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Satzung der Ethik-Kommission der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster vom 24. September 2005

 

Satzung der Ethik-Kommission der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster vom 24. September 2005

Satzung der Ethik-Kommission der Ärztekammer
Westfalen-Lippe und der Medizinischen Fakultät der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
vom 24. September 2005

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Westfalen-Lippe hat in ihrer Sitzung am 24. September 2005 aufgrund § 7 Heilberufsgesetz Nordrhein-Westfalen vom 9. Mai 2000 (GV. NRW. S. 403 ff.), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. März 2005 (GV. NRW. S. 148 ff.), die Satzung der Ethik-Kommission vom 22. Mai 1996, zuletzt geändert am 25. November 2000, in folgender Neufassung beschlossen:

§ 1
Errichtung, Zuständigkeit und Aufgaben

(1) Bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe ist eine Ethik-Kommission als unabhängige Einrichtung eingerichtet. Die Westfälische Wilhelms-Universität Münster und die Universität Bielefeld (Medizinische Fakultät OWL) sind nach Maßgabe dieser Satzung beteiligt. Die Kommission führt die Bezeichnung: „Ethik-Kommission Westfalen-Lippe. Sie hat ihren Sitz in Münster unter der Anschrift der Ärztekammer Westfalen-Lippe.

(2) Die Ethik-Kommission hat die Aufgabe, auf Antrag medizinische Forschung am Menschen und epidemiologische Forschung mit personenbezogenen Daten ethisch und rechtlich zu beurteilen und in diesem Rahmen Kammerangehörige sowie Mitglieder der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Universität Bielefeld (Medizinische Fakultät OWL) in berufsethischen und berufsrechtlichen Fragestellungen zu beraten. Sie nimmt auf der Basis des Heilberufsgesetzes Nordrhein-Westfalen ferner die einer Ethik-Kommission von Rechts wegen zugewiesenen Aufgaben wahr, insbesondere die nach dem Arzneimittelgesetz, dem Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz, dem Transfusionsgesetz, dem Strahlenschutzgesetz sowie der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Die Kommission legt ihrer Arbeit die gesetzlichen Bestimmungen und berufsrechtlichen Regelungen sowie die Deklarationen des Weltärztebundes von Helsinki in der jeweils geltenden Fassung und die Richtlinien zur Guten Klinischen Praxis der Internationalen Harmonisierungskonferenz (ICH-GCP) zugrunde. Sie nimmt ihre Bewertung nach anerkannten aktuellen wissenschaftlichen Verfahren und Kriterien sowie gemäß maßgeblichen internationalen ethischen Normen und Standards vor.

(3) Die an den medizinischen Fachbereichen der Ruhr-Universität Bochum und der Privatuniversität Witten-Herdecke errichteten Ethik-Kommissionen treten für den jeweiligen Hochschulbereich an die Stelle der Ethik-Kommission Westfalen-Lippe.

(4) Die Ethik-Kommission ist zuständig für alle von Kammerangehörigen durchgeführten medizinischen Forschungsvorhaben am Menschen. In klinischen Prüfungen nach dem Arzneimittelgesetz oder dem Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz richtet sich die Zuständigkeit nach den gesetzlichen Bestimmungen. Die Ethik-Kommission kann in ethischen Fragen der Forschung am Menschen auch Nichtärztinnen und Nichtärzte aus Westfalen-Lippe beraten.

§ 2
Zusammensetzung

(1) Die Mitglieder der Ethik-Kommission werden von der Kammerversammlung der Ärztekammer Westfalen-Lippe auf Vorschlag des Kammervorstandes für die Dauer der Wahlperiode der Organe der Ärztekammer Westfalen-Lippe gewählt und durch den Fachbereichsrat der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sowie die Fakultätskonferenz der Medizinischen Fakultät OWL der Universität Bielefeld bestätigt.

