Geltende Erlasse (SMBl. NRW.) mit Stand vom 24.1.2025
Verwaltungsvorschriften zum Gesetz über das Schiedsamt in den Gemeinden des Landes Nordrhein-Westfalen (VV SchAG NRW) Gem. RdErl. d. Justizministeriums - 3180 - II B. 20 - u. d. Innenministeriums – III A 1 – 12.00.70 – 1899/93 - v. 21.6.1993
Verwaltungsvorschriften zum Gesetz über das Schiedsamt in den Gemeinden des Landes Nordrhein-Westfalen (VV SchAG NRW) Gem. RdErl. d. Justizministeriums - 3180 - II B. 20 - u. d. Innenministeriums – III A 1 – 12.00.70 – 1899/93 - v. 21.6.1993
Verwaltungsvorschriften
zum Gesetz über das Schiedsamt
in den Gemeinden des Landes Nordrhein-Westfalen
(VV SchAG NRW)
Gem. RdErl.
d. Justizministeriums - 3180 - II B. 20 -
u. d. Innenministeriums – III A 1 – 12.00.70 – 1899/93 -
v. 21.6.1993
1
Schiedsamt
1.1
Das Schiedsamt wird von Schiedspersonen wahrgenommen. Sie führen bei ihrer
Amtsausübung die Bezeichnung „Schiedsfrau“, „Schiedsmann“ oder „Schiedsperson“.
1.2
Das Schiedsamt ist Gütestelle im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 der
Zivilprozessordnung und Vergleichsbehörde im Sinne des § 380 Abs.1 der
Strafprozessordnung. Die Schiedsperson führt das Schlichtungsverfahren in
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in Strafsachen durch. Die Einzelheiten
über ihre Zuständigkeit sind im zweiten und dritten Abschnitt des
Schiedsamtsgesetzes und den dazu ergangenen VV geregelt.
Schiedsamtsbezirke in größeren Gemeinden
2.1
Eine Gemeinde soll in mehrere Schiedsamtsbezirke geteilt werden, wenn dies im
Interesse der Rechtsuchenden - insbesondere im Hinblick auf die Einwohnerzahl,
auf die Größe des Gemeindegebietes und auf ungünstige Verkehrsverbindungen mit
öffentlichen Verkehrsmitteln - oder sonst im öffentlichen Interesse
erforderlich ist.
2.2
Die Grenzen der Schiedsamtsbezirke sollen die Grenzen des Amtsgerichtsbezirks
nicht überschreiten.
2.3
Die Organzuständigkeit für die Einteilung der Gemeinde in Schiedsamtsbezirke
richtet sich nach den Vorschriften des Kommunalverfassungsrechts. Nach § 41
Abs. 1 der Gemeindeordnung (GO) ist der Rat zuständig. Eine Zuständigkeit der
Bezirksvertretungen in den kreisfreien Städten nach § 36 GO ist gesetzlich
ausgeschlossen, weil dieAbgrenzung der
Schiedsamtsbezirke nur im Rahmen eines Gesamtkonzeptes mit Blick auf das
gesamte Stadtgebiet entschieden werden kann. Der Rat kann nach § 41 Abs. 2 GO
seine Zuständigkeit auf einen Ausschuss oder den Bürgermeister übertragen. Dies
kommt z. B. bei der Änderung der Grenzen von Schiedsamtsbezirken im Rahmen des
vom Rat festgelegten Gesamtkonzeptes in Betracht.
Änderung von Schiedsamtsbezirken
3.1
Die Grenzen eines Schiedsamtsbezirkskönnen auch während der Amtszeit einer
Schiedsperson geändert werden.
3.2
Würde durch die Änderung das Amt der Schiedsperson wegfallen oder in der Person
der Schiedsfrau oder des Schiedsmanns der Fall des § 2 Abs. 3 Nr. 2 eintreten,
so soll die Änderung nur bei Beendigung der laufenden Amtszeit der
Schiedsperson vorgenommen werden, sofern das nicht aus besonderen Gründen
untunlich erscheint.
3.3
Erweist es sich in diesen Fällen als notwendig, dass eine Schiedsperson vor
Ablauf ihrer Amtszeit ihr Amt aufgibt, so ist, wenn nicht die Schiedsperson mit
Genehmigung der Leitung des Amtsgerichts ihr Amt freiwillig niederlegt, die
Enthebung vom Amt (§9) zu erwägen.
Bekanntmachung der Schiedsamtsbezirke
Die Gemeinde macht die Errichtung und Änderung von Schiedsamtsbezirken
öffentlich bekannt. Sie unterrichtet die Leitung des Amtsgerichts hierüber.
1
Im Regelfall wird die jeweilige Wahlkörperschaft der Gemeinde niemanden zur
Schiedsperson wählen oder wiederwählen, der im Zeitpunkt der Wahl das 75.
Lebensjahr vollendet hat. Sie kann aber je nach Lage des Einzelfalls unter
besonderer Berücksichtigung des Interesses an einer wirkungsvollen
Schlichtungstätigkeit der Schiedsperson hiervon abweichen.
1
Für jeden Schiedsamtsbezirk ist in einem getrennten Wahlgang die Schiedsperson
und die stellvertretende Schiedsperson zu wählen; die Vertretung kann auch so
geregelt werden, dass bestimmte Schiedspersonen sich gegenseitig vertreten.
Wird das Schiedsamt frei, so soll die Gemeinde in geeigneter Form bekannt
machen, dass interessierte Personen sich zur Wahl stellen können. Vor der Wahl
soll die Gemeinde ferner die regionale Organisation, die sich die Wahrnehmung
der Interessen der Schiedspersonen satzungsgemäß zum Ziel gesetzt hat, hören;
dies gilt auch für die Wiederwahl. Im Fall der Wiederwahl kann auch eine
Stellungnahme der Leitung des Amtsgerichts eingeholt werden.
2
Die Amtszeit beginnt mit dem Datum der Beschlussfassung über die Bestätigung
nach § 4. Die Amtszeit beträgt auch dann fünf Jahre, wenn die gewählte Person
an die Stelle einer vorzeitig ausgeschiedenen Schiedsperson oder
stellvertretenden Schiedsperson tritt.
VV zu § 4
1
Sobald die Schiedsperson gewählt ist, übersendet der Bürgermeister die
Wahlverhandlungen der Leitung des Amtsgerichts, in dessen Bezirk sie ihren
Wohnsitz hat. Er fügt alle Vorgänge über die Wahl und die Person der oder des
Gewählten bei.
2
Die Leitung des Amtsgerichts entscheidet nach Maßgabe der VV zu § 8 über die
Ablehnungsgründe.
3
Die Leitung des Amtsgerichts hat vor der Bestätigung zu prüfen, ob bei der Wahl
alle gesetzlichen Vorschriften, insbesondere § 2, beachtet worden sind und ob
die gewählte Person geeignet ist.
4
Die Verfügung, durch die die Bestätigung versagt wird, ist schriftlich zu
begründen und der gewählten Person sowie dem Bürgermeister mitzuteilen. Dieser
hat unverzüglich eine Neuwahl zu veranlassen, sobald die Verfügung
bestandskräftig geworden ist.
VV zu § 5
1
Vereidigung
1.1
Mit der Bestimmung des Vereidigungstermins ordnet die Leitung des Amtsgerichts
die Dienstreise zum Ort der Vereidigung der Schiedsperson an.
1.2
Vor der Vereidigung weist die Leitung des Amtsgerichts die gewählte Person auf
die Bedeutung des Eides und die Möglichkeit hin, den Eid auch ohne oder mit
einer anderen Beteuerungsformel (§ 5 Abs. 2) zu leisten.
1.3
Die gewählte Person hat die Eidesformel nachzusprechen und soll dabei die
rechte Hand erheben.
1.4
Über die Vereidigung ist eine Niederschrift aufzunehmen.
1.5
Die Verweisung auf den geleisteten Eid (§ 5 Abs. 3) kann durch schriftliche
Verfügung der Leitung des Amtsgerichts geschehen.
2
Die Leitung des Amtsgerichts macht dem Bürgermeister Mitteilung von der
Vereidigung, damit dieser den Amtssitz (einschl. des Amtsraumes), den Namen und
ggf. die Sprechstunde der Schiedsperson und der stellvertretenden Schiedsperson
öffentlich bekannt machen kann.
VV zu § 6
Dienstsiegel und Amtsschild
1.1
Die Schiedsperson führt das kleine Landessiegel in Form des Farbdruckstempels
mit der Umschrift "Schiedsamt" und der Angabe des Schiedsamtsbezirks
(vgl. § 2 Abs. 1 Buchst. m, § 4 der Verordnung über die Führung des
Landeswappens vom 16.5.1956 - GS. NW. S. 140 -, zuletzt geändert durch
Verordnung vom 27. 11. 1986 - GV. NW. S. 743 -, - SGV. NW. 113 -). Die
Schiedsperson darf das Dienstsiegel nur bei ihrer Amtstätigkeit benutzen.
1.2
Das Dienstsiegel ist sorgfältig und so aufzubewahren, dass Unbefugte es nicht
benutzen können. Von dem Verlust des Dienstsiegels unterrichtet die
Schiedsperson unverzüglich die Leitung des Amtsgerichts und den Bürgermeister.
1.3
Das Gebäude, in dem die Schiedsperson ihre Amtstätigkeit ausübt, kann sie durch
ein Amtsschild kenntlich machen. Das Amtsschild zeigt das Landeswappen und
trägt darunter die Bezeichnung "Schiedsamt" (§ 8 der Verordnung über
die Führung des Landeswappens a. a. 0.).
1.4
Dienstsiegel und Amtsschild beschafft die Gemeinde. Endet das Amt, so hat die
Schiedsperson das Dienstsiegel und das Amtsschild an die Gemeinde
zurückzugeben.
Strafrechtliche Verantwortlichkeit
Die Schiedsperson unterliegt den für Amtsträger geltenden besonderen
Strafvorschriften, weil sie als ehrenamtlich Tätige in einem
öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b StGB).
Aufsicht
1.1
Die Schiedsperson untersteht der unmittelbaren dienstlichen und fachlichen
Aufsicht der Leitung des Amtsgerichts, in dessen Bezirk sie ihren Wohnsitz hat.
1.2
An sie hat sie sich in allen dienstlichen Angelegenheiten zu wenden, soweit es
nicht um Fragen geht, die ausschließlich damit zusammenhängen, dass die
Gemeinde die Sachkosten des Schiedsamtes trägt, dass sie die Kosten und
Ordnungsgelder beitreibt und Anspruch auf die Hälfte der Gebühren hat.
1.3
Über Anträge auf Erteilung der Genehmigung einer Dienstreise oder eines
Dienstgangs entscheidet die Leitung des Amtsgerichts. Ihre Entscheidung bindet
die Gemeinde hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von Reisekosten und
Verdienstausfall - abgesehen von Dienstreisen oder Dienstgängen, die der
Vorlage der Bücher zum Zwecke der Prüfung (VV 3.3), der Vereidigung (§ 5) oder
der Teilnahme an einer Dienstbesprechung (vgl. VV 4) dienen - nur dann, wenn
sie der Dienstreise bzw. dem Dienstgang zugestimmt hat. Die Anträge sind über
die Gemeinde an die Leitung des Amtsgerichts zu richten. Die Gemeinde leitet
die Anträge mit einer Stellungnahme zur Frage der Zustimmung an die Leitung des
Amtsgerichts weiter.
1.4
Gesuche und Anträge an die höheren Aufsichtsbehörden hat die Schiedsperson bei
der Leitung des Amtsgerichts einzureichen.
Vertretung im Falle der Verhinderung
Für den Fall ihrer Verhinderung unterrichtet die
Schiedsperson ihre Vertretung, die Leitung des Amtsgerichts und den
Bürgermeister nach Maßgabe von VV 1 und 2 zu § 11.
Prüfung der Bücher
3.1
Die Leitung des Amtsgerichts oder eine von ihr bestimmte Richterin oder ein
Richter hat das Protokoll, das zugehörige Vorblatt, das Kassenbuch und die
Sammlung der Kostenrechnungen (VV 1.1 zu § 29) einmal jährlich - bei Bezirken,
in denen jährlich nicht mehr als 20 Sachen zu bearbeiten waren, spätestens nach
Ablauf von drei Jahren - zu prüfen. Bei der Prüfung kann sie sich einer Beamtin
oder eines Beamten des gehobenen Justizdienstes bedienen.
3.2
Über die Prüfung ist eine Niederschrift aufzunehmen, in der die wesentlichen
Ergebnisse der Prüfung festzuhalten und Beanstandungen von größerem Gewicht
aufzuführen sind. Prüfungsfeststellungen von geringer Bedeutung können - falls
die Schiedsperson anwesend ist - im Laufe der Prüfung durch mündliche
Besprechung erledigt werden. Die Schiedsperson erhält eine Abschrift der
Prüfungsniederschrift.
3.3
Die Kosten, die der Schiedsperson durch die Vorlage der Bücher zur Prüfung
entstehen, gehören zu den von der Gemeinde zu tragenden Sachkosten (vgl. VV 1.4
zu § 12).
Dienstbesprechungen
4.1
Die Leitung des Amtsgerichts oder die von ihr bestimmte Richterin oder der von
ihr bestimmte Richter hält regelmäßige und außerordentliche Besprechungen mit
den Schiedspersonen ihres Bezirks ab.
4.2
Die regelmäßigen Besprechungen haben möglichst im Abstand von 12, in jedem Fall
vor Ablauf von 24 Monaten stattzufinden.
4.3
Bei besonderem Bedürfnis können außerordentliche Besprechungen abgehalten
werden und zwar - mit Genehmigung der nächsthöheren Dienstaufsichtsbehörde -
auch für mehrere Amtsgerichtsbezirke gemeinschaftlich.
4.4
Mit der Anberaumung des Besprechungstermins ordnet die Leitung des Amtsgerichts
die Dienstreise bzw. den Dienstgang der Schiedsperson zum Ort der Besprechung
an. Die notwendigen Reisekosten, die der Schiedsperson durch Teilnahme an den
Dienstbesprechungen entstehen, gehören zu den von der Gemeinde zu tragenden
Sachkosten (vgl. VV 1.4 zu § 12).
Jahresübersicht
5.1
Die Schiedsperson hat der Leitung des Amtsgerichts, in dessen Bezirk sie ihren
Wohnsitz hat, bis zum 31. Januar eines jeden Jahres eine Aufstellung über die
Geschäfte des Vorjahres nach dem Muster in Anlage 1 einzureichen.
5.2
Die Ergebnisse sind bei dem Amtsgericht in eine nach dem Muster in Anlage 2
zu fertigende Übersicht aufzunehmen. Die Amtsgerichte reichen die Übersicht bis
zum 28. Februar der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landgerichts ein.
5.3
Die Präsidentinnen und Präsidenten der Amts-und Landgerichte lassen für ihre
Bezirke die Übersichten in gleicher Weise zusammenstellen. Sie vermerken
zusätzlich die Zahl der am Jahresschluss vorhandenen Schiedspersonen.
5.4
Die Präsidentinnen und Präsidenten der Amts- und Landgerichte reichen ihre
Übersicht bis zum 31. März eines jeden Jahres der Präsidentin oder dem
Präsidenten des Oberlandesgerichts ein. Die den Oberlandesgerichtsbezirk
umfassende Gesamtübersicht ist jeweils bis zum 30. April dem Justizministerium
vorzulegen.
