbuße bedrohten Handlung (nicht zur Strafverfolgung nach geschehener . Tat).

55.33 Eine formelle Androhung des Verwaltungszwangs i. S. des § 63 kommt im Falle des „sofortigen Vollzugs" seiner Natur nach regelmäßig nicht in Frage (§ 63 Abs. l Satz 3). Das schließt im geeigneten Einzelfall nicht einen mündlichen Hinweis (Lautsprecher!) auf die beabsichtigte Maßnahme aus.

55.4 . Nach Absatz 3 kann eine Behörde, die einen Anspruch auf Herausgabe einer Sache hat (z. B. eines Führerscheines), von dem Betroffenen die Abgabe einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung verlangen, wenn dieser behauptet, die Sache nicht zu besitzen.

56 Vollzugsbehörden (zu § 56).

56.1 Vollzug

Zum Vollzug eines Verwaltungsaktes (Nr. 55.11) gehören die Androhung, Festsetzung und Anwendung der drei zugelassenen Zwangsmittel (§§ 63 bis 65) und der Antrag auf Anordnung der Ersatzzwangshaft (§ 61). Zum Vollzug gehört daher auch die Betreibung des Zwangsgeldes oder der veranschlagten Kosten der Ersatzvornahme durch Pfändung und Versteigerung oder sonstige Verwertung der Pfandgegenstände (vgl. Nr. 65.1).

140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

11.3.63(21)

56.2 Behörde

56.21 Der Behördenbegriff ist hier in dem weiten Sinne der Verwaltungsgerichtsordnung (§ 61 Nr. 3, §§ 70 ff, § 78 Abs. l Nr. 2 VwGO) zu verstehen. Grundsätzlich ist jede Behörde befugt und verpflichtet, ihre eigenen Verwaltungsakte und die selbst erlassenen Widerspruchsbescheide (§ 73 Abs. l Nr. 2 und 3 i. Verb, mit § 79 Abs. l Nr. 2 VwGO) zu vollziehen.

56.22 Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, ' vollzieht auch die Widerspruchsbescheide der nächsthöheren Behörde (§ 73 Abs. l Nr. l VwGO) oder der Aufsichtsbehörde (bei Pflichtaufgaben nach Weisung gemäß § 7 AG VwGO) unmittelbar, sofern diese Bescheide einer selbständigen Vollziehung fähig sind (etwa im Falle der erstmaligen Beschwerde eines Dritten). Die nächsthöhere oder die Aufsichtsbehörde ist jedenfalls nicht Vollzugsbehörde für die von ihr getroffenen Widerspruchsentscheidungen, die ein Gebot oder Verbot enthalten.

56.23 Auch kirchliche Dienststellen können Vollzugsbehörde im Sinne des Gesetzes sein, wenn sie in Erfüllung allgemeiner öffentlicher Aufgaben außerhalb des eigentlichen kirchlichen Bereichs öffentliche Gewalt ausüben und vollziehbare Verwaltungsakte setzen.

56.3 Bestimmung der Vollzugsbehörde

Der .Grundsatz, daß jede Behörde ihre Verwal: tungsakte selbst vollzieht, gilt nicht in den Fällen, in denen nach den gegebenen Umständen nicht erwartet werden kann, daß eine Behörde ihre Verwaltungsakte selbst durchsetzt. Das wird regelmäßig der Fall sein bei den Verwaltungsakten oberster Landesbehörden, aber auch beispielsweise bei Verwaltungsakten der Regierungspräsidenten gemäß § 7 des Abgrabungsgesetzes (vgl. Verordnung über die Bestimmung besonderer Vollzugsbehörden vom 14. September 1977 - GV. NW. S. 346/SGV. NW. 2010 -). In diesen und ähnlichen Fällen läßt das Gesetz die Bestimmung einer anderen Vollzugsbehörde anstelle der den Verwaltungsakt erlassenden Behörde zu.

Für untere Landesbehörden ist das in Absatz 2 nicht vorgesehen. Sie werden auch regelmäßig in der Lage sein, ein Zwangsmittel wenigstens anzudrohen und festzusetzen. Wenn sieetwa zur_Anwendung des unmittelbaren Zwanges nicht befugt sind und die Vollzugshilfe' einer Behörde in Anspruch nehmen müssen, die über eigene Vollzugsdienstkräfte im Sinne des § 68 verfügt, hören sie deshalb nicht auf, Vollzugsbehörden zu sein.

57 Zwangsmittel (zu § 57).

57.1 Die Aufzählung der Zwangsmittel in Absatz l ist abschließend. Mit anderen Zwangsmaßnahmen dürfen Verwaltungsakte nicht durchgesetzt werden.

57.2 Absatz 2 schreibt vor, daß die Zwangsmittel nach Maßgabe der Androhungsvorschriften der §§ 63 u. 69 anzuwenden sind. Damit wird die rechtsstaatlich wichtige Androhung betont.

57.3 Absatz 3 stellt den Zweck der Zwangsmittel als Beugemittel dar. Sie dienen nicht der Ahndung wie die Strafe oder das Bußgeld. Von der weiteren Anwendung des Zwangsmittels ist daher sofort abzu-' sehen, wenn dem Gebot oder Verbot Folge geleistet wird oder der angestrebte Zweck auf andere Weise erreicht worden ist (z. B. durch Handeln Dritter oder Naturereignisse).

58 Verhältnismäßigkeit (zu § 58). 58.1 Zu Absatz l

58.11 Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, daß die angewandten Mittel in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg stehen. Der Zweck der Zwangsmittel ergibt sich aus ihrem Charakter als Beugemittel. Sie sollen nur den etwa entgegenstehenden Willen des Betroffenen bei der Verwirklichung einer behördlichen Maßnahme zur Herstellung oder Aufrechterhaltung

eines rechtmäßigen Auslandes ausschalten. Sie sind keine Ahndungsmittel wie das Bußgeld oder die Strafe. Deshalb ist auch von der - weiteren - Anwendung des angedrohten , und festgesetzten Zwangsmittels, z. B. von der Verwertung der für ein Zwangsgeld gepfändeten Gegenstände, sofort abzusehen, wenn dem Gebot oder Verbot Folge geleistet wird (§ 65 Abs. 3). Vgl. Nr. 57.2 und 65.4. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Zweckmäßigkeit ist nicht nur bei der Wahl des im Einzelfall geeignetesten Zwangsmittels, sondern auch hinsichtlich des Umfanges der Ersatzvornahme und der Höhe des anzudrohenden Zwangsgeldes zu beachten.

58.12 Welches der drei Zwangsmittel die Vollzugsbehörde wählt, ist in ihr pflichtmäßiges Ermessen gestellt. Das Zwangsgeld muß in bestimmter Höhe festgesetzt werden (also z. B. nicht „bis zu 500,- DM"). Die Höhe des Zwangsgeldes ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu bestimmen. Dabei sind die Hartnäckigkeit des pflichtwidrigen Verhaltens (erster Verstoß oder Wiederholungsfall), die finanzielle Leistungsfähigkeit des Betroffenen und die Bedeutung der Angelegenheit zu berücksichtigen.

58.2 Zu Absatz 2

Der auch in § 15 OBG niedergelegte Grundsatz, daß nur solche Maßnahmen angewendet werden dürfen, deren Schadensfolgen 'nicht erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen, zwingt die Behörde und die Vollzugsdienstkräfte, stets zu prüfen, welches Ziel mit der Anwendung unmittelbaren Zwanges erreicht werden soll. Besteht kein wesentliches öffentliches Interesse an der Durchsetzung eines bestimmten Verwaltungsaktes, so ' scheidet die Anwendung unmittelbaren Zwanges, der erhebliche körperliche Schäden verursachen kann, aus. Läßt sich unmittelbarer Zwang nicht vermeiden, so ist schnell und zügig zu handeln. Wird dabei jemand verletzt, so ist im Rahmen des § 72 Hilfe zu leisten.

58.3 Zu Absatz 3

58.31 Die Vollzugsdienstkräfte haben in eigener Verantwortung zu prüfen, ob unmittelbarer Zwang anzuwenden ist oder ob nicht andere Zwangsmittel ausreichen, den erstrebten Erfolg herbeizuführen. Die Pflicht zur Prüfung in eigener Verantwortung trifft die Vollzugsdienstkräfte nicht in solchen Fällen, in denen ihnen eine dienstliche Weisungzur Anwendung unmittelbaren Zwanges ausdrücklich erteilt worden ist (vgl. Nr. 71.11).

• 58.32 Sofern es sich darum handelt, Verwaltungsakte durchzusetzen, kommen als andere Zwangsmittel die Ersatzvornahme (§ 59) und das Zwangsgeld (§ 60) in Betracht. Bei der Durchführung von Voll-streckungs-, Aufsichts- und Pflege- oder Erziehungsaufgaben in Anstalten kommen neben dem 'unmittelbaren Zwang besondere in der Natur der • jeweiligen Anstalten begründete Mäßnahmen in Betracht (z. B. Verabreichung einfacher Kost, Einzelunterbringung).

58.33 Die Bestimmung, daß unmittelbarer Zwang nur angewendet werden darf, wenn andere Zwangsmittel nicht zum Ziele führen, bedeutet nicht, daß diese vorher vergeblich angewandt sein müssen. Steht von vornherein fest, daß die Ersatzvornahme, die ohnehin nur der Erzwingung vertretbarer Handlungen dienen kann (§ 59), oder das Zwangsgeld / nicht zum Ziele führen werden, kann unmittelbarer .Zwang sofort angewandt werden. In der Mehrzahl der Fälle ist jedoch davon auszugehen, daß unmittelbarer Zwang gegen Personen als schärfste Form des Vollzuges hoheitlicher Gewalt der „letzte Ausweg" ist. Von den verschiedenen Arten der Zwangsmittel wird unmittelbarer Zwang deshalb nur dann anzuwenden sein, wenn die Ersatzvornahme oder das Zwangsgeld vergeblich angewandt wurden oder keinen Erfolg versprechen.

58.34 Ist entschieden,, daß unmittelbarer Zwang anzuwenden ist, so ist zu prüfen, welche Maßnahmen im einzelnen im Rahmen der zur Verfügung stehenden

11.3.63(21)

141. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 1. 1981 = MBL NW. Nr. 131 einschl.)

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Arten des unmittelbaren Zwanges getroffen werden sollen. Die drei Arten des unmittelbaren Zwanges, nämlich körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und Waffen, sind in § 67 aufgeführt. Zunächst hat die Vollzugsdienstkraft zu prüfen, welche Art überhaupt möglich ist. So scheidet z. B. . bei einem Flüchtigen einfache körperliche Gewalt von vornherein aus. Bleiben nach dieser Prüfung noch mehrere Maßnahmen möglich, so ist die geeignete auszuwählen. Unter mehreren geeigneten Maßnahmen ist schließlich diejenige zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt.

