Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch RdErl. v. 20.3.2009 (MBl. NRW. 2009 S.254).

 


Historisch: Polizeigewahrsamsordnung für das Land Nordrhein-Westfalen RdErl. d. Innenministers v. 27. 7. 1979 -IV A 2-880

 

Historisch:

Polizeigewahrsamsordnung für das Land Nordrhein-Westfalen RdErl. d. Innenministers v. 27. 7. 1979 -IV A 2-880

Polizeigewahrsamsordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
RdErl. d. Innenministers v. 27. 7. 1979 -IV A 2-880


Inhaltsübersicht

I. Allgemeines
§ l Geltungsbereich
§ 2 Aufsicht
§ 3 Verhalten gegenüber Verwahrten
§ 4 Gewahrsamsnachweis

II. Aufnahme
§ 5 Einlieferung
§ 6 Gewahrsamsfähigkeit
§ 7 Aufnahme Betrunkener
§ 8 . Aufnahme unsauberer Personen
§ 9 Durchsuchung, Sicherstellung
§ 10 Vernehmungen

III. Unterbringung
§ 11 Arten der Unterbringung
§ 12 Verpflegung
§ 13 Tabakgenuss
§ 14 Alkohol- und Rauschmittelgenuss
§ 15 Körperpflege
§ 16 Arbeiten
§ 17 Aufenthalt im Freien
§ 18 Zuwendungen
§ 19 Druckschriften
§ 20 Postverkehr
§ 21 Besuche
§ 22 Verkehr mit dem Verteidiger

IV. Gewahrsamsraum
§ 23 Ausstattung
§ 24 Temperatur
§ 25Beleuchtung
§ 26 Reinigung. Lüftung
§ 27 Laufende Überprüfung
§ 28 Inanspruchnahme eines anderen Gewahrsams

V. Sicherheit und Ordnung im Gewahrsam
§ 29 Verschluss
§ 30 Kontrollen
§ 31 Eigensicherung
§ 32 Sicherungsmaßnahmen
§ 33 Sachbeschädigung
§ 34 Besondere Vorkommnisse
§ 35 Todesfälle

VI. Entlassung
§ 36 Entlassung, Übergabe an eine andere Dienststelle oder Behörde
§ 37 Rückgabe sichergestellter Gegenstände

VII. Schlussbestimmungen
§ 38 Ergänzende Vorschriften
§ 39 Inkrafttreten

I.
Allgemeines

§ 1
Geltungsbereich

(1)
Diese Verwaltungsvorschrift regelt den Vollzug der Freiheitsentziehung im Polizeigewahrsam.
(2)
Kinder und Jugendliche, die sich der Obhut der Sorgeberechtigten entzogen haben oder die lediglich zu ihrem Schutz in Verwahrung genommen werden, sind nicht in Gewahrsamsräumen der Polizei unterzubringen. Sie sind unverzüglich den Sorgeberechtigten oder dem Jugendamt zuzuführen. Die Vorschriften der PDV 382 über die Bearbeitung von Jugendsachen bei der Polizei bleiben unberührt.

§ 2
Aufsicht

Das Polizeigewahrsam untersteht dem Leiter derjenigen Polizeidienststelle, welcher das Gewahrsam zugeordnet ist.

§ 3
Verhalten gegenüber Verwahrten

(1)
Der Verwahrte ist gerecht und unter Wahrung der Menschenwürde zu behandeln. Besondere Rücksicht ist auf Jugendliche, Kranke, Körperbehinderte und ältere Personen zu nehmen.
(2)
Der Umgang mit dem Verwahrten ist auf das dienstlich notwendige Maß zu beschränken. Gegenüber Frauen ist besondere Zurückhaltung geboten.
(3)
Dem Verwahrten dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Verwahrung oder die Ordnung im Gewahrsam erfordern.
(4)
Der Leitfaden über die Eigensicherung im Polizeidienst (LF 371) ist zu beachten.