Mitteilung von Wahrnehmungen
Über Wahrnehmungen, die zu einem dienstaufsichtlichen Einschreiten gegen die Schiedsperson
führen können, unterrichtet der Bürgermeister die Leitung des Amtsgerichts.
VV zu § 8
1
Die Ablehnung oder Niederlegung des Amtes hat die Schiedsperson der Leitung des
Amtsgerichts gegenüber schriftlich oder zur Niederschrift unter Angabe der
Gründe zu erklären.
2
Bis zur Entscheidung über die Berechtigung zur Niederlegung ist das Schiedsamt
weiterzuführen.
3
Die Entscheidung, die die Ablehnung oder Niederlegung für nicht gerechtfertigt
erklärt, ist schriftlich zu begründen und der betroffenen Person förmlich
zuzustellen. Der Bürgermeister erhält eine Abschrift der Entscheidung des
Amtsgerichts.
4
Hält die Leitung des Amtsgerichts die Ablehnung oder Niederlegung für
gerechtfertigt, so teilt sie ihre Entscheidung der betroffenen Person und dem
Bürgermeister mit.
5
Bei vorzeitigem Ausscheiden einer Schiedsperson nach den §§ 8 und 9 ist
unverzüglich eine Neuwahl durchzuführen.
VV zu § 9
1
Den Antrag auf Amtsenthebung stellt die Leitung des Amtsgerichts nach Anhörung
der betroffenen Schiedsperson und der Gemeinde, die die Schiedsperson gewählt
hat.
2
Die Entscheidung der Präsidentin oder des Präsidenten des Oberlandesgerichts
ist schriftlich zu begründen und der Schiedsperson und der Gemeinde
zuzustellen.
VV zu § 10
1
Die Schiedsperson muss über die ihr bei ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt
gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit bewahren. Eine Ausnahme besteht nur
für Mitteilungen im dienstlichen Verkehr oder für Tatsachen, die offenkundig
sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.
2
Dies kann auch im Verhältnis zur anderen Partei gelten. Die Schiedsperson wird
z. B. ein ärztliches Zeugnis, mit dem eine beteiligte Person ihr
Nichterscheinen zum Schlichtungstermin entschuldigt, der anderen Partei nicht
zugänglich machen.
3
Ohne Genehmigung der Leitung des Amtsgerichts darf die Schiedsperson über
Angelegenheiten, auf die sich ihre Verschwiegenheitspflicht bezieht, weder vor
Gericht noch außergerichtlich Aussagen machen oder sonst mündliche oder
schriftliche Erklärungen abgeben.
4
Sie hat auch dafür Sorge zu tragen, dass ihre Bücher und sonstigen Unterlagen
unbefugten Dritten nicht zur Kenntnis gelangen können. Die geltenden
Bestimmungen zum Datenschutz und zur Informationssicherheit sind einzuhalten.
5
Die Pflicht zur Verschwiegenheit steht der Leistung von Amtshilfe nicht
entgegen. Die Schiedsperson, die ein Amtshilfeersuchen einer Behörde des Bundes
oder der Länder erhält, wird dieses zweckmäßigerweise der Leitung des
Amtsgerichts zur Entscheidung vorlegen.
VV zu § 11
1
Die Schiedsperson, die durch Krankheit, Ortsabwesenheit oder aus anderen
Gründen an der Ausübung ihres Amtes gehindert ist, hat unverzüglich ihre
Vertretung zu verständigen.
2
Ist auch die stellvertretende Schiedsperson verhindert oder dauert die
Verhinderung der Schiedsperson voraussichtlich länger als eine Woche, hat die
Schiedsperson auch die Leitung des Amtsgerichts - ggf. mit Hinweis auf die
Notwendigkeit zu einer Anordnung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 - und den
Bürgermeister unverzüglich zu unterrichten.
3
Übernimmt bei Eintritt des Vertretungsfalles die stellvertretende Schiedsperson
die Amtstätigkeit der Schiedsperson, so sind ihr die amtlichen Bücher, außerdem
- sofern die stellvertretende Schiedsperson nicht selbst ein Dienstsiegel führt
- das Dienstsiegel der Schiedsperson zu übergeben. Nach Beendigung der
Vertretung gibt die stellvertretende Schiedsperson die Bücher und ggf. das
Dienstsiegel an die Schiedsperson zurück. Die Übergabe ist jeweils zu
quittieren.
4
Auf VV 2.3 zu § 29 wird hingewiesen.
VV zu § 12
Zu den Sachkosten gehören insbesondere:
1.1
die Ausgaben für die Beschaffung der amtlichen Bücher, des Dienstsiegels, des
Amtsschildes, der zur Geschäftsführung notwendigen Vordrucke und der Bücher,
die die gesetzlichen Vorschriften und die dienstlichen Anweisungen enthalten,
sowie die Kosten für den Bezug der Schiedsamtszeitung, dem
Veröffentlichungsorgan der Zentralorganisation, die sich die Wahrnehmung der
Interessen und der Aus- und Weiterbildung der Schiedspersonen satzungsgemäß zum
Ziel gesetzt hat;
1.2
die Auslagen für den dienstlichen Schriftverkehr und dienstliche Telefonate mit
Behörden, insbesondere mit der Leitung des Amtgerichts
und der Gemeinde;
1.3
die Entschädigung für den Amtsraum nach Maßgabe von VV 2;
1.4
die Vergütung für die Dienstreisen und Dienstgänge zur Vereidigung (§ 5), zur Vorlage
der Bücher zum Zwecke der Prüfung (VV 3.3 zu § 7) und zur Dienstbesprechung (VV
4 zu § 7), im Übrigen die Vergütung für mit Zustimmung der Gemeindegenehmigte
Dienstreisen und Dienstgänge (VV 1.3 zu § 7) in entsprechender Anwendung des
Landesreisekostengesetzes in Verbindung mit Ziffer 1 der Allgemeinen
Verwaltungsvorschriften zu § 1 Landesreisekostengesetz (RdErl.
d. Finanzministeriums vom 22.12.1998 - SMBl. NRW. 203205) sowie die Erstattung von Verdienstausfall in entsprechender Anwendung
des Gesetzes über die Vergütung von
Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und
Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen,
ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG);
1.5
die Aufwendungen, die für Maßnahmen entstehen, die dazu dienen, die
Schiedsperson mit ihren Aufgaben vertraut zu machen; hierzu zählt auch der
Beitrag für die Zentralorganisation, die sich die Wahrnehmung der Interessen
und die Aus- und Weiterbildung der Schiedspersonen satzungsgemäß zum Ziel
gesetzt hat;
1.6
Ersatz für Personen- und Sachschäden i. S. d. § 12 Abs. 2;
1.7
nicht beitreibbare, gemäß § 45 Abs. 4 nicht erhobene oder
gemäß VV 2.5 zu § 46 nicht zu erhebende Auslagen
der Schiedspersonen.
Amtsraum
2.1
Die Gemeinde, die die Sachkosten zu tragen hat, hat für einen geeigneten Raum
zu sorgen, in dem die Schiedsperson ihre Amtstätigkeit ausüben, insbesondere
Schlichtungstermine abhalten kann. Der Raum ist mit angemessener Ausstattung,
mit Beleuchtung und Heizung zu versehen, für seine Reinigung ist Sorge zu
tragen. Die Benutzung des Raumes kann auf bestimmte Tage und Stunden beschränkt
werden; hierbei sind jedoch die beruflichen Verhältnisse der Schiedsperson zu
berücksichtigen. Eine Ausübung des Schiedsamtes in Schankräumen ist unzulässig.
2.2
Stellt die Gemeinde der Schiedsperson keinen besonderen Raum zur Verfügung und
benutzt sie deshalb bei ihrer Amtstätigkeit ihre Wohnung oder andere zu ihrer
Verfügung stehende Räume, so hat die Gemeinde der Schiedsperson auf Verlangen
für die Benutzung der Räume, für ihre Beleuchtung, Heizung und Reinigung sowie
für die Abnutzung der Einrichtungsgegenstände eine angemessene, unter
Berücksichtigung des Umfangs der Amtstätigkeit zu bestimmende Entschädigung zu
gewähren. Die Entschädigung darf den Betrag nicht übersteigen, den die Gemeinde
aufzuwenden hätte, wenn sie den Amtsraum zur Verfügung stellen würde.
2.3
Ist die Gemeinde bereit, der Schiedsperson einen geeigneten Raum zur Verfügung
zu stellen, zieht diese es aber vor, gleichwohl bei ihrer Amtstätigkeit ihre
Wohnung oder andere zu ihrer Verfügung stehende Räume zu benutzen, so bleibt es
der Gemeinde überlassen, ob und in welcher Höhe der Schiedsperson eine
Entschädigung aus diesem Anlass zu gewähren ist.
VV zu § 13
Aufgabe der Schiedsperson
1.1
Aufgabe der Schiedsperson ist die gütliche Schlichtung streitiger
Rechtsangelegenheiten. Sie ist kein Schiedsrichter und zu einer Entscheidung
irgendwelcher Art nicht berufen. Zwang zur Einigung darf sie nicht ausüben.
1.2
Als Organ der Rechtspflege muss die Schiedsperson in- und außerhalb der
Schlichtungsverhandlung stets unparteiisch sein. Anteilnahme an den zu
verhandelnden Sachen, die geduldige Bereitschaft, den Beteiligten zuzuhören und
auf ihr Vorbringen einzugehen, die Herstellung einer ruhigen und entspannten
Atmosphäre sowie zurückhaltendes Auftreten der Schiedsperson sind die besten
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Tätigkeit.
Sachliche Zuständigkeit der Schiedsperson in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten
2.1
Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 13 sind Streitigkeiten, die im
Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung von den ordentlichen Gerichten
nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung entschieden werden müssen. Hierzu
gehören insbesondere auch diejenigen bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten, bei
denen die Zulässigkeit einer Klage gemäß §§ 53, 54 Justizgesetz NRW von der
vorherigen Durchführung einer außergerichtlichen Streitschlichtung abhängig ist
(obligatorische außergerichtliche Streitschlichtung). Die Bestimmungen für das
Schlichtungsverfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gelten gleichermaßen
in Fällen obligatorischer außergerichtlicher Streitschlichtung wie in den
anderen bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten.
2.2
In erster Linie kommen vermögensrechtliche Ansprüche für eine
Schlichtungsverhandlung vor der Schiedsperson in Betracht. Vermögensrechtlich
ist ein Anspruch, wenn er auf Zahlung von Geld oder auf eine in Geld schätzbare
Leistung gerichtet ist oder auf einem Rechtsverhältnis beruht, das die Leistung
von Geld oder geldwerten Sachen oder Rechten zum Gegenstand hat.
2.3
Danach sind zum Beispiel vermögensrechtlich die Ansprüche auf: Schadensersatz,
Schmerzensgeld, Beseitigung, Beachtung der Hausordnung oder Wahrung
nachbarrechtlicher Belange. Ausgenommen sind Ansprüche, die eine durch Ehe,
eine Lebenspartnerschaft oder Verwandtschaft begründete gesetzliche
Unterhaltspflicht betreffen, weil sie vor dem Familiengericht geltend zu machen
sind. Vom Schlichtungsverfahren ebenfalls ausgeschlossen sind solche
Streitigkeiten des bürgerlichen Rechts, die den Familienstand oder die
Personenrechte betreffen (z. B. Ehesachen, Lebenspartnerschaftssachen,
Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern,
Betreuungssachen, Namensstreitigkeiten).
2.4
Daneben kann die Schiedsperson auch zur Beilegung nichtvermögensrechtlicher
Streitigkeiten angerufen werden, bei denen es um nicht in Presse und Rundfunk
begangene Verletzungen der persönlichen Ehre geht. Zu dem Bereich der Presse
und des Rundfunks gehören auch die Online-Angebote von Medienunternehmen
beziehungsweise Medienanstalten. Äußerungen Privater im Internet beispielsweise
in sozialen Netzwerken fallen hingegen sachlich in die Zuständigkeit der Schiedspersonen.
Gedacht ist insbesondere an Ehrverletzungen im sozialen Nahbereich, die nicht
selten im Zusammenhang mit anderen Rechtsstreitigkeiten stehen, und für die die
Schiedsperson ohnehin im strafrechtlichen Bereich für den Sühneversuch gemäß §
380 Abs. 1 StPO zuständig ist.
2.5
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit darf die Schiedsperson nicht
bearbeiten; sie darf deshalb grundsätzlich Schuldverschreibungen aller Art,
Anerkenntnisse, Bürgschaften, Hypotheken- und Grundschuldbestellungen, Abtretungserklärungen,
Vollmachten, Quittungen, Kauf-, Tausch-, Pacht- und Mietverträge nicht
protokollieren.
2.6
Sind Erklärungen und Verträge nach VV 2.5 Teile eines aufzunehmenden
Vergleiches, dürfen diese zu Protokoll genommen werden. Das gilt nicht, wenn
für diese zu ihrer Gültigkeit die notarielle Form vorgeschrieben ist (z. B.
Grundstückskaufvertrag, § 311b Abs. 1 BGB).
2.7
Die Schiedsperson darf Unterschriften nicht beglaubigen und Bescheinigungen nur
im Rahmen ihrer durch das Schiedsamtsgesetz gegebenen Zuständigkeit ausstellen.
Zur Beglaubigung der Abschrift einer Urkunde ist die Schiedsperson nur dann
befugt, wenn es sich um eine Urkunde handelt, die sie selbst oder die eine
Schiedsperson ausgestellt hat, deren Bücher sie verwahrt.
Partei
3.1
Parteien des Schlichtungsverfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sind
antragstellende Partei und Gegenpartei.
3.2
Die Schiedsperson führt die Schlichtungsverhandlung mit den anwesenden Parteien
oder, soweit eine Vertretung zulässig ist (vgl. VV 2 zu § 22), mit den
erschienenen Vertretern. Für natürliche Personen, die nicht voll geschäftsfähig
sind, handelt deren gesetzliche Vertretung, für Handelsgesellschaften und
Partnerschaften nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz handeln die
vertretungsberechtigten Gesellschafterinnen oder Gesellschafter und für
juristische Personen deren Organe. Darüber hinaus kann sich jede Partei einer
Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts sowie eines sonstigen Beistands
bedienen.
3.3
Vor Eintritt in die Schlichtungsverhandlung hat sich die Schiedsperson nach
Maßgabe von VV 4 zu § 13 und von VV 3 zu § 24 über die Identität, die
Geschäftsfähigkeit und die Vertretungsbefugnis der Erschienenen zu
vergewissern.
Geschäftsfähigkeit
4.1
Für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben
(Minderjährige), kann vor der Schiedsperson nur die gesetzliche Vertretung
einen Vergleich schließen.
4.2
Bei Volljährigen, für die eine Betreuung angeordnet ist, ist gesetzliche
Vertretung deren Betreuerin oder Betreuer nur im Rahmen der ihr übertragenen
Angelegenheiten (§ 1902 BGB). Die Anordnung der Betreuung führt nicht
automatisch zum Wegfall der Geschäftsfähigkeit. Vielmehr muss in jedem
Einzelfall geprüft werden, ob die unter Betreuung stehende Person für den
konkret abzuschließenden Vergleich geschäftsunfähig ist. Eine solche Prüfung
ist in der Regel aber nur dann erforderlich, wenn sich Zweifel an der
Geschäftsfähigkeit aufdrängen.
