Historische SMBl. NRW.
Historisch: Verwaltungsvorschrift zum Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen –VV PolG NW- RdErl. d. Innenministeriums v 19. 4.1991 -IV A 2/A 5 - 2001
Historisch:
Verwaltungsvorschrift zum Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen –VV PolG NW- RdErl. d. Innenministeriums v 19. 4.1991 -IV A 2/A 5 - 2001
Verwaltungsvorschrift
zum Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen –VV PolG NW-
RdErl. d. Innenministeriums
v 19. 4.1991 -IV A 2/A 5 - 2001
Aufgrund von § 68 des
Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NW) in der Fassung der Bekanntmachung
vom 24. Februar 1990 (GV. NW. S. 70), geändert durch Gesetz vom 24. November 1992 (GV. NW. S. 446), - SGV. NW. 205 - ergeht folgende Verwaltungsvorschrift:
*) Zu § l
----
*) Die Hauptnummern beziehen sich auf die jeweiligen
Paragraphen des Gesetzes. Bei den ausgelassenen Hauptnummern bestehen zu den
betreffenden Paragraphen keine
Verwaltungsvorschriften.
l
Aufgaben der Polizei
1.1
Zu Absatz l
1.11
Nach diesem Gesetz ist die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung
keine polizeiliche Aufgabe. Wird in Bundesgesetzen, z. B. in § 12 a des
Versammlungsgesetzes (VersG), die öffentliche Ordnung aufgeführt, bleibt für
dieses Spezialgebiet deren Schutz polizeiliche Aufgabe.
1.12
§ l Abs. l stellt auf die abstrakte Gefahr ab und umfasst damit auch alle
Fälle, in denen bereits eine konkrete Gefahr vorliegt.
Zu §2
2
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
2.0
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat Verfassungsrang. Er ist bei jeder Maßnahme
zu beachten. Bei der Anwendung unmittelbaren Zwanges ist hinsichtlich der
Verhältnismäßigkeit § 55 Abs. l zusätzlich zu berücksichtigen.
Zu § 4
4 Verantwortlichkeit für das
Verhalten von Personen
4.0
Wird eine Gefahr durch die hoheitliche Tätigkeit einer Behörde verursacht,* hat die Polizei die Behörde oder deren
Aufsichtsbehörde zu unterrichten. Führt dies nicht zum Ziel, kann die Polizei
ihre Aufsichtsbehörde unterrichten mit der Bitte, auf eine einvernehmliche
Lösung hinzuwirken. Eingriffsmaßnahmen gegen Behörden sind unzulässig;
allerdings kann bei Gefahr im Verzug, wenn insbesondere die Behörden oder deren
Amtsleiter nicht unmittelbar erreichbar sind, die Polizei zur Abwehr einer
gegenwärtigen erheblichen Gefahr vorläufige Maßnahmen treffen.
4.2
Zu Absatz 2
Da durch § 4 Abs. 2 Satz 2
sämtliche Fälle der Betreuung erfasst werden, braucht bei einer Inanspruchnahme
nach § 4 Abs. 2 Satz l nicht geprüft zu werden, für welche Aufgabenbereiche der
Betreuer bestellt worden ist.
Zu § 5
5
Verantwortlichkeit für den Zustand von Sachen
5.0
Wird im hoheitlichen Tätigkeitsbereich einer Behörde eine Gefahr durch eine
Sache verursacht hat die Polizei die Behörde oder deren Aufsichtsbehörde zu
unterrichten. RdNr. 4.0 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.
5.1
Zu Absatz l
Wirken sich Maßnahmen auf Tiere aus
(z. B. bei Sicherstellung, Ersatzvornahme oder Anwendung unmittelbaren
Zwanges), sind insbesondere, die Vorschriften des Tierschutzgesetzes (TierSchG)
zu beachten. Der Schutz von Menschen hat Vorrang vor dem Schutz, des Tieres.
Zu § 6
6
Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen
6.2
Zu Absatz 2
Eine Maßnahme gegen eine nicht
verantwortliche Person darf nur für den Zeitraum getroffen werden, bis die
Polizei mit eigenen oder anderen Kräften und Mitteln die Gefahr beseitigen
kann. Hat die Anordnung Dauerwirkung, muss die Polizei das Geschehen
fortlaufend überwachen, damit die Inanspruchnahme des Nichtstörers zum
frühestmöglichen Zeitpunkt beendet werden kann.
Zu § 8
8
Allgemeine Befugnisse, Begriffsbestimmung
8.0
Auf die Generalklausel des § 8 Abs. l darf nicht zurückgegriffen werden, wenn
es sich um Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nach den §§ 9 bis 46 handelt Die
Voraussetzungen für diese Maßnahmen sowie deren Art und Umfang sind in den
genannten Vorschriften abschließend geregelt
8.1
Zu Absatz l
8.11
Zur konkreten Gefahr gehört auch die Anscheinsgefahr, also eine Sachlage, die
bei verständiger Würdigung eines objektiven Betrachters den Anschein einer
konkreten Gefahr erweckt.
8.12
Die Polizei kann auch die zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung
der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen treffen, wenn von der
Störung eine fortwirkende Gefährdung ausgeht (z. B. bei Dauerdelikten).
8.2
Zu Absatz 2
Von den Vorschriften dieses
Gesetzes haben im Bereich der Strafverfolgung nur die Bestimmungen über die
Anwendung unmittelbaren Zwanges Gültigkeit soweit keine speziellen Regelungen
in der StPO enthalten sind.
8.3
Zu Absatz 3
Hierzu können auch andere
Straftaten zählen, soweit sie gewerbs- oder bandenmäßig oder in anderer Weise
organisiert begangen werden und dementsprechend einen erheblichen materiellen
oder immateriellen (Gesamt-)Schaden verursachen.
Zu §9
9
Befragung, Auskunftspflicht, allgemeine Regeln der Datenerhebung
9.0
§ 9 gilt für die Erhebung von Daten durch die Polizei für die in § l genannten
Aufgaben, falls nicht bereichsspezifische Regelungen bestehen. Die in § 9 Abs.
2 bis 6 geregelten Einschränkungen wirken sich auch auf die §§ 11 bis 21 aus,
soweit sich aus den letztgenannten Vorschriften keine Besonderheiten ergeben.
Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. l des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen (DSG NW) ist
unter Datenerhebung das Beschaffen von Daten über den Betroffenen zu verstehen.
Nach § 3 Abs. l DSG NW sind personenbezogene Daten Einzelangaben über
persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren
natürlichen Person (Betroffener).
9.1
Zu Absatz l
9.11
Befragung ist in jedem Verhalten der Polizei gegenüber einer bestimmten Person
zu sehen, das auf die Erlangung von personen- und sachbezogenen Daten durch
Auskunft oder Aussage der befragten Person gerichtet ist. Eine Person kann
unabhängig davon befragt werden, ob die Voraussetzungen der §§ 4 bis 6
vorliegen. Eine Befragung ist für die Erfüllung der Aufgabe erforderlich, wenn
ohne Kenntnisse der zu erhebenden Daten die Aufgabe nicht oder zumindest nicht
mehr zeit- oder sachgerecht wahrgenommen werden kann. Ein Hinweis auf die
Freiwilligkeit der Auskunft oder Aussage bzw. auf ein eventuell bestehendes
Aussage- oder Auskunftsverweigerungsrecht ist nur dann angebracht, wenn dadurch
nicht die Abwehr einer Gefahr erschwert oder vereitelt wird. Die Abwehr einer
Gefahr für die öffentliche Sicherheit hat im Zweifelsfall Vorrang vor der
Sicherung von gerichtsverwertbaren Beweisen.
9.12
Die Dauer der Befragung ist auf das notwendige Maß zu beschränken.
9.2
Zu Absatz 2
9.21
Angaben zur Person sollten nur erfragt werden, wenn Gründe vorliegen, die eine
spätere erneute Kontaktaufnahme möglich erscheinen lassen. Aus dem Sinn des § 9
Abs. 2 Satz l ergibt sich, dass unter den Begriff „Namen" nicht nur
Familiennamen fallen, sondern auch Geburtsnamen, Künstlernamen und sonstige
Namen. Da § 9 Abs. 2 Satz l nicht auf eine Identitätsfeststellung abzielt, sind
Maßnahmen nach § 12 Abs. 2 und § 14 nicht zulässig. Verweigert der Betroffene
die Angaben, bedarf es einer besonders sorgfältigen Prüfung, ob der Verstoß
gegen § 111 OWiG verfolgt werden soll und deshalb eine Identitätsfeststellung
gemäß § 46 OWiG in Verbindung mit § 163 b StPO notwendig ist.
9.22
Gesetzliche Handlungspflichten i. S.d. § 9 Abs. 2 Satz 2 sind nur
Offenbarungspflichten, die sich direkt aus einem Gesetz ergeben (z. B. § 138
StGB). Aus § 8 in Verbindung mit den §§ 4 bis 6 lassen sich keine Handlungspflichten
i. S. d. § 9 Abs. 2 Satz 2 herleiten.
9.3
Zu Absatz 3
Eine Datenerhebung kann ohne
Kenntnis des Betroffenen u. a. bei öffentlichen Stellen oder Dritten sowie aus
allgemein zugänglichen Quellen erfolgen. Eine Datenerhebung durch Befragung
eines Dritten oder durch Auskunftsersuchen bei einer anderen Behörde ist nicht
schon deshalb eine verdeckte Maßnahme, weil sie ohne Kenntnis des Betroffenen
erfolgt.
9.4
Zu Absatz 4
Eine verdeckte Datenerhebung liegt
vor, wenn getarnte Maßnahmen zur Datenerhebung vorgenommen werden, insbesondere
die Zugehörigkeit zur Polizei bewusst verschleiert wird. Um ein verdecktes
Vorgehen handelt es sich nicht schon, wenn ein Polizeivollzugsbeamter seinen
Dienst in Zivilkleidung verrichtet oder ein äußerlich nicht als solches zu
erkennendes Dienstfahrzeug benutzt.
9.5
Zu Absatz 5
Die Datenerhebung muss zum
Zeitpunkt ihrer Vornahme zulässig sein.
Zu § 10
10
Vorladung
10.0
§ 10 regelt die Vorladung zum Zwecke der Gefahrenabwehr. Die Vorladung durch
die Polizei in Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich nach § 163 a StPO.
10.1
Zu Absatz l
Die Vorladung ist unzulässig, wenn
die erforderliche Aufklärung auf anderem Wege ohne unverhältnismäßigen Aufwand
rechtzeitig erreicht werden kann oder die Personalien des Betroffenen bekannt
sind und nach den Umständen zu erwarten ist, dass er zur Sache keine Angaben
macht.
10.3
Zu Absatz 3
Mittel zur Durchsetzung der
Vorladung sind das Zwangsgeld und die Vorführung. Soweit zur Durchsetzung der
Vorführung unmittelbarer Zwang angewendet werden soll, ist eine richterliche
Entscheidung im Rahmen des § 10 Abs. 3 Satz 2 erforderlich. Unmittelbarer Zwang
zur Abgabe einer Erklärung ist gemäß § 55 Abs. 2 ausgeschlossen.
10.5
Zu Absatz 5
10.51
Eine Entschädigung gemäß §10 Abs. 5 PolG NW bzw. § 59 OWiG oder § 26 Abs. 3 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NW) in
Verbindung mit dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und
Sachverständigen (ZSEG) darf nur gezahlt werden, wenn der Zeuge auf Vorladung
bei der Polizei erscheint. Bei einer Anhörung an Ort und Stelle (z. B. bei
Verkehrsverstößen) und bei einer schriftlichen Anhörung kommt die Zahlung einer
Entschädigung grundsätzlich nicht in Betracht
10.52
In der Vorladung ist darauf hinzuweisen, dass
a) auf Antrag (Anlage 1) für
Verdienstausfall, Fahrtkosten oder sonstige Aufwendungen eine Entschädigung
gezahlt wird und
b) dafür entsprechende Nachweise
(Bescheinigung des Arbeitgebers über Verdienstausfall, Fahrkarten,
Verzehrbelege usw.) mitzubringen sind.
Ein Vordruck für eine
Verdienstausfallbescheinigung (Anlage 2) ist der Vorladung beizufügen, falls
diese schriftlich erfolgt.
10.53
Den Antrag auf Zahlung der Entschädigung nimmt der vernehmende
Polizeivollzugsbeamte nach Vordruck in dreifacher Ausfertigung auf. Dem Zeugen
ist ggf. Gelegenheit zu geben, die Antragsunterlagen zu vervollständigen. Je
eine Ausfertigung des Vordrucks ist als Kassenbeleg, für die Ermittlungsakten
und für die Akten der Polizeibehörde bestimmt
Die Vordrucke werden zentral beschafft. Der jeweilige Jahresbedarf ist zum 1.1.
jeden Jahres den Zentralen Polizeitechnischen Diensten mitzuteilen.