58.35 Eine Stufenfolge zwischen körperlicher Gewalt und Hilfsmitteln der körperlichen Gewalt unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit läßt sich nicht aufstellen. Hilfsmittel der körperlichen Gewalt können den Einzelnen unter Umständen weniger beeinträchtigen als einfache körperliche Gewalt. Das Anlegen von Fesseln kann z. B. das körperliche Überwältigen einer Person durch schmerzhafte Schläge oder Griffe überflüssig machen.

59 Ersatzvornahme (zu § 59).

59.1 Eine Ersatzvornahme liegt auch vor, wenn die Vollzugsbehörde die vertretbare Handlung selbst ausführt.

Vertretbar ist eine Handlung, wenn sie nicht nur vom Betroffenen persönlich (z. B. die Abgabe einer Erklärung), sondern ohne Veränderung ihres Inhalts auch von einem anderen vorgenommen werden kann. Beispiele: Abstützen oder Abreißen einer baufälligen Mauer, Abschleppen eines Kraftfahrzeuges, Straßenreinigung.

59.2 „Ein anderer" können ein Handwerker, ein Abbruch- oder Abschleppunternehmer, aber auch z. B. juristisch selbständige Stadtwerke mit ihrem technischen Personal im Verhältnis zum Städtischen Ordnungsamt sein.

59.3 Soll der Betroffene die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im voraus zahlen, sind sie mit Zustellung der Androhung(§ 63 Abs. 4 und 5) unter Angabe einer Zahlungsfrist vom Betroffenen anzufordern. Sie können jedoch erst nach Ablauf der Zahlungsfrist und der ersten Frist zum Handeln (§ 63 Abs. 1) beigetrieben werden (vgl. aber § 6 Abs. 4). In der Bestimmung und Anforderung der voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme" liegt der eigentliche Wert dieses Beugemittels. Die entstandenen Kosten müssen nicht den veranschlagten entsprechen. Die Differenz 'kann nachgefordert werden oder.muß bei Überzahlung erstattet werden.'

60 Zwangsgeld (zu § 60).

60.1 Das Zwangsgeld dient zur Erzwingung unvertretbarer Handlungen, die der Betroffene nur persönlich vornehmen kann. Beispiele: Persönliches Erscheinen kraft gesetzlicher Verpflichtung, Erteilung von Auskünften (etwa nach § 44 Abs. 2 oder auf Grund einer Rechtsvorschrift zur Durchführung von Bundesstatistiken)'und Herausgabe einer Urkunde. Das Zwangsgeld kann nach pflichtgemäßem Ermessen auch anstatt der Ersatzvornahme angewendet werden, um eine vertretbare Handlung zu erzwingen.

60.2 Besonders wichtig ist die Androhung des Zwangsgeldes, .um die Verletzung von Unterlassungspflichten zu verhindern, also ein Verbot durchzusetzen. Der Wiederholung von Verstößen gegen behördliche Verbote kann nur durch sofortige Festsetzung und unverzügliche Beitreibung des angedrohten Zwangsgeldes nach Zuwiderhandlung, notfalls durch gleichzeitige erneute Androhung eines höheren Zwangsgeldes begegnet werden (vgl. Nr. 65.42).

60.3 Das Zwangsgeld muß so hoch sein, daß der Betroffene es voraussichtlich vorziehen wird, seine Pflicht zu erfüllen.

Innerhalb des gegebenen Rahmens ist daher die Höhe des Zwangsgeldes nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.(vgl. Nr. 58.12) zu bestimmen. Dabei sind die Hartnäckigkeit des pflichtwidrigen Verhaltens (erster Verstoß oder Wiederholungsfall), die finanzielle Leistungsfähigkeit des Betroffenen und schließlich auch die von ihm billigerweise zu erwartende Initiative zu berücksichtigen.

61 Ersatzzwangshaft (zu § 61).

61.1 Die Ersatzzwangshaft dient nicht etwa der Beitreibung des Zwangsgeldes, sondern wie dieses der Durchsetzung des der Zwangsmittelandrohung zugrundeliegenden Verwaltungsaktes. Sie ist Beugehaft, nicht Strafe und nicht Ersatzahndungs-. mittel wie etwa die „anstelle einer an sich verwirk-' ten Geldstrafe" tretende Haft. Ihre Bedeutung liegt weniger in ihrer Anwendung - der Inhaftierte wird seine Verpflichtung aus dem Verwaltungsakt kaum erfüllen können -, als in der abschreckenden Wirkung ihrer Ankündigung. Diese ist in Form eines Hinweises auf die Möglichkeit der Anordnung für den Fall der Uneinbringlichkeit mit der Androhung des Zwangsgeldes zu verbinden.

612 Die Schwere des Eingriffs in die durch Art. 2 Abs. 2 GG garantierte Freiheit der Person (vgl. § 79) wird die Inanspruchnahme dieses „letzten Mittels, zu dem der Staat Zuflucht nimmt, um die rechtmäßig erlassenen Anordnungen den Bürgern des Staates gegenüber durchzusetzen" - so das BVerwG in seiner Entscheidung v. 6.12.1956 (I C 10.56) abgedruckt im DVBI. 1957 S. 204, NJW 1957 S. 602, DÖV 1957 S. 88, Der Betriebsberater 1957 S. 236 - nur in schwerwiegenden Ausnahmefällen rechtfertigen. Das Zwangsgeld ist dann „uneinbringlich", wenn die Beitreibung des Zwangsgeldes ohne Erfolg versucht worden ist oder wenn offensichtlich ist, daß sie keinen Erfolg haben wird.

61.3; Der Antrag der Vollzugsbehörde ist an das Verwaltungsgericht zu richten.

62 Unmittelbarer Zwang (zu § 62). 62.1 Begriff

„Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Per-•• sonen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen" (§ 67 Abs. 1).

62.11 Die unmittelbare körperliche Einwirkung auf Per-, sonen als schärfste Form des Vollzugs hoheitlicher Gewalt ist nur zulässig, wenn Ersatzvornahme oder Zwangsgeld vergeblich versucht wurden oder untunlich sind. Sie ist der „letzte Ausweg", wenn die Vollzugsbehörde sich nicht mehr anders zu helfen weiß, insbesondere, wenn auch die Anwendung körperlicher Gewalt gegen Sachen nicht zum Ziele führt (vgl. auch § 58).

62.12 Grundsätzlich gelten diese Zulässigkeitsvorausset-zungen auch für die Einwirkung durch körperliche Gewalt auf Sachen.

Maßnahmen, bei denen die Behörde keinen Dritten beauftragt, sondern die Handlungen selbst ausführt (Selbstvornahme), sind - im Gegensatz zu der früheren Regelung - als Unterfall der Ersatzvornahme (§ 59 Abs. 1) und nicht als die Anwendung unmittelbaren Zwanges geregelt.

62.2 Vollzugsdienstkräfte

Unmittelbarer Zwang darf zwar von jeder Vollzugsbehörde angedroht und notfalls festgesetzt, jedoch nur von solchen Behörden angewendet werden, die über Vollzugsdienstkräfte im Sinne des § 68 verfügen. Die dort gegebene Aufzählung ist abschließend.

62.3 Für die Erzwingung von Angaben kommt nur ein Zwangsgeld in Betracht.

63 Androhung der Zwangsmittel (zu § 63).

63.1 Die Androhung des Zwangsmittels ist in der sorgfältigen rechtsstaatlichen Ausgestaltung des Ver-

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11.3.63(22)

fahrens das Kernstück des 'Verwaltungszwanges. Durch sie soll psychologisch auf den Betroffenen eingewirkt und sein aktiver oder passiver Widerstand gegen die Verwirklichung der behördlichen Maßnahmen überwunden werden.

63.2 An Form und Inhalt der Androhung stellt das Gesetz besondere Anforderungen. Sie sind sorgfältig zu beachten, denn die Rechtmäßigkeit der Androhung ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der nachfolgenden Festsetzung und Anwendung des Zwangsmittels.

63.21 Die Androhung muß schriftlich ergehen. Das gilt auch für den Fall des unmittelbaren Zwanges (§ 69 Abs. 2). Von der schriftlichen Androhung kann nur abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere im Falle des sofortigen Vollzugs nach § 55 Abs. 2.

6322 Die schriftliche Androhungsverfügung ist in jedem Fall zuzustellen, auch wenn das durchzusetzende Gebot oder Verbot selbst nicht zugestellt zu wer- -den braucht (Abs. 6). Die Zustellung ist nach Maßgabe der §§ 3 bis 5 VwZG zu bewirken.

63.23 Die Vollzugsbehörde kann die Androhung in Form einer selbständigen Verfügung aussprechen, etwa wenn sich erst nach Erlaß des materiellen Verwaltungsaktes die Notwendigkeit herausstellt, ihn zwangsweise durchzusetzen. Sie kann die An-. drohung aber auch, was die Regel sein dürfte, mit dem Verwaltungsakt verbinden. Sie soll beide Verfügungen zusammenfassen, wenn hinsichtlich des Verwaltungsaktes die Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 VwGO (keine aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs) vorliegen; vgl. Nr. 55.23. In dringenden Fällen mit kürzesten Fristen empfiehlt es sich, die Androhung besonders des unmittelbaren Zwanges zusammen mit der Festsetzung durch den Voll-ziehungsbeamten zustellen zu lassen (nach § 5 VwZG), der den Ablauf der kurzen Frist abwartet und dann unverzüglich tätig wird. Eine nicht zugestellte Androhung ist keine Androhung und macht den nachfolgenden Vollzug des Verwaltungsaktes rechtswidrig.

63.3 Der Betroffene soll durch die Androhung darüber unterrichtet werden, welche Folgen er zu erwarten hat, falls er dasbehördliche Gebot nicht fristgemäß erfüllt oder einem Verbot zuwiderhandelt.

63.31 In der Androhung müssen deshalb die vorgesehenen Zwangsmittel genau bestimmt werden, ggf. ist anzugeben, in welcher Reihenfolge sie angewendet werden sollen. Es muß also „ein Zwangsgeld in Höhe von .... DM" - (nicht: „ein Zwangsgeld bis zu 500- DM"!) oder „die Beseitigung der baufälligen Mauer durch einen beauftragten Unternehmer" (Ersatzvornahme) oder „durch eigene Kräfte" (Selbstvornahme), angedroht werden. Es genügt nicht, etwa nur „die Anwendung von Verwaltungszwang" oder „die gewaltsame Beseitigung der Mauer" anzudrohen. Die Androhung „für den Fall., •behalte ich mir die Festsetzung eines Zwangsgeldes von 100 DM vor", wäre deshalb ungültig.

