Geltende Erlasse (SMBl. NRW.) mit Stand vom 27.5.2023
Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst RdErl. d. Innenministers v. 28.1.1980 - II A 1 –1.20.01 -0/80
Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst RdErl. d. Innenministers v. 28.1.1980 - II A 1 –1.20.01 -0/80
Grundsätze für die
Prüfung
der Verfassungstreue von Bewerbern
für den öffentlichen Dienst
RdErl. d. Innenministers v. 28.1.1980
- II A 1 –1.20.01 -0/80
Den Gemeinden und Gemeindeverbänden wird empfohlen, die
Grundsätze entsprechend anzuwenden.
der Verfassungstreue von Bewerbern
für den öffentlichen Dienst
Der freiheitliche Rechtsstaat geht von der Verfassungstreue seiner Bürger aus.
In das Beamten-(Richter-)verhältnis darf nur berufen werden,
wer die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische
Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt (§ 6 Abs. 1 Z. 1 LBG, § 9 Nr.
2 DRiG). Angestellte und Arbeiter müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zur
freiheitlichendemokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen
(§ 8 Abs. 1 S. 1 BAT, § 9 Abs. 9 S. 2 MTL II).
Die Angehörigen des öffentlichen Dienstes bekräftigen ihre Pflicht zur Verfassungstreue mit ihrer Eidesleistung bzw. ihrem Gelöbnis.
Die Feststellung, ob der
Bewerber neben den sonst geforderten auch diese Eignungsvoraussetzung erfüllt,
treffen die Einstellungsbehörden unter Beachtung des Beschlusses des
Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - und unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles.
Bei der Feststellung, ob ein Bewerber die für die
Einstellung in den öffentlichen Dienst erforderliche Gewähr der
Verfassungstreue bietet, sind in der Landesverwaltung einheitlich folgende
Grundsätze anzuwenden:
1
Bei der Entscheidung, ob bei der Verfassungsschutzbehörde angefragt wird, gilt
der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:
1.1
Anfragen dürfen nicht routinemäßig erfolgen.
1.2
Anfragen erfolgen nicht, wenn der Bewerber das 18. Lebensjahr noch nicht
vollendet hat
1.3
Anfragen erfolgen nicht bei Bewerbern für einen Vorbereitungsdienst, der Voraussetzung
für die Ausübung eines Berufes auch außerhalb des öffentlichen Dienstes ist (z.
B. Lehrer- und Juristenausbildung).
1.4
Anfragen erfolgen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte darauf hindeuten, dass der
Bewerber nicht die Voraussetzung für die Einstellung in den öffentlichen Dienst
erfüllt. Die Anhaltspunkte sind in der Anfrage anzugeben.
1.4.1
Anhaltspunkte i. S. dieser Vorschrift können insbesondere gewonnen werden
- in der Probezeit
- im Vorbereitungsdienst
- im Einstellungsverfahren.
1.4.2
Im Einstellungsverfahren finden grundsätzlich Einstellungsgespräche statt.
Dabei sind die Bewerber über die Pflicht zur Verfassungstreue gem. Anlage zu
belehren. Die Bewerber haben über ihre Verfassungstreue folgende Erklärung
abzugeben:
„Ich bin über meine Pflicht zur Verfassungstreue und darüber
belehrt worden, dass die Teilnahme an Bestrebungen, die gegen die freiheitliche
demokratische Grundordnung oder gegen ihre grundlegenden Prinzipien gerichtet
sind, mit den Pflichten eines Angehörigen des öffentlichen Dienstes unvereinbar
ist. Auf Grund der mir erteilten Belehrung erkläre ich hiermit, dass ich meine
Pflicht zur Verfassungstreue stets erfüllen werde, dass ich die Grundsätze der
freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bejahe und
dass ich bereit bin, mich jederzeit durch mein gesamtes Verhalten zu der
freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu
bekennen und für deren Erhaltung einzutreten.
Ich versichere ausdrücklich, dass ich in keiner Weise Bestrebungen unterstütze,
deren Ziele gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen eines
ihrer grundlegenden Prinzipien gerichtet sind.
Ich bin mir bewusst, dass beim Verschweigen einer solchen Unterstützung die
Ernennung/der Abschluss des Arbeitsvertrages als durch arglistige Täuschung
herbeigeführt angesehen wird. Arglistige Täuschung führt zur Zurücknahme der
Ernennung/Anfechtung des Arbeitsvertrages.“
1.4.3
Soweit den Umständen nach ein Einstellungsgespräch nicht in Betracht kommt,
sind Belehrung und Erklärung im Rahmen des schriftlichen Einstellungsverfahrens
vorzusehen.
1.4.4
Lehnt ein Bewerber die Abgabe der vorgesehenen Erklärung über seine
Verfassungstreue ab oder ergeben sich im Einstellungsverfahren - insbesondere
im Einstellungsgespräch - sonstige Bedenken hinsichtlich der Verfassungstreue
des Bewerbers, so ist zur Einleitung der Einzelfallprüfung die Anfrage
durchzuführen.
1.5
Anfragen dürfen nur erfolgen, wenn eine Einstellung tatsächlich beabsichtigt
und die Verfassungstreue nur noch die letzte zu prüfende
Einstellungsvoraussetzung ist
Für die Mitteilung von Erkenntnissen auf Grund von Anfragen der
Einstellungsbehörden ist zu beachten:
2.1
Den Einstellungsbehörden dürfen nur solche Tatsachen mitgeteilt werden, die
Zweifel an der Verfassungstreue eines Bewerbers gerichtsverwertbar begründen
können.