Zu § 11
11
Erhebung von Personaldaten zur Vorbereitung für die Hilfeleistung und das
Handeln in Gefahrenfällen
11.01
Die Polizei soll wie bisher auf die freiwillige Mitarbeit der Betroffenen und
damit auf das Einverständnis zur Speicherung der in § 11 genannten Daten
hinwirken. § 4 DSG NW ist zu beachten.
11.02
Die Anwendung des § 11 ist auf die Fälle beschränkt, in denen das Einverständnis
des Betroffenen zur Datenerhebung nicht oder nicht rechtzeitig erlangt werden
kann. § 11 begründet keine Auskunftspflicht für die Betroffenen. Ggf. ist
darauf hinzuweisen, dass die Daten auch ohne ihr Einverständnis erhoben werden
können. Die §§ 23 Abs. l und 27 Abs. l sind zu beachten.
Zu §12
12
Identitätsfeststellung
12.0
§ 12 regelt die Identitätsfeststellung zur Gefahrenabwehr. Die
Identitätsfeststellung in- Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich nach den
§§163b f. StPO.
12.1
Zu Absatz l
12.11
§ 12 Abs. l Nr. l setzt eine konkrete Gefahr i. S. d. § 8 Abs. l voraus.
12.12
Identitätsfeststellungen nach § 12 Abs. l Nrn. 2 bis 4 sind bei Personen, die
offensichtlich in keiner Beziehung zu dem mit der Maßnahme verfolgten Zweck
stehen, nicht vorzunehmen.
12.13
Das Tatbestandsmerkmal „von dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen" in §
12 Abs. l Nr. 2 ist erfüllt, wenn Fakten vorliegen, die den zu ziehenden
Schluss mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zulassen.
12.14
In Nr. 2 a) ist der Kreis der Anlassstraftaten auf solche von „erheblicher
Bedeutung" i. S. d. § 8 Abs. 3 begrenzt, so dass der
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jetzt unmittelbar zum Ausdruck kommt.
12.16
Nr. 2 c) setzt voraus, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, nach denen
sich an dem Ort Personen verbergen, die wegen einer Straftat verurteilt wurden
und aus diesem Grunde zur Strafverfolgung gesucht werden.
12.17
Nummer 4 regelt die Einrichtung von Kontrollstellen zur Gefahrenabwehr. Für den
Bereich der Strafverfolgung gilt § 111 StPO. Kontrollstellen nach Nummer 4 sind
auf das notwendige Maß zu beschränken. Sie sollen nur eingerichtet werden, wenn
eine durch hinreichende Tatsachen begründete Wahrscheinlichkeit besteht, dass
die genannten Straftaten durch die Identitätsfeststellung, evtl. in Verbindung
mit sonstigen polizeilichen Maßnahmen, verhütet werden können.
12.18
Beauftragte Stelle i. S. d. § 12 Abs. l Nr. 4 Satz 2 ist die zuständige
Bezirksregierung. Bei Gefahr im Verzug können Kreispolizeibehörden
Kontrollstellen ohne die Zustimmung einrichten; hierüber haben sie der
Bezirksregierung unverzüglich zu berichten. Sollen Kontrollstellen außerhalb
des Regierungsbezirks eingerichtet werden, in dem die Kreispolizeibehörde, in
deren örtlichen Zuständigkeitsbereich die Straftaten begangen werden sollen,
ihren Sitz hat, entscheidet die für die Kreispolizeibehörde zuständige
Bezirksregierung in Abstimmung mit der anderen betroffenen Bezirksregierung.
12.2
Zu Absatz 2
12.21
Bei der Entscheidung, ob der Betroffene zur Dienststelle gebracht werden soll,
ist zu prüfen, ob dies zu dem beabsichtigten Erfolg nicht außer Verhältnis
steht.
12.22
Die Durchsuchung nach § 12 Abs. 2 Satz 4 hat sich darauf zu beschränken, die
Identität einer Person festzustellen; liegen jedoch die Voraussetzungen des §
39 oder des § 40 vor, kann sich die Durchsuchung auch auf die dort angegebenen
Zwecke erstrecken.
Zu § 13
13
Prüfung von Berechtigungsscheinen
13.01
Um eine vollziehbare Auflage handelt es sich, wenn die Erlaubnis mit der
Anordnung verbunden ist, den Bescheid bei der Ausübung der Tätigkeit
mitzuführen. Der Betroffene darf für die erforderliche Dauer der Überprüfung
angehalten werden.
13.02
Eine Anordnung nach § 13 setzt voraus, dass der Betroffene die Tätigkeit, für
deren Ausübung der Berechtigungsschein erforderlich ist, ausübt oder nach den
Umständen erkennbar ist, dass er sie beginnen wird oder beendet hat.
13.03
Regelungen im Bundes- und Landesrecht, nach denen Berechtigungsscheine zur
Prüfung auszuhändigen bzw. vorzulegen sind, gehen als Spezialvorschriften § 13
vor. Wenn das Bundesrecht nur ein Mitführen oder Vorzeigen vorschreibt, ist §
13 ebenfalls nicht anzuwenden. Eine Aushändigung von Berechtigungsscheinen
aufgrund des § 13 kann nur verlangt werden, soweit sich eine Pflicht zum
Aushändigen nicht schon aus den Regelungen des Landesrechts ergibt die zum
Mitführen des Berechtigungsscheines verpflichten.
Zu § 14
14
Erkennungsdienstliche Maßnahmen
14.0
§ 14 regelt die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen für den Bereich
der Gefahrenabwehr. §81 b, 2. Alternative StPO bleibt unberührt und geht als
Bundesrecht § 14 Abs. l Nr. 2 vor.
14.1
zu Absatz l
Erkennungsdienstliche Maßnahmen
nach § 14 Abs. l Nr. l sind nur vorzunehmen, wenn andere Möglichkeiten der
Identitätsfeststellung mit zumutbarem Aufwand nicht bestehen. Auf § 14 Abs. l
Nr. 2 kann nur zurückgegriffen werden, wenn § 81b, 2. Alternative StPO nicht
anwendbar ist.
14.2
Zu Absatz 2
Für die Aufbewahrung und Vernichtung
erkennungsdienstlicher Unterlagen gilt § 32. Daneben sind die Richtlinien für
die Führung Kriminalpolizeilicher personenbezogener Sammlungen (KpS-RL) zu
beachten.
14.3
Zu Absatz 3
Die Belehrung über den Anspruch auf
Vernichtung erkennungsdienstlicher Unterlagen nach Wegfall der Voraussetzungen
hat in allen Fällen - auch in denen des § 81 b StPO - zu erfolgen.
14.4
Zu Absatz 4
Andere Maßnahmen sind nur zulässig,
wenn und soweit sie hinsichtlich der Beeinträchtigung des Betroffenen den
Maßnahmen des § 14 Abs. 4 vergleichbar sind. Schwerwiegende Eingriffe in die
körperliche Integrität oder Datenerhebungen aus der Intimsphäre sind aufgrund
des § 14 in keinem Fall zulässig.
Zu §15
15
Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen
15.1
Zu Absatz l
15.11
Die Datenerhebung über Teilnehmer bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen
Versammlungen richtet sich nach den §§ 12 a und 19 a VersG.
15.12
Öffentliche Veranstaltungen i. S. d. § 15 Abs. l sind beispielsweise
Volksfeste, Sport- oder Kulturveranstaltungen. Eine Ansammlung liegt vor, wenn
Menschen zufällig zusammentreffen, denen das gemeinsame Wollen des
Zusammenseins und damit ein verbindender Zweck der Zusammenkunft fehlt.
15.13
Eine personenbezogene Datenerhebung i.S.d. § 15 Abs. l liegt nicht vor, wenn
lediglich Übersichtsaufnahmen gemacht werden, die eine Personenidentifizierung
nicht ermöglichen.
15.14
§ 15 Abs. l Satz 3 ist eine Bestimmung i. S. d. § 32 Abs. 2 Satz l Nr. 1.
Personenbezogene Daten, die zur Verfolgung von Straftaten oder
Ordnungswidrigkeiten benötigt werden, sind in die Ermittlungsvorgänge zu
übernehmen. Daten aus solchen Strafverfahren können auch nach § 24 Abs. 2
verarbeitet werden.
Zu §16
16
Datenerhebung durch Observation
16.0
Soweit Belange der Strafverfolgung berührt sein können, sind nach Möglichkeit
Observationen gemäß § 16 mit der Staatsanwaltschaft abzustimmen.
16.1
Zu Absatz l
16.11
Erfasst werden von der Legaldefinition in § 16 Abs. l Satz l Maßnahmen
(verdeckte und offene Observationen) mit größerer Eingriffsintensität dieeinen
nicht unerheblichen organisatorischen, personellen und sachlichen Aufwand
erfordern.
16.12
Bei der suchfähigen Speicherung der Daten von Kontakt- und Begleitpersonen in
Dateien ist § 24 Abs. 4 zu beachten. Als Kontaktpersonen können nur die
Personen angesehen werden, die enge persönliche, dienstliche oder geschäftliche
Beziehungen zu der Zielperson unterhalten. Begleitpersonen sind Personen, die -
ohne enge persönliche, dienstliche oder geschäftliche Beziehungen zu der Zielperson
zu unterhalten - nicht nur kurzfristig mit ihr angetroffen werden. Daher
dürften z. B. Verkäufer, Bedienungspersonal oder (Taxi-)Fahrer in der Regel
keine Begleitpersonen, sondern allenfalls andere Personen i. S. d. § 16 Abs. l
Satz 2 sein.
16.2
Zu Absatz 2
16.21
Die Anordnungskompetenz geht bei Abwesenheit oder Verhinderung des
Behördenleiters auf denjenigen über, der in diesen Fällen die
Behördenleiterfunktion wahrnimmt.
16.22
Die Anordnung der längerfristigen Observationen gemäß § 16 Abs. l Satz l Nr. l
wird grundsätzlich durch den Leiter der nach § 7 Abs. l POG NW zuständigen
Polizeibehörde getroffen. Soweit die zur Kriminalhauptstelle bestimmte
Kreispolizeibehörde ihre Aufgaben (Zuständigkeit) gemäß
Kriminalhauptstellenverordnung (KHSt-VO) wahrnimmt obliegt die Anordnung deren
Behördenleiter. Eine zuvor vom örtlich zuständigen Behördenleiter getroffene
Anordnung wirkt bei Übernahme durch die zur Kriminalhauptstelle bestimmte
Kreispolizeibehörde solange fort, bis sie von deren Behördenleiter bestätigt
oder aufgehoben wird.
16.23
In den Fällen des § 9 Abs. l POG NW trifft der Behördenleiter der für die
überörtliche Observation zuständigen Kriminalhauptstelle, in deren
Zuständigkeitsbereich die längerfristige Observation in Nordrhein-Westfalen zuerst
beginnt, die Anordnung nach § 16 Abs. 2.
16.24
Die RdNrn. 16.21 bis 16.23 gelten für das Landeskriminalamt entsprechend.
16.3
Zu Absatz 3
16.31
Eine Unterrichtungspflicht gegenüber den in § 16 Abs. l Satz 2 genannten
Personen besteht nicht da sich die Datenerhebung nicht gegen sie richtete.
16.32
Unterrichtungspflichtig ist grundsätzlich die sachbearbeitende Polizeibehörde.
Die Unterrichtungspflicht bezieht sich auf die Mitteilung, dass gegen die zu
informierende Person eine Maßnahme durchgeführt worden ist auf Beginn und Ende
der Maßnahme sowie deren Rechtsgrundlage. Eine weitergehende Auskunft kann nach
Einzelfallprüfung auf Antrag gemäß § 18 DSG NW erteilt werden. Die
sachbearbeitende Polizeibehörde kann erweiterte Auskünfte, die sich auf die ausführende
Polizeibehörde beziehen, nur mit deren Zustimmung geben.
16.4
Zu Absatz 4
Eine kurzfristige Observation ist
abzubrechen, sobald sie die in § 16 Abs. l vorgegebenen Zeitkriterien
überschreitet und nicht zwischenzeitlich die materiellen und formellen
Voraussetzungen für die längerfristige Observation erfüllt werden.