63.32 Mit der Androhung einer Ersatzvornahme sollen zugleich ihre voraussichtlichen Kosten mitgeteilt werden, möglichst unter Hinweis darauf, daß sie nach Fristablauf beigetrieben werden (vgl. § 6 Abs. 4). Wird bei der Androhung der voraussichtliche Aufwand nicht angegeben, so ist eine solche Androhung gleichwohl rechtswirksam. Da die Rechtmäßigkeit der späteren Festsetzung und Anwendung der Ersatzvornahme aber vornehmlich davon abhängen, daß diese nicht über den in der Androhung vorgesehenen Umfang hinausgehen, ist es wichtig, daß nicht einfach „Ersatzvornahme" angedroht, sondern gesagt wird, welche Maßnahmen auf Kosten -des Betroffenen durchgeführt werden sollen (vgl. auch Nr. 59.3).

63.33 Die Festsetzung und Anwendung des angedrohten Zwangsmittels ist von der Nichterfüllung der Verpflichtung innerhalb .einer angemessenen Frist abhängig zu machen.'Wie lang die Frist sein muß, richtet sich nach den allgemeinen Lebenser-

Währungen und vor allem nach der Schwierigkeit Ofllfl der zu erfüllenden Verpflichtung. Für den Abbruch ^" '" eines Hauses wird nur eine Frist von mehreren Wo-N chen oder Monaten angemessen sein; die Vorlage einer Urkunde oder das persönliche Erscheinen können in wenigen Tagen oder sogar Stunden verlangt und erwartet werden. Es sind auch Fälle denkbar, in denen eine Handlung, z. B. die Herausgabe des beschlagnahmten Vereinsvermögens oder die Herausgabe einer über die Forderung vorhandenen Urkunde (§ 44 Abs. 2) „unverzüglich" verlangt werden kann.

Soweit angängig, sollte, aber die Frist nicht kürzer gewählt werden als die Monatsfrist für den Widerspruch gegen den durchzusetzenden Verwaltungsakt. Andernfalls sollte, um Mißverständnisse beim Betroffenen zu vermeiden, die kürzere Fristsetzung .mit einem klärenden Hinweis verbunden werden, etwa „unbeschadet der unten erwähnten Rechtsbehelfsfrist".

63.34 Die Fristsetzung ist unerläßlicher Bestandteil einer gültigen Androhung, freilich nur für den Fall, daß dem Betroffenen aufgegeben werden soll, „bis zum ..." Urkunden vorzulegen, Trümmer zu beseitigen, einen unzulässigen Bau abzubrechen oder sonst irgend etwas zu tun.

Weder die Aufforderung, etwas zu dulden oder zu unterlassen, noch das Verbot, etwas zu tun, können mit einer Fristsetzung in diesem Sinne verbunden werden. Mit der Aufforderung, „bis zum 31. Oktober 1980" etwa die öffentliche Benutzung eines über das Grundstück führenden Weges zu dulden (weil erst ab 1.11.1980 die neue Straße freigegeben wird) oder „in der Zeit von........bis....." keine Teppiche zu klopfen oder das Posaunenblasen zu unterlassen, wird keine „Frist für die Erfüllung einer Verpflichtung" im Sinne des Absatzes l gesetzt, sondern nur ein Zeitraum bestimmt, innerhalb dessen die angeordneten Beschränkungen zu beachten sind. Ein Verbot kann auch „ab sofort" verhängt werden. In derartigen Fällen kann das Zwangsmittel rechtsgültig - „für jeden Fall der Zuwiderhandlung" angedroht werden.

64 Festsetzung der Zwangsmittel (zu § 64).

64.1 Nur ein festgesetztes Zwangsmittel darf angewendet werden (§ 64 Abs. 1). Die Festsetzung ist anfechtbarer Verwaltungsakt und muß dem Betroffenen, wie jeder belastende Verwaltungsakt, in gehöriger Form mitgeteilt werden. Regelmäßig wird die Schriftform ausreichen, die förmliche Zustellung ist nicht vorgeschrieben. Das Zwangsgeld wird in Form eines Leistungsbescheides (§ 6) festgesetzt.

Bei sofortigem Vollzug entfällt die Festsetzung, d. h. der Betroffene braucht auf die beabsichtigte Anwendung des Zwangsmittels nicht hingewiesen zu werden.

64.2 Die Androhung des Zwangsmittels muß nicht unanfechtbar sein, um es festsetzen zu können. Es bedarf auch nicht der' Anordnung seiner sofortigen Vollziehung (§ 8 AG VwGO, vgl, Nr. 55.24). Eine Festsetzung kann mit Erfolg nur angefochten werden, wenn das Zwangsmittel überhaupt nicht oder nicht ordnungsgemäß angedroht worden war oder wenn sie nicht der Androhung des Zwangsmittels entspricht oder wenn die bei der Androhung gesetzte Frist noch nicht verstrichen ist (vgl. Nr. 64.3). E'S ist deshalb darauf zu achten, daß ein Zwangsgeld nur in der angedrohten Höhe und eine Ersatzvornahme nur in dem in der Androhung vorgesehenen Umfang festgesetzt wird.

Beispiel: Einem Hauseigentümer wird angedroht, bestimmte Reparaturarbeiten in seinem baufälligen Haus im Wege der Ersatzvornahme durchführen zu lassen. Nachträglich stellt sich heraus, daß weitere Instandsetzungsarbeiten erforderlich sind. Dann dürfen nach Fristablauf nur die zunächst vorgesehenen Maßnahmen festgesetzt werden. Die „weiteren" Arbeiten müssen dem Betroffenen zunächst in einem besonderen Verwaltungsakt aufgegeben, und es muß insoweit die Ersatzvornahme zusätzlich angedroht werden.

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64.3 Fristablauf ist nur dann Voraussetzung für die Festsetzung des Zwangsmittels, wenn dem Betroffenen die Vornahme einer Handlung „bis zum....." aufgegeben worden ist.

Das Gebot, etwas zu dulden oder zu unterlassen, und das Verbot, etwas zu tun, können nicht mit einer Fristsetzung im selben Sinne verbunden werden (vgl. Nr. 63.34). In diesen Fällen kann das Zwangsmittel festgesetzt werden, sobald der Betroffene dem Gebot oder Verbot zuwiderhandelt.

64.4 Es ist rechtlich nicht geboten, bei der Festsetzung nochmals eine Frist zu setzen und erst nach deren Ablauf das Zwangsmittel anzuwenden. Die Anwendung kann der Festsetzung auf dem Fuße folgen. Die Vollzugsbehörde wird von Fall zu Fall entscheiden müssen, ob es im Einzelfall richtiger ist, dem Betroffenen nochmals eine letzte Gelegenheit zu geben, seiner Verpflichtung nachzukommen, ehe insbesondere mit unmittelbarem Zwang vollendete Tatsachen geschaffen werden.

65 Anwendung der Zwangsmittel (zu § 65).

65.1 Die Anwendung besteht

a) beider Ersatzvornahme regelmäßig schon in der Beitreibung der in der Androhung vorläufig veranschlagten Kosten, jedenfalls in der Beauftragung eines anderen (Nr. 59.2) und in der Durchführung der vom Betroffenen verweigerten oder unterlassenen Maßnahme durch den Beauftragten oder durch die Vollzugsbehörde;

b) beim Zwangsgeld in der Einziehung und Beitreibung aufgrund der Festsetzung (= Leistungsbescheid), wobei weder Schonfrist noch Mahnfrist eingehalten zu werden brauchen (§ 6 Abs. 4);

c) beim unmittelbaren Zwang in der körperlichen und tatsächlichen Gewaltanwendung gegen Personen oder Sachen (§ 67). Die Anwendung muß nach Art und Ausmaß der Androhung und Festsetzung entsprechen und darf keine größere Beeinträchtigung für den-Betroffenen ergeben, als dieser nach der Androhung hinnehmen muß. Die Unanfechtbarkeit der vorausgegangenen Androhung und Festsetzung ist nicht Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit der Anwendung (§ 8 AGVwGO). Es muß dem Betroffenen überlassen bleiben, notfalls bei der Widerspruchsbehörde die Aussetzung der Vollziehung oder beim Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 4 und 5 VwGO zu erreichen.

65.2 Unmittelbarer Zwang darf zwar von jeder Vollzugsbehörde angedroht und festgesetzt, jedoch nur von den durch § 68 Abs. l ausdrücklich dazu ermächtigten Vollzugsdienstkräften bestimmter Behörden angewendet werden. Ihrer muß sich die festsetzende Behörde ggf. im Wege der Amtshilfe bedienen.

65.3 Der Betroffene muß alle rechtmäßigen Maßnahmen der mit der Ersatzvornahme Beauftragten und der Vollzugsdienstkräfte sowie ihrer Hilfskräfte dulden.

65.31 Er darf ihnen, soweit erforderlich, weder das Betreten seines Grundstückes, seiner Wohnung und seiner Geschäftsräume, noch die Aushändigung der zur Öffnung von Türen oder Behältnissen erforderlichen Schlüssel verweigern. Tut er das dennoch, so kann sein Widerstand mit Gewalt gebrochen werden. Die Polizei ist zur Amtshilfe verpflichtet. Ihre Inanspruchnahme ist vor allem dann erforderlich, wenn der Widerstand sich gegen eine Ersatzvornahme richtet, da die damit Beauftragten in keinem Falle zur Gewaltanwendung befugt sind.

65.4 Die Anwendung der Zwangsmittel als letzter Bestandteil des „Vollzugs" ist, da es sich um Beugemittel handelt, nur solange rechtmäßig, bis der von der Behörde verlangte Zustand hergestellt ist

65.41 Das gilt uneingeschränkt in den Fällen, in denen die Vornahme einer Handlung, insbesondere die Herausgabe einer Sache, erzwungen werden soll.

Sobald also, wenn auch nach Ablauf der gesetzten Fristen, die verlangte Urkunde herausgegeben, der Fahrzeugbrief vorgelegt, der Streupflicht bei Glatteis genügt wird oder mit dem verlangten Abreißen einer nicht genehmigten Garage begonnen worden ist, müssen alle etwa festgesetzten Zwangsmaßnahmen sofort abgebrochen, Versteigerungstermine z. B. aufgehoben werden. Auf eingeleitete Pfändungen soll aber erst dann verzichtet und eine Pfandsache sollte erst dann freigegeben werden, wenn die durchzuführende Handlung abgeschlossen ist. Die Verhängung und Beitreibung einer zugleich verwirkten Geldstrafe oder Geldbuße werden dadurch ebensowenig berührt wie die Einziehung und Beitreibung der bei Anwendung der Ersatzvornahme oder des unmittelbaren Zwanges tatsächlich entstandenen Kosten (§11 Abs. 2 Nr. 7 und 8 KostO NW).

