Geltende Erlasse (SMBl. NRW.) mit Stand vom 11.10.2024
Bekanntmachung der baupolitischen Ziele des Landes Nordrhein-Westfalen RdErl. d. Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport - III. 3 - B 1013 - v. 19.10.2002
Bekanntmachung der baupolitischen Ziele des Landes Nordrhein-Westfalen RdErl. d. Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport - III. 3 - B 1013 - v. 19.10.2002
Bekanntmachung
der baupolitischen Ziele des Landes Nordrhein-Westfalen
RdErl. d. Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport
- III. 3 - B 1013 - v. 19.10.2002
Nach § 2 Abs. 1 des Bau- und Liegenschaftsbetriebsgesetzes
vom 12. Dezember 2000 (GV. NRW. 2000 S. 754) hat der Bau- und
Liegenschaftsbetrieb NRW bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben die baupolitischen
Ziele des Landes zu beachten und kann hierzu Fördermittel des Landes in
Anspruch nehmen. Näheres soll durch Erlass geregelt werden.
I.
Allgemeine Rahmenbedingungen des staatlichen Bauens in Nordrhein-Westfalen
Bund
und Länder haben sich bei ihren Baumaßnahmen an den Grundsätzen der
Wirtschaftlichkeit und an den Interessen des Gemeinwohls zu orientieren. Ihnen
obliegt eine besondere Verantwortung und Vorbildrolle für die gebaute Umwelt.
Staatliche Gebäude sind wichtige Fixpunkte im Bild unserer Städte. Sie sind als
öffentliche Gebäude grundsätzlich der Allgemeinheit zugänglich und werden von
den Bürgerinnen und Bürgern von außen und innen aufmerksam wahrgenommen.
Einzelne baupolitische Ziele des Landes
Die wesentlichen baupolitischen Ziele
des Landes stellen sich im Einzelnen wie folgt dar:
Die
Gebäude des Landes müssen funktional, bedarfs- und nutzungsgerecht errichtet
und unterhalten werden. Sie müssen konstruktiv und technisch einwandfrei sein
und eine hohe Bauqualität aufweisen.
Diese allgemeinen Qualitätserfordernisse sind beim Bauherrn Land von großer
Bedeutung, stellen aber auch große Anforderungen, weil es sich um öffentliche,
allgemein zugängliche Gebäude und um höchst unterschiedliche Nutzungen handelt,
die die Vielfalt staatlicher Aufgaben widerspiegeln. Die Landesgebäude müssen
als allgemein zugängliche öffentliche Häuser auch unter besonderer Beachtung
der notwendigen Sicherheitsstandards errichtet
und betrieben werden und vor allem Schutz vor Feuer, Überfall und Diebstahl
bieten. Die bestehenden Standards etwa zum Brandschutz sind stetig an neue
Erkenntnisse und Vorschriften anzupassen.
Dies gilt sowohl für die konstruktiven Elemente und
die verwendeten Baumaterialien als auch für die Haustechnik und die
technologischen und energetischen Konzepte.
Aus
dem haushaltsrechtlichen Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit folgt die
Verpflichtung des Landes zum wirtschaftlichen und kostengünstigen Bauen.
Wirtschaftliches Bauen darf sich nicht nur auf die Investitionskosten
beschränken, sondern muss auch die Folgekosten,
also die Unterhaltungs- und Betriebskosten, einbeziehen, die wegen der langen
Lebensdauer der Gebäude den Haushalt des Landes und den Wirtschaftsplan des
Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW langfristig ungleich stärker belasten.
Hierbei geht es nicht um billiges Bauen, vielmehr sind quantitative und
qualitative Standards zu wählen, die auf Dauer ein günstiges Verhältnis von
Kosten und Nutzen erwarten lassen. Kostengünstiges Bauen beginnt in der
Vorlaufphase bei der Festlegung der Raumprogramme und Funktionsabläufe; hier werden bereits entscheidende
Weichen für die späteren Investitions- und Folgekosten gestellt. Die
Planungsphase erfordert eine ständige Optimierung auch durch die Entwicklung
von Alternativen, um unter Beachtung der unverzichtbaren Qualitätsmerkmale die
wirtschaftlich günstigste Lösung zu finden. Dem dient es auch, dass die
bauausführenden Firmen bei der Ausschreibung aufgefordert werden,
Änderungsvorschläge und Nebenangebote
einzureichen.