Zu §17
17
Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung
von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen
17.01
§ 17 regelt die verdeckte Datenerhebung durch technische Mittel über Personen,
die der Polizei bekannt sind (wobei deren Identität nicht unbedingt feststehen
muss) und die ggf. mit weiteren bekannten oder unbekannten Personen Kontakt
aufnehmen. Verdeckt werden die technischen Mittel dann eingesetzt wenn ihr
Einsatz getarnt erfolgt und sie insbesondere als solche nicht erkennbar sind;
vgl. auch RdNr. 9.4. Die im Einzelfall erfolgende Nutzung von Bildaufnahmen und
Bildaufzeichnungen, die nicht von der Polizei erstellt worden sind, ist keine
Datenerhebung i. S. d. § 17.
17.02
RdNr. 16.0 gilt entsprechend.
17.2
Zu Absatz 2
Die Voraussetzungen des § 17 Abs. l
Satz l Nr. l müssen nur gegenüber dem berechtigten Wohnungsinhaber vorliegen.
Die verdeckte Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen aus einer
Wohnung heraus, die sich gegen eine Person außerhalb einer Wohnung richtet,
wird von § 17 Abs. l erfasst. Ein verdeckter Einsatz i. S. d. § 17 Abs. 2 ist
auch gegeben, wenn natürliche oder künstliche Sichtsperren überwunden werden.
17.3
Zu Absatz 3
17.31
Maßnahmen nach § 17 bedürfen auch dann der Anordnung des Behördenleiters, wenn
sie nicht im Zusammenhang mit einer längerfristigen Observation durchgeführt
werden. RdNr. 16.2 gilt entsprechend.
17.32
Die richterliche Entscheidung i. S.d. § 17 Abs. 3 Satz 4 ist gleichzeitig mit
der Anordnung des Behördenleiters nach § 17 Abs. 3 Satz 3 zu veranlassen. Ob
eine richterliche Entscheidung i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 5 erst nach Beendigung
der Maßnahme ergehen wird, ist abhängig von den Umständen des Einzelfalles.
Ausschlaggebend können der geplante Zeitraum der Datenerhebung, der Zeitpunkt
der Datenerhebung (z. B. außerhalb der normalen Bürozeiten) und die Entfernung
zum Gericht sein.
17.4 Zu Absatz 4
17.41
Zu den Personen i. S. d. § 17 Abs. 4 Satz l können u. a. V-Personen (§ 19) und
Verdeckte Ermittler (§ 20) gehören. Für den Einsatz der technischen Geräte
gemäß § 17 Abs. 4 bedarf es keiner Anordnung des Behördenleiters und Richters,
jedoch muss der Einsatz der V-Personen bzw. der Verdeckten Ermittler, die mit
den technischen Geräten ausgerüstet werden, durch Anordnungen nach § 19 Abs. 2
oder § 20 Abs. 4 gedeckt sein.
17.42
Eine Maßnahme nach § 17 Abs. 4 setzt eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine
Gefährdung der eingesetzten Person voraus.
17.5
Zu Absatz 5
RdNr. 16.3 gilt entsprechend.
Zu § 18
18
Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz
technischer Mittel zum Abhören und
Aufzeichnen des gesprochenen Wortes
18.01
Die Verwaltungsvorschriften zu § 17 gelten für § 18 sinngemäß.
18.02
Eine Telefonüberwachung zur Gefahrenabwehr ist weder nach § 18 noch nach § 8
zulässig.
Zu §19
Datenerhebung durch den Einsatz von Personen, deren Zusammenarbeit mit der
Polizei Dritten nicht bekannt ist
19.01
RdNr. 16.0 gilt entsprechend.
19.02
Mit „Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt
ist", werden die V-Personen begrifflich umschrieben. Maßgeblich ist, dass
die Zusammenarbeit von V-Personen und Polizei Dritten nicht bekannt werden
soll.
19.03
Für die Zusicherung der Vertraulichkeit/Geheimhaltung durch die Polizei gilt
der Gem. RdErl. d. Justizministers u. d. Innenministers v. 17. 2. 1986 (SMB1. NW. 20531) entsprechend.
Zu Absatz l
19.11
Die Polizei muss der V-Person den speziellen Auftrag erteilen, gezielt Daten
über bestimmte oder bestimmbare Personen zu beschaffen. Der Einsatz von
Personen, die gewerbsmäßig Nachforschungen betreiben, darf für den Einzelfall
über den Zeitraum von drei Monaten hinaus nur mit Genehmigung des
Behördenleiters erfolgen.
19.12
V-Personen haben und erhalten keine hoheitlichen Befugnisse. In Ausnahmefällen kann es notwendig sein, ihnen einen
Personenschutzsender oder entsprechende andere Geräte zum Schutz nach Maßgabe
der §§ 17 und 18 mitzugeben.
19.2
Zu Absatz 2
Der personenbezogene und
funktionsbezogene Auftrag an Polizeivollzugsbeamte, über den Einsatz von
V-Personen zu entscheiden, bedarf der Schriftform. Der Auftragist auf höchstens
zwei Jahre zu befristen; Verlängerungen sind zulässig. Der V-Mann-Führer ist
einer strengen Aufsicht zu unterwerfen. Der Einsatz einer V-Person, die
gewerbsmäßig Nachforschungen betreibt ist dem Behördenleiter unverzüglich
anzuzeigen:
19.3
Zu Absatz 3
RdNr. 16.3 gilt entsprechend.
Zu § 20
20
Datenerhebung durch den Einsatz Verdeckter Ermittler
20.01
RdNr. 16.0 gilt entsprechend.
20.02
Als Verdeckter Ermittler darf nur ein für diese Funktion ausgebildeter und
bestimmter Polizeivollzugsbeamter eingesetzt werden.
20.1
Zu Absatz l
20.11
§ 20 Abs. l enthält die Legaldefinition für Verdeckte Ermittler. Voraussetzung
für den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers ist, dass die Aufgabenerfüllung i.
S. d. § 20 Abs. l Nrn. l oder 2 ohne seinen Einsatz wesentlich erschwert oder
entscheidend verzögert würde.
20.12
Der Verdeckte Ermittler unterliegt dem Legalitätsprinzip. Erhält er im Rahmen
seiner Tätigkeit Kenntnis von Straftaten, hat er unverzüglich seine
Dienststelle zu unterrichten. Die Dienststelle hat sodann - ggf. im
Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft - die erforderlichen Maßnahmen zur
Strafverfolgung zu treffen. Dabei ist die Gefährdung des Verdeckten Ermittlers
zu berücksichtigen. Im Einzelfall hat der Verdeckte Ermittler im Wege der
Rechtsgüterabwägung und unter Berücksichtigung seiner Gefährdung zu
entscheiden, ob er unter Preisgabe seiner Legende notwendige Sofortmaßnahmen
vornimmt.
20.2
Zu Absatz 2
20.21
Nach § 20 Abs. 2 ist es zulässig, dass andere Behörden auf Ersuchen der
Polizeibehörde entsprechende Urkunden verändern oder ausstellen, die für den
Aufbau und die Aufrechterhaltung der Legende des Verdeckten Ermittlers
unerlässlich sind. Die Ersuchen sind an den Leiter der ersuchten Behörde unter
Hinweis auf § 20 Abs. 2 zu richten.
20.22
Der Verdeckte Ermittler darf zur Erfüllung seines Auftrages unter der Legende
bei öffentlichen Stellen auftreten und privatrechtliche Vereinbarungen -
treffen. Durch die unter der Legende erfolgte Teilnahme am Rechtsverkehr darf
den Vertragspartnern kein wirtschaftlicher Schaden entstehen.
20.3
Zu Absatz 3
Das Betretungsrecht des § 20 Abs. 3
Satz l beinhaltet keine Befugnis zur Durchsuchung der Wohnung.
20.4
Zu Absatz 4
Die Anordnung für den Einsatz des
Verdeckten Ermittlers obliegt stets dem Behördenleiter. Bei seiner Abwesenheit
oder Verhinderung nimmt sein ständiger/allgemeiner Vertreter die Behördenleiterfunktion
wahr. Der Verdeckte Ermittler unterliegt einer strengen Dienstaufsicht.
Unzulässig ist, Verdeckte Ermittler in die „Szene" einzuschleusen, um
ihnen den gezielten Auftrag zur Datenerhebung erst beim Vorliegen der
Voraussetzungen des § 20 zu erteilen.
20.5
Zu Absatz 5
RdNr. 16.3 gilt entsprechend.
21
Polizeiliche Beobachtung
21.1
Zu Absatz l
21.11
Bei Kraftfahrzeugen hat die ausschreibende Polizeibehörde vierteljährlich zu
prüfen, ob das zur Polizeilichen Beobachtung ausgeschriebene Kraftfahrzeug noch
für den bisherigen Halter zugelassen ist.
21.12
Bei der Gesamtwürdigung i. S. d. § 21 Abs. l Nr. l sind insbesondere die in
Planung, Ausführung oder zeitlicher Folge gezeigte kriminelle Energie bei
früheren Straftaten, die rücksichtslose Durchsetzung des verbrecherischen
Willens oder die offensichtliche Wirkungslosigkeit von Straf - und
Resozialisierungsmaßnahmen zu berücksichtigen.
21.13
Die Daten der ausgeschriebenen Personen sind in der INPOL-Datei
„Personenfahndung", die Fahrzeugdaten in der INPOL-Datei
„Sachfahndung" zu speichern.
21.2
Zu Absatz 2
Die feststellende Behörde darf
keine Ergänzungen in der Datei vornehmen, in der die Ausschreibung erfolgt ist.
Die Ausschreibung zur Polizeilichen Beobachtung stellt keine Ermächtigung für
sonstige Maßnahmen gegen Personen dar.
21.3
Zu Absatz 3
Das Gericht, das die Anordnung
getroffen hat braucht nicht unterrichtet zu werden, wenn die Dauer der
Ausschreibung nicht voll ausgeschöpft wird.
21.4
Zu Absatz 4
Kontakt- oder Begleitpersonen sind
nicht Betroffene i. S. d. § 21 Abs. 4 Satz 1. RdNr. 16.3 gilt entsprechend.
Zu § 22
22
Allgemeine Regeln über die Dauer der Datenspeicherung
22.0
Prüfungstermine und Aufbewahrungsfristen sind festzulegen, wenn sie sich nicht
bereits aus dem Gesetz ergeben (vgl. z. B. § 15 Abs. l, § 21 Abs. 3, § 22 Satz
5 sowie § 24 Abs. 2 und 4). Soweit gesetzliche Vorschriften nicht
entgegenstehen, gelten die KpS-RL, die AktOPol sowie einschlägige andere
Runderlasse und regionale oder örtliche Verfügungen weiter. Eine kalendermäßige
Wiedervorlage ist einzurichten. Ist die suchfähige Speicherung (vgl. RdNr.
32.22) von Daten weiterhin erforderlich, ist das Prüfungsergebnis aktenkundig
zu machen.
Zu §23
23
Zweckbindung bei der Datenspeicherung, Datenveränderung und Datennutzung
23.0
Speichern ist das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Daten auf einem
Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verarbeitung (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 DSG NW).
Verändern ist das inhaltliche Umgestalten gespeicherter Daten (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 DSG NW). Nutzung ist jede sonstige Verwendung personenbezogener Daten i. S. d.
§ 3 Abs. 2 Nr. 7 DSG NW, die nicht Erhebung, Speicherung, Veränderung,
Übermittlung, Berichtigung, Sperrung, Löschung oder Vernichtung ist.
23.1
Zu Absatz l
23.11
§ 23 Abs. l geht als Spezialvorschrift dem § 13 DSG NW vor. § 14 Abs. 5 DSG NW
ist nicht anzuwenden. Bei den Bezirksregierungen gilt § 23 Abs. l nur für den
Polizeibereich (Dezernate 25 bis 27 und Verkehrsüberwachungsbereitschaft).
23.12
§ 23 Abs. l Satz l bildet keine rechtliche Grundlage für die Speicherung,
Veränderung oder Nutzung von Daten, sondern schreibt das aus der Verfassung
abgeleitete Gebot der Zweckbindung fest. § 23 Abs. l Satz 2 bietet nur eine
Rechtsgrundlage für die Zweckänderung bei der Übernahme von gespeicherten Daten
innerhalb der Polizeibehörde, soweit die Voraussetzungen für die erneute
Erhebung gegeben sind.
23.2
Zu Absatz 2
24
Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten
24.01
Akte ist jede sonstige amtlichen oder dienstlichen Zwecken dienende Unterlage;
dazu zählen auch Bild- und Tonträger. Nicht hierunter fallen Vorentwürfe und
Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen und alsbald
vernichtet werden (§ 3 Abs. 5 DSG NW). Polizeiliche Notizbücher und
Einsatzbefehle sind regelmäßig Akten im Sinne dieser Definition.
24.02
Datei ist eine Sammlung von Daten, die ohne Rücksicht auf die Art der
Speicherung durch automatisierte Verfahren ausgewertet werden kann
(automatisierte Datei), oder eine gleichartig aufgebaute Sammlung von Daten,
die nach bestimmten Merkmalen geordnet und ausgewertet werden kann
(nicht-automatisierte Datei); § 3 Abs. 4 DSG NW.
