Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch Erlassbereinigung 2003 (§ 9 VV v. 29.8.1961).

 


Historisch: Verwaltungsverordnung zum Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) RdErl. d. Innenministers v. 28. IC. 1969 — III B l —4/10 — 7712/69¹)

 

Historisch:

Verwaltungsverordnung zum Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) RdErl. d. Innenministers v. 28. IC. 1969 — III B l —4/10 — 7712/69¹)

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118. Ergänzung - SMB1. NW. - (Stand 15. 4. 1977 = MB1. NW. Nr. 25 einschl.)


Verwaltungsverordnung

zum Kommunalabgabengesetz

für das Land Nordrhein-Westfalen

(KAG)

RdErl. d. Innenministers v. 28.
IC. 1969 — III B l —4/10 — 7712/69¹)

Auf Grund des } 25 Abs. 2 des Kommunalabgaben-gesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) vom 21. Oktober 1969 (GV. NW. S. 712/SGV. NW. 610) wird im Einvernehmen mit dem Finanzminister folgende Verwaltungsverordnung erlassen:

Zu § l

1.
Absatz l bringt den Grundsatz der kommunalen Abgabenhoheit im Rahmen des Selbstverwaitungsrechts der Gemeinden (GV) sowie den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Abgabenerhebung zum Ausdruck. Er ist aber nicht selbst die gesetzliche Ermächtigung zum Erlaß von kommunalen Abgabesatzungen; diese Ermächtigung ist vielmehr in den $$ 3 bis 11 enthalten. Das Recht. Abgaben nach dem Kommunalabgabengesetz zu erheben, findet seine Grenze an anderslautendem Bundes- oder Landesrecht; wenn und soweit eine Abgabe durch Bundes- oder Landesgetetze geregelt ist. wie z. B. die Realsteuern, die Erschließungs-beitrfige, die Vergnügungssteuer und die Verwaltungsgebühren auf dem Gebiet der Auftragsangelegenheiten und der weisungsgebundenen Pflichtaufgaben, sind die Gemeinden (GV) zu einer eigenen" Regelung, nicht befugt.

2.
Absatz 2 erklart den materiellen Gesetzesbegriff, der außer den formellen Gesetzen auch Rechtsverordnungen und autonome Satzungen umfaßt, für maßgebend.

3. Absatz 3 erstreckt die Geltung der Verfahrens- sowie der Straf- und Bußgeldvorschriften auf alle Abgaben, die auf Grund anderer Gesetze erhoben werden. Dadurch ist für alle Kommunalabgaben einheitliches Verfahrens- und Zuwiderhandlungsrecht, vorgeschrieben, soweit nicht in den anderen Gesetzen Bestimmungen getroffen sind, wie z. B. in § l Abs. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 - für die Realsteuern

Zu f 2

1. Der Satzungszwang nach Absatz l Satz l gilt ausnahmslos für alle Abgaben sowie für den Ersatzanspruch nach } 10. Das Zustandekommen und die Bekanntmachung von Abgabesatzungen richten sich nach den für alle Satzungen geltenden Vorschriften der Kommunal-verfassungsgesetze und nach der Verordnung* über die Bekanntmachung kommunalen prtsrechts (Bekanntmachungsverordnung — BekanntmVO) vom 12. September 1969 (GV. NW. S. 684/SGV. NW. 2023).

Für den Erlaß von rückwirkenden Abgabesatzungen gelten die vom Bundesverfassungsgericht und von den Verwaltungsgerichten aufgestellten Rechtsgrundsatze, nach denen rückwirkendes Abgabenrecht nur in Ausnahmefallen zulassig ist, z. B. dann, wenn der Abgabe-•sdraldner in dem Zeitpunkt, auf den die Satzung zurückwirkt, mit der durch die rückwirkende. Satzung getroffenen Regelung rechnen mußte, wenn eine unklare Regelung rückwirkend durch eine klare ersetzt werden soll oder wenn zwingende'Gründe des Gemeinwohls die Rückwirkung fordern. Nur in den in $ 26 Abs. 4 Satz 2 genannten Fallen können für eine Übergangszeit rückwirkende Abgabesatzungen nach den bis zum Inkrafttreten des Kommunalabgabengeset-zes geltenden Vorschriften (5 70 a preufi. Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 1893 — prKAG —) erlassen werden. Rückwirkende Satzungen bedürfen — unabhängig von Absatz 2 — stets der Genehmigung der Aufsichtsbehörde gemäß Absatz 4 in Verbindung

mit } 4 Abs. l Satz 2 GO und $ 3 Abs. l Satt 2 KrO; die Aufsichtsbehörden haben bei ihrer Prüfung das Vorliegen der Voraussetzungen für die Rückwirkung sorgfältig zu prüfen. Der in. Absatz l Satz 2 angegebene Mindestinhalt der Satzung ist zwingend (Ausnahme $ 8 Abs. 4 Satz 6 und $ 9 Satz 3).