§ 4
Gewahrsamsnachweis

(1)
Über Verwahrte ist als Nachweis das für Festnahmeanzeigen (Vordruck NW Pol. 2 F) und Ingewahrsamnahmeanzeigen (Vordruck NW Pol. 2 l) vorgesehene Folgeblatt (Vordruck NW Pol. 2 a) zu führen. Hierauf sind alle Daten und Vermerke für die Zeit des Gewahrsams einer Person von der Aufnahme bis zur Entlassung, Vorführung oder dem anderweitigen Verbleib einzutragen.
(2)
Der Vordruck 2 a ist mit dem Vordruck 2 F oder 2 I mindestens fünf Jahre aufzubewahren.

II.
Aufnahme

§ 5
Einlieferung

(1)
Die Einlieferung von Personen in das Gewahrsam muss zu jeder Tages- und Nachtzeit gewährleistet sein.
(2)
Bei der Aufnahme ist von dem einliefernden Beamten die Abgabe einer Einlieferungsanzeige - Vordruck 2 F oder 2 l, jeweils mit Vordruck 2a - zu verlangen. Die Personalien der eingelieferten Person sind genau festzustellen; etwaige Widersprüche unverzüglich aufzuklären. Die Übergabe und Übernahme der Person ist im Vordruck 2 a einzutragen und durch Unterschrift zu bescheinigen.
(3)
Der einliefernde Beamte ist verpflichtet, auf Tatsachen, die für die Aufnahme und die Art der Unterbringung bedeutsam sind, ausdrücklich hinzuweisen. Bedeutsam sind insbesondere Gefährlichkeit, Selbstmordabsichten, Verletzungen, Krankheit, Mittäterschaft und die in § 11 genannten Umstände. Solche Tatsachen sind im Vordruck 2 a einzutragen.
(4)
Dem Verwahrten ist Gelegenheit zu geben, einen Angehörigen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen, sofern der Zweck der Verwahrung dadurch nicht gefährdet wird; hierüber entscheidet die sachbearbeitende Dienststelle. Die Benachrichtigung soll von Amts wegen durchgeführt werden, wenn der Verwahrte selbst nicht in der Lage ist und die Benachrichtigung seinem mutmaßlichen Willen nicht widerspricht. Wenn der Verwahrte nicht wünscht oder darauf verzichtet, dass jemand benachrichtigt wird, so ist dem zu entsprechen, falls nicht besondere Gründe eine Benachrichtigung geboten erscheinen lassen. Bei Minderjährigen, entmündigten oder unter vorläufige Vormundschaft gestellten Personen ist in jedem Fall derjenige zu benachrichtigen, dem die Sorge für die Person obliegt.

§ 6
Gewahrsamsfähigkeit

(1)
Grundsätzlich darf nur aufgenommen werden, wer gewahrsamsfähig ist. Nicht gewahrsamsfähig ist, wer bewusstlos ist oder sonst einer sofortigen ärztlichen Versorgung im Krankenhaus bedarf.
(2)
Die Gewahrsamsfähigkeit ist in Zweifelsfällen von der Polizei durch einen Arzt feststellen zu lassen. Dieser entscheidet, ob der Verwahrte im Gewahrsam untergebracht werden kann oder in ein Krankenhaus einzuweisen ist. Soll eine hilflose Person in das Polizeigewahrsam eingeliefert werden, ist zuvor die Gewahrsamsfähigkeit durch einen Arzt feststellen zu lassen. Hilflosigkeit liegt insbesondere vor, wenn bei einer Person tiefgreifende Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Wahrnehmung, der Auffassung oder auch des Denkens einzeln oder in Kombination auftreten.
(3)
Die ärztliche Untersuchung mit ihrem Ergebnis (Gewahrsamsfähigkeit) ist im Vordruck 2 a zu vermerken. Wird der Verwahrte in einem Krankenhaus untergebracht, so ist er erforderlichenfalls zu bewachen.
(4)
Die Polizei hat eine nicht gewahrsamsfähige Person vorerst im Gewahrsam unterzubringen, wenn die Einlieferung in ein Krankenhaus, die Überstellung in häusliche Fürsorge oder ähnliche Maßnahmen nicht möglich sind und die Verwahrung zum eigenen Schutz dieser Person oder zum Schutz der Allgemeinheit zwingend erforderlich ist. In diesen Fällen ist unverzüglich ein Arzt hinzuzuziehen.
(5)
Die Verpflichtung der Polizei, rechtzeitig Erste Hilfe zu leisten oder rettungsdienstliche Maßnahmen zu veranlassen, bleibt unberührt.