Ist allerdings für die betreute Person ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet (§
1903 BGB), ist die Zustimmung der Betreuerin oder des Betreuers erforderlich,
soweit eine Angelegenheit betroffen ist, für die der Einwilligungsvorbehalt
angeordnet ist.
4.3
Mit Personen, die sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden
Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden, darf die
Schiedsperson nicht verhandeln.
Gesetzliche Vertretung bei natürlichen Personen
5.1
Minderjährige, die unter elterlicher Sorge stehen, werden im Regelfall von
beiden Elternteilen gemeinschaftlich vertreten (§ 1626, § 1629 Abs. 1 BGB). Die
elterliche Sorge kann aber auch einem Elternteil allein zustehen; das ist zum
Beispiel der Fall, wenn ein Elternteil verstorben ist (§ 1680 BGB),wenn die
elterliche Sorge eines Elternteils aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen
ruht (§§ 1673 - 1675, 1678 BGB), wenn das Gericht die elterliche Sorge nach
Trennung und (FN1) Scheidung der Ehe der Eltern oder im Falle des
Getrenntlebens einem Elternteil übertragen hat(§ 1671 BGB), wenn die elterliche
Sorge einem Elternteil ganz oder teilweise entzogen worden ist (§§ 1666, 1680
BGB) oder wenn im Einzelfall oder für eine bestimmte Art von Angelegenheiten
einem Elternteil das Entscheidungsrecht vom Gericht übertragen worden ist (§
1628 BGB). Sind beide Eltern an der Ausübung der elterlichen Sorge gehindert,
werden Minderjährige von dem durch das Gericht bestellten Ergänzungspfleger (§
1909 BGB) vertreten.
5.2
Waren die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht
miteinander verheiratet, steht beiden Elternteilen die elterliche Sorge und
Vertretung gemeinsam zu, wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam
ausüben wollen, einander geheiratet haben oder soweit ihnen das Familiengericht
die elterliche Sorge gemeinsam übertragen hat. Die Sorgeerklärung bedarf der
öffentlichen Beurkundung. Anderenfalls unterstehen Minderjährige gemäß § 1626a
Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs allein der elterlichen Sorge der Mutter
und werden von ihr allein vertreten, sofern nicht eine abweichende
Sorgeregelung vorliegt.
5.3
Minderjährige, die nicht unter elterlicher Sorge stehen, werden durch den
Vormund vertreten. Neben dem Vormund kann ein Gegenvormund bestellt werden.
5.4
Bei Rechtsgeschäften zwischen der gesetzlichen Vertretung, ihrem Ehegatten, ihrer Lebenspartnerin oder ihrem Lebenspartner oder einem Verwandten in gerader Linie einerseits und
der geschäftsunfähigen vertretenen Person andererseits kann die gesetzliche
Vertretung in der Regel nicht für die vertretene Person handeln; in solchen
Fällen ist der vertretenen Person, wenn sie minderjährig ist, ein Pfleger oder,
wenn sie volljährig ist, ein weiterer Betreuer (§ 1899 Abs. 4 BGB) für diese
Angelegenheit vom Familiengericht beziehungsweise Betreuungsgericht zu
bestellen.
5.5
Bestehen Zweifel, ob die Person, die als gesetzliche Vertretung auftritt, die
Befugnis hierzu überhaupt oder für den besonderen Fall besitzt, so ist die
Aufnahme eines Vergleichs abzulehnen, sofern der Zweifel nicht durch Nachfrage
bei der Leitung des Amtsgerichts beseitigt werden kann.
5.6
Wegen der Besonderheiten des strafrechtlichen Schlichtungsverfahrens ist
außerdem VV 5 zu § 34 zu beachten.
Gesetzliche Vertretung und Organe juristischer Personen
6.1
Für juristische Personen (rechtsfähige Vereine, Stiftungen,
Handelsgesellschaften mit selbständiger Rechtspersönlichkeit - z.B.
Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Erwerbs- und
Wirtschaftsgenossenschaften) handeln die satzungsgemäß bestimmten Organe. Bei
juristischen Personen des Privatrechts ist das in der Regel der Vorstand.
Handelsgesellschaften (Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft,
Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit) sowie Partnerschaften nach dem
Partnerschaftsgesellschaftsgesetz werden durch ihre vertretungsberechtigten
Gesellschafterinnen oder Gesellschafter vertreten.
6.2
Ein nicht rechtsfähiger Verein kann vor der Schiedsperson als Antragsteller
nicht auftreten; er kann aber Antragsgegner sein und wird dann durch seinen
Vorstand vertreten.
6.3
Die gesetzliche Vertretung einer Partei, vertretungsberechtigte Gesellschafterinnen
oder Gesellschafter einer Handelsgesellschaft oder einer Partnerschaft nach dem
Partnerschaftsgesellschaftsgesetz sowie Organe juristischer Personen haben in
dem Verfahren vor der Schiedsperson dieselbe Stellung wie die Partei.
VV zu § 14
1
Für die örtliche Zuständigkeit der Schiedsperson
ist grundsätzlich der Wohnsitz, der sich nach den Grundsätzen der §§ 7 bis 9
des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmt, beziehungsweise der Sitz oder die
Niederlassung der Gegenpartei maßgeblich. Daneben können die weiteren in § 14
Absatz 2 Nummer 1 bis 3 genannten Streitgegenstände die örtliche Zuständigkeit
einer Schiedsperson begründen.
2
Eine stillschweigende Zuständigkeitsvereinbarung ist unzulässig.
3
Hat die Gegenpartei ihren Wohnsitz beziehungsweise ihren Sitz oder ihre
Niederlassung nicht in dem Schiedsamtsbezirk und ist auch keine besondere
Zuständigkeit nach § 14 Absatz 2 gegeben, kann die Schiedsperson nur tätig
werden, wenn die Beteiligten die Zuständigkeit ausdrücklich vereinbaren. Die
Parteien können ihr Einverständnis mit einer Verhandlung vor der an sich
unzuständigen Schiedsperson vor ihr persönlich zu Protokoll oder aber
schriftlich erklären. In letzterem Fall muss die antragstellende Partei der
Schiedsperson die schriftliche Zustimmung der Gegenpartei vorlegen. Es genügt,
wenn sich die Zustimmung aus dem Inhalt eines Briefes ergibt. Auf Wunsch der
antragstellenden Partei darf die Schiedsperson selbst bei der Gegenpartei
anfragen, ob sie damit einverstanden ist, dass die Schlichtungsverhandlung bei
ihr als der an sich unzuständigen Schiedsperson vorgenommen werde. Ohne die
schriftliche Einverständniserklärung der Gegenpartei darf die Schiedsperson
keinen Termin anberaumen.
VV zu § 15
1
Die Schiedsperson braucht nicht in ihrem Amtsraum oder in ihrer Wohnung tätig
zu werden. Sie ist aber an die Grenzen ihres Schiedsamtsbezirks gebunden; an
einem Ort außerhalb dieses Bezirks ist eine Amtstätigkeit untersagt. Eine
Ausnahme gilt nur dann, wenn außerhalb des Schiedsamtsbezirks ein Amtsraum von
der Gemeinde zur Verfügung gestellt wird oder es sich um eine Augenscheinseinnahme handelt.
2
Wird die Schiedsperson nach § 11 stellvertretend tätig, so erweitert sich ihr
Bezirk für die Dauer der Vertretung um den Bezirk der vertretenen
Schiedsperson.
VV zu § 16
1
Bevor die Schiedsperson ihre Amtstätigkeit aufnimmt, hat sie zu prüfen, ob sie
nicht von der Ausübung ihres Amtes ausgeschlossen ist. Ist das der Fall, so
darf sie nicht tätig werden.
2
Für die ausgeschlossene Schiedsperson tritt ihre Vertretung ein. Die Schiedsperson
benachrichtigt die Vertretung (VV 1 zu § 11) und für den Fall, dass diese
ebenfalls verhindert ist, die Leitung des Amtsgerichts und den Bürgermeister
nach VV 2 zu § 11.
3.1
Über Verwandtschaft trifft § 1589 BGB folgende Bestimmung:
"Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie
verwandt. Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von
derselben dritten Person abstammen, sind in der Seitenlinie verwandt. Der Grad
der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden
Geburten."
3.2
Verwandte in gerader Linie sind danach die leiblichen Eltern, Großeltern,
Urgroßeltern, Kinder, Enkel und Urenkel.
3.3
Verwandte in der Seitenlinie bis zum dritten Grade sind: eigene Geschwister und
deren leibliche Kinder sowie Geschwister der Eltern.
3.4
Über Schwägerschaft bestimmt § 1590 Abs. 1 S.
1 BGB Folgendes: „Die Verwandten eines Ehegatten sind mit dem anderen Ehegatten
verschwägert.“ § 11 Abs. 2 S. 1 LPartG bestimmt
Folgendes: „Die Verwandten eines Lebenspartners gelten als mit dem anderen
Lebenspartner verschwägert.“ § 1590 Abs. 1 S. 2 BGB und § 11 Abs. 2 S. 2 LPartG bestimmen jeweils Folgendes: „Die Linie und der Grad
der Schwägerschaft bestimmen sich nach der Linie und dem Grad der sie
vermittelnden Verwandtschaft."
3.5
In gerader Linie Verschwägerte sind oder
gelten als solche die Eltern, Großeltern und Urgroßeltern des Ehegatten oder
der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners sowie die - nicht gemeinsamen -
Kinder des Ehegatten oder der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners und deren
Abkömmlinge.
3.6
In der Seitenlinie bis zum zweiten Grade Verschwägerte sind oder gelten als
solche die Geschwister des Ehegatten oder der
Lebenspartnerin oder des Lebenspartners.
3.7
Wenn
a) ein Kind von einem Ehepaar,
b) das Kind einer Ehegattin von der anderen Ehegattin
oder dem Ehegatten oder das Kind eines Ehegatten von dem anderen Ehegatten oder
der Ehegattin oder
c) das Kind einer Lebenspartnerin von der anderen
Lebenspartnerin oder das Kind eines Lebenspartners von dem anderen Lebenspartner
angenommen wird, erlangt das Kind gemäß § 1754 Absatz
1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs beziehungsweise § 9 Absatz 7 des
Lebenspartnerschaftsgesetzes die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen
Kindes der Ehegatten, der Lebenspartnerinnen oder der Lebenspartner. Dies gilt
für zwei Personen, die in einer verfestigten Lebensgemeinschaft im Sinne von §
1766a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs leben und ein Kind annehmen, gemäß
§ 1766a des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend. Ist die oder der Annehmende
mit einer oder einem Dritten verheiratet, kann sie oder er das Kind ihrer oder
seiner Partnerin oder ihres oder seines Partners gemäß § 1766a Absatz 3 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs nur allein annehmen. In den anderen Fällen erlangt das
Kind gemäß § 1754 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die rechtliche Stellung eines
Kindes der oder des Annehmenden, sodass mit der, dem oder den Annehmenden ein
Verwandtschaftsverhältnis entsteht. Das Verwandtschaftsverhältnis zu den
bisherigen Verwandten erlischt gemäß § 1755 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Als
Kinder können aber auch Erwachsene angenommen werden. In diesem Fall ist
grundsätzlich nach § 1770 des Bürgerlichen Gesetzbuches das
Verwandtschaftsverhältnis auf die annehmende und die angenommene Person
beschränkt. Die bisherigen Verwandtschaftsverhältnisse bleiben grundsätzlich
bestehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Familiengericht bei der Annahme
gemäß § 1772 des Bürgerlichen Gesetzbuches etwas anderes angeordnet hat.
VV zu § 17
1
Die Schiedsperson wird die antragstellende Partei eines bürgerlich-rechtlichen
Schlichtungsverfahrens schon bei der Antragstellung befragen, ob in derselben
Angelegenheit ein Rechtsstreit vor dem Prozessgericht schwebt. Falls diese
Frage bejaht wird, ist der antragstellenden Partei weiter die Frage zu stellen,
ob sie das Schlichtungsverfahren deshalb beantragt, weil das Gericht den
Versuch einer außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorgeschlagen hat. Wird
diese weitere Frage daraufhin verneint, soll die Schiedsperson jedes
Tätigwerden ablehnen und die antragstellende Partei darauf hinweisen, dass sie
in diesem Falle nur bei Vorlage der schriftlichen Einverständniserklärungen
beider Parteien zur Durchführung des Schlichtungsverfahrens befugt ist. (FN1)
2
Ferner muss die Schiedsperson die antragstellende Partei bei der Antragstellung
befragen, ob in derselben Angelegenheit ein Schlichtungsverfahren vor einer
anderen Gütestelle anhängig oder bereits durchgeführt worden ist. Wird diese
Frage bejaht, soll die Schiedsperson ebenfalls jedes Tätigwerden ablehnen und
die antragstellende Partei darauf hinweisen, dass sie in diesem Falle nur bei
Vorlage der schriftlichen Einverständniserklärungen beider Parteien zur
Durchführung des Schlichtungsverfahrens befugt ist.
3
In beiden Fällen darf die Schiedsperson erst Termin bestimmen und die
Gegenpartei laden, wenn die Einverständniserklärungen vorliegen.
VV zu § 18
aufgehoben
1
Jede Partei kann sich eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Beistands
bedienen. Beistand ist eine Person, die neben der persönlich erschienenen
Partei zu deren Unterstützung in der Schlichtungsverhandlung erscheint.
2
Ein aktiv störendes Betragen eines sonstigen Beistands berechtigt die
Schiedsperson zur Zurückweisung. Empfindet lediglich die andere Partei die
Anwesenheit des Beistands als störend und lehnt sie deswegen eine Aussprache
vor der Schiedsperson ab, ist die Zurückweisung nicht zulässig. Die
Schiedsperson wird in einem solchen Fall bestrebt sein, die Beteiligten davon
zu überzeugen, dass der Versuch einer gütlichen Streitbeilegung zwischen den
persönlich anwesenden Parteien nicht an der Anwesenheit des Beistands scheitern
sollte.
3
Mitglieder der Rechtsanwaltschaft dürfen nicht zurückgewiesen werden. Dies gilt
nicht für Rechtsbeistände, auch soweit sie nach § 209
Bundesrechtsanwaltsordnung Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sind.
4
Nicht zurückgewiesen werden darf ferner der Beistand einer lese- oder
schreibunkundigen Person oder einer Person, die der deutschen Sprache nicht
mächtig oder blind, taub oder stumm ist.
5
In Strafsachen ist ferner § 38 Satz 2 zu beachten.
VV zu § 20
1
Eingeleitet wird das Schlichtungsverfahren durch Anbringung eines Antrages. In
dem Antrag ist sogleich die gesetzliche Vertretung einer Partei anzugeben, weil
die Zustellung an die Vertretung zu erfolgen hat. Die Angaben, die der Antrag
nach § 20 Abs. 1 Satz 3 enthalten muss, sollen die Schiedsperson in die Lage
versetzen, schon bei der Antragstellung ihre örtliche und sachliche
Zuständigkeit zu prüfen sowie festzustellen, ob Ausschließungs- oder
Ablehnungsgründe vorliegen. Ist ein schriftlicher Antrag in wesentlichen
Punkten unvollständig, so hat die Schiedsperson für eine Ergänzung Sorge zu
tragen. Dies gilt auch, falls die erforderlichen Abschriften nicht beigefügt
sind.
