Geltende Erlasse (SMBl. NRW.) mit Stand vom 30.8.2024
Wahllichtbildvorlage im Strafverfahren RdErl. d. Innenministeriums v. 12.3.2006 - 42 - 62.09.08 (6407) -
Wahllichtbildvorlage im Strafverfahren RdErl. d. Innenministeriums v. 12.3.2006 - 42 - 62.09.08 (6407) -
Wahllichtbildvorlage
im Strafverfahren
RdErl. d. Innenministeriums v. 12.3.2006
- 42 - 62.09.08 (6407) -
1
Vorbemerkung
1.1
Wahllichtbildvorlagen dienen der Identifizierung von namentlich bekannten Personen
als Tatverdächtige durch Zeuginnen und Zeugen in strafrechtlichen
Ermittlungsverfahren. Sie haben einen hohen Beweiswert.
1.2
Die beweiskräftige Verwertung der Ergebnisse von Wahllichtbildvorlagen setzt
insbesondere voraus, dass den Zeuginnen und Zeugen eine unbeeinflusste
Entscheidung zwischen mehreren Alternativen darüber möglich war, ob die oder
der Tatverdächtige auf den vorgelegten Lichtbildern abgebildet war.
1.3
Bei simultanen Wahllichtbildvorlagen werden die Vergleichsbilder gleichzeitig
vorgelegt; die Zeuginnen und Zeugen entscheiden sich unter gleichzeitiger
Wahrnehmung aller vorgelegten Bilder.
1.4
Bei sequenziellen Wahllichtbildvorlagen werden die Vergleichsbilder
nacheinander einzeln vorgelegt. Die Zeuginnen und
Zeugen entscheiden bei Vorlage jedes einzelnen und vor Präsentation des
nächsten Lichtbildes unmittelbar, ob dies die von ihnen zu identifizierende
Person abbildet. Die Wahllichtbildvorlage ist auch im Falle der
Identifizierung einer Person weiter durchzuführen und erst zu beenden, wenn den
Zeuginnen und Zeugen alle, jedoch mindestens acht, Lichtbilder vorgezeigt
wurden.
2
Datenschutz
2.1
In polizeilichen personenbezogenen Sammlungen vorhandene digitale Lichtbilder
sind zur Erstellung von Vergleichsbildern so zu verfremden, dass die
ursprünglich abgebildete Person auf dem Vergleichsbild zweifelsfrei nicht mehr
zu erkennen ist.
2.2
Bei der Nutzung von DV-Anwendungen zur Bildbearbeitung hat zum Schutz der
Persönlichkeitsrechte jegliche Dokumentation zu unterbleiben, welche Lichtbilder
zur Erstellung des Vergleichsbildes genutzt wurden.
2.3
Sollten im Ausnahmefall Vergleichsbilder real existierende Personen abbilden,
so dürfen solche Lichtbilder nur verwendet werden, wenn die darauf abgebildeten
Personen dieser Verwendung der Bilder ausdrücklich zugestimmt haben. Die
Zustimmung ist für jedes Ermittlungsverfahren schriftlich zu dokumentieren.
2.4
Sofern lizenzrechtliche Bestimmungen dem nicht entgegenstehen, dürfen als
Vergleichsbilder bzw. zu ihrer Herstellung auch solche Bilder bzw. Teile davon
genutzt werden, die in so genannten Personenbibliotheken gewerblicher
DV-Anwendungen frei verfügbar sind.
2.5
Vergleichsbilder dürfen in einer speziellen Datenbank recherchierfähig nach
bestimmten Suchkriterien gespeichert werden (Datenpool). Da allein fiktive
Personen abgebildet werden, sind dazu keine datenschutzrechtlichen Regelungen
erforderlich. Vergleichsbilder gemäß Nr. 2.3 werden im Datenpool nicht
gespeichert.
2.6
Das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW gewährleistet die technische
Verfügbarkeit dieser Datenbank.