§ 7
Aufnahme Betrunkener

(1)
Gewahrsamsfähige Betrunkene sind grundsätzlich in besonderen Gewahrsamsräumen und nur bis zu ihrer Ausnüchterung unterzubringen. § 36 Abs. 2 bleibt unberührt.
(2)
Erheblicher Alkoholgenuss kann zur Gewahrsamsunfähigkeit führen; bei entsprechendem Verdacht ist nach § 6 zu verfahren.

§ 8
Aufnahme unsauberer Personen

Unsauberen oder mit Ungeziefer behafteten Personen ist, soweit es die Umstände zulassen, bei ihrer Aufnahme die Möglichkeit zu einergründlichen körperlichen Reinigung zu geben. Für die Desinfektion von Bekleidungsstücken gilt § 26 Abs. 2 entsprechend.

§ 9
Durchsuchung, Sicherstellung

(1)
Gegenstände, die von dem Verwahrten mitgeführt werden, sind sicherzustellen, soweit sie in einem Strafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen, der Einziehung unterliegen oder verwendet werden können, um
1. sich zu töten oder zu verletzen,
2. Leben oder Gesundheit anderer zu schädigen,
3. fremde Sachen zu beschädigen oder
4. die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern. In Betracht kommen z. B.:
Messer, Essbestecke, Rasierklingen, Nagelfeilen, Werkzeuge, Gürtel, Hosenträger, Feuerzeuge, Zündhölzer, Stöcke, Schirme, evtl. auch Arzneimittel.
(2)
Bargeld und sonstige Wertsachen, die der Sicherstellung nicht unterliegen, sind auf Wunsch des Verwahrten in amtliche Verwahrung zu nehmen.
(3)
Der Verwahrte ist bei seiner Einlieferung in das Gewahrsam auf die inAbsatz l bezeichneten Gegenstände gründlich zu durchsuchen; dies gilt auch bei der Wiedereinlieferung des Verwahrten nach vorübergehender Abwesenheit vom Gewahrsam. § 163 b Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz StPO bleibt unberührt Die Durchsuchung obliegt den mit der Einlieferung befassten Beamten. Bei der Übergabe eines Verwahrten an einen Beamten einer anderen Dienststelle soll eine erneute Durchsuchung durchgeführt werden, wenn sie nicht offensichtlich unnötig erscheint. Die Durchsuchung soll nicht in Gegenwart Unbeteiligter vorgenommen werden. Mit der Durchsuchung befasste Personen sind durch geeignete Vorsorge gegen tätliche Angriffe zu sichern.
(4)
Frauen dürfen nur von Frauen oder Ärzten durchsucht werden.
(5)
Sichergestellte Gegenstände sind sorgfältig aufzubewahren. Sie sind unter genauer Bezeichnung im Vordruck 2 a einzutragen. Bei Bargeld ist die Höhe des Betrages anzugeben. Die einzuliefernde Person soll die Eintragung bestätigen. Wird die Unterschrift verweigert, ist dies zu vermerken und von dem einliefernden Beamten mitzuzeichnen.

§ 10
Vernehmungen

(1)
Vernehmungen im Gewahrsam dürfen grundsätzlich nur in dafür bestimmten Räumen durchgeführt werden.
(2)
Muss der Verwahrte das Gewahrsam vorübergehend zu Ermittlungs- oder Untersuchungszwecken verlassen, so ist seine Abwesenheit im Vordruck 2 a zu vermerken und vom übernehmenden Beamten zu bescheinigen. Entsprechend ist bei der Wiederaufnahme zu verfahren.