24.1
Zu Absatz l
24.11
Voraussetzung für die Verarbeitung von Daten in den unter RdNr.23.0 genannten
Phasen ist, dass die Daten rechtmäßig erlangt wurden, und zwar unabhängig
davon, ob die Polizei die Daten selbst erhoben hat oder ob sie ihr übermittelt
worden sind.
24.12
§ 24 Abs. l ermächtigt nicht zur Datenerhebung, um polizeiliches Handeln zu
dokumentieren. Er bietet lediglich die Möglichkeit, die aufgrund anderer
gesetzlicher Vorschriften erhobenen Daten zur Dokumentation zu verwenden. Die
Verwendung dieser Daten für eine Dokumentation ist zulässig, wenn Tatsachen die
Annahme rechtfertigen, dass das polizeiliche Handeln in einem bestimmten Fall
auf seine Recht- und Zweckmäßigkeit überprüft werden wird. Die Dokumentation
ist zu vernichten, sobald die Überprüfung abgeschlossen ist oder sobald
feststeht, dass eine Überprüfung nicht stattfinden wird. § 24 Abs. 6 bleibt
unberührt.
24.2
Zu Absatz 2
24.21
Hinsichtlich des Begriffes „suchfähig" vgl. RdNr. 32.22.
24.22
Der Verdacht der Straftat gegen eine Person ist i. S. d. § 24 Abs. 2 Satz 5
insbesondere entfallen, wenn keine Straftat vorlag, der Beschuldigte nicht als
Täter in Betracht kommt bzw. unter den Voraussetzungen der §§ 32 bis 37 StGB
gehandelt hat oder eine Einstellung nach § 206 b StPO erfolgte. In den Fällen
einer Einstellung nach den §§ 153 ff., 205 oder 206 a StPO sowie bei Vorliegen
der §§ 24 und 31 StGB oder tätiger Reue entfällt der Verdacht in der Regel
nicht.
24.4
Zu Absatz 4
Nach § 24 Abs. 4 Satz l ist es
nicht zulässig, über die dort genannten Personengruppen personenbezogene Daten
in Dateien, welche nicht zur Bekämpfung von Straftaten von erheblicher
Bedeutung erforderlich sind, suchfähig zu verarbeiten. Durch Satz l wird die
Verarbeitung der Daten dieser Personengruppe in Akten und in nicht suchfähiger
Form in Dateien nicht beschränkt.
24.5
Zu Absatz 5
§ 24 Abs. 5 ist eine gesetzliche
Regelung zur Nutzungsänderung, die im Verhältnis zu besonderen Regelungen im Bundes-
und Landesrecht nachrangig ist.
Zu §25
25
Datenabgleich
25.0
§ 25 ist keine Rechtsgrundlage zur Erhebung der Daten, die abgeglichen werden
sollen. Obwohl nur § 25 Abs. l Satz 3 von rechtmäßig erlangten Daten spricht,
kann auch der Datenabgleich nach § 25 Abs. l Sätze l und 2 gemäß § 24 Abs. l
nur mit rechtmäßig erlangten Daten vorgenommen werden.
25.1
Zu Absatz l
25.11
Es muss eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehen, dass durch den Abgleich
nach § 25 Abs. l Satz l 4, sachdienliche Hinweise zu erhalten sind, die zur
Abwehr der Gefahr genutzt werden können.
25.12
Die Voraussetzungen für den Datenabgleich nach § 25 Abs. l Satz 2 sind enger
als die für die Befragung nach § 9.
25.2
Zu Absatz 2
§ 25 Abs. 2 gibt nicht die
Befugnis, einen Betroffenen, der bisher nicht angehalten worden ist, zum Zwecke
der Durchführung des Datenabgleichs anzuhalten.
26
Zu §26
Allgemeine Regeln der
Datenübermittlung
26.0
Durch § 26 wird die verfassungsrechtlich gebotene Zweckidentität der
gespeicherten personenbezogenen Daten im Hinblick auf ihre Übermittlung
sichergestellt. Übermitteln ist das Bekannt geben gespeicherter oder durch
Datenverarbeitung gewonnener Daten an einen Dritten in der Weise, dass die
Daten durch die datenverarbeitende Stelle weitergegeben oder, zur Einsichtnahme
bereitgehalten werden oder dass der Dritte zum Abruf in einem automatisierten
Verfahren bereitgehaltene Daten abruft (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 DSG NW).
26.2
Zu Absatz 2
Dem Berufsgeheimnis unterliegen
diejenigen Informationen, die insbesondere über § 203 Abs. l StGB geschützt
sind oder für die die Träger von Berufsgeheimnissen ein
Zeugnisverweigerungsrecht, nach den §§ 53 und 53 a StPO geltend machen können.
Besondere Amtsgeheimnisse sind z. B. das Sozial- oder Steuergeheimnis; nicht
hierunter fällt die allgemeine beamten- und verwaltungsverfahrensrechtliche
Geheimhaltungspflicht.
26.3
Zu Absatz 3
Unter den Begriff „Ersuchen des
Empfängers" i. S. d. § 26 Abs. 3 Satz 3 fällt auch ein Antrag nach § 29
Abs. 2. Ob eine Datenübermittlung im Einzelfall zulässig ist, richtet sich nach
den §§ 27 bis 29. In den Fällen des § 26 Abs. 3 Satz 5 ist § 33 Abs. 5 zu
beachten.
27
Datenübermittlung zwischen Polizeibehörden
27.1
Zu Absatz l
§ 27 Abs. 1 Satz l lässt die Datenübermittlung
von einer Polizeibehörde an eine andere des Landes Nordrhein-Westfalen, des
Bundes oder eines anderen Bundeslandes zu. Datenübermittlungen an die
Bereitschaftspolizei sind ebenfalls nach Satz l zulässig, wenn diese gemäß § 4
Abs. 2 POG NW die Polizeibehörde bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützt.
Dasselbe gilt, wenn andere Polizeieinrichtungen Polizeibehörden unterstützen.
Daneben können nach Satz l Datenübermittlungen an Polizeieinrichtungen im
Einzelfall erfolgen, soweit deren Polizeivollzugsbeamte Maßnahmen im ersten
Zugriff nach § 7 Abs. 4 POG NW getroffen haben. Im übrigen können
Datenübermittlungen von einer Polizeibehörde an Polizeieinrichtungen unter den
Voraussetzungen des § 28 erfolgen.
Zu §28
28
Datenübermittlung an öffentliche Stellen, an ausländische öffentliche Stellen
sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen
28.0
Datenübermittlungen der Polizei an andere Behörden aufgrund spezialgesetzlicher
Regelungen gehen der Datenübermittlung nach § 28 vor.
28.1
Zu Absatz l
Die Aufgaben der Polizei ergeben
sich aus § 1. Durch § 28 Abs. l wird die Polizei auch ermächtigt, im
Zusammenhang mit ihrem Auskunftsersuchen an öffentliche Stellen gemäß § 30 Abs.
2 eine Datenübermittlung vorzunehmen, soweit dies zum Zwecke der Datenerhebung
erforderlich ist.
28.2
Zu Absatz 2
§ 28 Abs. 2 gibt der Polizei die
Befugnis, in Fällen, in denen die Kenntnis von personenbezogenen Daten für ein
Tätigwerden einer öffentlichen Stelle der Gefahrenabwehr Voraussetzung ist, die
Daten zu übermitteln. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die Polizei die
konkrete Gefahr nicht (endgültig) beseitigen kann und die öffentliche Stelle
noch tätig werden muss. Da die Datenübermittlung durch die Polizei ohne
Ersuchen einer anderen Behörde erfolgt genügt es, dass die Übermittlung aus der
Sicht der Polizei erforderlich erscheint.
28.3
Zu Absatz 3
Die Datenübermittlung nach § 28
Abs. 3 Nr. 2 ist nicht vom Bestehen einer konkreten Gefahr abhängig. Die
Vorschrift zielt vorrangig auf eine Datenübermittlung an Erlaubnisbehörden auf
dem Gebiet der Gefahrenabwehr ab. Bei der Entscheidungsvorbereitung benützen
die Erlaubnisbehörden die ihnen zugänglichen Informationsquellen. Die
Weitergabe der Daten ist in Nummer 2 deshalb auf besonders gelagerte
Einzelfälle begrenzt, deren Vorliegen von der anfragenden Stelle darzulegen
ist. Entsprechende Umstände können sich aus der Person des Erlaubnisbewerbers
oder aus der besonderen Gefährdung ergeben, die insbesondere von der Lage des
Objekts, in oder an dem die erlaubnispflichtige Tätigkeit ausgeübt werden soll,
herrühren kann.
Zu §29
29
Datenübermittlung an Personen oder an Stellen außerhalb des öffentlichen
Bereichs
29.01
Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs sind natürliche
Personen sowie juristische Personen des Privatrechts.
29.02
Bei Ausübung des Ermessens ist zu berücksichtigen, ob personenbezogene Daten in
das In- oder Ausland übermittelt werden sollen oder ob der Polizei bekannt ist
dass der Empfänger mit früher übermittelten Daten nicht rechtmäßig verfahren
ist.
29.1
Zu Absatz l
Für die in § l Abs. 4
angesprochenen Aufgaben ist § 8 Abs. 2 zu beachten. Die Ausführungen zu RdNr.
28.1 gelten sinngemäß. §29 Abs. l Nr. l findet auch Anwendung, wenn die Polizei
zum Schutz privater Rechte i. S. d. § l Abs. 2 Daten erhoben hat und diese
einem Geschädigten oder Gläubiger mitteilt.
29.2
Zu Absatz 2
Auskunftsersuchen über die zur eigenen Person gespeicherten Daten richten sich
nach § 18 DSG NW.
29.22
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet, dass vor jeder Auskunftserteilung
nach § 29 Abs. 2 geprüft wird, ob der Auskunftsbegehrende die erbetenen. Daten
von einer anderen Stelle erhalten kann, die von ihrer Aufgabenstellung her zu
einer Auskunftserteilung befugt ist.
Ein rechtliches Interesse des Auskunftsbegehrenden i. S. d. § 29 Abs. 2 Nr. l
ist gegeben, wenn er die Daten des Dritten zur eigenen Rechtswahrung braucht.
Dies ist glaubhaft gemacht, wenn ein objektiver Betrachter nach Würdigung der
vorzulegenden Beweismittel davon ausgehen kann, dass durch die
Datenübermittlung die Rechtswahrung überwiegend wahrscheinlich wird.
29.24
Zielt das Auskunftsbegehren i. S. d. § 29 Abs. 2 Nr. l darauf ab, zur Wahrung
rechtlicher Interessen den Aufenthalt einer Person zu erfahren, die sich nach
den Angabendes Auskunftsbegehrenden in Untersuchungshaft oder zur Vollstreckung
einer Freiheitsstrafe in einer Justizvollzugsanstalt befindet oder befinden
soll, ist der Auskunftsbegehrende an die Justizbehörden zu verweisen.
29.25
§ 29 Abs. 2 Nr. 2 setzt voraus, dass mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, der Betroffene wäre mit der Weitergabe
seiner Daten einverstanden.
Zu § 30
30
Datenübermittlung an die Polizei
30.0
§ 30 findet Anwendung, soweit keine bereichsspezifischen Regelungen vorliegen.
30.1
Zu Absatz l
§ 30 Abs. l schränkt nicht die
Möglichkeit ein, Strafanzeigen und Strafanträge zu stellen.
30.2
Zu Absatz 2
Normadressat des § 30 Abs. 2 Satz 5
können unmittelbar nur öffentliche Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen sein.
Eine Durchsetzung des Ersuchens mit Zwangsmitteln ist unzulässig. Das Verfahren
nach § 5 Abs. 5 VwVfG findet Anwendung. Führt dies nicht zum Erfolg, kann in
wichtigen Fällen dem Innenministerium berichtet werden, damit dieses ggf. mit
den betroffenen Bundes- oder Landesressorts Kontakt aufnehmen kann.
Zu § 31
31
Rasterfahndung
31.1
Zu Absatz l
31.11
Die Vorschrift regelt die Rasterfahndung im präventiven Bereich. Der Befugnis
der Polizei, die Übermittlung der Datenbestände zu verlangen, entspricht die
Verpflichtung des Datenbesitzers zur Übergabe der geforderten Daten. Die
Übermittlung erfolgt entweder durch die Herausgabe von magnetischen,
magneto-optischen oder optischen Datenträgern oder durch Überspielen der Daten
an die Polizei mittels technischer Einrichtungen zur Datenfernübertragung. Der
Datenabgleich ist sowohl mit polizeieigenen Datenbeständen als auch mit
denjenigen möglich, die von weiteren Stellen angefordert wurden. Es können nur
solche Daten verlangt werden, die die Stellen i. S. d. § 31 Abs. l in automatisierten
Dateien verarbeiten. Eine Differenzierung zwischen Verdächtigen und
Nichtverdächtigen bzw. Störern und Nichtstörern findet nicht statt.