2.7
Das Landeskriminalamt NRW definiert unter Einbeziehung der Erfahrungen von
Polizeibehörden die fachlichen Standards von Vergleichsbildern. Ihm obliegt die
Qualitätskontrolle für die im Datenpool gespeicherten Vergleichsbilder. Es kann
die hierzu erforderlichen Regelungen treffen.
3
Bildbearbeitung
3.1
Für die Bildbearbeitung zum Zwecke der Wahllichtbildvorlage sind ausschließlich
die für diese Zwecke mit dem IT-Standard der Polizei des Landes NRW definierten
DV-Anwendungen zu nutzen.
3.2
Die Erstellung von Vergleichsbildern ist allein durch hierfür speziell
fortgebildete Bedienstete der Polizeibehörden zulässig. Im Interesse der
Anwendungssicherheit sollte diese Aufgabe insbesondere Bediensteten des
Erkennungsdienstes vorbehalten sein.
3.3
Für Wahllichtbildvorlagen sind grundsätzlich Frontalaufnahmen zu verwenden.
Soweit nicht im Ausnahmefall unvermeidlich, ist die Erstellung von
Vergleichsbildern mit anderen Aufnahmewinkeln auf Grund der dabei besonderen
Anforderungen an die Bildbearbeitung zu vermeiden.
4
Vorbereiten und Durchführen von Wahllichtbildvorlagen
4.1
Die Art der Wahllichtbildvorlage bemisst sich nach den Anforderungen des
Einzelfalls. Vorrangig sollte eine sequenzielle Wahllichtbildvorlage erfolgen.
4.2
Soll durch die Wahllichtbildvorlage geklärt werden, ob eine namentlich bekannte
Person tatverdächtig oder tatbeteiligt ist, so ist den Zeuginnen und Zeugen ein
Lichtbild dieser Person sowie von sieben weiteren Personen gleichen
Geschlechts, ähnlichen Alters und ähnlicher Erscheinung vorzulegen. Dies hat so
zu erfolgen, dass die Zeuginnen und Zeugen dabei nicht bereits aus der Art und
Weise der Vorlage Hinweise ableiten können, gegen welche der abgebildeten
Personen sich der Tatverdacht richtet. Die freie Auswahlentscheidung von
Zeuginnen und Zeugen darf auch nicht durch äußerliche Abweichungen des
Lichtbildes der bzw. des Tatverdächtigen von den Vergleichslichtbildern
beeinflusst sein. Alle vorgelegten Bilder müssen im Hinblick auf Gestaltung,
Format, Schärfe und Farbe sowie andere Merkmale möglichst gleichartig sein.
Hierzu sind ggf. auch Form und Layout des Lichtbildes der bzw. des
Tatverdächtigen den entsprechenden Merkmalen der Vergleichsbilder anzupassen,
ohne jedoch das Aussehen der abgebildeten Person zu verändern.
4.3
Die Einzelheiten der Lichtbildvorlage sind aktenkundig zu machen. Ein
Farbausdruck der vorgelegten Bilder ist zur Ermittlungsakte zu nehmen. Hat eine
Zeugin oder ein Zeuge die Tatverdächtige bzw. den Tatverdächtigen im
Tatzusammenhang kurz wahrgenommen, sind die objektiven Kriterien aktenkundig zu
machen, mit denen die Zeugin oder der Zeuge das Wiedererkennen begründet.
4.4
Die Wahllichtbildvorlage findet grundsätzlich am Computermonitor mittels
bereits vorbereiteter oder im Datenpool (vgl. z. Nr. 2.5) gespeicherter
Vergleichsbilder statt. Sie kann auch durch Polizeivollzugsbeamtinnen und
Polizeivollzugsbeamte erfolgen, die zum lesenden Zugriff auf diese Anwendung
berechtigt sind.
5
Fortbildung
Das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW gewährleistet ein fachspezifisches Fortbildungsangebot.
MBl. NRW. 2006 S. 283