2. Die Genehmigung nach Absatz 2 ist nur für Steuersatzungen vorgeschrieben (Ausnahmen in Absatz 4). Sie ist auch dann erforderlich, wenn die Satzung mit einer vom Innenminister bekanntgegebenen Mustersatzung übereinstimmt. Die Aufsichtsbehörden können die Genehmigung versagen oder Änderungen des Satzungsinhalts fordern, wenn dies aus Gründen des örtlichen oder überörtlichen Gemeinwohls erforderlich ist. Zu diesem Zweck kann die Genehmigung auch mit .Maßgaben* erteilt werden. Solchen Maßgaben muß der Rat (Kreistag) in einem erneuten Beschluß ausdrücklich beitreten. Maßgaben rein redaktioneller 1 oder deklaratorischer Art bedürfen keines Beitritts-beschlusses. Die Genehmigung ist kraft Gesetzes befristet (Absatz 2 Satz 2), sofern nicht die Aufsichtsbehörde eine kürzere als die gesetzliche Frist festsetzt (Absatz 2 Satz 3); eine längere als die gesetzliche Frist kann nicht festgesetzt werden. Die Genehmigung kann vor Ablauf der gesetzlichen oder der festgesetzten Frist verlängert werden; in diesem Falle bedarf es keines erneuten Beschlusses des Rates (Kreistags), wenn die Satzung unbefristet oder mit einer längeren Frist beschlossen worden ist; es genügt die Bekanntmachung der Verfügung, mit der die Genehmigung verlängert worden ist, vor Ablauf der Frist..

3. Die ohne die Zustimmung des Innenministers und des Finanzministers erteilte Genehmigung einer Satzung, mit der eine im Lande nicht erhobene Steuer eingeführt werden soll, ist rechtsungültig; damit ist auch die genehmigte Satzung rechtsungültig. Die Zustimmung ist auch für die Wiedereinführung einer früher schon einmal im Lande erhobenen Steuer erforderlich.

Zu | 3

1. Absatz l Satz l räumt im Einklang mit Artikel 79 dei Landesverfassung den Gemeinden das Recht zur Erhebung von Steuern ein. Das im Gesetz selbst nicht eingeschränkte Recht zur Steuererhebung (Steuerfin-dungsrecht) bezieht sich jedoch nur auf Steuern, über die dem Land die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis nach Art 105 Abs. 2 a GG (örtliche Verbrauch-und Aufwandsteuern) oder die konkurrierende nach Art. 105 Abs. 2 GG (z. B. örtliche Verkehrsteuern) zusteht. Das Steuerfindungsrecht ist ferner gemäß $ l Abs. l durch' anderslautende Bundes- oder Landesgesetze beschrankt (vgl. Nummer l zu J 1). Den Kreisen steht ein Steuerfindungsrecht nicht zu; sie dürfen nach Absatz l Satz 2 nur Jagdsteuern erheben; diese dürfen von kreisangehörigen Gemeinden nicht erhoben werden. Damit ist sichergestellt, daß die Gemeinden und Kreise die bisher erhobenen. Steuern auch nach dem neuen Kommunalabgabengesetz weitererheben können. • • •

2. Steuersatzungen bedürfen gemäß $ 2 Abs. 2 der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (vgl. Nummer 2 zu } 2) i die Genehmigung kann gemfiß 9 2 Abs. 3 ohne die Zustimmung des Innenministers und des Finanzministers nicht rechtsgültig erteilt werden, wenn durch die Satzung eine bisher im Lande nicht erhobene Steuer erstmalig oder eine schon früher einmal erhobene Steuer erneut eingeführt werden soll (vgl. Nummer 3 zu $ 2).