Die Ethik-Kommission entscheidet mit mindestens drei Ärztinnen oder Ärzten mit Erfahrung in der klinischen Medizin, einem Mitglied mit Befähigung zum Richteramt, einem Mitglied mit wissenschaftlicher oder beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Ethik in der Medizin und einem Laien aus dem Bereich der Patientenvertretungen. Darüber hinaus sind zu berufen

a) für die Bewertung von Vorhaben nach dem Arzneimittelgesetz, dem Medizinproduktegesetz oder dem Transfusionsgesetz mindestens eine Apothekerin oder ein Apotheker und

b) für die Bewertung klinischer Prüfungen nach dem Arzneimittelgesetz zudem eine Person mit Erfahrung auf dem Gebiet der Versuchsplanung und Statistik sowie als eines der ärztlichen Mitglieder eine Fachärztin oder ein Facharzt für klinische Pharmakologie oder für Pharmakologie und Toxikologie.

Der Ethik-Kommission gehören weibliche und männliche Mitglieder an und bei der Auswahl der Mitglieder und externen Sachverständigen werden Frauen und Männer mit dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe gleichermaßen berücksichtigt.

(3) Die Ethik-Kommission wählt aus ihrer Mitte mit Mehrheit ein ärztliches Mitglied zum/zur Vorsitzenden und mehrere ärztliche oder nichtärztliche Mitglieder als stellvertretende Vorsitzende. Es wird eine angemessene Vertretung der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Universität Bielefeld (Medizinische Fakultät OWL) angestrebt. Der beziehungsweise dem Vorsitzenden obliegen Vorbereitung und Leitung der Sitzungen. Die beziehungsweise der Vorsitzende repräsentiert die Ethik-Kommission nach außen und innen.

(4) Mitglieder der Ethik-Kommission können aus wichtigem Grund vom Kammervorstand abberufen werden. Das Mitglied ist vorher anzuhören. In einem Verfahren der Ethik-Kommission getroffene Entscheidungen können keinen Grund für die Abberufung eines Mitgliedes der Kommission darstellen.

§ 3
Anforderungen an die Sachkunde,
die Unabhängigkeit und die Pflichten der Mitglieder

(1) Die Mitglieder müssen über die erforderliche Fachkompetenz verfügen und sich für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben regelmäßig fortbilden.

(2) Sie sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig, an Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen verantwortlich. Sie sind zur Vertraulichkeit und Verschwiegenheit verpflichtet. Sie sind ehrenamtlich tätig.

(3) Mitglieder haben unverzüglich anzuzeigen, wenn Umstände vorliegen, in denen sie kraft Gesetzes von der Mitwirkung ausgeschlossen sind oder die geeignet sind, Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Der Ausschluss richtet sich nach den §§ 20, 21 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Landes Nordrhein-Westfalen in der jeweils geltenden Fassung. Die Geschäftsordnung kann Näheres zu Ausschlussgründen und zum Verfahren regeln.

(4) Jährliche Erklärungen nach Artikel 9 Absatz 1 Satz 3 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 vom 16. April 2014 (ABl. L 158 S. 1, ber. ABl. 2016 L 311 S. 25) sind bis zum Ende des ersten Kalendervierteljahres, antragsbezogene Erklärungen nach § 41a Absatz 3 Nummer 7 Arzneimittelgesetz bis zum Beginn der Beratung über den Antrag gegenüber der Geschäftsstelle der Ethik-Kommission abzugeben.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten für externe Sachverständige entsprechend.

§ 4
Antrag

(1) Die Ethik-Kommission wird auf Antrag tätig. Antrag und erforderliche Unterlagen sind als elektronische Dokumente einzureichen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(2) Antragsberechtigt sind

a)  für eine Beratung von Ärztinnen und Ärzten in berufsethischen und berufsrechtlichen Fragen vor der Durchführung biomedizinischer Forschung am Menschen (Berufsordnung) die durchführende kammerangehörige Ärztin bzw. der durchführende kammerangehörige Arzt,

b)  für einen Antrag auf zustimmende Bewertung einer klinischen Prüfung nach dem Arzneimittelgesetz oder dem Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz der Sponsor,

c)  für einen Antrag auf zustimmendes Votum zu einer Spenderimmunisierung nach dem Transfusionsgesetz die das Immunisierungsprogramm leitende Ärztin bzw. der leitende Arzt,

d)  für einen Antrag auf Stellungnahme zur Anwendung ionisierender Strahlung oder radioaktiver Stoffe zum Zwecke der medizinischen Forschung nach dem Strahlenschutzgesetz die Leiterin bzw. der Leiter der Studie,

e)  in den Fällen des § 1 Abs. 4 Satz 3 die jeweilige Leiterin bzw. der jeweilige Leiter des Forschungsvorhabens.

