Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 3.5.2024


Empfehlungen zum Bau und zur Ausstattung von Tageseinrichtungen für Kinder RdErl. d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales  v. 9. 6. 1994 - IV A 2 - 6252.01 –

 

Empfehlungen zum Bau und zur Ausstattung von Tageseinrichtungen für Kinder RdErl. d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales  v. 9. 6. 1994 - IV A 2 - 6252.01 –

Empfehlungen zum Bau und zur Ausstattung von
Tageseinrichtungen für Kinder
RdErl. d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales
 v. 9. 6. 1994 - IV A 2 - 6252.01 –

(am 7.7.2005 MGFFI)

Auf Empfehlung des Landtags sind die Richtlinien für Tageseinrichtungen für Kinder vom 30. 6. 1982 durch RdErl. d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales v. 17.3.1994 (MB1. NW. S. 518) aufgehoben worden. Notwendige Anhaltspunkte für die Ausstattung von Kindertageseinrichtungen sollen in Form von Empfehlungen veröffentlicht werden.

Die folgenden Empfehlungen sollen Arbeitshilfen sein und helfen, beim Bau und Umbau von Einrichtungen kindgerechte und wirtschaftliche Lösungen zu finden. Die Einhaltung der Empfehlungen ist nicht Voraussetzung für die Erteilung der Betriebserlaubnis nach § 45 KJHG. Die Empfehlungen sind auch nicht als verbindliche Auslegung des Begriffs Kinderwohls in § 45 Abs. 2 KJHG zu verstehen. Ob die Voraussetzungen einer Betriebserlaubnis gem. § 45 KJHG vorliegen, ist daher in jedem Fall Unabhängig von diesen Empfehlungen zu prüfen. Die Anforderungen an die bauliche Gestaltung und Ausstattung einer Tageseinrichtung für Kinder ergeben sich aus

- den Grundbedürfnissen von Kindern und deren Entwicklungsstand, 

- den §§ 22, 24 und 45 SGB VIII (BGB1. I S. 1163) in der jeweils geltenden Fassung,

- dem gesetzlichen Auftrag von Tageseinrichtungen für Kinder §§ 2 bis 4 GTK - vom 29.

  Oktober 1991 (GV. NW. 6.380 - SGV. NW. 216 -) in der jeweils geltenden Fassung
  und

- der Funktion von Tageseinrichtungen für Familien in ihrem Wohnumfeld.

Der originäre Auftrag zur Erziehung der Kinder wird immer weniger allein von der Familie erfüllt. Aufgrund sich verändernder familiärer Situationen werden Tageseinrichtungen für Kinderzunehmend Lebensorte für Kinder. Sie bieten - als Unterstützung und Ergänzung familiärer Erziehung- - Kindern den notwendigen Erfahrungs-, Entwicklungs- und Lebensraum, weil Kindern heute vielfach „Raum" und Partner für Spielprozesse fehlen (beengte Wohnungen, erhöhtes Verkehrsaufkommen, fehlender Freiraum für Bewegungsspiele).

Die veränderten Lebenssituationen der Familien erfordern qualifizierte institutionelle Betreuung. Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, setzt flexible, den familiären Bedürfnissen entsprechende Öffnungszeiten voraus. Je länger die Verweildauer des einzelnen Kindes in der. Einrichtung ist, desto stärker wird die Tageseinrichtung zu einem zentralen Lebensbereich für Kinder.

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Grundsätze für die Gestaltung von Tageseinrichtungen

Bau und Ausgestaltung der Räume bestimmen entscheidend die Spiel- und Erfahrungsmöglichkeiten der Kinder und das Geschehen in der Gruppe. Je jünger die Kinder sind, desto bedeutsamer sind diese äußeren Faktoren für die Entwicklung der Persönlichkeit Tageseinrichtungen sind Lebensräume, in denen Kinder sich einen großen Teil des Tages aufhalten.

Bei der Gestaltung und Ausstattung der Räume ist zu beachten, dass ausreichende und anregungsreiche Spiel-, Erkundungs-, Bewegungs-, Ruhe- und Rückzugsmöglichkeiten vorhanden sind, um die Grundbedürfnisse von Kindern nach emotionaler Sicherheit und Geborgenheit zu gewährleisten. Kinder fühlen sich dort wohl, wo sie Lebensräume selbst gestalten. Auf dieser Gründ^ läge können sich dann Spielprozesse als altersspezifische Auseinandersetzung mit der Umwelt entwickeln. Vertraute räumliche Bedingungen sind eine Voraussetzung auch für die erforderliche Kontinuität von Spielprozessen, die über mehrere Tage verlaufen können. Vor allem bei Kindern ist der ästhetische Anspruch an die Gestaltung der Räume (Raumgliederung und Gestaltung z. B. Farbgebung) zu berücksichtigen. Daraus ergeben sich auch Anforderungen an die Sicherheit und Hygiene (z. B. Belichtung, Akustik und Raumklima).

Das Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (GTK) weist den Tageseinrichtungen einen eigenständigen Er-ziehungs- und Bildungsauftrag zu. Dieser Auftrag beschränkt sich nicht auf die Förderung einzelner Funktionen und Fertigkeiten, sondern hat die umfassende Förderung der Persönlichkeit zum Ziel. Besonders wichtig ist die Förderung der Selbständigkeit und der Eigenaktivität unter Beachtung der sozialen und emotionalen Bedürfnisse eines jeden einzelnen Kindes.

Das setzt Räumlichkeiten voraus, die nach

- Zahl und Größe,

- Zuschnitt, Qualität und Ausstattung sowie

- Zuordnung zueinander

die erforderliche pädagogische Arbeit

- mit der gesamten Gruppe,

- mit Kleingruppen sowie

- mit einzelnen Kindern

ermöglichen. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass

- die Kinder ihr Leben in der Einrichtung zunehmend - ihrem Alter entsprechend - selbständig gestalten,

- Räume in variable Spielbereiche aufgeteilt werden können und

- auch die Integration behinderter Kinder ermöglicht wird.

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Standort im Wohnbereich

Tageseinrichtungen für Kinder sollten in günstiger und geschützter Lage gebaut werden. Ihr Standort sollte der Aufgabenstellung der jeweiligen Einrichtungsart entsprechen. Wohnbereichsnahe Tageseinrichtungen können die in vielen Wohngebieten dringend erforderliche Funktion einer Begegnungsstätte für Eltern, Familien und Erzieherinnen und Erzieher übernehmen sowie Nachbarschaftshilfe anregen. Wohnbereichsnahe Einrichtungen vermeiden lange Fahrstrecken, sie können in der Gruppenzahl begrenzt sein und bleiben somit für Kinder in diesem Alter überschaubar. Für Familien ist die Tageseinrichtung für Kinder ein Begegnungsort innerhalb des Gemeinwesens. Auf diese Weise wird die Mitverantwortung und Anteilnahme der Eltern für die Einrichtung gestärkt; zugleich werden auch vielfältige Kontakte zu anderen Institutionen möglich.

Neubauten sollten so gestaltet sein, dass sie an veränderte Bedarfslagen flexibel angepasst werden können.

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Größe und bauliche Gestaltung

Die Größe der Einrichtung hat unmittelbare Auswirkungen auf ihre Nutzung. Als vorteilhaft hat sich eine Anzahl von nicht mehr als vier Gruppen herausgestellt. Diese ist insbesondere für die Kleinkinder noch überschaubar, und die Nähe zum Wohngebiet bleibt bei kleineren Einrichtungen auch bei zukünftig sich ändernder Bedarfsstruktur eher erhalten.

Die Sicherheit der Kinder ist bei der Gestaltung des Gebäudes z. B. durch die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften zu beachten. Bei Umbau- und Neubauabsichten sollte rechtzeitig mit den Landesjugendämtern, den Bewilligungsbehörden und den Unfallversicherungsträgern Kontakt aufgenommen werden, um unter den vorgenannten Aspekten die kostengünstigste und einfachste Ausführung auch unter Berücksichtigung von Unfallschutzkriterien zu ermitteln.

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Räume der Tageseinrichtung

Eine Tageseinrichtung muss über eine hinreichende Anzahl von geeigneten Räumen verfügen. Die Räume dürfen für andere Zwecke außerhalb der Öffnungszeiten nur dann genutzt werden, wenn die Nutzung dem Zweck und der Konzeption der Einrichtung nicht zuwiderläuft, den Betrieb der Einrichtung nicht beeinträchtigt und die hygienischen Erfordernisse gewahrt bleiben.

Die erforderliche Fläche ist abhängig von der Zahl der Gruppen und von dem Alter der zu betreuenden Kinder. Als erforderlich hat sich für jede Gruppe eine eigene Spiel-, Bewegungs- und Funktionsfläche erwiesen. Die Räume sollten dabei so angeordnet sein, dass sie sowohl ihrer Funktion als auch der Gemeinschaftsbezogenheit einer Gruppe entsprechen; hierzu hat sich eine Fläche . von ca. 68 m2 je Gruppe als angemessen erwiesen. Ebenso hat sich als praktisch und kostensparend die Zuordnung der Garderobe und der Sanitäreinrichtung zu den Gruppenräumen herausgestellt. Entsprechend der Altersstufe der betreuten Kinder sind Schulaufgaben-, Werkraum und Säuglingsraum notwendig. Die Gesamtfunktion der Tageseinrichtung erfordert weitere Räume wie Büro, Küche, Personalraum und WC, Mehrzweckraum, Abstell- und Putzräume.

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Außenspielbereich

Angesichts des eingeschränkten Spielraumes für Kinder im Freien bleibt es wichtig, Kindern in Tageseinrichtungen eine ausreichende Außenspielfläche anzubieten. Diese muss den unterschiedlichen Aktivitäten der Kinder entsprechen, ihr Bewegungs-, Erkundungs- und Spielbedürfnis befriedigen und ihre Motorik entwickeln und differenzieren helfen. Die Gestaltung ist der Altersstufe entsprechend vorzunehmen. Auf die Außenspielfläche sollte nur verzichtet werden, wenn sie am Gebäude nicht bereitgestellt werden kann. Dann sollte allerdings ein vergleichbarer Ausgleich ermöglicht werden.

MBl. NRW. 1994 S. 726