Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024


Kinder- und Jugendförderplan des Landes Nordrhein-Westfalen 2023-2027

 

Kinder- und Jugendförderplan des Landes Nordrhein-Westfalen 2023-2027

Kinder- und Jugendförderplan
des Landes Nordrhein-Westfalen
2023-2027

Bekanntmachung
des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie
Gleichstellung, Flucht und Integration

Vom 12. Juli 2023

1
Vorwort

Die jungen Menschen in NRW leben in bewegten und krisenhaften Zeiten. Die weltweite Corona-Pandemie, der Klimawandel, der Angriffskrieg in der Ukraine, die weltweiten Migrations- und Fluchtbewegungen, dies sind die großen, globalen Einflussgrößen auf die Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen. Hinzu kommen die Herausforderungen, die junge Menschen bei ihrer Entwicklung ohnehin zu meistern haben. Die Autorinnen und Autoren des 15. Kinder- und Jugendberichtes des Bundes haben diese Anforderungen mit den Begriffen „Verselbstständigung“, „Selbstpositionierung“ und „Qualifizierung“ konzentriert beschrieben und konzeptionell zusammengefasst.

Der Kinder- und Jugendförderplan des Landes NRW für die 18. Legislaturperiode (Kinder und Jugendliche bestimmen mit – Jungen Menschen mehr Perspektiven geben) greift diese großen globalen und regionalen Entwicklungen unserer Zeit auf und macht die Herausforderungen, die an junge Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung gestellt werden, zum Ausgangspunkt dieses Landesförderinstruments.

Gemeinsam mit dem Engagement der Kommunen bei der Förderung von Einrichtungen und Angeboten der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (kurz: Jugendförderung) kann es gelingen, jungen Menschen die Unterstützung zu geben, die sie heute benötigen, um sich mit den für sie wichtigen gesellschaftlichen und individuellen Fragen auseinanderzusetzen und sich dabei als Persönlichkeiten weiterzuentwickeln.

2
Grundlagen der Förderung

2.1
Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß § 82 des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder und Jugendhilfe – in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022) in der jeweils geltenden Fassung, hat die oberste Landesjugendbehörde die Aufgabe, die Tätigkeit der Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe und die Weiterentwicklung der Jugendhilfe anzuregen und zu fördern. Eine Konkretisierung dieser Aufgabe für den Bereich der Jugendförderung wurde im Kinder- und Jugendförderungsgesetz des Landes vorgenommen (vergleiche insbesondere §§ 16, 17, 18 und 19 des Dritten Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes; Gesetz zur Förderung der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes – Kinder- und Jugendförderungsgesetz – vom 12. Oktober 2004 (GV. NRW. S. 572) in der jeweils geltenden Fassung, im Folgenden 3. AG-KJHG – KJFöG.

Darüber hinaus wurde in § 11 Absatz 3 des Landeskinderschutzgesetzes NRW vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 509) geregelt, dass Träger, die Mittel aus dem Kinder- und Jugendförderplan des Landes erhalten, auf die Entwicklung, Anwendung und Überprüfung von Kinderschutzkonzepten hinzuwirken haben. Dies soll nach § 11 Absatz 6 des Landeskinderschutzgesetzes NRW seitens der Träger in Form von Qualifizierungsangeboten und fachlicher Beratung erfolgen.

2.2
Aufgaben des Landes:

Nach § 9 des 3. AG-KJHG – KJFöG erstellt das für Jugend zuständige Ministerium für jede Legislaturperiode einen Kinder- und Jugendförderplan. Mit dessen Umsetzung leistet das Land seinen Beitrag zur Ausgestaltung der Jugendförderung, indem es zum einen landesweite Träger und Zusammenschlüsse fördert und zum anderen die örtlichen öffentlichen Träger bei der Durchführung ihrer Aufgaben über eine zusätzliche Förderung der örtlichen Infrastruktur unterstützt. Darüber hinaus nimmt das Land seine Anregungsfunktion zur Weiterentwicklung der Handlungsfelder, die im Kinder- und Jugendförderungsgesetz beschrieben werden, wahr, indem es entsprechend der Schwerpunktsetzungen des Kinder- und Jugendförderplans auf Landesebene wie auch vor Ort Projekte fördert.