Antragstellerinnen und Antragsteller können sich vertreten lassen, die ordnungsgemäße Bevollmächtigung ist auf Verlangen nachzuweisen.

(3) Anträge können, soweit gesetzlich zulässig, geändert oder zurückgenommen werden. Gesetzliche Vorgaben bleiben unberührt.

(4) Das Nähere kann eine Geschäftsordnung der Ethik-Kommission regeln.

§ 5
Verfahren und Entscheidung

(1) Die Ethik-Kommission trifft ihre Entscheidungen in der Regel nach mündlicher Erörterung. Soweit gesetzlich zulässig, können Anträge, die nach Meinung des/der Vorsitzenden keine besonderen Schwierigkeiten medizinischer, ethischer oder rechtlicher Art aufweisen, im schriftlichen Verfahren behandelt werden, sofern nicht ein Mitglied der Kommission eine mündliche Erörterung verlangt. Soweit gesetzlich zulässig, kann die Kommission durch Mehrheitsbeschluss die Entscheidung über im Einzelnen zu bestimmende Fragen, die keine besonderen Schwierigkeiten medizinischer, ethischer oder rechtlicher Art aufweisen dürfen, auf einen Ausschuss übertragen. Auf Antrag eines Kommissionsmitglieds ist auch in diesen Fällen eine Entscheidung der Kommission herbeizuführen.

(2) Der/die Vorsitzende oder im Verhinderungsfall der/die stellvertretende Vorsitzende lädt zu den Kommissionssitzungen ein, so oft es die Geschäftslage unter Berücksichtigung einzuhaltender Fristen erfordert.

(3) Die Kommission kann von den Antragstellerinnen bzw. Antragstellern ergänzende Unterlagen, Angaben oder Begründungen sowie eine persönliche Erläuterung des Antrags durch die Antragstellerin/den Antragsteller oder die wissenschaftliche Leiterin/den wissenschaftlichen Leiter des Forschungsvorhabens in der Sitzung verlangen. Die Kommission kann externe Sachverständige beratend hinzuziehen.

(4) Die Sitzungen der Ethik-Kommission sind nicht öffentlich. Über jede Sitzung ist eine Niederschrift mit den wesentlichen Ergebnissen anzufertigen.

(5) Die Kommission entscheidet bei mündlicher Erörterung mit einfacher Mehrheit der Anwesenden. Für das schriftliche Verfahren gilt Satz 1 entsprechend. Stimmenthaltung gilt als Ablehnung. Bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt.

Unter Beachtung von § 2 Absatz 2 kann die Kommission ihre Aufgaben in Spruchkörpern wahrnehmen. Das Nähere regelt eine Geschäftsordnung mit der Maßgabe, dass die Kommission mit Mehrheit über die Einrichtung von Spruchkörpern und zudem über deren personelle Zusammensetzung entscheidet. Im Übrigen richtet sich das Verfahren der Kommission nach den für den jeweiligen Antrag geltenden gesetzlichen Bestimmungen. Das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen findet Anwendung.

(6) Die Entscheidung der Kommission wird der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller schriftlich oder in anderer gesetzlich zulässiger Form bekannt gegeben. Sie kann darüber hinaus weiteren Beteiligten und den zuständigen Behörden mitgeteilt werden. Entscheidungen in Verfahren nach dem Arzneimittelgesetz und dem Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz sowie alle Entscheidungen, die nicht lediglich dem gestellten Antrag entsprechen, sind zu begründen. Der Antragsteller bzw. die Antragstellerin hat die Entscheidung allen teilnehmenden Prüfern mitzuteilen. Die Entscheidung der Kommission kann mit weiteren Hinweisen, Ratschlägen oder Empfehlungen versehen werden.