Der Antrag ist dann ordnungsgemäß gestellt, wenn die zuvor genannten
Voraussetzungen vorliegen und darüber hinaus auch der geforderte
Kostenvorschuss vollständig eingezahlt worden ist. Erst danach beginnt die
Frist von drei Monaten nach § 29a Abs. 1 Buchstabe c zu laufen. Im Übrigen kann
der Antrag auch von der gesetzlichen oder bevollmächtigten Vertretung der
antragstellenden Partei wirksam unterschrieben werden.
2
Wohnen die Parteien nicht in demselben Schiedsamtsbezirk und ist auch nach § 14
Absatz 2 keine Zuständigkeit am Wohnsitz der antragstellenden Partei eröffnet,
kann sich die antragstellende Partei wegen ihres Antrages an die für ihren
Wohnsitz zuständige Schiedsperson wenden. Diese hat den Antrag im Wege der
Amtshilfe aufzunehmen und ihn unverzüglich mitsamt einem etwa an sie gezahlten
Kostenvorschuss (vgl. aber VV 1 zu § 43) an die zuständige Schiedsperson zu
übersenden. Dabei kann sie sich, wenn ihr der Name und die Anschrift der
zuständigen Schiedsperson nicht bekannt sind, der Vermittlung sowohl der für
sie als auch der für die auswärtige Schiedsperson zuständigen Leitung des
Amtsgerichts bedienen.
3
Ist die Schiedsperson für die Angelegenheit sachlich nicht zuständig (vgl. VV 2
zu § 13) oder liegen Ablehnungsgründe vor, weist sie die antragstellende Partei
hierauf hin und nimmt den Antrag nicht auf. Liegen Ausschließungsgründe vor,
verfährt die Schiedsperson nach VV 2 zu § 16.
4
Erklärt sich die Schiedsperson bereit, Anträge gemäß § 20 Absatz 3 auch per
E-Mail entgegenzunehmen, teilt sie die E-Mail-Adresse der Gemeinde und dem
Amtsgericht mit. In diesem Fall veröffentlicht auch das für Justiz zuständige
Ministerium diese Adresse als Zugangsweg für die Entgegennahme von
Schiedsanträgen. Die Schiedsperson ist für den datenschutzkonformen Umgang
verantwortlich. Ist die Schiedsperson verhindert, hat sie dies der Absenderin
oder dem Absender unverzüglich, beispielsweise durch eine automatische
Nachricht, mitzuteilen. Sie hat ferner die Zugangsdaten für das E-Mail-Postfach
bei der Leitung des Amtsgerichts zu hinterlegen. Die hinterlegten Zugangsdaten
dürfen nur dazu genutzt werden, im Fall der Verhinderung der Schiedsperson
ihrer Vertretung den Zugriff auf eingegangene Anträge zu ermöglichen, wenn dies
auf anderem Wege nicht möglich ist.
5
Die für die Wiederholung einer erfolglos verlaufenen Schlichtungsverhandlung
erforderlichen schriftlichen Einverständniserklärungen beider Parteien sind -
sofern sie nicht gegenüber der Schiedsperson abgegeben werden - dieser
vorzulegen. Erfolglos verlaufen ist die Schlichtungsverhandlung, in der keine
Einigung zwischen den anwesenden Parteien erzielt worden oder in der die
Gegenpartei ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben ist (§ 23 Abs. 2).
1
Vor der Terminsbestimmung prüft die Schiedsperson, ob
sie örtlich und sachlich zuständig ist und ob Ausschließungs- oder
Ablehnungsgründe vorliegen (VV 1und 3 zu § 20). Außerdem stellt sie die
Identität der antragstellenden Partei fest und prüft ggf. die
Vertretungsbefugnis der Vertretung (vgl. VV 2 und 3 zu § 24). Die Schiedsperson
zieht von der antragstellenden Partei einen angemessenen Kostenvorschuss ein
(vgl. VV 1 und 2 zu § 43).
2
Bei der Terminsbestimmung ist darauf zu achten, dass
die zweiwöchige Frist zwischen der Zustellung der Ladung und dem Termin gewahrt
wird. Auf Antrag einer Partei kann die Ladungsfrist auf eine Woche verkürzt
werden. Eine weitere Verkürzung der Ladungsfrist darf die Schiedsperson nur
dann vornehmen, wenn beide Parteien gegenüber der Schiedsperson ihre Zustimmung
mündlich oder schriftlich erklärt haben.
3
Der Nachweis der Ordnungsgemäßheit der Ladung wird dadurch geführt, dass die
Schiedsperson die Ladung gegen Empfangsbekenntnis selbst aushändigt oder durch
die Post gegen Zustellungsurkunde oder per Einschreiben mit Rückschein
zustellt.
4
Auf dem zuzustellenden Schriftstück und dem Empfangsbekenntnis oder der
Zustellungsurkunde der Post oder dem Rückschein vermerkt die Schiedsperson die
laufende Nummer des Vorblattes des Protokollbuchs, unter der die Sache
eingegangen ist. Ferner trägt die Schiedsperson im Empfangsbekenntnis unter den
Leitwörtern "Kurze Bezeichnung des Schriftstückes" Folgendes ein:
"Ladung zum . . ." mit Angabe des Datums der Schlichtungsverhandlung.
5
Wenn eine Partei gesetzlich vertreten ist, so muss die Schiedsperson der
Vertretung die Ladung zustellen.
6
Steht eine Partei unter elterlicher Sorge oder Vormundschaft, so ist in
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Ladung der gesetzlichen Vertretung
zuzustellen. Bei mehreren gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertretern genügt
die Zustellung an eine oder einen von ihnen. Eltern als gesetzliche Vertretung
ihres Kindes können zusammen geladen werden; in diesem Fall ist die Ladung an
„[Anreden, Namen]“ als gesetzliche Vertretung des Kindes ..." zu adressieren.
Bei Personen, die unter Betreuung stehen, ist VV 4 zu § 13 zu beachten; die
Schiedsperson soll in der Ladung die unter Betreuung stehende Person bitten,
mit ihrer Betreuerin oder ihrem Betreuer zum Termin zu erscheinen, wobei die
von dem Vormundschaftsgericht ausgestellte Bestallungsurkunde vorgelegt werden
soll. In Strafsachen ist VV 2 zu § 38 zu beachten.
7
Zugleich mit der Ladung erhält die Gegenpartei eine Abschrift des Antrages,
damit sie Gelegenheit hat, sich auf die Schlichtungsverhandlung vorzubereiten.
Mit der Ladung weist die Schiedsperson die Parteien hin
- auf die grundsätzliche Pflicht zum persönlichen Erscheinen,
- auf die Möglichkeit, sich durch eine bevollmächtigte Person vertreten zu
lassen, die unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachweist, dass sie zur
Aufklärung des Sachverhalts in der Lage und zu einem Vergleichsabschluss
ermächtigt ist,
- auf die Anzeigepflicht (§ 21 Abs. 4 Satz 2),
- auf die Folgen des Nichterscheinens der antragstellenden Partei (vgl. VV 1 zu
§ 23),
- auf die Notwendigkeit, die Angaben zur Person nach Maßgabe von VV 2.1 zu § 24
nachweisen zu müssen.
8
Die Anzeige, zu dem anberaumten Termin nicht erscheinen zu können, hat eine
Partei zu begründen. "Sonstige wichtige Gründe" im Sinne von § 21
Abs. 4 Satz 1 können z. B. sein die Teilnahme an der Beisetzung eines nahen
Angehörigen, eine zur Terminstunde wahrzunehmende ehrenamtliche Aufgabe oder
staatsbürgerliche Pflicht oder die die dauernde Anwesenheit der Partei
erfordernde Pflege eines nahen Angehörigen. Die Entschuldigungsgründe können
durch Vorlage von Urkunden (z. B. ärztliches Attest, Bescheinigung des
Arbeitgebers, Fahrkarte oder Flugschein) oder eine Erklärung eines Dritten
glaubhaft gemacht werden. Eine Entschuldigung durch eidesstattliche
Versicherung der Partei kommt nicht in Betracht, da die Schiedsperson nicht zur
Entgegennahme einer solchen Erklärung befugt ist.
9
Durch die rechtzeitige näher begründete Anzeige der Partei, zu der anberaumten
Schlichtungsverhandlung nicht erscheinen zu können, wird die Schiedsperson in
die Lage versetzt, bei Stichhaltigkeit der Entschuldigungsgründe den Termin
aufzuheben oder zu verlegen. Gibt eine - auch nicht rechtzeitig eingegangene -
Anzeige Anlass zu einer Terminaufhebung oder Terminverlegung, so unterrichtet
die Schiedsperson hiervon die Parteien unverzüglich auf dem schnellsten Wege.
1
Die geladene Partei hat zu dem anberaumten Termin grundsätzlich persönlich zu
erscheinen, es sei denn, es handelt sich um eine natürliche Person, die
gesetzlich vertreten wird, eine Handelsgesellschaft, eine Partnerschaft nach
dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz oder eine juristische Person. Für
natürliche Personen, die gesetzlich vertreten werden, insbesondere für
Minderjährige, handelt die gesetzliche Vertretung. Für Handelsgesellschaften
(Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Versicherungsverein auf
Gegenseitigkeit) sowie für Partnerschaften nach dem
Partnerschaftsgesellschaftsgesetz handeln ihre vertretungsberechtigten
Gesellschafterinnen und Gesellschafter sowie für juristische Personen
(eingetragener Verein, Stiftung, Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf
Aktien, GmbH, Genossenschaft) ihre Organe. Bei einer Mehrheit gesetzlicher
Vertreter ist eine gegenseitige Bevollmächtigung zulässig. In Strafsachen ist §
36 Abs. 1 zu beachten. Von der Pflicht zum Erscheinen kann die Partei nur
entbunden werden, wenn sie sich aus den in § 21 Abs. 4 Satz 1 genannten Gründen
entschuldigt und diese Gründe glaubhaft macht (vgl. VV 8 zu § 21).
2
Eine Partei gilt auch dann als erschienen, wenn sie eine bevollmächtigte Person
zu dem Termin entsandt hat und diese zur Aufklärung des Sachverhalts in der
Lage ist und einen Vergleich abschließen darf. Die bevollmächtigte Person ist
zu unterscheiden vom Beistand (§ 19). Erforderlich ist, dass die
bevollmächtigte Person - wie die Partei - Angaben zum Sachverhalt machen kann.
Zur Vermeidung späterer Streitigkeiten muss die Vertretungsmacht durch eine
schriftliche Vollmacht nachgewiesen werden, die als Anlage zum Protokoll zu
nehmen ist.
3
Um sich Gewissheit über die Person der
Erschienenen zu verschaffen, hat die Schiedsperson die Regelungen in VV 2 zu §
24 zur Feststellung der Identität sowie in VV 3 zu § 24 zur Prüfung der
Vertretungsmacht zu beachten.
4
Die Teilnahme einzelner Beteiligter
beziehungsweise die vollständige Durchführung der Verhandlung im Wege der Bild-
und Tonübertragung stellt eine Ausnahme vom Grundsatz des persönlichen
Erscheinens und des persönlichen Austausches dar und setzt die Zustimmung der
Parteien voraus. Beabsichtigt die Schiedsperson, dem Antrag auf Teilnahme im
Wege der Bild- und Tonübertragung stattzugeben oder will die Schiedsperson die
Durchführung selbst von Amts wegen anregen, informiert sie die Parteien und
fragt die Zustimmung ab. Hat die Schiedsperson einem Beteiligen auf Antrag hin
gestattet, nicht persönlich sondern im Wege einer
Bild- und Tonübertragung teilzunehmen, findet die Verhandlung im Beisein der
übrigen Beteiligten im Amtsraum statt. Lediglich wenn sämtliche Beteiligte im Wege
einer Bild- und Tonübertragung teilnehmen, steht auch der Schiedsperson die
Wahl ihres Aufenthaltsortes frei, sofern dort die störungsfreie Durchführung
einer nicht-öffentlichen Verhandlung gewährleistet
ist. Bei der Wahl eines Videokonferenz-Dienstes sind die Empfehlungen der oder
des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zu
berücksichtigen.
1
§ 23 bestimmt die Rechtsfolgen beim Ausbleiben der antragstellenden Partei
sowie beim Ausbleiben oder der vorzeitigen Entfernung der antragsgegnerischen
Partei. Das unentschuldigte Fernbleiben der antragstellenden Partei führt zur
Fiktion der Rücknahme des Antrages, sofern die Entschuldigung nicht binnen
eines Monats nachgeholt wird. Besonderheit dieser Rücknahmefiktion ist, dass
der Antrag in diesem Fall auch ohne Zustimmung der Gegenpartei erneut gestellt
werden kann. Das ruhende Verfahren kann aufgrund eines entsprechenden Antrags
der Partei jederzeit wieder aufgenommen werden.
2
Wenn die antragsgegnerische Partei weder selbst zur Schlichtungsverhandlung
erscheint noch sich ordnungsgemäß vertreten lässt, muss die Schiedsperson im
Protokoll die Beendigung des Schlichtungsverfahrens vermerken. Dasselbe gilt,
wenn die antragsgegnerische Partei oder ihre Vertretung sich unentschuldigt vor
Abschluss des Schlichtungsverfahrens entfernt. Jedoch ist ein neuer Termin zu
bestimmen, wenn die antragstellende Partei dies beantragt oder wenn die
antragsgegnerische Partei sich vor dem Ende des Termins hinreichend
entschuldigt hat.
1
Nichtöffentlichkeit der Schlichtungsverhandlung
Die Schlichtungsverhandlung ist nicht
öffentlich, damit die Parteien die Möglichkeit zu einer beiderseits offenen
Aussprache ohne Rücksichtnahme auf unbeteiligte Dritte haben. Außer den
Parteien, ihren gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertretern, den
Beiständen, etwa zugezogenen Dolmetscherinnen oder Dolmetschern, zu
vernehmenden Zeuginnen oder Zeugen und anzuhörenden Sachverständigen sowie der
Leitung des Amtsgerichts oder der von ihr beauftragten Personen ist niemandem
die Anwesenheit in der Schlichtungsverhandlung gestattet. Ihrer Vertretung oder
einer anderen Schiedsperson darf die Schiedsperson mit Zustimmung beider
Parteien den Zutritt zur Schlichtungsverhandlung gestatten.
Feststellung der Identität
2.1
Vor Eintritt in die Schlichtungsverhandlung hat sich die Schiedsperson davon zu
überzeugen, dass die Parteien oder ihre Vertretung diejenigen sind, für die sie
sich ausgeben. Kennt sie sie nicht, so müssen sie ihre Angaben zur Person
nachweisen. Dies kann durch einen Pass, durch einen Personalausweis, eine
Kennkarte, einen Führerschein oder ähnliche Urkunden mit Lichtbild geschehen.
2.2
Kann eine Partei oder deren Vertretung ihre Identität nicht nachweisen, ist so
zu verfahren, als wenn diese Partei nicht erschienen wäre (VV zu § 23). In
Strafsachen ist § 37 zu beachten.