31.12
Gegenüber privaten Stellen kann die Verfügung der Polizei zur Datenübermittlung
notfalls im Wege des Verwaltungszwanges nach den §§ 50 ff. durchgesetzt werden.
Für öffentliche Stellen folgt die Verpflichtung zur Übermittlung aus
bereichsspezifischen Regelungen oder aus § 30.
31.2
Zu Absatz 2
Das Übermittlungsersuchen darf sich
nur auf die Daten beziehen, die notwendig sind, um durch die Rasterfahndung der
im Einzelfall vorliegenden gegenwärtigen Gefahr begegnen zu können. Werden
Daten i. S. d. § 31 Abs. 2 Satz 2 übergeben,ist die ersuchte Stelle darauf
hinzuweisen, dass die von den Ermittlungsersuchen nicht erfassten Daten von der
Polizei nicht genutzt werden.
31.3
Zu Absatz 3
Die Löschungsverpflichtungen sind
gesetzliche Bestimmungen i. S. d. § 32 Abs. 2 Satz l Nr. 1. Soweit die
Übermittlung durch Herausgabe von Datenträgern erfolgt ist sind diese zurückzugeben.
31.4
Zu Absatz 4
Hinsichtlich der Vertretung des
Behördenleiters gilt RdNr. 20.4 Satz 2 entsprechend.
Zu § 32
32
Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten
32.1
Zu Absatz l
32.11
Berichtigung i.S.d. § 32 Abs. l bedeutet, dass die gespeicherten
personenbezogenen Daten mit den Tatsachen in Übereinstimmung gebracht werden.
Besteht der Verdacht der unrichtigen Datenspeicherung, müssen Ermittlungen in
angemessenem Umfang von Amts wegen durchgeführt werden. Bis zum Abschluss der
Ermittlungen sind die im Verdacht der Unrichtigkeit stehenden Daten mit einem
Sperrvermerk zu versehen.
32.12
Die Berichtigungsbedürftigkeit der gespeicherten Daten kann auf Verarbeitungs-,
Eingabe- oder Rechtschreibfehlern beruhen.
32.13
Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte können dazu führen, dass auch bei
nichtautomatisierten Dateien entsprechend § 32 Abs. l Satz 2 vorgegangen wird.
In automatisierten Dateien kann erforderlichenfalls vermerkt werden, wann und
aus welchem Grund eine Berichtigung erfolgte.
32.2
Zu Absatz 2
32.21
Löschung ist das Unkenntlichmachen gespeicherter Daten (§ 3 Abs. 2 Nr. 6 DSG NW), wobei der Datenträger zur weiteren Verwendung erhalten bleibt. Vernichtung
i. S.d. Gesetzes liegt vor, wenn eine weitere Verwendung des Datenträgers wegen
seiner Unbrauchbarmachung nicht mehr möglich ist.
32.22
Suchfähigkeit i. S. d. § 32 Abs. 2 Satz l liegt vor, wenn anhand bestimmter
Suchkriterien gezielt Daten aus Dateien oder Akten aufgefunden werden können.
32.23
Gesetzliche Bestimmungen i. S. d. § 32 Abs. 2 Satz l Nr. l sind § 15 Abs. l
Satz 3, § 21 Abs. 3, § 24 Abs. 2 Satz 5 und Abs. 4 sowie § 31 Abs. 3.
32.24
Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 Satz l Nr. 2 sind gegeben, wenn die
Speicherung nach § 24 Abs. l nicht zulässig war oder die weitere
Datenspeicherung aufgrund einer Änderung der Sach- und Rechtslage nicht länger
erfolgen darf.
32.25
Bei § 32 Abs. 2 Satz l Nr. 3 sind § 21 Abs. 3 Satz 5, § 22 und § 24 zu beachten.
32.26
Aus § 32 Abs. 2 Satz 3 ergibt sich, dass in Fällen des § 32 Abs. 2 Satz l Nrn.
l und 2 die Akten jeweils vollständig zu vernichten sind. § 32 Abs. 2 Satz 3
ermöglicht nur Teile der Akte zu vernichten, soweit durch die Herausnahme
einzelner Blätter oder durch das Fehlen ganzer Unterordner die verbleibende
Akte zur Aufgabenerfüllung ausreicht
32.27
Sperrung ist das Verhindern weiterer Verarbeitung gespeicherter Daten (§ 3 Abs.
2 Nr. 5 DSG NW).
32.5
Zu Absatz 5
32.51
Die Frist für die weitere Aufbewahrung ergibt sich aus den Umständen des
Einzelfalles.
32.52
Schutzwürdige Belange i. S. d. § 32 Abs. 5 Satz l Nr. l sind insbesondere
gegeben, wenn der Betroffene den Nachweis der Speicherung zur Rechtswahrung
benötigt.
32.53
Eine Einwilligung i.S.d. § 32 Abs. 5 Satz 3 muss die Voraussetzung des § 4 DSG
NW erfüllen.
Zu §33
33
Errichtung von Dateien, Umfang der Dateibeschreibung, Freigabe von Programmen,
automatisiertes Abrufverfahren.
33.2
Zu Absatz 2
§ 33 Abs. 2 trifft
bereichsspezifische Ergänzungen zu § 8 DSG NW. Im übrigen ist § 23 DSG NW zu
beachten. Für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Auftrag gilt § 11 DSG
NW.
33.4
Zu Absatz 4
Die Programmfreigabe besteht aus
der Anwendungsfreigabe sowie aus der System- und pro-grammtechnischen Freigabe.
Auf meinen RdErl. v. 17. 2. 1993 (SMBl. NW. 2054) weise ich hin.
33.5
Zu Absatz 5
Voraussetzung für den Abruf durch
ausländische Polizeibehörden ist eine Rechtsverordnung nach §27 Abs. 2.
Zu §34
34
Platzverweisung
34.01
Die Platzverweisung ist erforderlichenfalls mit der Anordnung zu verbinden,
mitgeführte Sachen (insbesondere Fahrzeuge) oder Tiere zu entfernen. Soll im
Zusammenhang mit einer Platzverweisung eine Wohnung betreten oder durchsucht
werden, müssen die Voraussetzungen des § 41 erfüllt sein.
34.02
Eine Platzverweisung kann auch gegen Schaulustige angeordnet werden, wenn
allein deren Anwesenheit den Einsatz von Feuerwehr, Hilfs- und Rettungsdiensten
behindert, insbesondere die Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge hierdurch versperrt
ist.
Zu §35
35 Gewahrsam
35.0
§ 35 regelt den Entzug derFreiheit zur Gefahrenabwehr. Eine Freiheitsentziehung
liegt außerdem in den Fällen der Durchsetzung einer Vorladung gemäß § 10 Abs.3
oder Durchführung einer Identitätsfeststellung gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 vor.
Die Vorschriften über die Freiheitsentziehung in Strafverfahren (Verhaftung und
vorläufige Festnahme, insbesondere nach den §§112 ff., 127 und 163 b StPO)
bleiben unberührt.
35.1
Zu Absatz l
35.11
Bevor eine hilflose Person in Gewahrsam genommen wird, ist zu prüfen, ob sie -
ggf. unter Einschaltung des Rettungsdienstes - unmittelbar einem Angehörigen
oder einer anderen geeigneten Stelle (Krankenhaus, Heim o. ä.) übergeben werden
kann. Ebenso ist zu verfahren, wenn eine hilflose Person in Gewahrsam genommen
worden ist. Soll eine hilflose Person in das Polizeigewahrsam eingeliefert
werden, ist zuvor die Gewahrsamsfähigkeit durch einen Arzt feststellen zu
lassen. Hilflosigkeit liegt insbesondere vor, wenn bei einer Person
tiefgreifende Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Wahrnehmung,
der Auffassung oder auch des Denkens einzeln oder in Kombination auftreten.
35.12
Wird aufgrund des § 35 Abs. l Nr. 4 eine gerichtliche Entscheidung gemäß § 36
herbeigeführt, ist der Berechtigte unverzüglich zu unterrichten und darauf hinzuweisen,
dass er die Möglichkeit hat, gemäß § 918 ZPO einen über die Gewahrsamnahme
hinausgehenden Sicherheitsarrest beim Arrestgericht (§ 919 ZPO) zu beantragen.
Der Verpflichtete ist im Falle eines Sicherheitsarrestantrages des Berechtigten
durch die Polizei dem Arrestgericht vorzuführen.
35.2
Zu Absatz 2
Nicht erforderlich ist, dass von
dem Minderjährigen eine konkrete Gefahr ausgeht oder ihm eine solche droht.
35.3
Zu Absatz 3
Die Ingewahrsamnahme ist zulässig,
wenn noch kein Vollstreckungshaftbefehl oder noch kein Ersuchen der
Justizvollzugsanstalt vorliegt. Die Justizvollzugsanstalt ist unverzüglich zu
unterrichten. Für die Zurückbeförderung des Betroffenen sind möglichst die
Sammeltransporteinrichtungen der Justizbehörden in Anspruch zu nehmen.
Zu § 36
36
Richterliche Entscheidung
36.1
Zu Absatz l
36.11
Die richterliche Entscheidung ist bereits vor der Freiheitsentziehung
herbeizuführen, wenn dadurch der Erfolg der Maßnahme nicht gefährdet wird.
36.12
Eine schuldhafte Verzögerung liegt dann nicht vor, wenn der Richter aus
Gründen, die nicht von der Polizei zu vertreten sind, nicht tätig werden kann.
Zu § 37
37
Behandlung festgehaltener Personen
37.0
Der Vollzug der Freiheitsentziehung im Polizeigewahrsam ist im einzelnen in der
Polizeigewahrsamsordnung für das Land Nordrhein-Westfalen geregelt.
37.2
Zu Absatz 2
Auf RdNr. 4.2 wird verwiesen.
Zu § 38
38
Dauer der Freiheitsentziehung
38.1
Zu Absatz l
Die Polizei hat von Amts wegen zu
prüfen, ob die Voraussetzungen für die Freiheitsentziehung entfallen sind. Sie
hat von sich aus darauf hinzuwirken, dass der Betroffene so bald wie möglich
entlassen werden kann.
Zu §39
39
Durchsuchung von Personen
39.01
§ 39 regelt die Durchsuchung von Personen zur Gefahrenabwehr. Die Durchsuchung
von Personen in Straf- oder. Bußgeldverfahren richtet sich nach den §§ 102 ff.
StPO.
39.02
Die Durchsuchung von Personen beschränkt sich auf die Suche nach Sachen, die
sich in den Kleidern des Betroffenen oder an seinem Körper befinden können. Zu
diesem Zweck kann von der Person ggf. verlangt werden, Kleidungsstücke
abzulegen. Auch in der Mundhöhle und in den Ohren kann erforderlichenfalls
nachgesehen werden. Die Suche nach Gegenständen im Innern des Körpers
einschließlich der nicht ohne weiteres zugänglichen Körperöffnungen stellt eine
körperliche Untersuchung dar (vgl. die §§ 81 a und 81 c StPO) und fällt deshalb
nicht unter § 39.
39.03
Bei einer Durchsuchung aufgefundene Gegenstände sind dem Betroffenen zu
belassen, wenn sie weder nach § 43 sichergestellt noch nach den §§ 94 ff. StPO
sichergestellt oder beschlagnahmt oder nach § 37 Abs. 3 Satz 3 einbehalten
werden dürfen.
39.1
Zu Absatz l
39.11
Die Durchsuchung nach § 39 Abs. l Nr. l dient der Suche nach Sachen, die zum
Angriff auf Personen oder Sachen, zur Flucht oder Selbstgefährdung geeignet
sind.
39.12
§ 39 Abs. l Nr. 2 dient dem Auffinden von Gegenständen, die nach § 43
sichergestellt werden dürfen. Voraussetzung ist, dass entsprechende Tatsachen
vorliegen; bloße Vermutungen reichen nicht aus.
39.13
Die Durchsuchung hilfloser Personen gemäß § 39 Abs. l Nr. 3 beschränkt sich auf
die Suche nach Identitätspapieren, nach „Unfallausweisen" sowie nach
Hinweisen für den Grund der Hilflosigkeit, um Beistand leisten zu können. Vom
Zweck der Vorschrift werden auch Durchsuchungen getragen, die dem Auffinden von
Gegenständen dienen, durch die eine Gefährdung der Person eintreten kann.