65.42 Wann dagegen der Zweck des Vollzugs bei einem Verbot erreicht ist, wird danach zu beurteilen sein, ob im Falle einer Zuwiderhandlung mit Wiederholungen gerechnet werden muß. In diesen Fällen rechtfertigt sich die Festsetzung und Anwendung des Zwangsmittels auch dann, wenn der Betroffene die verbotene Tätigkeit wieder einge-• stellt hat oder durch „sofortigen Vollzug" im Sinne des § 55Abs. 2 daran gehindert worden ist.

65.5 Die Einstellung des Vollzugs betrifft im Falle der Anwendung des Zwangsgeldes und der Beitreibung von Kosten der Ersatzvornahme Maßnahmen der Vollstreckungsbehörde. Die Vollzugsbehörde hat daher die Vollstreckungsbehörde unverzüglich, notfalls fernmündlich, zu verständigen, sobald der Zweck des Vollzugs erreicht und die Vollstreckung daher einzustellen ist.

II. Anwendung unmittelbaren Zwanges 66 Zulässigkeit des unmittelbaren Zwanges (zu § 66).

66.1 Absatz l legt die Voraussetzungen für die Anwendung unmittelbaren Zwanges fest. Die folgenden Gesetzesvorschriften bestimmen die Art und Weise, , in der unmittelbarer Zwang auszuüben ist. Die Anwendung unmittelbaren Zwanges ist danach nur zulässig, wenn

a) er von Vollzugsdienstkräften angewandt wird,

b) sich die Vollzugsdienstkräfte in rechtmäßiger Ausübung öffentlicher Gewalt befinden,

c) die Anwendung unmittelbaren Zwanges nach § 66 Abs. l Nr. l bis 3 statthaft ist.

66.2 Unmittelbaren Zwang dürfen nur die in § 68 Abs. l abschließend aufgeführten Vollzugsdienstkräfte anwenden.'

Die Vollzugsdienstkraft übt rechtmäßig öffentliche Gewalt aus, wenn sie im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse und der hierauf ergangenen Weisungen und Anordnungen handelt. Das Recht zur Ausübung öffentlicher Gewalt kann sich aus dem dienstlich übertragenen allgemeinen Aufgabenkreis ergeben, der die Ausübung öffentlicher Gewalt einschließt (z. B. Gefahrenabwehr für die Dienstkräfte der Ordnungsbehörden im Sinne des § 13 OBG, Seuchenbekämpfung für die beamteten Arzte und Tierärzte). Ferner kann einer Vollzugsdienstkraft für den konkreten Einzelfall ein Vollzugsauftrag, der die Befugnis zur Anwendung unmittelbaren Zwanges einschließt, übertragen wer-

' den (z. B. einer bestimmten Dienstkraft einer Gemeinde wird der Auftrag erteilt, einen Geisteskranken, der die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet, in eine Anstalt zu bringen). Die wesentlichen gesetzlichen Grundlagen für die Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsdienstkräfte sind unter Nr. 68.13 aufgeführt.

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66.3 Nach den Nummern l und 3 darf in folgenden Bereichen unmittelbarer Zwang angewendet werden:

66.31 Für die Mehrzahl der Fälle, in denen unmittelbarer Zwang angewendet werden darf, bildet § 55 Abs. l i. Verb, mit § 57 Abs. l Nr. 3 die Rechtsgrundlage. Danach können Verwaltungsakte, die auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet sind, mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden. § 55 Abs. 2 i. Verb, mit § 57 Abs. l Nr. 3 sieht das gleiche Recht ohne vorausgehenden Verwaltungsakt vor, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt. Eine weitere Rechtsgrundlage ist § 14 Abs. 2 bei der Vollstreckung von Geldforderungen.

66.32 Nummer 3 enthält die gesetzliche Ermächtigung zur Anwendung unmittelbaren Zwanges im Zusammenhang mit der Unterbringung in Anstalten.

66.321 Die Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt, in einer Entziehungsanstalt für Suchtkranke oder in einem Arbeitshaus ordnen die Strafgerichte auf Grund der §§ 42 b, 42 c und 42 d StGB an. In einem Arbeitshaus oder in einer sonstigen Arbeitseinrichtung können Personen auf Grund des § 26 Bundes-sozialhilfegesetz (BSHG) durch Gerichtsbeschluß untergebracht werden. In einer abgeschlossenen Krankenanstalt oder in einem abgeschlossenen Teil einer Krankenanstalt können Kranke und Krankheitsverdächtige gemäß § 3 Abs. 2 des Bundes-Seu-chengesetzes oder gemäß § 18 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten auf Grund eines Gerichtsbeschlusses gemäß § 3 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehung v. 29. Juni 1956 (BGB1. I S. 589) untergebracht werden. In einer abgeschlossenen Krankenanstalt, einem abgeschlossenen Teil einer Krankenanstalt, einer Heil- und Pflegeanstalt oder einer Entziehungsanstalt für Suchtkranke kann die Unterbringung auch auf Grund des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei' psychischen Krankheiten (PsychKG) durch Gerichtsbeschluß angeordnet werden. Die Rechtsgrundlage für die Unterbringung in einer Einrichtung der Fürsorgeerziehung in der auch Freiwillige Erziehungshilfe durchgeführt werden kann, bilden die §§ 62 und 64 des Gesetzes für Jugendwohlfahrt*).. Unter Vormundschaft stehende Personen können auf Anordnung des Vormundes, jedoch nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (§ 1800 Abs. 2 BGB), in einer Anstalt untergebracht werden. Vgl. RdErl. v. 22.9. 1960 (SMBl. NW. 2061).

66.322 Die Aufgabenbereiche sind in Nummer 3 abschließend aufgeführt Zu den Vollstreckungsaufgaben gehört in erster Linie die Verbringung einer Person in eine Anstalt auf Grund rechtmäßiger Anordnung; dagegen erstrecken sich die Aufsichts-, Pflege- und Erziehungsaufgaben auf Maßnahmen gegenüber den in den Anstalten untergebrachten Personen im Rahmen der gesetzlichen Unterbringung. Hierzu gehören insbesondere die Verhinderung und Abwehr einer Störung der Anstaltsordnung, die gesundheitliche Betreuung und die erzieherische Beeinflussung der untergebrachten Personen.

66.4 Zu Absatz 2

Gesetzliche Vorschriften mit weitergehenden Erfordernissen enthält z. B. die Strafprozeßordnung. So dürfen bei der körperlichen Untersuchung des Beschuldigten nach § 81 a Abs. l StPO Entnahmen von Blutproben und andere körperliche Eingriffe nur von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen werden, wenn kein gesundheitlicher Nachteil zu befürchten ist. Gleiches gilt für die Untersuchung anderer Personen nach § 81 c

*) Einrichtungen der Fürsorgeerziehung sind Heime und andere Einrichtungen, die zur Durchführung von Freiwilliger Erziehungshilfe oder Fürsorgeerziehung in Anspruch genommen werden.

Abs. 2 StPO, bei der im übrigen unmittelbarer Zwang nur auf besondere Anordnung des Richters angewandt werden darf, § 81 c Abs. 6 Satz 2 StPO.

67 Begriffsbestimmungen, zugelassene Waffen (zu

§67).

67.1 Zu Absatz l

Andere als die genannten drei Formen des unmittelbaren Zwanges sind unzulässig.

67.2 Zu Absatz 2

67.21 Eine unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen liegt z. B. vor bei dem Festhalten einer Person, bei der Anwendung von Judogriffen. Hiebe mit der Hand und Boxschläge dürfen nur angewendet werden, wenn ein Angriff auf eine Vollzugsdienstkraft oder einen Dritten oder eine ernsthafte Störung der Anstaltsordnung nicht auf andere Weise abgewendetwerden kann.

6722 Auf Sachen wird unmittelbar körperlich eingewirkt z. B. bei dem Eintreten einer Tür, dem Einschlagen einer Fensterscheibe mit dem Ellenbogen, dem Auf- oder Verschließen einer Tür, dem Plombieren, eines Verschlusses, dem Unbrauchbarmachen nicht geeichter, nicht beglaubigter oder nicht verkehrsrichtiger Meßgeräte oder wesentlicher Teile von ihnen.

67.3 Zu Absatz 3

67.31 Außer den ausdrücklich genannten Gegenständen kommen Nachschlüssel, Brechstangen, z. B. zum gewaltsamen Öffnen einer Tür, oder ähnliche Gegenstände in Betracht. Es sind stets nur solche Gegenstände als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt zu verwenden, deren Wirkung in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht (vgl. § 58 Abs. 3). .

67.32 Als Fesseln sind die behördlich oder dienstlich zugewiesenen Fesseln zu benutzen. Stehen solche nicht zur Verfügung, so können auch sonstige zur Fesselung geeignete Mittel wie Stricke und Gürtel verwendet werden.

67.33 Technische Sperren werden im Bereich der Anstalten nicht verwendet. Die Verwendung von Diensthunden kann in den Anstalten und im Bereich der Ordnungsbehörden (z. B. für Wächter in öffentlichen Anlagen) in Betracht kommen. Diensthunde müssen abgerichtet sein und dürfen nur von Vollzugsdienstkräften eingesetzt werden, die hierfür besonders ausgebildet sind.

67.34 Dienstfahrzeuge dürfen eingesetzt werden, um Straßen, Plätze oder anderes Gelände zu sperren oder zu räumen. Der Einsatz ist möglichst so durchzuführen, daß hierdurch niemand verletzt wird.

67.35 Reiz- und Betäubungsstoffe dürfen nur gebraucht .werden, wenn der Einsatz einfacher körperlicher Gewalt oder anderer Hilfsmittel keinen'Erfolg verspricht und wenn durch den Einsatz dieser Stoffe die Anwendung von Waffen vermieden werden kann. Zu dem Gebrauch von Reiz- und Betäubungsstoffen gehört auch die Verwendung von Tränengas- und Nebelkörpern.

67.4 Zu Absatz 4

67.41 Die Waffen, mit denen die Vollzugsdienstkräfte ausgerüstet werden dürfen, sind abschließend aufgezählt. (Nach der bisher geltenden Rechtslage wurden die dienstlich zugelassenen Waffen durch Verwaltungsvorschrift bestimmt.) Der Gebrauch von Schußwaffen im Vollzugsdienst ist für die Dienstkräfte der Ordnungsbehörden und Sonder-ordnungsbehörden nach § 74 nicht zulässig. Auch zum Töten von Tieren aus Anlaß der Tollwut dürfen die 'Vollzugsdienstkräfte der Ordnungsbehörden und Sonderordnungsbehörden - dazu gehören die beamteten Tierärzte - außer im Falle des Notstan-

11. 3. 63 (23)

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des keine Schußwaffen benutzen. Ist die Tötung von Tieren aus Anlaß der Tollwut mit einer Schußwaffe notwendig, so sind hierzu Polizeivollzugsbeamte hinzuzuziehen. Schlagstöcke dürfen die Dienstkräfte der Ordnungs- und Sonderordnungsbehörden im Vollzugsdienst gebrauchen.