2.3
Aufgaben des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe:

Die Grundsätze der Förderung über den Kinder- und Jugendförderplan ergeben sich aus dem 3. AG-KJHG – KJFöG. Es verpflichtet die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Förderplanung (§ 15 Absatz 4 in Verbindung mit § 8 des 3. AG-KJHG – KJFöG) und zur Finanzierung (§ 15 Absatz 1 des 3. AG-KJHG – KJFöG). Dies beinhaltet die Erstellung eines kommunalen Kinder- und Jugendförderplans, der jeweils für die Dauer einer Wahlperiode festzuschreiben ist und an dessen Erstellung unter anderem junge Menschen zu beteiligen sind. Die örtlichen öffentlichen Träger sind auch verpflichtet, im Verhältnis zu den ihnen zur Verfügung gestellten Landesmitteln eine angemessene Förderung zu erbringen (§ 16 Absatz 3 des 3. AG-KJHG – KJFöG). Die Höhe der eingesetzten kommunalen Mittel ist der Obersten Landesjugendbehörde zu berichten.

2.4
Zielgruppe und Grundsätze der Förderung über den Kinder- und Jugendförderplan:

Angebote der Jugendförderung können aus Landesmitteln gefördert werden, wenn diese als Zielgruppe junge Menschen zwischen dem sechsten und dem 21. Lebensjahr haben. Darüber hinaus sollen bei besonderen Maßnahmen auch junge Menschen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres einbezogen werden (§ 3 Absatz 1 des 3. AG-KJHG – KJFöG). Die Angebote können auch ältere Menschen als Zielgruppe haben, soweit es sich um intergenerative Angebote handelt und die Förderung junger Menschen im Zentrum steht. Angebote können auch Eltern junger Menschen adressieren, sofern diese eine unmittelbare positive Wirkung auf junge Menschen erwarten lassen.

Die Angebote sollen so konzipiert und ausgestaltet werden, dass sie die jeweiligen besonderen Bedürfnisse der jungen Menschen berücksichtigen, an die sie sich richten. Dies beinhaltet die sensible Ausgestaltung im Hinblick auf soziale Benachteiligungslagen, Behinderungen oder anderweitige Beeinträchtigungen, die Berücksichtigung von Einwanderungsgeschichte, sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten sowie schließlich mögliche Benachteiligungen durch Diskriminierungen, zum Beispiel aufgrund von Behinderungen, Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, Klassismus, Trans-, Inter- und Homofeindlichkeit, wobei intersektionale Aspekte zu beachten sind.

Darüber hinaus sollen die Angebote so konzipiert werden, dass sie die Themen Nachhaltigkeit, Klima, Digitalität und Kinderschutz berücksichtigen.

Die Angebote sollen zugleich darauf hinwirken, dass junge Menschen Vielfalt als eine positiv zu bewertende gesellschaftliche Normalität wahrnehmen können und sie dafür zu sensibilisieren, dass Diskriminierungen jedweder Art den Werten einer offenen und demokratisch verfassten Gesellschaft widersprechen. Dies beinhaltet auch, dass die Angebote zum Abbau beziehungsweise zur Kompensation von Benachteiligungslagen beitragen sollen. Rassismuskritische Ansätze sind dabei anzuwenden.

Insoweit sollen die Angebote als Schutz- und Vertrauensräume für Kinder und Jugendliche ausgestaltet werden (safer spaces).

Schließlich sollen junge Menschen bei der Entwicklung und Durchführung von Angeboten möglichst weitgehend beteiligt werden.

2.5
Landesförderung:

Das Land gewährt den Trägern der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe und den anerkannten freien Trägern in Nordrhein-Westfalen auf der Grundlage dieses Kinder- und Jugendförderplans

a) Fachbezogene Pauschalen auf der Grundlage von § 29 des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen in der jeweils geltenden Fassung

b) Zuwendungen auf der Grundlage der §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (GV. NRW. S. 158), einschließlich der Verwaltungsvorschriften zu § 44 Landeshaushaltsordnung vom 6. Juni 2022 (MBl. NRW. S. 445) in der jeweils geltenden Fassung und geltender Richtlinien zum Kinder- und Jugendförderplan.