39.2
Zu Absatz 2
Die Durchsuchung nach § 39 Abs. 2
dient der Eigensicherung und dem Schutz Dritter (z. B. bei gemeinschaftlicher
Unterbringung im Gewahrsam).
Zu §40
40
Durchsuchung von Sachen
40.01
§ 40 regelt die Durchsuchung von Sachen zur Gefahrenabwehr. Die Durchsuchung
von Sachen in Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich nach den §§ 102 ff.
StPO.
40.02
Bei der Durchsuchung der am Körper befindlichen Kleidungsstücke und deren
Inhalt handelt es sich nicht um eine Durchsuchung von Sachen i. S. d.
Vorschrift, sondern um eine Durchsuchung von Personen (RdNr. 39.02).
40.03
Für die Durchsuchung von Sachen im befriedeten Besitztum gelten die §§ 41 und
42.
40.04
RdNr. 39.03 gilt entsprechend.
40.1
Zu Absatz l
40.11
Nach § 40 Abs. l Nr. l kann sich unter den Voraussetzungen des § 39 die
Durchsuchung der Person auch auf die Sachen erstrecken, die der Betroffene
mitführt, d. h. die in seinem unmittelbaren und sofortigen Zugriff stehen.
40.12
Sollen bewegliche Sachen, die Wohnungen sind (vgl. RdNr. 41.11 a), betreten
oder durchsucht werden, richten sich die Maßnahmen nach § 41.
40.2
Zu Absatz 2
Der Inhaber der tatsächlichen
Gewalt ist auf sein Recht hinzuweisen, bei der Durchsuchung anwesend sein zu
können. Polizeivollzugsbeamte kommen als Zeugen nur in Betracht, wenn andere
Personen zu diesem Zwecke nicht hinzugezogen werden können.
Zu § 41
41
Betreten und Durchsuchung von Wohnungen
41.0
§ 41 regelt das Betreten und die Durchsuchung von Wohnungen zur Gefahrenabwehr.
Die Durchsuchung von Wohnungen in Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich
nach den §§ 102 ff. StPO.
41.1
Zu Absatz l
41.11
Es ist zu beachten:
a) Wohnungen i. S. d. § 41 Abs. l
Satz 2 sind auch die zu Wohnzwecken genutzten beweglichen Sachen wie Schiffe,
Wohnwagen, Wohnmobile und Zelte.
b) Inhaber einer Wohnung ist, wer
rechtmäßig die tatsächliche Gewalt über die Räumlichkeit ausübt, somit z. B. auch
Mieter, Untermieter oder Hotelgast Bei Gemeinschaftsunterkünften, Internaten,
Obdachlosenasylen sind nur die Leiter Inhaber.
c) Die Befugnis zum Betreten einer
Wohnung schließt die Befugnis ein, von Personen, Sachen und Zuständen, die ohne
weiteres wahrgenommen werden können, Kenntnis zu nehmen. Soweit es für die
Erfüllung der polizeilichen Aufgabe, erforderlich ist, umfasst das
Betretungsrecht, bei Grundstücken auch das Recht zum Befahren mit Fahrzeugen.
41.12
§ 41 Abs. l Satz l Nr. 3 setzt keine Gefahr i. S. d. in § 41 Abs. l Satz l Nr.
4 genannten Schutzgüter voraus und dient insbesondere dem wirksamen Schutz der
Nachtruhe vor erheblichen Ruhestörungen und zur Beendigung einer
Ordnungswidrigkeit i. S. d. § 17 Abs. 1d des Landes-Immissionsschutzgesetzes
(LImschG). Von einer erheblichen Belästigung der Nachbarschaft ist in der Regel
nur auszugehen, wenn die Polizei um Hilfe gerufen wird und nach Würdigung aller
Umstände die Immissionen nicht zumutbar sind.
41.13
Die Durchsuchung einer Wohnung hat sich auf Anlass und Zweck der Durchsuchung
zu beschränken. Befinden sich in der Wohnung Personen, die durchsucht werden
sollen, ist hierfür § 39 maßgebend. Sollen in einer Wohnung Sachen durchsucht
werden, die nicht den Wohnungsinhabern gehören, ist § 40 einschlägig.
41.3
Zu Absatz 3
Unter den Voraussetzungen des § 41
Abs. 3 können Wohnungen auch zur Verhütung von Straftaten betreten werden, ohne
dass bereits eine konkrete Gefahr vorzuliegen braucht. Die Hinweise in den
RdNrn. 12.13 bis 12.15 sind zu beachten.
Zu §42
42
Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen
42.0
§ 42 regelt das Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen zur
Gefahrenabwehr. Das Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen in Straf- oder
Bußgeldverfahren richtet sich nach den §§ 105 ff. StPO.
42.2
Zu Absatz 2
Der Wohnungsinhaber ist auf sein
Recht hinzuweisen, bei der Durchsuchung anwesend sein zu können.
Zu §43
43
Sicherstellung
43.01
§ 43 regelt die Sicherstellung zur Gefahrenabwehr. Die Sicherstellung von
Gegenständen, die als Beweismittel in Straf- oder Bußgeldverfahren von
Bedeutung sein können, richtet sich nach den §§ 94 ff. StPO. Für die
Sicherstellung von Gegenständen, die der Einziehung unterliegen, gelten die §§
111 b ff. StPO.
43.02
Unter § 43 Nr. l fällt auch die Sicherstellung von Fahrzeugen. Einzelheiten
über die Durchführung ergeben sich aus dem Runderlass über die Sicherstellung
von Fahrzeugen durch die Polizei.
43.03
Die Durchführung der Sicherstellung von Sachen, die von in Gewahrsam genommenen
Personen mitgeführt werden, richtet sich nach der Polizeigewahrsamsordnung für
das Land Nordrhein-Westfalen.
Zu § 44
44
Verwahrung
44.0
Verwahrung i. S. d. § 44 ist die Aufbewahrung einer Sache oder eines Tieres bei
der Polizei oder bei Dritten im Auftrag der Polizei. Als Verwahrung gilt auch
die Sicherstellung einer Sache auf andere Art (z. B. durch Versiegelung). Ist
die Sicherstellung im Straf- oder Bußgeldverfahren erfolgt, richtet sich die
Verwahrung nach § 109 StPO. Einzelheiten ergeben sich aus dem Runderlass über die
Behandlung von Verwahrstücken im Bereich der Polizei.
44.1
Zu Absatz l
44.11
Die Beschaffenheit einer Sache lässt deren Aufbewahrung bei der Polizei
insbesondere dann nicht zu, wenn wegen der Größe oder des Gewichts des
Gegenstandes ein Transport undurchführbar ist oder wenn die Sache nur unter
besonderen technischen Sicherungsmaßnahmen, die der Polizei nicht möglich sind,
gelagert werden kann.
44.12
Die Aufbewahrung von Sachen oder Tieren bei der Polizei ist unzweckmäßig, wenn
nach den Umständen zu erwarten ist, dass die erforderliche Art und Weise der
Aufbewahrung und die notwendigen Maßnahmen zu deren Erhaltung einem Dritten
ohne Gefährdung des Sicherstellungszweckes eher möglich sind als der Polizei.
Dies gilt insbesondere für die Verwahrung von Kraftfahrzeugen.
44.3
Zu Absatz 3
Die Sorgfaltspflicht nach § 44 Abs.
3 Satz l gilt auch dann, wenn die Polizei einen Dritten mit der Verwahrung
beauftragt, es sei denn, dass dieser von dem Berechtigten gemäß § 44 Abs. 3
Satz 2 benannt wird. DiePflicht, Wertminderungen vorzubeugen, erstreckt sich
insbesondere auf sachgerechte Lagerung, Wartung und nötige Pflege sowie auf den
Schutz gegen Beeinträchtigungen durch Dritte. Außergewöhnliche Schutzmaßnahmen
und Maßnahmen, deren Kosten den Wert der Sache übersteigen, sind nicht
erforderlich. Die Pflege der Sache oder des Tieres kann dem Betroffenen selbst
oder einem von ihm Beauftragten überlassen werden, wenn der Zweck der
Sicherstellung dadurch nicht gefährdet wird.
Zu § 45
45
Verwertung, Vernichtung
45.0
Ist die Sicherstellung im Straf- oder Bußgeldverfahren erfolgt, richtet sich
die Verwertung der Sache nach § 1111 StPO oder nach Maßgabe eines
Gerichtsbeschlusses.
45.1
Zu Absatz l
45.11
Unverhältnismäßig hoch sind Kosten, die den Wert der Sache übersteigen.
Übernimmt der Betroffene die Kosten, kommt eine Verwertung nach § 45 Abs. l Nr.
2 nicht in Betracht. Unverhältnismäßig hohe Schwierigkeiten können sich aus dem
Umfang oder der Beschaffenheit der Sache ergeben, so z. B. bei Sachen, für die
sich kein Aufbewahrungsort oder Betreuer finden lässt.
45.12
Berechtigter i. S. d. § 45 Abs. l Nr. 4 ist außer dem Eigentümer jeder, der ein
Recht zum Besitz der Sache hat (z. B. als Mieter, Pächter, Entleiher,
Pfandgläubiger). Die Jahresfrist beginnt mit dem Zeitpunkt der Sicherstellung.
45.13
§ 45 Abs. l Nr. 5 setzt voraus, dass die Sicherstellungsgründe endgültig
entfallen sind und der Berechtigte und dessen Aufenthaltsort der Polizei
bekannt sind. Der Begriff des Berechtigten stimmt mit demin § 45 Abs. l Nr. 4
überein. Sind der Polizei mehrere Berechtigte bekannt, soll die Mitteilung
jedem Berechtigten zugestellt werden. Die Frist ist so zu bemessen, dass der
Berechtigte in der Lage ist, der Aufforderung nachzukommen. Dabei sind vor
allem auf die Entfernung vom Wohnort des Berechtigten zum Verwahrungsort und
auf sonst bekannte Umstände (z. B. Krankheit, Urlaub) Rücksicht zu nehmen.
Werden solche Umstände später bekannt, ist die Frist ggf. neu zu bemessen. Kann
der Berechtigte nur mit un-verhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden, ist eine
Verwertung nach § 45 Abs. l Nr. 2 zulässig.
45.2
Zu Absatz 2
Die Anhörung kann schriftlich oder
mündlich durchgeführt werden. Sie kann unterbleiben, wenn sich der Berechtigte
nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermitteln lässt.
45.3
Zu Absatz 3
Die Anordnung des freihändigen
Verkaufs sowie dessen Zeit und Ort sind dem Berechtigten mitzuteilen, soweit
Umstände und Zweck der Maßnahme es erlauben.
45.4
Zu Absatz 4
Nach der Unbrauchbarmachung ist die
Sache gemäß § 46 Abs. l an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt
worden ist.
Zu § 46
46
Herausgabe sichergestellter Sachen oder des Erlöses, Kosten
46.0
Ist die Sicherstellung im Straf- oder Bußgeldverfahren erfolgt, richtet sich
die Herausgabe der Sache nach §111 k StPO oder nach Maßgabe eines
Gerichtsbeschlusses.
46.1
Zu Absatz l
Die Herausgabe nach § 46 Abs. l
Satz l ist dann nicht möglich, wenn die Sache nicht bei einer bestimmten Person
sichergestellt worden ist und weder der Berechtigte noch sein Aufenthaltsort
mit angemessenem Aufwand zu ermitteln sind. Machen mehrere Personen ihre
Berechtigung i. S. d. § 46 Abs. l Satz 2 glaubhaft, ist die Sache unter
Benachrichtigung der übrigen Anspruchssteller an denjenigen herauszugeben,
dessen Recht am stärksten erscheint.
46.4
Zu Absatz 4
Ist der Berechtigte i. S. d. § 46
Abs. l oder sein Aufenthaltsort nicht bekannt oder nicht mit angemessenem
Aufwand zu ermitteln, kommt eine Verwertung nur über § 983 BGB in Betracht.
Zu § 47
47
Vollzugshilfe
47.1
Zu Absatz l
47.11
Behörden i. S.d. § 47 Abs. l sind insbesondere
a) alle Stellen, die Aufgaben der
öffentlichen Verwaltung wahrnehmen,
b) Gerichte,
c) Parlamentspräsidenten.
47.12
Vollzugshilfe liegt nicht vor, wenn
a) die Polizei innerhalb eines
bestehenden Weisungsverhältnisses Hilfe leistet,
b) die Hilfeleistung in einer
Handlung- besteht, die der Polizei als eigene Aufgabe obliegt,
c) die Hilfeleistung in einer
Handlung besteht, durch die nicht in die Rechte von Personen eingegriffen wird.