67.42 Für die Vollzugsdienstkräfte der Anstalten ist die Verwendung von Schußwaffen im Vollzugsdienst nach § 74 ebenfalls nicht zulässig.

67.43 Die Dienstk.räfte der Ordnungsbehörden, Sonder-ordnungsbehörden und Anstalten dürfen jedoch für Zwecke der Selbstverteidigung Schußwaffen führen (z.B. Wächter für öffentliche Anlagen im Nachtdienst). Werden die Dienstkräfte für solche Zwecke dienstlich mit Schußwaffen ausgerüstet, so sind sie zu belehren, daß sie von der Schußwaffe nur bei Notwehr oder Notstand Gebrauch machen dürfen, nicht auch bei Durchsetzung von Vollzugsaufgaben.

68 Vollzugsdienstkräfte (zu § 68). , 68.1 Zu Absatz l

68.11 Die Aufzählung der Vollzugsdienstkräfte in Absatz l ist abschließend. Der Katalog kann nur durch Rechtsverordnung der Landesregierung nach Absatz 3 geändert oder ergänzt werden (vgl. Nr. 68.3).

68.12 Es ist nicht notwendig, daß die Vollzugsdienstkraft Beamter im Sinne des Landesbeamtenge-setzes ist. Auch Angestellte und Personen, die nicht in einem sonst üblichen behördlichen Anstellungsverhältnis stehen, können Vollzugsdienstkräfte sein (z. B. der von einem Wasserwerk angestellte Talsperrenwächter, der zur Dienstkraft der Ordnungsbehörde nach § 13 OBG bestellt ' ist, Angestellte der Eichämter oder Vertragsärzte und Erzieher).

68.13 Rechtsgrundlagen für die Aufgaben, bei deren Ausübung • Vollzugsdienstkräfte unmittelbaren Zwang anwenden dürfen, sind insbesondere

68.13.1 für die Dienstkräfte der Ordnungsbehörden § 14 OBG, § 20 BImSchG, §§ 35, 51 GewO, § 22 GastG, §§ 34 ff Bundes-Seuchengesetz, § 41 Lebensmittel-und Bedarfsgegenständegesetz in Verb, mit § 48 Abs. 3 OBG,

68.13.2 für die Ärzte und Beauftragten des Gesundheitsamtes und seiner Aufsichtsbehörden bei der Durchführung von Aufgaben nach dem Bundes-Seuchengesetze die §§ 10 Abs. 6 bis 8, 10 a, 32 und 34 bis 38 dieses Gesetzes,

68.13.3 für die Beauftragten und Ärzte des Gesundheitsamtes, soweit es sich um Maßnahmen nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten handelt, die §§ 3 bis 5 und 8, 17 und 18 dieses Gesetzes,

68.13.4 für die beamteten Tierärzte und an ihre Stelle tretende andere approbierte Tierärzte die §§ 11, 61 d und 73 des Tierseuchengesetzes (TierSG),

68.13.5 für die Gewerbeaufsichtsbeamten die in der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Arbeits-, Immissions- und technischen Gefahrenschutzes (ZustVO AltG) vom 6. Februar 1973 (GV. NW. S. 66/SGV. NW. 28) genannten Vorschriften,

68.13.6 für die Beamten der Eichbehörden die §§ 27, 32 und 33 des Eichgesetzes,

68.13.7 für die zuständigen Sachverständigen nach dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz § 41 dieses Gesetzes i. Verb, mit § 48 Abs. 3 OBG,

68.13.8 für die Weinkontrolleure im Sinne des § 58 Abs. 3 des Weingesetzes § 58 dieses Gesetzes,

68.13.9 für die Fleischbeschauer die §§ 7, 8, 10, 11, 16 und 19 des Fleischbeschaugesetzes,

68.13.10 für die Angehörigen der Feuerwehren, beim Feuerwehreinsatz dienstlich tätige Personen und Beauftragten die §§ 30 und 31 des. Gesetzes über den Feuerschutz und die Hilfeleistung bei Unglücksfällen und öffentlichen Notständen,

68.13.11 für die mit der Durchführung von. Vollstrek-kungs-, Aufsichts-, Pflege- oder Erziehungsaufgaben beauftragten Dienstkräfte in den Anstalten §66 Abs. l Nr. 3,

68.13.12 für die Vollziehungsbeamten bei der Ausübung ihrer Befugnisse nach § 14 diese Vorschrift,

68.13.13 für die mit der Wahrnehmung der Luftaufsicht beauftragten Bediensteten der Luftfahrtbehörden § 29 Abs. l des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG), für als Hilfsorgän in bestimmten Fällen herangezogenen Personen § 29 Abs. 2 LuftVG,

68.13.14 für die Dienstkräfte der Katastrophenschutzbe-hörden und die in ihrem Auftrag handelnden Personen § 13 Abs. l KatSG NW.

68.2 Zu Absatz 2

68.21 Die Verpflichtung, bei der Ausübung unmittelbaren Zwanges einen behördlichen Ausweis bei sich zu führen, besteht für alle Vollzugsdienstkräfte ausnahmslos.

68.22 Der behördliche Ausweis muß ein vom Inhaber unterschriebenes Lichtbild enthalten, über Name und Vorname des Inhabers, Dienststellung und ausstellende Behörde Auskunft 'geben sowie einen Vermerk über die zeitliche Geltung enthalten. Zuständig für die Ausstellung des Ausweises ist in der Regel die Anstellungs- oder Beschäftigungsbehörde. Ist die Vollzugsdienstkraft nicht Bediensteter einer Behörde, so ist im allgemeinen für die Ausstellung des Ausweises die Behörde zuständig, in deren Auftrag die Vollzugsdienstkraft tätig wird.

68.23 Wenn die Vollzugsdienstkräfte nach Satz 2 auch nur verpflichtet sind, den Ausweis auf Verlangen vorzuzeigen, so sollten die Vollzugsdienstkräfte der Ordnungsbehörden und Sonderordnungsbehörden in kritischen Fällen, insbesondere außerhalb von Behördenräumen, jedoch stets schon von sich aus durch Vorzeigen des Ausweises jeden Zweifel über ihre Person und über ihre Be- , fugnisse ausschließen. Die Vollzugsdienstkräfte haben ferner auf Verlangen auch die Behörde zu benennen, an die etwaige Beschwerden zu richten sind:

68.24 Die Ausnahmen von der Verpflichtung, den Ausweis auf Verlangen vorzuzeigen, sind in den Buchstaben a und b abschließend aufgeführt. Die Umstände lassen das Vorzeigen des Ausweises insbesondere dann nicht zu, wenn hierdurch der Vollzug wesentlich erschwert oder verhindert oder die Vollzugsdienstkraft selbst in Gefahr gebracht würde. Die Befreiung von der Vorzeigepflicht in den Anstalten ergibt sich aus der Art des gesetzlich angeordneten besonderen Gewaltverhältnisses.

68.3 Zu Absatz 3

Der Katalog des Absatzes l gibt den geltenden Rechtszustand bei Inkrafttreten des Gesetzes wieder. • ,

68.4 Zu Absatz 4

68.4l' Das Erfordernis der gesetzlichen Ermächtigung zur Anwendung von Waffengewalt beschränkt sich nicht auf den Schußwaffengebrauch, sondern auf die Verwendung aller Waffen im Sinne des § 67 Abs. 4. Dazu gehört auch der Schlagstock. Die mit ihnen ausgestatteten Vollzugsdienstkräfte können sich ihrer unter Beachtung des § 58 in geeigneten Fällen bedienen. Schläge sollen gegen Arme oder Beine gerichtet werden, um schwerwiegende Verletzungen zu vermeiden.

68.42. Der Schußwaffengebrauch ist nach § 74 den Hilfs-polizeibeamten, den bestätigten Jagdaufsehern

140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1..11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

11.3.63(24)

und den in § 68 Abs. l Nr. 14 bezeichneten Personen vorbehalten.

Auch gegen „Sachen" i. S. der Gesetze, z. B. gegen tollwütige Hunde, dürfen Schußwaffen, abgesehen von Fällen der Notwehr, nur von den nach § 74 dazu Berechtigten eingesetzt werden.

69 Androhung unmittelbaren Zwanges (zu § 69). 69.1 Zu Absatz l

69.11 Der'unmittelbare Zwang braucht nicht durch die Vollzugsdienstkraft selbst angedroht zu werden. Handelt es sich um die Durchsetzung von Verwaltungsakten, so muß der unmittelbare Zwang, .wenn er nicht nach § 55 Abs. 2 sofort angewendet werden kann, schriftlich angedroht werden (§ 63 Abs. 1). Die schriftliche Androhung wird in der Regel die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, vornehmen. Die Vollzugsdienstkraft trifft die Ver-' pflichtung zur Androhung deshalb nur dann,'wenn nicht die Behörde den unmittelbaren Zwang schon angedroht hat Die Vollzugsdienstkraft muß sich daher v.or jeder Anwendung unmittelbaren Zwanges vergewissern, ob die Behörde schon den unmittelbaren Zwang angedroht hat oder ob sie es selbst tunmuß. In Zweifelsfällen empfiehlt es sich, daß sie ihn selbst - unter Umständen nochmals - androht.

69.12 Bei der Ausführung von Vollzugs-, Vollstreckungsund Sicherungsmaßnahmen in den Anstalten (66 Abs. l Nr. 3) ist es häufig sachlich nicht gerechtfertigt und praktisch auch nicht durchführbar, den unmittelbaren Zwang vor seiner Anwendung anzudro- . hen, zumal den Anstaltsinsassen aus der Art ihres Gewahrsams in der Regel bekannt ist, daß die Vollzugsdienstkräfte in den Anstalten befugt sind, unmittelbaren Zwang anzuwenden. Auch in diesen Bereichen sollten die Vollzugsdienstkräfte jedoch den unmittelbaren Zwang nach Möglichkeit androhen. Dies gilt z. B., wenn es sich um außergewöhnliche oder um besonders schwerwiegende Eingriffe handelt

69.13 Unmittelbarer Zwang kann schriftlich oder mündlich angedroht werden. Die Androhung muß unmißverständlich sein. Zeichen (z. B. • Drohen mit der Hand) allein reichen deshalb im allgemeinen zur Androhung nicht aus. Sie können aber in Fällen, in denen eine Androhung nicht vorgeschrieben ist, wie bei der Verhinderung strafbarer Handlungen oder bei gegenwärtiger Gefahr sowie in Anstalten, wenn die Umstände die Androhung nicht zulassen, zweckmäßig sein.

69.2 Zu Absatz 2

Die schriftliche Androhung unmittelbaren Zwanges ist nur für die Durchsetzung von Verwaltungsakten gesetzlich vorgeschrieben, und zwar in,§ 63 Abs. l, sofern der unmittelbare Zwang nicht nach § 55 Abs. 2 sofort angewendet werden kann.