III.
Unterbringung

§ 11
Arten der Unterbringung

(1)
Verwahrte sollen, möglichst einzeln untergebracht werden. Die Einzelunterbringung ist durchzuführen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verwahrte betrunken, gewalttätig, psychisch gestört, psychisch krank, rauschgift- oder alkoholsüchtig ist, andere verwahrte Personen (insbesondere sexuell) belästigt, an einer ansteckenden Krankheit leidet oder wenn Verdunkelungsgefahr besteht. Es ist zu verhindern, dass Personen, die aus strafprozessualen Gründen verwahrt werden, mit anderen Verwahrten in Verbindung treten können, die der Mittäterschaft, Teilnahme, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei bezüglich derselben Tat verdächtig oder bereits abgeurteilt oder als Zeugen beteiligt sind.
(2)
Männer und Frauen sind getrennt, Jugendliche getrennt von Erwachsenen unterzubringen. Bei nahen Familienangehörigen (Ehegatten, Eltern, Kindern und Geschwister) sind Ausnahmen zulässig.
(3)
Ist jemand aufgrund polizeirechtlicher Vorschriften in Verwahrung genommen worden, so soll er ohne seine Einwilligung nicht mit Strafgefangenen in demselben Raum verwahrt werden. Bei der Unterbringung von Untersuchungsgefangenen ist § 119 Abs. l und2 StPO zu beachten.

§ 12
Verpflegung

(1)
Der Verwahrte ist, wenn er nicht nach kurzer Zeit entlassen wird, zu den üblichen Zeiten zu verpflegen. Die Verpflegung besteht aus Frühstück, Mittag- und Abendkost. Art und Umfang der Verpflegung richten sich nach gesondert festgesetzten Verpflegungssätzen. Diätkost soll von Amts wegen nur auf ärztliche Anordnung verabreicht werden.
(2)
Die Verpflegung ist von zuverlässigen Personen oder Betrieben zu beziehen.
(3)
Verwahrte können sich nach Wahl eine Verpflegung auf eigene Kosten beschaffen, soweit der Dienstbetrieb hierdurch nicht beeinträchtigt wird.
(4)
Zusatznahrung und Genussmittel sind nicht durch die Dienststelle zu beschaffen.

§ 13
Tabakgenuss

Dem Verwahrten darf das Rauchen gestattet werden, wenn Gründe der Sicherheit oder Ordnung nicht entgegenstehen.

§ 14
Alkohol- und Rauschmittelgenuss

Der Genuss von Alkohol und Rauschmitteln ist dem Verwahrten nicht erlaubt.

§ 15
Körperpflege
(1)
Dem Verwahrten ist täglich Gelegenheit zu einer einfachen körperlichen Reinigung zu geben. Das Rasieren soll gestattet werden, wenn es unter Aufsicht geschieht und Gründe der Sicherheit nicht entgegenstehen.
(2)
Reinigungsmittel und Handtücher sind bereitzustellen.

§ 16
Arbeiten

Der Verwahrte ist zur Arbeit nicht verpflichtet. Er darf mit seinem Einverständnis zur Säuberung des Gewahrsams herangezogen werden; hierfür wird ein Entgelt nicht gezahlt.

§ 17
Aufenthalt im Freien

(1)
Sofern Gründe der Sicherheit nicht entgegenstehen, kann dem Verwahrten gestattet werden, sich täglich bis zu 30 Minuten unter Aufsicht im Freien aufzuhalten.
(2)
Personen, die voneinander getrennt zu verwahren sind, dürfen sich nicht gleichzeitig im Freien aufhalten.

§ 18
Zuwendungen

(1)
Sachen zum persönlichen Gebrauch oder Verbrauch, die für Verwahrte abgegeben werden, dürfen erst nach Durchsicht und nur dann ausgehändigt werden, wenn es mit dem Zweck der Verwahrung oder der Ordnung im Gewahrsam vereinbar ist. Der Absender oder Empfänger muss mit einer Überprüfung der Zuwendungen einverstanden sein; andernfalls sollen die Gegenstände zurückgewiesen werden.
(2)
Geldbeträge, die für einen Verwahrten abgegeben werden, sind anzunehmen, aufzubewahren und im Vordruck 2 a einzutragen. § 9 Abs. 5 gilt entsprechend. Der Verwahrte ist zu unterrichten.

§ 19
Druckschriften

Verwahrte dürfen handelsübliche Druckschriften beziehen. Dies gilt auch fürPersonen, die aus strafprozessualen Gründen verwahrt werden, sofern nicht eine Gefährdung des Untersuchungszweckes zu befürchten ist. Im Zweifel entscheidet hierüber die sachbearbeitende Dienststelle aufgrund der Vorschriften der Strafprozessordnung und des Polizeigesetzes.

§ 20
Postverkehr

(1)
Postsendungen an Personen, die aus strafprozessualen Gründen verwahrt werden, sind ungeöffnet der sachbearbeitenden Dienststelle zuzuleiten. Die weitere Behandlung richtet sich nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, insbesondere der Strafprozessordnung.
(2)
Briefe, Postkarten und Telegramme an sonstige Verwahrte unterliegen keinen Beschränkungen.
(3)
Für abgehende Sendungen gelten die Absätze l und 2 entsprechend.

§ 21
Besuche
(1)
Der Verwahrte darf Besuch nur mit Einverständnis der sachbearbeitenden Dienststelle empfangen. Als Besucher sollen im allgemeinen nur nahe Familienangehörige (vgl. §11 Abs. 2), Rechtsanwälte und Rechtsbeistände, Geistliche und konsularische Vertreter zugelassen werden.
(2)
Besuche dürfen nurin Gegenwart des Sachbearbeiters oder eines anderen mit dem Sachverhalt vertrauten Beamten stattfinden. Dieser achtet darauf, dass Gegenstand und Inhalt der Unterredung mit dem Zweck der Verwahrung vereinbar sind. Die Unterredung in einer nichtdeutschen Sprache ist nur zulässig, wenn sie der anwesende Beamte versteht oder der Besucher oder der Verwahrte einen zuverlässigen Dolmetscher zur Verfügung stellen oder der Besucher selbst die Gewähr für eine einwandfreie Übersetzung bietet.
Die Besuchsdauer ist im allgemeinen auf 15 Minuten zu beschränken.
(3)
Auf Verlangen hat sich der Besucher auszuweisen. Besuche sind im Vordruck 2 a einzutragen.

§ 22
Verkehr mit dem Verteidiger

(1)
Dem aus strafprozessualen Gründen Verwahrten ist freier schriftlicher und mündlicher Verkehr mit dem Verteidiger gestattet (§ 148 StPO).
(2)
Der Verteidiger muss sich als solcher durch die Vollmacht des Verwahrten oder die Bestellungsanordnung des Gerichts ausweisen. Besuche eines Verteidigers sind im Vordruck 2 a einzutragen.

IV.
Gewahrsam

§ 23
Ausstattung

(1)
Für den Verwahrten sind eine Matratze, ein Kopfkeil, Wolldecken nach Bedarf sowie Bettwäsche bereitzustellen. Von der Ausgabe dieser Gegenstände kann abgesehen werden, wenn der Verwahrte nur tagsüber oder nur für kurze Zeit untergebracht wird und kein besonderes Ruhebedürfnis besteht. Dies gilt auch, wenn betrunkene oder grob unsaubere Personen untergebracht werden.
(2)
Die im Gewahrsamsraum vorhandenen Gegenstände sollen möglichst so beschaffen sein, dass der Verwahrte weder sich selbst noch andere verletzen kann.