47.2
Zu Absatz 2
47.21
Die Zulässigkeit der Maßnahme, die durch die Vollzugshilfe verwirklicht werden
soll, richtet sich nach dem für die ersuchende Behörde geltenden Recht. Diese
Behörde trägt daher die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der
durchzusetzenden Maßnahme. Deshalb ist die Polizei grundsätzlich nicht
verpflichtet, die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme zu prüfen (vgl. aber die
RdNrn. 495 und 49.3).
47.22
Hält die Polizei ein an sie gerichtetes Ersuchen für nicht zulässig, teilt sie
das der ersuchenden Behörde mit. Besteht diese auf der Vollzugshilfe,
entscheidet über die Verpflichtung zur Vollzugshilfe die gemeinsame
Aufsichtsbehörde oder, sofern eine solche nicht besteht, die für die Polizei
zuständige Aufsichtsbehörde. Dulden die Gesamtumstände nach Auffassung der
ersuchenden Behörde keinen Aufschub bis zur Entscheidung der Aufsichtsbehörde,
hat die Polizei dem Ersuchen zu entsprechen und unverzüglich ihrer
Aufsichtsbehörde zu berichten.
47.23
Die Polizei darf die Vollzugshilfe nicht deshalb verweigern, weil sie die
beabsichtigte Maßnahme für unzweckmäßig hält
47.24
Die Durchführung der Vollzugshilfe richtet sich nach dem für die Polizei
geltenden Recht Die Polizei trägt die Verantwortung für die Art und Weise der
Anwendung des unmittelbaren Zwanges. Im übrigen sind Beanstandungen an die
ersuchende Behörde weiterzuleiten; hiervon ist der Betroffene zu unterrichten.
47.25
Wird die Polizei aufgrund eines Vollzugshilfeersuchens tätig, soll sie das nach
außen zu erkennen geben, sofern es nicht offensichtlich ist.
47.3
Zu Absatz 3
Die Verpflichtung zur Amtshilfe
ergibt sich aus Artikel 35 Abs. l GG und den §§ 4 ff. VwVfG NW. Wegen der
Gewährung des erforderlichen persönlichen Schutzes anderer Vollzugsdienstkräfte
und des Schutzes ihrer Vollstreckungsmaßnahmen vgl. § 65 Abs. 2 des
Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NW).
Vergleichbare Regelungen enthalten z. B. die §§ 758 Abs. 3 und 759 ZPO.
Vollzugshilfe bei
Freiheitsentziehung
49.1
Zu Absatz l
Die ersuchende Behörde trägt
gegenüber der Polizei die Verantwortung für die Zulässigkeit der in
Vollzugshilfe durchgeführten Freiheitsentziehung. Daher hat die ersuchende
Behörde grundsätzlich die richterliche Entscheidung herbeizuführen.
49.2
Zu Absatz 2
Übersendet die ersuchende Behörde
die richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung
nicht oder bezeichnet sie den Rechtsgrund für diese Freiheitsentziehung nicht
im Vollzugshilfeersuchen, hat die Polizei die Vollzugshilfe zu verweigern. Das
gilt nicht, wenn die ersuchende Behörde darlegt, dass eine Freiheitsentziehung
ohne vorherige richterliche Entscheidung zulässig ist und diese wegen der
Dringlichkeit der Maßnahme sofort durchgeführt werden muss.
49.3
Zu Absatz 3
Die Prüfung nach § 38 Abs. l Nr. l
obliegt der ersuchenden Behörde. Die Polizei hat der ersuchenden Behörde
unverzüglich alle Anhaltspunkte mitzuteilen, die für einen Wegfall des Grundes
der Freiheitsentziehung sprechen. Erhält die Polizei sichere Kenntnis vom
Wegfall des Grundes und ist die ersuchende Behörde nicht erreichbar, hat die
Polizei die festgehaltene Person zu entlassen.
Zu §50
50
Zulässigkeit des Verwaltungszwanges
50.1
Zu Absatz l
Rechtsmittel gegen Verwaltungsakte
haben nach § 80 Abs. 2 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) keine
aufschiebende Wirkung, wenn es sich um unaufschiebbare Anordnungen und
Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten handelt und das Verwaltungsgericht nicht
gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels angeordnet
hat.
50.2
Zu Absatz 2
Die Anwendung des
Verwaltungszwanges ohne vorausgehenden Verwaltungsakt (sofortiger Vollzug) ist
nur zulässig, wenn ein fiktiver Verwaltungsakt rechtmäßig wäre.
Zu §51
51
Zwangsmittel
51.1
Zu Absatz l
Die zulässigen Zwangsmittel sind in
§ 51 Abs. l abschließend aufgezählt. Mit anderen Zwangsmaßnahmen dürfen
Verwaltungsakte nicht durchgesetzt werden.
Zu §52
52
Ersatzvornahme
52.1
Zu Absatz l
Zu §53
53
Zwangsgeld
53.0
Die Festsetzung eines Zwangsgeldes durch die Polizei kommt nur in seltenen
Fällen in Betracht, da mit diesem Zwangsmittel die Gefahr von der Polizei in
aller Regel nicht rechtzeitig abgewehrt werden kann.
53.1
Zu Absatz l
Das Zwangsgeld muss in bestimmter
Höhe festgesetzt werden (also nicht z. B. „bis zu 150 Euro "). Dabei sind
Dauer und Umfang des pflichtwidrigen Verhaltens (erster Verstoß oder
Wiederholungsfall), die finanzielle Leistungsfähigkeit des Betroffenen und die
Bedeutung der Angelegenheit zu berücksichtigen.
Zu §54
Ersatzzwangshaft
54.1
Zu Absatz l
Das Zwangsgeld ist dann uneinbringlich,
wenn die Beitreibung ohne Erfolg versucht worden ist oder wenn offensichtlich
ist, dass sie keinen Erfolg haben wird.
Zu §55
55
Unmittelbarer Zwang
55.1
Zu Absatz l
55.11
Der Begriff des unmittelbaren Zwanges ist in § 58 definiert Unmittelbarer Zwang
kommt vor allem zur Durchsetzung unvertretbarer Handlungen, Duldungen und
Unterlassungen in Betracht, erforderlichenfalls auch zum Anhalten von Personen
gemäß § 9 Abs. l Satz 2, § 12 Abs. 2 Satz 2 oder § 25 Abs. 2.
55.12
Andere Zwangsmittel sind auch dann unzweckmäßig, wenn sie dem Betroffenen einen
größeren Nachteil verursachen würden als die Anwendung unmittelbaren Zwanges.
55.2
Zu Absatz 2
Für die Erzwingung von Angaben
kommt nur ein Zwangsgeld in Betracht (vgl. RdNr. 10.3).
Zu §56
56
Androhung der Zwangsmittel
56.1
Zu Absatz l
Eine schriftliche Androhung ist z.
B. dann nicht möglich, wenn durch die dadurch bewirkte Verzögerung der
Anwendung des Zwangsmittels die Gefahr nicht rechtzeitig abgewehrt würde.
56.5
Zu Absatz 5
Bei der Androhung des Zwangsgeldes
ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht auf Antrag der Polizei
Ersatzzwangshaft anordnen kann, wenn das Zwangsgeld uneinbringlich ist.
Zu § 57
57
Rechtliche Grundlagen
57.0
Die §§ 57 bis 66 gelten sowohl für die Gefahrenabwehr, als auch für die
Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, soweit die StPO keine
Regelung über unmittelbaren Zwang enthält.
57.1
Zu Absatz l
Zu §58
58
Begriffsbestimmungen, zugelassene Waffen
58.1
Zu Absatz l
Die drei Formen des unmittelbaren
Zwanges sind abschließend aufgeführt (vgl. RdNr. 51.1).
58.2
Zu Absatz 2
Unmittelbare körperliche Einwirkung
auf Personen ist z. B. die Anwendung von Polizeigriffen. Auf Sachen wird
unmittelbar körperlich eingewirkt z.B. bei dem Eintreten einer Tür oder dem
Einschlagen einer Fensterscheibe.
58.3
Zu Absatz 3
58.31
Die Aufzählung ist beispielhaft. Auch andere Gegenstände können als Hilfsmittel
der körperlichen Gewalt in Betracht kommen, jedoch muss ihre Wirkung in einem
angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg stehen.
58.32
Sprengmittel dürfen gemäß § 66 Abs. 4 nur gegen Sachen angewendet werden. Zur
Ablenkung von Störern bestimmte pyrotechnische Mittel (Irritationsmittel) sind
keine Sprengmittel.
58.33
Wegen der Anwendung von Fesseln vgl. § 62.
58.34
Als technische Sperren zum Absperren von Straßen, Plätzen oder anderem Gelände
kommen z. B. Fahrzeuge, Container, Sperrgitter, Sperrzäune, Seile, Stacheldraht
und Nagelböden in Betracht.
58.35
Diensthunde und Dienstpferde müssen für ihre Verwendung besonders abgerichtet
sein. Sie dürfen nur von als Diensthundführer oder Reiter ausgebildeten
Polizeivollzugsbeamten eingesetzt werden.
58.36
Reiz- und Betäubungsstoffe dürfen nur gebraucht werden, wenn der Einsatz
körperlicher Gewalt oder anderer Hilfsmittel keinen Erfolg verspricht und wenn
durch den Einsatz dieser Stoffe die Anwendung von Waffen vermieden werden kann.
Zu dem Gebrauch von Reiz- und Betäubungsstoffen gehört auch die Verwendung von
Tränengas- und Nebelkörpern. Der Einsatz barrikadebrechender
Reizstoffwurfkörper oder barrikadebrechender pyrotechnischer Mittel i. S. d.
RdNr. 58.32 Satz 2 ist nur unter den Voraussetzungen des Gebrauchs von
Schusswaffen gegen Personen zulässig.
58.4
Zu Absatz 4
58.41
Die Aufzählung der zugelassenen Waffen ist abschließend.
58.42
Schläge mit Schlagstöcken sollen gegen Arme oder Beine gerichtet werden, um
schwerwiegende Verletzungen zu vermeiden.
58.43
Wegen des Gebrauchs von Schusswaffen vgl. § 61 und die §§ 63 ff.
Zu § 59
59
Handeln auf Anordnung
59.0
Die Vorschrift ist eine Sonderregelung gegenüber §59 des Landesbeamtengesetzes
(LBG). Die Verpflichtung, die Anordnung zu befolgen, wird nur eingeschränkt
durch § 59 Abs. l Satz 2 und Abs. 2. Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der
Anordnung berühren die Gehorsamspflicht nicht
59.1
Zu Absatz l
59.11
Bei einem Einsatz von mehreren Polizeivollzugsbeamten ist der den Einsatz
leitende Beamte befugt, unmittelbaren Zwang anzuordnen, einzuschränken oder zu
untersagen. Ist ein Einsatzleiter nicht bestimmt oder fällt er aus, ohne dass
ein Vertreter bestellt ist, tritt der dienstranghöchste anwesende
Polizeivollzugsbeamte an seine Stelle. Ist nicht sofort feststellbar, wer das
ist, darf jeder der hiernach in Betracht kommenden Polizeivollzugsbeamten die
Führung einstweilen übernehmen; er hat das bekannt zu geben.
59.12
Vor Beginn eines Einsatzes sind die Polizeivollzugsbeamten über die sie
betreffenden Weisungsverhältnisse zu unterrichten. Insbesondere muss jedem
eingesetzten Polizeivollzugsbeamten bekannt sein, wer den Einsatz leitet, wer
Stellvertreter und wer sonst ihm gegenüber zu Weisungen befugt ist.
59.13
Die Befugnis höherer Vorgesetzter oder einer sonst dazu berechtigten Person (z.
B. eines Staatsanwalts), die Anwendung unmittelbaren Zwanges anordnen,
einzuschränken oder zu untersagen, bleibt unberührt. Hinsichtlich der Anordnung
unmittelbaren Zwanges durch die Staatsanwaltschaft sind die Gemeinsamen
Richtlinien der Justizminister/-senatoren und Innenminister/-senatoren des
Bundes und der Länder über die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch
Polizeibeamte auf Anordnung des Staatsanwalts (RiStBV Anlage A) zu beachten.
59.14
Befindet sich der Anordnende nicht am Ort des Vollzugs, darf er unmittelbaren
Zwang nur anordnen, wenn er sich ein so genaues Bild von den am Ort des
Vollzugs herrschenden Verhältnissen verschafft hat, dass ein Irrtum über die
Voraussetzungen der Anwendung unmittelbaren Zwanges nicht zu befürchten ist.