70 Anwendung unmittelbaren Zwanges in besonderen Fällen (zu § 70)

70.1 Zu Absatz l

70.11 Körperliche Untersuchung dient der Beurteilung des Gesundheitszustandes unter Beachtung etwaiger spezialgesetzlicher Regelungen (z. B. § 32 Bun-des-Seuchengesetz). Von der körperlichen Untersuchung sind die Durchsuchung einer Person und die Feststellung körperlicher Identitätsmerkmale zu unterscheiden. Die Durchsuchung soll feststellen, ob sich Gegenstände in oder unter der Kleidung oder am Körper der Person befinden. Die Feststellung bestimmter Identitätsmerkmale bezieht sich z. B. auf das Fehlen eines Fingers oder das Vorhandenseins einer Narbe am Körper. Durchsuchung und Feststellung körperlicher Identitätsmerkmale unterliegen nicht den Einschränkungen des Absatzes 1. Ist zu ihrer Durchführung unmittelbarer Zwang anzuwenden, so richten sich Art und Weise nach den allgemeinen Vorschriften dieses Unterabschnittes, soweit nicht besondere Bestimmungen abweichende Regelungen enthalten.

70.12 Körperliche Untersuchungen dürfen nur folgende Vollzugsdienstkräfte vornehmen:

a) Ärzte und Beauftragte des Gesundheitsamtes und seiner Aufsichtsbehörden bei der Durchführung von Aufgaben nach dem Bundes-Seuchen-gesetz,

b) Beauftragte und Ärzte des Gesundheitsamtes, die gemäß §§ 17 Abs. l und 18 Abs. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten eine Behandlung, eine Maßnahme zur Verhütung der Ansteckung oder eine Untersuchung durchzuführen haben,

c) mit der Durchführung von Vollstreckungs-, Auf-sichts-, Pflege- oder Erziehungsaufgaben beauftragte Dienstkräfte in Anstalten.

s Hierbei sind neben 'Ärzten nur solche Vollzugsdienstkräfte mit der.körperlichen Untersuchung zu betrauen, die entsprechend geschult und deshalb berufsrechtlich zu den Untersuchungshandlungen befugt sind. Stehen diese Personen in Eilfällen nicht zur Verfügung, sind solche Dienstkräfte zu bestimmen, die auf Grund ihrer Kenntnisse, Erfahrungen und Zuverlässigkeit die Gewähr für eine sachgerechte Untersuchung bieten. Eine unsachgemäße Untersuchung, die zu körperlichen Schäden . führen kann, hat in jedem Falle zu unterbleiben.

70.2 Zu Absatz 2

70.21 Ernährung und gesundheitliche Betreuung dürfen zwangsweise nur insoweit vorgenommen werden, als es diemit dem Zwecke des Gewahrsams verbundene Betreuung notwendig macht oder als es zur Erreichung des Gewahrsamszweckes erforderlich ist. Anstaltsinsassen dürfen deshalb nur dann zwangsweise ernährt oder ärztlich behandelt werden, wenn die mangelnde Nahrungsaufnahme oder gesundheitliche Betreuung zu einer Gefährdung ihrer Gesundheit oder gar ihres Lebens führen würde. Zwangsweise ärztliche Behandlung ist ferner bei ansteckenden Krankheiten zum Schütze der Mitinsassen oder des Anstaltspersonals zulässig. Eine Ernährung mit Zwang kommt z. B. bei einem Anstaltsinsassen in Betracht, der einen Hungerstreik durchführt. Eine zwangsweise Operation kann geboten sein, um einen festen Gegenstand, den ein Anstaltsinsasse verschluckt hat, zu entfernen, oder um die Verletzung, die er sich infolge Selbstmordversuch zugezogen hat, zu heilen. Ferner kann z. B. ein an Grippe erkrankter Anstaltsinsasse zwangsweise behandelt werden. Dagegen berechtigt Absatz 2 nicht zu solchen Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit, die über die durch die Unterbringung gebotene Betreuung hinausgehen. Der Begriff „gesundheitliche Betreuung" deckt z. B. nicht die Heilbehandlung eines chronischen organischen oder psychischen Leidens gegen den Willen eines Kranken, wenn der Unterbringungszweck durch das Unterlassen der Behandlung nicht gefährdet wird. Unberührt bleiben gesetzliche Vorschriften, nach denen auch in solchen Fällen eine Heilbehandlung gegen den Willen des Kranken zulässig ist, z. B. auf Grund des § 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten.

70.22 Im Rahmen einer zwangsweisen Ernährung oder gesundheitlicher Betreuung dürfen auch Beruhigungsmittel gegeben werden. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn ohne Beruhigungsmittel Nahrung nicht zugeführt werden kann oder zur gesundheitlichen Betreuung gerade die Verabreichung von Beruhigungsmitteln nach ärztlichen Gesichtspunkten notwendig ist (vgl. Nr. 70.35).

70.23 Zwangsweise Ernährung und gesundheitliche Betreuung dürfen nur durch Ärzte angeordnet werden. Andere Personen, wie z. B. der Vorsteher einer Anstalt, dürfen solche Anordnungen nicht treffen. Sie können dem Arzt lediglich- Anregungen und Empfehlungen geben. Ob die zwangsweise Ernährung oder gesundheitliche Betreuung angeordnet wird, liegt allein in der freien, durch die Regeln der ärztlichen Kunst bestimmten Entscheidungsgewalt des Arztes.

2010

11.3.63(24)

140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

Ofllfl 70.24 Die Ärzte haben nicht nur über die zwangsweise fcWIU Ernährung und die gesundheitliche Betreuung zu entscheiden, sondern auch das Nähere über die sachgerechte Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zu bestimmen. Sie sollen die Durchführung überwachen.

70.3 Zu Absatz 3

70.31 Von der Befugnis] Beruhigungsmittel zu verabreichen, ist nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch zu machen. Der Arzt hat deshalb besonders sorgfältig zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Absatzes 3 vorliegen. Die Prüfung muß sich auch insbesondere darauf erstrecken, ob die Gefahr für den Kranken oder seine Umgebung nicht auf andere Art (z. B. durch Absonderung) abgewendet werden kann. Eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit eines Kranken oder seine Umgebung besteht z. B., wenn er versucht, einen Selbstmord zu begehen, oder wenn ein Nervenkranker sich in einem hochgradigen Erregungszustand befindet und dadurch das Pflegepersonal oder gleichzeitig untergebrachte Personen gefährdet.

70.32 Der Kreis der Kranken, denen Beruhigungsmittel zwangsweise verabreicht werden dürfen, ist nicht auf Anstaltsinsassen beschränkt Beruhigungsmittel dürfen unter den besonderen Voraussetzungen des Absatzes 3 vielmehr allen kranken Personen gegeben werden, gegen die unmittelbarer Zwang angewendet werden darf. Praktisch wird die Verabreichung eines Beruhigungsmittels allerdings nur dann in Betracht kommen, wenn es gilt, den Transport in eine Anstalt oder den Aufenthalt in einer Anstalt ohne Gefährdung des Lebens oder der Ge-.sundheit des Kranken oder seiner Umgebung sicherzustellen.

70.33 Die Verabreichung von . Beruhigungsmitteln darf nur durch Ärzte in eigener Verantwortung angeord-' net werden. Die Ärzte haben die Mittel selbst zu verabreichen, wenn dies nach den Regeln der ärztlichen Kunst erforderlich ist. Soll das Mittel durch, eine Injektion verabreicht werden, so kann auch eine in der Verabreichung von Spritzen ausgebildete Person im Rahmen ihrer Befugnisse die Injektion vornehmen.

70.34 Gesunden Personen dürfen mit Ausnahme der Fälle in Absatz 2 Beruhigungsmittel nicht gegeben • werden; der Entscheidung des Arztes, ob ein Beruhigungsmittel zu verabreichen ist, hat deshalb eine ärztliche Untersuchung der Krankheit vorauszugehen.

70.35 Anstaltsinsassen dürfen Beruhigungsmittel auch zwangsweise verabreicht werden, um ihre Ernährung und gesundheitliche Betreuung sicherzustellen (vgl. Nr. 7022). Dies gilt auch für solche Anstaltsinsassen, die nicht krank sind.

71 Handeln auf Anordnung (zu § 71).

71.1 Zu Absatz l

71.11 Häufig entscheidet die Vollzugsdienstkraft selbst, ' ob unmittelbarer Zwang anzuwenden ist. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Vollzugsdienstkraft unmittelbaren Zwang auf Anordnung eines Vorgesetzten oder einer sonst dienstlich dazu befugten Person anwendet Dies ist vor allem der Fall, wenn besondere Verhältnisse den gleichzeitigen Einsatz mehrerer Vollzugsdienstkräfte erfordert (z. B. wenn ein flüchtiger Anstaltsinsasse durch den Einsatz mehrerer Anstaltsdienstkräfte wieder ergriffen werden soll). In solchen Fällen sind die Vollzugsdienstkräfte grundsätzlich verpflichtet, den Anordnungen ihrer Vorgesetzten oder einer dienstlich sonst dazu befugten Person Folge zu leisten. Die Verpflichtung, Anordnungen Folge zu leisten, wird nur eingeschränkt durch Absatz l Satz 2 und Absatz 2. Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der Anordnung entbinden die Vollzugsdienstkraft nicht von der Gehorsamspflicht.

71.12 Vorgesetzter einer Vollzugsdienstkraft ist, wer ihr für ihre dienstliche Tätigkeit Anordnungen erteilen kann. Für Beamte vgl. § 3 Abs. 2 Satz 2 des Landes-beamtengesetzes.

71.13 Befindet sich der Anordnende nicht am Ort des Vollzuges, so darf er unmittelbaren Zwang nur anordnen, wenn er sich ein so genaues Bild von den herrschenden Verhältnissen am Ort des Vollzuges verschafft hat, daß ein Irrtum über die Voraussetzungen der Anwendung unmittelbaren Zwanges nicht zu befürchten ist.

71.14 Anordnungen, die die Menschenwürde verletzen oder nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden sind, braucht die Vollzugsdienstkraft nicht zu befolgen. Glaubt die Vollzugsdienstkraft, daß eine solche Anordnung erteilt worden ist, und will sie deshalb' die Anordnung nicht befolgen, hat sie den Anordnenden darauf hinzuweisen, soweit dies nach den Umständen möglich ist (s. Absatz 3).

71.2 Zu Absatz 2

Die Anordnung, deren Ausführung ein Verbrechen oder Vergehen zur Folge haben würde, ist rechtswidrig. Sie darf deshalb weder von dem Anordnenden erteilt noch von der Vollzugsdienstkraft befolgt werden. Auch der Anordnende muß prüfen, ob sich seine Anordnung im Rahmen des Absatzes 2 Satz l hält. Im Gegensatz zu § 59 des'Landesbeamtenge-setzes ist eine Befehlsverweigerung nicht gerechtfertigt, wenn durch die Befolgung der Anordnung nur eine Ordnungswidrigkeit begangen würde.