3. Die in Absatz 3 Satz l geregelte Subsidiaritat der Steuererhebung gilt für alle (außer den in Satz 2 genannten) Steuern. Sie besagt daß die Gemeinden und Kreise bei der Finanzierung ihrer Maßnahmen prüfen müssen, ob dazu andere Einnahmen, z. B. solche aus

') MBl. NW. 1969 S. 1880, geändert durch RdErl. v. 17.7. 1970 (MB1. NW. 1970 S. 1383), 3.1.1972 (MB1. NW. 1972 S. 86), 16. 2.1973 (MB1. NW. 1973 S. 447), 1. 2. 1977 (MB1. NW. 1977 S. 158).

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Vermögenserträgen, Zuweisungen, Gebühren und Beitragen, herangezogen werden können; besonders bei der Schaffung und Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen hat die Finanzierung durch Gebühren oder Beitrage Vorrang vor der Steuerfinanzierung (vgl. § 63 Abs. 2 GO). Bei dieser Prüfung ist den Gemeinden und Kreisen in den §§ 4 bis 11 des Gesetzes jedoch ein relativ weites Ermessen eingeräumt. Im übrigen wird durch Absatz 3 das Steuererhebungsrecht der Höhe nach nicht eingeschränkt. Der Subsidiaritätsgrund-satz gilt nicht für die Vergnügungssteuer und die Hundesteuer, die nicht ausschließlich zur Ausgabendeckung erhoben werden (Absatz 3 Satz 2).

Zu f 4

t. Absatz l ist nur eine allgemeine Ermächtigung, die durch die J} 5 bis 7 konkretisiert wird.

2. Absatz 2 definiert den Begriff der Verwaltungsgebühr und den der Benutzungsgebühr. Der Charakter der Gebühr als einer Gegenleistung steht einer Abstufung (Ermäßigung) der Gebührensatte nach sozialen Gesichtspunkten nicht entgegen. Unter .öffentlichen Einrichtungen und Anlagen* ist das gleiche zu verstehen wie früher unter den .im öffentlichen Interesse unterhaltenen Veranstaltungen (Anlagen, Anstalten und Einrichtungen)' nach $ 4 Abs. l prKAG.

Zu f 5

1. Verwaltungsgebühren dürfen nur für Verwaltungsleistungen erhoben werden, die von dem Gebührenpflichtigen beantragt worden sind oder die ihn unmittelbar begünstigen (Absatz 1). Bei Verwaltungsleistungen, die den Abgabepflichtigen unmittelbar begünstigen, ist die Gebührenerhebung nicht von einem Antrag abhängig. Die Höhe der Gebühr darf nicht in einem offensichtlichen Mißverhältnis zum Wert der Verwaltungsleistung für den Gebührenpflichtigen stehen (AquiValenzgrundsatz). Der AquiValenzgrundsatz In diesem Sinne ist zwar gesetzlich nur für die Benutzungsgebühr in $ 6 Abs. 3 geregelt; er gilt aber, da er sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Wesen der Gebühr ergibt, auch für Verwaltungsgebühren. Ein darüber hinausgehender Aquivalenzgrundsatz Ist vom Gesetzgeber nicht anerkannt (vgl. Nummer 3 zu 5 6). Ein überwiegendes Privatinteresse an der Verwaltungsleistung . ist nicht erforderlich; ebenso hindert ein überwiegendes öffentliches Interesse die Gebührenerhebung nicht; jedoch sollte sich die Interessenlage in der Höhe des Gebührensatzes ausdrücken.

2. Das veranschlagte Gesamtgebührenaufkommen soll die voraussichtlichen Ausgaben für 'den betreffenden Verwaltungszweig nicht übersteigen (Absatz 4); eine unbeabsichtigte Überschreitung der Ausgaben ist unschädlich. .Ausgaben* sind die im Haushaltspinn veranschlagten Beträge, nicht die betriebswirtschaftlichen Kosten.

3. Verwaltungsgebühren nach kommunalen Gebührensatzungen können nur erhoben werden, wenn nicht durch andere Gesetze Abweichendes bestimmt ist (§ l Abs. 1). Für Verwaltungsleistungen auf dem Gebiet der Auftragsangelegenheiten und der Pflichtaufgaben nach Weisung können daher Gebühren nur nach der auf Grund des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen -GebG NW - vom 23. November 1971 (GV. NW. S. 354/SGV. NW. 2011) ergangenen Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung vom 9. Januar 1973 (GV. NW. S. 98), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. März 1976 (GV. NW. S. 134), - SGV. NW. 2011 - erhoben werden.