§ 24
Temperatur

Gewahrsamsräume sind erforderlichenfalls zu beheizen; die Dauertemperatur soll mindestens 18° Celsius betragen und 22° Celsius nicht übersteigen.

§ 25
Beleuchtung

Der Gewahrsamsraum ist, sofern das Tageslicht nicht ausreicht, zu beleuchten. In der Zeit zwischen 21 und 6 Uhr ist die Beleuchtung regelmäßig abzuschalten oder abzudämpfen. Der Gewahrsamsraum ist dauernd in dem erforderlichen Umfang zu beleuchten, wenn und soweit es aus Sicherheitsgründen notwendig ist.

§ 26
Reinigung, Lüftung

(1)
Der Gewahrsamsraum sowie die Ausstattungs- und Gebrauchsgegenstände sind nach Bedarf zu reinigen. War im Raum eine grob unsaubere oder mit Ungeziefer behaftete Person untergebracht, so muss er einschließlich Ausstattungs- und Gebrauchsgegenständen desinfiziert werden; das gleiche gilt, wenn der Raum mit einer Person belegt war, die eine ansteckende Krankheit hatte.
(2)
Zur Reinigung und Desinfektion sind geeignete Kräfte heranzuziehen.
(3)
Der Gewahrsamsraum ist regelmäßig und ausreichend zu entlüften, auch wenn er nicht belegt ist.

§ 27
Laufende Überprüfung

(1)
Gewahrsamsräume sowie die Ausstattungs- und Gebrauchsgegenstände sind vor und nach jeder Belegung auf Sicherheit und Sauberkeit zu überprüfen.
(2)
Der Leiter der Dienststelle hat sich in angemessenen Abständen vom Zustand des Gewahrsams zu überzeugen. Die Überprüfungen sind auch auf die Außenfront des Gewahrsams auszudehnen und haben sich auf alle Sicherheitseinrichtungen (Türen, Fenster, Gitter, Schlösser, Riegel, Fußböden, Wände, Stromleitungen usw.) zu erstrecken. Mängel sind unverzüglich abzustellen.
(3)
Das Gewahrsam ist mindestens zweimal im Jahr durch einen Arzt überprüfen zu lassen.

§ 28
Inanspruchnahme eines anderen Gewahrsams

(1)
Reichen die Gewahrsamsräume einer Polizeibehörde im Einzelfall nicht aus und ist auch eine entsprechende anderweitige Verwahrung nicht möglich oder nicht zweckmäßig, so kann das Gewahrsam einer anderen Polizeibehörde in Anspruch genommen werden.
(2)
Ist eine Unterbringung nach Absatz l im Einzelfall nicht möglich, kann die zu verwahrende Person ausnahmsweise auch in einem Haftraum einer Justizvollzugsanstalt verwahrt werden, welcher der Polizei vom Leiter der Anstalt zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt worden ist.

V.
Sicherheit und Ordnung im Gewahrsam

§ 29
Verschluss

Gewahrsamsräume, Gitter- und Ausgangstüren sind unter Verschluss zu halten. Die Schlüssel sind bei der Ablösung zu übergeben und sachgerecht zu verwahren.

§ 30
Kontrollen

(1)
Verwahrte sind in angemessenen Zeitabständen, mindestens stündlich, zu kontrollieren.
(2)
Bei Personen, bei denen die Gefahr der Selbsttötung besteht, sind Kontrollen mindestens viertelstündlich durchzuführen. Diese Personen sind gegebenenfalls unter Dauerbeobachtung zu stellen, soweit nicht andere Sicherungsmaßnahmen ausreichen.
(3)
Betrunkene oder sonstige hilflose Personen sind mindestens während der ersten zwei Stunden viertelstündlich zu kontrollieren.
(4)
Die Kontrollen sind mit Uhrzeit und Namenszeichen des kontrollierenden Beamten auf dem Vordruck 2 a oder einem gesonderten Kontrollblatt einzutragen. Das Kontrollblatt ist mit dem Vordruck 2 a aufzubewahren (vgl. § 4 Abs. 2).

§ 31
Eigensicherung

(1)
Das Gewahrsam bzw. der Gewahrsamsraum darf nur aus dienstlichen Gründen und unter Beachtung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen aufgesucht werden.
(2)
Innerhalb des Gewahrsams dürfen grundsätzlich keine Schusswaffen getragen werden. Der Leiter der Dienststelle kann Ausnahmen zulassen.
(3)
Ist das Gewahrsam mit gewalttätigen Personen oder mit Frauen belegt, so muss der Gewahrsamsdienst von mindestens zwei Beamten verrichtet werden.
(4)
Der Gewahrsamsraum soll nur von zwei Beamten betreten werden. Ist der Gewahrsamsraum mit gewalttätigen Personen oder mit Frauen belegt, so dürfen ihn nur mindestens zwei Beamte betreten. Auf die gegenseitige Sicherung ist besonders zu achten.

§ 32
Sicherungsmaßnahmen

(1)
Bei Gewalttätigkeiten, Widerstand, Fluchtversuchen, bei Gefahr der Selbsttötung oder wenn besondere Umstände für eine Gefangenenbefreiung sprechen, sind insbesondere folgende Maßnahmen zulässig:
1. Entzug von Gegenständen, die zur Gewaltanwendung benutzt werden oder eine Flucht erleichtern können,
2. Unterbringung in einem anderen geeigneten Raum,
3. Fesselung.
(2)
Wenn es die Sicherheit oder Ordnung erfordern, können dem Verwahrten auch Gegenstände entzogen werden, die ihm nach dieser Vorschrift im Gewahrsamsraum gewöhnlich zur Verfügung stehen; das gilt nicht für die Lagerstätte bei Nacht.
(3)
Maßnahmen nach Absatz l und 2 sollen grundsätzlich nur von dem aufsichtführenden Beamten angeordnet werden.
(4)
Die angeordneten Maßnahmen dürfen nur solange aufrechterhalten werden, wie dies erforderlich ist.
(5)
Maßnahmen nach Absatz l und 2 sind unter Angabe der Gründe, der Art und der Dauer in Vordruck 2a einzutragen.

§ 33
Sachbeschädigung

Verwahrte, die Räume oder Gegenstände verunreinigen, beschädigen oder zerstören, sind grundsätzlich auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen.

§ 34
Besondere Vorkommnisse

(1)
Besondere Vorkommnisse (z. B. Gewalttätigkeiten, die Anwendung unmittelbaren Zwangs, Flucht- und Selbsttötungsversuche, Unfälle, ernste Erkrankungen) sind dem Leiter der Dienststelle unverzüglich zu melden und im Vordruck 2 a zu vermerken.
(2)
Bei Krankmeldungen oder äußerlich erkennbaren Erkrankungen ist unverzüglich ein Arzt hinzuzuziehen. Liegt der Verdacht einer ansteckenden Krankheit vor, so ist der Erkrankte sofort getrennt unterzubringen. Der Arzt entscheidet über die Notwendigkeit von Gewahrsamserleichterungen, Sonderverpflegung, die Gewahrsamsfähigkeit und eine stationäre Behandlung. Ist bei Personen, die aus strafprozessualen Gründen verwahrt werden, eine stationäre Behandlung erforderlich, so sind sie nach Möglichkeit in das nach der Behandlungsbedürftigkeit in Betracht kommende Krankenhaus bei einer Justizvollzugsanstalt einzuliefern; die Einlieferung bedarf der vorherigen Zustimmung des leitenden Arztes des Anstaltskrankenhauses. Die sachbearbeitende Dienststelle ist zu unterrichten.

