Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Obsolet durch Runderlass vom 17.5.2018 - 512-39.06.13-1-18-033 (2602).

 


Historisch: Anspruch auf Duldung zum Zweck der Ausbildung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG und auf anschließende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18a Abs. 1a und 1b AufenthG (3+2-Regelung) Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 122-39.06.13-2-16-230(2602) vom 21. Dezember 2016

 

Historisch:

Anspruch auf Duldung zum Zweck der Ausbildung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG und auf anschließende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18a Abs. 1a und 1b AufenthG (3+2-Regelung) Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 122-39.06.13-2-16-230(2602) vom 21. Dezember 2016

Anspruch auf Duldung zum Zweck der Ausbildung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG und auf anschließende
Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18a Abs. 1a und 1b AufenthG (3+2-Regelung)

Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 122-39.06.13-2-16-230(2602)
vom 21. Dezember 2016

Mit dem am 06.08.2016 in Kraft getretenen Integrationsgesetz wurde § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG neu gefasst und § 18 a Abs. 1a und b AufenthG eingefügt.

Folgende Hinweise bitte ich zu beachten:

1.      Im Zusammenhang mit der Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. ist auch über die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu entscheiden. Die Beschäftigungserlaubnis zur Ausübung einer Berufsausbildung bedarf keiner Zustimmung durch die Bundesanstalt für Arbeit (§ 32 Abs. 2 Nr. 2 BeschV). § 60a Abs. 2 Satz 4 bildet die Grundlage für einen Anspruch auf Duldung, während § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis in das Ermessen der Ausländerbehörden stellt. Intention des Gesetzgebers bei der Schaffung der neuen Regelungen des § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG war es, einen Anspruch auf Duldung zum Zweck der Ausbildung zu schaffen. Dieser Intention würde es zuwider laufen, wenn das Ermessen im Rahmen des § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG völlig frei ausgeübt werden könnte. Vielmehr ist hinsichtlich der Beschäftigungserlaubnis in der Regel von einer Ermessensreduzierung auszugehen, wenn die Voraussetzungen nach § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG gegeben sind und kein gesetzliches Beschäftigungsverbot (z. B. nach § 60a Abs. 6 AufenthG oder § 61 AsylG) vorliegt.

2.      Eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG setzt eine mindestens zweijährige reguläre Dauer der Ausbildung voraus (§ 6 Abs. 1 Satz 2 BeschV).

      Neben Ausbildungen im dualen System kommen hierbei auch Ausbildungen an Berufsfachschulen in Betracht. Dass der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung aufnimmt oder aufgenommen hat, ist durch Vorlage des Ausbildungsvertrags oder der Anmeldebestätigung der Berufsfachschule nachzuweisen.

      In den Fällen, in denen die Berufsausbildung an Berufsfachschulen durchgeführt wird, unterliegen diese in analoger Anwendung der in § 60a Abs. 2 Satz 7 AufenthG normierten Mitteilungspflicht. Es dürfte besonders in diesen Fällen, aber auch bei dualen Ausbildungen, sinnvoll sein, den Ausbildungsbetrieb bzw. die Berufsfachschule auf die Mitteilungspflicht ausdrücklich hinzuweisen.

      Die Aufnahme eines Studiums ist kein Duldungsgrund nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG.

      § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG ist nicht auf Qualifizierungsmaßnahmen anzuwenden, die erst an eine Berufsausbildung heranführen, dazu befähigen oder die erforderliche Ausbildungsreife herstellen. Die Teilnahme an einer von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Einstiegsqualifizierungsmaßnahme kann jedoch im Einzelfall einen Duldungsgrund nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG darstellen, wenn bereits eine verbindliche Zusage für eine anschließende qualifizierte Berufsausbildung im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG vorliegt.

3.      Nach § 60a Abs. 2 Satz 5 AufenthG wird die Duldung nicht mehr in Jahresschritten, sondern für den gesamten Ausbildungszeitraum erteilt. Ein Ermessen, die Duldung zunächst nur für einen kürzeren Zeitraum (z. B. für die Dauer der Probezeit) zu erteilen, besteht nicht. Wird das Ausbildungsverhältnis nicht weiter betrieben oder abgebrochen, so greifen die Rechtsfolgen nach § 60a Abs. 2 Satz 7-9 AufenthG.

4.      Die bisherige Altersgrenze von 21 Jahren ist entfallen.

5.      Entfallen ist auch der im bisherigen § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG enthaltene generelle Ausschluss der Ausbildungsduldung für Staatsangehörige aus sicheren Herkunftsstaaten.

      Für einen Staatsangehörigen eines sicheren Herkunftsstaats darf  weder eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. noch eine Beschäftigungserlaubnis erteilt werden, wenn sein nach dem 31.08.2015 gestellter Asylantrag abgelehnt wurde (§ 60a Abs. 2 Satz 4 i. V. m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AufenthG). Die Staatsangehörigkeit eines sicheren Herkunftsstaats für sich allein betrachtet ist kein ausreichender Grund, die Duldung und Erteilung der Beschäftigungserlaubnis zu versagen. Hinzukommen muss vielmehr, dass ein nach dem 31.08.2015 gestellter Asylantrag abgelehnt wurde.

      Aus dem Sinn und Zweck des § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ergibt sich, dass  - wie im Zusammenhang des wortgleichen § 61 Abs. 2 Satz 4 AsylG - die begünstigende Wirkung der Stichtagsregelung im Regelfall auch dann greift, wenn bis zum 31.08.2015 ein (nichtförmliches) Asylgesuch 13 AsylG) gestellt wurde, denn Verzögerungen bei der Stellung des förmlichen Asylantrags (§ 14 AsylG) aufgrund der damals bestehenden Rückstauproblematik beim BAMF sind vom Antragsteller nicht zu vertreten und können ihm daher nicht angelastet werden.  Dass ein Asylgesuch gestellt wurde, kann anhand des Ankunftsnachweises bzw. der BÜMA nachgewiesen werden.

      § 60 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AufenthG setzt voraus, dass ein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt wurde. Wurde kein Antrag gestellt oder der Antrag zurückgezogen, bevor das BAMF entschieden hat, so greift die Ausschlusswirkung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 i. V. m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AufenthG nicht.

6.      Straftaten schließen die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG einschließlich Beschäftigungserlaubnis nur aus, wenn der Ausländer wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben (§ 60a Abs. 2 Satz 5 AufenthG). Der Gesetzgeber hat damit definiert, ab welcher Schwelle  die Ausbildungsduldung aufgrund von Straftaten des Ausländers zu versagen ist. Eine Versagung der Ausbildungsduldung wegen Straftaten, die diese Schwelle nicht erreichen, ist  grundsätzlich nicht zulässig.

7.      Ein Anspruch auf Ausbildungsduldung besteht nach § 60a Abs. 2 Satz 4 und Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nicht, wenn konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen oder aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus Gründen, die der Ausländer selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können. Konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung stehen bevor, wenn die Abschiebung bereits terminiert ist. Die behördliche Beantragung eines Passersatzpapiers ist ein Indiz dafür, dass konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG bevorstehen, sofern zeitnah mit der Ausstellung der entsprechenden Papiere zu rechnen ist. Die ungeklärte Identität und das Fehlen eines Nationalpasses oder Passersatzpapiers stehen der Erteilung einer Duldung einschließlich Beschäftigungserlaubnis nur entgegen, soweit der Ausländer diese Umstände selbst zu vertreten hat und deshalb aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können (§ 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG).

8.      Aspekte wie z.B. die Sprachkenntnisse oder die Sicherung des Lebensunterhalts sind bei der Entscheidung über die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis in der Regel nicht maßgeblich, da grundsätzlich von einer Ermessensreduzierung auszugehen ist, wenn die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Ausbildungsduldung gegeben sind (s.o. Nr. 1). Zu berücksichtigen sind sie jedoch im Rahmen der Entscheidung über eine sich anschließende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18a Abs. 1a AufenthG, da in diesem Zusammenhang sowohl die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 5 AufenthG (bis auf die Visumspflicht, vgl. § 18a Abs. 3 AufenthG) als auch die speziellen Voraussetzungen nach § 18a Abs. 1 Nr. 2 -7 AufenthG erfüllt werden müssen. Spätestens zum Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis muss auch die Identität geklärt (§ 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG) und die Passpflicht erfüllt sein (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG).

9.      Während eines laufenden Dublin-Verfahrens kommt die Erteilung einer Ausbildungsduldung nicht in Betracht, weil der Ausländer im Besitz einer Aufenthaltsgestattung und somit nicht vollziehbar ausreisepflichtig ist. Nach Erlass einer Abschiebungsanordnung scheidet die Erteilung einer Ausbildungsduldung aus, weil dann davon auszugehen ist, dass konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen. Außerdem fehlt es den Ausländerbehörden in diesen Fällen an der notwendigen Entscheidungskompetenz, da die Verfahrensherrschaft bis zur Überstellung beim BAMF liegt.

10.  Aus der Erteilung einer Ausbildungsduldung ergibt sich keine Möglichkeit des Familiennachzugs. Die Duldung der Eltern und Geschwister eines minderjährigen Ausländers mit Ausbildungsduldung sowie der minderjährigen Kinder eines Ausländers mit Ausbildungsduldung ist auf Basis des § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG nach Ermessen der Ausländerbehörden in engen Grenzen möglich. In der Regel wird dem Ausländer und seiner Familie jedoch die vorübergehende Trennung zum Zweck der Durchführung einer Ausbildung zuzumuten sein.