71.3 Zu Absatz 3

Unrechtmäßig ist eine Anordnung, wenn sie die Menschenwürde verletzt oder nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt wird oder wenn bei Ausführung der Anordnung ein Verbrechen oder Vergehen begangen wird. Macht die Vollzugsdienstkraft Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung geltend und hält der Anordnende die Bedenken für gerechtfertigt, so hat er die Anordnung zurückzunehmen. Ist dies nicht der Fall und hält die Vollzugsdienstkraft ihre Bedenken aufrecht, so hat sie in eigener Verantwortung zu beurteilen, ob die Voraussetzungen dafür gegeben sind, die Anordnung ausnahmsweise nicht befolgen zu müssen.

71.4 Zu Absatz 4

§ 71 Abs. l bis 3 enthält eine Spezialregelung des Rechts der Vollzugsdienstkräfte, die Ausführung von Anordnungen zu verweigern, und schließt deshalb die allgemeine Vorschrift des § 59 des Landes-beamtengesetzes aus. Diese Bestimmung, bleibt jedoch in den Fällen anwendbar, in denen eine Vollzugsdienstkraft Weisungen außerhalb des Vollzuges mit unmittelbarem Zwang erhält.

72 Hilfeleistung für Verletzte (zu § 72).

Die Verpflichtung, Verletzten Beistand zu leisten und ärztliche Hilfe zu verschaffen, ist vordringlicher als die Pflicht, an Ort und Stelle keine Veränderungen vorzunehmen, und als die Pflicht, dem Vorgesetzten zu berichten.

73 Fesselung von Personen (zu § 73).

73.1 Die Fesselung ist nicht nur bei Personen zulässig, die sich in einem Anstaltsgewahrsam befinden, sondern auch bei solchen, die in einem Gewahrsam außerhalb von Anstalten sind (z. B. bei dem Transport einer Person). Fesseln dürfen nur angelegt werden, wenn einer der in den Nummern l bis 3 genannten Tatbestände vorliegt. Die Fesselung einer Person zu anderen Zwecken, z. B. um sie zu ermüden, ist unzulässig.

73.2 Zur Durchführung von Vollstreckungs-, Aufsichts-, Pflege- oder Erziehungsaufgaben in einer Einrichtung der Fürsorgeerziehung sind Fesseln nicht anzuwenden. Das gleiche gilt für den Transport in eine solche Einrichtung.

140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

11. 3. 63 (25)

73.3 Als Fesseln sind die in Nr. 67.32 genannten Gegenstände zu verwenden. Sind diese nicht vorhanden oder reichen sie nicht aus, so sind andere Maßnahmen zu treffen, die eine ähnliche Behinderung wie Fesseln herbeiführen (z. B. Abnahme der Hosenträger oder der Schnürsenkel).

73.4 Mehrere Personen sollen nicht zusammengeschlossen werden, wenn für eine dieser Personen die Zusammenschließung eine Gesundheitsgefährdung zur Folge hat oder eine erniedrigende Behandlung bedeuten würde. Personen verschiedenen Geschlechtes sollen nach Möglichkeit nicht zusammengeschlossen werden. Auch bei Einzelfesselung ist darauf zu achten, daß gesundheitliche Gefahren (z. B. durch Frost oder Blutstauung) nicht auftreten.

74 Zum Schußwaffengebrauch berechtigte Vollzugsdienstkräfte (zu § 74).

74.1 Soweit nicht bestimmten Hilfspolizeibeamten allgemein der Schußwaffengebrauch gestattet ist (z. B. den staatlichen Forstbetriebsbeamten), ist bei der Bestellung darüber zu entscheiden.

742 Die Vollzugsdienstkräfte, denen bei der Androhung unmittelbaren Zwanges der Gebrauch von Schußwaffen gestattet ist, sind über die Verwaltungsvorschriften zu den §§ 39,41 bis 43 des PolG NW (RdErl. d. Innenministers v. 29. 7.1980 - SMBl. NW. 20500 -) eingehend zu belehren.

75 Notwehr und Notstand (zu § 75).

Die Vorschriften der §§ 66 bis 75 des Gesetzes befassen sich mit der Ausübung unmittelbaren Zwanges in Ausübung öffentlicher Gewalt zur Durchsetzung rechtmäßigen Verwaltungshandelns. Daneben steht den Vollzugsdienstkräften wie allen Bürgern das Recht zu, von allen vorhandenen Mitteln gegen Personen oder Sachen Gebrauch zu machen, wenn die Voraussetzungen der Notwehr oder des Notstandes vorliegen (z. B. körperliche Bedrohung . eines Arztes). Dann beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der Gewaltanwendung allein nach den besonderen Vorschriften über Notwehr und Notstand, nicht nach diesem Gesetz. (§§ 32 bis 34 StGB, §§ 227, 228 BGB).

III. Vollzug gegen Behörden (zu §76).

76 Die Vorschrift verbietet nur den Verwaltungszwang (Nr. 55.31) gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit gegen sie als . Betroffene ein Verwaltungsakt im Sinne des § 55 Abs. l ergangen ist Kommen sie ihrer Verpflichtung nicht nach, wird die Aufsichtsbehörde um ihr Einschreiten zu ersuchen sein. Landesrechtliche Ausnahmebestimmungen liegen zur Zeit nicht vor. Bundesrechtlich ist der Verwaltungszwang gegen Behörden in gewissen Grenzen zugelassen, z. B. in § 172 VwGO und in § 201 SGG. Unberührt bleiben die rechtlichen Möglichkeiten, das. Zwangsverfahren wegen einer Geldforderung auch gegen juristische Personen des öffentlichen ' Rechts, wenn auch unter gewissen Vorbehalten, durchzuführen (vgl. § 78 dieses Gesetzes, § 170 VwGO, § 882 a ZPO, § 114 GO NW, ggf. i. Verb, mit § 46 Abs. 3 KrO, § 31 Ldsch VerbO).

Dritter Abschnitt

77 Kosten (zu § 77).

77.1 Die für Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren zu erhebenden Gebühren und die sowohl im Vollstreckungs-, wie im Erzwingungsverfahren zu ersetzenden Auslagen der Vollstreckungs- und Vollzugsbehörden ergeben sich aus der Kostenordnung zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz -KostO NW. - vom 30. November 1971 (GV. NW. S. 394), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Juli 1976 (GV. NW. S. 290) - SGV. NW. 2010 -.

772 Gebühren für Amtshandlungen der Vollzugsbehörden sind darin nicht vorgesehen, da es sich stets um belastende Verwaltungsakte handelt, die nicht „als Gegenleistung für eine besondere öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit" (§ l Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. November 1971 (GV. NW. S. 354/SGV. NW. 2011) vorgenommen werden.

77.3 Gebühren für Vollstreckungsmaßnahmen im Rahmen der Anwendung von Zwangsmitteln und Auslagen gemäß §11 Abs. 2 Nr. 7 und 8 KostO NW. sind auch dann einzuziehen und notfalls beizutreiben, wenn der Vollzug gemäß § 65 Abs. 3 eingestellt werden mußte.

Vierter Abschnitt

78 Vollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts (zu § 78)

Die Regelung betrifft nur das Zwangsverfahren wegen öffentlich-rechtlicher Forderungen nach dem ersten Abschnitt des Verwaltungsvollstreckungsge-setzes. Die Vollstreckung wegen Geldforderungen aus verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen richtet sich ausschließlich nach § 170 VwGO. Für die Zwangsvollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts wegen privat rechtlicher Forderungen sind § 882 a ZPO (Anzeige an die vertretungsberechtigte Behörde oder den Finanzminister bzw. an die gesetzlichen Vertreter) und bei Forderungen gegen Gemeinden und Gemeindeverbände die in Nr. 782 genannten Vorschriften maßgebend.

78.1 Vollstreckung gegen das Land

Gegen das Land darf das Zwangsverfahren ohne Verzug nur aus dinglichen Rechten betrieben werden. Im übrigen hat die Vollstreckungsbehörde die Möglichkeit, sich an den zuständigen Fachminister zu wenden, damit dieser im Einvernehmen mit dem Finanzminister das Erforderliche veranlaßt. Landesbehörden sollten es zu einem derartigen, für das Ansehen des Landes in jedem Fall abträglichen Schritt gar nicht erst kommen lassen (vgl. auch den RdErl. d. Finanzministers v. 14. 10. 1953 - MBL NW. S. 1837/SMB1. NW. 3210).

782 Vollstreckung gegen Gemeinden und Gemeindeverbände

In Übereinstimmung mit § 114 GO (§ 46 Abs. 3 KrO, § 31 LdschVerbO, § 29 Abs. 3 GKG), der den von § 882 a ZPO nicht erfaßten Fall der zivilrechtlichen Vollstreckung gegen Gemeinden und Gemeindeverbände regelt darf gegen Gemeinden und Gemeindeverbände erst vollstreckt werden, wenn die Kommunalaufsichtsbehörde

a) die Vollstreckung ausdrücklich zugelassen und

b) auf Antrag der Vollstreckungsbehörde die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden darf, sowie den Zeitpunkt der Vollstreckung bestimmt hat.

Die Vorschaltung der Zulassungsverfügung soll verhindern, daß durch die Art der Zwangsvollstrek-kung öffentliche Interessen gefährdet werden (Absatz 3). Im übrigen wird dadurch der Aufsichtsbehörde Gelegenheit gegeben, auf die zuständige Kommunalbehörde im Sinne einer alsbaldigen Erfüllung ihrer finanziellen Verpflichtung einzuwirken.

78.3 Vollstreckung gegen andere Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Auch gegen diese juristischen Personen des öffentlichen Rechts darf im Verwaltungsverfahren erst auf Grund einer Zulassungsverfügung der Aufsichtsbehörde (vgl. Nr. 782) vollstreckt werden. Wer Aufsichtsbehörde für die einzelnen Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts ist, ergibt sich regelmäßig aus den besonderen Vorschriften, durch die sie errichtet worden sind. Im Zweifel wird sich die Vollstreckungsbehörde an den zuständigen Fachminister wenden.

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.11. 3. 63 (25) 140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

OQ1Q 78.4 Vollstreckung gegen den Bund.

Die - seltenen - Fälle einer Zwangsvollstreckung gegen den Bund sind weder im Verwaltungsvoll-streckungsgesetz des Bundes noch in dem des Landes berücksichtigt Mangels abweichender Vorschriften kann hierfür aber nichts anderes gelten als für die Vollstreckung gegen das Land. Die Vollstreckungsbehörde kann sich daher wegen Beglei-. chung einer fälligen öffentlich-rechtlichen Forderung nur an den zuständigen Bundesminister, ggf. an den Bundesf inanzminister, wenden.