Zu $ 6

1. Benutzungsgebühren sind Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen öffentlicher Einrichtungen und Anlagen. Ihre Erhebung ist zwingend vorgeschrieben, wenn die Einrichtung oder Anlage überwiegend dem Vor-

teil einzelner Personen oder einer. Mehrheit von Personen dient, die eine durch einen gemeinsamen Vorteil von der Allgemeinheit abgrenzbare Gruppe bildet (Absatz l Satz 1). Die Pflicht zur Gebührenerhebung entfällt, wenn für die Leistungen ein privatrechtliches Entgelt erhoben wird. Wenn die Einrichtung oder Anlage der Allgemeinheit dient, ist die Erhebung von Gebühren freigestellt (Absatz

1 Satz 2).

Das veranschlagte Gebührenaufkommen soll die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung oder Anlage nicht überschreiten. Eine unbeabsichtigte Überschreitung der Kosten ist unschädlich. Für wirtschaftliche Unternehmen bleibt § 95 GO, wonach diese einen Ertrag für den Haushalt abwerfen sollen, unberührt (Absatz l Satz 4). Bei den zwingend vorgeschriebenen Gebühren soll das Gesamtgebührenaufkommen die Kosten in der Regel decken (Absatz l Satz 3), sofern nicht gesetzlich etwas anderes vorgeschrieben ist (wie z. B. in § 3 des Gesetzes über die Reinigung öffentlicher Straßen - StrReinG NW - vom 18. Dezember 1975 (GV. NW. S. 706/SGV. NW. 2061); eine Abweichung von der Kostendeckungspflicht bedarf eingehender Prüfung und Begründung (vgl. jedoch Nummer

2 Abs. 3 letzter Satz). Die Erhebung sog. einmaliger Anschlußgebühren für das Nehmen und Behalten eines Anschlusses an Versorgungs- oder Abwasserbeseitigungsanlagen ist nicht mehr zulässig. An ihre Stelle tritt der Anschlußbeitrag nach § 8 Abs. 4 Satz 3 und Absatz 7 Satz 2.

2. Die Kosten, die nach Absatz l Satz 3 nicht überschritten bzw. in der Regel gedeckt werden sollen, sind die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten (Absatz 2 Satz 1). In dieser Bestimmung liegt die wesentlichste Änderung des Benutzungsgebührenrechts gegenüber der früheren Rechtslage. Sofern Kostendek-kung nach Absatz l Satz 3 erzielt werden soll oder das Gesamtgebührenaufkommen sich der Kostendeckungsgrenze nähert, ist eine Kostenrechnung aufzustellen oder aus dem Haushaltsplan zu entwickeln. Die Aufzählung der Kostenarten in Absatz 2 Satz 2 ist nicht erschöpfend. Die Abschreibungen werden nach der Nutzungsdauer oder der Leistungsmenge gleichmäßig ermittelt; degressive und sonstige Abschreibungen sind nicht zugelassen. Es kann vom Anschärrungs- oder Herstellungswert, erforderlichenfalls aber auch vom jeweiligen Wiederbeschaffungswert (Zeitwert) ausgegangen werden; in der Regel empfiehlt es sich, bei der bisher angewandten Methode zu verbleiben.

Für die Kapitalverzinsung empfiehlt sich im Hinblick auf § 16 Nr. 2 GemHVO der Ansatz eines angemessenen einheitlichen kalkulatorischen Zinssatzes für das gesamte betriebsnotwendige Kapital. Bei der Verzinsung bleibt der durch Beiträge nach altem und neuem Recht sowie der durch Zuschüsse Dritter aufgebrachte Eigenkapitalanteil außer Ansatz. Sofern die Gemeinden (GV) bisher von der Berechnung eines Eigenkapitalzinses abgesehen haben, sollte bei ihrer Einrührung vermieden werden, daß die Gebührensätze allzu plötzlich steigen. Schuldtilgungen gehören nicht zu den betriebswirtschaftlichen Kosten; sie sind aus Abschreibungserlösen zu bezahlen. Darüber hinaus verbleibende Abschreibungseriöse stehen für Erneuerungen oder für die Zuführung zur allgemeinen Rücklage nach § 20 GemHVO zur Verfügung.