3
Prüfung der Vertretungsmacht
3.1
Tritt für eine nicht geschäftsfähige Person ein Vormund, eine Betreuerin bzw.
ein Betreuer oder eine Pflegerin bzw. ein Pfleger auf, so muss sich die
Schiedsperson die von dem Familiengericht beziehungsweise Betreuungsgericht
ausgestellte Bestallungsurkunde vorlegen lassen. Aus dieser ergibt sich der
Aufgabenkreis des Vormundes, der Betreuerin bzw. des Betreuers oder der
Pflegerin bzw. des Pflegers (vgl. für Betreuung aber VV 4.2 zu § 13).
3.2
Tritt für eine unter gemeinsamer elterlicher Sorge stehende minderjährige
Person nur ein Elternteil auf, so muss dieser der Schiedsperson eine von dem
anderen Elternteil ausgestellte schriftliche Vollmacht vorlegen, aus der sich
ergibt, dass der erschienene Elternteil den anderen Elternteil vertreten darf
(§ 22 Abs. 2 Satz 3).
3.3
Soweit sich eine juristische Person, eine Handelsgesellschaft oder eine
Partnerschaft nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz durch Bevollmächtigte
vertreten lässt, ist eine schriftliche Vollmacht vorzulegen, die von dem Organ
der juristischen Person oder den vertretungsberechtigten Gesellschafterinnen
oder Gesellschaftern der Handelsgesellschaft oder der Partnerschaft ausgestellt
sein muss; eine Abschrift genügt nicht. Es kann auch ein beglaubigter Auszug
aus dem Vereins- oder Handelsregister vorgelegt werden.
3.4
Bestehen Bedenken gegen die Legitimation der gesetzlichen Vertretung, der
vertretungsberechtigten Gesellschafterinnen oder Gesellschafter oder der
Organe, so ist so zu verfahren, als wäre die jeweilige Parte nicht erschienen
(VV zu § 23).
Schlichtungsverhandlung mit sprachfremden, tauben und stummen Personen
4.1
Sprachfremd ist eine Partei, die nicht so viel deutsch versteht und/oder
spricht, dass sie sich an einer in deutscher Sprache geführten
Schlichtungsverhandlung beteiligen kann.
4.2
Beherrscht die Schiedsperson die Sprache der sprachfremden Partei, so
verhandelt sie mit ihr in deren Sprache und übersetzt die Erklärungen der
Parteien.
4.3
Beherrscht die Schiedsperson die Sprache der sprachfremden Partei nicht, so ist
die Verhandlung in deutscher Sprache zu führen.
4.4
Eine sprachfremde Partei kann einen sprachkundigen Beistand zuziehen, der ihre
Erklärungen in die deutsche Sprache und die Erklärungen der Schiedsperson und
der anderen Partei in die Sprache der sprachfremden Partei übersetzt.
Sprachkundiger Beistand kann auch ein Angehöriger oder eine sonst der Partei
nahestehende Person sein.
4.5
Jede Partei kann verlangen, dass eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher
zugezogen wird. Die Schiedsperson wählt die Dolmetscherin oder den Dolmetscher
aus. Sie kann auch Personen auswählen, die nicht als Dolmetscher allgemein
beeidigt worden sind. Erforderlichenfalls bittet die Schiedsperson die Leitung
des Amtsgerichts um Mitteilung der Dolmetscherinnen und Dolmetscher, die in der
bei der Präsidentin oder bei dem Präsidenten des Oberlandesgerichts geführten
Liste aufgeführt sind.
4.6
Die Schiedsperson hat grundsätzlich die Zuziehung einer Dolmetscherin oder
eines Dolmetschers davon abhängig zu machen, dass die antragstellende Partei
gem. § 43 einen ausreichenden Auslagenvorschuss entrichtet (vgl. VV 2.2 und 2.3
zu § 46).
4.7
Wird der Antrag auf Zuziehung einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers erst
in der Schlichtungsverhandlung gestellt, so unterbricht die Schiedsperson die
Verhandlung und bestimmt einen neuen Termin, sobald sie die Dolmetscherin oder
den Dolmetscher ausgewählt und sobald die antragstellende Partei den
erforderlichen Auslagenvorschuss (VV 4.6) gezahlt hat.
4.8
Entsprechendes gilt für die Schlichtungsverhandlung mit tauben oder stummen
Personen. Ein Auslagenvorschuss (VV 4.6) ist jedoch nicht zu entrichten.
Erörterung mit den Parteien
§ 24 Abs. 2 beschreibt die Aufgabe der
Schiedsperson im Schlichtungsverfahren. Sie soll in erster Linie ein Gespräch
zwischen den Parteien herstellen, in dem diese selbst zu einer Lösung ihres
Konflikts gelangen. Wenn es zur Herbeiführung einer Einigung sinnvoll erscheint,
kann die Schiedsperson auch selbst einen Einigungsvorschlag unterbreiten.
Grundlage hierfür sind unter Beachtung der in VV 1 zu § 13 dargestellten
Grundsätze die in der Verhandlung mit den Parteien und in möglichen
Einzelgesprächen gewonnenen Erkenntnisse über deren Interessen.
VV zu § 25
1
Schiedspersonen dürfen zur Aufklärung des Sachverhalts die Vernehmung von
Zeuginnen, Zeugen und Sachverständigen sowie die Einsicht in Urkunden und Akten
vornehmen; die Einnahme des Augenscheins (Ortsbesichtigung) kann nur mit
Zustimmung und in Anwesenheit beider Parteien oder deren Vertretung vorgenommen
werden. Bei der Teilnahme einer oder eines Beteiligten im Wege der Bild- und
Tonübertragung ist eine Beweiserhebung ausgeschlossen.
2
Gegen Zeuginnen oder Zeugen sowie gegen Sachverständige darf kein Zwang zum
Erscheinen und zur Aussage oder zur Gutachtenerstattung ausgeübt werden.
3
Zeuginnen oder Zeugen und Sachverständige sind mündlich oder durch einfachen
Brief zu laden und mit der Ladung darauf hinzuweisen, dass sie weder zum
Erscheinen noch zur Aussage oder zur Gutachtenerstattung verpflichtet sind und
dass sie keinen Anspruch auf Entschädigung oder Vergütung haben. Falls bei der
Schiedsperson von einer Partei ein Betrag für die Entschädigung von Zeuginnen oder Zeugen oder für die Vergütung von
Sachverständigen eingezahlt worden ist,
so teilt dies die Schiedsperson bei der Ladung ebenfalls mit und gibt die Höhe
des eingezahlten Betrages an.
4
In das Protokoll werden Angaben über eine Beweisaufnahme nicht aufgenommen.
VV zu § 26
Ein Protokoll ist auch dann zu fertigen, wenn ein Vergleich nicht zustande
gekommen ist. Ein Protokollvermerk reicht nicht aus.
Äußere Form und Inhalt des Protokolls
2.1
Das Protokoll muss die Straße und die Hausnummer angeben, wenn die Gemeinde in
mehrere Schiedsamtsbezirke geteilt ist.
2.2
Die Schiedsperson hat in dem Protokoll die Parteien so genau zu bezeichnen,
dass eine Verwechslung ausgeschlossen ist. Anzugeben
sind Vorname und Familienname (Ehename) oder der gemeinsame Name
(Lebenspartnerschaftsname) - ggf. auch der Geburtsname - sowie die Anschrift. Zur Unterscheidung häufig vorkommender Namen können
der Geburtstag und der Geburtsort angegeben werden.
2.3
Gesetzliche Vertreterinnen und Vertreter, Organe juristischer Personen,
vertretungsberechtigte Gesellschafterinnen und Gesellschafter einer
Handelsgesellschaft und Partnerschaft nach dem
Partnerschaftsgesellschaftsgesetz oder deren Bevollmächtigte und Beistände sind
als solche im Protokoll neben der Parteibezeichnung anzugeben. Das Gleiche gilt
für Dolmetscherinnen und Dolmetscher. VV 2.2 gilt entsprechend. Die Angabe der
Zeuginnen und Zeugen ist nicht erforderlich.
2.4
Kennt die Schiedsperson die vor ihr auftretenden Personen oder deren Vertretung
nicht, so muss sie im Protokoll angeben, wie sie sich Gewissheit über deren
Identität beziehungsweise Legitimation verschafft hat. Urkunden, auf denen die
Gewissheit beruht, sind genau zu bezeichnen. Soweit Vollmachtsurkunden
vorgelegt werden, sind diese als Anlage zum Protokoll zu nehmen. Zugleich ist
dies im Protokoll zu vermerken.
2.5
In dem Protokoll ist der Gegenstand des Streits anzugeben. Dazu sind die
Anträge der Parteien aufzunehmen. Soweit sich daraus der Gegenstand des Streits
nicht hinreichend ergibt, insbesondere bei Zahlungsansprüchen, ist zusätzlich
zu vermerken, wie der Streit entstanden ist und welche Einwendungen erhoben
worden sind.
3
Fassung des Vergleichs oder Feststellung, dass ein Vergleich nicht zustande
gekommen ist
3.1
Das Protokoll muss erkennen lassen, dass beide Parteien - wenn auch vielleicht
nur geringfügig oder nicht in demselben Maße - nachgegeben haben, um den Streit
beizulegen; ein geringfügiges Nachgeben, z. B. Gewährung einer Stundung oder
die Übernahme von Kosten des Schlichtungsverfahrens, genügt. Passt sich eine
Partei dem Rechtsstandpunkt der anderen an, ohne dass diese ihrerseits
Zugeständnisse macht, so liegt kein Vergleich, sondern vielleicht ein
Anerkenntnis oder ein Verzicht vor, zu dessen Beurkundung die Schiedsperson
nicht befugt ist.
3.2
Aus dem Protokoll muss sich ergeben, worauf die Parteien sich geeinigt haben,
insbesondere was eine Partei der anderen zu welchem Zeitpunkt zu leisten oder
zu gestatten hat.
3.3
Werden Teilleistungen (Ratenzahlungen) vereinbart, so sind auch Höhe und
Fälligkeitsdaten der einzelnen Teilleistungen anzugeben; ferner ist
klarzustellen, ob, wenn die Schuldnerin oder der Schuldner mit einer
Teilleistung in Verzug gerat, der Vergleich insgesamt hinfällig sein soll
(bedingter Vergleich) oder ob die Schuldnerin oder der Schuldner in diesem Fall
zu sofortiger Zahlung der gesamten Restsumme verpflichtet sein soll
(Verfallklausel).
3.4
Soweit ein Vergleich zwischen den Parteien nicht zustande gekommen ist, hat die
Schiedsperson dies im Protokoll festzustellen.
3.5
Im Übrigen sind im Vorblatt zum Protokollbuch (Anlage 3) die in der
Ausfüllanleitung vorgeschriebenen Eintragungen vorzunehmen (vgl. VV 3 zu § 29).
Ein in der Schlichtungsverhandlung geschlossener Vergleich ist erst
rechtsverbindlich, wenn das Protokoll von den anwesenden Parteien und der
Schiedsperson unterschrieben worden ist. Die Schiedsperson hat deshalb darauf
hinzuwirken, dass die Unterschriften am Schluss der Schlichtungsverhandlung
geleistet werden. Soweit die Parteien im Wege einer Bild- und Tonübertragung an
der Verhandlung teilnehmen, vermerkt die Schiedsperson deren mündliche
Zustimmung im Protokoll. Soweit ein Vergleich zwischen den Parteien nicht
zustande gekommen ist, muss das Protokoll nur von der Schiedsperson unterschrieben
werden.
VV zu § 29
Amtliche Bücher
1.1
Die Schiedsperson führt:
1.1.1
ein Protokollbuch mit einem zugehörigen Vorblatt,
1.1.2
ein Kassenbuch,
1.1.3
eine Sammlung der Kostenrechnungen.
1.2
Protokollbuch und Kassenbuchsollen dauerhaft gebunden sein und aus haltbarem
Papier bestehen. Die einzelnen Blätter sind fortlaufend mit Seitenzahlen zu
versehen.
1.3
Anstelle eines dauerhaft gebundenen Buches darf die Schiedsperson auch ein Buch
benutzen, bei dem die einzelnen Blätter mittels einer technischen Vorrichtung
herausgenommen werden können (Loseblattbuch). Die einzelnen Blätter des als
Loseblattbuch geführten Kassenbuchs sind mit fortlaufenden Seitenzahlen zu
versehen. In das als Loseblattbuch geführte Protokollbuch ist jedes Protokoll
spätestens nach Fertigstellung einzuheften und mit fortlaufenden Seitenzahlen
zu versehen. Ein als Loseblattbuch geführtes Protokollbuch ist nach 20
Protokollen abzuschließen und unverzüglich der Leitung des Amtsgerichts gegen
Quittung zu übergeben. Die Leitung des Amtsgerichts vermerkt auf dem Vorblatt
zum Protokollbuch, aus wie vielen Seiten der Teil 2 des Protokollbuchs
insgesamt besteht.
1.4
Beschaffung der Bücher
1.4.1
Die Bücher beschafft die Gemeinde, in der die Schiedsperson ihren Amtssitz hat.
1.4.2
Vor der Aushändigung des Protokollbuchs an die
Schiedsperson trägt der Bürgermeister auf dem Vorblatt des Protokollbuchs
folgenden Vermerk ein:
„Protokollbuch mit Vorblatt des Schiedsamtes . . ..
Der Schiedsfrau/Dem Schiedsmann/Der Schiedsperson ... in ... Bezirk . . . zum
amtlichen Gebrauch übergeben. (Ort und Datum, Dienstsiegel und Unterschrift)“.
Vor der Aushändigung des Kassenbuchs an die
Schiedsperson trägt der Bürgermeister auf ersten Seite des Kassenbuchs
folgenden Vermerk ein:
„Kassenbuch des Schiedsamtes …, bestehend aus …
Seiten. Der Schiedsfrau/Dem Schiedsmann/Der Schiedsperson ... in ... Bezirk . .
. zum amtlichen Gebrauch übergeben. (Ort und Datum, Dienstsiegel und
Unterschrift)“.
1.4.3
Geht ein Protokollbuch oder Kassenbuch auf eine andere Schiedsperson über, so
bringt der Bürgermeister den Vermerk gem. VV 1.4.2 hinter der letzten
Eintragung im Vorblatt des Protokollbuchs bzw. im Kassenbuch an.
1.4.4
Nimmt der Bürgermeister die Eintragung gem. VV 1.4.2 oder VV 1.4.3 nicht vor,
so hat dies die Leitung des Amtsgerichts zu erledigen.
1.5
Führung der amtlichen Bücher
Die Schiedsperson hat ihre amtlichen Bücher sorgfältig zu führen und sicher
aufzubewahren. Blätter dürfen aus den Büchern nicht entfernt werden, es darf
nicht radiert oder sonst unleserlich gemacht werden. Durchstreichungen sind so
vorzunehmen, dass das Durchstrichene noch leserlich bleibt. Sie sind als
Streichungen zu kennzeichnen und zu unterschreiben.
1.6
Behandlung abgeschlossener Bücher und des Schriftguts
1.6.1
Die Schiedsperson hat ein abgeschlossenes Buch unverzüglich bei der Leitung des
Amtsgerichts einzureichen. Sie erhält darüber eine Quittung. Ein neues Buch hat
sie rechtzeitig bei der Gemeinde anzufordern.
1.6.2
Nach Abschluss des Protokollbuchs oder Kassenbuchs hat die Leitung des
Amtsgerichts hinter der letzten Eintragung im Vorblatt des Protokollbuchs bzw.
im Kassenbuch folgenden Vermerk einzutragen:
"Protokollbuch mit Vorblatt/Kassenbuch abgeschlossen.