Datenschutz

Sämtliche schriftlichen Äußerungen, die Hinweise auf die . . Vollstreckung enthalten und auf • die Person des Vollstrek-kungsschuldners bzw. Betroffenen schließen lassen, dürfen nur in verschlossenem Umschlag versandt werden. Personenbezogene Daten des Vollstreckungsschuldners bzw. Betroffenen dürfen an andere Behörden oder an Privatpersonen nur insoweit übermittelt werden, als dies zur Durchführung der Vollstreckung erforderlich ist. Auf die Vorschriften des DSG NW wird insoweit hingewiesen.

140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 - MBL NW. Nr. 107 einschl.)

11.3.63(26)

Anl. zu Nr. 37.2 Auszug aus der Gerichtsvollzieherordnung

§90 Eingangsabgaben

Will der Gerichtsvollzieher Waren versteigern oder freihändig verkaufen, die der zollamtlichen Überwachung unterliegen, z. B. . a) im Zollgutversand (§41 ZG),

b) in einem Lagerverkehr (§§42-46 ZG),

c) in einem Veredelungsverkehr (§§ 47-51 ZG),

d) in einem Umwandlungsverkehr (§ 54 ZG),

e) in einer Zollgutverwendung (§ 55 ZG), so zeigt er dies der zuständigen Zollstelle rechtzeitig vorher an. Die Zollstelle veranlaßt das Erforderliche wegen der Erhebung der Eingangsabgaben, insbesondere des Zolls, der Einfuhrumsatzsteuer und der anderen Verbrauchssteuern. _Der Gerichtsvollzieher darf die Waren nur mit Einverständnis der Zollstelle wegschaffen und veräußern.

§,91

. Verbrauchssteuern (Tabak-, Bier-, Essigsäure-, Mineralöl-, Zucker-, Salz-, Zündwaren-, Leuchtmittel-, Spielkarten-,

Schaumwein-, Kaffee-, Teesteuer) und Branntweinmonopol

1. a) Will der Gerichtsvollzieher

Rohstoffe oder Halberzeugnisse der Tabakverarbeitung, Tabakwaren (Zigarren, Zigaretten, Feinschnitt, Pfeifentabak, Zigarettenpapier).

Branntwein (unverarbeiteten Branntwein und -Trinkbranntweinerzeugnisse), Essigsäure,

Mineralöle (Leichtöle, z. B. Benzin, Benzol, Benzin-Benzol-Gemische. Testbenzin; Petroleum. Traktorenkraftstoff; Dieselkraftstoff, Heizöle, Schmieröle - auch Altöle -, Flüssiggas).

Zucker (einschließlich des Stärkezuckers, der Zuckerabläufe und der Rübensäfte), Salz. -Kaffee, Tee.

versteigern oder freihändig veräußern, so hat er die Anberaumung des Versteigerungstermins oder die Veräußerungsabsicht dem Zollamt, in dessen Bezirk die Ware lagert, rechtzeitig anzuzeigen. Wird, nachdem eine solche Anzeige erfolgt ist, der Versteigerungstermin aufgehoben oder die Veräußerungsabsicht aufgegeben, so hat er hiervon ebenfalls dem Zollamt Nachricht zu geben. In der Anzeige ist die Ware ihrer Menge nach (Kilogramm, Stück, Liter, Flaschen) und, soweit möglich, auch ihrer Beschaffenheit nach näher zu bezeichnen. Bei Branntwein und Trinkbranntweinerzeugnissen ist auch der Weingeistgehalt in Raumhundertteilen anzugeben, falls sich dieser aus Rechnungen usw. oder bei-Flaschen aus dem Etikett ersehen läßt. Gegebenenfalls ist das Zollamt um Feststellung des Weingeistgehalts zu ersuchen.

, b) Befinden sich die genannten Waren in einem Herstellungsbetrieb, Tabaklager, Rohtabak1 Handelsbetrieb, Steuerlager oder im Besitz eines Tabakpflanzers, so ist die Wegschaffung dem Gerichtsvollzieher verboten. Ist dadurch im Einzelfall die Zwangsvollstreckung gefährdet, so hat der Gerichtsvollzieher die Waren einstweilen innerhalb des Herstellungsbetriebs, Rohtabakhandelsbetrieb, Tabaklagers, Steuerlagers oder im Betrieb des Tabakpflanzers zu sichern, z. B. durch Verbringen in

einen von ihm zu verschließenden Raum des Herstellungsbetriebs, Rohtabakbetriebs oder Steuerlagers oder durch Bestellung eines Hüters.

c) Kommen die Waren zur Versteigerung oder freihändigen Veräußerung, so hat der Gerichtsvollzieher auf Ersuchen des Zollamts in die Versteigerungs- oder Veräußerungsbedingungen aufzunehmen, daß die Ware für einen vom Zollamt dem Gerichtsvollzieher anzugebenden Steuer- oder Abgabenbetrag, haftet und der Erwerber über die Ware erst verfügen darf, wenn die auf der Ware ruhende Steuer oder Abgabe entrichtet ist oder das Zollamt sich mit der Verfügung einverstanden erklärt hat.

d) ftach § 106 Abs. 3 des Gesetzes über das Branntweinmonopol darf Branntwein (unverarbeiteter Branntwein und Trinkbranntweinerzeugnisse) nicht zu einem Preis angeboten, gehandelt oder erworben werden, der niedriger ist als der von der Bundesmonopolverwal-tung für Branntwein bekanntgemachte, gegebenenfalls auch bei dem Hauptzollamt zu erfragende regelmäßige Verkaufspreis. Der hiernach im einzelnen Fall maßgebende Mindestpreis wird dem Gerichtsvollzieher in der Regel von dem zuständigen Hauptzollamt mitgeteilt. /Erfolgt eine solche Mitteilung nicht, so kann der Gerichtsvollzieher ihn selbständig errechnen, indem er die in den einzelnen Gebinden enthaltene Weingeistmenge mit dem Preis für ein Liter Weingeist verviel-' fältigt. Die Weingeistmenge selbst errechnet sich nach der Formel:

.Weingeistmenge =

Raumhundertteile x Raummenge in Liter

, __

Bei einer 7/10 Flasche Likör mit 30 Raumhundertteilen Weingeist würde sich z. B. die Rech-• nung bei einem angenommenen regelmäßigen Verkaufspreis für Monopolsprit von 13 DM je Liter Weingeist wie folgt stellen:

2010

13 x 30 x 0,7 100

= 2,73 DM

Bestehen wegen der Berechnung des Mindestpreises Bedenken, so hat sich der Gerichtsvollzieher an das zuständige Hauptzpll-amt zu wenden.

Ist eine Verwertung zum vorgeschriebenen Mindestpreis nicht möglich (z. B. wegen Minderwertigkeit), so ist bei der Bundesmonopol-verwaltung für Branntwein über das zuständige Hauptzollamt die Einwilligung nachzusuchen, den Branntwein unter dem vorgeschriebenen Mindestpreis zu verwerten.

Im übrigen bleiben die Vorschriften über das Mindestgebot bei der Versteigerung gepfändeter Sachen (§ 817 a ZPO) unberührt.

2. Will der Gerichtsvollzieher Bier,

Zündwaren (z. B. Zündhölzer sowie Zündkerzen aus Stearin, Wachs oder ähnlichen Stoffen), Leuchtmittel (elektrische Glühlampen, Entladungslampen, Brennstifte zu elektrischen Bogenlampen, Glühkörper zur Erhöhung der Leuchtkraft von Flammen), Spielkarten, '

Schaumwein und schaumweinähnliche Getränke versteigern oder freihändig veräußern und befinden sich diese Waren noch im Herstellungsbetrieb, so hat er die gleiche Anzeigepflicht wie zu Nr. 1. Die Wegschaffung der Waren aus dem Herstellungsbetrieb ist ihm verboten. Im übrigen finden Nr. l b Satz 2 und Nr. l c entsprechende Anwendung.

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140. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 11. 1980 = MBL NW. Nr. 107 einschl.)

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3. Unbearbeitete oder bearbeitete Tabakblätter. Tabakrippen, Tabakstengel, Tabakabfälle, Tabakhalberzeugnisse, Karotten oder Mangotes (beides zur Herstellung von Schnupftabak) dürfen bei der Versteigerung nur zugeschlagen, bei der freihändigen Veräußerung nur veräußert werden an

a) Rohtabakhändler,

b) Rohtabakbe- oder -verarbeiter,

c) Hersteller von Tabakerzeugnissen oder von

Kautabak oder von Schnupftabak, die sich als solche durch eine zollamtliche Anmeldebescheinigung ausweisen. Zigarettenpapier in anderen Formen als Zigarettenhüllen (Hülsen oder Blättchen) darf nur an Hersteller von Zigaretten oder von Zigaretten-hüllen oder an Großhändler mit Zigarettenpapier, die sich als solche durch eine zollamtliche Anmeldebescheinigung ausweisen, abgegeben werden.

Tabakerzeugnis.se, deren Packungen mit Steuerzeichen versehen sind, dürfen an Verbraucher nicht unter den Kleinverkaufsprcisen abgegeben werden, die auf den Steuerzeichen oder den Pak-kungen angegeben sind. Ausnahmen sind - z. B. bei Wertminderung - nur mit Genehmigung des zuständigen Hauptzollamtes zulässig. Werden Tabakerzeugnisse zu höheren als den auf den Steuerzeichen oder den Packungen angegebenen Preisen veräußert, so dürfen die Erzeugnisse nicht vor .Entrichtung des Steuerzuschlages und vor Anbringung der Zuschlagsteuerzeichen durch das Zollamt dem Erwerber ausgehändigt werden.

4. Sind Zigarrenmaschinen, Zigarrenwickelmaschi-nen (auch Wickeltücher, die nicht durch menschliche Kraft betrieben werden), Zigarettenmaschi-nen, Zigarettenhülsenstopfmaschinen oder Zigarettenhülsenmaschinen; ferner Brauereigeräte oder Brennvorrichtungen, die zur Erzeugung oder Reinigung von Branntwein geeignet sind, versteigert oder freihändig .veräußert worden, so hat der Gerichtsvollzieher dem örtlich zuständigen Zollamt Namen, Wohnort und Wohnung des Erwerbers unverzüglich anzuzeigen.

5. Unbearbeitetes Erdöl (Rohöl) darf nur an Mine-ralölherstellungsbetriebe, die sich als solche durch eine zollamtliche Anmeldebescheinigung ausweisen, oder an Verwender, die das Erdö.' chemisch' umwandeln oder daraus leitungsgebundenes Leucht- oder Ferngas herstellen und~ hierfür einen vom Hauptzollamt ausgestellten Erlaubnisschein vorlegen, abgegeben werden.