3. Die von den einzelnen Gebührenpflichtigen zu zahlenden Gebühren sind möglichst nach Wirklichkeits-maßstäben (z. B. Wasserverbrauch) zu errechnen. Wenn das besonders schwierig oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist, kann ein Wahrscheinlichkeits-maßstab gewählt werden, der nicht in einem offensichtlichen Mißverhältnis zur Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung oder Anlage stehen darf. Damit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, daß er für das Gebührenrecht die vom Bundesverfassungsgericht und vom Bundesverwaltungsgericht aus dem .Wesen der Gebühr und aus verfassungsrechtlichen Normen abgeleitete Äquivalenz (Verhältnismäßigkeit) zwischen Gebühr und Gegenleistung fordert. Ein etwa darüber hinausgehender Äquivalenzgrundsatz ist vom Ges'etz nicht anerkannt. Danach können die Gemeinden und Gemeindeverbände von mehreren den Grundsätzen des Absatzes 3 Satz 2 entsprechenden Maß-

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Stäben unter angemessener Berücksichtigung der Prak-tikabilität denjenigen wählen,, der ihnen am zweckmäßigsten erscheint. Jedoch sollten Maßstäbe ver-mieclen werden, die zu der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtungen oder Anlagen nur noch in einer sehr entfernten Beziehung stehen,- zumal die Vei-waltungsgerichte im Hinblick auf den Gleichheitsund, den Äquivalenzgrundsatz strenge Anforderungen an die Gebührenmaßstäbe stellen.

Zu § 7

1. Absatz l faßt die bisher in verschiedenen Einzelgesetzen enthaltenen Regelungen, die durch § 26 Abs. 2 Nm. 9 bis 14 aufgehoben werden, an einer Stelle zusammen. Die Zusammenfassung gilt für die Verbände, die durch die in § 26 Abs. 2 Nrn. 9 bis 14 genannten Gesetze geschaffen worden sind, für die Wasser- und Bodenverbände nach § 2 der Ersten Wasserverbandverordnung und für Zweckverbände (Verbände). Voraussetzung ist, daß die Gemeinden (GV) von den Verbänden durch Verbandsbeiträge oder Umlagen (Verbandslasten) mit den Kosten für Leistungen belastet werden, die den ihrer Abgabenhoheit unterliegenden Personen oder Personengruppen zugute kommen. Eine Änderung der bisherigen Rechtslage ist — abgesehen von der Einbeziehung der Zweckverbände — durch die Zusammenfassung der bisher verstreuten Vorschriften nicht beabsichtigt. Die Gemeinden (GV) überwälzen ihre Verbandslasten in Form von Gebühren nach den Grundsätzen des § 6 Abs. l .Satz l und 2 (vgl. Nummer l zu § 6). § 6 Abs. 3, der die Zulässiokeit von Wirklichkeits- -.ind Wahrscheinlichkeitsmaßstäben regelt, gilt entsprechend (vgl. Nummer 3 zu § 6). Um eine Doppelbela-stung zu vermeiden, dürfen von den Abgabepflichtigen, die zur Abgeltung der ihnen gewährten Leistungen und Vorteile unmittelbar von dem Verband zu Beiträaen oder Abgaben herangezogen werden, insoweit Gebühren nicht erhoben werden.

2. Durch Absatz 2 werden kommunale Einrichtungen und Anlagen, die mit Einrichtungen und Anlagen eines Verbandes dergestalt eine technische Einheit bilden, daß sie ihren Zweck nur gemeinsam erfüllen können, zu einer einheitlichen Einrichtung oder Anlage zusammengefaßt, sofern mit dieser einheitlichen Einrichtung oder Anlaae gleidiartiae Leistungen erbracht werden. Als Beispiele für gleichartige Leistungen sind je für sich die Ortsentwässerung und die Abwasserreinigung genannt, die häufig von Kommunen und Abwasserverbänden gemeinsam betrieben werden. Wenn die Einrichtungen und Anlagen zwar eine technische Einheit bilden, aber z. B. die Gemeinde nur die Ortsentwässerung, der Verband dagegen nur die Abwasserreinigung betreibt, so ist Absatz 2 nicht anzuwenden. Unwesentliche Überschneidungen, z. B. bei der Abwasserfortleitung, führen noch nicht dazu, daß die Gemeinde und der Verband „gleichartige Leistungen* im Sinne des Gesetzes erbringen. Liegen alle Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz l vor, so können die Gemeinden (GV) die ihnen für ihre eigenen Einrichtungen und Anlagen erwachsenden Kosten zusammen mit ihren Verbandslasten in Form von Benutzungsgebühren denjenigen auferlegen, die die einheitliche Gesamteinrichtung oder -anläge benutzen, gleichgültig, ob die Benutzer unmittelbar an den von der Gemeinde (dem G V) oder an den vom Verband unterhaltenen Teil des Gesamtnetzes angeschlossen sind (Absatz 2 Satz 2). Zur Vermeidung einer Doppelbelastung ist die kommunale Gebührenforderung um die Beträge zu kürzen, mit denen die Abgabepflichtigen unmittelbar von dem Verband zu Verbandslasten oder Abgaben herangezogen werden; der Kürzungsbetrag erhöht sich um die in Absatz 2 Satz 3 letzter Halbsatz und vermindert sich um die in Absatz 2 Satz 4 genannten Beträge. Die Gebühren sind so zu berechnen, daß die Kosten der Gemeinde (des GV) einschließlich ihrer Verbandslasten in der Regel gedeckt werden (Absatz 2 Satz Sf.