Einsparmöglichkeiten,
verbunden mit Kosten- und Terminsicherheit, können sich in geeigneten Fällen,
vor allem bei großen Neubauvorhaben, durch eine Ausschreibung für
schlüsselfertiges Bauen zum Pauschalfestpreis auf der Grundlage eines
Leistungsprogramms ergeben. Hierdurch werden den anbietenden Bauunternehmen
Spielräume eröffnet, innerhalb derer sie ihre speziellen Fertigungsmethoden und
andere unternehmensspezifische Besonderheiten in das Projekt einbringen,
firmenbezogene Marktmöglichkeiten und bewährte Kooperationsstrukturen mit
Nachunternehmern und Lieferanten ausnutzen und ohne eng vorgegebene planerische
Einschränkungen produktorientiert anbieten können.
Staatliche
Bauten dienen auch der Identifikation der Bürger mit ihrem Staat und der
Repräsentation des Staates. Sie müssen deshalb angemessene architektonische und
ästhetische Qualität aufweisen und generell den Ansprüchen von Baukultur
Rechnung tragen. Bauen ist auch eine kulturelle Leistung, ist auch Teil der
Kunst. Das Land bleibt in der Verpflichtung, auch über das Bauen neue
Kulturleistungen zu erbringen. In der Regierungserklärung ist festgehalten,
dass für die Stadt der Zukunft Ästhetik und Architektur immer wichtiger werden;
zugleich wird eine Initiative zur Verbesserung der Baukultur in
Nordrhein-Westfalen angekündigt. Die Ästhetik des öffentlichen und privaten
Bauens ist Ausdruck des sozialen und kulturellen Selbstverständnisses unserer
Gesellschaft und leistet einen wichtigen Beitrag zur Umwelt- und
Lebensqualität. Gute Architektur und kostenbewusstes Bauen sind kein
Widerspruch.
Die Gebäude des Landes, beispielsweise der Landtag,
Ministerien, Gerichte, Polizeipräsidien und Hochschulen, prägen das Bild der
Städte entscheidend mit. Sie sind wesentliche Teile eines vitalen städtischen
Gefüges und ein wichtiger Beitrag zur baulichen und sozialen Stadtentwicklung.
Vor dem Hintergrund der UNO-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de
Janeiro kommt dem Leitbild der nachhaltigen und ökologischen Stadtentwicklung
und damit der dauerhaften Verbesserung der Lebens- und Umweltbedingungen für
die Bewohner der Stadt auch beim staatlichen Bauen eine zentrale Bedeutung zu.
Neubauvorhaben des Landes sollen sich als tragende Elemente einer
zukunftsfähigen Stadt und als Beitrag zur nachhaltigen Stärkung der Stadt als
Lebensraum und Wirtschaftsstandort erweisen. Daher wird das Land auch weiterhin
seine Bauten unter Beachtung der Grundsätze der behutsamen Stadterneuerung
einfühlsam in gewachsene städtebauliche Strukturen integrieren und auf
städtebauliche Verträglichkeit achten.
Der Begriff der Nachhaltigkeit, aufgegriffen mit der
Konferenz von Rio 1992 und für Deutschland in nationale Strategieempfehlungen
umgesetzt durch die Enquête-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des
13. Deutschen Bundestages, ist heute fester Bestandteil jedes
Entwicklungsprojekts mit Innovationsanspruch und damit auch jedes Bauvorhabens
des Landes geworden. Das Ziel der nachhaltigen Entwicklung, verstanden als
gerechter Ausgleich ökologischer, ökonomischer und sozialer Belange, muss sich
– gemessen an diesem Anspruch – auch und gerade in der Planung, im Bau und in
der Bewirtschaftung der landeseigenen Liegenschaften und Gebäude dokumentieren.
Nachhaltiges Bauen ist ein zentrales Element der Zukunftsvorsorge. Im Rahmen
von Investitionsentscheidungen sollen deshalb neben Faktoren wie Kosten,
Energie und Umwelt auch die sozialen Auswirkungen berücksichtigt werden.
Gefordert ist also ganzheitliches Denken. Im Sinne dieses ganzheitlichen
Ansatzes ist beim Planen und Bauen, Betreiben und Unterhalten bis hin zum
Rückbau eine Minimierung des Verbrauchs von Flächen, Energie und sonstigen
Ressourcen und eine möglichst geringe
Belastung des Naturhaushalts anzustreben. Bei frühzeitiger Beachtung
nachhaltiger Planungsgrundsätze kann die Gesamtwirtschaftlichkeit von Gebäuden
im Hinblick auf deren Herstellungs-, Betriebs- und Nutzungskosten deutlich
verbessert werden. Wichtigste Akzente zur Erreichung des Gesamtziels der
Nachhaltigkeit sind das umweltschonende und energiesparende Bauen.