Träger, die Fachbezogene Pauschalen erhalten, können auch Zuwendungen zu Projekten erhalten, soweit die Projektinhalte nicht bereits Gegenstand der Aufgaben sind, die mit Fachbezogenen Pauschalen unterstützt werden.

Bewilligungsbehörden sind in der Regel die Landesjugendämter bei den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe für die Träger, die ihren Sitz im jeweiligen Zuständigkeitsbereich haben. Abweichende Regelungen können durch die Oberste Landesjugendbehörde getroffen werden. Für die Träger der Offenen Kinder- und Jugendarbeit sind die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe Bewilligungsbehörde, soweit die Oberste Landesjugendbehörde nicht im Einzelfall abweichende Regelungen trifft.

2.6
Wirksamkeitsdialog und Zielvereinbarungen:

Die Förderung landesweiter oder regionaler Einrichtungen und Angebote erfolgt unter der Maßgabe der Bereitschaft der Träger, einen Wirksamkeitsdialog zu führen und Zielvereinbarungen zu schließen. Wirksamkeitsdialog und Zielvereinbarungen sollen durch kritische Reflexion neue Impulse für die Ausrichtung der Arbeit in den Einrichtungen und Angeboten geben sowie flexible Reaktionen auf notwendige Anpassungen ermöglichen. Sie sollen schließlich einen effektiven und wirksamen Einsatz der Fördermittel sicherstellen. Der Abschluss von Zielvereinbarungen und die Durchführung von Wirksamkeitsdialogen obliegen den Landesjugendämtern. Die Oberste Landesjugendbehörde kann abweichende Regelungen treffen.

Die Förderung des örtlichen öffentlichen Trägers der Kinder- und Jugendhilfe im Bereich der Offenen Kinder- und Jugendarbeit erfolgt unter der Maßgabe zur Mitwirkung an der Strukturdatenerhebung zur Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Die Durchführung der Strukturdatenerhebung obliegt den Landesjugendämtern.

3
Förderbereiche: Herausforderungen und Angebote

Auf der Grundlage des 11. Kinder- und Jugendberichts für Nordrhein-Westfalen, der fachlichen Debatten sowie den Maßgaben des Koalitionsvertrags werden nachfolgende Herausforderungen für die Jugendförderung festgehalten, die im Rahmen der geförderten Angebote bearbeitet werden sollen.

3.1
Förderbereich 1: Starke Strukturen für Kinder und Jugendliche

Kinder und Jugendliche stehen vor der Aufgabe, sich Schritt für Schritt zu einer eigenständigen Persönlichkeit zu entwickeln. Dies hat zur Voraussetzung, sich ein neues Verhältnis zum Beispiel zu den Eltern, Verwandten oder pädagogischen Fachkräften zu erarbeiten, sich einen eigenen Blickwinkel auf die Gesellschaft anzueignen und für sich die Voraussetzungen für ein eigenständiges und sozial verantwortliches Leben in der Gesellschaft zu schaffen.

Um diesen Weg möglichst gut gestalten zu können, brauchen Kinder und Jugendliche Orte und Gelegenheiten, an und in denen sie sich diskriminierungs- und risikofrei, ohne Rechtfertigungsdruck, fehlerfreundlich und selbstgestaltet ausprobieren und weiterentwickeln können. Einrichtungen der Jugendförderung sind solche Orte. Sie werden von freien und öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe, deren Fachkräften und gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen entlang ihrer konkreten Bedürfnisse und Bedarfe ausgestaltet. Damit die Träger der Kinder- und Jugendhilfe dies leisten können, benötigen sie einen verlässlichen Handlungsrahmen.

Erstes Ziel dieses Kinder- und Jugendförderplans ist es daher, den Strukturen vor Ort und auf Landesebene über die Landesförderung diese verlässlichen Rahmenbedingungen zu geben. Auch weiterhin wird der deutlich größte Teil der vom Land zur Verfügung gestellten Ressourcen dafür genutzt, diese Strukturen finanziell zu unterstützen. Das bewährte Instrument der dynamischen Anpassung der Förderung an die Kostenentwicklung wird beibehalten. Die jährliche Dynamisierung des Kinder- und Jugendförderplans ermittelt sich zu acht von zehn Teilen aus den Tarifsteigerungen des TV-L (West) und zu zwei von zehn Teilen aus der Verbraucherpreisentwicklung für Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe gemäß dem Verbraucherpreisindex für Deutschland des Statistischen Bundesamtes. Zugrunde gelegt werden die im Jahr der Haushaltsaufstellung jeweils aktuellsten vorliegenden Daten.

Mit der Förderung der Infrastruktur in den Bereichen Jugendverbandsarbeit, Offene Kinder- und Jugendarbeit, Kulturelle Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz leistet das Land seinen Beitrag zum Erhalt dieser Strukturen auf örtlicher und regionaler Ebene. Darüber hinaus wird mit der Förderung von landeszentralen Zusammenschlüssen und Fachstellen der Jugendförderung sichergestellt, dass die genannten Strukturen sich an den fachlichen Diskursen auch auf Landesebene beteiligen können und die notwendigen fachlichen Impulse zur Weiterentwicklung erhalten. Mit der Förderung des Freiwilligen Ökologischen Jahres soll mehr jungen Menschen die Möglichkeit gegeben werden, sich nach ihrer Schulzeit zu orientieren und sich im Rahmen dieses Bildungsjahres zu qualifizieren. Mit der Förderung präventiver Projekte, wie beispielsweise den Fußballfanprojekten, sollen besondere Zielgruppen präventive Angebote erhalten. Über die Förderung des Sonderurlaubs, der Investitionen in Einrichtungen sowie von Forschungspartnerschaften werden wesentliche, die Infrastruktur stabilisierende und impulsgebende Angebote unterstützt.

Mit einer neuen Förderposition stellt das Land den landeszentralen Trägern der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit Mittel für Maßnahmen, Fortbildungen und Fachberatung zur Verfügung. Diese Mittel sollen dazu beitragen, den Kinderschutz in den Angeboten der Jugendförderung zu stärken.

Die Empfänger von auf Dauer angelegten Förderungen der Infrastruktur haben zu gewährleisten, dass die Grundlagen des Kinder- und Jugendförderplans sowie die gesetzlichen Regelungen des 3. AG-KJHG – KJFöG und des Landeskinderschutzgesetzes NRW beachtet und angewandt werden. Insbesondere erwartet das Land von den Trägern, dass diese die Prävention sexualisierter Gewalt in ihren Strukturen vorantreiben. Hierzu sollen Angebote der Qualifizierung und Fachberatung implementiert werden. Weiterhin erwartet das Land von den Trägern Bemühungen zur Weiterentwicklung ihrer Angebote, die Beteiligung an den Wirksamkeitsdialogen und anderen Formaten wie der Strukturdatenerhebung, sowie den gezielten Ausbau der Kinder- und Jugendbeteiligung insbesondere bei der Entwicklung und Durchführung von Angeboten.

3.2
Förderbereich 2: Kinder- und Jugendbeteiligung verstärkt umsetzen

Junge Menschen in Nordrhein-Westfalen wollen die Gesellschaft mitgestalten, in der sie leben. Sie haben ein Recht darauf, an den sie betreffenden Fragen beteiligt zu werden. Um dies realisieren zu können, benötigen sie Angebote und Gelegenheiten. Obwohl vielerorts bereits entsprechende Angebote bestehen, haben nicht zuletzt die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen gezeigt, wie fragil die Mitwirkungsmöglichkeiten junger Menschen an der Gestaltung der Gesellschaft sind und wie häufig gerade ihr Engagement und ihre Ideen nicht in gesellschaftspolitische Maßnahmen einfließen. Daher ist es erforderlich, die Beteiligungsrechte junger Menschen zu stärken und sie gleichzeitig durch entsprechende Beteiligungspflichten der gesellschaftlichen Akteure zu untermauern. Dies ist auch ein Beitrag zu mehr Generationengerechtigkeit.

Beteiligung setzt entsprechende Kompetenzen und Ressourcen voraus. Diese zu entwickeln und junge Menschen dabei zu ermutigen, ihre Interessen wahrzunehmen und zu vertreten, ist eine wesentliche Aufgabe der Kinder- und Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes. Die Träger und ihre Angebote haben die Aufgabe, Gelegenheiten für Beteiligung zu schaffen, junge Menschen zu ermutigen und pädagogisch zu begleiten und zugleich deren kritischen Diskurs zu gesellschaftlichen Fragen und Werten zu fördern.

Dies wird unter anderem in einem partizipativ zu entwickelnden Aktionsplan Jugendbeteiligung zu berücksichtigen sein.

Gefördert werden können Vorhaben, die zur Weiterentwicklung einer einmischenden Jugendpolitik vor Ort und auf Landesebene beitragen. Auf Landesebene sind insbesondere solche Vorhaben förderfähig, die auf eine verstärkte Berücksichtigung der Interessen junger Menschen bei der Ausgestaltung der Landespolitik abzielen. Darüber hinaus können Vorhaben gefördert werden, die auf eine Ausweitung der Beteiligung und Mitbestimmung junger Menschen abzielen. Dies umfasst auch Beteiligungsprozesse zur Ausgestaltung des öffentlichen Raums. Schließlich können Angebote der politischen Jugendbildung sowie Angebote, die darauf abzielen, mit jungen Menschen einen Dialog über Wertorientierungen zu führen, gefördert werden.

Die Vorhaben in diesem Förderbereich können offen konzipiert sein und damit den jungen Menschen ermöglichen, selbst Angebote zu entwickeln beziehungsweise weiterzuentwickeln.

Grundsätzlich sollen Beteiligungsformate jugendgerecht und zielgruppenadäquat ausgestaltet werden.

3.3
Förderbereich 3: Kinder- und Jugendförderung zukunftssicher weiterentwickeln

Die Lebenswelten junger Menschen sind ständigen Veränderungen unterworfen. Gerade in den durch die Corona-Pandemie geprägten Zeiträumen hat sich gezeigt, dass Jugendförderung einen Schub qualifizierter Digitalisierung benötigt, dies allein aber nicht genügt, um die Jugendförderung zu gestalten. Denn junge Menschen brauchen Kontakt zueinander und zu den sie begleitenden pädagogischen Fachkräften.

Darüber hinaus sind die Erwartungen junger Menschen an die Jugendförderung unterschiedlich. Diese sind abhängig von Alter, sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität sowie eventuell bestehender Benachteiligungslagen und Exklusionserfahrungen. Auch der Lebensort junger Menschen spielt eine Rolle. Wachsen diese in Ballungsräumen mit hoher Mobilitätsdichte auf, sind die Erwartungen und Bedarfslagen teilweise andere als bei jungen Menschen, die in ländlichen Räumen heranwachsen.

Die Berücksichtigung dieser unterschiedlichen Facetten bei der Ausgestaltung von Räumen und Angeboten der Kinder- und Jugendförderung ist eine wesentliche Aufgabe der freien und öffentlichen Träger. Sie benötigen hierbei Unterstützung durch das Land. Daher stellt der Kinder- und Jugendförderplan Mittel für die gezielte Weiterentwicklung von Strukturen und Angeboten zur Verfügung und ermöglicht auch praxisbezogene Forschungsprojekte, die dazu beitragen, bereits bestehende Strukturen und Angebote weiterzuentwickeln und zukunftsfest auszugestalten.

Im Bereich der Digitalisierung können Vorhaben gefördert werden, die junge Menschen verstärkt an die sich mit der Digitalisierung ergebenden neuen Herausforderungen heranführen beziehungsweise ihnen helfen, hierfür Lösungen zu finden. Darüber hinaus können Vorhaben der Medienkompetenzbildung gefördert werden. Schließlich sind Vorhaben förderfähig, die sich gezielt mit der digitalen Weiterentwicklung von Angeboten der Jugendförderung befassen. Soweit junge Menschen in die Entwicklung von digitalen Angeboten partizipativ einbezogen werden, sind auch Qualifizierungsangebote für Fachkräfte grundsätzlich förderfähig.

Im Bereich demografischer Wandel, ländlicher Raum und regionale Anforderungen sind Vorhaben förderfähig, die darauf abzielen, unter den sich verändernden Bedingungen passfähige und funktionale Angebote der Jugendförderung zu entwickeln und umzusetzen. Dies schließt interkommunale Kooperationen ein.

Im Bereich der besonderen Maßnahmen und Projekte sind Vorhaben förderfähig, die neue Aspekte in der Kinder- und Jugendhilfe aufgreifen beziehungsweise innovative Lösungsansätze entwickeln und erproben. Im Rahmen dessen sind auch Qualifizierungsangebote für Fachkräfte förderfähig.

Im Bereich Forschung in der Kinder- und Jugendhilfe können Vorhaben zur Evaluation und Begleitung der Entwicklung und Durchführung von Angeboten gefördert werden. Darüber hinaus sind Vorhaben förderfähig, die sich mit neuen Entwicklungen in der Kinder- und Jugendhilfe befassen und die Impulse für die Praxis erwarten lassen.

3.4
Förderbereich 4: Junge Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit sehen und fördern.

Der Begriff Vielfalt beschreibt die wesentliche Entwicklungsrichtung unserer Gesellschaft. Nicht Konformität ist das prägende Ziel, sondern die Anerkennung von Vielfalt, damit sich alle jungen Menschen entsprechend ihren Bedürfnissen und ihrer jeweiligen Identität entfalten und zugleich solidarisch und diskriminierungsfrei aufwachsen können. Unsere Gesellschaft braucht diese Vielfalt, um sich mit vielen kreativen Ideen weiterentwickeln zu können und sie braucht Akzeptanz, gegenseitige Wertschätzung, Verständnis und Solidarität, um als Gemeinwesen funktionieren zu können.

Über die Angebote der Kinder- und Jugendförderung sollen entsprechende Kompetenzen bei jungen Menschen gefördert werden. Um dies zu erreichen ist es erforderlich, ihre jeweiligen individuellen Ausgangsbedingungen, die unterschiedlichen Erfahrungen und Lebenswirklichkeiten zu kennen. Junge Menschen in sozialen Benachteiligungslagen, mit Einwanderungsgeschichte, mit Diskriminierungserfahrungen (einschließlich Rassismuserfahrungen), mit Behinderungen sowie mit unterschiedlicher geschlechtlicher Identitäten und sexueller Orientierungen brauchen Zugänge zu Angeboten der Kinder- und Jugendförderung. Diese sollen ihre subjektiven Erfahrungen und ihre objektiven Rahmenbedingungen berücksichtigen.

Der Kinder- und Jugendförderplan stellt daher Mittel zur Verfügung, die die Träger dabei unterstützen, entsprechend differenzierte und zielgruppenbezogene Angebote umsetzen zu können.

Gefördert werden können Vorhaben, die in Bezug auf junge Menschen mit sozialen Benachteiligungslagen, Einwanderungsgeschichte, Behinderungen und darauf bezogenen Diskriminierungserfahrungen spezifische, aus ihrer Lebenslage resultierende Benachteiligungen mindern oder ausgleichen beziehungsweise der gesellschaftlichen Inklusion dieser jungen Menschen dienen.

Weiterhin können Vorhaben gefördert werden, die die geschlechterreflektierende Orientierung sowie die Gleichberechtigung der Geschlechter in den Angeboten der Jugendförderung weiterentwickeln. Dies schließt die gezielte Förderung von spezifischen Angeboten für Mädchen oder Jungen sowie transidente, nichtbinäre und intergeschlechtliche junge Menschen ein.

Auch sind Vorhaben förderfähig, die sich gezielt an junge Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten richten, um diese jungen Menschen zu fördern beziehungsweise um Angebote der Jugendförderung für diese zu schaffen. Dies umfasst auch Vorhaben, die gezielt darauf ausgerichtet sind, bestehende Angebote der Jugendförderung für die Bedarfe dieser Zielgruppen zu sensibilisieren.

Schließlich sind Vorhaben förderfähig, die über Vielfalt im Kontext des Themas Geschlecht aufklären und für Diversität sensibilisieren. Dies schließt sexualpädagogische und gesundheitsfördernde Ansätze ein.

Insgesamt sind Aspekte der Intersektionalität auch hierbei in besonderer Weise zu berücksichtigen.

3.5
Förderbereich 5: Bildung zielgerichtet ermöglichen

Jungen Menschen ist die Bedeutung einer guten Bildung bewusst. Dies zeigt sich auch in der Jugendförderung. Benachteiligte junge Menschen nehmen die Bildungsangebote der Jugendsozialarbeit an. Junge Menschen sind interessiert an den Angeboten der kulturellen Jugendbildung oder der Bildung für nachhaltige Entwicklung. In der offenen Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit suchen sie nicht nur Gelegenheiten zur Freizeitgestaltung, sondern nehmen auch die Angebote der sozialen Bildung und der Persönlichkeitsbildung wahr. Freude am Lernen, die etwa in einem Theaterprojekt entdeckt wird, kommt nicht selten auch der schulischen Bildung zugute.

Bildung in der Jugendförderung ist ein freiwilliges Angebot. Um für junge Menschen so attraktiv zu sein, dass diese sich darauf einlassen und die Angebote wahrnehmen, müssen diese an die Neigungen und Belange junger Menschen anknüpfen. Internationale Jugendarbeit, kulturelle Jugendarbeit, Jugendfreiwilligendienste und Angebote im Bereich der Bildung für nachhaltige Entwicklung greifen die Interessen junger Menschen auf, geben ihnen Impulse für ihre Weiterentwicklung und ermöglichen selbstbestimmte und selbstorganisierte Bildungsprozesse, auch nonformaler und informeller Natur. Kommunale Bildungslandschaften, denen es gelingt, verschiedene Bildungsangebote miteinander zu verknüpfen, lenken Bildungsinteressen zudem auch auf andere, von jungen Menschen zunächst nicht als attraktiv empfundene Bereiche.

Bildung in der Jugendförderung folgt dem Anspruch, für junge Menschen bedeutsame Themen aufzugreifen und mit weiterführenden Fragen von gesellschaftlicher Relevanz zu verbinden. Daher werden über den Kinder- und Jugendförderplan insbesondere solche Angebote gefördert, die an die Interessen junger Menschen anknüpfen und die von den spezifischen Bedingungen der einzelnen jungen Menschen ausgehend Wege in die Bildung ebnen.

Gefördert werden können Vorhaben kommunaler Bildungslandschaften, soweit diese darauf abzielen, die vorhandenen Bildungsangebote besser aufeinander zu beziehen und entlang der Grundsätze der Jugendförderung weiterzuentwickeln. Darüber hinaus können kooperative Angebote von Jugendförderung und Schule gefördert werden. Besonders förderwürdig sind Angebote, die junge Menschen bei der Entwicklung und Durchführung dieser Angebote beteiligen. Soweit für Angebote andere Förderprogramme oder rechtliche Rahmungen bestehen, ist eine Förderung über den Kinder- und Jugendförderplan nur im Ausnahmefall möglich.

Weiterhin sind Angebote des internationalen Jugendaustauschs förderfähig, soweit diese auf Gegenseitigkeit beruhen. In besonderer Weise förderfähig sind dabei Vorhaben, die sozial oder anderweitig benachteiligte junge Menschen als Adressatinnen und Adressaten haben. Fachkräfteaustauschprogramme sind förderfähig, soweit sie der Anbahnung von internationalem Jugendaustausch dienen. Vorhaben mit einer Orientierung auf europäische oder globale Fragestellungen sind auch jenseits von Jugendaustauschprogrammen förderfähig.

Im Bereich Klima, Ökologie und Bildung für nachhaltige Entwicklung sind Vorhaben förderfähig, die es jungen Menschen ermöglichen, sich Wissen über Nachhaltigkeitsfragen, Klimapolitik und weitere ökologische Themen anzueignen, zu reflektieren und anzuwenden. Dies schließt Vorhaben ein, die das Engagement junger Menschen für Nachhaltigkeitsfragen, Klimapolitik und Ökologiethemen fördern.

Im Bereich der kulturellen Jugendarbeit können Vorhaben gefördert werden, die jungen Menschen eine eigene kulturelle und künstlerische Betätigung ermöglichen und deren Entwicklung begleiten. Auch förderfähig sind Vernetzungen von Trägern der Jugendförderung sowie mit Partnerinnen und Partner aus dem Bereich Kunst und Kultur, soweit diese darauf abzielen, das künstlerisch kulturelle Aktivwerden junger Menschen zu fördern. Schließlich können Vorhaben gefördert werden, mit denen junge Menschen an klassische Kunst- und Kulturformen herangeführt werden.

Im Bereich der Angebote in Jugendfreiwilligendiensten sind Maßnahmen förderfähig, die darauf abzielen, jungen Menschen, die bislang nur schwer Zugang zu diesen Diensten finden, ein passendes Angebot zu unterbreiten. Gleichzeitig soll die Bekanntheit der Jugendfreiwilligendienste in dieser Zielgruppe gesteigert werden.

3.6
Förderbereich 6: Kinder und Jugendliche stärken und schützen

Nicht zuletzt haben die Corona-Pandemie sowie der Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf junge Menschen gezeigt, dass auch bei guter Unterstützung durch die Familien und das nähere soziale Umfeld diese negativen Einflüsse das Wohlergehen junger Menschen beeinträchtigen. Es ist auch eine Aufgabe der Kinder- und Jugendförderung, jungen Menschen in Krisen beizustehen, sie zu stärken und ihnen zu helfen, Wege aus problematischen Situationen zu finden. Spezielle Angebote der Prävention, der Resilienzförderung, der Aufklärung über Gefahren und Risiken sowie Angebote der Gesundheitsförderung unterstützen junge Menschen, stark zu werden.

Zugleich ist es auch eine zentrale Aufgabe der Träger der Kinder- und Jugendhilfe, ihre Angebote und Einrichtungen so zu gestalten, dass sie Schutz- und Vertrauensräume für junge Menschen sind, in denen sie sich geborgen, akzeptiert und gefördert fühlen. Dies umfasst, dass die Angebote und Einrichtungen den Schutz junger Menschen vor Beeinträchtigungen und Gefährdungen des Kindeswohls – insbesondere auch vor sexualisierter Gewalt – sicherstellen.

Gefördert werden können präventive Angebote zu den vielfältigen Risiken des Aufwachsens. Dies umfasst auch die Themen politische und religiöse Radikalisierung, Risiken der Digitalisierung und des Umgangs mit Medien, Gewalt, Drogen-, Alkohol- und Tabakwarenmissbrauch. Insbesondere förderfähig sind Angebote zur Prävention sexualisierter Gewalt.

Darüber hinaus können Maßnahmen gefördert werden, die Träger bei der Entwicklung, Anwendung und Überprüfung von Kinderschutzkonzepten unterstützen.

Schließlich können Projekte gefördert werden, die dazu beitragen, junge Menschen bei der Bewältigung von krisenbedingten Beeinträchtigungen zu unterstützen und ihre Persönlichkeit zu stärken. Dies umfasst auch Angebote der gezielten Gesundheits- und Bewegungsförderung (einschließlich gesunder Ernährung) im Rahmen der Jugendförderung.

4
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Bekanntmachung tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft.

Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten dieser Bekanntmachung tritt die Bekanntmachung „Kinder- und Jugendförderplan des Landes Nordrhein-Westfalen 2018-2022“ vom 8. Mai 2018 (MBl. NRW. S. 357) außer Kraft.

MBl. NRW. 2023 S. 824.