Zu § 8

1. Das Beitragsrecht ist gegenüber der bisherigen Rechtslage erheblich umgestaltet. Ein Teil der Regelungen schließt sich an das Recht der Erschließungsbeiträge nach §§ 127 ff. des Bundesbaugesetzes an. Die Erhebung von Beiträgen ist grundsätzlich freigestellt, so daß die Gemeinden (GV) wählen können, ob sie die Aufwendungen für die Herstellung, Anschaffung oder Erweiterung ihrer öffentlichen Einrichtungen und Anlagen unmittelbar durch Beiträge oder mittelbar nach Maßgabe der späteren Inanspruchnahme durch Benutzungsgebühren decken wollen. Nur bei den dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen ist die Beitragserhebung durch Sollvorschnft, die in der Regel bindat, vorgeschrieben, soweit nicht das Bundesbaugesetz anzuwenden ist (Absatz 1). Die Beitragserhebung erfolgt gemäß § 2 Abs. l stets auf Grund einer Satzung; das frühere Planfeststellungsverfahren nach § 9 prKAG und nach § 5 KruPAG ist weggefallen. Die beim Außerkrafttreten einer Satzung oder eines Beschlusses nach den alten Vorschriften eingeleiteten Beitragsverfahren werden jedoch nach altem Recht abgewickelt (§ 26 Abs. 4 Satz 3).

2. Im Gegensatz zum bisherigen Recht werden durch Beiträge nur noch Aufwendungen für die Herstellung, Anschaffung und Erweiterung, bei Straßen, Wegen und Plätzen auch für die Verbesserung ersetzt (Absatz 2 Satz 1). Kosten für die Unterhaltung einschließlich der für die laufende Instandsetzung (Kosten im betriebswirtschaftlichen Sinne) können nidit durch Beiträge, sondern nur durch Benutzungsgebühren überwälzt werden. Beiträge dienen dem Ersatz der Investitionsaufwendungen nach Absatz 2 Satz 1; die haushaltsmäßige Deckung dieser Aufwendungen ist für die Beitragserhebung ohne Bedeutung.' Beitragspflichtig sind die Grundstückseigentümer und an deren Stelle ggf. die Erbbaubereditigten, nicht aber Gewerbetreibende als solche. Der Beitrag ist das Entgelt für wirtschaftliche Vorteile, die den Grundstücken durch die öffentlichen Einrichtungen oder Anlagen zuwachsen (Absatz 2 Satz 2 und 3); der Beitrag ruht deshalb als öffentliche Last auf dem Grundstück oder dem Erbbaurecht (Absatz 9).

3. Der beitragsfähige Aufwand umfaßt auch den Zeitwert der von der Gemeinde (dem GV) bereitgestellten eigenen Grundstücke (Absatz 4 Satz 1). Der Aufwand kann nach den tatsächlich zu leistenden Zahlungen oder nach wirklichkeits- und zeitnahen Einheitssätzen ermittelt werden (Absatz 4 Satz 2). Beim Anschlußbeitrag (Absatz 4 Satz 3) kann der durchschnittliche Investitionsaufwand für die gesamte Einrichtung oder Anlage, der für eine Rechnungsperiode veranschlagt wird, zugrunde gelegt werden; wegen des Wegfalls der sogen, einmaligen Anschlußgebühr vgl. Nummer l zu § 6. Dienen Einrichtungen und Anlagen nicht nur dem wirtschaftlichen Vorteil der Beitragspflichtigen, sondern auch dem der Allgemeinheit (z. B. Straßen) oder dem der Gemeinde oder des Gemeindeverbandes (z. B. Anlagen zur Oberflächenentwässerung), so bleibt schon bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes, nicht erst bei der Errechnung der auf die einzelnen Grundstücke entfallenden Beiträge, ein entsprechender Betrag außer Ansatz; Zuwendungen Dritter sind mangels ausdrücklicher anderer Bestimmung des Zuwendenden zunächst zur Deckung dieses Betrages zu verwenden (Absatz 2 Satz 4). Das Gesamtbeitragsaufkommen soll den beitragsfähigen Aufwand, der sonst von der Gemeinde (dem GV) aufzubringen wäre, nicht überschreiten; eine unbeabsichtigte Überschreitung der Aufwendungen, insbesondere bei Anschlußbeiträgen, ist unschädlich. Bei Straßen, Wegen und Plätzen sollen die Beiträge die beitragsfähigen Aufwendungen in der Regel decken; eine Abweichung von dieser Vorschrift bedarf sorgfältiger Prüfung und Begründung.

4. Die Vorteile, nach denen die Einzelbeiträge zu bemessen sind (Absatz 6), sind die in Absatz 2 Satz 2 genannten „wirtschaftlichen Vorteile". Beitragsmaßstäbe sind in aller Regel Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe, die nicht in einem offensichtlichen Mißverhältnis zu dem wirtschaftlichen Vorteil stehen dürfen (Äquivalenz-

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grundsatz); das in Nummer l zu § 5 und in Nummer 3 zu § 6 dazu Gesagte'gilt entsprechend. Auch für den Anschlußbeitrag richtet sich der Maßstab nach dem wirtschaftlichen Vorteil, nicht nach der späteren Inanspruchnahme der Versorgungs- oder Abwasserbeseitigungsanlage.

5. Nach Absatz 7 entsteht die Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung oder Anlage bzw. des Abschnitts (Absatz 5); bei Kostenspaltung nach Absatz 3 entsteht sie mit der Beendigung der Teilmaßnahme. Der Anschlußbeitrag nach Absatz 4 Satz 3 entsteht, sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden kann, also i.d.R. schon mit der Fertigstellung und Betriebsbereitschaft der Entwässerungsanlage, nicht erst mit dem tatsächlichen Anschluß an die Grundstücksleitungen; wenn die Anschlußmöglichkeit bereits früher gegeben und eine Beitrags- oder eine einmalige Anschlußgebührenpflicht nach altem Recht nicht .entstanden war, entsteht die Anschlußbeitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der ersten Satzung, die den Anschlußbeitrag nach neuem Recht regelt; die Satzung kann einen späteren Zeitpunkt für das Entstehen der Anschlußbeitragspflicht bestimmen.

Zu § 9

Bei den Straßen und Wegen nach § 9 handelt es sich um solche, die zwar als öffentliche Anlagen der Gemeinden (GV) gebaut oder ausgebaut werden, die aber nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind. Für die dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und Wege enthält § 22 des Landesstraßengesetzes eine im wesentlichen gleichartige Regelung.

Zu § 10

1. Absatz l regelt einen Ersatzanspruch, der auch ohne gesetzliche Regelung bisher schon von der Rechtsprechung anerkannt wurde, klärt dabei jedoch einige strittige Fragen (vgl. Absatz l Satz 3). Da für den Anspruch die Vorschriften dieses Gesetzes gelten (Absatz 2 Satz 2), muß er satzungsrechtlich geregelt werden.

2. Bei der Einbeziehung der Grundstücksanschlüsse (der sogen. Stichleitungen) in die öffentliche Einrichtung oder Anlage, deren Zulässigkeit nach altem Recht umstritten war, erfolgt ihre Finanzierung durch Beiträge und (oder) Benutzungsgebühren (Absatz 3); der Ersatzanspruch nach den Absätzen l und 2 entfällt insoweit.

Zu § H

Im Gegensatz zu der Erhebung von Kurtaxen nach § 12 prKAG ist Voraussetzung für die Erhebung von Kürbeiträgen, daß die Gemeinde nach dem Kurortegesetz vom 8. Januar 1975 (GV. NW. S. 12/SGV. NW. 21281) ganz oder teilweise als Kurort anerkannt ist. Ist Träger der Kureinrichtungen nicht die als Kurort anerkannte Gemeinde, sondern ganz oder überwiegend ein Gemeindeverband, so ist dieser kurbeitragsberechtigt'(Absatz l Satz 2); Gemeindeverband ist auch ein Zweckverband. Der Kurbeitrag kann von Personen, die in dem anerkannten Kurgebiet Unterkunft i. S. des Absatzes 2 Satz l nehmen, ohne weitere gesetzliche Voraussetzung erhoben werden; Personen, die in der Gemeinde außerhalb des anerkannten Kurgebietes Unterkunft nehmen, sind jedoch nur dann kurbeitragspflichtig, wenn sie sich dort zu Heil- oder Kurzwecken aufhalten (Absatz 2 Satz 2). Personen, die in der Gemeinde nicht Unterkunft nehmen, sind nur dann kurbeitragspflichtig, wenn sie in den Heil- oder Kureinrichtungen betreut werden (Absatz 2 Satz 3). Die Kurbeitragssatzung kann für die vorgenannten Personengruppen der Höhe nach gestaffelte Kurbeiträge vorsehen.