In
der auf der Konferenz von Rio 1992 verabschiedeten Agenda 21 wird die Förderung
des umweltverträglichen Bauens als ein wichtiger Bestandteil für eine
nachhaltige Siedlungsentwicklung aufgeführt. Im Rahmen des „Siedlungsgipfels“
HABITAT II 1996 in Istanbul wurde dieser Handlungsbereich erneut aufgegriffen.
In ihrer Regierungserklärung hat die jetzige Landesregierung bekräftigt, dass
sie das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung verfolgt und hierbei den Schutz
der natürlichen Lebensgrundlagen und den Schutz der Menschen vor Umweltgefahren
mit dem Strukturwandel in unserem Land verbindet. Im Mittelpunkt der
Umweltpolitik steht nach wie vor die Absicht, von der traditionellen Nachsorge
zur Umweltvorsorge überzugehen.
Zum
umweltschonenden Bauen gehört auch das energiesparende Bauen und die Nutzung
erneuerbarer Energiequellen. Nordrhein-Westfalen trägt als das Energieland Nr.
1 in Europa eine besondere Verantwortung für das Energiesparen und den Einsatz
zukunftssichernder neuer Energietechniken. In der Regierungserklärung werden
Energieeinsparung und rationelle Energienutzung zu unverzichtbaren Zielen
erklärt, weil sie Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Klimaschutz bedeuten.
Die bisherigen Erfolge des Energieeinsparprogramms für Landesbauten mit den
Maßnahmen Betriebsüberwachung und zentrale Energievertragsüberprüfung sind seit
1980 mit umfangreichen Kosteneinsparungen bundesweit beispielhaft und müssen
fortgesetzt werden.
Das
Land steht weiterhin in der Verantwortung, bei seinen Baumaßnahmen soziale
Standards in besonderem Maße zu berücksichtigen. Hierzu gehören vor allem die
Anforderungen des Gesundheitsschutzes und des Arbeitsschutzes, Standortfaktoren
wie Zentralität, gute Erreichbarkeit
und gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr, der Grundsatz der
Mitarbeiterfreundlichkeit und „Kundenfreundlichkeit“ im Sinne von
Bürgerfreundlichkeit, das Ziel der Nutzerakzeptanz, der Aspekt des
barrierefreien Bauens und das Ziel des humanen Bauens.
Ziel 9: Das bauliche Erbe bewahren!
Der
Schwerpunkt des staatlichen Bauens hat sich zunehmend vom Neubau auf die
Bestandspflege verlagert. Der umfangreiche und vielfältige Immobilienbesitz des
Landes mit einem geschätzten Verkehrswert von 17 Milliarden Mark kommt immer
mehr „in die Jahre“; viele Nachkriegsbauten müssen grunderneuert und
modernisiert werden. Die haustechnischen Anlagen und die Informations- und
Kommunikationsanlagen müssen an die technische Weiterentwicklung angepasst
werden. Umwelt- und gesundheitsgefährdende Bauteile müssen ausgetauscht werden.
Die Anforderungen an den Brandschutz sind gestiegen und machen gezielte
Anpassungsmaßnahmen erforderlich.
Umsetzung der baupolitischen Ziele des Landes
Die
konkrete Umsetzung der vom Landtagsausschuss für Städtebau und Wohnungswesen
festgelegten baupolitischen Ziele des Landes erfolgt durch Zielvereinbarungen
mit dem BLB NRW. Sie erstrecken sich auf Planung, Vergabe, Bau und teilweise
auch Betrieb und werden durch Planungshilfen und Handbücher ergänzt.
IV.
Förderung der baupolitischen Ziele des Landes
Der
Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW hat die baupolitischen Ziele des Landes
grundsätzlich im Rahmen der Baumittel im Wirtschaftsplan oder bei
Sonderliegenschaften und Universitätsklinika im Rahmen der Bautitel des
Haushaltsplans zu beachten und zu realisieren. Soweit die Umsetzung der
baupolitischen Ziele des Landes mit Mehrkosten verbunden ist, zu deren
Übernahme der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW nach seiner Aufgabenstellung
nicht verpflichtet ist und die seine
Wettbewerbsposition beeinträchtigen, sind ihm zum Ausgleich in dem
erforderlichen Umfang im Rahmen der im jeweiligen Haushaltsplan für diese
Zwecke etatisierten Haushaltsmittel Zuwendungen zu gewähren.
gez. Dr. Michael Vesper
Anlagen: