Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Obsolet.

 


Historisch: Umgang mit Asylfolgeantragstellern nach Einfügung des § 71 Abs. 2 Satz 2 AsylG durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015 Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 123-39-18 02-16-192 (4) / 122-39.11.06-16--301(2603) vom 15. Dezember 2016

 

Historisch:

Umgang mit Asylfolgeantragstellern nach Einfügung des § 71 Abs. 2 Satz 2 AsylG durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015 Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 123-39-18 02-16-192 (4) / 122-39.11.06-16--301(2603) vom 15. Dezember 2016

Umgang mit Asylfolgeantragstellern nach Einfügung des § 71 Abs. 2 Satz 2 AsylG durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015

Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 123-39-18 02-16-192 (4) / 122-39.11.06-16--301(2603)
vom 15. Dezember 2016

Erlasse vom 30.06.2016 und 22.08.2016, Az.: 123-39-18-02 16-192 (a)

Den Reaktionen auf meine Erlasse vom 30.06.2016 und 22.08.2016   zufolge besteht zum Umgang mit Asylfolgeantragstellern nach wie vor Informationsbedarf. Ich nehme dies zu Anlass, die Auswirkungen der Rechtsänderung in § 71 Abs. 2 AsylG nochmals grundsätzlich darzustellen:

Der neu gefasste § 71 Abs. 2 Satz 2 AsylG lautet:

„Wenn der Ausländer das Bundesgebiet zwischenzeitlich verlassen hat, gelten die §§ 47 bis 67 entsprechend.“

Ein Asylfolgeantrag liegt vor, wenn nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut ein (förmlicher) Asylantrag gestellt wird (§ 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG).

Mit dem in § 71 Abs. 2 Satz 2 AsylG enthaltenen Verweis auf §§ 47 bis 67 AsylG werden diejenigen Folgeantragsteller, die Deutschland zwischenzeitlich verlassen hatten, im Hinblick auf ihre Wohnverpflichtung, aber auch in Bezug auf das Recht des Aufenthalts während des Asylverfahrens (Abschnitt 6 AsylG) weitgehend den Erstantragstellern gleichgestellt.

Auch hier gilt grundsätzlich, dass der Folgeantrag persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen ist, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in der er während des früheren Asylverfahrens zu wohnen verpflichtet war (§ 71 Abs. 2 Satz 1 AsylG). Der zwischenzeitlich ausgereiste Folgeantragsteller wird an die für ihn zuständige Aufnahmeeinrichtung weitergeleitet.

Das weitere mit der Wohnverpflichtung in Zusammenhang stehende Verfahren (einschließlich Verteilung, Umverteilung) unterscheidet sich dann nicht von demjenigen der Erstantragsteller.

War der Folgeantragsteller in seinem früheren Asylverfahren nicht verpflichtet, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, stellt er nach § 71 Abs. 2 Satz  3 AsylG (sowie in den übrigen dort genannten Fällen) seinen Antrag bei der Zentrale des Bundesamtes.

Die Wohnverpflichtung nach § 47 Abs. 1 Satz 1 AsylG  trifft generell nur diejenigen Ausländer, die ihren Antrag bei einer Außenstelle des Bundesamtes zu stellen haben. Sie entfällt also auch bei zwischenzeitlich ausgereisten Folgeantragstellern, wenn diese ihren Folgeantrag bei der Zentrale des Bundesamtes zu stellen haben.

Durch den Verweis auf Abschnitt 6 des Asylgesetzes ist der Aufenthalt bei zwischenzeitlich erfolgter Ausreise mit Stellung des (förmlichen) Asylfolgeantrages gestattet (§ 55 Abs. 1 Satz 3 AsylG).  Die Zuständigkeit für die Ausstellung der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung entspricht der für Erstantragsteller geltenden Regelung (§ 63 Abs. 3 AsylG). Da der Ankunftsnachweis (AKN) ausschließlich für den Zeitraum zwischen Asylgesuch und Asylantrag vorgesehen ist, ein Folgeantrag aber erst mit dem (förmlichen) Antrag beim Bundesamt vorliegt, kommt der AKN bei diesem Personenkreis nicht in Betracht. Die für Erstantragsteller geltenden Beschränkungen sind im Übrigen entsprechend anzuwenden.

Der Verweis bedingt auch, dass für Folgeantragsteller die Gesundheitsuntersuchung nach § 62 AsylG erneut durchzuführen ist. Abgewichen werden kann hiervon nur im Hinblick auf den TBC-Ausschluss, soweit die Voraussetzungen des § 36 Abs. 4 IFSG vorliegen (Vorlage einer Röntgenaufnahme aus den letzten 12 Monaten) und eine erneute Röntgenaufnahme  nicht individuell indiziert ist.

Zu speziellen Fragestellungen:

Die Wohnverpflichtung nach § 71 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 47 AsylG ist grundsätzlich für alle vorher ausgereisten Folgeantragsteller entstanden, die nach dem 24.10.2015 (Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes) den Antrag gestellt haben. Eine mit der Wohnverpflichtung korrespondierende Rechtspflicht der Länder, diese Personengruppe in den Aufnahmeeinrichtungen unterzubringen, besteht nicht. Die Länder handeln im Rahmen ihrer verfügbaren Kapazitäten.

Die bei Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes bestehende Auslastungssituation in den Aufnahmeeinrichtungen in NRW ließ eine sofortige Umsetzung der gesetzlichen Neuregelung faktisch nicht zu. Die Wohnverpflichtung der Betroffenen wurde vor dem Hintergrund dieser zwingenden Gründe deshalb bis auf weiteres jeweils durch Verweis an die im Erstverfahren zuständigen Kommunen beendet (§ 49 Abs. 2 AsylG). Die Wohnverpflichtung lebt durch die zwischenzeitlich veränderten Rahmenbedingungen bei der Unterbringung nicht wieder auf. Von einer Weiterleitung der Betroffenen an die Aufnahmeeinrichtungen ist abzusehen.

Erst ab meinem Erlass vom 30.06.2016 ist die Wohnverpflichtung tatsächlich einzufordern bzw. sind die Betroffenen an die Aufnahmeeinrichtungen weiterzuleiten.

Dabei gilt generell: Folgeantragsteller, die bereits in einer Kommune "angekommen" sind, Wohnraum und ggf. eine Beschäftigung gefunden haben, sollten regelmäßig auch in dieser Kommune bleiben. In jedem Fall ist  dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen.

§ 71 Abs. 2 Satz 2 AsylG setzt voraus, dass der Ausländer das Bundesgebiet zwischenzeitlich verlassen hatte. Die Vorschrift ist dahingehend auszulegen, dass nicht  jede Grenzüberschreitung die genannte Rechtsfolge auslöst, sondern ausschließlich ein nicht nur vorübergehendes Verlassen des Bundesgebietes. Hierbei kommt es nicht auf den subjektiven Willen der Betroffenen an, sondern auf die objektiven Umstände der Ausreise (in den Heimatstaat oder jeden anderen Drittstaat).

Ein Verlassen des Bundesgebietes in diesem Sinne liegt stets vor, wenn die Ausreise in Erfüllung bzw. Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung erfolgte. In diesem Sinne kann auch eine nur kurzzeitige Reise in den Herkunftsstaat (z.B. zur Passausstellung) gewertet werden, es sei denn, sie erfolgte in Absprache mit der Ausländerbehörde.  Von einer nicht nur vorübergehenden Ausreise ist auch auszugehen, wenn z.B. Wohnung und Arbeitsstelle aufgegeben wurden und/oder die Ausreise unter Mitnahme der persönlichen Habe erfolgt ist.

Die Beweislast für das - nicht nur vorübergehende - Verlassen des Bundesgebietes liegt bei der Behörde. Ist die Ausreise nicht ausdrücklich dokumentiert oder durch den Folgeantragsteller selbst glaubhaft gemacht, ist davon auszugehen, dass § 71 Abs. 2 Satz 2 AsylG keine Anwendung findet.

Daneben bleibt es bei den bisherigen Regelungen für Folgeantragsteller, die das Bundesgebiet nicht verlassen haben.

Um Weitergabe dieser Informationen an die Kommunen, die Ausländerbehörden sowie die Aufnahmeeinrichtungen Ihres Bezirks wird gebeten.