(Ort und Datum, Dienstsiegel und Unterschrift)."
l.6.3
Das Amtsgericht kann vernichten:
das Protokollbuch, das Vorblatt und die Sammlung der Kostenrechnungen nach 30
Jahren,
das Kassenbuch nach 10 Jahren.
Die Frist beginnt mit dem Tage der letzten Eintragung.
1.6.4
Sonstiges Schriftgut ist ein Jahr lang aufzubewahren.
Protokollbuch
2.1
In das Protokollbuch hat die Schiedsperson einzutragen:
2.1.1
Vergleiche (§§ 26 bis 29, 35),
2.1.2
Vermerke über erfolglos gebliebene Schlichtungsverhandlungen (§ 26 Abs. 2 Nr.
4) und Sühneversuche in Strafsachen (§ 40 Abs. 3),
2.1.3
Vermerke über die Erteilung von Ausfertigungen (§ 32 Abs. 1 Satz 2),
2.1.4
Vermerke über die Erteilung von Vollstreckungsklauseln (§ 33 Abs. 3),
2.1.5
Vermerke über die Ausstellung einer Bescheinigung über einen ohne Erfolg
durchgeführten Schlichtungsversuch (§ 56 Justizgesetz NRW),
2.1.6
Vermerke über die Ausstellung von Bescheinigungen über die Erfolglosigkeit des
Sühneversuchs in Strafsachen (§ 40 Abs. 3).
2.2
Zu anderen Eintragungen darf das Protokollbuch nicht benutzt werden.
Insbesondere gehören Vermerke über die Festsetzung von Ordnungsgeldern (§ 39
Abs. 4) nicht in das Protokollbuch, sondern nur in das zum Protokollbuch
gehörige Vorblatt.
2.3
In das Protokollbuch sind auch die Verhandlungen einzutragen, die die
Schiedsperson als Vertretung einer anderen Schiedsperson aufnimmt; nur wenn die
stellvertretende Schiedsperson kein eigenes Protokollbuch führt, benutzt sie
das Buch der Schiedsperson, die sie vertritt (vgl. VV 3 zu § 11).
Vorblatt des Protokolls
Dem Protokollbuch ist ein Vorblatt nach dem aus
Anlage 3 ersichtlichen Muster vorzuheften. Das Vorblatt ist laufend zu führen.
Kassenbuch
Nähere Bestimmungen über die Führung des
Kassenbuchs enthält VV 1 zu § 41.
VV zu § 29 a
1
Im Falle der Erfolglosigkeit eines Schlichtungsversuchs ist hierüber eine
Bescheinigung zu erteilen (§ 13 Gütestellen- und Schlichtungsgesetz - GüSchlG NRW). Diese ist nach dem Muster in Anlage 3a zu
erstellen.
2
Die Gründe, die zur Erfolglosigkeit der obligatorischen Schlichtung führen,
sind in § 29a festgelegt. § 29a Abs. 2 regelt für die wesentlichen Fälle der
fehlenden Mitwirkung der antragstellenden Partei (ein den Anforderungen des §
20 Abs. 1 Satz 3 nicht genügender Antrag; Nichteinzahlung des verlangten
Kostenvorschusses; Nichterscheinen in der mündlichen Verhandlung), dass entweder
der Lauf der Frist nicht in Ganggesetzt wird oder ein bestimmter Zeitraum für
die Berechnung der Frist außer Betracht bleibt.
3
Falls der Schlichtungsversuch als gescheitert gilt, muss eine
Erfolglosigkeitsbescheinigung ausgestellt werden, im Falle des § 29a Abs. 1
Buchstabe c) jedoch nur auf Antrag.
4
Wegen der Einforderung eines Kostenvorschusses vergleiche § 43 Abs. 2.
VV zu § 30
1
Rechtsnachfolger sind Personen, auf die der im Vergleich genannte Anspruch nach
Abschluss des Vergleichs durch Gesamtrechtsnachfolge (z. B. Erbschaft) oder in
Form der Sonderrechtsnachfolge (z. B. Abtretung oder Pfändung und Überweisung
des Vergleichsanspruchs) übergegangen ist.
2
Eine Ausfertigung kann nur die Partei verlangen, die die Zwangsvollstreckung
betreiben will.
1
Die Ausfertigung des Protokolls besteht aus einer wörtlichen Abschrift des
Protokolls mit allen dazugehörigen Vermerken und einer Abschrift der
Kostenrechnung; unter die Abschrift ist folgender Ausfertigungsvermerk zu
setzen:
"Vorstehende, in dem Protokollbuch unter Nr. ... eingetragene Verhandlung
wird ausgefertigt für . . . (Bezeichnung der Partei oder der
Rechtsnachfolgerin).
(Ort und Datum) (Unterschrift und Dienstsiegel des Schiedsamts)."
2
Wenn eine Ausfertigung mehrere Blätter umfasst, sind die Blätter fest
miteinander zu verbinden. Die Verbindung ist mit einem Abdruck des
Dienstsiegels zu versehen.
1
Aus dem vor einer Schiedsperson geschlossenen Vergleich kann die
Zwangsvollstreckung erst nach Erteilung der Vollstreckungsklausel betrieben
werden.
2
Beantragt eine Partei eine vollstreckbare Ausfertigung, so hat die
Schiedsperson die Partei mit der gemäß VV 1 zu § 31 hergestellten Ausfertigung
des Protokolls an das Amtsgericht zu verweisen, in dessen Bezirk sie ihren
Amtssitz hat. Die Schiedsperson selbst kann die vollstreckbare Ausfertigung
nicht beantragen.
VV zu § 34
1
Sachliche Zuständigkeit
1.1
In Strafsachen darf die Schiedsperson nur bei den
in § 380 Abs. 1 Satz 1 StPO genannten Vergehen oder bei einer Straftat des
Vollrausches (§ 323a StGB), wenn die im Rausch begangene Tat ein dort genanntes
Vergehen ist, tätig werden. Das sind
Hausfriedensbruch, Beleidigung, Verletzung des Briefgeheimnisses,
Körperverletzung (§§ 223, 229 StGB), Bedrohung und Sachbeschädigung. Im Übrigen
ist die Schiedsperson in strafrechtlichen Angelegenheiten auch dann nicht
zuständig, wenn es sich um ein Antragsdelikt handelt. Werden derartige
Straftaten der Schiedsperson vorgetragen, so hat sie die antragstellende Partei
an das Amtsgericht, die Staatsanwaltschaft oder die Polizei zu verweisen.
1.2
Geht es der antragstellenden Partei nicht um die Bestrafung des Täters, sondern
um den Ersatz des durch die Tat entstandenen Schadens oder um Widerruf oder
Unterlassung bei Verletzungen der persönlichen Ehre, so handelt es sich um eine
bürgerliche Rechtsstreitigkeit. Hierzu gehört auch der Anspruch auf
Entschädigung für einen immateriellen Schaden (sogenanntes Schmerzensgeld) nach
§ 253 Abs. 2 BGB. Das Verfahren richtet sich insoweit nach den Vorschriften des
zweiten Abschnitts des Schiedsamtsgesetzes.
2
"Gemischte Streitigkeiten"
Macht die antragstellende Partei in einem
strafrechtlichen Schlichtungsverfahren zugleich auch einen aus der Tat
erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch (z. B. einen Schadensersatzanspruch)
oder einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch (z. B. Widerruf oder Unterlassung
bei Verletzungen der persönlichen Ehre) gegen die Gegenpartei geltend ("gemischte
Streitigkeit"), so verfährt die Schiedsperson nach den Vorschriften des
dritten Abschnitts des Schiedsamtsgesetzes (§§ 34 bis 40). In Verfahren gegen
Gegenparteien, die nichtvoll geschäftsfähig sind, ist VV 5.2.3 zu beachten.
Die einzelnen Delikte
3.1
Hausfriedensbruch
3.1.1
Einen Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) begeht, wer in die Wohnung, in die
Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in
abgeschlossene Räume, die zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind,
widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf
die Aufforderung der berechtigten Person sich nicht entfernt.
3.1.2
Ein Sühneversuch ist unzulässig, wenn der Hausfriedensbruch dadurch begangen
wird, dass sich eine Menschenmenge öffentlich zusammenrottet und in der
Absicht, Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen mit vereinten Kräften zu
begehen, in die geschützten Räumlichkeiten gegen den Willen der berechtigten
Person eindringt (§ 124 StGB).
3.2
Beleidigung
3.2.1
Das Delikt der Beleidigung umfasst die einfache Beleidigung, die üble Nachrede,
die Verleumdung und die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener.
Unter den Begriff der einfachen Beleidigung fallen alle formalen Beleidigungen
nach § 185 StGB, aber auch das Behaupten oder Verbreiten ehrenrühriger
Tatsachen gegenüber der verletzten Person. Die Beleidigung kann auch mittels
einer Tätlichkeit begangen werden.
Eine üble Nachrede (§ 186 StGB) begeht, wer in Beziehung auf eine andere Person
eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die diese verächtlich zu machen oder
in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist.
Eine Verleumdung (§ 187 StGB) begeht, wer wider besseres Wissen in Beziehung
auf eine andere Person eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, die
diese verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen
oder deren Kredit zu gefährden geeignet ist.
Um eine üble Nachrede oder Verleumdung gegen Personen des öffentlichen Lebens
(§ 188 StGB) handelt es sich, wenn gegen eine im politischen Leben des Volkes
stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von
Schriften eine üble Nachrede oder Verleumdung aus Beweggründen begangen wird,
die mit der Stellung der beleidigten Person im öffentlichen Leben
zusammenhängen, und die Tat geeignet ist, ihr öffentliches Wirken erheblich zu
erschweren.
Zur Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener (§ 189 StGB) gehören die durch
eine formale Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung begangenen, die Pietät
schwer verletzenden Angriffe auf die Ehre Verstorbener.
3.2.2
Die Beleidigung gehört nicht zur Zuständigkeit der Schiedsperson, wenn
sie gegen ein Gesetzgebungsorgan des Bundes odereines Landes oder eine andere
politische Körperschaft (z. B. den Stadt- oder Gemeinderat oder Organe der
Kommunalverbände) gerichtet ist (§ 374 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz StPO, § 194
Abs. 4StGB),
der Bundespräsident oder die Regierung oder die Verfassungsgerichte des Bundes
oder der Länder oder deren Mitglieder öffentlich, in einer Versammlung oder
durch Verbreitung von Schriften verunglimpft worden sind (§§ 90, 90 b StGB).
3.3
Briefgeheimnis
3.3.1
Das Briefgeheimnis verletzt in strafbarer Weise (§ 202 StGB), wer unbefugt
einen verschlossenen Brief oder ein anderes verschlossenes Schriftstück, die
nicht zu seiner Kenntnis bestimmt sind, öffnet oder sich vom Inhalt eines
solchen Schriftstücks ohne Öffnung des Verschlusses unter Anwendung technischer
Mittel Kenntnis verschafft.
Das Briefgeheimnis verletzt auch, wer sich unbefugt vom Inhalt eines Schriftstücks,
das nicht zu seiner Kenntnis bestimmt und durch ein verschlossenes Behältnis
gegen Kenntnisnahme besonders gesichert ist, Kenntnis verschafft, nachdem er
dazu das Behältnis geöffnet hat. Einem Schriftstück stehen ein anderer zur
Gedankenübermittlung bestimmter Träger sowie eine Abbildung gleich.
3.3.2
Ein Sühneversuch ist jedoch unzulässig, wenn eine Verletzung des Post- oder
Fernmeldegeheimnisses gemäß § 206 StGB oder ein Verwahrungsbruch gemäß § 133
StGB vorliegt.
Das Post- oder Fernmeldegeheimnis verletzt, wer als Inhaber oder Beschäftigter
eines Unternehmens, das geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste
erbringt, eine Sendung, die einem solchen Unternehmen zur Übermittlung
anvertraut worden und verschlossen ist, öffnet oder unterdrückt oder sich von
ihrem Inhalt ohne Öffnung des Verschlusses unter Anwendung technischer Mittel
Kenntnis verschafft oder einem anderen eine solche Handlung gestattet oder ihm
dabei wissentlich Hilfe leistet.
Einen Verwahrungsbruch begeht, wer ein in dienstlicher Verwahrung befindliches
Schriftstück zerstört, beschädigt, unbrauchbar macht oder der dienstlichen
Verfügung entzieht.
Diese Delikte können nicht mit der Privatklage verfolgt werden.
3.3.3
Wird ein Brief geöffnet, um einen darin vermuteten Wertgegenstand wegzunehmen,
so liegt vollendeter oder versuchter Diebstahl oder Unterschlagung vor; ein
Sühneversuch kommt auch in diesem Fall nicht in Betracht.
3.4
Körperverletzung
3.4.1
Eine Körperverletzung (§ 223 StGB) begeht, wer eine andere Person körperlich
misshandelt oder an der Gesundheit beschädigt.
3.4.2
Vorsätzlich begeht eine Körperverletzung, wer weiß, dass er durch seine
Handlung eine andere Person misshandelt oder an der Gesundheit beschädigt, und
er dies will oder doch zumindest billigend in Kauf nimmt.
3.4.3
Fahrlässig begeht eine Körperverletzung (§ 229 StGB), wer die nach seinen
Verhältnissen mögliche oder ihm zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt und dadurch
die Körperverletzung herbeiführt.
3.4.4
Ein Sühneversuch ist unzulässig bei vorsätzlicher Körperverletzung,
3.4.4.1
die durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
mittels einer Waffe, insbesondere eines Messers oder eines anderen gefährlichen
Werkzeugs, oder mittels eines hinterlistigen Überfalls oder mit einem anderen
Beteiligten gemeinschaftlich oder mittels einer das Leben gefährdenden
Behandlung begangen ist (§ 224 StGB, gefährliche Körperverletzung),
3.4.4.2
die durch Quälen, rohe Misshandlung oder böswillige Vernachlässigung der
Sorgepflicht begangen worden ist, und zwar gegen Personen unter 18 Jahren oder
wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit Wehrlose, die der Fürsorge oder der Obhut
des Täters unterstehen oder seinem Hausstand angehören oder die die
fürsorgepflichtige Person der Gewalt des Täters überlassen hat oder die durch
ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis vom Täter abhängig sind (§ 225 StGB,
Misshandlung von Schutzbefohlenen),
3.4.4.3
durch die die verletzte Person ein wichtiges Glied des Körpers, das Sehvermögen
auf einem oder auf beiden Augen, das Gehör, die Sprache oder die
Zeugungsfähigkeit verloren hat oder in erheblicher Weise dauernd entstellt
worden oder in Siechtum, Lähmung oder Geisteskrankheit verfallen ist (§ 226
StGB, schwere Körperverletzung),
3.4.4.4
die den Tod der verletzten Person zur Folge gehabt hat (§ 227 StGB,
Körperverletzung mit Todesfolge),
3.5
Bedrohung
3.5.1
Eine strafbare Bedrohung (§ 241 StGB) begeht, wer eine andere Person mit der
Begehung eines gegen sie oder gegen eine ihr nahstehende Person gerichteten
Verbrechens bedroht. Ebenso macht sich strafbar, wer wider besseres Wissen
einer anderen Person vortäuscht, dass die Verwirklichung eines gegen sie oder
gegen eine ihr nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.
Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von
einem Jahr oder darüber bedroht sind, z. B. Mord, Totschlag, Brandstiftung, die
meisten Sprengstoffdelikte, Raub, Vergewaltigung.
3.5.2
Ein Sühneversuch ist unzulässig bei Nötigung oder Nötigungsversuch (§ 240
StGB). Eine Nötigung liegt vor, wenn die Bedrohung begangen wird, um die
bedrohte Person zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu veranlassen.
3.6
Sachbeschädigung
3.6.1
Eine Sachbeschädigung (§ 303 StGB) begeht, wer rechtswidrig eine fremde Sache
beschädigt oder zerstört oder unbefugt das
Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur
vorübergehend verändert. Ein Sühneversuch
ist bei der Sachbeschädigung auch dann notwendig, wenn sie nur versucht und
nicht vollendet worden ist.
3.6.2
Ein Sühneversuch ist unzulässig, wenn z. B. Gegenstände der Verehrung einer im
Staat bestehenden Religionsgemeinschaft oder Sachen, die dem Gottesdienst
gewidmet sind, oder Grabmäler, öffentliche Denkmäler, Naturdenkmäler,
Gegenstände der Kunst, der Wissenschaft oder des Gewerbes, die in öffentlichen
Sammlungen aufbewahrt werden oder öffentlich aufgestellt sind, oder
Gegenstände, die zum öffentlichen Nutzen oder zur Verschönerung öffentlicher
Wege, Plätze oder Anlagen dienen, beschädigt oder zerstört oder unbefugt das Erscheinungsbild einer solchen Sache oder
eines solchen Gegenstandes nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend
verändert werden (§ 304 StGB, gemeinschädliche Sachbeschädigung), oder wenn ein Gebäude, ein Schiff, eine Brücke, ein
Damm, eine gebaute Straße, eine Eisenbahn oder ein anderes Bauwerk ganz oder
teilweise zerstört wird (§ 305 StGB, Zerstörung von Bauwerken).
3.7
Vollrausch:
3.7.1
Einen Vollrausch (§ 323 a StGB), der einen Sühneversuch gemäß § 380 Abs. 1 StPO
erforderlich macht, begeht, wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch
alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt
und in diesem Zustand einen Hausfriedensbruch, eine Beleidigung, eine
Verletzung eines Briefgeheimnisses, eine Körperverletzung (§ 223 und § 229
StGB), eine Bedrohung oder eine Sachbeschädigung begeht und deswegen nicht
bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil
dies nicht auszuschließen ist.
3.7.2
Rausch ist der durch Alkohol oder andere berauschende Mittel hervorgerufene
Zustand der akuten Intoxikation.
3.7.3
Schuldunfähig infolge des Rausches ist, wer bei Begehung der Tat wegen einer
krankhaften seelischen Störung, die in der durch Alkohol oder sonstige
Rauschmittel hervorgerufenen vorübergehenden Störung der Hirntätigkeit liegt,
unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu
handeln.
3.7.4
Die Regelung des § 323 a StGB erfasst auch solche Fälle, in denen die
Schuldunfähigkeit infolge des Rausches nicht auszuschließen ist.
4
Soweit die in § 380 Abs. 1 StPO aufgeführten Straftaten nur auf Antrag
verfolgbar sind, muss die antragsberechtigte Person
innerhalb einer Frist von drei Monaten einen Strafantrag stellen (§ 77 b StGB).
Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem sie von der Tat und der Person
des Täters Kenntnis erlangt (§ 77 b Abs. 2 Satz 1 StGB). Der Lauf der Frist
ruht, wenn ein Schlichtungsantrag bei der Schiedsperson eingeht, und zwar bis
zur Ausstellung der Sühnebescheinigung (§ 77 b Abs. 5 StGB).
Die Parteien des Schlichtungsverfahrens in Strafsachen
5.1
Die antragstellende Partei
5.1.1
Antragsberechtigt in Strafsachen kann nur die verletzte Person sein oder wer
nach den Strafgesetzen ein selbständiges Antragsrecht hat (§ 374 Abs. 1 und 2
StPO).
5.1.2
Für Verletzte, die unter elterlicher Sorge oder unter Vormundschaft stehen,
treten die gesetzlichen Vertreter und für juristische Personen deren Organe auf
(§ 374 Abs. 3 StPO).
5.1.3
Bei der Beleidigung und bei der Körperverletzung können die amtlichen Vorgesetzten
nach § 194 Abs. 3 und § 230 Abs. 2 StGB
ein selbständiges Antragsrecht haben.
5.2
Die Gegenpartei
5.2.1
Gegenpartei in Strafsachen kann nur eine natürliche, niemals eine juristische
Person sein.
5.2.2
Gegenpartei können auch Heranwachsende sein, d. h. Personen, die zur Zeit der
Begehung der Tat das 18., aber noch nicht das 21.Lebensjahr vollendet haben.
5.2.3
Volljährige, für die eine Betreuung angeordnet ist, müssen im
Schlichtungsverfahren persönlich auftreten. Die Betreuer dürfen als Beistand
erscheinen. Wird ein Vergleich geschlossen, der die nicht geschäftsfähige
Gegenpartei zu einer geldwerten Leistung, sei es auch nur zur Übernahme der
Kosten des Schlichtungsverfahrens, verpflichten soll, so muss der Betreuer
mitwirken, wenn der Gegenstand des Vergleichs zu seinem Aufgabenbereich gehört.
Er ist von dem Termin zu benachrichtigen (§ 38 Satz 1). Macht die
antragstellende Partei schon im Schlichtungsantrag einen bürgerlich-rechtlichen
Anspruch mit geltend, soll die Schiedsperson die unter Betreuung stehende
Person bitten, mit ihrem Betreuer zum Termin zu erscheinen, der seine
Bestallungsurkunde vorlegen soll. Ist die geschäftsunfähige Person nicht durch
einen Betreuer vertreten, so ist der Vergleich zwar aufzunehmen, aber nicht
vollstreckbar. Dies ist im Protokoll zu vermerken.
5.2.4
Richtet sich der Antrag gegen eine Person, die zur Zeit der Tat noch nicht 18
Jahre alt war, oder gegen eine geisteskranke Person, so ist ein Sühneversuch in
Strafsachen nicht zulässig. In diesen Fällen kann höchstens ein
bürgerlich-rechtlicher Anspruch vor der Schiedsperson geltend gemacht werden;
das Verfahren richtet sich dann aber ausschließlich nach den Vorschriften des
zweiten Abschnitts des Schiedsamtsgesetzes.
1
Hat das Amtsgericht die antragstellende Partei ermächtigt, sich im
Schlichtungsverfahren durch eine bevollmächtigte Person vertreten zu lassen, so
hat die bevollmächtigte Person der Schiedsperson den gerichtlichen Beschluss
sowie eine von der antragstellenden Partei ausgestellte und auf sie lautende
Vollmacht vorzulegen.
1
Die kraft Gesetzes zuständige Schiedsperson, in deren Amtsbezirk die
Gegenpartei wohnt, darf in Abweichung von § 17 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 die Ausübung ihres Amtes nicht verweigern,
1.1
wenn die Parteien ihr unbekannt sind und sich nicht glaubhaft ausweisen;
1.2
wenn sie Bedenken gegen die Geschäfts- und Verfügungsfähigkeit der Parteien
oder ihrer gesetzlichen Vertretung oder gegen deren Legitimation hat,
2
In dem Vermerk, dass einer der in § 17 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 angegebenen Umstände
vorliegt oder eine Partei taub oder stumm ist und mit ihr eine Verständigung
nicht möglich ist, muss die Schiedsperson hervorheben, dass der Vergleich nicht
vollstreckbar ist.
1
Bei der Zustellung der Benachrichtigung an die gesetzliche Vertretung sind § 21
und die hierzu ergangenen VV zu beachten.
2
Abweichend von den VV zu § 21 ist bei Strafsachen lediglich die
Benachrichtigung einer gesetzlich vertretenden Person erforderlich, damit sie
Gelegenheit erhält, ggf. an dem Termin als Beistand teilzunehmen. Bei
"gemischten Streitigkeiten" (VV 2 zu § 34) ist VV 5.2.3 zu § 34 zu
beachten und die vertretende Person nicht nur zu benachrichtigen, sondern zu
laden.
3
Gesetzliche Vertreterinnen und Vertreter als Beistände dürfen nicht zurückgewiesen
werden (vgl. VV zu § 19).
VV zu § 39
1
Persönliches Erscheinen
§ 39 Abs. 1 Satz 1 und 2 sind gleichlautend mit
§ 22 Abs. 1. VV zu § 22 sind daher entsprechend anzuwenden. Ein
zurückgenommener oder als zurückgenommen geltender Antrag kann innerhalb der
Strafantragsfrist - bei der Bedrohung innerhalb der Verjährungsfrist -
wiederholt werden. Durch § 39 Abs. 1 Satz 3 wird klargestellt, dass eine
Vertretung der antragsgegnerischen Partei weiterhin unzulässig ist. Die
Gegenpartei muss also persönlich erscheinen. Dies gilt aber nicht für ihre
gesetzliche Vertretung. Eine Vertretung der antragstellenden Partei,
insbesondere in Fällen der gesetzlichen Vertretung (Minderjährige), ist
hingegen zulässig.
Voraussetzung für die Festsetzung von Ordnungsgeld
Gegen die Partei, die ohne oder ohne genügende
Entschuldigung im Schlichtungstermin ausgeblieben ist, kann die Schiedsperson
ein Ordnungsgeld festsetzen. Voraussetzung ist, dass die Ladung der Partei
durch die Schiedsperson persönlich gegen Empfangsbekenntnis ausgehändigt oder
durch die Post gegen Zustellungsurkunde oder per Einschreiben mit Rückschein
zugestellt worden ist (VV 3 zu § 21). Nur bei einem schuldhaften Verstoß gegen
die Erscheinenspflicht darf ein Ordnungsgeld verhängt
werden. Deshalb muss im Fall nicht genügender Entschuldigung auch der Hinweis
gegeben werden, dass die vorgetragenen Entschuldigungsgründe keinen Anlass zur
Aufhebung des Termins gegeben haben.
Verfahren bei der Festsetzung
3.1
Die Schiedsperson setzt das Ordnungsgeld durch schriftlichen Bescheid fest.
Dieser enthält den Vornamen, den Namen und die Anschrift der betroffenen Partei
sowie die Höhe des zu zahlenden Betrages. Der Bescheid ist von der
Schiedsperson zu unterzeichnen und mit dem Dienstsiegel zu versehen.
3.2
In den Bescheid nimmt die Schiedsperson folgende Belehrung (§ 39 Abs. 5 Satz 2)
auf: "Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach
Zustellung Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Der Antrag muss
schriftlich bei der unterzeichnenden Schiedsperson oder bei dem Amtsgericht ...
(Ort, Anschrift) eingelegt werden. In dem Antrag sind die Tatsachen darzulegen
und glaubhaft zu machen, mit denen die Abwesenheit in der
Schlichtungsverhandlung entschuldigt oder die Höhe des Ordnungsgeldes beanstandet
wird."
3.3
Eine Ausfertigung des Bescheides händigt die Schiedsperson der betroffenen
Partei gegen Empfangsbekenntnis aus oder lässt sie ihr durch die Post gegen
Zustellungsurkunde oder per Einschreiben mit Rückschein zustellen. Auf dem
Bescheid und dem Empfangsbekenntnis oder der Zustellungsurkunde oder dem
Rückschein vermerkt die Schiedsperson die laufende Nummer des Vorblattes des
Protokollbuchs, unter der die Sache eingetragen ist, und führt im
Empfangsbekenntnis unter den Leitwörtern "kurze Bezeichnung des
Schriftstücks" auf: "Bescheid...". Gleichzeitig fordert sie die
betroffene Partei zur Zahlung binnen eines Monats auf und verweist auf die
Notwendigkeit der Einleitung des Beitreibungsverfahrens (VV 5) bei fruchtlosem
Fristablauf.
3.4
Die Urschrift und die mit der Festsetzung zusammenhängenden Schriftstücke (z.
B. Ladungs- und Zustellungsnachweise) bewahrt die Schiedsperson ein Jahr lang
auf. Die Frist beginnt mit der Zustellung/Aushändigung des Bescheides.
3.5
Über die Festsetzung des Ordnungsgeldes ist in Spalte 9 des Vorblattes zum
Protokollbuch ein Vermerk aufzunehmen und mit Datum und Unterschrift zu
versehen. Entsprechend ist zu verfahren, wenn der Ordnungsgeldbescheid
aufgehoben wird.
4
Verfahren bei Antrag auf gerichtliche Entscheidung
4.1
Geht der Antrag der betroffenen Person beim Amtsgericht ein, so übersendet
dieses den Antrag unverzüglich der Schiedsperson zur Prüfung, ob sie den
Bescheid aufhebt oder das Ordnungsgeld ermäßigen will.
4.2
Hebt die Schiedsperson den Bescheid auf, so teilt sie dies der betroffenen
Person, im Fall der VV 4.1 auch dem Amtsgericht mit. Anderenfalls legt die
Schiedsperson den Antrag mit den zugehörigen Aktenbestandteilen (VV 3.4) dem
Amtsgericht zur Entscheidung vor.
4.3
Geht der Antrag nicht beim Amtsgericht, sondern sogleich bei der Schiedsperson
ein, vermerkt diese auf der Antragsschrift in geeigneter Weise
(unterschriebener Vermerk, Eingangsstempel) das Eingangsdatum; im Übrigen
verfährt sie nach VV 4.2.
Vollstreckung
Sobald der Bescheid unanfechtbar geworden ist,
übersendet die Schiedsperson eine Ausfertigung des Bescheides der Gemeinde zur
Einleitung des Beitreibungsverfahrens, falls die betroffene Person das
Ordnungsgeld nicht innerhalb der Zahlungsfrist (VV 3.3) bei der Schiedsperson
eingezahlt hat.
VV zu § 40
1
Ein Sühneversuch ist erfolglos verlaufen, wenn in der Schlichtungsverhandlung
keine Einigung zwischen den anwesenden Parteien erzielt worden oder in der die
Gegenpartei ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben ist oder sich vorzeitig
unentschuldigt entfernt hat (§ 23 Abs. 2); wohnen die Parteien in derselben
Gemeinde, in der die Schlichtungsverhandlung stattzufinden hat, so gilt dies
nur dann, wenn die Gegenpartei in gleicher Weise auch in einem zweiten Termin
ausbleibt (§ 39 Abs. 3 Satz 2).
2
Protokollvermerk
2.1
Über den erfolglosen Sühneversuch hat die Schiedsperson nach § 40 Abs. 3 einen
Vermerk in das Protokoll aufzunehmen, wenn wenigstens die antragstellende
Partei erschienen war.
2.2
Der Vermerk hat zu enthalten:
2.2.1
Vornamen und Familiennamen (Ehenamen) oder
gemeinsamen Namen (Lebenspartnerschaftsnamen)
- ggf. auch die der gesetzlich vertretenden Person - und die Wohnanschrift der
Parteien;
2.2.2
die der Gegenpartei zur Last gelegte Straftat und den Zeitpunkt ihrer Begehung;
2.2.3
den Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Anberaumung der
Schlichtungsverhandlung;
2.2.4
die Angabe, dass die Gegenpartei zu der Schlichtungsverhandlung (ggf. auch zu
der zweiten Schlichtungsverhandlung) trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht
erschienen ist oder dass die Parteien zwar erschienen sind, der Sühneversuch
aber ohne Erfolg geblieben ist.
2.3
Erklärungen, die die Parteien in der Schlichtungsverhandlung - insbesondere zum
Gegenstand der Beschuldigung - abgegeben haben, gehören nicht in den Protokollvermerk.
2.4
Die Schiedsperson hat den Vermerk zu unterzeichnen.
3
Als Bescheinigung über die Erfolglosigkeit des Sühneversuchs (§ 40 Abs. 1)
dient eine Ausfertigung (VV 1 zu § 31) des Protokollvermerks. Die Bescheinigung
wird nur auf Antrag erteilt. Ist gegen die Gegenpartei ein Ordnungsgeld
verhängt worden, wird die Bescheinigung erst ausgestellt, wenn die Festsetzung
des Ordnungsgeldes unanfechtbar geworden ist (vgl. § 39 Abs. 6) und damit
feststeht, dass das Schlichtungsverfahren erfolglos abgeschlossen ist.
VV zu § 41
1
Die Schiedsperson hat ein Kassenbuch nachdem aus Anlage 4 ersichtlichen
Muster zu führen.
2
Ihre Kostenrechnungen erstellt die Schiedsperson nach dem aus Anlage 5 ersichtlichen
Muster. Die Kostenrechnungen sind fortlaufend in der Reihenfolge der laufenden
Nummer des Vorblattes des Protokollbuches abzuheften.
1
Die Vorschrift regelt zunächst, wer für die Kosten haftet. Damit ist das
Verhältnis der Parteien zur Schiedsperson angesprochen.
2
In allen Fällen haftet die antragstellende Partei als diejenige, die die
Schiedstätigkeit veranlasst hat (Veranlasserhaftung).
3
Weitere Beteiligte haften für die Kosten nach näherer Bestimmung von § 42 Abs.
2. Unter "Schreibauslagen" gemäß § 42 Abs.
2 Nr. 3 ist die "Dokumentenpauschale" zu verstehen (§ 46 Abs. 1 Nr.
1).
4
§ 42 Abs. 3 regelt die Kostenfolge für den Fall, dass die Parteien einen
Vergleich geschlossen haben, sich aber dabei über die Kosten nicht einigen konnten.
Dann fallen die Kosten des Schlichtungsverfahrens jeder Partei zur Hälfte zur
Last.
5
Bei der gesamtschuldnerischen Kostenhaftung nach § 42 Abs. 4 Satz 1 darf die
Schiedsperson die Kosten nur einmal fordern; sie hat grundsätzlich die Freiheit
auszuwählen, welche von mehreren kostenhaftenden Personen sie in Anspruch
nimmt.
6
§ 42 Abs. 4 Satz 2 bestimmt darüber hinaus, dass die Antragstellerhaftung
gegenüber der Haftung der in Abs. 2 Nr. 1, und 3 sowie Abs. 3 genannten
Personen nachrangig ist.
7
Für die Schiedsperson bedeutet die Regelung des § 42 Abs. 4 Satz 2, dass sie
zunächst verpflichtet ist, den eingezahlten Kostenvorschuss zu verrechnen, und
nur wegen der weiteren nicht durch Vorschuss gedeckten Kosten die in § 42 Abs.
2 Nr. 1 und 3 sowie Abs. 3 genannten Personen in Anspruch nehmen darf. Die
Einleitung des Beitreibungsverfahrens gegen die in § 42 Abs. 2 Nr. 1 und 3
sowie Abs. 3 genannten Personen ohne vorherige Vorschussverrechnung ist
unzulässig; es ist nicht Aufgabe dieses Beitreibungsverfahrens, der
antragstellenden Partei die Einziehung ihrer Kostenerstattungsforderung gegen
andere Beteiligte abzunehmen.
8
Ist die Gegenpartei noch während der Schlichtungsverhandlung freiwillig bereit,
die von ihr übernommenen Kosten sofort in bar zu zahlen, so darf die
Schiedsperson den Betrag entgegennehmen und insoweit den eingezahlten
Kostenvorschuss unbeschadet der VV 7 der antragstellenden Partei erstatten.
VV zu § 43
1
Die Schiedsperson ist im Regelfall gehalten, einen die voraussichtlichen Kosten
(Gebühren und Auslagen) deckenden Vorschuss einzufordern. Dies gilt nicht in
dem in § 43 Abs. 2 Satz 2 genannten Fall. Im Übrigen darf die Schiedsperson von
der Einziehung eines Vorschusses nur dann absehen, wenn dies nach den
Besonderheiten des Einzelfalls gerechtfertigt ist. Dabei hat sie zu beachten,
dass der Vorschuss dazu dient, der Gemeinde das für sie kostenaufwendige
Beitreibungsverfahren zu ersparen. Erst nach Einzahlung des Vorschusses wird
der Antrag aufgenommen, Termin bestimmt, die Ladung der Parteien veranlasst,
eine Abschrift oder Ausfertigung des Protokolls, eine Bescheinigung über die
Erfolglosigkeit des Sühneversuchs oder eine
Erfolglosigkeitsbescheinigung erteilt; dies gilt nicht, wenn der Antrag
im Wege der Amtshilfe (vgl. VV 2 zu § 20) aufgenommen wird; in diesem Fall soll
die Einforderung des Vorschusses der zuständigen Schiedsperson überlassen
bleiben.
Die Schiedsperson, die den Antrag im Wege der Amtshilfe aufnimmt, hat lediglich
Anspruch auf sofortigen Ersatz ihrer Auslagen.
2
Die Schiedsperson kann sich auf die Einforderung eines lediglich die
voraussichtlichen Auslagen deckenden Vorschusses beschränken, wenn die
Voraussetzungen vorliegen, unter denen von der Erhebung von Kosten abgesehen
werden kann (§ 45 Abs. 4).
3
Eingegangene Vorschüsse sind unverzüglich in Spalte 4 des Vorblattes
einzutragen.
VV zu § 44
1
Kostenrechnung
1.1
Die Urschrift und die Abschriften der nach dem aus Anlage 5 ersichtlichen
Muster erstellten Kostenrechnung sind von der Schiedsperson zu unterzeichnen
und mit einem Abdruck des Dienstsiegels zu versehen.
1.2
Eine Abschrift der Kostenrechnung übergibt die Schiedsperson der
kostenhaftenden Person oder übersendet sie mit der Post. Gleichzeitig fordert
sie die kostenhaftende Person zur Zahlung des nach Verrechnung des eingezahlten
Vorschusses verbleibenden Betrages binnen eines Monats auf und verweist auf die
Notwendigkeit der Einleitung des Beitreibungsverfahrens (VV 1.3) bei
fruchtlosem Fristablauf.
1.3
Zahlt die kostenhaftende Person nicht oder nicht vollständig innerhalb der
Zahlungsfrist, übersendet die Schiedsperson eine Abschrift der Kostenrechnung
an die Gemeinde mit der Bitte um Einleitung des Beitreibungsverfahrens wegen
des nach Verrechnung des Vorschusses noch zu zahlenden Betrages.
2
Ordnungsgeld
Wegen des bei der Festsetzung von Ordnungsgeld zu beachtenden Verfahrens wird
auf VV 2 bis 5 zu § 39 verwiesen.
VV zu § 45
1
Höhe der Gebühren
1.1
Die Gebühr wird nicht für die Schlichtungsverhandlung, sondern für das Schlichtungsverfahren
erhoben. Dieses beginnt regelmäßig mit der Aufnahme oder dem Eingang des
Schlichtungsantrags.
1.2
Bei der Erhöhung der Gebühr (§ 45 Abs. 2) ist auf die wirtschaftlichen
Verhältnisse der kostenhaftenden Person Rücksicht zu nehmen.
1.3
Die Voraussetzungen, unter denen wegen der Schwierigkeit des Falles die Gebühr
nach § 45 Abs. 2 erhöht werden darf, können auch dann gegeben sein, wenn
mehrere Personen auf der einen oder auf beiden Seiten vorhanden oder
wechselseitige Anträge zu verhandeln sind (§ 45 Abs. 3), wenn mehrere
Schlichtungsverhandlungen notwendig sind oder der Schlichtungstermin
ungewöhnlich viel Zeit in Anspruch nimmt.
2
Absehen von der Kostenerhebung
2.1
Von der Befugnis, die Kosten zu ermäßigen oder von der Erhebung von Kosten ganz
oder teilweise abzusehen, soll die Schiedsperson in der Regel nur Gebrauch
machen, wenn die kostenhaftende Person glaubhaft macht, dass sie ohne
Beeinträchtigung des für sie und ihre Familie notwendigen Unterhalts die Kosten
nicht zahlen kann. Zur Glaubhaftmachung können eine Verdienstbescheinigung, ein
Rentenbescheid, ein Arbeitslosennachweis, ein Sozialhilfebescheid oder andere
geeignete Unterlagen genügen.
2.2
Die Schiedsperson vermerkt in der Spalte "Bemerkungen" der
Kostenrechnung, wenn sie Kosten ermäßigt oder von der Erhebung von Kosten ganz
oder teilweise absieht.
3
Wird von der Kostenerhebung ganz abgesehen, so bleibt die für die
kostenpflichtige Person bestimmte Abschrift der Kostenrechnung mit der
Urschrift bei der Sammlung der Kostenrechnungen.
VV zu § 46
1
Auslagen
1.1
Die Dokumentenpauschale wird erhoben:
1.1.1
für die Aufnahme eines zu Protokoll der Schiedsperson gestellten Antrags,
1.1.2
für die an Parteien unmittelbar gerichteten Schreiben sowie für den
Schriftverkehr, den die Schiedsperson zur sachgerechten Durchführung des
Schlichtungsverfahrens an Dritte richtet und der den Parteien mitzuteilen ist,
1.1.3
für Ausfertigungen und Abschriften von Vergleichen, für eine
Sühnebescheinigung, für eine Erfolgslosigkeitsbescheinigung
sowie für eine nicht von Amts wegen (VV 1.1 bis 1.3 zu § 44) zu erteilende
Abschrift der Kostenrechnung (vgl. VV 1.2),
1.1.4
für Ladungen und Terminsnachrichten.
1.2
Unzulässig ist die Erhebung der Dokumentenpauschale
für die vorgeschriebenen Eintragungen in die amtlichen Bücher, für die von Amts
wegen (VV 1.1 bis 1.3 zu § 44) zu erstellenden Kostenrechnungen, für die
Festsetzung von Ordnungsgeld sowie für den Schriftverkehr mit dem Amtsgericht
in den Fällen der §§ 39 Abs. 6, 46 Abs. 2 und 47, mit der Leitung des
Amtsgerichts und mit der Gemeinde.
1.3
Für die Entstehung der Dokumentenpauschale ist ohne Bedeutung, in welcher Form
(Abschrift, Durchschrift, Ablichtung, Abdruck, Formular) das Schriftstück
hergestellt wird.
1.4
Zu den zu erstattenden notwendigen baren Auslagen gehören außer den Kosten für
die Inanspruchnahme einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers (VV 2)
insbesondere die Postgebühren (einschl. der Kosten einer förmlichen Zustellung)
für den Schriftverkehr, den die Schiedsperson mit den Parteien oder sonst in
deren Interesse führt, die Gebühren für die aus gleichem Anlass geführten
Telefongespräche und die Fahrtkosten der Schiedsperson, wenn auf Antrag der
Parteien außerhalb des Amtsraums verhandelt worden ist.
1.5
Wegen des Absehens von der Erhebung der Auslagen wird auf die VV zu § 45
verwiesen.
2
Dolmetschervergütung
2.1
Wer die Kosten der Inanspruchnahme einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers
zu tragen hat, bestimmt sich nach § 42. Als Veranlasser im Sinne des § 42 Abs.
1 ist die antragstellende Partei anzusehen.
2.2
Vor Zuziehung einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers hat die Schiedsperson
grundsätzlich einen die voraussichtlichen Kosten deckenden Vorschuss
einzufordern.
2.3
Für die Höhe der Dolmetschervergütung sind die Vorschriften des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes
(JVEG) maßgebend, sofern sich die Parteien und die Dolmetscherin oder
der Dolmetscher nicht auf eine abweichende Entschädigung geeinigt haben und ein
entsprechender Betrag vorschußweise gezahlt worden ist
(§ 46 Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 13 Abs. 1
JVEG).
2.4
Wird Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Vergütung gestellt, hat die
Schiedsperson dem Gericht eine Abschrift des Protokolls und etwa vorhandene,
die Dolmetschervergütung betreffende schriftliche Erklärungen der Parteien
vorzulegen.
2.5
Die Kosten der Inanspruchnahme einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers für
die Schlichtungsverhandlung mit tauben oder stummen Personen (vgl. VV 4.8 zu §
24) sind von den Parteien nicht zu erheben.
VV zu § 47
1
Werden gegen den Kostenansatz Einwendungen bei der Schiedsperson erhoben, so
hat diese sie unverzüglich mit einer eigenen Stellungnahme und einer Abschrift
des Protokolls und mit etwa vorhandenen weiteren das Schlichtungsverfahren
betreffenden Schriftstücken dem Amtsgericht zuzuleiten.
2
Einer im Rahmen des Einwendungsverfahrens an sie ergehenden Aufforderung des
Gerichts zur Stellungnahme und Vorlage von Akten hat die Schiedsperson
unverzüglich Folge zu leisten.
VV zu § 48
1
Abrechnung der Schiedsperson mit der Gemeinde
1.1
Die Gemeinde trifft im Einvernehmen mit der Schiedsperson Bestimmungen darüber,
wie und zu welcher Zeit die Schiedsperson regelmäßig wegen der Einkünfte aus
dem Schiedsamt abzurechnen hat.
1.2
Bei der Abrechnung hat die Schiedsperson das Kassenbuch, die Sammlung der
Kostenrechnungen sowie das Protokollbuch nebst Vorblatt vorzulegen.
1.3
Gebühren und Auslagen, die der Gemeinde - z. B. bei einer Beitreibung -
zugeflossen sind, hat sie der Schiedsperson zu überweisen.
1.4
Die Schiedsperson hat amtliche Gelder, die bei ihr eingehen - abgesehen von der
Dokumentenpauschale und von aus eigenen Mitteln vorgestreckten Auslagen (§ 46)
-, bis zur Abrechnung mit der Gemeinde abgesondert von sonstigen Geldbeständen,
insbesondere von ihrem eigenen Geld zu verwahren.
2
Die Vorschriften des § 48 sind zwingend und können nicht durch Vereinbarungen
zwischen Gemeinde und Schiedsperson abgeändert werden.
3
VV 6 zu § 7 ist zu beachten.
In-Kraft-Treten und
Übergangsbestimmungen
1
Diese Verwaltungsvorschriften treten am 1. Juli 1993 in Kraft.
Die Änderungen der Verwaltungsvorschriften hinsichtlich der Eurobestimmungen treten am 1. Januar 2002 in Kraft.
2
Anlagen zur VV in der seit dem 1. Oktober 2000 geltenden Fassung können weiter
verwendet werden, wenn sie - ggf. handschriftlich - den geänderten Anlagen
angepasst werden.
MBl.
NRW. 1993 S. 1448, geändert durch RdErl. v. 27. 9.
2000 (MBl. NRW. 2000 S. 1327), 14.8.2001 (MBl. NRW. 2001 S. 1123)
Anlagen: