Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024


Vollstreckung von Vorführungsbefehlen durch die Polizei RdErl d. Innenministers v. 2.7.1988 - IV A 2 – 2941

 

Vollstreckung von Vorführungsbefehlen durch die Polizei RdErl d. Innenministers v. 2.7.1988 - IV A 2 – 2941

Vollstreckung von Vorführungsbefehlen durch die Polizei
RdErl d. Innenministers v. 2.7.1988 - IV A 2 – 2941

1.
Bei der Vollstreckung von Vorführungsbefehlen gegen Beschuldigte, Betroffene und Zeugen zur Vernehmung (§§51, 134, 135, 161 a, 163a StPO, §§46, 73 OWiG, §380 ZPO) oder zur Hauptverhandlung (§§ 230, 236, 329, 412 StPO, §§ 71,73,74 OWiG) ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stets zu beachten. Die mit der Vollstreckung des Vorführungsbefehls verbundene Freiheitsbeschränkung muss auch bei Beschuldigten in angemessenem Verhältnis zum Verfahrensgegenstand stehen. Erscheint die zur Durchführung erforderliche Zwangsanwendung unverhältnismäßig, so ist mit der zuständigen Justizbehörde Rücksprache zu nehmen.

Bei Zeugen ist zu berücksichtigen, dass sie nur zur Durchsetzung ihrer Zeugnispflicht vorgeführt werden.

Im Bußgeldverfahren bedarf die Verhältnismäßigkeit der Mittel einer besonders sorgfältigen Prüfung.

Es ist darauf Bedacht zu nehmen, dass der Vorzuführende nach Möglichkeit nicht vor Unbeteiligten bloßgestellt wird.

Die Erfordernisse der Eigensicherung sind zu beachten.

2.
Der Vorzuführende ist möglichst zeitnah vor dem jeweiligen Vernehmungstermin festzunehmen. Die pünktliche Zuführung muss jedoch gewährleistet sein. Ist der Termin - vor allem bei der Vorführung zur Hauptverhandlung - im späteren Verlauf des Tages angesetzt, so sind Berufstätige ggf. von der Arbeitsstelle aus vorzuführen, wenn diese der Polizei bekannt ist oder ohne umständliche Ermittlungen festgestellt werden kann und keine wesentlich weiteren Wege zurückgelegt werden müssen.

3.
Der Vorzuführende ist - nach genereller Vereinbarung oder nach Absprache im Einzelfall - baldmöglichst der Behörde zu übergeben, bei der die Vernehmung durchgeführt wird. Die Vorführung zum Termin ist Sache dieser Behörde.

4.
Die vorstehenden Grundsätze gelten in anderen Fällen der Vorführung oder Verhaftung (z.B. zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe gemäß § 457 Abs. l StPO) - auch im Rahmen der Amtshilfe - sinngemäß.

5.
Zeugen sind nicht im Polizeigewahrsam unterzubringen; sie sind nicht im Gefangenentransportwagen oder durch Sammeltransport zu befördern. Dies gilt auch für vorzuführende Personen, die nur einer Ordnungswidrigkeit beschuldigt werden.

Zeugen und Personen, die nur einer Ordnungswidrigkeit beschuldigt werden, können jedoch im Polizeigewahrsam untergebracht werden, wenn ihre nächtliche Unterbringung erforderlich ist und am Vernehmungsort sowie in dessen Nähe keine anderweitige Unterbringungsmöglichkeit besteht.
6.
Der RdErl. ergeht im Einvernehmen mit dem Justizminister. Dieser wird die Gerichte und Staatsanwaltschaften bitten, Vorführungstermine vormittags möglichst früh anzusetzen, um den Aufwand für die Polizei und die zwangsläufig mit der Festnahme verbundenen Beeinträchtigungen für den Vorzuführenden möglichst gering zu halten.


MBl. NRW. 1986 S. 1195, geändert durch RdErl. v. 31.10.1991 (MBl. NRW. 1991 S. 1490).