2.2
Erkenntnisse des Verfassungsschutzes, die Tätigkeiten vor der Vollendung des
18. Lebensjahres betreffen und Erkenntnisse über abgeschlossene Tatbestände,
die mehr als 2 Jahre zurückliegen, dürfen nicht weitergegeben werden, es sei
denn, die Weitergabe ist im Hinblick auf das besondere Gewicht der Erkenntnisse
nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geboten.
2.3
Erkenntnisse, die unter eine gesetzlich geregelte Schweigepflicht fallen, dürfen
nicht weitergegeben werden.
Der Innenminister teilt der anfragenden Einstellungsbehörde und der zuständigen
obersten Dienstbehörde Erkenntnisse nach Ziffer 2 unverzüglich mit
Die Einstellungsbehörden des Landes sind verpflichtet, Bedenken, die gegen die
Einstellung eines Bewerbers sprechen, und die dafür erheblichen Tatsachen dem
Bewerber schriftlich mitzuteilen.
Der Bewerber hat das Recht, sich hierzu zu äußern.
Findet ein Anhörungsgespräch statt, ist ein Protokoll zu führen. Dem Bewerber
ist auf Antrag Einsicht zu gewähren.
Die Mitwirkung eines Rechtsbeistandes ist auf Antrag des Bewerbers zu
gestatten. Sie ist auf die Beratung des Bewerbers und auf Verfahrensfragen zu beschränken.
Die Entscheidung über die Einstellung oder Ablehnung von Bewerbern, deren
Verfassungstreue die Einstellungsbehörde nicht für gewährleistet hält, trifft
die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Innenminister.
Ablehnende Entscheidungen dürfen nur auf gerichtsverwertbare Tatsachen gestützt
werden.
Dem Bewerber ist die Ablehnungsbegründung unter Angabe der hierfür maßgeblichen
Tatsachen, jedenfalls auf seinen Antrag hin, schriftlich mitzuteilen. Der
Bescheid erhält eine Rechtsmittelbelehrung.
Erkenntnisse, die von den Verfassungsschutzbehörden nicht an die
Einstellungsbehörde weitergegeben werden dürfen (Ziff. 2.2, 2.3), dürfen
von ihr auch dann nicht verwertet werden, wenn sie ihr von anderer Seite
mitgeteilt worden sind.
Wenn eine Einstellung trotz vorliegender Erkenntnisse des Verfassungsschutzes
erfolgt ist, müssen alle Unterlagen über die Durchführung des
Überprüfungsverfahrens aus den Personalakten entfernt werden.
Die Richtlinien für die Sicherheitsüberprüfung von Landesbediensteten
bleiben unberührt.
der Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von
Bewerbern für den öffentlichen Dienst
Bewerber für den öffentlichen Dienst sind in Einstellungsgesprächen oder im
formalisierten schriftlichen Einstellungsverfahren wie folgt zu belehren:
„Belehrung
Nach § 55 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes - LBG -(§4 Abs. 1 Satz 1 des
Landesrichtergesetzes - LRiG -) ist der Beamte (Richter) verpflichtet, sich
durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung
im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten.
Dementsprechend darf gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBG (§ 9 Nr. 2 DRiG) in das
Beamten-(Richter-)verhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr bietet, dass er
jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des
Grundgesetzes eintritt. Die Pflicht sich zur freiheitlichen demokratischen
Grundordnung zu bekennen, ergibt sich für Angestellte aus § 8 Abs. 1 des
Bundes-Angestellten-Tarifvertrages -BAT - und für Arbeiter des Landes aus § 9
Abs. 9 des Mantel-Tarifvertrages für Arbeiter der Länder - MTLII -.
Freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes ist nach
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Urt. vom 23.10.1952 -1
BvB 1/51 - BVerfGE 2,1; Urt. vom 17. 8. 1956 - 1 BvB 2/51 -BVerfGE 5,85) eine
Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine
rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des
Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit
darstellt. Die freiheitliche demokratische Grundordnung ist das Gegenteil des
totalen Staates, der als ausschließliche Herrschaftsmacht Menschenwürde,
Freiheit und Gleichheit ablehnt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung
sind insbesondere, zu rechnen:
- Die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem
vor
- die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung,
- die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung,
- die Unabhängigkeit der Gerichte,
- das Mehrparteienprinzip,
- die Chancengleichheit für alle politischen Parteien,
- das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.
Die Teilnahme an Bestrebungen, die sich gegen diese Grundsätze richten, ist
unvereinbar mit den Pflichten eines Angehörigen des öffentlichen Dienstes.
Gegen Beamte auf Lebenszeit oder auf Zeit, die sich einer solchen
Pflichtverletzung schuldig machen, wird ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel
der Entfernung aus dem Dienst, gegen Beamte auf Probe oder auf Widerruf ein
Entlassungsverfahren eingeleitet.
Angestellte und Arbeiter müssen in diesen Fällen mit einer außerordentlichen
Kündigung gemäß § 54 BAT bzw. § 59 MTL II rechnen.“
MBl. NRW. 1980 S. 178