(7) Bei Anzeige von schwerwiegenden oder unerwarteten, unerwünschten Ereignissen, die während des Forschungsvorhabens auftreten und die die Sicherheit der Teilnehmer oder die Durchführung des Forschungsvorhabens beeinträchtigen könnten, prüft die Kommission die Wiederaufnahme des Verfahrens. Wird das Verfahren wieder aufgenommen, prüft die Kommission, ob sie ihr früheres Votum aufrechterhält.

§ 6
Sonderbestimmungen bei Vorliegen von
Entscheidungen anderer Ethik-Kommissionen

Die Ethik-Kommission erkennt eine vorliegende Beurteilung von Forschungsvorhaben durch eine andere Ethik-Kommission an, wenn die gesetzlichen Bestimmungen zur Zuständigkeit und Einrichtung der votierenden Kommission beachtet wurden. Wenn Ärztinnen oder Ärzte im Zuständigkeitsbereich der Ärztekammer Westfalen-Lippe an einem Forschungsvorhaben teilnehmen wollen, das bereits von einer anderen Ethik-Kommission positiv bewertet wurde, beschränkt sich die Ethik-Kommission auf die berufsrechtliche und berufsethische Beratung der Ärztin bzw. des Arztes sowie ihr sonst zugewiesene Aufgaben. Die Antragstellerin bzw. der Antragsteller hat mit seinem Antrag das Votum der anderen Ethik-Kommission vorzulegen.

§ 7 Geschäftsführung

Die Ärztekammer Westfalen-Lippe führt die Geschäfte im Einvernehmen mit der oder dem Vorsitzenden und stellt die dafür notwendigen personellen und sachlichen Mittel zur Verfügung. Soweit kein Einvernehmen erzielt werden kann, entscheidet eine von der Ärztekammer Westfalen-Lippe, der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Universität Bielefeld (Medizinische Fakultät OWL) paritätisch besetzte Schiedskommission. Die Personalverantwortung liegt bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe.

§ 8
In-Kraft-Treten

Diese Satzung tritt am Tage nach der Veröffentlichung im Ministerialblatt *) für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft.

§ 8 Kosten und Entschädigungen

(1) Die Beratung durch die Ethik-Kommission ist gebührenpflichtig. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, erhebt die Ärztekammer Westfalen-Lippe dafür Verwaltungsgebühren nach Maßgabe ihrer Verwaltungsgebührenordnung vom 28. März 1981 (MBl. NRW. S. 1211), in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Die Mitglieder der Ethik-Kommission erhalten Sitzungsgeld nach der Spesenordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe (n.v.) in der jeweils geltenden Fassung.

(3) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, haben nach § 5 Absatz 3 Satz 2 hinzugezogene Sachverständige Anspruch auf Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776), das zuletzt durch Artikel 17 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist. Die Kosten hierfür hat der Antragsteller zu tragen.

Münster, den 26. September 2005

Prof. Dr. med. Ingo   F l e n k e r
Präsident

Genehmigt:

Düsseldorf, den 15. November 2005

Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales
des Landes Nordrhein-Westfalen
- Az.: III 7 0810.11.2 -

Im Auftrag

G o d r y

Die Neufassung der Satzung der Ethik-Kommission wird hiermit ausgefertigt und im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen sowie im „Westfälischen Ärzteblatt“ bekannt gemacht.

Münster, den 24. November 2005

Prof. Dr. med. Ingo   F l e n k e r
Präsident

*) MBl. NRW. Nr. 54, ausgegeben am 30.12.2005

MBl. NRW. 2005 S. 1388, geändert am 24. Januar 2015 (MBl. NRW. 2015 S. 160), 25. November 2017 (MBl. NRW. 2021 S. 1038), 19. Juni 2021 (MBl. NRW. 2022 S. 701).