Zu J 12

Da die in § 12 genannten Vorschriften der AO 1977 und des hierzu ergangenen Einführungsgesetzes „in der jeweiligen Fassung" entsprechend anzuwenden sind, müssen die Gemeinden (GV) darauf achten, ob die Vorschrif-

ten geändert werden und daher in geänderter Fassung C*l t\ gelten. Von der in § 25 Abs. l eingeräumten Ermächti- O l U gung, den.§ 12 durch Rechtsverordnung an neues Bundesrecht anzupassen, wird jedenfalls bei wichtigen oder umfangreichen Änderungen bundesrechtlicher Vorschriften unverzüglich Gebrauch gemacht. Für die „entsprechende" Anwendung der bundesrechtlichen Vorschriften enthält Absatz 4 Hinweise. Die in § 12 aufgezählten Vor-scliriften sind zwingendes Recht, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Es wird besonders darauf hingewiesen, daß für das kommunale Abgabenerhe-bungsverfahren nicht das Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen -• VwVfG. NW. - vom 21. Dezember 1976 (GV. NW. S. 438/SGV. NW. 2010), sondern das Verfahrensrecht der AO 1977 gilt (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. l VwVfG. NW.), und daß die Vorschriften der AO 1977 über die Festsetzungsverjährung (§§ 169 bis 171) und die Zahlungsverjährung (§§ 228 bis 232) seit dem 1.1. 1977 an die Stelle des bisherigen Verjährungsrechts getreten sind; § 16 ist daher aufgehoben; für die v.or dem 1. 1. 1977 entstandenen Forderungen aus Abgaberechtsverhältnissen gilt jedoch das alte Verjährungsrecht weiter (vgl. Absatz 2).

Zu § 17

Die §§17 und 20 gelten für alle Kommunalabgaben außer für die Realsteuem; für diese gelten die Straf- und Bußgeldvorschriften der Abgabenordnung (§ l Abs. 2 Nr. 7 AO 1977). Die Strafverfolgung für die Abgabenhinterziehung obliegt ausschließlich den ordentlichen Gerichten (§ 385 AO 1977 i. V. m. § 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes). Ein eigenes Ermittlungsrecht i. S. des § 386 AO 1977 steht den Gemeinden (GV) nicht zu. Die Gemeinden haben daher bei Verdacht einer Abgabenhinterziehung die Staatsanwaltschaft einzuschalten.

Zu §20

Die Gemeinden (GV) führen bei Ordnungswidrigkeiten nach pflichtgemäßem- Ermessen (§ 47 Abs. l des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten — OWiG —) ein Bußgeldverfahren durch. Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten kann auch ein Verwarnungsgeld nach § 56 OWiG erhoben werden. Erweist sich während des Verfahrens die Zuwiderhandlung als Abgabenhinterziehung, so ist der Vorgang an die Staatsanwaltschaft abzugeben (§ 41 Abs. l OWiG).

Zu § 26

Gemäß Absatz 4 bleiben die bis zum I. Januar 1970 nach altem Recht gültig erlassenen Abgabesatzungen für eine Übergangszeit von höchstens drei Jahren in Kraft. Aufsichtsbehördliche Genehmigungen dieser Satzungen gelten kraft Gesetzes als bis zum 3l. Dezember 1972 verlängert, auch wenn sie auf einen früheren Zeitpunkt befristet sind. Neue Abgabesatzungen können nach dem 1. Januar 1970 grundsätzlich nicht mehr nach altem Recht erlassen werden. Ausnahmsweise können rückwirkende Abgabesatzungen, deren Rückwirkung sich über den 1. Januar 1970 hinaus erstrecken soll, noch nach altem Recht (§ 70a prKAG) erlassen werden (vgl. Nummer l zu § 2); auch diese Satzungen treten spätestens mit dem Ablauf der Übergangszeit außer Kraft.