§ 35
Todesfälle

(1)
Der Tod eines Verwahrten ist unverzüglich den nahen Angehörigen (vgl. § 11 Abs. 2), einer Person seines Vertrauens oder seinem gesetzlichen Vertreter bekannt zu geben.
(2)
Der Behördenleiter und die sachbearbeitende Dienststelle sind unverzüglich zu unterrichten.
Der Todesfall ist dem Standesamt nach den gesetzlichen Vorschriften anzuzeigen; die Anzeige darf keinen Hinweis auf das Gewahrsam als Sterbeort enthalten.
(3)
Die Todesursache ist durch einen Arzt feststellen zu lassen. In jedem Fall ist auch eine Untersuchung durch die zuständige Dienststelle der Kriminalpolizei zu veranlassen. Auf § 159 StPO wird hingewiesen.
(4)
Über die Aushändigung sichergestellter Gegenstände an die Berechtigten entscheidet die sachbearbeitende Dienststelle. Die Aushändigung von Gegenständen ist im Vordruck 2 a zu vermerken; der Empfang ist bestätigen zu lassen.

VI.
Entlassung

§ 36
Entlassung, Übergabe an eine andere Dienststelle oder Behörde

(1)
Die Entlassung des Verwahrten, seine Übergabe an eine andere Dienststelle oder Behörde sowie die Vorführung vor den Staatsanwalt oder Richter bedürfen einer schriftlichen Anweisung der sachbearbeitenden Dienststelle. In Eilfällen ist eine fernmündliche Anweisung zulässig; die Richtigkeit der Anweisung ist durch Rückruf zu überprüfen.
(2)
Muss ein Verwahrter zur Nachtzeit entlassen werden, so kann ihm - wenn dienstliche Gründe nicht entgegenstehen - gestattet werden, bis zum Morgen im Gewahrsam zu bleiben. Dies ist im Vordruck 2 a zu vermerken und vom Verwahrten zu unterschreiben. Der Verwahrte unterliegt auch in diesem Falle den Bestimmungen der Gewahrsamsordnung.
(3)
Die Entlassung und Übergabe des Verwahrten sind im Vordruck 2 a einzutragen. Die Eintragung ist von dem Beamten zu unterschreiben, der den Verwahrten entlässt oder in Empfang nimmt.

§ 37
Rückgabe sichergestellter Gegenstände

(1)
Entlassenen sind die sichergestellten Gegenstände zurückzugeben, soweit sie nicht weiterhin in amtlicher Verwahrung bleiben (§ 9 Abs. 1). Der Empfang ist im Vordruck 2 a zu bestätigen. Wird die Unterschrift verweigert, so ist dies zu vermerken.
(2)
Werden Verwahrte einer anderen Dienststelle oder Behörde übergeben, so sind die in Absatz l genannten Gegenstände dem abholenden Beamten auszuhändigen. Der abholende Beamte bestätigt den Empfang im Vordruck 2 a.

VII
Schlussbestimmungen

§ 38
Ergänzende Vorschriften

(1)
Die Polizeibehörden erlassen unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse des Gewahrsams (Größe, Lage, Beschaffenheit) ergänzende Vorschriften, um einen sachgemäßen und sicheren Dienstbetrieb zu gewährleisten.
Dies gilt insbesondere für
1. die Alarmierung von Unterstützungskräften,
2. das Verhalten in Gefahrensituationen (z. B. Ausbruch von Feuer),
3. die ärztliche Betreuung,
4. die Verpflegung,
5. das Verfahren zur Reinigung und Desinfektion der Gewahrsamsräume.
(2)
Die Rechte und Pflichten, des Verwahrten sind in einer Hausordnung zusammenfassend darzustellen. Der Verwahrte ist auf die Hausordnung hinzuweisen; ihm ist die Möglichkeit der Kenntnisnahme zu geben.

§ 39
Inkrafttreten

(1)
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1.10.1979 in Kraft.

MBl. NRW. 1979 S. 1684, geändert durch RdErl. v. 11.7.97 (MBl. NRW. 1997 S. 874), 10.3.2000 (=SpellE>MBl. NRW. 2000 S. 296).