Ändern sich zwischen der Anordnung und ihrer Ausführung die tatsächlichen
Verhältnisse und kann der Anordnende vor der Ausführung nicht mehr verständigt
werden, entscheidet der. am Ort leitende Polizeivollzugsbeamte über die
Anwendung unmittelbarenZwanges. Der Anordnende ist unverzüglich hierüber zu
verständigen.
Zu §60
60
Hilfeleistung für Verletzte
60.0
Die Verpflichtung, Verletzten Beistand zu leisten und ärztliche Hilfe zu
verschaffen, ist vordringlicher als die Beweissicherung und geht auch
Berichtspflichten vor.
Zu § 61
61
Androhung unmittelbaren Zwanges
61.1
Zu Absatz l
61.11
Unmittelbarer Zwang darf nur angedroht werden, wenn die
Tatbestandsvoraussetzungen für seine Anwendung gegeben sind. Die Androhung kann
grundsätzlich in jeder Form erfolgen; sie muss unmissverständlich sein.
61.12
Der Schusswaffengebrauch wird in der Regel mündlich angedroht durch den vernehmlichen
Ruf: „Polizei! Keine Bewegung - oder ich schieße!" oder vor allem
gegenüber Fliehenden: „Polizei! Halt - oder ich schieße!" odereine
ähnliche Aufforderung. Das Wort „Polizei" kann im Anruf unterbleiben, wenn
ohne weiteres erkennbar ist, dass es sich um den Einsatz von
Polizeivollzugsbeamten handelt. Wenn die Umstände es zulassen oder wenn Zweifel
bestehen, ob die Person den Anruf verstanden hat, ist er zu wiederholen. Der
Schusswaffengebrauch kann auch durch Lautsprecher angedroht werden.
61.13
Ist eine mündliche Androhung des Schusswaffengebrauchs nicht möglich, weil z.
B. die Entfernung zu groß ist oder weil aus sonstigen Gründen anzunehmen ist,
dass der Anruf nicht verstanden wird oder verstanden worden ist, können ein
oder mehrere Warnschüsse abgegeben werden. Warnschüsse sind nach Möglichkeit
steil in die Luft zu richten.
61.14
Zwischen der Androhung der Zwangsmaßnahme und ihrer Anwendung soll eine den
Umständen nach angemessene Zeitspanne liegen.
61.15
Personen, gegen die nach Begründung des amtlichen Gewahrsams unter den in § 64
Abs. l Nr. 4 genannten Voraussetzungen von der Schusswaffe Gebrauch gemacht
werden darf, sollen zu Beginn des Gewahrsams darauf hingewiesen werden. Um
einen Schusswaffengebrauch zu vermeiden, ist auf eine sorgfältige Sicherung
dieser Personen zu achten. Das gilt vor allem bei Transporten. Die Belehrung
ersetzt nicht die Androhung des Schusswaffengebrauchs im Einzelfall.
61.3
Zu Absatz 3
61.31
Zwischen der wiederholten Androhung des Schusswaffengebrauchs gegen Personen in
einer Menschenmenge und dem Gebrauch der Schusswaffe soll so viel Zeit
verstreichen, dass sich insbesondere Unbeteiligte aus der Menge entfernen
können; vgl. auch RdNr. 65.2.
61.32
Die Androhung hat grundsätzlich durch Lautsprecher zu erfolgen. Ihr soll
alsdann durch Warnschüsse oder auf andere unmissverständliche Weise Nachdruck
mit dem Zieleverliehen werden, letztlich den Schusswaffengebrauch auf Personen
in der Menschenmenge zu vermeiden.
Zu § 62
62
Fesselung von Personen
62.01
Widerstand leistet i. S. d. § 62 Satz l Nr. l, wer sich einer polizeilichen
Anordnung aktiv widersetzt; passives Verhalten (z.B. Stehen bleiben,
Fallenlassen) reicht hierfür nicht aus.
62.02
Für die Fesselung sollen die hierfür vorgesehenen Hilfsmittel der körperlichen
Gewalt verwendet werden. Sind diese nicht vorhanden oder reichen sie nicht aus,
sind andere Maßnahmen zu treffen; die eine ähnliche Behinderung wie Fesseln
gewährleisten. Es ist darauf zu achten, dass gesundheitliche Schäden (z. B.
durch Blutstauung oder Frost) nicht eintreten.
62.03
Mehrere Personen sollen nicht zusammengeschlossen werden, wenn ein Nachteil für
Ermittlungen in einer Strafsache zu befürchten ist, durch die
Zusammenschließung die Gesundheit eines der Betroffenen gefährdet wird oder
dies eine erniedrigende Behandlung bedeutet. Männer und Frauen sind möglichst
nicht zusammenzuschließen.
Zu §63
63
Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch
63.1
Zu Absatz l
63.11
Der Schusswaffengebrauch gegen Personen ist die schwerwiegendste Maßnahme des
unmittelbaren Zwanges. Der Polizeivollzugsbeamte hat daher vorher die
Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit besonders sorgfältig zu prüfen. Bestehen
rechtliche oder tatsächliche Zweifel, ob die Voraussetzungen für den
Schusswaffengebrauch vorliegen, ist von der Schusswaffe kein Gebrauch zu
machen.
63.12
Auch der Schusswaffengebrauch gegen Sachen ist auf das erforderliche Mindestmaß
zu beschränken. Ein Schusswaffengebrauch gegen Sachen liegt nicht vor, wenn mit
Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass hierdurch Personen
verletzt werden. Der Schusswaffengebrauch gegen Kraftfahrzeuge ist daher in der
Regel nur unter den Voraussetzungen des Schusswaffengebrauchs gegen Personen
zulässig. Diese müssen gegenüber jeder im Fahrzeug befindlichen Person
vorliegen, es sei denn, dass ein Fall des § 63 Abs. 4 Satz 2 vorliegt. Beim
Schuss-Waffengebrauch gegen ein Kraftfahrzeug ist anzustreben, das Fahrzeug
fahrunfähig zu machen, weil hierdurch in der Regel der Zweck der Maßnahme erreicht
werden kann. Vom Schusswaffengebrauch ist abzusehen, wenn das Fahrzeug
erkennbar explosive oder ähnliche gefährliche Güter befördert oder nach seiner
Kennzeichnung zur Beförderung solcher Güter bestimmt ist. Diese Einschränkung
gilt nicht, wenn durch die Weiterfahrt größere Gefahren zu entstehen drohen als
durch den Schusswaffengebrauch.
63.13
Der Schusswaffengebrauch gegen Tiere ist zulässig, wenn von ihnen eine Gefahr
ausgeht (sie insbesondere Menschen bedrohen) und die Gefahr nicht auf andere
Weise zu beseitigen ist. Verletzte oder kranke Tiere dürfen nur getötet werden
wenn die Befürchtung besteht, dass sie sonst unter Qualen verenden würden, und
weder der Eigentümer bzw. Tierhalter noch ein Tierarzt oder
Jagdausübungsberechtigter kurzfristig zu erreichenist.
63.2
Zu Absatz 2
63.21
Um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen, ist, wenn die Umstände es zulassen,
auf die Beine zu zielen, vor allem bei Fliehenden.
63.22
Die Regelung in § 63 Abs. 2 schließt zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für
Leib oder Leben einer Person als Ultima ratio der Zwangsanwendung auch einen
gezielten Schuss auf den Angreifer ein, der nach aller Erfahrung sofort tödlich
wirkt (vgl. auch §7).
63.3
Zu Absatz 3
Bestehen Zweifel, ob jemand noch im
Kindesalter ist, ist davon auszugehen, dass es sich um ein Kind handelt.
63.4
Zu Absatz 4
Der Schusswaffengebrauch ist
grundsätzlich verboten, wenn durch ihn ein Unbeteiligter mit hoher
Wahrscheinlichkeit gefährdet wird. Der Polizeivollzugsbeamte hat nicht, nur auf
Fußgänger, sondern auch auf fahrende und haltende Fahrzeuge mit Insassen sowie
auf Wohnungen und Geschäfte zu achten. Kann die Schussrichtung wegen der
örtlichen Verhältnisse (insbesondere Dunkelheit oder sonstige
Sichtbehinderungen) nicht überblickt werden, ist besondere Vorsicht und
Zurückhaltung geboten.
Zu § 64
64
Schusswaffengebrauch gegen Personen
64.01
Soweit es für den Schusswaffengebrauch nach § 64 darauf ankommt, ob eine
rechtswidrige Tat ein Verbrechen oder ein Vergehen darstellt, richtet sich dies
gemäß § 12 StGB nach der für die Straftat angedrohten Mindeststrafe. Hierbei
ist nur der Regelstrafrahmen maßgebend. Schärfungen und Milderungen nach dem
Allgemeinen Teil des StGB (z. B. bei Versuch, Beihilfe, verminderter
Schuldfähigkeit) oder für besonders schwere (vgl. die §§ 243, 263 Abs. 3 oder
266 Abs. 2 StGB) oder minder schwere Fälle (vgl. § 225 Abs. 2 oder § 226 Abs. 2
StGB) bleiben außer Betracht
64.02
Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr zur Verdeckung einer Straftat
gemäß § 315 b Abs. 3 i. V. m. § 315 Abs. 3 StGB stellt ein Verbrechen i. S. d.
§ 12 Abs. l und Abs. 3 StGB dar. Von einer Verdeckungstat kann im Rahmen einer
Flucht vor der Polizei in der Regel nur ausgegangen werden, wenn der Verdacht
besteht, dass die Person vor der Flucht eine andere Straftat begangen hat. Ein
gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315b StGB im Rahmen einer
Flucht vor der Polizei stellt regelmäßig keine „andere Straftat" i.S.d. §
315 Abs. 3 StGB dar, es sei denn, es ist zwischen mehreren Eingriffen in den
Straßenverkehr zu einer deutlichen zeitlichen Zäsur gekommen.
64.1
Zu Absatz l
64.11
Die Berechtigung zum Schusswaffengebrauch nach § 64 Abs. l Nr. lsetzt
mindestens die Gefahr einer schwerwiegenden Körperverletzung voraus.
64.12
Die zu verhindernde Straftat i. S. d. § 64 Abs. l Nr. 2 muss unmittelbar
bevorstehen. Insoweit genügt das bloße Bestehen einer Gefahr i. S. d. § 8 Abs.
l nicht. Die Verhinderung der Fortsetzung bedeutet insbesondere die
Verhinderung weiterer Tathandlungen oder bei Dauerdelikten die Beendigung des
strafbaren Zustandes. Die Handlung muss sich den Umständen nach als Verbrechen
oder als ein Vergehen der genannten Art darstellen. Es kommt also darauf an,
wie der Polizeivollzugsbeamte die Situation unter Berücksichtigung aller im Augenblick
gegebenen Erkenntnismöglichkeiten beurteilt. Er hat hierbei - obwohl die
Notwendigkeit zum schnellen Handeln gegeben ist - besonders sorgfältig
vorzugehen.
64.13
Auch in § 64 Abs. l Nr. 4b), I. Alternative, müssen Tatsachen die Annahme
rechtfertigen, dass die Person Schusswaffen oder Explosivmittel mit sich führt.
Zu § 65
65
Schusswaffengebrauch gegen Personen in einer Menschenmenge
65.1
Zu Absatz l
Schwerwiegende Gewalttaten sind
Straftaten, die unter Anwendung von Gewalt begangen werden und besonders
hochwertige Rechtsgüter verletzen oder für die Allgemeinheit lebensnotwendige
Einrichtungen zerstören. Hierunter fallen insbesondere Tötungsdelikte (§§ 211
und 212 StGB), gefährliche oder schwere Körperverletzungen (§§223 a und 224
StGB), gemeingefährliche Straftaten (§§ 306 ff. StGB) oder Nötigung von
Verfassungsorganen unter Gewaltanwendung (§§ 105 und 106 StGB).
65.2
Zu Absatz 2
In der Androhung (vgl. RdNr. 61.3)
soll darauf hingewiesen werden, dass nicht Unbeteiligter ist, wer sich nicht aus
der Menschenmenge entfernt obwohl ihm das möglich ist
Zu §66
Besondere Waffen, Sprengmittel
66.4
Zu Absatz 4
Sprengmittel sind gemäß § 58 Abs. 3
Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und kommen nur als Mittel der
Zwangsanwendung gegen Sachen in Betracht z. B. zur Beseitigung von Hindernissen
bei schweren Unglücksfällen.
MBl. NRW. 1991 S. 698,
geändert durch RdErl. v. 8.2.1995 (MB.l. NRW. 1995 S. 376), 12.11.2001 (MBl. NRW. 2001 S. 1623).
* Die Hauptnummern beziehen sich auf die
jeweiligen Paragraphen des Gesetzes. Bei den ausgelassenen Hauptnummern
bestehen zu den betreffenden Paragraphen kein Verwaltungsvorschriften.
Anlagen: